Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel B 16

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Merklingen,
Gemeinde II. Kl. mit 1415 Einw. a. Merklingen, Pfarrd., 1402 Einw., wor. 5 Kath. b. Berghof, Weiler, 7 Einw. c. Riemenmühle, 6 Einw. – Ev. Pfarrei.

Das marktberechtigte Pfarrdorf, ziemlich regelmäßig gebaut und von städtischem Aussehen, liegt gesund und angenehm in dem wiesenreichen Würm-Thale, das hier eine Breite von etwa 1/8 Stunde erhält, 31/2 Stunde südwestlich von der Oberamtsstadt. An der östlichen Seite des, theils in der Thalebene gelegenen – theils an den leicht ansteigenden, nordöstlichen Thalabhängen hinaufgebauten Orts, fließt die muntere Würm vorüber, welche nicht selten austritt und dann besonders zur Zeit der Heu- oder Öhmdernte durch das Wegschwemmen des Futters schädlich wird, wogegen die Überschwemmungen im Herbst und Winter durch Ablagerung des Schlammes, als Düngung für die Wiesen, nützlich werden. Die Gegend ist reich an frischen Quellen, von denen jedoch einzelne den Sommer über versiegen, während der außerhalb des Orts gelegene sogenannte Urbrunnen besonders wasserreich ist und das ganze Jahr hindurch die Brunnen des Orts versieht. Der Weidensailbrunnen, eine periodisch fließende Quelle (Hungerbrunnen) liegt 1/2 Stunde nördlich vom Ort.

Im westlichen Theil des Dorfs steht ziemlich erhöht die Pfarrkirche, welche im Verein mit einigen ehemals zu dem Klosteramt Herrenalb gehörigen Gebäuden, ringsum mit doppelten Mauern und tiefem Wassergraben umgeben war und eine feste Stelle, ehemals die Stadt genannt, bildete. Die Befestigungswerke wurden in den Jahren 1796–1800 eingerissen und der Graben größtentheils ausgefüllt und mit Häusern überbaut oder zu Gärten angelegt; nur ein 271/2 Ruthen großer, zunächst bei dem Rathhause liegender Theil des Wassergrabens besteht noch gegenwärtig | als Feuersee. Über den Graben führten zwei Zugbrücken, die eine, für Fuhrwerke bestimmt, bei dem Rathhause, die andere, für Fußgehende (das Schnellthörle genannt), bei dem Abtsgemach; letztere ist ganz abgegangen, während die andere in eine feststehende Brücke umgewandelt wurde. Über dieselbe gelangt man zu einem spitzbogigen Eingang, der, unter dem Thorhäuschen durch, zu dem Kirchhof führt; über dem Eingang steht: Anno dom. 1478 ..... An der innern Grabenmauer standen kleine Thürme, von denen sich zwei noch erhalten haben. Um die Kirche selbst lief noch eine besondere 6 Fuß dicke Mauer, die einen mit einem Dache versehenen Umgang hatte; sie war an die beiden Giebelseiten des westlich der Kirche stehenden sogenannten Steinhauses angebaut, von dem man durch zwei gegenwärtig noch sichtbare Ausgänge auf den Umgang der Mauer gelangen konnte.

Die Pfarrkirche, deren Grundform die der ältesten Basiliken ist, trägt noch Spuren von der früheren, im romanischen Style erbaut gewesenen Kirche, welche 1425 abbrannte. Der Chor fehlt und wird von dem untersten Stockwerke des an der östlichen Seite angebauten Thurms vertreten. Die germanische Bauweise des Langhauses wurde durch spätere Veränderungen, besonders durch das Einbrechen oblonger und ovaler Fensteröffnungen störend unterbrochen. Neben dem spitzbogigen Eingang auf der Westseite steht: „Anno dom. 1476 Jesus nazarenus rex“ und über einem Fenster an der hintern Giebelseite, wie auch über einem Eingang an der Ostseite ist die Jahrzahl 1595 angebracht. An der westlichen Außenseite sind die Grabdenkmale eines Vogtes Breitschwerdt und seiner Gattin eingemauert. Das Innere der Kirche ist nicht besonders hell; im untersten Stockwerk des Thurmes (Chor), welches ein einfaches Kreuzgewölbe hat, befinden sich sehr gut geschnittene Chorstühe und mehrere Grabdenkmale aus dem 16. und 17. Jahrhundert, von denen eines ein Wappen mit einer Scheere und dem Abtsstabe nebst folgender Umschrift enthält: Anno dom. 1557. 18. Augusti obiit Georgius abas herenalbensis. c. a. r. i. p. A. Der viereckige Thurm mit seinen 6 Fuß dicken Mauern, hat Schießscharten und scheint früher zur Vertheidigung gedient zu haben. Das oberste neuere Stockwerk besteht aus Holz und trägt ein ziemlich hohes Zeltdach; in demselben hängen 3 Glocken, von denen die größte die Umschrift trägt: Osianna heis ich, in unser Frawen Er leit ich, Bernhard Lachmann gos mich 1522; die übrigen sind 1706 und 1829 gegossen. Die Baulast der Kirche hat die Stiftungspflege zu bestreiten.

