Das Relativitätsprinzip (Lorentz)

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Textdaten
Autor: Hendrik Antoon Lorentz
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Titel: Das Relativitätsprinzip. Drei Vorlesungen gehalten in Teylers Stiftung zu Haarlem
Untertitel: Drei Vorlesungen gehalten in Teylers Stiftung zu Haarlem
aus: Beihefte zur Zeitschrift für mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht aller Schulgattungen, Heft 1
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Entstehungsdatum: 1914
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: B. G. Teubner
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Erscheinungsort: Leipzig und Berlin
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Quelle: Google-USA* = Commons
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[I]
BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR MATHEMATISCHEN UND NATUR-
WISSENSCHAFTLICHEN UNTERRICHT ALLER SCHULGATTUNGEN
1



DAS RELATIVITÄTSPRINZIP
DREI VORLESUNGEN
GEHALTEN IN TEYLERS STIFTUNG ZU HAARLEM



VON
DR. H. A. LORENTZ



BEARBEITET VON

Dr. W. H. KEESOM

LEIPZIG UND BERLIN

DRUCK UND VERLAG VON B. G.TEUBNER

1914
I.
II.
III.
Nachtrag.
I.

Das Relativitätsprinzip, welches wir Einstein[1] verdanken, behauptet, daß die Erscheinungen in einem System von Körpern nur von den Lagen und den Bewegungen jener Körper relativ zueinander abhängen, in dem Sinne, daß der Umstand, daß ein System von Körpern als Ganzes irgendeine konstante Translation hat, auf die sich in diesem System abspielenden Erscheinungen keinerlei Einfluß hat.

Beim ersten Anblick bekommt man vielleicht den Eindruck, daß letzteres selbstredend ist. Daß je etwas anderes erwartet wird oder wenigstens früher erwartet wurde, ist die Folge davon, daß man sich während langer Zeit allgemein vorgestellt hat, daß wenigstens bei elektrischen und optischen Erscheinungen ein „Lichtäther“ mitwirke. Dieser Lichtäther aber könnte in zwei Laboratorien, von denen das eine eine Translation relativ zum anderen hat, relativ zu diesen Laboratorien eine verschiedene Bewegung haben, und dieser Umstand könnte vielleicht einen Unterschied im Verlauf der Erscheinungen in diesen Laboratorien bewirken.

Das Einsteinsche Relativitätsprinzip hängt also eng zusammen mit der Rolle, die wir dem Lichtäther zuschreiben. Erinnern wir uns kurz an die alten Vorstellungen betreffs dieses Mediums.

Huygens[2] stellte sich den Lichtäther nicht so gar verschieden von der Materie vor. Fresnel, Cauchy ebenso. Nach ihnen besteht auch der Äther aus kleinsten Teilchen, Atomen. Ähnliche Vorstellungen findet man bei Maxwell[3] und Lord Kelvin[4]. Lodge[5] berechnete sogar kürzlich noch die Dichte des Äthers.

Hinsichtlich der Fortpflanzung der Lichtschwingungen wird der Äther in diesen alten Theorien als ein elastisches Medium betrachtet, und zwar, da die Lichtschwingungen transversal sind, als ein Medium mit den Eigenschaften eines festen Körpers. Die Himmelskörper würden aber bei ihrer Bewegung seitens dieses Mediums gar keinen Widerstand erfahren. Dieses stempelt den Äther schon als etwas sehr Besonderes.

Fresnel[6] mußte in seiner Aberrationstheorie den Äther als stillstehend annehmen. Die Körper, sogar die ganze Erde, seien für den Äther ganz frei durchdringbar und lassen ihn bei ihrer Bewegung vollkommen in Ruhe. Dieses ist die Theorie des ruhenden Äthers.

Wir denken uns, daß man in einem Laboratorium damit beschäftigt ist, irgendeine Erscheinung zu studieren, und daß das Laboratorium sich mit einer konstanten Translationsgeschwindigkeit durch den Äther hindurch bewegt. Man kann dieses auch so ausdrücken, daß der Äther eine konstante Translationsgeschwindigkeit relativ zum Laboratorium hat. Durch das ganze Zimmer und durch alle in demselben aufgestellten Apparate hindurch weht mit überall gleicher Geschwindigkeit ein Ätherwind. Infolge der Bewegung der Erde um die Sonne wird dieses in unseren Laboratorien immer der Fall sein. Würde nun dieser Ätherwind bei optischen und elektromagnetischen Versuchen gar keinen Einfluß haben?

An der Beantwortung dieser Frage ist lange gearbeitet worden.

Da die Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bewegung um die Sonne nur etwa 1/10000 der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes beträgt, so kann man erwarten, daß die Effekte bei Versuchen, bei denen die Fortpflanzung des Lichtes studiert wird, klein sein werden. Man kann erwarten, daß einige, im Vergleich mit der Haupterscheinung, derselben Größenordnung sein werden wie (v = Translationsgeschwindigkeit der Erde oder allgemeiner des Systems, c = Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes), während andere Effekte der zweiten Ordnung von Kleinheit im Vergleich mit sind, usw.

Wir wollen gleich voranstellen, daß keiner dieser Effekte eines Ätherwindes auf die Erscheinungen jemals wahrgenommen worden ist.

Es gelang ziemlich leicht, eine Theorie aufzustellen, die Rechenschaft davon gibt, daß Effekte der ersten Größenordnung nicht auftreten.

Man könnte sich nun vorstellen, daß die Effekte der zweiten Größenordnung zu klein seien, um beobachtet werden zu können. Das ist aber keineswegs der Fall bei dem berühmten Versuch, den Michelson[7], durch eine Bemerkung Maxwells angeregt, gemacht hat.

P, Q und R stellen in Figur 1 fest mit der Erde verbundene Punkte vor. PQ hat die Richtung der Translation der Erde in ihrer jährlichen Bewegung um die Sonne. PR ist senkrecht darauf. PQ = PR = l. Von P aus pflanzt sich ein Lichtstrahl mit der Geschwindigkeit c fort in der Richtung PQ; gleichfalls geht ein Lichtstrahl mit derselben Geschwindigkeit von P aus nach R (diese Bündel werden erhalten aus einem einzigen Bündel, das in P, in der Richtung PQ ankommend, unter einem Winkel von 45° eine durchsichtige

Glasplatte G trifft). In Q und R sind Spiegel senkrecht zu PQ bzw. PR aufgestellt. Das Ganze hat die Translationsgeschwindigkeit der Erde v. Wie steht es nun mit den Zeiten des Hin- und Herganges längs PQ und PR?

