Beschreibung des Oberamts Urach/Kapitel B 7

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 6 Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel B 8 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
7. Ehningen,
ein evangelisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit am Fuße der Alp und der Achalm, 4 St. westlich von Urach (über die Alp 3 St.) und 3/4 St. von Reutlingen mit 4937 Einw., | Cameralamt Pfullingen. Den großen Zehnten haben der Staat und die Universität Tübingen je zur Hälfte, den kleinen, den Heu- und Öhmd-Zehnten die Pfarrstelle, den Wein-Zehnten wieder der Staat zu beziehen. Die Grundlasten betragen im Ganzen 228 fl., wovon der Staat den größten Theil hat, das Übrige aber unter die Universität und mehrere Stiftungspflegen vertheilt ist. Das Patronatrecht ist zwischen der Krone und der Universität Tübingen getheilt, und wird kraft einer Entscheidung vom Jahr 1681 abwechselnd ausgeübt. E. liegt etwas abgeschieden in dem engen Thaleinschnitte, der den Achalmberg von der Alp trennt. Durch den Ort führt eine gute Straße nach Neuhausen im Ermsthale. Ein kleiner Bach fließt durch den Ort in den Albach. Ehningen ist das schönste, größte und volkreichste Dorf im Königreiche, das die meisten Landstädte hinter sich zurückläßt, hat regelmäßige Straßen, wovon eine, die auf Achalm führt, „die Burg-Gasse“ heißt, gut gebaute Häuser, ein Rathhaus und ein sehr ansehnliches, neu gebautes Schulhaus, eine Apotheke, 7 Schildwirthschaften und eine Brauerey, eine Fruchtmühle und eine Ziegelhütte. In keinem Orte hat die Bevölkerung so auffallende Fortschritte gemacht, wie in Ehningen; sie hat sich in einem Zeitraum von hundert Jahren beynahe vervierfacht. Die starke, blos aus dem Innern der Einwohnerschaft ohne äußern Zuwachs hervorgehende Bevölkerung ist auch Ursache, daß hier ein und derselbe Familien-Name unzählige Mahl vorkommt, so soll es z. B. an 180 Geschlechter geben, welche den Namen Rall führen. Die Einwohner haben in Charakter, Sitten, Sprache und Ton etwas sich scharf Unterscheidendes. Ihre Nahrung beruht theils auf der Landwirthschaft, theils in Gewerben, hauptsächlich aber in dem Handel – wer kennt nicht die Ehninger Krämer? In der Landwirthschaft zeichnet sich der Obst- und Weinbau aus, s. S. 68. Der Gewerbs-Betrieb ist von geringer Bedeutung. Über zwey Drittheile der Einwohner suchen ihre Nahrung in dem Handel, und zwar in dem Hausir- und Markt-Handel mit | Gegenständen aller Art, hauptsächlich aber mit Ellen- und s.g. kurzen Waaren. Männer, Weiber, Söhne und Töchter ziehen diesem Handel nach, selbst Kinder von 14 Jahren nehmen schon Theil daran. Offene Läden gibt es wenige in dem Orte. Man kann die Ehninger Krämer in drey Klassen eintheilen: 1) die größeren Handelsleute, 2) die Krämer, und 3) die Hausirer. Zu der erstern Klasse gehört ungefähr ein Dutzend Häuser; sie sind meist Leute von bedeutendem Vermögen, die ihre Waaren im Großen einkaufen, nicht nur zu Hause, sondern auch in Bayern, Salzburg, Tyrol, der Schweiz und Baden große Niederlagen haben, und ihre Vorräthe von da entweder unmittelbar, oder auf Messen und Märkten absetzen. Die zweyte Klasse besteht in Landkrämern, die ihren Bedarf zum Theil von den erstern, zum Theil aber auch wieder aus erster Hand beziehen, sowohl im Inlande, als in andern Bundesstaaten von Markt zu Markt und wo es angeht, zum Theil mit der Kiste auf dem Rücken, auch von Haus zu Haus wandern. Die dritte Klasse beschäftigt sich, so weit es die Hausir-Gesetze noch zulassen, einzig mit einem kleinen Kistenkram, der in geringen Artikeln, schlechten Druckschriften, Kalendern etc. besteht. Die eine Klasse wie die andere ist wandernd und den größten Theil des Jahres von Haus abwesend; nur um Jakobi und Weihnachten kommen sie gewöhnlich wieder nach Haus, um ihre häuslichen Angelegenheiten zu ordnen, nach den Kindern zu sehen und neue Geschäfte vorzubereiten. Um diese Zeit finden sich dann auch eine Menge von Handels-Reisenden aus der Schweiz, dem Elsaß, den Rheingegenden, den Niederlanden, Sachsen etc. ein, welche neue Waaren anbieten und rückständige Forderungen geltend zu machen suchen. Die Geschäfte, welche bey einem solchen Congresse, wobey 50 bis 60 und noch mehr ausländische Kaufleute sich versammeln, gemacht werden, sind sehr bedeutend; man rechnet, daß dabey häufig für 5 – 600.000 fl. Waaren in Umsatz kommen. Eigene Fabrikate werden, wie schon bemerkt worden, in E. nicht erzeugt, selbst die Fabrikation der s. g. Ehninger | Spitzen hat neuerlich fast ganz aufgehört, s. S. 84; dagegen sind die Ehninger Krämer für manche Gewerbe des Landes, namentlich für die Bortenmacher und Zeugmacher in Pfullingen, Reutlingen, Metzingen und Ehingen, für die Zeuglens- und Tüchlens-Weber in Heubach u. a. O. und für die Leinen-Weberey von Wichtigkeit. Von 5 Leinwandhändler-Gesellschaften wird jährlich für 2 – 300.000 fl. Leinwand in die Schweiz abgesetzt. Dieser merkwürdige Handel entstand zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch den Handel mit den oben erwähnten Spitzen, welche für Rechnung von Reutlinger Häusern verkauft wurden, und die daher auch den Namen Ehninger Spitzen führten. Bald kamen auch andere Gegenstände dazu. Lange Zeit waren aber die Ehninger nur die Hausirer und Verschleußer der Reutlinger Kaufleute; ums Jahr 1770 fingen sie an, auf eigene Rechnung Handel zu treiben. Die Kriegszeiten von 1770 bis 1815 waren ihrem Gewerbe besonders günstig. Die Geschäfte wie die Zahl der Handelsleute vermehrten sich mit reißenden Schritten. Die veränderten und beschränkenden Verhältnisse aber, die seit jener Zeit eingetreten sind, brachten dem Ehninger Handel einen empfindlichen Stoß bey. Sie wurden zugleich Veranlassung, daß mehrere Häuser nicht nur Niederlagen im Auslande bildeten, sondern sich dort auch, mit Vorbehalt des Würt. Orts- und Staats-Bürgerrechts, Besitzthum und Unterthanen-Recht erwarben, daselbst nun offene Läden führen und zum Theil sogar Handel im Großen treiben, und nur von Zeit zu Zeit in die Heimath zurückkehren. Der größere Theil, der die Kräfte zu solchen Auswegen nicht hatte, ist nun freylich um so übler daran, je mehr sich die Zahl der Handeltreibenden vergrößert hat. Im Ganzen herrscht neben Wohlhabenheit und Reichthum eines kleinen Theils der Bürgerschaft bittere Armuth in Ehningen, und mehr als die Hälfte der Einwohner gehört zu den völlig unbemittelten. Von Vielen wird auch der Handel nur aus Arbeitsscheue und aus Neigung zu einem unstäten Leben getrieben. Die Regierung hat sich | daher auch veranlaßt gefunden, der weitern Ausdehnung einer solchen unnützen und verderblichen Lebensweise Einhalt zu thun.

