Beschreibung des Oberamts Spaichingen/Kapitel A 6

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Spaichingen Kapitel A 7 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Gesellschaftlicher Zustand.


Grundherrliche Verhältnisse.
A. Grundherren.

In dem Oberamtsbezirk Spaichingen hat der Staat außer einigen Gärten bei den Beamtenwohnungen in Spaichingen nur 33/8 Morg. 15,3 R. Acker, Wiesen und Gärten bei dem Försterhaus in Harras, Gemeindebezirks Wehingen, im Besitz.

Außerdem haben noch Besitzungen:

a) der Freiherr von Ow in Hohenberg, Gemeinde Deilingen;
b) die Freiherren von Enzberg auf der Markung Mahlstetten.
| Zu a. Das frühere Erblehengut Ober-Hohenberg wurde von der Staatsfinanzverwaltung im Jahr 1825 an den Vater des jetzigen Besitzers verkauft, und beträgt das Gutsareal ungefähr 400 Morgen Felder, Weiden und Wald. Dieses Gut ist ein Theil der früheren vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg und befinden sich auf demselben noch die Ruinen des früheren Schlosses Oberhohenberg.

Zu b. Die Freiherren von Enzberg zu Mühlheim, Oberamts Tuttlingen, besitzen auf der Markung von Mahlstetten eine Mahlmühle und 19 Morg. Wiesen und Land.

Ferner ist im Bezirk begütert

die Stiftung Böttingen, indem dieselbe Eigenthümerin des Hofguts Allenspach mit 372 Morg. Äcker, Wiesen und Weiden und mit 371 Morg. Wald ist.

B. Vormalige Lehens- und Leibeigenschaftsrechte.

a) Ritterlehen. Die oben zu A. aufgeführten.

b) Falllehen. Im Oberamtsbezirk befanden sich keine Falllehen.

c) Erblehen. Diese wurden schon früher allodificirt und die darauf ruhenden Abgaben abgelöst. Ebenso wurden die Leibeigenschafts-Gefälle sowie die Frohnen theils aufgehoben, theils abgelöst.

C. Grundlasten.

Diese wurden theils aufgehoben, theils abgelöst.

D. Zehenten.

Sämtliche Zehentrechte im Bezirk sind durch Ablösung beseitigt worden. Die früheren Zehentberechtigten waren:

1. Spaichingen: der Staat, die Pfarrei Spaichingen und die Stiftung Balgheim für den großen Zehenten, die Pfarrei Spaichingen für den kleinen Zehenten.

2. Aixheim: der Staat für den großen Zehenten, die Pfarrei für den kleinen, Heu- und Öhmdzehenten.

3. Aldingen: für den großen Zehenten der Staat, die Pfarreien Aixheim, Aldingen und Denkingen, die Kaplanei Denkingen und die Gemeinde Trossingen, für den kleinen Zehenten die Pfarrei Aldingen.

4. Balgheim: die Pfarrei und Stiftung bezog den großen Zehenten; den kleinen Zehenten die Pfarrei.

| 5. Böttingen: für den großen Zehenten Fürst von Zeil, die Pfarrei und der Staat; für den kleinen Zehenten die Pfarrei.

6. Bubsheim: für den großen Zehenten der Staat und die Pfarrei; für den kleinen Zehenten die letztere allein.

7. Deilingen: der Staat und die Kirchenfabrik Deilingen für den großen Zehenten, die Pfarrei für den kleinen Zehenten.

8. Denkingen: der Staat, die Pfarrei, die Kaplanei und einige Privaten für den großen Zehenten; für den kleinen Zehenten, sowie für den Heu- und Öhmdzehenten die Pfarrei und Kaplanei.

9. Dürbheim: der Staat, die Stiftung Dürbheim und die Pfarrei Balgheim für den großen Zehenten; für den kleinen Zehenten die Pfarrei Dürbheim.

10. Egesheim: die Pfarrei und Stiftung für den großen Zehenten; die Pfarrei für den kleinen Zehenten.

11. Frittlingen: die Pfarrei und Stiftung für den großen und kleinen Zehenten.

12. Gosheim: der Staat, die Pfarrei Gosheim und Stiftung Wehingen für den großen Zehenten; die Pfarrei Gosheim für den kleinen Zehenten.

13. Königsheim: der Staat und die Freiherren von Enzberg in Mühlheim für den großen Zehenten; die Freiherren von Enzberg für den kleinen Zehenten.