Für die Zeit, die das Licht braucht für den Hin- und Hergang zwischen P und Q, findet man leicht (man erinnere sich ähnlicher Probleme aus der Arithmetik: zwei Fußgänger zu gleicher Zeit von P und von Q nach rechts gehend, und ein Eilbote, zu derselben Zeit von P abreisend, Q überholend – dieser befindet sich dann in – dann zurückkehrend und P in begegnend):

(1)

Für die Berechnung der Zeit, die das Licht für den Hin- und Hergang zwischen P und R braucht, bedenke man, daß der Lichtstrahl R treffen wird, wenn dieser Punkt sich z. B. in befindet (wenn man die Huygenssche Konstruktion anwendet für die Reflexion an dem in P unter einem Winkel von 45° gestellten Spiegel, dabei beachtend, daß dieser sich mit einer Geschwindigkeit v fortbewegt, so ergibt sich daß der reflektierte Strahl sich tatsächlich in der Richtung fortpflanzt). Nachdem er in reflektiert ist, wird der Lichtstrahl P treffen, wenn dieser Punkt sich in befindet. ist ein gleichschenkliges Dreieck, die Geschwindigkeit des Lichtes längs und ist gleich c. Aus der Proportionalität und mit findet man

für die gesuchte Zeit des Hin-und Herganges findet man dann leicht

(2)

Der Unterschied zwischen den durch (1) und (2) vorgestellten Zeiten ist annähernd

(3)
für den Unterschied der durchlaufenen Wege ergibt sich hieraus
(4)

Wenn dieser Unterschied tatsächlich existierte, so würde er mit Hilfe einer empfindlichen Interferenzmethode beobachtet werden können. Michelson betrachtete die Interferenzfigur, welche der von der Glasplatte G reflektierte Teil des Bündels und der von jener Platte durchgelassene Teil des Bündels miteinander bilden, und zwar achtete er speziell darauf, ob diese Interferenzfigur in dem Fernrohr, in dem sie beobachtet wurde, an eine andere Stelle rückte, wenn der ganze Apparat mit Inbegriff der Lichtquelle und des Fernrohres gedreht wurde. Man kann sich vorstellen, daß beim Drehen das eine Mal der Arm PQ, das andere Mal der Arm PR in die Richtung der Erdbewegung gebracht wird, und, falls nun das oben erhaltene Ergebnis mit der Wirklichkeit übereinstimmte, so hätte Michelson – die von den beiden interferierenden Bündeln zwischen P und Q bzw. R durchlaufenen Wege betrugen wegen wiederholter Reflexion reichlich 20 m – eine Verschiebung der Interferenzstreifen beobachten müssen. Dies war aber nicht der Fall, was bei Wiederholung des Versuches von anderen bestätigt wurde.[8]

Es scheint also, daß der Ätherwind, von dem oben die Rede war, nicht existiert. Wie ist nun dieses Ergebnis zu erklären?

Wird vielleicht der Äther von einem bewegten Körper mitgeführt? Diese Theorie stößt auf, man kann wohl sagen, unüberwindliche Schwierigkeiten.

In der Newtonschen Emissionstheorie würde die Schwierigkeit gar nicht bestehen. Falls das Licht wie materielle Teilchen von der Lichtquelle ausgesandt würde in ähnlicher Weise, wie z. B. eine Kugel aus einer Kanone fortgeschleudert wird, so würde, wie man leicht einsieht, in den Zeiten des Hin- und Hergangs zwischen P und Q bzw. R keine Differenz bestehen. Die Ursache davon ist, daß die emittierten Lichtteilchen außer ihrer gewohnten Geschwindigkeit c auch noch die Geschwindigkeit v der Lichtquelle haben würden. Wenn man nun, wie es Ritz[9] gemacht hat, diese Voraussetzung auf die Lichtwellen überträgt, so ist gleichfalls das negative Ergebnis des Michelsonschen Versuches erklärt.

Das Ritzsche Postulat kann aber, wie de Sitter[10] bemerkt hat, nicht angenommen werden. A und B (Fig. 2) mögen die zwei Komponenten eines (spektroskopischen) Doppelsternes vorstellen. Wir stellen uns einfachheitshalber vor, daß diese Komponenten sich um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt M bewegen in einer Ebene,

die auch durch den in der Richtung nach P in sehr großem Abstand sich befindenden Beobachter hindurchgeht. Es ist klar, daß nach der Ritzschen Voraussetzung ein von A ausgesandtes Lichtsignal den Beobachter später treffen wird als ein zu gleicher Zeit von B ausgeschicktes Lichtsignal, falls die Geschwindigkeiten der beiden Körper in dem Moment der Emission der Signale von den Pfeilen angewiesen werden. Nach den Berechnungen de Sitters würde dieser Unterschied in der Ankunft der zwei Lichtsignale[11] bemerkbar sein müssen.

Die Folgen, welche dieses auf die relative Bewegung der Doppellinien im Spektrum der Doppelsterne haben würde, stehen im Widerspruch mit der Wirklichkeit.

Wir müssen wohl annehmen, daß das Licht sich im Äther stets mit der Geschwindigkeit c fortpflanzt. Dann bleibt die Schwierigkeit betreffs der Erklärung des negativen Ergebnisses des Michelsonschen Versuches bestehen.

Diese Schwierigkeit ist nun gelöst mittels der Kontraktionshypothese.[12] Nach dieser werden alle Dimensionen des Apparates, die die Richtung der Translationsbewegung haben, verkürzt, und zwar im Verhältnis von 1 zu

(5) .

Dieses Verhältnis ist so gewählt, daß dadurch gerade die Schwierigkeit gehoben wird. Daß dies wirklich der Fall ist, sieht man leicht ein, wenn man auf die Änderung achtet, die die Zeit des Hin- und Herganges zwischen P und Q dadurch erfährt, man sehe Formel (1).

Auf den ersten Blick mag diese Hypothese befremden. Tatsächlich ist es damit nicht so schlimm. Die molekularen Kräfte können gar wohl bei der Bewegung eines Körpers durch den Äther hindurch geändert werden. Es ist dieses eine Vorstellung, die auf der Hand liegt wenn man annimmt, daß auch diese Kräfte durch Vermittlung des Äthers ausgeübt werden.

Inzwischen konnte man bei der Erklärung des negativen Ergebnisses des Michelsonschen Versuchs aus der Kontraktionshypothese nicht stehen bleiben. Verschiedene Versuche sind angestellt worden, die bezweckten, noch andere Effekte der zweiten Größenordnung im Vergleich mit aufzufinden. Auch von den dabei erhaltenen negativen Ergebnissen mußte Rechenschaft gegeben werden.

So wird man auf die Frage geführt, ob es nicht möglich sei, eine allgemeine Theorie der elektromagnetischen Erscheinungen zu entwickeln für alle möglichen Werte von , wobei wir aber stets voraussetzen werden. Werte von v, die größer als die Lichtgeschwindigkeit c wären, werden wir außer Betracht lassen.

Beim Suchen nach einer solchen Theorie hat es sich als erwünscht ergeben, für jedes einzelne Elektron eine Kontraktion, wie sie von der Formel (5) angegeben wird, anzunehmen.

Wenn man in dieser Weise fortfährt, so bleibt aber in der Theorie etwas Tastendes, etwas Unbefriedigendes. Mehr prinzipiell trat Einstein an die Frage heran, indem er als Prinzip in den Vordergrund stellte, daß immer und unter allen Umständen die Erscheinungen in einem System unabhängig von der Translationsgeschwindigkeit sind, die es als Ganzes hat.

Es ist dies eine physikalische Hypothese, über welche schließlich die Beobachtung zu entscheiden hat. Übrigens empfiehlt sie sich schon gleich wegen ihrer Kühnheit.