Der Gemeinde-Zustand ist besser, als man es bey den Verhältnissen des Orts erwarten sollte. Die Gemeinde hat ein sehr bedeutendes Grund-Eigenthum, besonders in Waldungen, und dadurch schöne stehende Einkünfte, die unter einer tüchtigen Verwaltung noch mancher Erhöhung fähig sind. Die ganze Fläche des Gemeinde-Eigenthums beträgt nicht weniger als 4503 Morgen.

Der Ort hat ein eigenes Wappen, worin er eine Lilie führt, woher? ist nicht bekannt. An der Pfarrkirche St. Andreas steht ein Pfarrer mit einem beständigen Vikar.

Ein schönes, großes, im Jahr 1819 mit einem Aufwande von 19.000 fl. erbautes Schulhaus vereinigt 6 Elementar-Anstalten, 2 Knaben-, 2 Mädchen-Schulen, je mit einem Schulmeister, und 2 weitere Abtheilungen je mit einem unabhängigen Provisor. Die Zahl der Schulkinder belauft sich auf 750. Eine Industrie-Schule besteht für den Unterricht in weiblichen Arbeiten, neuerlich auch in der Doppelspinnerey.

Die Stiftungen sind unbedeutend; es werden deßwegen jährlich noch aus der Gemeindekasse 1500 fl. für Arme zugeschossen. Der Ort hat 2 Begräbnißplätze, welche außerhalb desselben liegen.

E. war eine Zugehör der Grafschaft Achalm. Als die Grafen von Achalm, die Stifter von Zwiefalten, sich genöthigt sahen, einen Theil ihrer Erbgüter an ihre Neffen abzutreten, erhielt Graf Werner von Grüningen durch den Bempflinger Vergleich um’s Jahr 1090 unter Anderem auch die halbe Kirche zu E. nebst einem Gute daselbst. Die andere Hälfte war vermuthlich im Besitze der Grafen von Urach oder untergeordneter Edelleute. 1318 verkauft Marquard von Bernhausen 1/3 des Kirchensatzes, der Vogtey und der zu der Kirche gehörigen Güter zu E. nebst 1/3 des Kirchensatzes zu Bernhausen und seinen Antheil an dem Burgstall daselbst an Gr. Eberhard von Würtemberg, und 1342 verzichten Wolf und Heinrich von Bernhausen auf ihre | Rechte an den Kirchensatz zu E. und Bernhausen.[1] 1364 verkauft Hans von Bernhausen seinen Antheil an einem Hof, genannt Loschenhof, „zu Ehningen in der Glemser Markung gelegen“, an Bernhard Spiegel von Reutlingen; 1367 verkauft der Edelknecht Eitel Laidolf seinen Theil an dem Dorf E., nämlich die halbe Vogtey und 1/3 des Gerichts zu E. mit aller Zugehör, den Augsburger Hof ausgenommen, an Graf Eberhard v. W. um 209 Pf., Hainz von Bernhausen, der Kirchherr zu E., ein Bruder des oben genannten Hans, siegelt den Kaufbrief. Die Urkunden lassen es übrigens zweifelhaft, ob sie sich nicht zum Theil auf Ehningen, im Oberamt Böblingen, beziehen, gewiß ist dieß der Fall mit mehreren andern Urkunden, welche auf unser E. bezogen worden sind. Die Kirche zu E. war eine von denjenigen Kirchen, womit Graf Eberhard im Bart im Jahr 1477 seine neu gestiftete Universität Tübingen ausstattete, woher denn auch das Patronatrecht der Universität rührt. Es enthielt jedoch diese Stiftung nur die Hälfte der von den frühesten Zeiten her getheilten Kirche. Diese Theilung war Ursache, daß E. eine Zeit lang wie Metzingen und Dettingen zwey Pfarrer hatte, wovon den einen die Herrschaft, den andern die Universität setzte.[2]

Die Mühle, die zu E. gehört, liegt 1/4 St. von dem Orte an dem Arbach. Sie ist neu aufgebaut, nachdem sie vor 3 Jahren abgebrannt ist. Ein Feldbezirk von E. heißt die Heerstraßen-Äcker, s. S. 13.

| Die hinter dem Orte steil aufsteigende Alpwand zeichnet sich durch mehrere, kühn emporragende, felsige Berge aus, s. S. 20. Der von der Alp getrennte Rangenberg fällt durch seine gerundete Form, so wie durch seine bis auf die äußerste Höhe reichende Cultur in regelmäßigen Kartoffel- und andern Ländern auf. Vor Allem aber fesselt der von dem Ort aufsteigende schöne Achalmberg den Blick.


