Dämon Chanawutu

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Autor: Max Schraut
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Titel: Dämon Chanawutu
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Erscheinungsdatum: 1928
Verlag: Verlag moderner Lektüre G.m.b.H.
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Erscheinungsort: Berlin
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Kurzbeschreibung: Ein Detektiv-/Kriminalroman. Handlungsort ist Schlesien.
Band 226 der Romanreihe Harald Harst. Aus meinem Leben.
Text auch als E-Book (EPUB, MobiPocket) erhältlich
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[1]
Harald Harst


Aus meinem Leben


Band: 226


Dämon Chanawutu.


Erzählt von
Max Schraut




Verlag moderner Lektüre G. m. b. H.
Berlin SO 16, Michaelkirchstraße 23a


[2]
Nachdruck verboten. – Alle Rechte, einschließlich das Verfilmungsrecht, vorbehalten. – Copyright 1928 by Verlag moderner Lektüre G. m. b. H., Berlin SO. 16.



Druck: P. Lehmann, G. m. b. H., Berlin SO. 16.


[3]
1. Kapitel.
Der Geisterradler.

Wir hatten in diesem verregneten Frühjahr, das dem flauen Winter und dem einzigen wertvolleren Erlebnis – mit Vincent Saalborg – folgte, kaum mehr an Saalborg und seine Gattin gedacht, die nach der Erledigung des Geheimnisses von Parochialstraße 222 für uns wieder für alle Zeit verschollen zu sein schienen.

So miserabel das Frühjahr und auch der Juni als Übergangsmonat zur Sommerzeit, so sehr hatten wir beide Gelegenheit gehabt, in Menschenschicksale hineinzuleuchten. Da war der hochinteressante Fall der Katze der Miß Wendnoor, da war das Abenteuer mit Grita Meiers Tennisball, da war noch manches andere, das uns in Atem hielt.

Inzwischen war der 9. Juli herangekommen. Berlin war leer geworden. Alles, was Geld besaß, was Urlaub hatte, war verreist, und die Einbrecher hatten reichlich Arbeit, fremde Wohnungen zu inspizieren. Wir waren daheim geblieben. Haralds Mutter und Mathilde hatten am 1. Juli freilich die Koffer gepackt und hatten das gemütliche Pyrmont wie alljährlich aufgesucht.

[4] So hausten wir beide denn im Harst-Palais, das meinen Freunden und Lesern so vertraut ist, ganz allein. Nur vormittags kam eine treue Aufwärterin und erledigte die notwendigsten Arbeiten. Im übrigen besorgten wir alles allein. Ich kochte, Harald hielt den Garten instand, – – und so war’s auch am 9. Juli um die Mittagszeit.

Während ich in der Küche bei offenen Fenstern sechs delikate Hechtstücke auf der Pfanne hatte, fütterte Harald gerade im Hofe unsere Hühner und Tauben.

Mit einem Male rief er mir da zu:

„Hallo, mein Alter … Es fehlen ausgerechnet die schönsten unserer echten Brieftauben – drei! Sollten sie etwa einem Habicht heute früh zum Opfer gefallen sein?!“

Ich konnte nicht antworten. Es hatte vorn geläutet. Ich stellte die Gasflamme unter der Bratpfanne kleiner, eilte zur Vordertür und fand im Briefkasten einen einzelnen Brief.

Oh – von unserer Freundin Frau Rittergutsbesitzer Lefeld aus Sagan ..!

Schon das blaugraue Papier war mir so vertraut, noch mehr der zarte Parfümduft.

Das Schreiben trug meine Anschrift.

Ich wendete schnell die Hechtstücke, und dann schnitt ich den Umschlag ganz andächtig auf.

Frau Otti Lefeld, Rittergut Sagan bei Greifenberg[WS 1], Schlesien, schrieb folgendes.

Nun – ihre Schrift ist zuweilen nicht ganz leicht zu entziffern. Und diesen Brief hatte sie offenbar in größter Erregung abgefaßt.


Sie werden erLieber Freund, Sie werden erstaunt sein … Unser Briefwechsel behandelte bisher stets Dinge abseits des Alltags. Heute komme ich mit einer dringenden Bitte. Sie wissen, daß wir Sagan [5] erst vor drei Monaten erworben haben. Ich schickte Ihnen ein Bild des alten Schlosses, in dem wir hier nun hausen. – Hausen … Es ist hier ja alles noch so unglaublich herabgewirtschaftet. Graf Pechla, dem Sagan bisher gehörte, hat das schöne Gut – landschaftlich schön – derart vernachlässigt, daß wir die Handwerker und so weiter einfach nicht loswerden.

Handwerker …

Denken Sie, heute am 7. Juli vormittags unterhielt ich mich mit dem Elektromonteur, den wir aus Greifenberg bestellt hatten – ein junger, intelligenter Mensch. So im Laufe des Gesprächs erzählte er mir, daß er unlängst hier, wo doch nie etwas Besonderes passiere, ein Erlebnis gehabt habe, das er sich einfach nicht erklären könne. (Sie kennen mich, lieber Freund, – ich weiß die Leute zu nehmen, ich komme mit jedem aus und jeder gewinnt rasch Vertrauen zu mir.)

Also er erzählt …

Es gibt hier südlich der bekannten Ruine Greifenstein[WS 2] noch eine zweite Burgruine, die auf dem bewaldeten, weit niederen Haubenberg liegt und seit etwa zwei Jahren einem alten Sonderling gehört, einem früheren Arzte Doktor Petersen, der den Haubenberg durch Stacheldrahtzäune und anderes zur Festung umgewandelt haben soll und dort in der jämmerlichen Turmruine als Einsiedler seine Tage verbringt. Nur einmal in der Woche kommt er mit einem Rucksack nach Greifenberg, kauft ein, holt seine Briefe ab und pilgert wieder zurück: Eine Romanfigur aus verklungenen Zeiten! Die Romantik ist also noch immer nicht ausgestorben.

Der Monteur radelte eines Abends vor etwa einer Woche am Haubenberg vorüber. Es regnete leicht. Es hat ja immer geregnet. Ausgerechnet an der Stelle, wo [6] der Feldweg dicht an das Drahtgitter der Doktor Petersen-Festung heranbiegt, verliert das Vorderrad die Luft.

Reimert, der Monteur, steigt ab und flickt den Reifen beim Schein seiner Radlaterne. Wie er noch so ganz ahnungslos bei der Arbeit ist, hört er neben sich ein merkwürdiges Fauchen … Er schaut auf, und hinter dem engen, dicken Stacheldraht glühen ihm zwei grüngelbe Augen entgegen. Undeutlich erkennt er die Umrisse eines größeren Tieres, und er schwört darauf, es sei ein Tiger gewesen – natürlich Unsinn!

Dann vernimmt er aus dem Dickicht des Bergabhangs eine melodische Frauenstimme, die etwa „Assi, Assi, hierher ..!!“ ruft, – – das Tier verschwindet.

Im selben Moment bemerkt der Monteur dicht neben sich einen gebückten, zerlumpten Stromer, der, auf einen derben Stock gestützt, wie gebannt auf die Stelle starrt, wo soeben noch das Raubtier sichtbar gewesen.

Dann wendet der alte Landstreicher sich an Reimert, flüstert heiser: „Sahen Sie’s?! Wofür halten Sie das Tier?“

Der Monteur betonte mir gegenüber, daß der Stromer auf ihn einen unheimlichen Eindruck gemacht habe und daß er nur deshalb sehr kurz und ablehnend geantwortet habe: „Für einen Schafbock!“ Worauf der bärtige, sonnenverbrannte Kerl mit einem frechen Lachen erwiderte: „Selbst Schafbock ..!!“ und in der Dunkelheit wieder verschwand.

Reimert hatte jedoch gegen den Stromer einen ungewissen Verdacht geschöpft, löschte seine Radlaterne, zumal er mit der Arbeit fertig war, und schlich dem Landstreicher nach, der seinerseits mit einer Verfolgung kaum rechnete, denn er schritt tief gebückt an dem Drahtzaun nach Westen zu entlang und machte hinter ein paar Büschen halt, wo er zu des Monteurs Erstaunen ein Motorrad [7] verborgen hatte. Bevor er dieses auf den nahen Feldweg schob, hatte er noch mit ein paar schnellen Griffen seinen schäbigen Filz, eine Perücke und den grauen Bart in seinen am Motorrad befestigten Rucksack hineingestopft, einen langen Ledermantel und eine Lederkappe und Autobrille hervorgeholt. Da es Reimert gelungen war, ziemlich nahe heranzukriechen, konnte er in dem nunmehr völlig verwandelten Manne einend Fremden wiedererkennen, der in der Umgegend des Städtchens Greifenberg seit Wochen das Tagesgespräch bildete. Man nannte ihn nur „den Geisterradler“. Viele waren ihm schon begegnet – immer nur nachts, und alle diese Leute hatten übereinstimmend wahrgenommen, daß der Mann mit unheimlicher Geschwindigkeit dahinsauste, daß sein Mantel und seine Kappe sowie die Brille mit einem Leuchtstoff getränkt sein mußten und daß der Fremde sich alle Mühe gab, jedem nach Möglichkeit auszuweichen. Auch Reimert hatte ihn verschiedentlich getroffen und dabei genau dieselben Beobachtungen gemacht, die er nun noch genauer anstellen und ergänzen konnte. „Der Geisterradler schob sein großes Motorrad spielend leicht über den Sturzacker zum Feldweg, verriet hierbei ungeahnte Kraft, schwang sich mit jugendlicher Elastizität auf seine Maschine und fuhr in die regnerische Nacht hinaus: Ein matt leuchtender Fleck, der immer kleiner wurde und schließlich vollends zerfloß. –

Lieber Freund, mehr konnte der Monteur Hans Reimert mir nicht angeben. Vielleicht findet Ihr Freund Harst aus diesem Abenteuer eines intelligenten, durchaus nicht phantastisch veranlagten Menschen einige Punkte heraus, die ihm beachtenswert erscheinen.

Ich möchte nun meinerseits noch hinzufügen, daß ich bei unseren Leuten hier auf dem Gute Nachfrage gehalten habe. Unser Oberinspektor ist dem Geisterradler dreimal nachts auf der Chaussee nach Greifenberg begegnet, unser [8] Oberschweizer sogar viermal, und beide hoben hervor, daß Reimerts Angaben durchaus den Tatsachen entsprechen. Der Oberschweizer traf den geheimnisvollen Fremden einmal im Mai nachts sogar auf einem Wege, der zu unserem Gute gehört. Der Geisterradler pumpte gerade den Hinterreifen seiner Maschine auf, und als der Oberschweizer, ein wahrer Hüne, ihm bedeutete, daß das Betreten dieses Waldweges verboten sei, nahm jener zunächst hiervon keinerlei Notiz, sondern suchte nur sein Gesicht vorsichtig im Schatten zu halten. Erst als der Oberschweizer energisch wurde, erklärte der Fremde in herrischem Tone, daß er sich lediglich verirrt habe und sofort das Gutsgelände verlassen würde. Unser Angestellter wollte nun die Gelegenheit, dem rätselhaften Radler etwas näher auf den Zahn zu fühlen, nicht ungenützt vorüber gehen lassen und knüpfte mit ihm eine Unterhaltung an. Auffällig war dabei, daß der Fremde behauptete, er befände sich auf einer Radtour nach dem nahen Trinkbad Flinsberg[WS 3]. Er käme von Görlitz, und die hiesige Gegend sei ihm völlig fremd, – alles Lügen, wie unser Oberschweizer ihm darauf ohne Rücksicht vorhielt. Die Antwort war … ein Stoß gegen die Brust, der den Hünen in ein nahes Dickicht beförderte. Der Geisterradler aber jagte davon … –“

Was Frau Otti noch weiter an mich schrieb, betraf das Rittergut Sagan, das verwahrloste alte Schloß und Privatdinge …

Ich hatte die Lektüre dieses Schreibens wiederholt unterbrochen, da ich mich um den Brathecht kümmern mußte. Als ich mit beidem, Brief und Hecht, fertig war, betrat Harald die Küche, sagte mit der ihm eigenen besonderen Hervorhebung einzelner Worte:

„Mein Alter, ich habe den Taubenschlag untersucht. Wir hatten ihn gestern abend verschlossen. Die fehlenden Brieftauben [9] sind in der verflossenen Nacht gestohlen worden – vier! –, und der Dieb war ein sehr schlanker Mann von über Mittelgröße mit zierlichen Füßen. An der Linken trug er drei Ringe, rechts einen Ehering. – Wenn man uns Brieftauben stiehlt[1], will man uns eilige geheime Nachricht besonderer Art zukommen lassen. Wir werden die Tauben also jeden Morgen zählen müssen, auch am Tage. Ich nehme an, diese Brieftaubenpost wird uns zu einem neuen Problem verhelfen. Augenblicklich leiden wir ja etwas unter Sommerflaute, was nie guttut, denn Leute wie wir brauchen das Stimulans eines Abenteuers genau so wie der Börsenjobber die Aufregungen der Kursschwankungen.“

Worauf ich ihm Frau Ottis Brief gab …

„Bitte … Das Abenteuer ist schon da, lieber Harald.“




[10]
2. Kapitel.
Die vier Brieftauben.

Wir aßen in der Veranda.

Harald überflog das Schreiben … Er liest fabelhaft schnell und behält trotzdem jede Einzelheit.

„Ganz nett,“ lautete seine Kritik. „Geisterradler, leuchtend, – das erinnert an den Hund von Bascerville von Sherlock Holmes.“

„Hm – deine Ironie enttäuscht mich,“ – und ich füllte ihm den Glasteller mit eingezuckerten Erdbeeren eigener Ernte.