14. Mahlstetten: die Freiherren von Enzberg für den großen Zehenten; die Pfarrei für den kleinen Zehenten.

15. Nusplingen: der Staat und die Pfarrei für den großen Zehenten; die Pfarrei und Kaplanei für den kleinen Zehenten.

16. Obernheim: die Pfarrei und Stiftung für den großen Zehenten; die Pfarrei für den kleinen Zehenten.

17. Rathshausen: der Staat, die Stadt Schömberg und das Chorstift Waldkirch für den großen Zehenten; die Stadt Schömberg für den kleinen Zehenten.

18. Reichenbach: der Staat und die Pfarrei für den großen Zehenten; für den kleinen Zehenten die Pfarrei.

19. Schörzingen: die Pfarrei für den großen und kleinen Zehenten.

20. Wehingen: die Pfarrei und Stiftung für den großen und kleinen Zehenten.

21. Weilen unter den Rinnen: wie bei Rathshausen.

|
Staats- und kirchliche Einrichtungen.
A. Einrichtung der Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk bildet einen Theil des Schwarzwaldkreises und steht als solcher in gerichtlicher Hinsicht unter dem Kreisgerichtshof in Rottweil, in administrativer unter der Kreisregierung in Reutlingen.

Von den Bezirksbehörden haben das Oberamtsgericht, das Oberamt und Kameralamt ihren Sitz in Spaichingen, das Forstamt in Rottweil, das evangelische Dekanatamt in Tuttlingen, das katholische in Denkingen.

a) Oberamtsgericht.

Demselben sind untergeordnet: das Gerichtsnotariat in Spaichingen für die Orte Spaichingen, Aixheim, Aldingen, Balgheim, Böttingen, Denkingen, Dürbheim, Frittlingen, Gosheim, Mahlstetten; das Amtsnotariat Wehingen für die weiteren 11 Gemeinden.

b) Das Oberamt

mit dem Oberamtsarzt, Oberamtswundarzt, Oberamtsthierarzt, der Oberamtspflege und Sparkasse, dem Oberamtsbaumeister und -Wegmeister, Oberamtsgeometer und Oberfeuerschauer, sämtlich in der Oberamtsstadt.

In Beziehung auf Straßen- und Wasserbau ist der Bezirk der Straßen-Inspection, auf Hochbau dem Hochbauamt, beide in Rottweil, zugewiesen.

c) Dem Kameralamt

ist der ganze Oberamtsbezirk zugetheilt, wogegen derselbe einen Bestandtheil des Umgeldscommissariats Tuttlingen bildet.

d) Dem Forstamt Rottweil

ist der ganze Oberamtsbezirk mit den 2 Revierämtern Spaichingen und Harras unterstellt.

Die Unterpfandsgeschäfte besorgen in 8 Gemeinden der Ortsvorsteher, beziehungsweise Rathsschreiber, oder Gemeindepfleger, in den übrigen theils der Notar, theils die Verwaltungsaktuare.

Die Verwaltungsgeschäfte werden mit Ausnahme einer Gemeindeverwaltung von den 4 Verwaltungsaktuaren besorgt.

Der Oberamtsbezirk zählt 21 Gemeinden und zwar 10 zweiter, 11 dritter Klasse. Zusammengesetzte Gemeinden sind Böttingen und Deilingen.

| An der Spitze jeder Gemeinde steht ein Schultheiß, beziehungsweise Stadtschultheiß, welcher seinen Sitz im Hauptorte hat.

Für die Verwaltung des Gemeinde-Vermögens sind überall besondere Rechner, Gemeinde- resp. Stadtpfleger angestellt.

b. Kirchliche.

Der Bezirk ist vorwiegend katholisch. Es gehören nämlich von den 18.664 Einwohnern 16.937 dieser, 1721 der evangelischen Confession an. Israeliten sind zur Zeit im Bezirke nicht ansässig.

Die Evangelischen sind dem Generalate Reutlingen unterstellt.

Übrigens findet sich nur die eine protestantische Pfarrei Aldingen im Bezirke; die übrigen unter der katholischen Bevölkerung zerstreut lebenden Evangelischen sind theils den benachbarten Pfarreien Aldingen, Hausen ob Verena, Rietheim, Dekanats Tuttlingen, theils denen in Erzingen, Meßstetten, Thieringen, Dekanatamts Balingen, zugetheilt.