Wir stellen uns zwei Beobachter A und B vor. B hat eine Translationsgeschwindigkeit relativ zu A. Beide Beobachter machen Experimente über allerhand Erscheinungen. Sie haben Meßapparate, Maßstäbe, Uhren, Galvanometer usw. Wir nehmen an, daß diese Meßapparate relativ zu den bezüglichen Beobachtern ruhen. Die Meßapparate der beiden Beobachter werden vollkommen identisch vorausgesetzt. Das heißt, wir stellen uns z. B. vor, daß einmal die Gelegenheit da war, jene Apparate, während sie relativ zueinander ruhten, miteinander zu vergleichen, und daß damals festgestellt wurde, daß sie vollkommen identisch waren.

Die beiden Beobachter werden Gleichungen aufstellen, mit denen sie die Erscheinungen beschreiben. Sie werden dabei Koordinatensysteme verwenden; es mögen das rechtwinklige Cartesische Koordinatensysteme sein, die gleichwie die Uhren relativ zu dem bezüglichen Beobachter ruhen.

A nennt die Koordinaten in seinem System x, y, z. Seine Uhren geben die Zeit t. B nennt die Koordinaten in seinem System x’, y’, z’. Seine Uhren geben ihm die Zeit t’.

Es kann ein Unterschied zwischen den von A und den von B verwendeten Koordinaten bestehen, man denke an die Kontraktionshypothese. Auch der Gang der Uhren kann verschieden sein.

Es mögen nun A und B dieselbe Erscheinung betrachten. Die Werte, welche B den dabei auftretenden Koordinaten und Zeiten zuschreibt, hängen mit den Koordinaten und den Zeiten, mit denen A die Erscheinung beschreibt, zusammen, und zwar auf eine Weise, die bis zu einem gewissen Grade bestimmt ist, falls das Relativitätsprinzip, in der Form, die wir sogleich demselben geben werden, gelten soll. Die Form der Transformationsformeln hängt von der Richtung ab, welche die gegenseitige Translation der Beobachter relativ zu den Koordinatenachsen hat. Die Koordinatenachsen der beiden Systeme werden fortwährend einander parallel gedacht. Lassen wir die z-Achse mit der Richtung der Translation zusammenfallen, so können wir die Formeln in folgende Gestalt bringen:

(6)

Hierin sind a und b zwei Konstanten, die durch die Beziehung

(7)

miteinander verbunden sind; wir können weiter

voraussetzen. c ist wie immer die Lichtgeschwindigkeit.

Drückt man x, y, z, t in die mit Strichen versehenen Größen aus, so findet man aus (6) mit Verwendung von (7)

(8)

Diese Gleichungen können aus (6) dadurch erhalten werden, daß man die mit einem Strich versehenen Größen mit den Größen ohne Strich vertauscht und zugleich das Vorzeichen von b umkehrt.

Richtet man seine Aufmerksamkeit auf den Ursprung des Koordinatensystems von , so ergibt sich aus den ersten drei Gleichungen von (6), daß dieser sich mit einer Geschwindigkeit

(9)

in der Richtung der z-Achse relativ zu dem Koordinatensystem von A bewegt.

Aus (7) und (9) folgt jetzt leicht

(10)
Wir würden jetzt für allerhand andere Größen die Transformationsformeln hinschreiben können, mit Hilfe deren man von einer Beschreibung jener Größen im System x, y, z, t von A zu der Beschreibung im System x', y', z', t' von B kommen kann. Wir werden uns aber zunächst auf einen einfachen Fall beschränken, und zwar auf den Fall eines einzelnen Punktes, der sich in beliebiger Weise bewegt. Aus (6) leitet man ab, daß zwischen den gleichzeitigen Änderungen der acht Größen die folgenden Beziehungen bestehen:
(11) .

Hieraus findet man leicht die Transformationsformeln für die Geschwindigkeitskomponenten[13]

(12)

ist, und die Geschwindigkeitskomponenten des Punktes in dem System von jene in dem System von B vorstellen.

Hierbei kann wieder bemerkt werden, und ähnliches gilt für alle später vorkommenden Transformationsformeln, daß man die inversen Formeln erhält, wenn man die Größen mit und die entsprechenden Größen ohne Strich miteinander vertauscht und zugleich das Vorzeichen von b umkehrt.

Das Relativitätsprinzip kann jetzt so ausgedrückt werden: wenn A die Erscheinungen beschreibt mit Hilfe von Gleichungen, in denen die Koordinaten x, y, z, die Zeit t, die Geschwindigkeiten und weitere Größen wie Beschleunigungen, Kräfte usw. vorkommen, und wenn B dasselbe macht mit Gleichungen, welche die entsprechenden von ihm einzuführenden Größen enthalten, welche Größen immer durch Striche von denen von A unterschieden werden, und mit diesen durch Transformationsformeln einer bestimmten Form verbunden sind, so werden die Gleichungen von B die nämliche Gestalt haben wie jene von A, in der Weise, daß sie aus denselben erhalten werden, wenn man die Größen ohne Strich durch Größen mit Strich vertauscht.

Aus diesem Postulat leitet man gleich folgendes ab: gibt es eine Erscheinung, bei der die Größen ohne Strich in einer bestimmten Weise voneinander abhängen, so ist auch möglich eine Erscheinung, bei der die Größen mit Strich in derselben Weise voneinander abhängen. Ist also für A eine gewisse Erscheinung möglich, so ist auch eine Erscheinung möglich, die sich an B in gleicher Weise zeigt. Diese Erscheinung stellt dann in Wirklichkeit einen anderen Fall dar als die erste, und man kann sich fragen, wie dieser Fall sich dem Beobachter A zeigt. Das Relativitätsprinzip gibt so die Möglichkeit, aus der Existenz einer Erscheinung die Möglichkeit einer anderen Erscheinung abzuleiten. Es lehrt aus Erscheinungen in einem System von Körpern, das relativ zu A ruht, Erscheinungen in einem System, das für A in Bewegung ist, vorherzusagen.

Aus (6) folgt gleich

(13)

Multipliziert man beide Gleichungen miteinander, beachtet man (7) und addiert man zu beiden Seiten der erhaltenen Gleichung bzw. , so bekommt man die wichtigste Beziehung der Relativitätstheorie:

(14)

Es möge nun zur Zeit vom Ursprung des Koordinatensystems von A (in diesem Augenblick zugleich der Ursprung des Koordinatensystems von B) ein Lichtsignal ausgehen. Dieses Lichtsignal pflanzt sich im Koordinatensystem von A nach allen Richtungen mit der gleichen Geschwindigkeit c fort. Die Fläche, wo das Signal zur Zeit t angekommen ist, wird bestimmt durch die Gleichung

Wir denken uns, daß B die Fortpflanzung des nämlichen Lichtsignals studiert. Aus (14) folgt, daß für die Punkte, in denen es nach einer gewissen Zeit t' angekommen ist, auch gilt

m. a. W. daß diese Punkte für B auf einer Kugel mit dem Halbmesser ct’ liegen. Beide Beobachter werden also dem Licht dieselbe Geschwindigkeit c zuschreiben. Hierin ist, wie man leicht einsieht, das negative Ergebnis des Michelsonschen Versuchs enthalten.