„Meine Ironie betrifft die Harmlosigkeit der Bewohner von Greifenberg und Umgegend, mein Alter … – Übrigens war der Hecht tadellos. Nur die Blumenkohlsuppe hättest du weniger salzen können … – Dieser Geisterradler müßte längst hinter Schloß und Riegel sitzen. Ein Mensch, der so merkwürdige Eigentümlichkeiten besitzt, ist nie harmlos. – Ich denke, der D-Zug nach Breslau geht um zehn Uhr fünfundzwanzig vom Görlitzer Bahnhof ab. Vielleicht findet sich eine unserer Brieftauben bis morgen vormittag wieder ein.“

„Du willst also wieder hin?“

„Welche Frage!! – Die Erdbeeren sind in diesem Jahre ziemlich geschmacklos.“

„Du versprichst dir also etwas von dem Geisterradler?“

[11] „Du nicht?!“

„Natürlich! Der Brief enthält genau fünf Punkte, die beachtlich sind. Erstens: der Geisterradler selbst. Zweitens: der eingezäunte Haubenberg und der Sonderliing Doktor Petersen. Drittens: das Tier mit den glühenden Augen hinter dem Zaun. Viertens: die Frauenstimme, die das Tier wegruft. Fünftens: der Oberschweizer, der viermal nachts dem Geisterradler begegnet ist.“

Harald nickte. „Sehr gut. Besonders Punkt fünf. Ich glaubte, mein Alter, du würdest das übersehen.“

„Das?! – O nein! Ein Hüne, der durch einen Fausthieb vor die Brust in ein Dickicht fliegt und einen Radler entkommen läßt, erscheint mir auffällig.“

„Und ob!! Wir werden daher auch diesen Oberschweizer Wilhelm Tähl – der Name erinnert an Wilhelm Tell – zuerst aufs Korn nehmen. – Mahlzeit …“ Er reichte mir die Hand … „Im übrigen, mein Alter …“ – er erhob sich – „hast du doch etwas übersehen: Punkt sechs nämlich.“

„So?!“

„Ja … Wenn ich dir nun zum Beispiel erkläre, daß ich bereits zu wissen glaube, wer dieser „Geisterradler“ ist und daß ich sogar seinen Namen zu kennen glaube, dann …“

„… staune ich allerdings!“

„Staunen?! Mein lieber Max Schraut, zu unserem Handwerk gehört eben mehr als nur Hechte braten können … Man muß Hechte auch ausschlachten können. Frau Ottis Brief ist hier der Hecht, den du nicht genügend ausgeschlachtet hast. Es ist noch etwas darin geblieben. Man konnte sagen: die Gallenblase! Insofern Gallenblase, als gerade das, was du übersehen, dem Geisterradler das Genick brechen dürfte.“

„Da bin ich gespannt!“

„Dann … spanne nur wieder aus,“ lächelte er … [12] „Oder besser: lies Frau Ottis Brief nochmals. Unsere verehrte Freundin stößt uns da unbewußt auf die Fährte des leuchtenden Motorradlers …“

„Uns?! Dich vielleicht … Mich nicht! – Also: Punkt sechs, Harald? Sei mal recht nett zu mir ..: Rede!“

„Schmeichelkater alter!! Wie du bitten kannst! In diesem Falle freilich umsonst. – Schneide kein grimmes Gesicht … Tragen wir das Geschirr in die Küche, und dann lege ich mich in die Hängematte unter die alten Kastanien und beobachte die Tauben … und schlafe wahrscheinlich ein.“

Ich verzichtete auf Punkt sechs. Wenn Harst Moltke spielen wollte – den großen Schweiger –, so ist nichts dagegen zu machen. –

Abends neun Uhr saßen wir wieder in der Veranda – beim Abendessen.

Harald hatte eingekauft: aus der Stadtküche – für jeden eine kalte gebratene Taube, gefüllte Tomaten, Bierkäse und Pumpernickel.

Als ich mich über mein braunes leckeres Täubchen hermachte, fand ich im hohlen Innern ein hauchdünnes Staniolröllchen.

„Harald!! Hier ..!!“

Ich wickelte es auf … Es enthielt ein Zettelchen …

Ich las:

„Herr Harst, in Greifenberg, Schlesien, gibt es etwas zu greifen!!“

Das war alles …

Ein Blick zu Harald hinüber. Sein Lächeln genügte.

„Die erste Brieftaubenpost,“ sagte ich sehr bestimmt.

„Allerdings … – Wir leben im Schlaraffenland … Gebratene Tauben fliegen umher.“

Daß er das Röllchen für mich hineinpraktiziert hatte: Er liebt solch’ kleine Scherze!

[13] „Wer mag der Taubendieb, also der Absender sein?“ begann ich das Thema eingehender zu erörtern.

„Eine Frau …“ und er benagte seine Taubenkeule …

„Frau?“

„Ja. Die Handabdrücke, die ich in der Staubschicht der Taubenschlagwände fand, sowie die Fußspuren deuten unbedingt auf eine Frau hin. Ich sprach mittags von einem Manne. Ich glaubte, du würdest dir den Taubenschlag ansehen und dann das Richtige herausfinden.“

Der versteckte Vorwurf saß. Ich war allerdings zu gleichgültig gewesen.

„Wer mag die Frau sein?“

Harald antwortete nicht, sondern blickte angestrengt nach dem Stallgebäude hinüber. Wir hatten das Flugloch des Taubenschlages bereits geschlossen. Ich bemerkte nun ebenfalls auf den Stangen vor dem Flugloch drei Brieftauben.

Harst erhob sich. „Die Taubenpost ist da – weitere drei Nachrichten, nehme ich an. Ich hole sie.“

Ich beobachtete. Er ging in den Stall, dann klappte der Verschluß des Flugloches empor, die Tauben schlüpften hinein und der Verschluß klappte wieder zu.

Harald kam und legte drei Staniolröllchen auf den Tisch.

Die Zettel darin lauteten:

1. Um den Haubenberg ziehen sich Gewitterwolken zusammen.

2. Ein leuchtender Nachtspuk beunruhigt die Gegend.

3. Ein finsterer Dämon droht mit schwerem Unheil. Vorsicht!!!

Harald verbrannte die Zettel an einem Zündholz.

„Man soll derartiges nicht aufbewahren. – Wir haben hier wieder den so häufigen Fall der Duplizität der Ereignisse. [14] Frau Ottis Brief und diese Taubenpost sind voneinander unabhängig und betreffen doch dieselbe Sache. – Was mir zu denken gibt, ist das „Vorsicht“ mit den drei Ausrufungszeichen. Beachten wir es. Ich werde an Freund Bechert telephonieren und Stellvertreter bestellen.“

Harst Telegrammstil besagte, daß er unsere Abreise, unser Fernsein von Hause dadurch verheimlichen wollte, daß er wie schon früher wiederholt unsere Doppelgänger während unserer Abwesenheit hier hausen lassen wollte.

Bechert war leider nicht zu erreichen. Er war dienstlich verreist. Aber sein Kollege Kriminalkommissar Doktor Lücke erledigte alles Nötige. Um Mitternacht erschienen unter den üblichen Vorsichtsmaßregeln die beiden Beamten, die uns gute Bekannte waren, und wir beide verließen um ein Uhr das Haus mit nur zwei dicken Rucksäcken. Harald hatte derweil auch ein Reiseauto bestellt. Auf dem Fehrbelliner Platz stiegen wir ein.

Die Fahrt bis Greifenberg dauerte sechs Stunden. Wir stiegen schon vor dem Städtchen in einem kleinen Waldstück aus und schickten den Wagen zurück. Bis zehn Uhr schliefen wir unter unserem kleinen Zelt, veränderten uns dann gründlich und betraten die Stadt als sehr schlichte biedere Touristen mit bunten Sporthemden, noch biederen Bärten und Intelligenzbrillen mit schwarzer Hornfassung.

Schon am Bahnhof fragen wir nach dem Monteur Hans Reimert.

„… Ein kleines neues Geschäft in der Bahnstraße,“ erklärte der Herr Vorsteher gefällig.

„Wir möchten ein paar Taschenlampenbatterien kaufen,“ meinte Harald. „Reimert wurde uns empfohlen. Ist er schon lange hier?“

„Nein. Erst etwa drei Monate.“

[15] „Wir kommen zu Fuß von Görlitz, Herr Vorsteher, und wollen so allmählich über das Isergebirge ins Riesengebirge. Unterwegs trafen wir einen Hausierer, der uns eine lächerliche Geschichte von einem Geisterradler erzählte. Sagen Se mal, Herr Vorstand, sind die Zunftjenossen hier wirklich noch so rickständich, an so ’nen Quatsch zu glooben?!“

Harald berlinerte, und der Vorsteher wurde ganz Würde.

„Von Quatsch ist keine Rede!“ – drehte sich um und verschwand.

Sein Heimatgefühl als Greifenberger war offenbar schwer verletzt durch das „rückständig“.

Wir gingen ins Städtli. Vom Bahnhof führt eine lange Straße mit vielen Gärten in den gemütlichen Ort. Monteur Reimerts Installationsgeschäft war nur ein ganz bescheidener Laden. Was mir in dem Schaufenster auffiel, waren die zahlreichen Radioartikel und vier teure Empfänger außer verschiedenen billigen Röhrenapparaten. Sollte wirklich hier in Greifenberg eine solche Nachfrage nach Funkgeräten sein?!

Harald hatte nur einen flüchtigen Blick auf die Fensterauslage geworfen und schritt schon die vier Stufen zur Ladentür empor. Drinnen empfing uns eine junge, blonde Frau mit Puppenkopfgesicht.

Ob Herr Reimert daheim sei? – Nein, ihr Mann habe auf einem Rittergut in der Nähe zu tun. – Dann könnten wir wohl sechs gute Taschenlampenbatterien bekommen … –

„Gewiß, – – bitte …“

Harald schien sich Frau Reimert gegenüber doch nicht gern demaskieren zu wollen. Auf mich machte sie einen recht guten Eindruck. Sie war zweifellos ein kleines harmloses Gänschen – aber hübsch, peinlich sauber und gerade nur so mäßig eitel und kokett, daß man’s als Liebenswürdigkeit buchen konnte.

[16] Harst wählte und wählte, berlinerte ein wenig, flocht ein, daß er abgebauter Beamter sei – wie ich –, und daß wir uns mal trotz der bescheidenen Pension eine Fußtour nach dem Riesengebirge gönnen wollten. Seine Redseligkeit hatte etwas so Behagliches, daß das kleine Frauchen immer mehr auftaute.

Nachdem der Einkauf erledigt, kam Harald auf Rundfunk zu sprechen. Ich hatte derweil bereits auf einem Seitentisch einen Vierröhrenempfänger mit Vier-Volt-Akku und Anodenbatterie bemerkt, ein bekanntes billiges Fabrikat mit zwei Schwenkspulenpaaren. Aus der Stellung der Kondensatorskalenscheiben ersah ich, daß der Apparat zurzeit für eine kürzere Welle, etwa 230, eingestellt war.

Frau Reimert, immerhin geschäftstüchtig, begann einen Kofferempfänger zu loben, der nebenbei auf einem Regal stand.

„… Mein Mann hat ihn selbst gebaut … Es sind Doppelgitterröhren, auch Heizung, und Anodenbatterie mit eingebaut … Preis nur 150 Mark … Sehr billig … Garantiert Fernempfang mit Kopfhörer …“

Aber Harald biß nicht an. „Wir bleiben noch zwei Tage hier … Ich will’s mir überlegen. Billig ist’s allerdings …“

Dann verabschiedeten wir uns.

Draußen auf den vier Stufen stolperte Harst … – Was sollte die Komödie?! Er markierte eine schwere Sehnenzerrung links, humpelte in den Laden zurück und sank in einen Stuhl.

„Nun kann ich acht Tage lang den Fuß kühlen …“ jammerte er. „Hör’ mal, Schrimke, geh’ doch mal nach oben … Hier im Hause ist oben im ersten Stock ein Zimmer zu vermieten. Wenn wir’s billig bekommen, greife zu. Im Hotel wird’s zu teuer …“

[17] Da begriff ich.

Ich mietete. Die Wohnung oben gehörte einer verwitweten Frau Rechnungsrat, eine liebe alte Dame, die glücklich war, als ich von selbst für acht Tage dreißig Mark mit Morgenkaffee bot.

Die Herren Hirt und Schrimke hatten ein Quartier.

„So, nun kann der Kampf gegen den Geisterradler beginnen,“ meinte Harald ganz vergnügt, nachdem wir unsere Rucksäcke ausgepackt hatten und Harst einen Verband von essigsaurer Tonerde um den absolut gesunden Fuß geschlungen und sich auf den Diwan gebettet hatte. – Bereits abends waren wir mit der Frau Rat so vertraut, daß wir sie einweihten. Sie machte große Augen. Harst und Schraut, – – wer hätte das geahnt!! Sie versprach, uns nach Kräften zu unterstützen. Sie war eine gütige, stille, kluge Frau. Sie wird diese Zeilen lesen, und an dieser Stelle danken wir ihr nochmals für ihre vorbildliche Verschwiegenheit und Förderung unserer Bemühungen, dieses immerhin seltsame Problem zu lösen.




[18]
3. Kapitel.
Chanawutu.

Abends um neun sahen wir vom Fenster aus Hans Reimert auf seinem Rade heimkehren, ein schlanker, blasser Mensch mit bartlosen, intelligenten Zügen. Er trug sein Fahrrad durch den Laden in die dahinter gelegene kleine Wohnung und saß nachher mit seiner Frau im Vorgärtchen an einem sauber gedeckten und durch Efeukästen gegen Straßensicht geschützten Tisch beim Abendessen, während wir auf dem Balkon, der zu unserem großen Vorderzimmer gehörte, den beschaulichen Frieden eines kleinstädtischen Straßenbildes genossen.

Die Frau Rat, die auch unsere Beköstigung übernommen, setzte sich nachher zu uns und berichtete leise, was sie bisher über den Geisterradler gehört hatte. Neues konnte sie uns nicht mitteilen. – Über das Ehepaar Reimert, die aus Hamburg im April hier nach Greifenberg gekommen waren, sprach sie sich sehr lobend aus: Bescheidene, gefällige Miteinwohner, er äußerst fleißig, sie sehr sauber, wenn auch nicht gerade allzu klug.

Es wurde dunkel. Unten im Laden spielte ein Lautsprecher: das Breslauer Programm, sehr klar und gut. Reimerts saßen noch immer auf ihrer grünen Gartenbank. Er … war vor Müdigkeit eingenickt, sie stopfte beim Scheine einer Stehlampe Strümpfe.

[19] Es wurde elf Uhr. Und Frau Rat zog sich zurück. Auch das Ehepaar war verschwunden. Der Lautsprecher schwieg. –

Ich muß den Balkon näher beschreiben. Er hatte eine schmale gemauerte Brüstung, auf der grüne Kästen mit sehr üppig wuchernden lila Petunien standen. Der Balkon reichte bis zum zweiten Fenster unseres Zimmers. Selbst wenn man die Balkontüre schloß, konnte man aus dem Fenster unbemerkt hinausgelangen.

Wir hatten die Tür geschlossen. Aber an Schlafengehen dachten wir nicht. Harald hatte vorhin erklärt, er hoffe den Geisterradler noch in dieser Nacht zu sehen … „Er wird Reimert infolge der damaligen Begegnung am Drahtzaun des Haubenberges zweifellos im Auge behalten … Er wird, behaupte ich, Reimerts Laden beobachten. Steigen wir auf den Balkon hinaus und nehmen wir unsere Strickleiter mit.“

Diese Äußerungen erschienen mir sehr fundamentlos. – Beobachten – – nur der einen Begegnung wegen?! – Aber ich unterdrückte eine Erwiderung. Harald spielte ja doch wieder mit verdeckten Karten.