Von den 19 katholischen Pfarreien – Königsheim wird durch ein Excurrent-Vikariat versehen – sind 17 dem Dekanatamt Spaichingen, 2 dem Dekanatamt Schömberg, zur Zeit mit dem Sitz in Geislingen OA. Balingen, zugetheilt.

B. Anstalten.
a. Schulanstalten.

Es befindet sich in Spaichingen eine Präceptorats- und seit 1862 eine Realschule, je mit 1 Lehrer.

Den Schülern wird Turnunterricht ertheilt.

Volksschulen zählt der Bezirk pro 1874/75 24, nämlich 1 evangelische und 23 katholische.

An der ersteren sind thätig 2 Schulmeister, 1 Unterlehrer mit 264 Schulkindern.

An den katholischen Schulen sind angestellt 27 Schulmeister, 1 Schulamtsverweser, 2 Unterlehrer, 6 Lehrgehilfen. Die Zahl der Schüler beträgt 2592.

Die Zahl der evangelischen Sonntagsschüler beläuft sich auf 112, die der katholischen auf 1113.

Gewerbliche Fortbildungsschulen befinden sich, nachdem kürzlich in Spaichingen auch eine Frauenarbeitsschule gegründet worden ist, in der Oberamtsstadt 2; ferner in den Orten Deilingen, Delkhofen, Frittlingen, Schörzingen, Wehingen je eine.

| Gewerbliche Zeichenschulen sind in Spaichingen, Aixheim, Aldingen, Denkingen, Dürbheim, Böttingen, Nusplingen.

Industrieschulen sind in allen Gemeinden.

Eine Kleinkinderschule ist in Aldingen eingerichtet.

b. Wohlthätigkeits-Anstalten.

Von solchen sind hervorzuheben:

1. Die unter Aufsicht der Amtsversammlung und des Amts-Versammlungs-Ausschusses verwaltete Oberamtssparkasse.
2. 19 Armenhäuser in 13 Gemeinden.
3. Drei Agenturen der Württ. Sparkasse.
4. Ein der Amtskörperschaft gehöriges kleineres Krankenhaus mit Irrenlokalen, welches übrigens im Laufe des Jahres 1876 durch ein neues, allen Ansprüchen genügendes Bezirkskrankenhaus ersetzt wird.
5) Ganz neu gegründet ist ein Verein zur Fürsorge für entlassene Strafgefangene mit 69 Mitgliedern.
c. Gewerbliche Anstalten.

Seit dem Jahr 1861 besteht ein Bezirksgewerbeverein, der am Schlusse jenes Jahres 48 Mitglieder zählte, welche Zahl inzwischen bis Schluß des Jahres 1875 auf 815 angewachsen ist.

Rühmend darf an dieser Stelle wohl der Umsicht und Thätigkeit seines aus 10 Mitgliedern bestehenden Ausschusses gedacht werden, dessen Bemühungen es nunmehr gelungen ist, Mittel und Wege zu Erstellung der vornehmlich für gewerbliche Bildungszwecke dienenden Gewerbehalle, einer wahren Zierde der Stadt, zu finden.

Neuestens ist die bereits erwähnte weibliche Fachschule, wozu aus Mitteln der Vereinskasse neben Einräumung der nöthigen Lokalitäten gegeben wird, eröffnet worden.

Außerdem haben die Bestrebungen des Vereins die Verbreitung nützlicher Kenntnisse unter den Gewerbe-Genossen durch mündliche Vorträge und Bereicherung der Vereinsbibliothek mit Schriften allgemein wissenschaftlichen und technischen Inhalts im Auge.

Eine Bezirksgewerbe-Ausstellung hat der Verein in der Oberamtsstadt 1869 veranstaltet; sie war von 300 Ausstellern beschickt und von über 6000 Personen besucht.

Mit dem Gewerbeverein in nahe Verbindung gesetzt, besteht| seit 1866 die zur Zeit 738 Mitglieder zählende Handwerkerbank. Die Vorstandschaft der Bank besteht aus einem Direktor, einem Stellvertreter desselben, einem Schriftführer, einem Kassier und aus 7 weiteren Vorstandsmitgliedern. Der Umsatz ist seit der Gründung von Jahr zu Jahr gestiegen und betrug im Jahr 1875 1.150.000 fl.; die mittlere Dividende beträgt 7 %.