Die Transformationsformeln (6) und (7) sind gerade darauf angelegt worden, um die Beziehung (14) zu erhalten.


Das Relativitätsprinzip ist eine physikalische Hypothese, die in sich schließt, daß alle Kräfte sich mit der Geschwindigkeit c fortpflanzen. So auch die Gravitation. Wenn diese sich mit einer andern Geschwindigkeit c’ fortpflanzen sollte, so würde für die Erscheinungen, bei denen sie mitspielt, noch wohl ein „Relativitätsprinzip“ gelten können, aber nicht dasjenige, von dem jetzt die Rede ist. Man würde nämlich in den Transformationsformeln c' an die Stelle von c setzen müssen.

Durch Einsetzen von (10) in (6) bekommt man

(15)

Betrachten wir im Anschluß an die soeben gemachte Bemerkung die Geschwindigkeit c als veränderlich, und lassen wir ihren Wert unbegrenzt zunehmen, so folgt aus (15) für :

(16)

Dies sind die altbekannten Transformationsformeln für den Übergang von einem Koordinatensystem auf ein anderes, das sich relativ zum ersten mit einer Geschwindigkeit v in der Richtung der z-Achse bewegt. Es ergibt sich also nun, daß diese Transformationsformeln das Relativitätsprinzip repräsentieren für Wirkungen, die sich momentan (mit unendlich großer Geschwindigkeit) fortpflanzen.


Um uns an das bis jetzt Gesagte einigermaßen zu gewöhnen, wollen wir als Rechenbeispiele einige Probleme behandeln.

Das erste Problem ist folgendes: Wir denken, daß A einen Stab hat; dieser ruht für ihn und liegt auf der z-Achse, mit den Endpunkten in

(17)

Das Relativitätsprinzip sagt: der Fall ist möglich, daß B dasselbe sieht wie soeben A, d. h. daß für denselben Stab, jetzt ruhend für B und auf der z'-Achse liegend, die Endpunkte sind

(18)

Was sagt dann A von dem Stab?

Aus (18) folgt mit (6):

(19)

Der Stab hat also für A die Geschwindigkeit , und die Länge

(20)

A wird also feststellen, daß der Stab bei dessen Bewegung eine Kontraktion in der Bewegungsrichtung im Verhältnis von 1 zu erlitten hat. Man vergleiche hiermit, was vorher bei der Besprechung der Kontraktionshypothese gesagt worden ist.

Zweiter Fall: Der Zeiger einer Uhr, die relativ zu A keine Translationsbewegung hat, läuft in einem Zeitintervall T herum (der Zeiger wird so klein gedacht, daß wir für all seine Punkte x, y und z = 0 setzen können). An derselben Uhr kann nun B beobachten, daß, während sie in dem Ursprung seines Koordinatensystems steht, der Zeiger eine bestimmte Lage in den Momenten

(21)

erreicht.

Was wird A dazu sagen? Die Uhr hat für ihn die Translationsbewegung (9), und für ihn erreicht der Zeiger nach (8) die genannte Lage in den Momenten

(22) .

Er schreibt also der sich relativ zu ihm bewegenden Uhr die Umlaufszeit aT zu, d. h. die Uhr läuft für ihn langsamer im Verhältnis 1 zu .


Dritter Fall: Wir entlehnen diesen der Optik. A beschreibt eine bestimmte Erscheinung wie folgt: Eine Lichtquelle steht für ihn still im Koordinatenursprung und sendet längs der z-Achse ein Lichtbündel aus, in dem die Gleichgewichtsstörung bestimmt wird durch

Nach dem Relativitätsprinzip kann B dann mit derselben Lichtquelle erhalten, daß sie, für ihn ruhend im Ursprung seines Koordinatensystems, längs der z'-Achse ein Lichtbündel aussendet, in dem die Gleichgewichtsstörung bestimmt wird durch

(23)

Wie beschreibt nun A diese letztere Erscheinung? Für ihn bewegt sich die Lichtquelle mit der Geschwindigkeit (9), und ist die Gleichgewichtsstörung, wie aus (13) leicht folgt, proportional

(24)

Für ihn ist also jetzt, da die Lichtquelle sich relativ zu ihm bewegt, die Frequenz geworden

Das Relativitätsprinzip führt so auf das Dopplersche Prinzip.

Wir können diese Betrachtung wiederholen für den Fall, daß das Licht sich auf einem Teil seines Weges in einer durchsichtigen Substanz, z. B. Wasser, fortpflanzt. Wir nehmen an, daß diese Substanz für den Beobachter B ruht, und daß dieser derselben, für Licht der Frequenz n, den Brechungsindex , und also die Lichtgeschwindigkeit zuschreibt. An die Stelle von (23) kommt dann

(25)

und an die Stelle von (24)

(26)

Diese Formel beschreibt die Fortpflanzung des Lichtes in einem Medium, das sich mit der Geschwindigkeit bewegt. Sie gibt für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit (Verhältnis der Koeffizienten von t und z)

oder angenähert

(27)

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit wird also durch die Bewegung des Mediums nicht um die volle Geschwindigkeit v desselben, sondern nur um vergrößert.

Der Faktor ist der Fresnelsche Mitführungskoeffizient. Er ergibt sich hier also als Folge des Relativitätsprinzips.


II.

Das Relativitätsprinzip hat schon eine reiche Literatur veranlaßt. Wir werden uns also beschränken müssen. So werden wir nicht ausführlich sprechen über die mathematische Behandlung, und z. B. die Eleganz der Transformationsformeln, wie diese in den Arbeiten Minkowskis[14] in den Vordergrund tritt, und die sehr bemerkenswert ist, nicht näher dartun. Die Transformationsformeln, die wir hier noch einmal wiederholen wollen:

(6)
(7)

legen es nahe, die Zeit als eine vierte Koordinate aufzufassen, womit man zu den Methoden der vierdimensionalen Geometrie gelangt.

Nach dem Relativitätsprinzip, wie dieses oben formuliert wurde, werden zwei Beobachter A und B, von denen B eine gleichmäßige Translationsbewegung relativ zu A hat, die Erscheinungen, welche sie beobachten, mit Hilfe der von jedem von ihnen gewählten geeigneten Koordinaten-Zeit-Systeme mittels derselben Gleichungen beschreiben. Dies ist, wie schon gesagt wurde, eine physikalische Hypothese, über die am Ende die Beobachtungen entscheiden sollen.

Für elektrische, magnetische und optische Erscheinungen, soweit sie im Vakuum verlaufen, gilt nun das Relativitätsprinzip sicher. Die Maxwellschen Gleichungen, durch die jene Erscheinungen bestimmt werden, sind nämlich, wie sich sogleich noch näher ergeben wird, invariant für die in (6) und (7) angegebene Transformation.

Das elektromagnetische Feld wird charakterisiert durch zwei Größen, durch die elektrische und die magnetische Kraft. Es sind das gerichtete Größen, Vektoren, von denen wir den ersten durch d und den letzteren durch h vorstellen werden.