Hinter den dichten Petunien waren wir von der stillen Straße aus unsichtbar. Wir saßen ganz still. Eine blecherne Turmuhr schlug zwölf.

Da kam vom Marktplatz im Häuserschatten jemand entlang, blieb drüben stehen, schaute zum Balkon empor, trat in eine Haustürnische …

„Er!“ flüsterte Harald …

Ich hatte von dem Manne wenig erkannt. Es war zu dunkel.

Ein lauer Regen begann herabzurieseln. Der Mann ging weiter, nachdem er bis auf die Mitte des Fahrdamms gekommen war und die Ladentür und das Schaufenster unten arglos gemustert hatte.

Im Nu hatten wir die Strickleiter wie vorbereitet eingehakt. [20] Im Nu waren wir unten, zogen sie mit Hilfe der dünnen schwarzseidenen Schnur wieder hoch und befestigten die Schnur am Vorgartenzaun.

Der Mann schritt dem Bahnhof zu, bog dann links ab. Wir gelangten so in Getreidefelder, auf einen schmalen Fußsteg.

Nach zehn Minuten eine Lehmgrube …

Unser Mann, völlig ahnungslos, stieg hinab. An der steilen Nordwand kam er uns aus den Augen. Wir kriechen vorsichtig bis zum Rande des Abhanges und schieben die Köpfe darüber hinweg. Unten Dunkelheit … Und doch nicht so dunkel, daß wir nicht bemerkt hätten, wie dort jetzt eine dicke Tür aufging und jemand ein Motorrad ins Freie brachte und die Lehmgrube verließ, nachdem er die Tür zugedrückt hatte.

Es war der Geisterradler.

Er trug den bis zu den Knien reichenden leuchtenden Ledermantel und die Kappe und Autobrille. Er schob sein starkes Motorrad bis zur nahen Chaussee … Wir blieben. Er knatterte davon. – Wohin?! Weshalb trieb der Mann dieses Spiel?! Was hatte er mit der Absenderin der vier Brieftaubenzettel zu schaffen?! –

Die Räuberromantik lebte auf … Wir waren in der Lehmgrube, fanden die Tür. Es war eine Brettertür, die mit Lehm außen beworfen war. Wer nicht sehr genau hinschaute, bemerkte sie nicht. Dahinter eine gut abgesteifte kleine Höhle mit einem rohen Brettertisch, einem ebensolchen Schemel, Regal, Küchenlampe, Benzinkannen und zwei Koffer, die … allermodernste Einbrecherwerkzeuge enthielten.

Harald deutete auf ein Papier, das in einem der Koffer lag. Es war ein Programm eines Frankfurter Varietee-Theaters. Nummer 5 des Programms lautete:

Chanawutu,
indischer Fakir.

[21] Harst hatte mit der Fingerspitze den Namen Chanawutu unterstrichen.

„Merke dir’s!“ sagte er nur.

„Weshalb?“

„Du wirst Chanawutu kennenlernen …“

„Der Geisterradler ist Chanawutu?“

„Ja, mein Alter …“

„Wie kamst du darauf?“

„Später …“

Ich wurde ungemütlich … „Gestatte: dein Verhalten ist zumindest drückend! Schon in Berlin erklärst du mir, du wüßtest den Namen des Geisterradlers. Jetzt nennst du ihn: Chanawutu! Und mich läßt du im Dunkeln umhertappen … Ich kann mir nun den Kopf zerbrechen, wie du aus Frau Otti Lefelds Brief auf diesen Namen …“

Er hörte gar nicht hin. Er hatte aus einer Ecke eine große hölzerne Harke hervorgeholt … „Hiermit tilgt Chanawutu die Spuren seines Motorrades aus …“

Gleich darauf verließen wir die Höhle, nachdem Harald noch den Boden, damit wir keine Fährten zurückließen, mit einem Lappen gepeitscht hatte. Die Dielenbretter waren ungehobelt und sehr erdig.

Draußen träufelte es noch immer ganz sacht …

Wir stiegen die steile Ausfahrt der Lehmgrube hinan. Oben standen zu beiden Seiten ein paar Wildkirschen, dazwischen Disteln, Brombeeren und ganz junge Buchen.

Als plötzlich eine helle, energische Stimme von links aus dem Gestrüpp uns ein „Halt – Hände hoch!“ zurief, mußten wir leider unserer Freundin und dem hünenhaften Oberschweizer, die hier erst kurze Zeit gelauert und nun gehofft hatten, einen äußerst wichtigen Fang getan zu haben, eine böse Enttäuschung bereiten …

„Verehrteste gnädige Frau, strengen Sie sich nicht unnötig [22] an ..!“ meinte Harald lachend zu der schlanken Dame im Jagdkostüm.

„Nicht möglich ..: Herr Harst!“

„… Und Schraut, allerdings!“

Händeschütteln … Fragen … Antworten, von Haralds Seite Verhaltungsmaßregeln. Frau Lefeld war schon gestern nacht mit dem Oberschweizer unterwegs gewesen, da dieser hier in der Lehmgrube, die schon zum Rittergut Sagan gehörte, Motorradspuren entdeckt haben wollte.

Wir trennten uns bald. Harst ermahnte den Oberschweizer nochmals zur Verschwiegenheit. Und Frau Otti wieder mußte er versprechen, sie unbedingt mitzunehmen, wenn der Geisterradler endgültig gestellt werden sollte, was vorläufig nicht geschehen durfte, da Harald vorher ermitteln wollte, was der Mann hier eigentlich triebe.

Wir wanderten der Stadt zu. Unbemerkt erreichten wir unser Zimmer, gingen schlafen. In der nächsten Nacht wollte Harald den Haubenberg besuchen.

Ich schlief auf dem Diwan, da ich der kürzere bin. Und ich schlief sehr fest. Als ich erwachte, war’s halb neun. Das Bett drüben an der Wand war leer. Auf dem Kopfkissen[2] ein Zettel:

„Erwarte dich heute abend halb zwölf Nordseite Haubenberg. – Instruiere die Rätin: Ich bin bettlägerig und will nicht gestört sein. – H.“

… Alte Geschichte: Er hatte mich ausschlafen lassen und war nun wohl hinter Doktor Petersen, dem Einsiedler vom Haubenberg, her! – Sein Rucksack fehlte, ebenso drei Konservenbüchsen.

Um neun brachte mir die Frau Rat das Frühstück. Sie brachte noch etwas: die Nachricht, daß man in aller Frühe heute im sogenannten Luch, einem kleinen Moorstück unweit des Haubenberges, eine männliche Leiche mit völlig zerfetztem Gesicht gefunden habe. Der Tote sei vollkommen ausgeplündert [23] worden, und die Gerichtskommission weile bereits stundenlang am Tatorte.

Als ich ihr nun mit einem Gesicht, das all meine jähen Befürchtungen preisgab, Haralds Zettel zeigte, wurde sie kreideweiß.

„Ihr … Freund?!“ – mehr wollte ihr nicht über die Lippen …

„Es kann sein,“ suchte ich sie zu beruhigen. Wie oft schon hatte ich um Haralds Leben unnötigerweise gebangt. So leicht ist ein Harst doch nicht zu erledigen.

Aber – wer mochte der Tote sein?! Ich mußte Gewißheit haben. In aller Eile frühstückte ich und entwarf einen Feldzugsplan, wie ich unauffällig mich an die Gerichtskommission heranpirschen könnte. Die Frau Rat nannte mir ein Geschäft, wo ich ein Fahrrad geliehen bekäme. Eine gute Karte der Umgegend von Greifenberg besaß ich bereits. In zehn Minuten konnte ich am Haubenberg sein.

Ich hatte es nicht nötig mich dieserhalb anzustrengen. Im Flur läutete es. Ich hörte die Rätin mit jemandem sprechen. Dann klopfte es kurz, energisch

„Herein …“

Zwei Herren …

Der eine stellt sich vor – sehr dienstlich: „Kriminalkommissar Göbbel, Görlitz.“ – Seine Polizeiaugen fliegen durch das Zimmer. „Wo ist Ihr Freund?“

Ich merke, daß hier die Maske fallen muß.

„Gestatten: Max Schraut ist mein wahrer Name, Herr Kommissar … Freund Harald Harsts. – Bitte – mein Ausweis … Ich trage allerdings Perücke und falschen Bart.“

Göbbel macht ein sehr erstauntes Gesicht.

Prüft den Ausweis, lächelt, wird sehr liebenswürdig.

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Herr Schraut … Sie beide sind wohl des Geisterradlers wegen hierher gekommen.“

„Ja, Frau Rittergutsbesitzer Lefeld schrieb uns einiges [24] über diesen Mann, und deshalb …“

„Danke … – und Herr Harst?“

Ich zeige ihm Haralds Zettel, frage: „Wie ist der Tote gekleidet?“

Seine Antwort nimmt mir jede Sorge.

Göbbel und sein Assistent setzen sich.

„Herr Schraut, vorhin brachte uns ein Junge einen Brief,“ erklärt der Kommissar. „Der Junge kannte den Herrn nicht, der ihm den Brief gab. Hier ist die Denunziation.“

Ich lese:

„Bei der Frau Rat über Reimerts Geschäft wohnen zwei, die von dem Mord wohl mehr wissen. – Ein guter Freund.“

Die Handschrift ist verstellt. Papier und Umschlag schlechteste Sorte.

„Deshalb kam ich hierher,“ meint Göbbel achselzuckend. „Natürlich werden wir Ihr Inkognito hüten, Herr Schraut. Nur wäre es mir sehr lieb, wenn ich Ihren Freund Harst sprechen könnte.“

„Dann wollen wir nachts zusammen zum Haubenberg, Herr Kommissar.“

„Gern … sehr gern. – Dieser Mord hat im übrigen sehr merkwürdige Begleitumstände, Herr Schraut.“

„Erzählen Sie …“

Wir rauchen …

Was ich höre, weckt Erinnerungen an so manches.




[25]
4. Kapitel.
Ruine Haubenberg.

„… Ein Landarbeiter fand den Toten. Die Stelle war insofern für uns günstig, als der aufgeweichte Boden jede Fährte genau erkennen ließ. Das sogenannte Luch im Westen des Haubenberges ist dicht mit Erlen bestanden, aber nur von geringem Umfang. Der Arbeiter war klug genug, lediglich dem Gericht den Fund zu melden. Ich wurde telephonisch von Görlitz hergerufen. Mein Assistent und ich kamen im Auto. Der hiesige Richter hatte die Stelle absperren lassen. Der Kreisarzt erklärte, der Mann sei durch Stiche in den Hals ermordet worden. Das Mordinstrument muß ein krummes kleines Messer gewesen sein. Der Tod mag gegen fünf Uhr morgens eingetreten sein, als der nächtliche Regen bereits aufgehört hatte. Der Tote ist völlig unkenntlich. Das Gesicht ist durch Schnitte zerfleischt. – Und nun die seltsamen Umstände. Aus den Spuren ersah ich, daß der Mann allein gekommen war. An einer freien Stelle zwischen Birken und Unkraut wurde er überfallen. – Von wem?! Ja – da ist auch nicht eine einzige andere Spur – nur die seine. Und doch muß ein grimmer Kampf stattgefunden haben. Ich betone: Keine zweite Spur, Herr Schraut!“

„Haben Sie daran gedacht, daß Leute, die im Moor Gras mähen, sich oft Brettstücke unter die Füße binden, [26] um nicht einzusinken? Solche Bretter geben kaum deutliche Eindrücke.“

„Ich habe auch daran gedacht. – Die Fährte des Toten ist die einzige in der Mitte der Lichtung. Der Landarbeiter war am Rande der Lichtung stehen geblieben.[3] Er liegt noch dort, da der Photograph noch nicht zur Stelle ist. – Von Selbstmord kann keine Rede sein. Und dann: Der Tote, der gut gekleidet ist – Sportanzug, Lodenmantel, feine Wäsche – trug in seinen Taschen nichts bei sich – nichts! – Das wäre das zweite besondere Moment. – Drittens: Neben der Leiche lag und liegt ein dicker Spazierstock mit Naturkrücke, Malagarohr. Als ich ihn aufhob, machte mich das Gewicht stutzig.“

„Also ein Stockgewehr …“

„Ja, und ein glänzend konstruiertes … Offenbar von einem Feinmechaniker hergestellt. Ich sah noch nie eine so tadellose Stockwaffe. – Das wären die drei besonderen Punkte, Herr Schraut: Keine zweite Spur, leere Taschen, Stockgewehr, – abgesehen von den gräßlichen Wunden.“

Ich machte mir über die Wunden meine besonderen Gedanken. Aber ich schwieg.

Ich hielt noch die anonyme Anzeige gegen uns in der Hand. Wer mochte der Denunziant gewesen sein?! Hatte es Zweck, unser Inkognito noch länger zu wahren? Hatte man uns nicht doch erkannt?! Aber – – wer?!

Göbbel und ich besprachen noch kurz den geheimnisvollen Mord. Schließlich einigten wir uns dahin, daß Göbbel mich scheinbar als Verdächtigten mit zum Tatort nehmen solle. Harst sollte weiter als bettlägerig gelten, und deshalb sollte der Kriminalassistent hier im Zimmer bleiben und ihn bewachen – ihn, der gar nicht da war. Die Rätin aber mußte dafür sorgen, daß unsere halbe Verhaftung in der Stadt bekannt wurde – auch der anonyme Brief.

Die Sache war also ganz geschickt eingefädelt.

[27] Und am Tatort ging die Komödie weiter. Die Neugierigen, durch drei Landjäger zurückgehalten, konnten keinerlei Verdacht schöpfen, daß ich nicht Herr Schrimke aus Berlin, Tourist und Kanzleiinspektor a. D., sei. Und innerhalb der Birkengruppe und des hohen Gestrüpps waren wir nicht zu sehen.

Ich lernte den Untersuchungsrichter, den Kreisarzt und den zweiten Kriminalassistent kennen. Der Photograph war gerade bei der Arbeit.

Die Herren zeigten sich äußerst höflich. Die Spuren des Toten waren durch hellen Sand ausgefüllt worden. Ich trat an die Leiche heran.