Zunächst (westlich) der Kirche steht das oben erwähnte Steinhaus, (gegenwärtig als Fruchtkasten benützt), ein massives, aus 3 Stockwerken bestehendes, beinahe quadratförmiges Gebäude, dessen Mauern im untern Theil 61/2 Fuß, im obern 4 Fuß Dicke haben. Auf der andern, gegen | die Kirche gekehrten Seite, hat das Steinhaus einen spitzbogigen und einen rundbogigen Eingang; über ersterem ist das Wappen des Klosters Herrenalb, über dem andern die Eberstein’sche Rose angebracht. Außer den vorhandenen schießschartenartigen Lichtöffnungen sind die Fenster theils geradelinig – gepaarte oder gedreite, theils solche, welche in späterer Zeit, dem gegenwärtigen Zweck des Gebäudes entsprechend, eingebrochen wurden. Von dem ursprünglichen Einbau haben sich nur zwei aus starkem Eichenholz im romanischen Style gearbeitete Säulen im untersten Stockwerke noch erhalten.

Statt des Begräbnißplatzes, der früher die Kirche umgab, wurde schon längst ein Gottesacker an der mit Pappeln besetzten Straße nach Heimsheim neben der St. Wendels-Kapelle angelegt, und zunächst demselben im Jahr 1770 ein weiterer, sowie im Jahr 1838 ein dritter, am westlichen Ende des Orts gelegener Platz für den gleichen Zweck bestimmt.

Das alte, aber gut erhaltene Pfarrhaus liegt etwa 100 Schritte von der Kirche und bildet mit seinen Ökonomie-Gebäuden einen wohl geschlossenen Pfarrhof; die Unterhaltung desselben liegt dem Staate ob. Am westlichen Ende des Orts steht das ehemals als Cameralamtssitz benützte Gebäude, welches die Gemeinde im Jahr 1837 um 6000 fl. erkaufte und zu Schulen und Wohnungen der Lehrer zweckmäßig einrichten ließ; an der Hofmauer desselben befindet sich ein Wappenschild mit einer offenen Scheere, durch die ein Abtsstab geht, und die Jahrszahl 1553. Das an dem ehemaligen Kirchgraben stehende Rathhaus, welches sich in gutem Zustande befindet, wurde nach einer über dem Eingang desselben angebrachten Jahrszahl 1601 erbaut. Ein öffentliches Waschhaus besteht schon längst. Außer dem herrschaftlichen Fruchtkasten in dem sogenannten Steinhaus ist noch ein weiterer, wie auch eine Zehentscheuer zunächst dem ehemaligen Cameralamts-Gebäude vorhanden.

Die fleißigen Einwohner finden ihren Haupterwerb in Feldbau und Viehzucht. Obgleich der Gesundheitszustand vorzüglich ist und Epidemien zu den Seltenheiten gehören, so ist doch seit mehreren Jahren die Bevölkerungszunahme gering.