Der Beobacher A bedient sich nun bei seiner Beschreibung der elektromagnetischen Erscheinungen der Größen d und h, B bei der seinigen (relativ zu seinem eigenen Koordinaten-Zeit-System) von d’ und h’. Wenn sie dieselbe Erscheinung studieren, so werden d und d’ nicht einander gleich sein, und ebensowenig h und h’, und zwar hängen diese Größen nach den folgenden Transformationsformeln miteinander zusammen:[15]

(28) ,
(29) .

Aus der elektrischen und der magnetischen Kraft können nun weiter sowohl A wie B andere Größen ableiten, an die wir mit einigen Worten erinnern wollen. Erstens enthält das elektromagnetische Feld eine gewisse Energie, und zwar pro Volumeinheit, für A

(30) ,

und für B

.

Die beiden Beobachter finden für denselben Zustand nicht dieselbe Energiemenge. Wir brauchen darin keine Schwierigkeit zu sehen; für jeden Beobachter für sich gilt das Energiegesetz.

Zweitens werden sowohl A wie B von dem Poyntingschen Energiestrom reden. Wenn gleichzeitig in demselben Punkt eine elektrische und eine magnetische Kraft existieren, so gibt es in diesem Punkt einen Energiestrom von der Größe

(31) .

In dieser Formel stellt das Vektorprodukt von d und h vor, d. h. einen Vektor, der senkrecht zu der durch d und h gelegten Ebene steht, und dessen Größe gegeben wird durch den Inhalt des Parallelogramms, das auf d und h als Seiten beschrieben wird. Der Energiestrom läuft in der Richtung, in der ein Korkzieher sich verschieben würde, wenn der Griff über den kleinsten Winkel von der Richtung von d in die Richtung von h gedreht wird.

Die Komponenten des Energiestroms werden gegeben durch[16]

(32) .

Das schönste Beispiel eines Energiestroms hat man in einem Lichtbündel, wo die periodisch wechselnde elektrische und magnetische Kraft senkrecht zueinander sind und zugleich senkrecht zu der Fortpflanzungsrichtung stehen. S ist hier senkrecht zu d und h und, weil d und h zu gleicher Zeit ihr Zeichen umkehren, immer in derselben Richtung, nämlich in der Richtung der Strahlen.

Man spricht weiter von einer elektromagnetischen Bewegungsgröße. In der Mechanik hat sich bei dem Studium der Stoßgesetze der Begriff der Bewegungsgröße als einer Größe, die von dem einen auf den anderen Körper ganz oder teilweise übertragen wird, entwickelt. Ist m die Masse eines Körpers, so wird die Bewegungsgröße dargestellt durch mv, eine Größe, welche die Richtung der Geschwindigkeit v hat. Nun übt ein auf einen Körper fallender Lichtstrahl darauf einen Druck aus, der, von Maxwell vorhergesagt, auch wirklich konstatiert und gemessen worden ist. In der Newtonschen Emissionstheorie würde man diesen Druck den Stößen der Lichtteilchen gegen den Körper zuschreiben und von der Bewegungsgröße dieser Lichtteilchen sprechen. Diese Theorie kann zwar nicht angenommen werden, aber doch ist man zum Begriff: elektromagnetische Bewegungsgröße geführt worden. Der Betrag derselben wird angegeben durch

(33) .

Überall da, wo ein Energiestrom ist, muß also nach (33) elektromagnetische Bewegungsgröße sein.

Es braucht kaum gesagt zu werden, daß die Formeln (32) und (33), wenn nur alle darin vorkommenden Größen, außer c, mit Strichen versehen werden, auch für den Beobachter B gelten.

Die Übereinstimmung mit dem Relativitätsprinzip ergibt sich für die elektromagnetischen Erscheinungen im Vakuum aus den Grundgleichungen. Für Erscheinungen in ponderablen Körpern besteht dagegen Übereinstimmung nur dann, wenn man noch einige Voraussetzungen einführt. Man kann es auch so auffassen, daß diese Voraussetzungen in der einzigen fundamentalen Voraussetzung, daß das Relativitätsprinzip allgemein gültig ist, enthalten sind.

Eine dieser Hypothesen ist folgende:[17] Ein Elektron wird, wenn es sich relativ zum Beobachter A bewegt, für diesen dieselbe Kontraktion erleiden wie der in der ersten Vorlesung betrachtete bewegte Stab [vgl. (20)]. Das Elektron, im ruhenden Zustande als Kugel vorausgesetzt, wird also für A bei der Bewegung in ein Umdrehungsellipsoid übergehen, das in der Richtung der Bewegung verkürzt ist. Falls die Geschwindigkeit des Lichtes erreicht werden sollte (was aber in der Relativitätstheorie als unmöglich erachtet wird), so würde das Elektron sogar zu einer platten Scheibe zusammengedrängt sein. Setzt man auch für die Dynamik des Elektrons das Relativitätsprinzip in den Vordergrund, so kann man sagen, daß diese Ergebnisse enthalten sind in dem Resultate, das bei der Behandlung des bewegten Stabes erhalten ist. Die Kräfte, welche die Gestalt des Elektrons bestimmen, müssen solcher Art sein, daß bei der Bewegung diese Formänderung stattfindet. Weil die Natur dieser Kräfte uns unbekannt ist, so verbietet nichts, diese Annahme zu machen.

Wie ist nun das elektromagnetische Feld um das bewegte Elektron? Was ist die Bewegungsgröße? Wenn das Elektron im Ruhezustand eine Kugel ist mit dem Halbmesser R und mit einer gleichmäßig über die Oberfläche verteilten Ladung e, dann ist die Bewegungsgröße bei der Geschwindigkeit v ein Vektor, der die Richtung der Geschwindigkeit hat, und dessen Größe bestimmt wird durch[18]

(34)

Dies ist eine sehr wichtige Beziehung. Sie bestimmt die ganze Bewegungsgröße, weil wir allen Grund haben uns vorzustellen, daß die Elektronen keine gewöhnliche Materie enthalten.

Zur Abkürzung ist in (34) die Größe m eingeführt worden. Dieselbe wird gegeben durch

(35)
und darf als eine Konstante betrachtet werden. R ist nämlich der Halbmesser des Elektrons, wenn es ruht, während, was e betrifft, man keinen Grund gefunden hat zu denken, daß die Beobachter A und B dem Elektron eine verschiedene Gesamtladung zuerkennen müßten.

Führt man die Größe M ein, die bestimmt wird durch

(36)

so geht (34) über in

(37) ,

welche Gleichung dieselbe Gestalt hat wie die alte Beziehung aus der gewöhnlichen Mechanik.

Man kann der Größe M eine einfache Bedeutung zuschreiben. Stellen wir uns vor, daß wir ein Elektron eine beliebige krummlinige Bahn mit konstanter Geschwindigkeit beschreiben lassen wollen. Bei dieser Bewegung bleibt M konstant. Es ist dann geradeso, als ob wir es mit einem materiellen Punkte in der gewöhnlichen Mechanik zu tun hätten. Die Kraft, die nötig ist, um das Elektron jene Bahn durchlaufen zu lassen, ist denn auch dieselbe wie für einen materiellen Punkt mit der Masse M. Weil also mit dieser Masse M gerechnet werden muß bei Kräften, die senkrecht zu der Geschwindigkeit des Elektrons gerichtet sind, so wird M wohl die transversale Masse genannt.