Ich vermeide es hier stets, Einzelheiten zu bringen, die geschmacklos und überflüssig sind. Der Anblick war tatsächlich gräßlich. Es handelte sich um einen Mann von vielleicht dreißig Jahren, bartlos, blond, mittelgroß, kleiner als Harst. Die Hände waren gepflegt, aber zerkratzt – tiefe Risse. Der Sportanzug, braungrün, stammte aus einem Geschäft aus Berlin: Von der Stange! Der Lodenmantel war sehr mitgenommen, auf der Brust zerfetzt. Ebenso Leinenkragen und Selbstbinder, dazu völlig blutgetränkt.

Ich durchsuchte die Taschen, befühlte überall den Stoff: nichts!

Dann nahm ich den Gewehrstock vor. Es war eine Repetierbüchse für fünf Schuß. Vier Patronen waren noch vorhanden. Ich prüfte den Lauf mit einem Stöckchen und meinem Taschentuch. Zweifellos war vor kurzem ein Schuß abgefeuert worden. Das Taschentuch wurde schwärzlich.

Die Kommission ließ mich ruhig gewähren. Ich arbeitete ganz nach Haralds Methode.

Ich begann nun den Boden der Lichtung zu untersuchen. An einer Stelle fand ich die Bestätigung für meine Theorie, die ich vorläufig für mich behalten wollte: Eine besondere [28] Fährte, freilich nur als Fährte zu erkennen, wenn man Frau Otti Lefelds Brief gelesen hatte.

Göbbel paßte genau auf, was ich tat. Ich mußte vorsichtig sein. Diese Fährte lief, wie ich unschwer sah, auf den nahen Haubenberg zu.

Dann fing ich die Arbeit von neuem an – zum zweiten Mal, wie Harald dies stets macht: Beim ersten Mal kann man doch etwas übersehen.

Ich reimte mir nach den Spuren folgendes zusammen: Der Mann war im Morgengrauen hierher geschlichen und hatte sich mit seiner Waffe dort aufgestellt, wo er dem Haubenberg am nächsten war. Er hatte hier am Rande der Lichtung gut gedeckt eine ganze Weile gestanden, hatte dann auf jemand geschossen, – daher fehlte eine Patrone. Die Hülse hatte ich mit der Fußspitze tiefer in den weichen Boden getreten. Dann war auf den Schuß hin der Mörder herbeigeeilt und hatte mit dem heimtückischen Schützen furchtbare Abrechnung gehalten, war wieder davongeeilt, – seine Fährten bewiesen es, freilich keine Fährten, die man ohne weiteres als solche zu erkennen vermochte.

Ich wußte genug.

Achselzuckend trat ich zu den Herren der Kommission.

„Ich bin mit meiner Kunst zu Ende,“ sagte ich nur, und das konnte allerlei heißen, wurde aber so gewertet, wie ich es erhofft hatte.

Göbbel meinte liebenswürdig:

„Hier ist auch nichts Neues zu finden, Herr Schraut …“

„Bitte … Schrimke!“

Der Untersuchungsrichter lächelte diskret. Er mochte denken: „Ein Versager – auch dieser Berliner!!“

Ich steckte das Lächeln getrost ein, denn ich hätte den Herren mit wenigen Sätzen erklären können, was hier vorgegangen.

So wurde ich denn, ich der Denunzierte, entlassen und [29] wanderte allein stadtwärts. Die Menge der Neugierigen musterte mich wenig freundlich. Die Kunde von dem anonymen Brief hatte sich herumgesprochen … Ich hörte bissige Bemerkungen …

Ich wanderte weiter den Zaun des Haubenberges nach rechts, ging sehr langsam, musterte Zaun und bewaldeten Berg: eine Wildnis, in der von der Ruine Doktor Petersens nichts zu sehen war.

So kam ich dorthin, wo der Feldweg dicht am Zaune abbiegt. Ich schaute mich um. Niemand war in der Nähe – niemand. So blieb ich denn stehen. Eine innere Stimme sagte mir, daß ich beobachtet wurde, oder besser: meine allerfeinsten Nerven sagten es mir …

Wirklich: Dort oben hinter dem Zaun eine uralte Buche … In dem Blätterdach ein Rascheln …

Ein Kopf …

Harst!!

Auf einem Ast saß er, Zigarette im Munde, winkte, legte dann den Zeigefinger auf die Lippen, deutete stadtwärts, verschwand wieder hinter dem Blättervorhang.




[30]
5. Kapitel.
Die Frau mit dem Schleier.

Ich schritt weiter.

Es war ein köstlicher Sommertag, fast zu heiß. Selige Schmetterlinge taumelten durch die Luft. Eine Linde am Wege glich einem Bienenkorb: das Summen der kleinen Insekten glich einem ununterbrochenen leisen Rauschen.

Der Feldweg lief hier eine Strecke parallel mit dem festen, dichten Stacheldrahtzaun.

Mit einem Male eine Stimme …

Ganz leise …

„Herr Schraut!!“

Ich fuhr herum …

Da stand hinter dem Zaune zwischen Haselstauden eine Frau in schwarzem Kleide, einen schwarzen Schleier mehrfach um das Gesicht gewunden.

„Herr Schraut, kommen Sie auf keinen Fall hierher!!“ rief die gedämpfte Stimme weiter.

Ich mußte mich von dieser Überraschung erst erholen.

Dann:

„Waren Sie in Berlin – haben Sie die Brieftauben benutzt?“

„Ja … – Ich flehe Sie an: Meiden Sie den Haubenberg! Und – entlarven Sie den Geisterradler, ohne uns zu belästigen.“

[31] Es lag so viel Angst und Sorge in dieser melodischen Stimme, daß ich unwillkürlich nickte.

Rasch zog sich die Verschleierte zurück. Ich hörte noch das Rauschen von Blättern …

Nichts mehr …

Gedankenvoll ging ich der Stadt zu. Kein Zweifel: Das mußte die Frau sein, die nach Frau Ottis Brief damals nachts, als Reimert hier dem Geisterradler begegnete, das Tier vom Zaun weggerufen hatte.

Wer war die Frau, die in Berlin Brieftauben uns gestohlen und wieder hatte fliegen lassen – mit vier unklaren Zetteln. Wer war’s?! In der Ruine des Haubenberges sollte doch Doktor Petersen ganz allein hausen! Und dann ..: „Es soll nicht noch mehr Unheil entstehen“ ..?! Bildete die Fremde sich ein, daß wir den Geisterradler fangen und das halbe Geheimnis ungeklärt lassen würden?! –

Vor dem Hause der Rätin ein Häuflein Gaffer … Wieder bekam ich einige Liebenswürdigkeiten zu hören.

In der Ladentür stand Frau Reimert, hübsch und leicht kokett …

„Morgen, Herr Schrimke … – Nun?!“

Ich rief wütend: „Nicht mal harmlose Touristen läßt man in Ruhe ..! Was haben wir mit dem Mord zu tun! Wenn ich den Kerl wüßte, der uns da denunziert hat ..!!“ Ich drohte mit meinem Stock.

Frau Reimert lächelte freundlich. „Ärgern Sie sich doch nicht ..! Da – der Lautsprecher gibt Ihnen die einzig richtige Weisung – Schallplattenmusik aus Berlin: „Trink, Brüderlein, trink, laß doch die Sorgen zu Haus!“

„Sie haben recht, Frau Reimert …! Und ein gutes Gewissen – weichstes Ruhekissen! Wiedersehen!“

Ich betrat das Haus.

Oben in unserem Zimmer hatte der Wächter des nicht anwesenden bettlägerigen Harst bereits meine dritte Zigarre [32] vor und auch schon ergiebig gefrühstückt.

„Solchen Dienst läßt man sich gefallen, Herr Schraut!“

„Sagen Sie nur den Gaffern da unten, daß wir schuldlos sind …“

„Mache ich! Wiedersehen, Herr Schraut …“

„Schrimke!!“

„Pardon, Herr Schrimke ..!“

Händedruck …

Ich war allein.

Warf mich in den Plüschsessel .. Überdachte die letzte Stunde … Hatte ich richtig gehandelt, der Kommission die Wahrheit zu verschweigen?!

Ich kannte die Wahrheit. Meine Kombinationen stimmten. Die Verschleierte hatte mir das Letzte bestätigt: Der Geisterradler hatte es auf die Bewohner des Haubenberges abgesehen! Chanawutu, der indische Fakir, war der gefürchtete Dämon, der auf Zettel 4 erwähnt war!

Wer war Chanawutu?! –

Frau Rat bracht mir Zitronenwasser und belegte Brötchen. Eine Seele von Frau. Sie setzte sich zu mir, und ich erzählte – mit Vorbehalt.

„Schade, daß Sie nichts Neues gefunden haben …“ meinte sie enttäuscht. „Was wird nun mit dem Toten?“

„Weggeschafft – zur Beerdigung freigegeben …“

„Also ein Unbekannter auf unserem Friedhof ..! – Greifenberg ist in heller Aufregung … Sogar vom nahen Friedeberg sind schon Neugierige mit der Bimmelbahn gekommen …“

„Frau Rat – im Vertrauen: Kennen Sie Doktor Petersen?“

„Vom Sehen ja. Ein alter, aber rüstiger hagerer Herr. Vorhin war er wieder hier in der Stadt mit seinem Rucksack und kaufte ein … Auch drüben bei Schmidt – Kolonialwaren.“

[33] „So – er war hier …“

„Jede Woche kommt er einmal …“

„Das weiß ich schon …“

„Und dann hängt er stets eine Papptafel an seine Gitterpforte: „In zwei Stunden zurück. – Eintritt verboten.“ – Ein Sonderling, sehr menschenscheu, aber ein vorzüglicher Arzt …“

„So?! Woher können Sie das beurteilen, Frau Rat?“

„Weil er auf den Dörfern ringsum mitunter zu Kranken gerufen wird. Er geht aber nur in besonders schweren Fällen hin …“

„Das ist mir ja ganz neu …“

„Er nimmt Honorar, überweist es aber stets der hiesigen Armenkasse.“

„Ein Wohltäter also …“

„Zweifellos ein guter Mensch …“

Auf dem Tische lag noch der anonyme Brief. Ich zeigte ihn der Rätin.

„Die Handschrift ist zwar verstellt, aber vielleicht kennen Sie sie doch …“

Sie holte ihre Brille hervor. „… Ich weiß nicht recht, manches an diesen Buchstaben kommt mir doch bekannt vor.“

Es läutete draußen …

Die Rätin ging öffnen, kehrte sofort zurück.

„Ein Brief für Sie, Herr Schraut … Ein Mädchen gab ihn ab. Sie wollte nicht sagen, wer sie sei. Ich kenne sie nicht …“

Auf dem Umschlag eine kritzliche verstellte Schrift:

Herrn Schrimke.

Nur: Herrn Schrimke!

Papier tadellos, leichter zarter Duft …

… Rote Tulpen blühen dort in gelber Schale auf [34] der Schreibtischecke … Tulpen von der Farbe des Blutes … – So schrieb ich einst – für Frau Otti …

Von Frau Otti war der Brief.

Ich las:

aus Vorsicht hLieber Freund,

aus Vorsicht habe ich auf dem Umschlag meine Handschrift verstellt. – In aller Eile folgendes. Der Mann aus der Lehmgrube (Sie wissen Bescheid!) hat sein Quartier dort vernichtet. Unser Gutseleve kam heute morgen vier Uhr dort vorüber: – Liebesfahrt! Er hörte einen dumpfen Knall. Die ganze Nordwand ist eingestürzt, fraglos durch beabsichtigte Explosion. Ich war dort, habe graben lassen. Die Koffer sind verschwunden, ebenso die Benzinkannen. – Sehen Sie: Hatte ich nicht recht, als ich nachts Harst riet, dem Geisterradler aufzulauern! Nun ist er uns entwischt. Was nun?! – Können Sie nicht heute zu uns kommen? Ich werde mit dem Auto um zwei Uhr auf der Chaussee bei dem großen Steine warten. – Gruß – – Ihre O. L.“

Der Inhalt ließ mich kalt …

Aber nicht der Umschlag …

Ich verglich …

Die Frau Rat war hinausgegangen.

Ich verglich zwei Umschläge …

War’s möglich?! War’s denkbar?!

Frau Otti sollte uns denunziert haben?!

Ich prüfte nochmals …

Ja – diese verstellte Schrift klagte an!!

Ich rief die Rätin …

„Bitte, vergleichen Sie ..!“

Die alte Dame prüfte … prüfte …

„Diese beiden Umschläge hat dieselbe Person geschrieben,“ entschied sie.

Das war ein harter Schlag.

[35] „Ich danke Ihnen, Frau Rat … Ich möchte allein sein …“

Also – neues Rätsel: Was in aller Welt konnte Frau Otti dazu bewogen haben, uns zu denunzieren?! In schlechter Absicht war das sicherlich nicht geschehen. Hatte Sie uns nur zwingen wollen, die Masken zu lüften und energischer – nach ihrer Ansicht – gegen den Geisterradler vorzugehen?!

Anderseits: In ihrem Briefe war von dem Morde nichts erwähnt. Wußte sie überhaupt schon davon? Rittergut Sagan lag immerhin anderthalb Meilen entfernt.

Und doch: die verstellte Schrift glich auf den beiden Umschlägen einander verblüffend! –

Nun möchte ich hier meine Leser und Freunde wieder einmal aus ihrer beschaulichen Ruhe beim lesen herausreißen. – Was spricht gegen meinen Argwohn, daß Frau Otti die Denunziation erstattet hat? – Bitte – – was?!

Sehr einfach: Eine Frau von ihrer geistigen Regsamkeit hätte nie den Fehler begangen, auf beiden Umschlägen so ähnliche Schriftentstellungen zu benutzen! Das mußte ja auffallen!!

Also: Jemand anders hatte Frau Ottis Schrift nachgeahmt, hatte auf dem ersten Umschlag die charakteristischen Merkmale ihrer Schrift mit eingemogelt.

Ein anderer: Wer?!

Ja – – wer?!

Das Rätsel „Geisterradler“ schwoll immer mehr an. Denn daß Chanawutu mit seiner Denunziation etwas zu tun hatte: Ich war überzeugt davon!

Wie kam der Mann zu einer Schriftprobe Frau Ottis?! Ich – wollte um zwei auf der Chaussee am großen Steine sein.




[36]
Wer?!
1. Kapitel.
Der chinesische Pokal.

Herr Schrimke ging nach Tisch spazieren. Warum sollte er nicht?! Er konnte doch nicht den ganzen Tag bei seinem Freunde Hirt Krankenpfleger (am leeren Bett) spielen!