Überdies ist der Thätigkeit des Gewerbevereins zu verdanken: die Einführung eines Wochenmarkts, einer frequenten Fruchtschranne, einer städtischen Bodenwage, der monatlichen Viehmärkte etc.

d. Landwirthschaftliche Anstalten.

Seit 1839 besteht hier, wie in den andern Bezirken des Landes, ein landwirthschaftlicher Bezirksverein, dessen Mitgliederzahl von ursprünglichen 89 auf 432 gestiegen.

An seiner Spitze steht ein Vorstand mit 8 Mitgliedern, incl. Sekretär und Kassier.

Die Thätigkeit des Vereins erstreckt sich auf alle Zweige der Landwirthschaft, insbesondere Verbreitung guter Ackergeräthe, Erweiterung des Futterbaus, weitere Hebung der in den Thalorten übrigens recht vorgeschrittenen Viehzucht und Verbesserung der Albweiden.

Wenn auch das Klima dem Obstbau nicht günstig ist, so haben doch die letzten paar Jahre gezeigt, daß sich die eingetretene Vereinsfürsorge, welche sich insbesondere darin zeigt, daß geeignete Leute zur Erlernung der Obstbaumzucht nach Hohenheim geschickt werden, wohl lohnt.

Die Verpflegung der Farren, Simmenthaler Race, für deren Beschaffung, soweit sie nicht in ihrer Heimat angekauft werden, sowohl im Bezirke als im benachbarten Bezirke Rottweil reichliche Gelegenheit geboten ist, steht nur mit einer Ausnahme in Händen der Gemeinden.

Die Einführung einer Farrenschau scheiterte aber bis jetzt stets am Mangel besserer Einsicht und an den mit der Sache verbundenen Kosten.

Alle zwei bis drei Jahre wird ein landwirthschaftliches Bezirksfest, bei welchem Preise für erheblichere landwirthschaftliche Leistungen, wie auch an treue Dienstboten vertheilt werden, abgehalten.

Nebendem hat sich der Verein zum Ziele die Verbreitung allgemeiner landwirthschaftlicher Kenntnisse, theils durch Schaffung| einer den Mitgliedern zu Gebote stehenden Vereinsbibliothek, namentlich aber dadurch gesetzt, daß besonders verdienstliche Bemühungen der Lehrer an den landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen prämiirt werden.

Solche Winterabend-Fortbildungsschulen bestehen in Aixheim, Aldingen, Böttingen, Dürbheim, Frittlingen, Gosheim, Königsheim, Mahlstetten, Nusplingen, Obernheim, Schörzingen.

Freiwillige Abend-Versammlungen finden in Deilingen und Rathshausen statt.

Noch ist zu erwähnen, daß in mehreren Gemeinden die Feldweg-Regulirung durchgeführt ist, und daß namentlich in neuester Zeit sich die Einsicht immer mehr Bahn bricht, wie sehr es an der Zeit sei, die Fesseln des Flurzwangs durch zweckmäßige Feldweganlagen in Verbindung mit Gewand-Regulirungen zu beseitigen.

Seit dem Mai 1875 besteht im Oberamtsbezirk ein Baumzüchter-Verein, der jetzt schon 60 Mitglieder zählt und an dessen Spitze Schullehrer Scheuerle in Frittlingen steht. In der Kupferschmid’schen Verlagshandlung in Spaichingen erscheint seit Januar 1876 der „Bienenbote“, eine Bienenzeitung zur Verbreitung einer rationellen Bienenzucht in Württemberg.

e. Anstalten für Handel und Verkehr.
1. Eisenbahnen.

Mit dem 15. Juli 1869 trat auch der Oberamtsbezirk Spaichingen durch Eröffnung der 3,7 Meilen langen Bahnstrecke Rottweil-Tuttlingen in die Reihe der mit Eisenbahnen bedachten Bezirke ein.

Auf der Markung Aixheim eintretend, berührt sie übrigens blos die Orte Aldingen, Spaichingen, um alsbald den Bezirk nahe dem Ort Balgheim wieder zu verlassen.

Eisenbahnstationen bestehen in Spaichingen und Aldingen mit täglich kursirenden 10 Zügen.