Achalm,
ein Königl. Hof an dem Achalmberge.[3] Er ist ein Königliches Privatgut und vorzugsweise zur Schafzucht bestimmt. Der Hof besteht in einem Wohnhaus und zwey großen, in den Jahren 1823 und 1825 neu erbauten Ökonomie-Gebäuden mit einem Grundbesitze, der sich jetzt an 300 Morgen belauft. Neben einer hochfeinen Schafheerde von ungefähr 500 Stück läuft hier auch eine Heerde von Cachemir- und Angoraziegen, von deren Anschaffung und Bestimmung schon in den Würt. Jahrbüchern, Jahrg. 1825, S. 137 u. Jahrg. 1826, S. 245 nähere Nachricht gegeben ist. Der Hof hat eine ausgezeichnet schöne Lage, die mit der reinsten Luft die herrlichste Aussicht verbindet. Er liegt auf der mittlern Höhe des Berges, an dessen östlicher Seite an der s. g. Erdstaffel, wo die sanftere Abdachung endet und der auf dem Berge sitzende steile Kegel beginnt, 1678 P. F. über der Meeresfläche und 578 P. F. über der Stadt Reutlingen. In früherer Zeit gehörte der Hof mit dem ganzen Berge zur Herzoglichen Rentkammer. Daß der Hof erst 1650 erbaut worden sey, ist unrichtig, er ist vermuthlich so alt, als die Burg Achalm und war schon der Maierhof der alten Grafen von Achalm. Zum Beweis dient die Thatsache, daß die zu Achalm gehörigen Orte Pfullingen, Oberhausen, Honau, Klein-Engstingen, | Riederich und Pliezhausen zum Achalmer Viehhof mit Feldarbeiten und Heufuhren frohnpflichtig waren. Vergl. auch Sulger I. 67. In einem Pfarrberichte vom Jahr 1631 werden als Filiale von Ehningen aufgeführt: Das Schloß Hohen-Achalm und der Fürstlichen Frau Wittib zu Nürtingen Viehhaus daselbst.

Im Jahr 1762 wurde der „Viehhof zu Achalm“ mit dem Berge von der Rentkammer an die Gemeinde Ehningen um 10.500 fl. und von dieser 1764 an zwey Bürger daselbst für 13.500 fl. verkauft. Nach und nach theilte sich das Gut unter mehrere Eigenthümer. Den bedeutendsten Antheil daran hatte zuletzt der Hofrath Dr. Cammerer zu Reutlingen, der sich die Verschönerung und Verbesserung seines Theils durch Gärten und andere Anlagen, durch erhöhte Cultur, insbesondere durch schöne Obstpflanzungen von den edelsten Sorten und durch Erbauung eines artigen Wohnhauses angelegen seyn ließ, aber auch die Sünde auf sich lud, daß er den schönen Thurm auf der Burg seiner Quader beraubte. Durch die Wirthschaft, welche er eröffnen ließ, wurde der Platz eine Zeit lang ein öffentlicher Vergnügungs-Platz der Umgegend, und für denjenigen, der die Achalm einzeln besuchte, einer der reizendsten Ruhepunkte.