Herr Schrimke war bereits für die Greifenberger eine Persönlichkeit geworden. Besonders die Greifenberger Lausbuben, die das Haus Reimert umlagert hatten, gaben ihm das Ehrengeleit bis zur Stadtgrenze. Die Katzenmusik, die sie dabei mit Blechtöpfen, Triangeln, Kindertrommeln, Schnarren und ähnlichen Dingen veranstalteten, war nicht schlechter als manche abgespielte Jazzschallplatte des Weltsenders Runzendorf.

Vielleicht wäre mir diese Ehrengarde mit der Zeit peinlich geworden, wenn nicht ein kleiner Wanderzirkus, nur zwei Wagen und hinterdrein zwei bedauernswerte angebundene Bären, die Greifenberger Zukunft zur Umkehr veranlaßt hätte.

Die Chaussee war einsam. Kein Luftzug. Eine unmögliche Hitze …

Ich wanderte auf der Schattenseite und schnappte nach Luft wie ein Karpfen, den ich im übrigen noch nie geangelt [37] habe. Es soll Leute geben, die solch’ Glück haben. Ich nicht.

Schon von weitem sah ich das offene gelbe Auto Frau Ottis. Sie selbst saß im Chausseegraben und spielte mit ihren Rassepintschern und rauchte Zigaretten.

„Tag, Freund Schraut …“

Eine Frau wie sie, die Weltdame und Landfrau in eins ist, die nebenbei so viel ausgesprochene Eigenart besitzt, ganz abgesehen von ihren körperlichen Vorzügen, darf sich Telegrammstil erlauben.

Dann glitt der Wagen still dahin. Ich saß vorn neben Frau Otti.

Wir sprachen über die Lehmgrube.

Nachher sprach ich über den Mord.

Ja – sie wußte davon. Der Briefträger hatte um zehn Uhr vormittags die Kunde nach Sagan gebracht. Da war ihr Brief schon unterwegs gewesen.

Ich berichtete Einzelheiten – wieder mit Vorbehalt.

Aber mein Damenchauffeur war zu hellhörig:

„Lieber Freund, Sie halten da mit etwas zurück. Sie müssen mir doch nicht einreden wollen, Sie hätten keine Spuren gefunden.“ In ihren braunen leuchtenden Augen glitzerte feine Ironie.

Ich schämte mich. Weshalb hier dieser Frau gegenüber Heimlichkeiten, Unwahrheiten?! Verdankte ich nicht ihrem Brief die erste Spur?!

„Verehrteste gnädige Frau, ich bekenne mich schuldig … Ich kann mich ganz kurz fassen. Der Mann hat mit seinem Stockgewehr auf jemand geschossen, und dieser Jemand hat einen großen Hund auf den Mann gehetzt … Der Mörder ist der Hund.“

„… Ein Hund?!“ meinte sie mit leichtem Kopfschütteln. „Die Wunden rühren niemals von einem Hunde her …“

„Gut – noch einen Schritt weiter: Von dem Tiere, [38] das Monteur Reimert hinter dem Zaune sah: Gelbgrüne Augen!!! Und da Hundeaugen nur rötlich leuchten, muß es ein Raubtier aus dem Katzengeschlecht gewesen sein.“

„Bravo! – Wie aber kommt Petersen zu Raubtieren?!“

„Doktor Petersen beherbergt heimlich einen Gast, eine Frau, die Verschleierte, die melodische Stimme …“

„Wer mag das sein?!“

„Liebe gnädige Frau, in diesem Falle kann man immer wieder fragen: Wer ist?! – Wer ist Chanawutu? Wer ist der Tote, wer ist die Verschleierte, wer ist Doktor Petersen?! Dunkle Rätselgestalten irren durch dieses Drama mit dem Titel „Geisterradler“ ..!“

„Chana – – wutu!“ wiederholte sie leise. „Wieviel Sie mir doch verschwiegen haben!“

„Bitte, nicht böse sein …“ Und ich erzählte von dem Varieteeprogramm aus Frankfurt am Main, von Nummer 5:

Chanawutu,
Indischer Fakir.

und von Haralds hartnäckiger Zugeknöpftheit.

Frau Otti legte mir die Linke leicht auf den Arm. Sie durfte es. Sie zähmte den großen Wagen auch mit einer Hand. Und Männer nur mit den Blicken.

Ihre wundervollen Ringe blitzten im Sonnenschein. Sie trug ein kleines Vermögen an Schmuck – ohne jede Aufdringlichkeit.

„Lieber Schraut, wie ich mich freue, mit im Mittelpunkt geheimnisvollen Geschehens zu sein … – Soll ich jetzt halten? Sie wollten doch Bart und Perücke entfernen.“

„Das kann ich auch während der Fahrt … So … Nun haben Sie mich nackt und bloß als echtes Kindlein …“

„Mit ehrwürdiger Platte!!“ lachte sie klingend ..

Und doch: ihr Lachen hat stets so einen Unterton von Schwermut … –

Schloß Sagan kam in Sicht, der Park, die Gutsgebäude …

[39] Dann begrüßte mich Heribert Lefeld, ein Großagrarier von jener still-vornehmen Art, die jeden Menschen adelt.

Im kühlen Speisesaal Kaffeetafel zu dreien … Erst noch kurze Besichtigung des Schlosses.

Ein uralter Bau, nicht gerade architektonisch wertvoll, aber würdig, massig. Einst hatte hier ein Adelsgeschlecht gehaust, hatte gepraßt, hatte die neue Zeit verschlafen …

Da ein gewandter alter Diener, tadellos geschult, still hin und her ging, war die Unterhaltung ohne intimen Klang. Außerdem hatte auch Heribert Lefeld für unsere Abenteuer geringes Interesse. Er war Landwirt mit Leib und Seele. Gegen fünf entschuldigte er sich und ritt nach der Lehmgrube. Er wollte den Einsturz der Nordwand selbst einmal in Augenschein nehmen. Frau Otti führte mich in ihr Allerheiligstes, ihren kleinen Salon …

Es gibt Räume, die klar und eindrucksvoll den persönlichen Stempel des Besitzers tragen. Es gibt andere, die stets nach Dekoration schmecken.

Hier in diesem Gedicht aus Goldkupfer war Frau Ottis Seele in jedem Stück. Die seidebespannten Wände, die Möbel, all die kostbaren Raritäten, all die Gemälde: Nirgends ein Farbenmißklang. Etwas tief beruhigendes strahlte dieser Raum aus.

In den weichen Sesseln, bequem und doch formenschön, eigenartig und doch kein aufgeblähter Kitsch, saß es sich wie im Schoße einer Liebsten.

Wir schalteten alles Kriminelle aus. Wir sprachen über Dinge, die in den verborgensten Winkeln der Seele schlummern und sich selten ans Licht wagen. Wir hielten Zwiesprache über des Lebens bitteren Sinn, über des Daseins unbefriedigende Unzulänglichkeiten und die heimliche Sehnsucht der schwerblütigen Naturen, die für die Welt die Maske leichter Lebensbejahung tragen.

Eine Stunde wie selten eine Stunde, die vielleicht nie [40] wiederkehrt. Es gehört Stimmung dazu, einander die Herzen zu öffnen. Die Menschen, die jederzeit tiefgründige Gespräche führen können, sie werden nie ihr Letztes geben.

Und dann schließlich doch ein Abbiegen der Unterhaltung in den nüchternen Alltag.

Frau Otti deutet auf einen seltsamen Pokal, ein Gefäß mit goldenen Drachen als Henkel …

„Kein Paradestück, lieber Freund …“

„Chinesischer Glasfuß mit eingeschmolzenen Ornamenten – allerdings eine Rarität …“

„Ja ..!“ Sie erhebt sich. „Bitte ..!“ Sie winkt …

Ich schaue zu. Sie hebt den Pokal …

„Scheinbar aus einem Stück, lieber Freund … Hier!“

Mit einem Male hält sie den Unterteil in der Linken. Er ist hohl. In der weiten Öffnung glitzert und funkelt es. „Meine Schmuckschatulle …“

Ich kenne Frau Ottis Juwelen.

„Ein Banktresor wäre sicher, verehrlichte Freundin.“

„Glauben Sie?“

Sie bringt die Teile wieder zusammen, stellt die Vase auf das kleine japanische Bronzetischchen zurück …

„Glauben Sie?! – Jeden Abend tue ich dies …“

Da ist hinter einem Bilde ein Schalter. Sie drückt ihn zur Seite.

„Jetzt würde jeder, der den Pokal berührt, besinnungslos umsinken …“

„Haben Sie die Leitung durch Reimert legen lassen?“

„Ja. Die Drähte münden in die Füße des Tischchens … Natürlich habe ich Reimert nicht gesagt, daß der Pokal geschützt werden sollte. Ich hatte jene Bronzestatue, Herkules mit der goldenen Weltkugel, früher hier stehen.“

„Liebe Freundin, verzeihen Sie schon: Es bleibt ein [41] Leichtsinn! Reimert arbeitet doch noch hier, und wie leicht könnte er, sieht er nun den Pokal hier stehen, auf die richtige Vermutung kommen und … verführt werden …“

„Mein Salon ist nie unverschlossen … Sie sahen ja das Sicherheitsschloß, und dann … meine Hunde!! Nachts schlafen sie hier!“

„Hier?!“

„Ja …“

„Und wenn einer mal das Tischchen berührt?!“

Sie lächelte. „Dort hinter dem Wandschirm schlafen sie, und ich stelle stets Stühle davor. Sie sind viel zu gut erzogen, als daß sie sich gewaltsam hinausdrängten …“

„Trotzdem … trotzdem …“

Jetzt lachte Frau Otti …

„Fürchten Sie für meine Juwelen?! Trauen Sie mir so wenig Menschenkenntnis zu ..?! Reimert – – stehlen?! Unmöglich! Nein, nein, tun Sie ihm nicht unrecht.“

„Geschieht auch gar nicht! Ich bin nur durch eine so harte, wechselvolle Lebensschule gegangen, daß ich es für Menschenpflicht halte, niemanden moralisch ins Wanken zu bringen. Ihre Juwelen sind rund hunderttausend Mark wert: Verführung genug!“

„Er weiß ja gar nichts von meinem Schmuck …“

„Hoffen wir!“

„Und nun, lieber Freund: In den Park ..! Rittergut Sagan hat seine Merkwürdigkeit: das Erbbegräbnis der Vorbesitzer, ein tempelartiger Bau aus Granit … Poetisch, romantisch, verwittert …

Ihre braunen Augen verhießen allerlei …

„Und – noch etwas!“ fügte sie hinzu.

Wir gingen in kühlem Baumschatten, wir sahen in der Ferne den dunklen Strich der Iser-Berge … Und mit einem Male vor uns inmitten von Eichen, die einen grünen Dom bildeten, das Mausoleum.

[42] Frau Otti schloß die schwarze Eichentür mit den grünlichen Kupferbeschlägen auf.

Eine Kapelle … Grünliches Halbdunkel … Ein kleiner Altar … Ein weißes Kruzifix, Schleifen … Zwei Betstühle …

Hier ist’s fast eisig kühl. Und so totenstill.

„Nehmen Sie Ihre Taschenlampe, lieber Freund …“

Der weiße Lichtkegel zerreißt die weihevolle Stimmung. In den Steinplatten eine schwere Falltür. Ich hebe den einen Flügel … Wir steigen zwölf Stufen hinab. Beklemmend schmiegt sich die feuchte Kälte mir um die Brust …

Acht Särge hier ..: Eiche! Unverwüstlich.

Einer davon schmal und klein. Ich lese die Gravierung der Kupferplatte. Ein Kind, ein Mädchen ..: Frau Otti rückt schon den Deckel beiseite.

Der Lichtschein zeigt mir ein schlummerndes, blondes Mägdlein, ganz in Weiß gekleidet, in den gefalteten Händen einen Rosenkranz. Ein Mägdlein, dem die Verwesung nichts hat antun können. Wie schlafend, ohne jede Spur des entstellenden Todes.

Ich habe viele, sehr viele mumifizierte Leichen gesehen. Diese hier – ein ergreifendes Bild! Achtzig Jahre gingen dahin. Das Mägdlein schlief noch immer …

Neben mir sagt die Freundin leise: „Das ist das Wunder von Sagan!“

„Ja, es ist ein Wunder …“

Und wie mir das Wort Wunder so ernst über die Lippen kommt, weckt es in mir jählings Erinnerungen …

Es geschieht ja so häufig, daß ein weiches Pochen genügt, die versperrten Pforten unserer Gehirnzellen zu öffnen – ein ganz zufälliges Pochen, und die Tür springt auf und wir schauen hinein in Gewesenes, Verklungenes …

[43] So hier.

Wunder!! Das war das Pochen, das geheime Zeichen.

Ich starre auf das tote, weiße Mägdlein … Und das Gesicht zerfließt, ändert die Linien, wird zu einem Frauenantlitz … Ich höre Worte ..: „Sie elender Schuft!“ – – und sehe ein Scheusal von Mensch die Frau roh beim Handgelenk nehmen, sehe eine dunkle Linie durch die Luft schnellen ..:

Wunder der Joojakarta!! Der blutige Abschluß ..! –

Frau Otti rüttelt mich …

„Schraut!!“

Ich wende mich ihr zu …

„Liebe Freundin, nun weiß ich, wer dort im Haubenberg haust …“

„Wer?“

„Vincent Saalborg mit seiner Gattin und seinen Panthern …“

„Ah – nicht möglich! Saalborg, der Verschwundene, Verschollene!“




2. Kapitel.
Die Mütze.

Inzwischen sind mir doch wieder Zweifel aufgestiegen. Im Grunde habe ich ja für Saalborgs Anwesenheit auf dem Haubenberg nur einen Beweis: das Raubtier!

Denn der zweite ist zu dürftig: Saalborg war Artist, und Chanawutu ebenfalls. Es kann Feindschaft sein zwischen ihnen, tödliche Feindschaft … Kann!! Leere Vermutungen also.

[44] Frau Otti hatte den Sarg geschlossen. Wir kehren nach oben in die Kapelle zurück. Vor der Tür lärmen die Hunde. Sie wollen hinein … Wir setzen uns in einen der Betstühle. Das Kruzifix leuchtet vom dunklen Altar her. Durch grüne verstaubte Butzenscheiben dämmert der Sommertag herein: Ein Licht wie unter Wasser, wie auf flachem Meeresgrund.

Ich spreche über Saalborg, über meine Zweifel …

„… Wenn Saalborgs Gattin unsere Brieftauben benutzte, – – weshalb wählte sie diesen umständlichen Weg?!“

Ungeklärtes, Ungeahntes schwebt in der Luft.

Frau Ottis geistige Regsamkeit spürt gleichfalls diesen Fragen nach, die haltlos wie Schemen uns umgaukeln.