Es gibt auch eine longitudinale Masse, mit der man rechnen muß bei Kräften in der Richtung der Geschwindigkeit. Sie ist von der transversalen verschieden. Mit der longitudinalen Masse brauchen wir uns aber weiter nicht zu beschäftigen.

Hier öffnet sich ein Weg, um das Relativitätsprinzip experimentell wenigstens teilweise zu prüfen. Man hat sich früher vorgestellt, daß das Elektron sich beim Übergang von dem Zustand der Ruhe in den der Bewegung nicht deformieren würde. Abraham[19] hat in dieser Voraussetzung die transversale Masse berechnet und gefunden

(38)

wenn

(39)

ist und m wieder den durch (35) bestimmten Wert vorstellt.

Experimente, die eine Prüfung von (36) bzw. (38) ermöglichen, sind nun wirklich angestellt worden. Man muß dabei Fälle wählen, in denen Elektronen mit sehr großen Geschwindigkeiten fortfliegen. Erst für solche ergeben (36) und (38) einen merkbaren Unterschied, wie sich bei der Entwicklung dieser Formeln in Reihen nach steigenden Potenzen von ergibt. Solche sehr schnell fortfliegende Elektronen hat man in den -Strahlen, die von radioaktiven Stoffen ausgesandt werden, und in den Kathodenstrahlen. Aus der Bahn dieser Strahlen unter der gleichzeitigen Wirkung eines elektrischen und eines magnetischen Feldes können Schlüsse bezüglich M gezogen werden. Derartige Experimente sind angestellt worden von Kaufmann[20], von Bucherer[21] und von Hupka[22]. Außerdem ist man an verschiedenen Stellen noch wohl mit solchen Untersuchungen beschäftigt. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht erreicht worden, aber vorläufig sieht es wohl günstig für das Relativitätsprinzip aus.

Wir sind so zu der Mechanik des Relativitätsprinzips gekommen. Sie unterscheidet sich in verschiedenen Hinsichten von der gewöhnlichen Mechanik. Man hat es nämlich zweckmäßig gefunden, einige Definitionen dieser letzteren etwas zu ändern, was keinem Bedenken unterliegt, weil an die Definitionen keine andere Forderung gestellt werden kann als die, daß wir mit ihrer Hilfe die Erscheinungen zweckmäßig und einfach beschreiben können. In der Relativitätstheorie verwendet man auch für einen materiellen Punkt und eventuell für einen Körper die Formel (34). Die Größe m, welche darin vorkommt, wird oft die Minkowskische Masse genannt. Auch können wir (37) anwenden mit der Größe M, welche wir dann Masse (ohne weiteres) nennen. Die Minkowskische Masse ist konstant, die Masse nach (36) nicht.

Wir können jetzt die Kraft definieren. Wir tun dies geradeso wie in der gewöhnlichen Mechanik nach Newton; wir messen nämlich die Kraft durch die Änderung der Bewegungsgröße in der Zeiteinheit. Dieses wird ausgedrückt durch die Gleichungen

(40)

oder

(41)

F stellt die Kraft vor, usw. sind die Kraftkomponenten. Auch für die neuen Größen, die wir jetzt eingeführt haben, können Transformationsformeln aufgestellt werden. Man findet für die Kraftkomponenten[23]:

(42)

wo den in (12) gegebenen Ausdruck vorstellt.

Wir werden von diesen Formeln eine einfache Anwendung machen. Ein Elektron ruht für B. Nach (12) bewegt es sich dann für A längs der z-Achse mit einer Geschwindigkeit

.

Für B möge auf dieses Elektron in der Richtung der x’-Achse die Kraft

(43)

wirken.

Wir leiten nun mit Hilfe der Transformationsformeln (42) ab, welche Kräfte nach der Aussage von A auf dieses Elektron wirken. Man findet aus (12), (42) und (28)

(44)

und wir sehen also, daß in dem Ausdruck für die Kraft, wenn das Elektron sich bewegt, das Glied vorkommt. Dieses ist die bekannte Kraft, die ein bewegtes Elektron vom magnetischen Felde erleidet. Der für dieselbe gefundene Ausdruck ist gerade der, welcher immer dafür angenommen ist, und von dem sich also jetzt ergibt, daß er aus dem Relativitätsprinzip abgeleitet werden kann.[24] Welchen Wert müssen wir diesem Ergebnis zuerkennen? Nicht zu viel, denn alles ist darauf angelegt, um dasselbe zu erhalten. Aber doch auch wohl etwas. Das Relativitätsprinzip koppelt die Bestandteile und der Kraft, welche auf das Elektron wirkt, aneinander und betrachtet dieselben als im Wesen nicht verschieden. Ob nur der erste Teil der Kraft im Spiel ist, oder ob daneben auch der zweite wirkt, hängt nur davon ab, von welchem System aus man das Elektron betrachtet. In dieser Zusammenkoppelung des elektrischen und des magnetischen Feldes, was man übrigens auch schon in den Formeln (28) und (29) antrifft, liegt gewiß etwas Schönes. Wir können jetzt zur Frage zurückkehren, an welchen Kriterien wir erkennen können, ob das Relativitätsprinzip gilt. Wir stellen uns vor, daß ein Physiker oder ein Astronom ein System von Teilchen oder von Körpern studiert, und daß er es so weit gebracht hat, daß er alle Bewegungen bestimmten Kräften zuschreiben kann, und daß er sagen kann, wie diese Kräfte von der gegenseitigen Lage, von den Geschwindigkeiten, eventuell von den Beschleunigungen usw. der Teilchen relativ zueinander abhängen. Es sei der Beobachter A, der alles dieses gemacht hat. Der Beobachter B betrachtet auf seine Weise dieselben Erscheinungen. Aus (42) können die Kräfte abgeleitet werden, die er annehmen muß. Das Kriterium ist nun, daß die Kräfte welche B einführt, in seinem Beschreibungssystem in derselben Weise von der gegenseitigen Lage usw. abhängen, als dieses für A der Fall ist. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so sind die Erscheinungen mit dem Relativitätsprinzip nicht in Übereinstimmung.

Man kann diese Betrachtung auf die allgemeine Anziehungskraft oder Gravitation anwenden und z. B. die Frage stellen: unter welchen Bedingungen wird das Relativitätsprinzip für die Bewegungen im Sonnensystem gelten?

Erstens bemerken wir, daß das Newtonsche Attraktionsgesetz nicht mit dem Relativitätsprinzip in Übereinstimmung ist, und daß dieses Prinzip also eine Änderung des Gravitationsgesetzes erfordert.[25] Die Frage, wie diese Änderung sein soll, ist nicht ganz eindeutig gelöst, und für beliebige Geschwindigkeiten wird das Problem sehr verwickelt. Beschränkt man sich aber auf Größen der zweiten Ordnung, so kann man leicht eine derartige Änderung anbringen. Eines der möglichen Anziehungsgesetze, für welche das Relativitätsprinzip gilt, wird durch folgendes gegeben[26]:

Zwei Punkte 1 und 2 ziehen, wenn beide ruhen, einander mit einer Kraft R an, welche vom Abstand r abhängt. Wenn sie sich mit den Geschwindigkeiten und bewegen, so besteht die auf 1 wirkende Kraft aus zwei Teilen. Der erste Teil ist eine Anziehung

(45) .