2. Straßen.

Staatsstraßen, welche durch den Bezirk führen, sind:

1) Die Straße von Spaichingen über Neufra nach Rottweil.
2) Die Straße von Spaichingen über Balgheim nach Tuttlingen.
3) Die Straße von Wellendingen über Frittlingen (die alte| Schweizerstraße), welche auf die Straße Nr. 1 nahe bei Aixheim einmündet.

Von den Vizinalstraßen sind besonders hervorzuheben:

4) Die Straße über Denkingen nach Gosheim, Wehingen, Reichenbach, Aixheim, Nusplingen.
5) Die Straße von Wehingen nach Deilingen, Weilen, Rathshausen, Schömberg.
6) Straße über Dürbheim, Mahlstetten, Böttingen, Bubsheim, Königsheim, Egesheim.
7) Spaichingen-Schura.
8) Aldingen-Trossingen.

Für die sub. Nr. 4, 5, 7, 8, aufgeführten sind Staatsbeiträge verwilligt.

Alle übrigen, wie die weiteren, hier nicht genannten, blos dem Lokalverkehr dienenden Nachbarstraßen werden von den Gemeinden unterhalten.

Die ordnungsmäßige Unterhaltung wird durch den Oberamtswegmeister controlirt.

Wohl dürfen sich die mit außerordentlichen Opfern erstellten Bergstraßen mit denen anderer Bezirke messen.

3. Posten und Boten.

Der Bezirk zählt 4 Postexpeditionen: in Spaichingen, Aldingen, Wehingen, Nusplingen. Postablagen sind in Denkingen und Gosheim.

Zugetheilt sind:

1. Dem Postamte Spaichingen:
a) die Oberamtsstadt mit Hofen, ferner die Orte Balgheim, Dürbheim, Böttingen, Mahlstetten, nebst den dazu gehörigen Parzellen;
b) Frittlingen, Aixheim nebst Parzellen.
2. Der Postexpedition Wehingen, abgesehen von Wehingen und den dazu gehörigen Parzellen Ziegelhütte, Fronhofen, Sägmühle, Harras und Staighaus:
a) Delkhofen, Deilingen, Rathshausen, Weilen, Schörzingen nebst Parzellen;
b) Obernheim mit Thanneck;
c) Reichenbach, Egesheim, Bubsheim, Königsheim.
3. Der Postexpedition Nusplingen: die Parzellen Heidenstadt, Hardt, Dietstaig, Sägmühle.
|
4. Die Postexpedition Aldingen ist ohne Bestellbezirk.

Die Postexpedition Aldingen steht mit dem Postamt Spaichingen und den übrigen Orten des Oberamtsbezirks durch 2 zur Postbeförderung eingerichtete Eisenbahnzüge in Verbindung.

Die Postexpeditionen Wehingen, Nusplingen und die Postablage Denkingen dagegen erhalten mit der Oberamtsstadt ihre Verbindung durch täglich ein- beziehungsweise zweimalige Postwagenfahrten.

Den täglichen Verkehr mit Ausnahme von Sonn- und Festtagen zwischen den Poststellen und den Landorten vermitteln 5 Landpostboten in der Weise, daß sie auch die am Wege liegenden Parzellen zu besorgen haben.

Die anderweitigen Parzellen werden wöchentlich dreimal, gewöhnlich Montags, Mittwochs und Freitags durch von den Hauptorten ausgehende Nebenboten begangen.

Überdies besteht täglich zweimal Postverbindung mit Personenbeförderung ohne irgendwelche Beschränkung der Zahl von Spaichingen nach Wehingen und von da wieder zurück, je einmal mit Postanschluß nach den Heubergsorten Reichenbach, Egesheim und Nusplingen, und von dort wieder zurück.

Frachtboten fahren zwischen

Spaichingen und Rottweil,
Spaichingen und Nusplingen,
Spaichingen und Mahlstetten,
Spaichingen und Aldingen,
Spaichingen und Bubsheim,
Spaichingen und Tuttlingen.

Überdies gibt es zwischen zwei Landorten und Rottweil wöchentlich einmalige Fahrboten-Verbindungen.

4. Telegraphen.

Telegraphen-Stationen befinden sich in Spaichingen, Aldingen und Wehingen.

f. Sonstige polizeiliche Anstalten.
1. Gesundheitspolizei.