Wir kommen zu keiner Lösung. Wir schweigen, und die Stille der Kapelle wiegt uns in schnell gleitende Gedanken ein – hierhin, dorthin, ziellos, traumhaft.

Selbst die Hunde draußen sind verstummt.

„Ich muß zur Stadt zurück“ … – und die Prosa ist wieder da … Die harte Melodie der Wirklichkeit. Die Hunde kratzen wieder und jaulen, und wir gehen still durch den Park.

Ein Imbiß noch zu zweien, ein Schluck Wein aus köstlichen Römern, und das Auto gleitet hinweg … Frau Otti steuert, wir sprechen über das Gut, über Ernteaussichten. Vor uns taucht ein einsamer Wanderer auf … Rasch Perücke, Bart … – ein Blick in den Spiegel …

„Reimert ist’s,“ meint Frau Otti. „Sein Rad ist beschädigt, sagte er mir heute früh.“

„Dann muß ich aussteigen …“

„Wiedersehen …“

Ein Handkuß, ein freundliches Lächeln … ein Winken …

Ich beeile mich. Ich hole Reimert dicht vor der Chaussee ein. Er geht sehr langsam, schleppt seinen Rucksack, hinkt etwas.

[45] Dann bin ich neben ihm.

„N’Tag, Herr Reimert … – Gestatten: Schrimke … Ich wohne oben bei der Frau Rat … Von Ansehen kenne ich Sie bereits … Wir haben den gleichen Weg … Ich hatte einen Spaziergang gemacht und mich etwas verlaufen.“

Er entpuppt sich als der intelligente, offene, freundliche Mensch, wie Frau Otti ihn geschildert hatte … Er erzählt von dem großen Verdienst bei Lefelds … „Jetzt arbeite ich auf dem Vorwerk Ratzdorf drüben … Sehr nette Herrschaften, die Lefelds, gar nicht knauserig … – Leider habe ich mir gestern abend mein Rad kaputt gemacht. Ich wollte das eine Pedal gerade biegen – abgebrochen. – Pech! Nun, die Bewegung schadet mir nichts …“

Sehr bald kommt er auf Radio zu sprechen. Er ist begeisterter Bastler. Herr Schrimke auch. Wir sprechen über Schaltungen, über seinen Kofferempfänger.

Ich wundere mich, daß er den Mord nicht irgendwie erwähnt. Sollte das Vorwerk so ablegen sein, daß die Kunde noch nicht bis dorthin gedrungen[4] ist?!

Und ich erwähne so beiläufig: „Man hätte mich heute beinahe verhaftet …“

Er lacht. „Scherzen Sie?“

„Durchaus nicht … Wissen Sie nicht, daß man heute früh im Luch beim Haubenberg einen Toten gefunden hat?“

„Nein – keine Ahnung …“

So erzählte ich denn … Wie der Kommissar erschien, wie mein Freund Hirt mit seiner Sehnenzerrung im Bett lag, wie ich mit zum Tatort mußte und der Assistent Hirt bewachte …

Aber Reimert zeigte wenig Interesse für diese Dinge.

„Ich bin Techniker mit Leib und Seele,“ entschuldigte er sich. „Was jenseits der Grenzen meines Berufs liegt, verblaßt für mich vollkommen, Herr Schrimke. Man soll ja eigentlich nicht einseitig sein, aber niemand kann aus seiner [46] Haut heraus. Es tut mir zum Beispiel schon leid, daß ich Frau Lefeld von meiner Begegnung mit dem sogenannten Geisterradler erzählt habe … Auch in der Stadt belästigt man mich dieserhalb dauernd mit Fragen …“

„So, dann will ich’s auch nicht tun, Herr Reimert, obwohl wir Berliner für so was Pikantes immer zu haben sind ..!“

„Radio ist mir lieber, – und auch einträglicher … Die gnädige Frau aus Sagan wird mir wohl den Fünfröhrenempfänger abkaufen. Morgen soll ich die Antenne anbringen und den Apparat vorführen. Gibt er am Tage Lautsprecherempfang, so ist das Geschäft perfekt. Und – es wird klappen!“

Wir erreichten die Bahnstraße, waren bald daheim. Frau Reimert saß vor der Tür und las Zeitung. Das Ehepaar schien sehr glücklich miteinander zu leben. Die Begrüßung war zärtlich, und ich mußte mir dann noch die beiden Zimmer hinter dem Laden ansehen, mußte auch noch Radiovortrag aus Wien, Langenberg genießen und war erst gegen neun oben bei der Frau Rat.

Erste Frage: „Was Neues?“

„Nichts, Herr Schrimke ..“

Das Abendessen schmeckte vorzüglich. Ich las noch auf dem Balkon Zeitung, und gegen halb elf schlich ich die Hintertreppe hinab. Das Haus hatte einen großen Hofgarten, der bis zu einem Feldweg sich hinzog.

Ich beeilte mich. Kommissar Göbbel wollte mich am Südausgang der Stadt erwarten. Er hatte sich auf einen Chausseestein gesetzt und deutete nach Westen, wo es grell wetterleuchtete. „Es gibt ein Gewitter, Herr Schraut …“

Wir gingen weiter. Er hatte den Tag ordentlich ausgenutzt. Aber all seine Bemühungen, etwas über den Toten zu erfahren, waren umsonst gewesen.

„… Niemand hat hier in der Gegend Fremde beobachtet, [47] den Geisterradler ausgenommen … Wenn’s nun dieser Mann wäre, Herr Schraut?!“

„Nein,“ erklärte ich. „Die, denen der Motorradler begegnet ist, schildern ihn als groß und schlank. Der Ermordete ist kaum mittelgroß und untersetzt.“

„Ganz recht. Aber diese Zeugen können sich irren. Ein Ledermantel mit Gurt macht schlank.“ – Göbbel war noch jung. Aber er verstand etwas von seinem Beruf. Ihm fehlte lediglich die Erfahrung noch.

Er verteidigte seine Annahme, der Tote sei vielleicht der Geisterradler, mit Hartnäckigkeit. Ich konnte ihm doch nicht sagen, daß der Geisterradler um dieselbe Zeit, als der Mord stattfand, in der Lehmgrube sein Quartier gesprengt hatte. Ich war gezwungen, weiter den Ahnungslosen zu spielen. Keine angenehme Aufgabe, da ich jedes meiner Worte genau prüfen mußte, um mich nicht zu verraten.

Das Gewitter kam derweil langsam herauf. Als wir die Nordseite des Haubenberges und den Feldweg erreicht hatten, zuckte der erste Blitz hernieder.

Ein alter bucklicher Mann, der schwer an einem mit Gras beladenen Handwagen zog, keuchte vorüber und murmelte einen Gruß.

Es wurde finster. Die schwarze Wolkenwand war über uns. Jeden Augenblick konnte der Platzregen losbrechen.

Wir schlichen unter die einzelne Linde am Wege, dieselbe Linde, die am Tage die Bienen umsummt hatten. Ihr Blütenduft war schwer und aufdringlich.

Ich sah nach der Uhr.

Genau halb zwölf …

Wir warteten. Ein paar Tropfen fielen. Hier in der Nähe des Gebirges machte sich die Unzuverlässigkeit der Welterscheinungen bemerkbar: Es gab ein Gewitter ohne Regen.

Harald erschien nicht. Es wurde Mitternacht. Das Unwetter [48] zog über die Stadt hinweg. Es wurde halb eins, eins, und wir saßen noch immer und warteten.

Ich kenne Harst wie mich selbst. Eine solche Verabredung hält er unter allen Umständen ein. Irgend etwas mußte ihm zugestoßen sein – mußte! Göbbel teilte meine Besorgnis. Um halb zwei, als der Nachthimmel längst wieder klar und die müde Helle des Sommers um uns her alles dämmerhaft-verschwommen erkennen ließ, sah ich rechts von uns etwas Rundes, Graues im zertretenen Grase liegen.

Es war Harsts Sportmütze.

Ich prüfte den Boden ringsum. Die Spuren verrieten allerlei, was meine Angst nur steigerte.

„Er ist hier überfallen worden,“ erklärte ich sehr bestimmt. „Hier – der Abdruck einer Hand in dem frischen Maulwurfshaufen … Und hier die runde Vertiefung eines Knies. Er wurde von hinten niedergeschlagen und fiel nach vorn … Dort lag die Mütze, – es paßt alles zusammen.“

Mein Hirn arbeitete fieberhaft. Ich war keinen Moment darüber im Zweifel, daß Chanawutu Harst überwältigt hatte. Und ebenso sehr erschien mir nun der alte Mann mit dem Handwagen verdächtig.

„Harst lag unter dem Grase,“ behauptete ich.

Göbbel zuckte nur die Achseln. „Etwas stark phantastisch, Herr Schraut …“

„Für Sie vielleicht …“

Ich war erregt und unliebenswürdig. Ich nahm die Taschenlampe und beleuchtete die Mütze. Oben zeigte sich etwas wie ein Strich – die Spur eines Hiebes mit einem dicken Stock. Das Futter innen war an zwei Stellen leicht blutig. In dem Blut klebten vier Haare …

Da wurde auch Göbbel bekehrt.

Unter diesen Umständen durfte ich mit der Wahrheit nicht länger zurückhalten. Ich brauchte Hilfe. Göbbel hatte sechs Beamte zur Verfügung.

[49] Der Kriminalkommissar hörte mich schweigend an. Ich berichtete alles – jede Kleinigkeit.

„Wir werden Doktor Petersen herausklingeln,“ entschied Göbbel dann etwas selbstherrlich. „Wenn Sie glauben, daß Saalborg bei ihm wohnt, wenn Sie einen Panther für den Mörder halten, muß erst diese Frage klargestellt werden.“

Wir gingen zur Zaunpforte. Es gab dort eine elektrische Glocke. Nachdem wir zehn Minuten gewartet hatten, kam jemand den Weg herab – eine Frau mit einer Laterne.

„Herr Schraut?“ rief sie, indem sie im Schutz der Bäume blieb.

„Hier Schraut … – Lassen Sie uns bitte ein, Frau Saalborg …“

Sie näherte sich der Pforte sehr zögernd.

„Haben Sie mich also doch erkannt, Herr Schraut …“

„Wie Sie hören – ja!“

„Mein Gott, hätte ich nur gleich in Berlin den Mut aufgebracht, persönlich mit Herrn Harst zu sprechen – und mit Ihnen …“

Sie schloß auf …

Dann erst sah sie, daß mein Begleiter nicht Harald war.

Sie schlug die Gittertür wieder zu.

„Wer ist der Herr?!“

„Kriminalkommissar Göbbel … – Öffnen Sie!“

Sie stöhnte und lehnte sich matt gegen den dicken Zaunpfosten …

„Vincent … wird … mir … das nie … verzeihen,“ flüsterte sie völlig verzweifelt.

„Bitte – öffnen Sie ..!!“

Und da gehorchte sie … seufzend und stumm.

Wir standen innerhalb des Zaunes des Haubenberges.




[50]
3. Kapitel.
Ein Wiedersehen.

Frau Saalborg schritt müde voran. In ihrer hängenden[5] Linken gondelte die einfache Stallaterne schlaff hin und her. Der trübe Lichtschein huschte hierhin, dorthin. Der Weg war durch Baumstämme, die halb in der Erde lagen, zu langen Stufen aufgeschüttet. – Ich fühlte einiges Mitleid mit dieser tapferen Frau, die bereits vor Monaten in Berlin bewiesen hatte, daß sie eine starke Seele besaß. Was mochte hier wohl geschehen sein, daß sie jetzt so völlig niedergedrückt dahinschlich?!

Ich trat neben sie. „Frau Saalborg, Sie brauchen wirklich nicht so verzweifelt zu sein,“ meinte ich herzlich. „Was in meiner Macht steht, Ihnen Ungelegenheiten fernzuhalten, wird geschehen … Leider bin ich jedoch so gut wie auf mich allein angewiesen, denn Harst ist in dieser Nacht etwas zugestoßen. Man hat ihn offenbar niedergeschlagen und verschleppt – man: der Geisterradler, Chanawutu!“

Sie blieb mit einem leisen Aufschrei stehen.

„Chanawutu?! Sie … wissen?!“

„Nicht alles, nicht alles … Nur daß Chanawutu den Bewohnern des Haubenberges nachstellt.“

Sie nickte. „Ja – er ist ein Teufel, ist nicht zu fassen … Er hätte Vincent beinahe erschossen … Vincents Lungenschuß heilt zum Glück sehr gut. Aber … Sie müssen ihn schonen, dürfen ihn nicht aufregen. Onkel Arthurs Kunst hat ihn gerettet …“

„So ist Doktor Petersen Ihr Oheim?“

[51] „Ja – mütterlicherseits. Durch ihn ließ Vincent den Haubenberg kaufen. Hierher flüchteten wir vor Chanawutu. Er hat Vincent schon lange verfolgt, hatte ihn aber aus den Augen verloren …“

Göbbel mischte sich ein. „Geben Sie zu, daß einer Ihrer Panther den Unbekannten zerfleischt hat?“

„Ja – aber nachdem der Mann auf mich geschossen hatte, Herr Kommissar …“

„Oh, dann ist die Sache nicht weiter schlimm. Hetzten Sie den Panther?“

„Nein, nein … Ich konnte es ja gar nicht … Die Kugel streifte meine Stirn und ich sank halb ohnmächtig um. Hier ist der Verband – hier …“ – Sie schob den Schleier empor … Die linke Schläfe trug ein großes Pflaster.

„Um so besser, Frau Saalborg ..!“ meinte Göbbel liebenswürdig. „Wie kam aber die Bestie über den hohen Stacheldrahtzaun?“

„Mit Hilfe eines überhängenden Buchenastes … – Bitte, gehen wir, meine Herren … Onkel und Vincent werden unruhig werden …“

Dann standen wir vor dem alten Gemäuer mit den kleinen Fenstern, dem dicken Efeubehang und der schweren Eichentür, die nur angelehnt war. Der Lichtschein der Laterne traf einen runden, schwarzen Kopf, der durch die Türspalte lugte.

„Zurück, Cassius!“ befahl Frau Saalborg dem Panther, – einem der vier Tiere, die ihr Gatte, früher als Dresseur vorgeführt hatte. Sie stieß die Tür auf. Eine kleine Halle – ein paar Schränke, zwei Türen und im Hintergrunde eine Holztreppe.