Der zweite Teil hat die Richtung von und die Größe

(46) .
Hierin ist die Komponente von in die von 1 nach 2 gezogene Verbindungslinie; ist die entsprechende Komponente von .

Das gestellte Problem ist in (45) und (46) insoweit etwas allgemeiner gedacht, als R hier eine beliebige Funktion von r sein kann.

Das Gesetz, daß die Wirkung gleich ist der Gegenwirkung, gilt hier nicht mehr. Man soll also unterscheiden zwischen der Kraft, die auf 1 wirkt, und der Kraft, die auf 2 wirkt.

Wenn nun die Gravitation in der in (45) und (46) angegebenen Weise von den Geschwindigkeiten abhängt, so ist das Relativitätsprinzip für sie erfüllt. Die Frage drängt sich auf: ist dieses in Wirklichkeit der Fall? Hier würde sich eine zweite Methode ergeben, das Relativitätsprinzip, und zwar jetzt mehr speziell bezüglich der Gravitation, zu prüfen. Man hat zu untersuchen, ob die astronomischen Bewegungen besser mit den Gleichungen (45) und (46) als mit dem ungeänderten Newtonschen Gesetz beschrieben werden können. Wie sich aus einer Untersuchung de Sitters[27] ergibt, würden Beobachtungen mit einer zehnmal so großen Genauigkeit wie die jetzige, in dieser Frage entscheiden können. Man sieht nämlich an (45) und (46), daß die Glieder, welche von den Geschwindigkeiten abhängen, alle von der zweiten Größenordnung sind. Demzufolge wird ihr Einfluß sehr gering, und kann derselbe jetzt nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

Eine der Folgen der angegebene Änderung des Newtonschen Gravitationsgesetzes würde in einer langsamen Bewegung des Perihels des Merkurius bestehen. Eine solche Bewegung existiert tatsächlich. Die beobachtete Bewegung beträgt in einem Jahrhundert 44“. Die hier besprochene Änderung kann eine Bewegung von 7.“15 ergeben. Tatsächlich kann man also von einer Bestätigung hier nicht reden.

Ein anderes wichtiges Problem aus der Astronomie ist folgendes. Maxwell[28] hat schon die Bemerkung gemacht, daß man aus der Beobachtung der Finsternisse der Jupitersatellite die Geschwindigkeit des Sonnensystems durch den Äther hindurch ableiten könnte. Denken wir uns einfachheitshalber, daß von Jupiter aus, jedesmal wenn dieser die Punkte P und Q (Fig. 3) seiner kreisförmig vorausgesetzten Bahn passiert, Lichtsignale abgegeben werden, und daß sich ein Beobachter auf der Sonne befindet. Weiter, daß das ganze System eine Geschwindigkeit v (in der Richtung ZP) relativ zum Äther hat.

Betrachten wir all dieses mit Hilfe eines Koordinatensystems und von Uhren, die im Äther ruhen. Wir müssen dann schließen, daß das Lichtsignal eine kürzere Zeit braucht, um von P aus die Sonne zu erreichen als um dieses von Q aus zu tun, und wir dürfen also erwarten, daß die Zeit, welche verläuft zwischen dem Moment, in dem ein von P ausgegangenes Signal die Sonne trifft, und dem Moment, in dem das erstfolgende von Q ausgegangene Signal die Sonne trifft, länger ist als die Zeit, welche dann noch verläuft, bevor wieder ein von P ausgegangenes Signal die Sonne erreicht. Der Unterschied dieser Zeitintervalle würde einen Effekt der ersten Größenordnung darstellen, und er würde auch existieren, wenn die Zeiten auf einer Uhr abgelesen werden, die der Beobachter auf der Sonne bei sich hat und die seine Bewegung mitmacht. Letzteres trifft zu, welchen Einfluß die Bewegung auch auf den Gang der Uhr haben möge.

Das Relativitätsprinzip postuliert, daß der auf der Sonne sich befindende Beobachter die sukzessiven, abwechselnd von P und von Q ausgesandten Lichtsignale mit gleichen Zeitintervallen aufeinanderfolgen sieht. Daß wir zu einem anderen Schluß kamen, liegt daran, daß wir bei der Beschreibung mit Hilfe eines Koordinatensystems, in dem das ganze Sonnensystem nach rechts geht, der vom Relativitätsprinzip geforderten Änderung des Newtonschen Gravitationsgesetzes keine Rechnung getragen haben. Diese Änderung hebt den obengenannten Unterschied wieder auf, und zwar dadurch, daß die Zeitintervalle, in denen der Planet einen halben Umlauf vollbringt, erst von P nach Q, dann von Q nach P, nicht mehr einander gleich sind. Man darf sich nicht vorstellen, wie das Maxwell stillschweigend tat, daß die Bewegung des Planeten relativ zum genannten Koordinatensystem aus einer gleichmäßigen Kreisbewegung verbunden mit einer gleichmäßigen Translation bestehe. Sie wird von verwickelterer Natur.

Hier ergibt sich also wieder ein Mittel zur Prüfung des Relativitätsprinzips, insoweit es die Gravitation betrifft. Burton[29] hat, indem er sich auf den Standpunkt Maxwells stellte, Pläne gemacht zu versuchen, aus dergleichen Beobachtungen die Geschwindigkeit des Sonnensystems relativ zum Äther abzuleiten. Er hat aber im voraus eine Schätzung des wahrscheinlichen Fehlers gemacht, welcher der aus jenen Beobachtungen abgeleiteten Geschwindigkeit relativ zum Äther eventuell zuzuschreiben sein wird, und findet diesen von derselben Größenordnung wie die relativen Geschwindigkeiten der Himmelskörper, was also die Entscheidung wieder erschwert. Man kann nur sagen, daß, wenn die Beobachtungen eine beträchtlich größere Geschwindigkeit ergeben sollten, damit das Relativitätsprinzip widerlegt sein würde.

Wie dem nun auch sei, wir dürfen uns bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse den Fall denken, daß das Relativitätsprinzip von allen Beobachtungen bestätigt wird. Vorausgesetzt, daß dies der Fall sei, wie müssen wir das dann auffassen, welche Bedeutung müssen wir dem Relativitätsprinzip beilegen? Dieses ist eine Frage, in die sich der Physiker, streng genommen, nicht allzu sehr zu vertiefen braucht. Er kann damit zufrieden sein, wenn er weiß, daß die Erscheinungen derart sind, daß sie im System x, y, z, t und im System x’, y’, z’, t’ in derselben Weise beschrieben werden können. Inzwischen wird es gut sein, die Frage doch nicht ganz unberührt zu lassen.