Im Oberamtbezirk sind angestellt:

1 Oberamtsarzt, Oberamtswundarzt und Oberamtsthierarzt mit dem Sitze in Spaichingen, ferner der Distriktsarzt in Wehingen.

| Wundärzte II. Abtheilung, gleichzeitig Geburtshelfer, sind je einer in Aldingen, Böttingen und Wehingen.

Hebammen sind vorhanden 38.

Das Impfgeschäft wurde früher theils von Ärzten, theils Wundärzten versehen, jetzt besorgt es der Oberamtsarzt und im Einverständnisse desselben in den zum Distrikt Wehingen gehörigen Orten der Distriktsarzt in Wehingen.

Apotheken bestehen zwei im Bezirke, eine in Spaichingen und die Filial-Apotheke in Wehingen.

Zu temporärer Unterbringung von Geisteskranken dienten bisher die in dem der Amtskörperschaft gehörigen Krankenhause eingebauten Irrenlokale.

Sämtliche Gemeinden haben eigene Begräbnißplätze. Wasenmeister sind 2 im Bezirk.

2. Sicherheitspolizeiliche Anstalten.

Das Oberamtsgericht und Oberamt haben je abgesonderte Gefängnißgebäude, in welchen sich auch die Wohnungen der betreffenden Amtsdiener befinden.

Arrestlokale mit den erforderlichen Requisiten sind in allen Gemeinden, desgleichen sind überall Polizeidiener aufgestellt.

Landjäger sind 6 im Bezirk; davon der Stations-Commandant mit 2 Landjägern in der Oberamtsstadt und je einer in Frittlingen, Wehingen, Nusplingen.

3. Bau- und Feuerpolizeiliche Anstalten.

Ortsbaupläne sind in 20 Hauptorten und einer Parcellar-Gemeinde vorhanden.

Die Oberfeuerschau wird im Bezirk von dem durch die Amtskörperschaft bestellten Oberamtsbaumeister, welcher als solcher auch die vor dem Oberamt ressortirenden Baugesuche begutachtet, besorgt, wogegen dieselbe in der Oberamtsstadt durch einen besonderen Techniker, der seinen Wohnsitz in Wehingen hat, versehen wird.

Der Kaminfegerbezirke sind es drei, welchen sämtliche Bezirksorte zugetheilt sind.

Feuerlöschmannschaften sind in allen Gemeinden vorschriftsgemäß aufgestellt und ist von diesen ein und dieselbe Feuerlösch-Ordnung angenommen.

Feuerwehren sind in Spaichingen und Aldingen eingeführt;| in letzterem Orte ist sie eine freiwillige, in ersterem beruht der Eintritt auf Zwang.

Zu Erstellung eines Mannschaftswagens für die Feuerwehr in Spaichingen hat die Amtskörperschaft gegen die Verpflichtung auswärtiger Hilfeleistung einen Beitrag von 500 fl. geleistet.

Im Übrigen haben die betreffenden Gemeinden für die Kosten der Anschaffung und Unterhaltung der erforderlichen Requisiten einzustehen.

Fahrfeuerspritzen finden sich in sämtlichen 23 Gemeinden und zwar:

a) älterer Construction 28,
b) neuerer, einschließlich der Hydrophore 12.

Neben diesen sind noch im Gebrauch

c) Tragspritzen 2,
d) Handspritzen 13.

Auch verfügen die Gemeinden über die weiter nothwendigen Requisiten, wie Eimer, Bütten, Haken, Leitern etc.

Brandfälle sind im Bezirk ziemlich selten und meist unbedeutend.

Die Zahl der im Bezirk vertretenen Mobiliarversicherungs-Gesellschaften beträgt 15. Der Agenten sind es 73.

Versichert sind mit ihren Mobilien 2575 Familien.

4. Gewerbepolizeiliche Anstalten.

Ein Eichamt im Sinne der deutschen Maß- und Gewichts-Ordnung für die gewöhnlichen Verkehrsmaße und Gewichte einschließlich der Faßeichungen nebst Waagen wurde in der Oberamtsstadt 1871 errichtet.

Wiederholte Visitationen haben ergeben, daß die neuen Maße und Gewichte durchgehends im Gebrauche sind.

Amtskörperschafts- und Gemeindehaushalt.
A. Amtskorporation.