Im Jahr 1822 ließ S. M. der König das Gut von Dr. Cammerer und vier weitern dort angesessenen Eigenthümern für die Summe von 34.000 fl. erkaufen. Es geschah dieß in der schönen Absicht, hier ein Beyspiel von hochfeiner Schafzucht und weitere Gelegenheit zu Veredlung der vaterländischen Schafheerden zu geben, und es wurden zu dem Ende die edelsten Thiere aus Sachsen und andern Gegenden durch den Hof-Cameral-Verwalter Weckherlin herbeygeschafft. In Verfolgung dieses Zwecks wurden nachher noch weitere Grundstücke an dem Berge für ungefähr 10.000 fl. angekauft, worunter sich auch der finanzkammerliche Wald „Hohenschild“ von 54 M. Meßgehalt befand. Die alten Gebäude wurden, mit Ausnahme des oben bemerkten Wohnhauses abgebrochen, und durch die jetzt stehenden ersetzt. |
Die Burg Achalm. [4]
Über dem Hof Achalm, auf der Spitze des steilen Bergkegels stehen die Ruinen der alten Burg Achalm, des Sitzes der Grafen von Achalm. Ein sanfter Rasen bedeckt mit den Trümmern der alten Veste in einer Höhe von 2472 W. F. die ungefähr anderthalb Morgen große Oberfläche des Bergscheitels; den beschwerlichen Gang dahin belohnt eine unermeßliche Aussicht in reichem Maße. Vergl. S. 19 u. ff. Die Burg war rundum mit einer Mauer eingefaßt, wovon noch einige Reste vorhanden sind. Mitten auf dem Platze steht noch ein hoher stattlicher Thurm, der aber, vielfach beschädigt und auf den 4 Ecken seiner Quader beraubt, (s. o.) seinem Einsturz droht, wenn ihm nicht bald zu Hülfe gekommen wird. Außerdem erblickt man nur noch Schutt und Trümmer; doch erkennt man noch das alte Hauptthor zu dem die Fahrstraße von Reutlingen herauf führte, so wie die Abtheilung der Burg in zwey Vesten, wie sie der Zwiefalter Mönch Ortlieb schon vor 700 Jahren beschrieb. Die Erbauung der Burg fällt in das eilfte Jahrhundert. Nach den Zwiefalter Annalen wurde sie um’s Jahr 1030 erbaut. [5] Die Erbauer waren die Brüder Egino und Rudolph, zwey Grafen, welche ihren Sitz vorher zu Reutlingen gehabt haben sollen. Egino hatte dazu den Berg, der in fremden Händen war, theils mit Geld, theils mit Abtretung eines Guts Sclate Slatt (s. Urach) gekauft, und er war es, der den Bau unternahm. | Aber er starb während des Baues und überließ seinem Bruder Rudolph die Vollendung, der sich nach der Burg auch Graf von Achalm nannte. Rudolphs Sohn, der Graf Luitold, baute später noch die zweyte Abtheilung der Burg. [6] Es ist übrigens sehr wahrscheinlich und auch die Zwiefalter Annalen weisen darauf hin, daß schon in älterer Zeit eine Burg auf dem Berge gestanden hatte, die, wenn auch nicht so alt, als der österreichische Obervogt Hildebrand zu Pfullingen wissen wollte, („es sind jetzt,“ sagt er in einem Berichte an seine Regierung vom Jahr 1646, „gerade 2500 Jahre, seitdem die Burg erbaut worden ist“) doch immer ein sehr hohes Alter gehabt haben mag und sehr wahrscheinlich noch von einem römischen Castell abstammt. Der Name der Burg wird mannigfaltig gedeutet, Ach Allm – (Allmächtiger) soll der letzte Laut des sterbenden Egino gewesen seyn, als sein Bruder Rudolph ihn fragte, wie er die Burg geheissen haben wolle. Allein ohne Zweifel hatte schon vorher der Berg den Namen, und mit mehr Wahrscheinlichkeit leiten die Zwiefalter Chronisten ihn von dem | vorbeygehenden Flüßchen Ach, Achatz, jetzt Echatz, her, indem sie ihn durch Ach-Halm (Helm) erklären, „gleichsam als wäre der Berg und die Veste der Helm und Schild des Achatzthals.“ [7] Eine andere Erklärung, die sich nicht weniger empfiehlt, gibt der verstorbene Archivrath Leichtlen [8] indem er den Namen durch Aichel (Aiguille) eine gewöhnliche Benennung für Bergspitzen, erklärt, wobey wir noch bemerken, daß der Name Achalm gemeiniglich noch vom Volke Achel gesprochen wird, und daß die Spitzen von Ähren noch Agel genannt werden. Nur kurze Zeit war die Burg im Besitze des Achalmischen Geschlechtes, schon mit Rudolphs Söhnen erlosch der Stamm, wie wir nachher sehen werden, und noch vor dem gänzlichen Erlöschen wurde Achalm einem Tochtersohn Rudolphs, dem Grafen Werner von Grüningen überlassen. Nach Werners Tod, wenn nicht schon vorher, scheinen die Welfen in den Besitz der Burg gekommen zu seyn; denn 1164 flieht der Herzog Welf VII. aus der Schlacht bey Tübingen auf „seine Burg Achalm.“ Wie diese dazu gelangten, ob in Folge der Schirmsvogtey, welche sie nach dem Tode des Grafen Cuno von Achalm im Jahr 1093 über das Kloster Zwiefalten erhielten, oder wie sonst, bleibt ungewiß. Den Welfen folgten als deren Erben die Hohenstaufen im Besitze. Der letzte Hohenstaufische Sprosse, der unglückliche K. Conradin, versetzte nach der noch vorhandenen Original-Urkunde die Burg – „bona nostra in Achalm et Reutlingen“ – im Jahr 1262 an den Grafen Ulrich mit dem Daumen von Würtemberg [9]. Kaiser Rudolph zog allen Umständen nach die Pfandschaft wieder ein, und verlieh Achalm als Reichsvogtey seinem Schwager dem Grafen Albrecht von Hohenberg.[10]. Rudolph selbst verweilte | einigemal, namentlich in den Jahren 1281 und 1289 auf der Burg, dort betrauerte er auch den Tod seiner Gemahlin Anna (Sulger I. S. 251). Auch den Nachfolger Rudolphs, den Kaiser Adolph findet man 1293 auf der Burg, und dessen Gemahlin Imagina verweilte dort in demselben und im folgenden Jahre. Nach Trittheim begab sie sich von da aus nach Stuttgart und wohnte dort der Taufe einer Tochter des Grafen Eberhard v. W. bey (vergl. Sattler Gr. I. S. 29) und bey Besold lesen wir noch eine Urkunde – Datum Achalme anno Dni 1294, worin sie sich der Klosterfrauen zu Pfullingen annimmt. Kaiser Ludwig bestätigte 1323 neuerdings den Grafen Ulrich III. v. W. in dem Besitze der Burg Achalm und Stadt Reutlingen mit Zugehör, (d. heißt Schultheißenamt, Zölle, Umgeld und Mühlgeld,) und die Churfürsten des Reichs gaben 1330 ihre Zustimmung dazu. Aber in dem Frieden bey Schorndorf 1360 mußten die Grafen Eberhard II. und Ulrich IV. gegen Kaiser Karl IV. auf die Burgen Achalm und Hohenstaufen Verzicht leisten. Der Kaiser überließ 1366 beyde Vesten seinem Tochtermann, dem Erzherzog Albrecht von Östreich. Karl hatte nämlich seiner Tochter Elisabeth 10.000 Schock Prager Groschen als Heirathgut verschrieben, und gab nun dem Tochtermann dafür Achalm und Hohenstaufen zum Pfand. Albrecht und sein Bruder Lupold aber verpfändeten den Besitz wieder 1370 an Johann und Wilhelm | von Rietheim für 12.000 Goldgulden – „Gulden Ducaten ungarisch oder böheimisch, die gut an Gold und schwer an Gewicht;“ und Wilhelm und seine Brüder Walther und Conrad von Riethheim überließen 1376 die Pfandschaft für denselben Preis dem Grafen Eberhard von Württemberg, dem sie K. Karl im Jahr 1378 auch bestätigte. So war Würtemberg abermals im Besitze von Achalm und blieb es von nun an auch ununterbrochen, bis zu dem dreyßigjährigen Krieg. Das Östreichische Haus suchte zwar mehrmals sein Losungsrecht hervor; 1446 mußte Graf Ludwig v. W. einen Revers ausstellen, daß das Schloß Achalm mit Zugehör nach seinem und seiner beyden Söhne Absterben von Östreich ausgelöst werden möge; 1498, den 9. Juny, wurde merkwürdiger Weise von der vormundschaftlichen Regierung des Herzogs Ulrich – bekanntlich hatte der Herzog Eberhard II. am 2. Juny unter Östr. Mitwirkung seine Abdankung unterschrieben – sogar das Versprechen gegeben, daß Schloß und Herrschaft Achalm innerhalb Jahresfrist ohne Bezahlung des Pfandschillings zurückgegeben werden solle. Aber die wirkliche Zurückgabe wurde doch immer wieder abgewendet. Dagegen nahm während des dreyßigjährigen Kriegs die Erzherzogin Wittwe Claudia von Östreich, Namens ihrer Söhne die Burg nebst Zugehör geradezu in Besitz und behauptete sich darin von 1636 bis zum Frieden 1648. Nur mit vieler Mühe konnte sie daraus wieder verdrungen werden, und keine Würt. Besitzung machte, wie die Acten beweisen, bey den Friedens-Unterhandlungen dem wackern Geh. Rath von Varnbüler mehr zu schaffen, als die von Achalm und Staufen. Aber sein Ansehen und seine Festigkeit siegten auch hier: Restituatur (Domus Würtembergica) specialiter in dynastias Achalm etc. heißt es in dem Art. 4. §. 24, des westph. Friedens. [11] Da jedoch in dem Friedensartikel | dem östr. Hause seine besondern Ansprüche (eigentliche Ansprüche hätte jedoch nicht das östr. Haus, sondern das Reich gehabt) vorbehalten blieben, so brachte dieses auch später die Pfandschafts-Geschichte immer wieder in Bewegung, und noch im Jahr 1779 gab die Kaiserin Maria Theresia, auf eine Schrift der Insbrucker Regierung die Entscheidung, daß die Sache unter den dermaligen Umständen beruhen solle.