Die Feldgüter der namhaften Markung liegen theils eben, theils an Abhängen, welche besonders im westlichen und südwestlichen Theile ziemlich stark geneigt sind. Der Boden ist im Allgemeinen tiefgründig und fruchtbar, jedoch sehr verschiedener Art; auf den Anhöhen und an den steilen Gehängen ist er sehr leicht, unzusammenhängend, zum Theil von oxydirtem Eisenerz roth oder braungelb gefärbt und häufig mit einer Menge loser Muschelkalksteine vermengt; am Fuß der Gehänge trifft man hauptsächlich einen guten schwarzen oder braunen Weizen- und Dinkelboden, zuweilen auch Lehmboden und Verwitterungen des Wellendolomits. | Im nordwestlichen Theile der Gemarkung, in der Nähe der Riemen-Mühle, tritt die oberste Schichte des bunten Sandsteins, der rothe Schieferletten, zu Tage und bildet dort einen fruchtbaren mit Sand gemengten Thonboden. Im Würm-Thale kommt Moor und Torf vor; auch wurde früher im Ried zwischen Merklingen und Weil d. St. ein Torfstich angelegt, aber wegen der geringen Mächtigkeit des nur 3–4′ tiefen Lagers und des geringen Brennstoffgehalts der Ausbeute bald wieder aufgegeben. Die Luft ist gesund, jedoch etwas rauh; Frühlingsfröste kommen nicht selten vor, dessen ungeachtet gedeihen auch zartere Gewächse, nur sind sie etwas später, als in anderen Gegenden. Schädliche Gewitter sind selten.

Die Landwirthschaft, welche im Dreifeldersystem betrieben wird, steht im Allgemeinen auf einer blühenden Stufe; landwirthschaftliche Verbesserungen an Ackergeräthen, wie an Düngerstätten u. s. w. sind allgemein aufgenommen worden, auch wird neben dem gewöhnlichen Stalldünger und Pferch, Gyps, Asche, Compost und besonders die Jauche fleißig benützt. Von den Getreidearten werden hauptsächlich Dinkel, Hafer und Gerste gebaut und in der stark benützten Brache zieht man besonders Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen und Hanf; letzterer wird überdieß noch in besonderen Ländern, jedoch meist nur für den eigenen Bedarf, gezogen. Außer dem Hanf pflanzt man von Handelsgewächsen ziemlich viel Reps, etwas Mohn und Hopfen. Auf den Morgen wird an Dinkel 6–7 Sri., an Hafer 4–6 Sri. und an Gerste 3 Sri. ausgesät, und im Durchschnitt 6–10 Schfl. Dinkel, 4–7 Schfl. Hafer und 4–6 Schfl. Gerste eingeheimst. Die Preise der Äcker bewegen sich von 5 fl. bis 800 fl. per Morgen, was die große Verschiedenheit der Güter hinlänglich beurkundet.

Früher hatte Merklingen auch etwas Weinbau; im Jahr 1816 wurde der letzte, 1 Morgen 3 Viertel große Weinberg, nachdem er von 1811 an keinen Ertrag mehr lieferte, vollends ausgereutet.

Der Wiesenbau wird in großer Ausdehnung betrieben; die Wiesen, denen zum Theil Wässerung zukommt, sind zweimädig, zuweilen dreimädig und liefern vieles und gutes Futter, mit Ausnahme einer kleinen Stelle, wo Moor und Torf vorkommt und das Futter etwas sauer wird. Der Morgen erträgt im Durchschnitt 25 Ctr. Heu und 12 Ctr. Öhmd; die Preise bewegen sich von 300 fl. bis 800 fl. per Morgen.

Die Obstzucht ist im Zunehmen begriffen; da die feineren Sorten nicht gedeihen, so wird auf die gewöhnlichen Kernobstsorten Rücksicht genommen. Baumschulen sind mehrere vorhanden.

Die Gemeinde besitzt 1050 Morgen Waldungen, welche theils aus Nadelhölzern, theils aus Laub- und Nadelhölzern gemischt und nur zum | geringen Theil aus reinen Laubhölzern bestehen; sie ertragen durchschnittlich 570 Klafter und 1200 Stück Wellen. Jeder Bürger erhält 1/2 Klafter und 30 Stück Wellen Gabholz; der Rest wird verkauft und der Erlös von 2–3000 fl. nach Abzug der Bewirthschaftungskosten an die Bürgerschaft vertheilt, so daß einem Bürger außer der Holzgabe noch 3–10 fl. jährlich zukommen.

Die Weide ist gut und wird von den Ortsbürgern für Schafe in der Weise benutzt, daß ein Besitz von 5 Morgen zum Einschlagen eines Schafs berechtigt.

Sehr ausgedehnt ist die Rindviehzucht; sie beschäftigt sich mit einer guten Landrace, welche durch 4 Simmenthaler- und Landfarren gezüchtet wird. Die Ochsenmastung bildet einen besondern Erwerbszweig.

