Beschreibung des Oberamts Saulgau/Kapitel B 28

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28. Friedberg; 325 G.Einw.
1) Friedberg, ein kath. Pfarrdorf, 13/4 St. westlich von Saulgau, mit 309 Einw. Lehen und Gefälle haben auch die Orts-Kirchenpflege u. a. (s. S. 88). Die Zehnten bezieht die Pfarrey, einen kleinen Theil auch die Präsenzpflege| zu Scheer, die St. Catharinen-Caplaney in Hohen-Tengen und das vormalige Kloster Habsthal, den Obst- und Blutzehnten und den Heuzehnten aus 20 M. hat ebenfalls die Pfarrey.

Die vormalige Grafschaft Friedberg, welche von dem Orte und seinem Schlosse den Namen hat, ist Würt., vormals Östr. Mannslehen. S. u. Der Ort Friedberg liegt sehr einsam, theils auf, theils unter einer steilen Anhöhe und hat eine Mahlmühle und 2 Schildwirthschaften. Auf einem Vorsprunge der Anhöhe stand die alte Burg Friedberg, wovon aber jetzt außer dem Namen Burgstall fast keine Spur mehr übrig ist. Ihre Stelle nimmt ein armseliges Lehenhäuschen ein. Auf der andern Seite steht sehr freundlich am Rande die schöne Pfarrkirche zur h. Maria. Der untere Theil des Orts wird durch den Friedberger Bach wieder in 2 Theile getheilt, wovon der auf der linken Seite des Bachs gelegene Theil sonst Knechtenweiler genannt wurde, vermuthlich weil hier ehemals die Knechte und Taglöhner gewohnt haben. Die Pfarrkirche wurde 1731–33 neu gebaut. I. J. 1816 wurde auch ein neues Schulhaus gebaut. In die Pfarrey gehört der Ort Wirnsweiler. Die Pfarrstelle bezieht kleine Zehnttheile auf den auswärtigen Markungen von Völkofen, Wolfartsweiler, Günzkofen, und besitzt Lehengüter in Friedberg. Kirche und Pfarrhaus werden von der Kirchenpflege gebaut.

Obgleich Friedberg der gefürsteten Grafschaft Friedberg den Namen gegeben hat, so weiß man doch von der Geschichte des Orts selbst und seiner Burg sehr wenig. Die einzige sichere Nachricht, die man von letzterer hat, ist, daß Graf Mangold von Nellenburg i. J. 1274 eine Urkunde auf der Burg Friedberg, in Castro Frideberg, ausstellte. Mehr als von der Burg hat uns die Geschichte von der Grafschaft Friedberg aufbewahrt, und es wird hier an dem Orte seyn, einige nähere Nachrichten davon zu geben. Daß die Grafschaft aus dem Ertgau und dem Dingau hervorgegangen sey, ist schon vorn, S. 10,| bemerkt worden und wird nicht nur durch die gleichen dazu gerechneten Ortschaften, sondern auch dadurch noch besonders bewiesen, daß die Grafschaft noch in dem Kaufbriefe von 1282 „die Grafschaft im Dingau und Ertgau“ genannt wird. Auffallend ist, daß man keine Spur von einer Familie, oder von besondern Grafen von Friedberg findet. Ohne allen Zweifel ist die Grafschaft im Besitze der großen Dynasten-Familie vom Bussen gewesen, durch Theilungen und Erbschaft ist sie vermuthlich an einen Zweig derselben gekommen, der seinen Sitz auf der Burg Friedberg hatte, aber bald wieder erlosch, worauf ein anderer Zweig, die Grafen von Veringen in den Besitz eingetreten sind, von welchen die Grafschaft durch Erbtheilungen im 12ten Jahrhundert an die Nellenburger Linie gekommen ist. Es wird erzählt, daß, nachdem mit Graf Burkhard der ältere Nellenburger Stamm ausgestorben, und die Grafschaft Nellenburg mit Veringen vereinigt worden sey, die Brüder Wolfrad und Mangold von Veringen die väterliche Erbschaft getheilt, und Wolfrad Veringen und Saulgau, Mangold aber Nellenburg und Friedberg mit dem Bussen erhalten habe, das Obereigenthum über die Grafschaft Trauchburg aber gemeinschaftlich geblieben sey. Ein Graf Mangold von Nellenburg und sein Bruder Wolfrad beweisen sich auch i. J. 1220 mit Gütern aus der Grafschaft Friedberg wohlthätig gegen das Kloster Salmannsweiler (s. Völkofen), und Graf Mangold von Nellenburg war es, der i. J. 1282 die Grafschaft Friedberg an K. Rudolph von Habsburg verkaufte, und zwar, laut Kaufbriefs, „die Graveschaft in Tiengowe und Ergowe und die Dörfer Diengen und Blockhingen und die Burch Vrideberch und alles das darzu höret, ane (ohne) die Edelleute und die Mannlehen und ane die Lute, die von Nellenburch darkommen" für 1280 Mark und 200 Mark für die Vorräthe[1]. Aber schon i. J. 1315 und 1316 versetzte, | laut Urkunden, K. Friedrich III. die Grafschaft wieder an den Grafen Wilhelm von Montfort für 230 und 170 M. S., und Herzog Leopold bestätigte die Pfandschaft 1317 und 1318 für weitere 300 und wieder 170 M. S. Lange Zeit blieben die Grafen von Montfort im pfandschaftlichen Besitze der Grafschaft, bis diese endlich nach mancherley Wechsel der Verpfändungen i. J. 1452 von Hz. Sigmund von Östreich an den Erbtruchseßen Eberhard, Grafen von Sonnenberg sammt Scheer und der Vogtey über die Dörfer Tissen und Dürmentingen, „die desselben Eberharten aigen sind, und die Vogtey zu unserm Schloß zum Bussen gehört,“ für 32.000 fl. verkauft wurde[2]. Welche Streitigkeiten über diesem Besitzthum zwischen Östreich und dem Truchseßischen Hause entstanden sind, und wie endlich dieselben i. J. 1680 und 1695 beygelegt worden, ist schon S. 12 erzählt. Wir bemerken hier noch, daß der Besitz der Grafschaft dem Truchseßischen Hause nicht nur von Seiten Östreichs, sondern auch von den eigenen Unterthanen sehr sauer gemacht worden ist. Immer unzufrieden mit ihrer Herrschaft, trieben es letztere, und insbesondere die eigentlichen Bewohner des alten Dingaus, in welchen sich noch das Gefühl einer freyen alten Landesgemeinde regte, während die Herrschaft sie unter das Joch der Leibeigenschaft zu beugen suchte, bis zur offenen Empörung. Unter Vermittlung einer K. Commission wurde endlich 1686 unter folgenden Bedingungen die Ruhe wieder einiger Maßen hergestellt: 1) die Unterthanen bleiben von aller Leibeigenschaft frey; dagegen haben sie gemessene Frohnen zu leisten, und sind der Herrschaft steuer- und abzugspflichtig; 2) die Herrschaft soll nur das| Recht haben, den Amman (Gemeindevorsteher) und diesen auch nur aus der Mitte der Gemeinde zu erwählen, mit Ausnahme des Landammans in Hohen-Tengen; 3) die Gerichte sollen dagegen alle Jahre in Beyseyn des Oberamtmanns von der Bürgerschaft gewählt werden; Rügungen aber den Gerichten bleiben. S. Scheer.