Was die Geschichte und die Schicksale der Burg Achalm insbesondere betrifft, so weiß man sehr wenig davon, nur das ist bekannt, daß schon im Jahr 1377 sich der Graf Ulrich v. W.. mit einer Besatzung in die Burg gelegt hatte, und er in diesem Jahre von da am 14. May am Fuße der Burg den Reutlingern das unglückliche Treffen lieferte, aus dem er selbst nur mit Noth und verwundet wieder auf die Burg entkam. Daß die Burg im Bauern-Aufruhr zerstört worden sey, ist unrichtig. Sie stand, wenn gleich theilweise zerfallen, noch im dreyßigjährigen Kriege. Bis dahin wohnte noch ein Würt. Burgvogt und Förster auf der Burg. Der letzte Burgvogt war Ruprecht Hofman, der, von den Östreichern verdrungen, 1634 nach Ehningen hinab zog. Nach einem neuerlich erst aus dem vorm. Kloster Wiblingen in das K. Staats-Archiv gebrachten Acten-Bündel über Achalm verhält es sich mit dem Untergang der Burg folgendermaßen. Die Würt. Regierung hatte, wie ihr wenigstens von Östreichischer Seite zur Last gelegt wird, die Burg absichtlich zerfallen lassen, um das Andenken an die Pfandschaft zu verwischen [12]. Gleichwohl hatte sich die Burg immer noch erhalten, und in dem dreyßigjährigen Kriege wurde sogar noch eine Besatzung dahin

| gelegt. Eben diese Besatzung aber gab Veranlassung zu der Zerstörung der Burg. Der damalige Obervogtey-Verwalter „Andreas Hilteprandt“ zu Pfullingen berichtet darüber Folgendes an die Östreichische Regierung zu Insbruck unter dem 17. Aug. 1646: Weil man einen Anschlag der Schweden auf das Schloß befürchtet habe, so sey von dem bayrischen Oberst Haßlang, der damals Commandant in Reutlingen war, eine kleine Besatzung auf das Schloß gelegt worden. Da aber die Cisternen verdorben gewesen, und täglich zwey Eimer Wasser, ferner das Brennholz und die Lebensmittel für die Garnison von den Achalmischen Unterthanen mit höchster Abmattung ihrer Pferde und Ochsen habe hinaufgeführt werden müssen, so habe die Erzherzogin Claudia ihm (Hildebrand) befehlen lassen, das Schloß dergestalt zu ruiniren, daß sich kein Feind darin mehr aufhalten könne. Diesem Befehl gemäß habe er die Schloßmauern einwerfen und nur den vordern Bau über der Porte stehen lassen. Nun sey aber auch dieser Bau vor 4 Tagen in der Nacht angezündet worden und ganz abgebrannt. Man habe, setzt der Berichterstatter hinzu, dabey die Reutlinger im Verdacht, welche nicht gut dazu gesehen haben, daß man eine Besatzung auf das Schloß gelegt und ihnen gleichsam „die Katz auf das Käfig gesetzt“ habe, ein Verdacht, der später noch mehr verstärkt wurde. Diese Erzählung wird durch einen späteren Bericht des Vogts Orth zu Urach vom Jahr 1687 bestätigt. Der Vogt hatte den Befehl erhalten, genaue Erkundigung darüber einzuziehen, ob das Schloß schon vor dem dreyßigjährigen Kriege, oder aber erst während desselben zerstört worden sey. Er vernahm zu dem Ende mehrere alte Leute der Gegend, welche alle den Hergang erzählten, wie ihn der obige Bericht darstellt. Einer derselben, Bastian Wick, gab noch weiter zu Protokoll: „So viel er in seiner Jugend von alten Leuten gehört habe, seyen auf dem Berge 3 Häuser oder Schlösser gestanden, wovon das hintere lange vor dem dreyßigjährigen Krieg abgegangen sey. Ein anderer Zeuge, Hans Rau, der | Schloßthorwart zu Pfullingen, gab an, er sey um des Brandes willen von dem Östr. Obervogtey-Verwalter Andrä Hildenbranden mit Schreiben und Bescheid-Einholung (also mit dem obigen Bericht) Botenweis nach Insbruck geschickt worden und habe den Befehl zurückgebracht, das Schloß vollends auf alle Weis und Weg zu ruiniren und demoliren. Ein dritter Zeuge, Ruprecht Hofmann, erzählte, er sey bey seinem Oheim, dem letzten Burgvogt auf Achalm, R. Hofmann, erzogen worden, und macht eine lebhafte Schilderung von der Wohnung des Burgvogts und von der schönen Aussicht, die man aus einem Stüblein, auf einem Thurm im Schloß gehabt habe. Indeß scheinen weder Zeit noch Ungemach ganz Meister über die Burg geworden zu seyn; es wurde daher nach dem Krieg 1750 noch einmal Hand an dieselbe gelegt,[13] und so sank dann die schöne Burg, einst der Stolz und die Zierde der Gegend, vollends trauriger Weise in ihr Grab. Was den wiederholten Angriffen noch getrotzt hatte, das wurde durch die Zeit, die Rohheit und den Eigennutz, so weit es möglich war, vollends vernichtet, so daß nun nur noch wenige Trümmer an den alten, ehrwürdigen Sitz mahnen. Werfen wir von den Ruinen der Burg nun noch einen Blick auf ihre ehemaligen Bewohner.


Die Grafen von Achalm.
Von der Burg Achalm führten die Grafen von Achalm Namen und Titel, der Stamm dieser Grafen und der Grafen von Urach ist ohne Zweifel in dem Hause der Grafen von Pfullingen und dem alten Pfullinggau zu suchen. Wie schon in der Beschreibung des Oberamts Reutlingen bey Pfullingen nachgewiesen ist, so hatte Graf Walther von Pfullingen drey Söhne: Egilolf oder Egino und | die beyden Erzbischöfe Hanno und Wezelo oder Werner. Egilolfs Söhne waren: Egino und Rudolph, die Erbauer von Achalm, und der Erzbischof Cuno oder Conrad von Trier. Die Grafen von Pfullingen und die Grafen von Achalm gehören also Einem Hause an; sie wechselten nur den Namen mit dem Sitze. Daß auch die Grafen von Urach aus dem Hause entsprossen sind, ist schon bey Urach näher gezeigt worden.