Die Tür rechts öffnete sich. Doktor Petersen trat heraus, musterte uns kühl und meinte ruhig: „Saalborg erwartet die Herren … Ihm geht es recht gut. Nur allzu viel sprechen darf er nicht.“ –

[52] Wiedersehen mit Vincent …

Nach Monaten – Da lag er in einem schlichten eisernen Feldbett, in einem schwarzseidenen Schlafanzug, das blonde Haar tadellos gescheitelt, das Monokel im Auge.

„N’Abend, Herr Schraut …“ – Ein scharfer Blick zu Göbbel hin … – Ich stellte vor: „Herr Kriminalkommissar Göbbel … Herr Saalborg …“

Um Vincents Lippen wetterleuchtete es. „Hohe Ehre, Herr Göbbel … Es gab mal eine Zeit, wo ich die Polizei meiden mußte. – Nehmen die Herren Platz … – Anni, reiche Zigarren, Zigaretten … Der Onkel naht bereits mit Weingläsern. Mein gastlich Haus feiert heute einen Streifschuß …“ Er nickte seiner Gattin zärtlich zu. „Brauchst keine Angst zu haben, Anni … Der Onkel hat mich soeben überredet, meine Geheimnisse preiszugeben … Diese Geschichte hier muß ein Ende haben. Wir können uns doch nicht länger von diesem braunen Halunken belagern und beschießen lassen. – Wo steckt Harst?“ fragte er in gänzlich verändertem Tone. Dabei schaute er mich forschend an. Gerade er, der einst als wahrer Gentleman-Gauner die ganze Welt verblüfft hatte, war ja ein überaus feinfühliger Menschenkenner … „Ist Harst etwas zugestoßen?“ Er richtete sich in seinem Bette auf und zog die Knie unter der leichten Steppdecke hoch, stützte die Ellbogen darauf und bekam über der Stirn drei senkrechte Falten, die ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit Harald verliehen.

Ich erzählte, ich zeigte die Mütze, erwähnte den Mann mit dem Handwagen und streifte auch kurz die anderen Ereignisse.

Saalborg erklärte daraufhin sehr offen:

„Chanawutu hat hier Helfershelfer. Er ist mein Todfeind. Ich traue ihm alles zu, auch daß er Harst zumindest vorläufig beseitigt hat. Aber – Chanawutu ist nicht der sogenannte Geisterradler, Herr Schraut. Chanawutu ist Inder. [53] Ich deutete schon vor Monaten in Berlin Ihnen und Harst gegenüber an, daß ich in den Jahren, da ich für verschollen galt, mancherlei erlebt habe. Das Haupterlebnis dieser Zeit war meine Begegnung mit Chanawutu. – Ich will mich ganz kurz fassen. In Kalkutta war ich Herbst 1925 im Hotel Imperial abgestiegen. Vor dem Hotel zeigte Tag für Tag ein junger Fakir mit glänzend schwarzem Vollbart seine Künste. Damals war Kalkutta gerade von reichen Amerikanern überschwemmt, darunter vielen Kriegsgewinnlern mit juwelenbeladenen Frauen und Töchtern. Das Hotel hatte besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen …“

Ein halb ironisches Lächeln begleitete seine folgenden Sätze …

„Ich war als Hoteldetektiv engagiert worden. Meinem einstigen Beruf hatte ich ja endgültig entsagt. Man hatte also einen früheren Bock zum Gärtner gemacht, und man fuhr gut dabei. – Eines Nachts – wir waren dort fünf Hoteldetektive – hatte man uns alle fünf durch raffinierte Mittel betäubt: vergiftete Getränke. In dieser Nacht wurden acht amerikanische Familien gründlichst bestohlen. Als ich morgens zu mir kam, war ich noch halbtot. Aber die Energie siegte. Chanawutu war mir längst verdächtig vorgekommen, da er sich stets dazu gedrängt hatte, in den Zimmern der Gäste Privatvorstellungen zu geben. An diesem Vormittag erschien er nicht vor dem Hotel. Das genügte mir. Ich kannte sein Quartier. Ich setzte mich mit der Polizei in Verbindung. Ich ermittelte, daß er mit einer malaiischen Prau[WS 4], mit deren Kapitän er häufiger zusammen gewesen, den Hugli-Fluß[WS 5] abwärts gefahren war. Ich riet der Polizei, eine Privatjacht zur Verfolgung zu benutzen, da zu befürchten stand, daß der Fakir seinen ungeheuren Raub ins Meer werfen würde, falls er Polizeikutter hinter sich erkannte. Als die Jacht die See erreicht hatte, herrschte sehr stürmisches Wetter. Wir entdeckten die Prau in wrackem Zustande [54] auf den Riffen von Chatala. Sie gab Notsignale, hielt uns für ungefährlich. Die Mannschaft zu retten war keine Kleinigkeit. Chanawutu merkte erst, daß er in eine Falle geraten, als er mich erkannte. Wir nahmen ihm den ganzen Raub ab. Der Kerl war tapfer genug, nachher ins Meer zu springen, schwamm zu den Riffen und entkam auf das Festland. – Die Belohnung, die ich damals erhielt, gestattete mir den Ankauf von vier Panthern. Ich wurde Dresseur, nachdem ich Kalkutta sofort verlasen, und jede Spur hinter mir verwischt hatte. In Berlin merkte ich dann, daß Chanawutu mich ausfindig gemacht hatte. Ich ließ durch Annis Onkel den Haubenberg kaufen, und wir begaben uns hierher, ich in der Hoffnung, daß der Inder meine Fährte nun endgültig verloren habe. Vor vier Wochen, als ich hier unten am Drahtzaun etwas ausbesserte, traf mich eine Kugel. An diesem Lungenschuß habe ich Chanawutus Anwesenheit gespürt. Aber Sie wissen ja, lieber Herr Schraut: Ich habe eine starke Abneigung gegen alles Amtliche. Ich verbot Anni sogar, etwa Harst und Sie herbeizurufen. Ich wollte mit den Leuten allein fertig werden. Heute, nachdem Cassius einen der Burschen zerfleischt hatte, hat Anni mir gestanden, daß Sie in Berlin, wo Sie für mich Geldsachen zu erledigen hatte, Ihnen durch die Brieftauben vier Zettel schickte. Ich war sehr böse darüber, und erklärte Anni, daß ich jede Einmischung Ihrerseits ablehnen würde. Ich war ein wenig hart zu meinem Frauchen … Nun, ich bin bekehrt worden …“

Sie saß bei ihm auf dem Bettrand, und er streichelte ihre Hände und lächelte sie zärtlich an.

„… Sie wissen nun alles, meine Herren,“ fuhr er zu Göbbel gewandt fort. „Ich kann nur nochmals betonen: der Geisterradler mag ein Helfershelfer des Inders sein. Chanawutu ist Inder, nicht Europäer. Er wird zweifellos bereits [55] unsere Gegend verlassen haben, und ob Sie ihn noch irgendwie aufspüren können, bezweifle ich.“

Das lange Sprechen hatte ihn sichtlich erschöpft. Außerdem gab uns auch Doktor Petersen einen verstohlenen Wink, wir möchten uns verabschieden.

Bevor wir aufbrachen, sagte ich noch:

„Meine Pflicht ist es, Harst zu suchen. Und wenn ich wochenlang hier bleiben mußte, – ich werde ihn finden!“

Saalborg drückte mir fest die Hand. „Ich wünschte, ich wäre gesund, lieber Schraut … Ich hülfe Ihnen!“




4. Kapitel.
Frau Ottis Juwelen.

Der Morgen graute bereits, als Frau Saalborg hinter uns die Zaunpforte verschloß und uns noch ein „Auf Wiedersehen!“ nachrief. Neben ihr stand der zahme Panther Cassius, der Mörder des Unbekannten, des meuchlerischen Schützen.

Göbbel und ich wandten uns der Stelle zu, wo wir Haralds Mütze gefunden hatten. Wir entdeckten hier selbst bei Tageslicht nichts Neues. Göbbel wollte sofort telephonisch aus Görlitz einen Polizeihund herbeordern, der vielleicht die Fährte des Alten mit dem Handwagen aufnehmen würde – vielleicht. Ich versprach mir nicht viel davon. Ich war überhaupt sehr niedergeschlagen. Saalborg würde wohl recht behalten: Chanawutu war entwischt und mit ihm auch der Geisterradler. Die Sprengung der Lehmhöhle sagte genug. Die Schurken waren abgezogen.

[56] Vor der Stadt trennte sich Göbbel von mir. Ich wollte durch den Garten ins Haus. Eine ganz, ganz leise Hoffnung war mir noch geblieben: Vielleicht fand ich Harald doch in unserem Balkonzimmer vor! Veilleicht war er inzwischen entwischt!

Der langgestreckte Garten, der zu dem Hause gehörte – halb Hof, halb Garten, war von dem einsamen Feldweg durch einen morschen Lattenzaun getrennt. Die Zaunpforte hing schief in den Angeln und wurde offenbar nie geschlossen.

Bedrückt, sehr langsam näherte ich mich dieser Zauntür. Meine überreizten Nerven hatten mich geistig in jenen Zustand von Überempfindlichkeit versetzt, in dem man zu Höchstleistungen fähig ist, in dem alle Sinne doppelt stark arbeiten.

Das Gewitter hatte seine Regenmassen hier über dem Städtchen entladen. Auf dem lehmigen Wege standen große Pfützen.

Mit einem Male machte ich halt. Meine Augen fraßen sich fest an einen grünen, welken Schopf Gras, der über dem rostigen Drücker der offenen Zaunpforte hing.

Gras … Eine Handvoll … Nur Gras … Es hing feucht herab wie nasses Haar.

Aber – es war Gras …

Und da – links vom Pfosten der Pforte, wo ein Nagel hervorstand, ein zweiter Grasschopf …

Wenn jemand mit einem grasbeladenen Handwagen diese Pforte passierte, mußte notwendig am Drücker und Nagel Gras hängen bleiben.

Mir schoß das Blut zu Kopfe. Meine Gedanken jagten.

Das Gras war welk, aber doch nicht so welk, daß es hier an diesen beiden Stellen bereits der Sonne des Tages hatte ausgesetzt gewesen sein können.

Meine Blicke irrten ringsum. Von Fußspuren war [57] nichts zu bemerken. Aber dort im Garten an dem Stachelbeerstrauch: Ein dritter Grasschopf!

Mein Herz hämmerte … – Ruhe – nur Ruhe! Und systematisch arbeiten, nichts überstürzen!

Ich ging zwischen den Beerensträuchern entlang dem Hause zu. Links das Stallgebäude. Dort hatte Reimert seine Werkstatt, dort hielt er zwei Ziegen, zwei Schweine.

Leise schlich ich[6] die Hintertreppe empor. In unserem Zimmer kein Harst – aber ich im Sessel, an einer Zigarre saugend, überlegend, prüfend.

Hans Reimert war Objekt spürender Gedanken. Gewiß, mein Mißtrauen gegen ihn war nur locker begründet – nur durch ein paar Grasschöpfe. – Ich rief mir alles ins Gedächtnis zurück, was ich über ihn wußte. In Frau Ottis Brief hatte er die Hauptrolle gespielt. Der Inhalt dieses Briefes war mir mit allen Einzelheiten noch gegenwärtig. Reimert hatte am Haubenberg den Geisterradler getroffen, war ihm nachgeschlichen, hatte beobachtet, wie der Mann Perücke und Bart entfernte und das Motorrad aus dem Gestrüpp zog. – Ich stutzte plötzlich … Harald hatte damals mir „den sechsten Punkt“ verschwiegen, hatte damals schon behauptet, er kenne den Namen des Geisterradlers – schon in Berlin, als uns Chanawutu noch gänzlich unbekannt. Mithin konnte Harst doch nur Reimert gemeint haben. Die übrigen Personen aus dem Briefe Frau Ottis schieden für einen Verdacht aus. Reimert war erst im April hier nach Greifenberg verzogen – aus Hamburg angeblich! Um dieselbe Zeit etwa tauchte der Geisterradler auf. –

Ich hörte die Rätin in der Küche mit Geschirr klappern. Ein Blick auf die Uhr: Sieben!! – Also fast drei Stunden hatte ich hier gesessen und gegrübelt.

Ich ging zu ihr. „Morgen, liebe Frau Rat … Eine Frage: Besitzt Reimert einen Handwagen?“

„Gewiß …“

[58] „Hat er vielleicht in der Nähe des Haubenberges ein Stück Wiese gepachtet?“

„Ja …“

Ich teilte ihr alles mit: Harsts Verschwinden, – von dem Alten mit dem Handwagen, der Mütze mit den geringen Blutspuren und den Haaren …

Sie setzte sich auf einen Stuhl. „Mein Gott ..!!“

„Bitte, lassen Sie sich Reimerts gegenüber nichts anmerken. Es ist ein bloßer Verdacht bisher. – Recht starken Kaffee jetzt. Dann gehe ich zur hiesigen Polizei. Ich will Reimerts polizeiliche Abmeldung aus Hamburg sehen.“ –

Um halb neun telegraphierte ich nach Hamburg. Es war der erste Fehlschlag. Um zwei traf die Antwort ein – an Göbbel: Hans Reimert, Elektromonteur, völlig einwandsfrei.

Göbbel hatte sein Hauptquartier im Hotel „Zur Post“ aufgeschlagen. Ich gab mir jetzt keine Mühe mehr, mein Inkognito zu wahren. Es sprach sich in der Stadt schnell herum, wer ich war und daß Harst nachts überfallen und verschwunden. Nur den Mann mit dem Handwagen hielten wir geheim. – Ein Polizeihund war auch zur Stelle – und richtete nichts aus.

Als ich um drei nachmittags heimkehrte (ohne Bart und Perücke), lehnte Frau Reimert in der Ladentür. Ich grüßte, rief ihr zu: „Sie erkennen mich wohl nicht?!“

„Doch, Herr Schraut, doch … Mein Mann hat nie an Schrimke und Hirt geglaubt … Er wollte Sie nur nicht enttäuschen, deshalb tat er so, als hielte er Sie für einen harmlosen Kanzleisekretär …“

Sie lächelte ihr seelenloses Lächeln … „Hans hat gleich vermutet, Frau Lefeld würde sich des Geisterradlers wegen an Sie wenden. Sie hatte ihm erzählt, daß sie befreundet seien …“

[59] War das Dummheit, war das Raffinement, diese Ehrlichkeit?!

Aber das Puppengesicht des blonden Frauchens war denn doch zu harmlos. Sollte Reimert wirklich eine völlige Niete werden?!