Etwa 600 den Bürgern gehörige Bastardschafe werden auf der Markung geweidet und im Ort überwintert. Die Wolle kommt nach Calw und Weil d. St. zum Verkauf. Obgleich die Schweinezucht etwas abgenommen hat, so ist sie doch immer noch namhaft; viele im Ort gezüchtete Läufer werden auf dem Schweinemarkt in Weil d. St. abgesetzt.

Im Ort befinden sich ein praktizirender Arzt und eine Apotheke. Neben den gewöhnlichen Handwerkern für den örtlichen Bedarf sind eine verbesserte Mahlmühle mit 3 Mahlgängen und 1 Gerbgang, 4 Schildwirthschaften, worunter 2 mit Brauereien, 5 Branntweinbrennereien, 1 Handlung und 3 Kramläden vorhanden.

Neben der Volksschule, an der 1 Lehrer, 1 Unterlehrer und 1 Lehrgehilfe unterrichten, ist vor etwa 20 Jahren auch eine Industrieschule in’s Leben getreten.

Durch den Ort führt eine sehr frequente von Weil d. St. herkommende Straße nach Pforzheim, ferner gehen Vicinalstraßen nach Malmsheim, Münklingen, Möttlingen und Liebenzell; von letzterer führt eine Straße ab nach Simmozheim und Calw. Im Jahr 1818 wurde nördlich vom Ort eine steinerne Brücke über die Würm erbaut.

Außer den bereits erwähnten Waldungen besitzt die Gemeinde den Berghof (s. unten) und mehrere Gemeindewiesen, auch das Fischrecht in der Würm, hat aber dagegen auch 11.700 fl. Schulden zu verzinsen; übrigens s. über ihren Haushalt die Tabelle III. Die Stiftungspflege besitzt 58.000 fl. Activ-Kapitalien; jährliche 50–60 fl. Gefälle wurden abgelöst. Von besonderen Stiftungen werden jährlich 27 fl. zu Bücher, 44 fl. zu Brod für Arme und 10 fl. zu Lehrgeldern verwendet.

Grundherr ist der Staat, welchem auch der große Zehente, sowie, mit Ausnahme des der Pfarrei zugestandenen Obstzehenten innerhalb Etters, der kleine Zehente gehörte. Da die Wiesen im Allgemeinen zehentfrei waren, so hatte das Cameralamt nur von einigen Morgen Heuzehenten | zu erheben. Außer dem Staat waren auf hiesiger Markung, jedoch in unerheblichen Beträgen, gefällberechtigt: die Stiftungsverwaltung Weil der Stadt, die Stiftungspflege Merklingen, der Hospital Pforzheim, die Stiftungspflege Münklingen und der Meßner zu Tiefenbronn.

Unter der herzoglich württembergischen Verwaltung bestand in Merklingen ein mit einer kirchenräthlichen Pflege verbundenes Oberamt, und der Ort war somit auch Sitz eines Amtsschreibers und eines Amtspflegers. Im Jahr 1806–7 wurden diese Ämter aufgehoben und dagegen das Cameralamt Merklingen errichtet, welches im Jahr 1837 durch Eintheilung seines Bezirks in die Cameralämter Leonberg, Sindelfingen und Hirschau wieder aufgelöst wurde. Zu dem ehemaligen Oberamt Merklingen hatten die Orte Simmozheim, Hausen, Gechingen, Alt- und Neu-Hengstett gehört.

Das Ortswappen ist ein rother, aufrecht stehender Löwe im weißen Felde.

Eine besondere Markung bildet der Berghof, welcher Eigenthum der Gemeinde Merklingen ist; er liegt sehr hoch 1/2 Stunde südwestlich vom Mutterort in einer rauhen unfruchtbaren Gegend, gewährt übrigens eine sehr ausgedehnte freundliche Aussicht. Vor etwa 80 Jahren gegründet, ist er als Wohnsitz neuerlich bis auf eine noch vorhandene Ziegelhütte wieder abgegangen.

Dagegen ist in der Gemeinde-Markung begriffen die Riemen-Mühle mit 3 Mahlgängen und 1 Gerbgang, an der Würm 1/2 Stunde nordwestlich vom Ort gelegen. Der Besitzer hat das Recht, das Nutzholz zu 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang aus den Gemeinde-Waldungen unentgeldlich zu beziehen.