Rudolph, der Bruder Eginos oder Egons, der in der Mitte des 11ten Jahrhunderts lebte, ist der erste, der erweislich mit dem Namen eines Grafen von Achalm vorkommt. Zwar sprechen Crusius und Andere von viel ältern Grafen von Achalm, von Grafen, welche bis in’s 4te Jahrhundert hinauf reichen, und eben solche Grafen findet man auch in Inschriften zu Zwiefalten, welche Sulger in seinen Annalen mittheilt. Allein diese Angaben alle halten durchaus keine Prüfung aus, und was die Zwiefalter Inschriften betrifft, worauf manche einen so großen Werth gelegt haben, so bekennt Sulger selbst, daß dieselben erst kurz vor seiner Zeit (er schrieb 1698) verfertigt worden seyen.

Egino starb vor seinem Bruder und kinderlos während des Baues von Achalm, s. o. und Urach. Rudolph dagegen zeugte mit der Gräfen Adelheid, einer Tochter des Grafen Luithold von Mümpelgart und Wülflingen,[14] 7 Söhne, und 3 Töchter. Sie waren nach der Ordnung, in der sie Ortlieb aufführt:

1) Cuno, der Mitstifter des Klosters Zwiefalten. Er kommt urkundlich zum erstenmal 1056 vor, da ihm K. Heinrich III. kurz vor seinem Tode den Bischof Gebhard von Regensburg, der sich gegen ihn empört hatte, in Verwahrung übergibt. Er hatte von dem mütterlichen Erbe die Burg Wülflingen im Thurgau erhalten, und wurde darum und weil er sich gemeiniglich dort aufhielt, häufig auch Graf von Wülflingen oder Graf von Achalm und Wülflingen genannt. Unter dem Namen Cuno Comes de Achalm et Wulfelingen wurde er 1063 auf dem Reichstag zu Worms | von dem Kaiser Heinrich IV. zu der Commission ernannt, welche eine Grenzstreitigkeit zwischen den Glarnern und Urnern in der Schweiz schlichten sollte. Neugart Ep. Const. 373. Cuno starb auf seinem Schlosse Wülflingen i. J. 1092 und wurde zu Zwiefalten begraben. S. Würt. Jahrb. 1826. S. 72. Er blieb unverheiratet, lebte aber mit einer Leibeigenen des Grafen Hartmann von Dillingen und erzeugte mit ihr mehrere Kinder, welche Hartmann zu sich nahm. Unter ihnen war Luithold, ein Liebling des K. Heinrich IV., der ihm Freyheit und gräfliche Würde ertheilte, weßwegen er auch Graf von Dillingen genannt wurde. [15] Vielleicht war jener Adelbert von Dillingen, dessen oben erwähnt ist, ein Abkömmling von ihm und derselbe, der als Adelbert von Achalm die Güter zu Bernloch verschenkte, s. S. 174.

2) Luithold. Er stiftete mit seinem Bruder Cuno das Kloster Zwiefalten. Schon vor dieser Stiftung schenkte er nach dem Hirschauer Codex mit jenem dem Kloster Hirschau Güter und die halbe Kirche zu Tagelfingen (Neckar-Thailfingen). Luithold steht auch als Zeuge in einer Urkunde v. J. 1075, wodurch K. Heinrich IV. die Freyheiten des Klosters Hirschau bestätigt. Besold Doc. red. S. 513. Als Anhänger der päpstlichen Partey verlor er in den Kämpfen gegen den Kaiser seine ansehnlichen Güter in Franken, die er von dem Bischof von Würzburg zu Lehen hatte, nahm dem Kaiser aber dafür Nürtingen weg. Hess. Mon. Guelf. II. 206 Sulger An. Zw. I. p. 4. Luithold starb nach manchen Kämpfen in dem Kloster Zwiefalten den 18. Aug. 1098. Alt und lebenssatt hatte er sich daselbst 1091 eine Hütte neben dem Kloster erbauen lassen, in der er seine letzten Jahre verlebte. Kurz vor seinem Ende legte er noch das Mönchsgewand an. Sulger I. 22. etc.

3) Egino. Er war der Erbe der Güter im Elsaße; als Kämpfer für die Sache K. Heinrichs IV. soll er sehr frühe sein Leben verloren haben; er liegt zu Straßburg begraben. Nach Münchs Fürstenb. Geschichte (I. 24) wäre er als Abt von St. Ulrich und Afra zu Augsburg (1109 – 1120) gestorben: jener Abt Egino war aber erweislich eine ganz andere Person, und ging die Familie Urach gar nichts an. Graf Egon war mit einer Gräfin Sophie vermählt, die nach Einigen eine geborne von Habsburg gewesen, nach Andern als Wittwe einen Grafen von Habsburg geheirathet haben soll.

4) Rudolph d. j., der in seiner Jugend gefallen seyn soll.

5) Werner, von 1065 bis 1079 Bischof von Straßburg. Ein treuer Anhänger K. Heinrichs IV. gegen den päpstlichen Stuhl, erhielt | er von jenem die dem Herzog Berthold von Zähringen abgenommene Landgrafschaft Breisgau. Tritheim und A. erzählen von ihm, daß er von K. Heinrich den Auftrag übernommen habe, das Kloster Hirschau zu züchtigen, dafür aber die gerechte Strafe des Himmels erfahren habe. Denn kaum habe sich der gepanzerte Bischof an der Spitze seiner Vasallen zu Pferde gesetzt, als er von einem Schlage gerührt zur Erde gefallen und todt aufgehoben worden sey.[16] Er liegt mit seiner Mutter Adelheid, seinem Bruder Egino und seinem Oheim Egino, dem Erbauer der Achalm, zu Straßburg begraben. Herr Prof. Münch verwechselt ihn (I. 24) mit dem Grafen Werner von Habsburg, der früher Bischof in Straßburg war, und läßt ihn darum die Burg Habsburg erbauen und zu Constantinopel sterben.

6) Hunfried, vermuthlich nach seiner Mutter Bruder, dem Erzbischof von Ravenna, so genant; er und sein Bruder

7) Beringer, sollen ganz jung gestorben seyn, und wurden zu Dettingen neben ihrem Vater Rudolph begraben, s. Dettingen.

Die Töchter waren:

1) Beatrix, Äbtissinn zu Eschau, Sulger I. p. 11.