Ich ging in mein Zimmer hinauf und legte mich schlafen, schlief bis neun Uhr, aß auf dem Balkon Abendbrot und unterhielt mich mit Frau Reimert, die unten im Vorgarten saß. Sie war schlechter Laune. Auf dem Vorwerk wurde heute eine neue Scheune gerichtet, und ihr Mann war zum Richtfest draußen geblieben … „Er hat vorhin angerufen … Ich finde das sehr rücksichtslos von ihm. Ich habe doch wahrlich Arbeit genug … Jetzt muß ich noch für die Ziegen Futter holen, Grasmähen … Das ist doch nicht Frauenarbeit!“

Sie verschwand im Laden. Die Rolljalousie glitt rasselnd herab. Ich ging schnell in die Küche, von wo ich den Hof übersehen konnte. Sie erschien in einfachem Kleide – mit einer Sichel, zog den Handwagen aus dem Stall und verließ den Garten …

Raffinement – – Harmlosigkeit?! –

Um halb zehn kam Göbbel. Wir wollten das Haus beobachten, Göbbel vom Balkon, ich vom Küchenfenster. Göbbel hielt nichts von meinem Verdacht gegen Reimert.

Um halb elf kam Frau Reimert zurück. Um elf aber … huschte sie zur Hintertür hinaus – mit ihrem Damenfahrrad. Sie trug ein hellen Kleid unter dem Staubmantel und ein sehr schickes Hütchen. Fraglos wollte sie noch zum Richtfest … Vielleicht war sie eifersüchtig, vielleicht wollte sie ihrem Hans Bericht erstatten.

Ich holte Göbbel.

„Durchsuchen wir Wohnung, Keller und Stall ..!“ schlug ich vor.

„Meinetwegen.“

[60] Wir fanden nichts. Göbbel zeigte auch wenig Interesse.

Zuletzt betraten wir noch den Laden. In einer Ecke hingen zwei blaue lange Arbeitskittel …

Ich war trotz Göbbels Gleichgültigkeit sorgsam wie immer. Ich nahm die Kittel vom Haken, um die Taschen zu befühlen.

Unter den Kitteln hing noch eine Lederjacke.

Göbbel meinte ungeduldig: „Lassen Sie doch den Kram!! Es kommt ja doch nichts dabei heraus.“

Ich hatte die Jacke schon ausgebreitet. Es war ein Ledermantel mit Gurt, der Unterteil war nach oben festgehakt, so daß er einer Jacke glich.

„Schalten Sie mal Ihre Lampe aus!“

Göbbel tat’s … Ich kehrte den Mantel um, der von beiden Seiten zu tragen war …

Ein mattes Leuchten strahlte auf.

„Donnerwetter!“ rief Göbbel.

Ich hängte die Patentjacke wieder an den Haken zurück, ebenso die Kittel darüber …

„Den Geisterradler hätten wir, Göbbel. – Gehen wir … Morgen werden wir Harst finden!“ –

Um zwei lag ich im Bett. Und da kamen die Sorgen, die Gedanken – um Harst. Ich konnte nicht einschlafen. Es wurde hell … Ich versank in einen unruhigen Schlummer. Die Rätin weckt mich: Neun Uhr!

„Ein Bote vom Rittergut Sagan mit einem Brief … Es eilt sehr …“

Frau Otti schrieb:

„Lieber Freund, kommen Sie sofort. Meine Juwelen sind gestohlen worden. Ich schicke Ihnen das Auto.“




[61]
5. Kapitel.
Und Harst?

Der Kraftwagen jagte nach Schloß Sagan … hielt. Herr und Frau Lefeld kamen mir schon entgegengeeilt. Eine Flut von Neuigkeiten ergoß sich über mein Haupt.

Lefelds waren gestern abend ebenfalls zum Richtfest auf dem Vorwerk gewesen. Um vier Uhr morgens kehrten sie heim. Frau Otti ging noch in ihren Salon. Hier fand sie die Hunde betäubt vor. Der chinesische Pokal war leer … Der Dieb hatte keinerlei sonstige Spuren zurückgelassen. Er mußte mit Nachschlüsseln eingedrungen sein.

Reimert kam hier nicht in Frage. Er war der eifrigste Tänzer auf dem ländlichen Fest gewesen.

Und wer sonst?!

Ich dachte sofort an seine blonde Frau.

„Wann erschien Frau Reimert?“ fragte ich Lefeld.

„Es mag halb zwei morgens gewesen sein.“

„Wie lange braucht eine Radlerin von Greifenberg bis zum Vorwerk?“

„Vielleicht vierzig Minuten …“

„Dann werde ich Göbbel anrufen …“

Ich bekam sofort Anschluß.

„… Verhaften Sie die Frau auf meine Verantwortung,“ erklärte ich.

Göbbel weigerte sich zunächst. Aber als ich ihm den Ledermantel zart unter die Nase rieb und daran erinnerte, [62] daß die Koffer in der Lehmhöhle Einbrecherwerkzeug enthalten hatten, war er einverstanden.

Lefelds und ich fuhren zum Vorwerk. Reimert legte gerade in der neuen Scheune auf der Tenne die Lichtdrähte.

Als er uns kommen sah, stieg er von seiner Leiter herab, grüßte höflich und fragte nach Lefelds Wünschen.

„Die mag Herr Schraut Ihnen vortragen,“ meinte Lefeld kurz.

„Herr Schrimke – Schraut ..! – Ich habe es gewußt, Herr Schraut …“

„Glaube ich gern …“ Ich fixierte Reimert scharf. Er hatte keine Mütze auf. Sein dunkelblondes Haar hatte einen stumpfen Schimmer. Seine Bartstoppeln waren schwarz.

„Sie färben sich Ihr Haar, Reimert …“ sagte ich beiläufig.

Ein Blinken trat in seine Augen.

„Keine Dummheiten!“ warnte ich …

Er war bereits blitzschnell drüben im Auto …

Ein Druck auf den Schaltknopf …

Der Wagen, der uns hergebracht hatte, ruckte an …

Heribert Lefeld zog seelenruhig eine Armeepistole hervor …

Ein Schuß … noch einer …

Aus dem Vorderteil des Wagens schoß eine Flammensäule hoch …

Arbeiter liefen herbei. Im Nu war Reimert gefesselt. Das Auto freilich war nicht mehr zu retten.

Im Wohnzimmer des Verwalters des Vorwerks saß Hans Reimert uns gegenüber. Ein niederträchtiges Grinsen war seine einzige Antwort auf alle Fragen.

„Was haben Sie mit Harst angefangen?“

„Wo steckt der Inder?“

„Hat Ihre Frau die Juwelen gestohlen?“

„Wer ist der Tote mit dem Gewehrstock?“

[63] Nichts – kein Wort aus ihm herauszubringen.

„Ihre Frau ist verhaftet worden … Sie tun klug, alles einzugestehen.“

Nichts … –

Es klopfte …

Ein alter, abgerissener Landstreicher trat ein. Ich schnellte hoch … „Harald, woher kommst du?“

„Oh – aus Görlitz, vom Haubenberg, von den Förstereien der Umgegend … Ich war hinter Chanawutu her …“

„Und – deine Mütze?!“

„Die hatte ich zweckentsprechend präpariert und dort hingelegt, wo du sie wohl gefunden haben wirst, mein Alter …“

Er verbeugte sich vor Lefelds … „Wir wollen die Sache kurz abmachen … – Gnädige Frau, hier sind Ihre Juwelen. Frau Reimert hatte sie nach dem Diebstahl in dem Kindersarg des Erbbegräbnisses in Ihrem Park versteckt. Ich hätte den Diebstahl verhindern können, aber – man soll Frauen eine kleine Freude gönnen.“

Er reichte Frau Otti ein Päckchen und drehte sich Hans Reimert zu.

„Nun, Chanawutu, – wollen Sie noch immer leugnen? Ich habe ein wenig hier an der Tür gelauscht. Mein lieber Freund Schraut hat viel geleistet. Der Knalleffekt entging ihm. Sie sind Chanawutu. Sie sind der seit Jahren gesuchte internationale Hoteldieb, der zumeist als Graf Mallrosa auftrat. Sie spielten hier den Geisterradler, weil Sie leidenschaftlicher Wilddieb sind – so nebenbei noch. – Von Görlitz aus erkundigte ich mich in Hamburg nach Ihrem Vorleben. Sie wurden in Kalkutta als Sohn eines deutschen Konsulatsunterbeamten geboren. Sie heirateten später Anni, geborene Winter, eine berüchtigte Taschendiebin, wie sich nun herausgestellt hat. Der von dem Panther Cassius Zerrissene ist Ihr Schwager Hugo Winter, Artist fünfter Güte, vielfach vorbestraft. In Hamburg hatten Sie Ihre Dauerwohnung als [64] biederer Monteur, der immer auswärts beschäftigt war – in Hotels – – als Dieb … – Sie sehen, das Spiel ist aus. Das Zuchthaus winkt Ihnen und Ihrer Frau. Verdient haben Sie es reichlich. Als Sie vorgestern nacht in Ihrer Verkleidung mit Ihrem Handwagen an mir vorüberzogen, folgte ich Ihnen. Ihre Lehmhöhle haben Sie vernichtet. Ihr Motorrad liegt nun in einem Heuhaufen auf Ihrer Wiese – auch die beiden Koffer.“

Reimert war sehr bleich.

Ja – das Spiel war aus …

Draußen fuhr schon ein Auto mit Kommissar Göbbel vor.

Noch einmal habe ich dann Frau Reimert, die blonde Heuchlerin, wiedergesehen: Nachmittags vor dem Untersuchungsrichter in Greifenberg.

Sie weinte viel …

Komödie – wie alles an ihr … –

Und abends saßen wir dann auf der Gartenterrasse von Schloß Sagan bei einer Bowle gemütlich beieinander[7], saßen bis zwei Uhr morgens, und ich hatte einen leichten Schwips, als wir dann in unsere Gastzimmer nach oben gingen … Eine herrliche Woche folgte … In Berlin zerflossen die Leute vor Hitze. Wir hatten es besser … In den kühlen Räumen des alten Edelsitzes ruhten wir aus von der Jagd nach Chanawutu.

Frau Otti hat für ihre Juwelen jetzt ein besseres Versteck gefunden. Und das habe ich ihr vorgeschlagen. –

Auch die Ferien gingen vorüber. Leider. Denn auch Saalborg hatte uns eingeladen. Wir siedelten nach dem Haubenberg über, wo die witzige Geschichte mit der Katze der Miß Wendnoor begann …

Darüber das nächste Mal.




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Weitere Ausgaben
unserer Harst-Abenteuer

098. Das geheimnisvolle Fenster. 137. Baron Tissanders Schaukel.
099. Anita Armands Verhängnis. 138. Das Erbbegräbnis.
100. Unser 100. Abenteuer. 139. Das Gestade der Vergessenheit.
101. Die Piraten der Havelseen. 140. Die Wachspuppe des Trödlers.
102. Der Napoleon aus Wachs. 141. Der Maskenball der Toten.
103. Der dritte Schuß. 142. Die Villa mit den vier Schornsteinen.
104. Das Zimmer ohne Fenster. 143. Das Gespenst von Jan Mayen.
105. Das Paket im Urbanhafen. 144. Das geheimnisvolle Floß.
106. Der unheimliche Mieter. 145. Die Familientruhe der Darlingtons.
107. Das Känguruh der Miß Dolling. 146. Die drei Finger Ben Bensons.
108. Die Motoryacht ohne Namen. 147. Die Fürstin der Gwala-Berge.
109. Der Kampf gegen Lionel Barring. 148. Der Fakir ohne Arme.
110. Das Geheimnis der Tokkara-Fälle. 149. Joe Billwakers Verbrechen.
111. Die große Null. 150. Das Geheimnis des Perlentauchers.
112. Das Geheimnis des Bosporus. 151. Burg Totenhall.
113. Anna Karstens Amulett. 152. Das Untergrundbahngespenst.
114. Der Mann mit dem Glasauge. 153. Der Geisterberg Schara Schaka.
115. Der Kopf des Maharadscha. 154. Die rote Rakete.
116. Die Treppe des Todes. 155. Der Traum der Lady Gulbranor.
117. Doktor Groupys Verhängnis. 156. Der Geheimbund der zwölf Schlüssel.
118. Das Geisterschiff. 157. Das Geheimnis des Sanatoriums
119. Der Tennisschläger der Rani. 157. Waldesruh.
120. Der Mann im Monde. 158. Die Insel der Verstorbenen.
121. Tama Barru, der Verrückte. 159. Miß Wells seltsames Abenteuer.
122. Das Piratendorf. 160. Das Haupt der Shinta.
123. Die Hexenküche. 161. Der Spiritistenklub.
124. Das Geheimnis von H. O. III. 162. Der Mann aus Eisen.
125. Die Gräfin mit den Kormoranen. 163. Das Geheimnis der Pagode.
126. Der Bouillonkeller Nr. 143. 164.Der Gentlemen-Pirat.
127. Der tote Tümmler. 165. Das Rätsel der drei Schlüssel.
128. Das Erbe des Verschollenen. 166. Miß Grandells letzte Nacht.
129. Das Geheimnis der Drabu-Fälle. 167. Das Geheimnis des Inselforts.
130. Die Faktorei auf der Toteninsel. 168. Das Wespennest von Potanur.
131. Das gestohlene Auto. 169. Der Blinde vom Engelsriff.
132. Das Rätsel der Spielkarten. 170. Der tote Radscha.
133. Die Diamanten des Bettlers. 171. Ein seltsames Hochzeitsgeschenk.
134. Die Photographien d. Sennor Trimaldo.000 172. Der Abreißkalender des Kapitäns.
135. Der Kokain-Klub. 173. Der rätselhafte Gast.
136. Harald Harsts zweite Liebe. 174. Die grün-rote Schnur.
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Berlin SO16 / Michaelkirchstraße 23a


Korrigierte Druckfehler der Vorlage (Wikisource)

  1. Vorlage: stieht
  2. Vorlage: Kopfkissn
  3. Vorlage: Die Fährte des Toten ist die einzige. Der Landarbeiter war am Rande der Lichtung stehen geblieben in der Mitte der Lichtung.
  4. Vorlage: gedrunken
  5. Vorlage: hangenden
  6. Vorlage: ist
  7. Vorlage: beeinander

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eigentlich Greiffenberg, siehe Wikipedia unter Gryfów Śląski.
  2. Eigentlich Greiffenstein. Näheres in der Wikipedia unter Greiffenstein.
  3. Näheres findet sich in der Wikipedia unter Świeradów-Zdrój.
  4. Prau oder Proa, Segelschiffstyp aus Indonesien. Näheres hierzu findet sich in der Wikipedia unter Proa.
  5. Ein Mündungsarm des Ganges. Näheres in der Wikipedia unter Hugli.