Etwa 1/2 Stunde südöstlich von Merklingen lag in der Würmthalebene die Burg „Kröwelsau" (s. unten), von der sich, außer der Sage, daß hier ein Schloß gestanden, nichts mehr erhalten hat; die Stelle wird noch die „Krailsau" genannt. Ebenso sollen Burgen auf den am Ort gelegenen „Burgstallwiesen“ und auf der sogenannten Mörsch nördlich von Merklingen gestanden haben.

Die erste Nennung des Orts geschieht im Jahr 1075, als Marchilingan; er wird erwähnt unter den Orten, in welchen das Kloster Hirschau in sehr früher Zeit Güter besaß und welche demselben im genannten Jahr wieder zugestellt wurden.

Merklingen gehörte den Grafen von Calw, von denen auch die ursprüngliche und erneute hiesige Güterschenkung an das Kloster Hirschau herrührte. Im 12. Jahrhundert gelangte hiesiger Calwer Besitz (villa Merchelingen. Stälin, Wirt. Gesch. 2, 375) mit der Hand der reichen Calwer Erbtochter Uta († um 1196) an Herzog Welf VI. († 1191). Die | Grafen von Calw hatten indeß noch später in Merklingen Rechte und Güter, welche um’s Jahr 1260 beim Aussterben der älteren Linie der Grafen gleichfalls durch eine Calwer Erbtochter, welche sich Gräfin von Zavelstein nannte, an ihren Gemahl Graf Simon von Zweibrücken gelangten. Graf Simon trug am 3. Mai 1276 die Burg und den Ort (castrum et villam) Merklingen, welche sein Eigenthum waren, dem rheinischen Pfalzgrafen Ludwig zu Lehen auf (Tolner Hist. Pal. Urk. S. 78. 79). Dieser Graf hatte zwei Söhne, Heinrich und Otto, und einen Tochtermann, Herzog Konrad von Teck. Die Söhne verkauften im Dezember 1296 das Dorf Merklingen (villa nostra Merklingen) mit dem dortigen Hof sammt Vogtrecht, Niedergerichtsbarkeit, Beten, Landacht u. s. w. um 450 Pfd. Heller an das Kloster Herrenalb (Besold 147), welches schon einige Jahre zuvor von Heinrich von Höfingen fast dessen sämmtlichen Besitz in Merklingen erkauft hatte (Mone, Zeitschr. 2, 255); Vogtrecht, Güter und Einkünfte allhier waren zwar an die Schwester der Verkäufer, die Gemahlin Herzog Konrads von Teck, noch von ihrem Heirathsgut her verpfändet gewesen, aber, behufs des Verkaufs, im Tausch gegen andere Güter eingelöst worden. Durch mehrere Käufe, wie schon vorher 1290, 1292 von den Herren von Höfingen, später, 1327, von den Herren von Malmsheim, 1359 von Erkinger von Merklingen (Gerbert, Hist. nigr. silv. 3, 293; Steinhofer 2, 315), 1376 von Konrad Maiser (Gerbert a. a. O. 314), erwarb das Kloster bis zum Jahr 1469 vollends den ganzen Ort, wo es auch den Blutbann hatte. Merklingen bildete sofort einen eigenen Stab des Klosteramtes Herrenalb.

Von dem Orte schrieb sich eine längst erloschene Adelsfamilie, deren Schloß im Jahr 1426 zum Kirchenbau verwendet wurde. Glieder dieser Familie sind Wecil und seine Söhne Ingram und Wernher, Adelbert und seine Gemahlin Hadwick um 1100, Kraft um 1140, sämmtlich um das Kloster Hirschau durch Schenkungen bei Blanden (abgegangen, unfern Weil der Stadt) verdient (Cod. Hirs. 48. 78). Im Jahr 1327 lebten Götz und Richelm Ritter, im Jahr 1341 Götz (ein jüngerer) und Erkinger, Brüder, welcher Letztere einen gleichnamigen Sohn hatte (Gerbert, Hist. nigr. silv. 3, 302). Vor 1344 hatte Erkinger von Merklingen all sein Gut in Mühlhausen an der Würm an Württemberg zu Lehen aufgetragen (Sattler, Grafen 4, 268). Auch Peter und Kraft hießen am Ende des 14. Jahrhunderts, mit welchem der Mannsstamm dieses Hauses erlischt, Herren aus denselben. Bekannt ist ein Erkinger von Merklingen, genannt der große Tyrann, durch sein tragisches Ende; im Kampfe mit einem Markgrafen von Baden unterliegend, soll er vom Liebenzeller Thurm herabgestürzt worden seyn (Crus., Annal. 3, 182).

| Neben dem Kloster Herrenalb machte das Kloster Hirschau noch um 1160 (Cod. Hirs. 88) und 1376 hier einzelne Gütererwerbungen.