2) Mechtild, oder Mathild, Gemahlin des Grafen Cuno von Lechsgmünd, dem sie mehrere Kinder gebar, darunter vier Söhne, Burckhardt, Otto, Cuno und Berthold.

3) Willibirg, Gemahlin des Grafen Werners von Grüningen und Mutter Werners d. j. von Grüningen. [17]

Alle diese Geschwister scheinen kinderlos gestorben zu seyn, mit Ausnahme der beyden Schwestern Mechtild und Willibirg.

Cuno und Luithold überlebten ihre Brüder; sie waren unverheirathet und der langen Kämpfe müde, stifteten sie am Ende ihrer Tage das Kloster Zwiefalten und brachten diesem den größten Theil ihrer Besitzungen zum Opfer. Mit ihnen erlosch das Achalmische Haus; denn was die spätern Grafen von Achalm betrifft, so ist oben schon gezeigt worden, daß sie nur Reichsvögte von Achalm waren. Ohne Zweifel würden die Brüder Cuno und Luithold ihre sämmtlichen | Güter sammt der Stammburg dem Kloster überlassen haben, hätten sich nicht die Söhne der beyden Schwestern dagegen gesetzt. Unzufrieden mit der Stiftung ihrer Oheime machten dieselben ihre Ansprüche auf die mütterliche Erbschaft geltend, und die Oheime sahen sich genöthigt, um sie zufrieden zu stellen, sich mit ihnen abzufinden. Durch den Bemflinger Vertrag, geschlossen zwischen 1089 und 1092,[18] erhielt Graf Werner von Grüningen die Burg Achalm mit allen Lehensleuten, deßgleichen die Hälfte der Dörfer Dettingen und Metzingen mit dem halben Kirchensatze an beyden Orten, auch den halben Kirchensatz nebst einem Gut zu Ehningen; er leistete dagegen auf alle weitere Ansprüche Verzicht.[19] Die Söhne der Schwester Mechtild, die oben genannten Grafen von Lechsgmünd, trugen dagegen als Erbe halb Wittlingen, Bichishausen, und Herzinach am Rhein, und nach dem Tode des Oheims Cuno auch noch die Burg Wülflingen mit dem Zugehör davon.


Wappen und Besitzungen der Grafen von Achalm.

Das Gräflich Achalmische Wappen bestand in einem Schilde mit grün und gelb abwechselnden Felderstrichen und 7 Sternen in den grünen (nicht blauen) Feldern und einem Blumenkrug auf dem Helme. So findet man es auch noch bey dem nun ziemlich erloschenen Bildnisse eines knieenden Grafen von Achalm in der Sacristey der Kirche zu Metzingen.

Die Besitzungen der Grafen von Achalm waren sehr ausgedehnt und wurden es noch mehr durch die Erbschaft der Gräfin Adelheid von Wülflingen. Nach Sulger (I. p. 2) gehörten zu ihrem Gebiete das ganze Echatzthal, ferner die | Orte Möhringen auf den Heerden, Immenhausen, Bronnweiler, Gomaringen, Ehningen, Glems, Neuhausen, Dettingen, Metzingen, Kohlberg, Bempflingen, Riederich, Pliezhausen, Oferdingen, Mittelstatt, Altenburg, Rommelsbach, Sickenhausen, Jetenbruk (Jetenburg), Theil an Reutlingen, dann die Güter auf der Alp und endlich Güter in Rhätien, im Elsaß, in Franken und im Thurgau. Nach dem Tode der Grafen Cuno und Luithold von Achalm war nur ein kleiner Rest ihrer Besitzungen unter dem Namen der Grafschaft Achalm übrig geblieben. Es war dieß derjenige Theil, der später so häufig unter dem Namen der Pfandschaft Achalm vorkommt, und der vermuthlich als nächste Zugehörung der Burg Achalm anfänglich dem Grafen Werner von Grüningen in dem Bempflinger Vertrage überlassen worden war.