Nach der letztgestellten und abgehörten Rechnung pro 1873/74 bestand das Vermögen bei der Amtspflege in

Kapitalien 30.470 fl.
anderen Forderungen 13 fl.
Rechners Remanet 1900 fl.
zusammen       32.383 fl.

worauf keine Schulden haften.

| Es betragen pro 1873/74
die laufenden Einnahmen 48.372 fl.
die laufenden Ausgaben 47.692 fl.
der Amtsschaden 3250 fl.
die Korporationssteuer 648 fl.

An Grund-Eigenthum besitzt die Amtskorporation Gebäude:

a) das Oberamts-Gefängniß, mit Wohnung für den Amtsdiener nebst 12 Rthn. eingezäunter zu Gärtchen angelegter Hofraum;
b) ein zweistockiges Krankenhaus mit Irrenlokalen nebst 21,6 Rthn. Garten;
c) ein zweistockiges zur Wohnung des Krankenwärters eingerichtetes Wohn- und Ökonomiegebäude nebst 13 Rthn. Garten;
d) einen 1875 von der Stadt-Gemeinde erworbenen, nahezu 1 Morgen haltenden Bauplatz für das im Bau begriffene Bezirks-Krankenhaus.
B. Gemeindeverwaltung
pro 1873/74 s. Tabelle III.

Nach dieser Tabelle besaßen die Gemeinden:

1) An Grund-Eigenthum 26.4905/8 Mrg.
An verzinslichen Kapitalien 216.125 fl.
An sonstigen Forderungen exl. Remanet 2186 fl.
2) Die Passiven betrugen:
an verzinslichen Kapitalien 38.283 fl.
an sonstigen Schulden 3387 fl.
3) Die jährlichen Einkünfte beliefen sich auf 237.887 fl.
4) Die jährlichen Ausgaben 223.236 fl.
5) Der Amtsschaden 3245 fl.
6) Die Gemeinde-Umlagen incl. die Tilgungs- resp. der
Grundstocks-Ergänzungsraten.
C. Stiftungspflegen.

Es betrug pro 1873/74 ihr Grundbesitz 1473 Mrg., woneben sie an verzinslichen Kapitalien 459.777 fl., worauf 14.471 fl. ruhen, besaßen.

Laufende Einnahmen 32.112 fl.
Laufende Ausgaben 30.944 fl.
|
Kataster und Steuern.

Nach den Berechnungen des Etatsjahrs 1875/76 sind Gegenstände des Oberamts-Katasters:

Grund-Eigenthum, eingeschätzt zu einem Reinertrag von 168.359 fl.
Gefälle – fl.
Gebäude 1.284.925 fl.
Gewerbe 3170 fl.

Die in demselben Jahre zur Umlage gebrachten Steuern betragen:

Vom Grund-Eigenthum 44.482 M.
Von Gebäuden 6332 M.
Von Gewerben 5586 M.

An indirekten Steuern sind erhoben worden im Etatsjahr 1874/75:

      Umgeld von Wein und Obstmost:
Akkord 1358 fl. 3 kr.
Abstich 3236 fl. 36 kr.
4594 fl. 39 kr.
      Malzsteuer:
Braumalzsteuer 21.966 fl. 21 kr.
Brennmalzsteuer 295 fl. 52 kr.
22.262 fl. 13 kr.
Branntweinausschanksabgabe 2625 fl. 18 kr.
      Accise von:
Lotterien, Theatern 62 fl. 47 kr.
Kontraktaccise 6403 fl. 49 kr.
ausländ. Händlern 75 fl. – kr.
ausländ. Handelsreisenden – fl. – kr.
6541 fl. 36 kr.
      Hundeauflage:
Reste 0 fl. – kr.
Laufendes 1397 fl. 43 kr.
      Sporteln:
a) Reste 40 fl. 22 kr.
b) Laufendes:
0 vom Oberamtsgericht 259 fl. 38 kr.
0 von den Notariaten 2844 fl. 55 kr.
0 vom Oberamt 754 fl. 57 kr.
0 von der Verrechnung des Kameralamts 476 fl. 18 kr.
4376 fl. 10 kr.
| Einkommenssteuer:
      vom Diensteinkommen:
a) Reste 0 fl. 0 kr.
b) Laufendes 1254 fl. 36 kr.
      vom Kapitaleinkommen:
a) Reste – fl. – kr.
b) Laufendes 6960 fl. 59 kr.
Einkommenssteuer zusammen       8215 fl. 35 kr.



« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Spaichingen Kapitel A 7 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).