Die hiesige Kirche war dem heiligen Remigius geweiht; an ihr bestunden Pfründen zu unserer lieben Frauen und zu St. Johannes, welche im Jahr 1444 vereinigt wurden. Den Neubau nach ihrem Brande (s. o.) unterstützte eine päbstliche Ablaßbulle vom 24. November 1426. Der Pfarrsatz war ursprünglich gräflich calwisch, erscheint aber erst in der Geschichte, als die Dienstherrlichkeit hierüber schon an die Grafen von Zweibrücken, Herren von Eberstein, übergegangen war. Diesen von seinen Voreltern ererbten Pfarrsatz sammt dem Vorzehenten und anderen Zehentbezügen überließ am 1. September 1272 mit Genehmigung seines Lehensherrn, des oben genannten Grafen Simon von Zweibrücken, der Ritter Ludwig von Liebenzell an das Kloster Herrenalb zur Entschädigung für angethanen Schaden, und Papst Gregor X. bestätigte am 30. April 1274 diese Schenkung. In den Jahren 1272, 1275 erscheint als hiesiger Pfarrherr Anshelmus plebanus in Markelingen. Das Kloster incorporirte im Jahr 1277 die Kirche und erhielt den 20. Dezember d. J. bischöflich speyerische Verwilligung, daß es den Zehenten und die Gefälle der Kirche nach Abzug einer Präbende für einen beständigen Pfarrvikar in seinem Nutz verwenden möge (Mone, Zeitschr. 1, 476. 477. 479. 487. 488. 2, 108. 216. 218.). Mit dem Kloster Herrenalb ging das Patronat und die Nomination zu der Kirche an Württemberg über.

Die Besitzer der bereits genannten Burg Kröwelsau waren wenigstens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts württembergische Vasallen. Das älteste Glied der von dieser Veste sich nennenden Familie ist Ulrich von Kröwelsau, genannt von Simmozheim, im Jahr 1320 vorkommend. Der Name Ulrich erscheint durch mehrere Generationen; sonst heißen einzelne Glieder auch Dietrich, Gerlach, Trutwin (Sattler, Grafen 4, 268). Diese Herren besaßen unter württembergischer Lehensoberherrlichkeit (Sattler, a. a. O.) namentlich Simmozheim, wovon im Jahr 1382 ein älterer Urich, und um’s Jahr 1443 (Steinhofer 2, 852) ein jüngerer, jeder ein Viertel an das Kloster Herrenalb verkauften. Im 16. Jahrhundert verschwindet das Geschlecht.

Die Burg Kröwelsau selbst war aber schon im Jahr 1348 an die Herren von Wile (Weil im Schönbuch) übergegangen; den 20. Oktober 1348 verschrieb sich Johannes von Wile gegen die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg um Öffnung dieser ihm verliehenen Veste (Vgl. Sattler, Grafen 1, 154). Vermuthlich im Schleglerkrieg 1395, wie es scheint, durch den Markgrafen Bernhard von Baden (Steinhofer 2, 568), ist die Veste zerstört worden (v. Martens 91); wenigstens wird Kröwelsau den 19. Januar 1398 ein Burgstall genannt und an Württemberg für | den Fall des Wiederaufbaues das Öffnungsrecht verschrieben in dem Lehenrevers, welchen Hans und Gumpold von Wyl, Conzen Söhne, ausstellten (Stuttgarter Staatsarchiv, Sattler 1, 154). Im Jahr 1402 verglichen sich Württemberg und Baden dahin, daß Markgraf Bernhard von Baden dem Gumpold von Kröwelsau und seiner Mutter für ihren erlittenen Schaden 30 fl. zahlen soll (Steinhofer 2, 582). Am 1. Juni 1405 verkaufte Gumpold von Kröwelsau diese Burg nebst Zugehör an Pelen Spenlerin zu Weil der Stadt für 250 Goldgulden, am 4. April 1469 Ulrich und Gerlach Schulmeister und ihre Schwester Dorothea dieselbe an die Gemeinde Merklingen für 400 fl., am 6. April 1476 die Gemeinde Merklingen an Heinrich Schmid und Consorten, Bürger zu Merklingen.


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