  1. Von dem angeblichen Verkauf der Vogtey und des Gerichts zu E. steht kein Wort in der Urkunde.
  2. Im Pfullinger Cameral-Amts-Lagerbuch v. J. 1555 heißt es: „Zu Ehningen und Achalm hat es vor Jahren in während dem Papstthum 2 Pfarren gehabt, hat mein gndst. Fürst die eine und die Univ. Tübingen die andere zu verleihen gehabt,“ und in Begers Nachrichten von dem Rural-Capitel Reutlingen: „Meister Joh. Gärber und Mich. Riecker, Pfarrherren zu Ehningen, erhalten 1496 mit andern 13 Geistlichen des Capitels die bischöfliche Absolution wegen ihrer Concubinen.“ An einem andern Orte findet sich die Nachricht: 1551 componuntur Heinrich von Bernhausen, Kirchherr zu Eningen und Berchtold von Blankenstein, Kirchherr zu Eningen, von wegen des Zehnten zu Pfullingen.
  3. Der Hof gehörte früher zu dem Oberamt Urach und der Gemeinde Ehningen; er wurde aber 1824 dem Oberamte und der ganz nahe gelegenen Stadt Reutlingen zugetheilt und 1827 auch dahin eingepfarrt. Da er in der vor dieser Zeit erschienenen Beschreibung des Oberamts Reutlingen keine Stelle finden konnte, so wird er jetzt hier aufgeführt. Übrigens liegt ein Theil der zu dem Hofe gehörigen Äcker und Waldungen noch auf Ehninger und Sondelfinger Markung.
  4. Der hier gegebene Umriß der Geschichte der Burg und des Hauses Achalm, welcher sich an die Geschichte der Grafen von Urach, S. 127 anschließt, ist das Ergebniß sorgfältiger Untersuchungen, geschöpft aus Archival-Documenten und andern bewährten Quellen. Auf Widerlegung abweichender Ansichten und leerer oder irriger Behauptungen konnte man sich dabey um so weniger einlassen, als ein ganzes Heft dieses Werks nicht hinreichen würde, um alle die Fabeln und Unrichtigkeiten, welche von älteren und neueren und selbst von den neuesten Schriftstellern über Achalm nachgeschrieben und häufig sogar mit Berufung auf Quellen, worin nicht ein Wort davon zu finden ist, als historische Wahrheit verbreitet worden sind. „Geschichte der Achalm und der Stadt Reutlingen.“ von M. Gratienus, Tübingen 1831 ist das Neueste, was über den Gegenstand erschienen ist.
  5. Sulger Annal. Zwif. I. p. 2.
  6. Der Zwiefalter Mönch Ortlieb berichtet in seinem handschriftlichen Werkchen de fundatione Zwiefalt. Mon. geschrieben 1133. Temporibus Cunradi Imperatoris (also 1024 – 1039) vivebant duo germani fratres potentissimi et nobilissimi Comites, quorum unus Egino alter Rudolphus dicebatur, e quibus Egino vir bellicosus et gloria virtutum nulli secundus hostibus suis Leo terribilis, amicis favens ut agnus mansuetus et affabilis, qui post multas, quas domi militiaeque consecutus est coronas, post multas inimicorum Strages Montem qui a praeterfluente rivo Achalmin vocatur dato pretioso quodam praedio nomine Slate nec non pecuniarum pondere non modico possesionibus ejus coemit moxque fundamenta urbis, quae hodie dicitur Achalmin, in montis cacumine jecit. Später, wo von der Abfindung Werners die Rede ist, erzählt er: Graf Werner habe erhalten alle Dienstleute und Vasallen cum Castello Achalmin dicto, quod usque in hodiernum diem cernitur in duas munitiones discretum, quarum unam majorem videlicet, Rudolphus pater, alteram id est minorem Luitoldus comes a fundamentis exstruxit. Vergl. Hess mon. Guelf. II. 169. 177. Herr Pfarrer Gratianus behauptet, die kleinere Veste (munitio minor) sey ein Schloß gewesen, das auf dem benachbarten Wernsberg gestanden habe, und nur dieses, nicht die eigentliche Burg Achalm, habe Gr. Werner von seinem Oheim erhalten. Allein dieser Behauptung widersprechen sowohl die eben angeführten Worte Ortliebs, als auch der Inhalt des Bempflinger Vertrags.
  7. Sulger l. c. I. p. 3. Man wird hierbey an den Namen des oben erwähnten Waldbezirks Hohenschild erinnert.
  8. Schwaben unter den Römern. Freyburg 1825. S. 171.
  9. Vergl. die Beschreibung des Oberamts Reutlingen S. 98.
  10. In einer Urkunde vom 1. Nov. 1274 empfiehlt der Kaiser dem Grafen als dem Advocato terrae (Landvogt) insbesondere den Schutz der Nonnen zu Pfullingen. Besold D. r. II. p. 334. Auch vor- und nachher kommen Reichsvögte von Achalm vor: 1240 übergab K. Conrad IV. die Klosterfrauen zu Weil bey Eßlingen in den Schutz des Vogts von „Ahhalme“ Besold mon. virg. p. 446. Ein solcher Vogt war auch wohl jener Adelbert von Achalm, der 1159 dem Kloster Weissenau den Zehnten zu Bernloch schenkte, und in einer Urkunde des Klosters vom Jahr 1161 Advocatus in Cholstetten genannt wird. Nach alter Sitte nannten sich diese Vögte von dem Amtssitze und führten wohl auch den Titel davon. So kommt Albrecht von Hohenberg mehrmals unter dem Namen Albrecht von Achalm vor. Jener Graf Albert von Achalm, der 1300 die Nicolai-Kirche zu Reutlingen erbaute, war Albert von Rechberg, ebenfalls Vogt oder Burggraf von Achalm. Nach Sulgers Annalen (I. 121) war um’s Jahr 1151 ein Graf Adelbert von Dillingen Vogt von Achalm. S. u.
  11. Was eigentlich zur Herrschaft oder Pfandschaft Achalm, welche von der alten Grafschaft zu unterscheiden ist, gehört habe, darüber war man nie einig. Es finden sich in den Pfandschafts-Acten ganze Abhandlungen darüber, aber nur über folgende Orte stimmen die Angaben überein: Pfullingen, Hausen, Honau, Klein-Engstingen, Pliezhausen, Bempflingen und Riederich nebst den Rechten zu Reutlingen. Diese Orte, die auch frohnpflichtig zu Achalm waren, nahm auch die Erzherzogin Claudia zuerst in Beschlag; sie griff aber bald weiter und zog noch viele andere Orte, fast das ganze Oberamt Urach dazu.
  12. In derselben Absicht soll Würtemberg auch den Namen des Amts Achalm 1470 in den des Amts Pfullingen verwandelt haben; da man aber nachher eingesehen, daß Achalm und Pfullingen Eines seyen, so sey auch der Name Pfullingen abgethan und das Amt Greifenstein genannt worden. Östr. Deduction.
  13. Ein weiterer Bericht, erstattet von dem Keller zu Pfullingen an die Würt. Regierung vom 11. Nov. 1661 sagt: „Nachdem nun gedacht Schloß in gewährten Kriegswesen rasirt worden, ist den 27. Januar 1658 an den Vogten zu Tübingen der Befehl erlassen worden: Du Keller hast dich unterthänigst zu berichten, wessen du dich wegen vollends Demolir- und Rasirung des ganzen abgegangenen Schlosses Achalm hiebevor bereits unterth. Beschaidt erhalten."
  14. Neugart Episc. Const. p. 355. Sulger Ann. Zwif. I. p. 11. Würt. Jahrbücher, 1826. H. 2. S. 386.
  15. Neugart Ep. Const. p. 420. Pfister, Gesch. von Schwaben. B. II. Abth. I. S. 131.
  16. Gerbert Hist. silvae nigrae I. 221. Trith. Chron. Hirs. Ed. S. Gall. I. 395. Sulger An. Zw. I. 10. wo aber sein Todesjahr unrichtig angegeben ist. Cleß Landes- und Cultur-Gesch. v. W. II. 70.
  17. Über dieselben ist ausführlich gehandelt in den Würt. Jahrbüchern 1826. H. 2 S. 379. und ff.
  18. S. Würt. Jahrbücher 1826. H. 1. S. 71.
  19. Daß überall nur die Hälfte überlassen wurde, weist ohne Zweifel auf eine frühere Theilung zwischen den Linien von Urach und Achalm hin, und läßt vermuthen, daß die erstere schon die andere Hälfte besaß. Daß die Burg Achalm dem Grafen Werner nicht erst i. J. 1110, wie Sattler und andere erzählen, von seinen Oheimen überlassen werden konnte, erhellt schon daraus, daß die Oheime um diese Zeit längst nicht mehr lebten.
« [[Beschreibung des Oberamts Urach/|]] Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel B 8 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).