I. J. 1785–86 verkauften die Erbtruchseßen die Grafschaft Friedberg mit der Herrschaft Scheer an das Fürstl. Thurn und Taxische Haus. S. S. 13. Der Kauf erhielt i. J. 1786 von Kaiser Joseph II. die lehensherrliche Bestätigung unter der Bedingung, daß der Blutbann, welcher als Reichslehen betrachtet worden war, ebenfalls als Östreichisches Lehen anerkannt wurde. Am 16. Jul. 1787 wurde die Grafschaft mit den Herrschaften Scheer und Dürmentingen zu einer reichsgefürsteten Grafschaft erhoben, und darauf eine Stimme im Reichsfürsten-Collegium gegründet. In demselben Jahre noch wurde das Lehen auch zu einem Östreich. Thronlehen erhoben, und hierauf der neue Besitzer damit belehnt. Vergl. Scheer.

I. J. 1806 kam die Grafschaft unter Würt. Oberherrschaft. Das Wappen der Grafschaft war ein rother Löwe im goldenen Felde. – Die Grafschaft war früher in die obere und in die untere eingetheilt, und jene unter das Oberamt Scheer, diese unter das Oberamt Dürmentingen gestellt.

2) Wirnsweiler, ein aus 2 Höfen bestehender Weiler, mit 16 kath. Einw., Filial von Friedberg. Die Zehnten und die Landgarbe bezieht das fürstl. Thurn und Taxische Rentamt Ostrach, wohin die beyden Höfe lehenbar sind.

Der Ort ist ganz von dem fürstl. Sigmaringischen Gebiete umgeben. Der Name des Orts wurde ehemals auch Wirenschweiler, Wirnschweiler, geschrieben, in dem Östr. Habsburgischen Urbar von 1303 heißt er Wernswil, ohne Zweifel wäre also Wernersweiler die richtigste Schreibart. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit in| dem Orte gehörte vormals zur Grafschaft Friedberg, Forst und Grundeigenthum zum Stift Salmannsweiler und dessen Amt Ostrach; beydes ist jetzt Taxisch, nachdem i. J. 1803 auch Ostrach an das fürstl. Taxische Haus gekommen ist. S. Jetkofen.
  1. Wir werden den Kaufbrief in dem nächsten Hefte der Würt. Jahrbücher nebst Bemerkungen über den Preis und den Umfang des Kaufs mittheilen.
  2. Daß schon früher einzelne Theile – Vogteyen, Herrschaften, wie z. B. Saulgau, Bussen, Dürmentingen, von der Grafschaft losgerissen oder eximirt worden sind, daß aber die Eximirung sich in der Regel nur auf den Etter der Ortschaften erstreckte, ist schon bemerkt, bey Saulgau auch angedeutet worden, auf welche Weise dies geschehen seyn mochte. S. S. 13.