Stellen wir uns also vor, daß die schon öfters genannten Beobachter A und B ihre Gedanken austauschen können. Dann wird zwischen ihnen eine Diskussion eintreten können über die Frage, wer von beiden sich bewegt hat und wer nicht. Es ist klar, daß, wenn nichts anderes da ist als sie und ihre Laboratorien, diese Frage sinnlos ist. Gibt es aber einen Äther, der noch so viel Substanzialität besitzt, daß es einen Sinn hat, von Bewegung relativ zu demselben zu reden, so würde die Frage: wer hat sich relativ zum Äther bewegt, wohl einen Sinn haben. Die Frage, wer von beiden sich relativ zum Äther bewegt hätte, oder ob beide sich relativ zum Äther bewegt hätten, könnte aber (das Relativitätsprinzip ist hier immer als allgemeingültig vorausgesetzt) von A und B wieder nicht entschieden werden.

Weiter könnten sie über ihre Messungen debattieren. A könnte zu B sagen: ich habe deutlich gesehen, daß Ihre Maßstäbe kürzer waren als die meinigen. B sagt dann aber dasselbe zu A, und die Diskussion wäre wieder hoffnungslos. Gibt es einen Äther, so könnten sie zu einem befriedigenden Abkommen geraten, indem sie z. B. einen Maßstab, der relativ zum Äther ruht, bevorzugen. Entscheiden, wer von beiden oder daß keiner von beiden einen solchen Maßstab verwendet hat, könnten sie aber wieder nicht.

Ihre Systeme der Zeitmessung könnten zu einer ähnlichen Diskussion Anlaß geben.

In einen heftigen Wortstreit könnten sie geraten wegen der Frage, ob bestimmte Erscheinungen gleichzeitig seien oder nicht. Nicht an derselben Stelle stattfindende Erscheinungen, die für A gleichzeitig sind, sind es für B nicht, und der Fall kann sogar realisiert sein, daß A sagt: die Erscheinung 1 findet statt vor der Erscheinung 2, während B das Umgekehrte behauptet.[30]

Sollten die Beobachter den Zeitbegriff als etwas Primäres, etwas ganz vom Raumbegriff Getrenntes betrachten wollen, so würden sie wohl erkennen, daß eine absolute Gleichzeitigkeit existiert; sie würden es aber wieder unentschieden lassen müssen, ob die Gleichzeitigkeit durch gleiche Werte von t angezeigt wird, oder durch gleiche Werte von t’, oder vielleicht weder durch die einen noch durch die anderen.

Einstein sagt kurz und gut, daß alle soeben genannten Fragen keinen Sinn haben. Er kommt denn auch zu einem „Abschaffen“ des Äthers. Letzteres ist übrigens bis zu einem gewissen Grade ein Streit über Worte: es macht keinen großen Unterschied, ob man vom Vakuum oder vom Äther spricht. Jedenfalls hat es nach Einstein keinen Sinn, von Bewegung relativ zum Äther zu sprechen. Ebenso verneint er die Existenz einer absoluten Gleichzeitigkeit.

Es ist gewiß merkwürdig, daß diese Relativitätsbegriffe, auch was die Zeit betrifft, so schnell Eingang gefunden haben.

Die Bewertung dieser Begriffe gehört größtenteils zur Erkenntnislehre, und man kann denn auch das Urteil ihr überlassen, im Vertrauen, daß sie die besprochenen Fragen mit der benötigten Gründlichkeit betrachten wird. Sicher ist es aber, daß es für einen großen Teil von der Denkweise abhängen wird, an die man gewöhnt ist, ob man sich am meisten zur einen oder zur andern Auffassung angezogen fühlt. Was den Vortragenden selbst betrifft, so findet er wohl eine gewisse Befriedigung in den älteren Auffassungen, daß der Äther wenigstens noch einige Substanzialität besitzt, daß Raum und Zeit scharf getrennt werden können, daß man von Gleichzeitigkeit ohne nähere Spezialisierung reden darf. Was das zuletzt Genannte betrifft, so kann man sich vielleicht berufen auf unser Vermögen, uns beliebig große Geschwindigkeiten wenigstens vorzustellen. Damit kommt man dem Begriff der absoluten Gleichzeitigkeit sehr nahe.

Schließlich muß bemerkt werden, daß in der kühnen Behauptung, daß man nie Geschwindigkeiten größer als die Lichtgeschwindigkeit beobachten wird, eine hypothetische Beschränkung des für uns Zugänglichen liegt, die nicht ohne einigen Rückhalt akzeptiert werden kann.

Das nächste Mal werden wir die Betrachtungen Einsteins über den Zusammenhang zwischen Energie und Masse, seine Versuche für beschleunigte Systeme etwas Ähnliches zu tun, wie nach dem Gesagten für Systeme mit gleichmäßiger Bewegung gemacht worden ist, und die Anwendung davon auf die Gravitation besprechen.

Als Vorbereitung zur Behandlung des Zusammenhanges zwischen Energie und Masse werden wir heute noch kurz drei Punkte behandeln. Für die Energie eines mit der Geschwindigkeit v bewegten Elektrons oder materiellen Punktes findet man[31]

(47)

Hierin ist die Konstante, die man jedem Ausdruck für die Energie hinzufügen kann, so gewählt worden, daß im Ruhezustand

(48)

Für den Betrag, mit dem die Energie im Falle der Bewegung dieselbe im Falle der Ruhe übertrifft, findet man aus (47) und (48) annähernd

(49)

Wenn wir die Masse M einführen, so ist

(50)

und man hat also

(51)

Ein zweites Problem ist folgendes: Ein sowohl seitlich wie an der Vorder- und an der Hinterseite begrenztes Bündel paralleler Lichtstrahlen schließe ein Volumen V ein. Die Amplitude der elektrischen Kraft sei .

Man findet dann aus (30) für die Energie

(52)

und aus (33) für die Bewegungsgröße

(53)

Wenn man will, kann man diesem System, wenn man es so nennen darf, welches sich mit der Geschwindigkeit c relativ zum Beobachter bewegt, eine Masse M zuschreiben. Nach (37) ist dann

(54)

entsprechend (51). Aus (36) folgt aber

(55)

so daß ein Lichtbündel keine Minkowskische Masse hat.

Zum Schluß noch der folgende Fall: Eine an der Innenseite vollkommen spiegelnde Hülle ist mit schwarzer Strahlung, die einer bestimmten Temperatur T entspricht, gefüllt. Die Energie dieses Systems für einen Beobachter, relativ zu dem die Hülle ruht, sei .

Für einen Beobachter, relativ zu dem die Hülle sich mit einer Geschwindigkeit v bewegt, gibt es eine Energie[32]

(56)

und eine Bewegungsgröße

(57)

Aus (37) und (36) ergibt sich auch jetzt wieder

(58)


III.

Das vorige Mal ist schon der merkwürdige von Einstein angezeigte Zusammenhang zwischen Energie und Masse kurz angedeutet worden.

Wir müssen bei der Besprechung dieses Themas zwei verschiedene Massen gut auseinanderhalten, nämlich m, eine Konstante, die Minkowskische Masse, und M, nicht konstant, welche Größe wir bei der Behandlung eines einzelnen Elektrons oder eines materiellen Punktes die transversale Masse genannt haben.

Zwischen beiden besteht, wie wir schon sahen, die Beziehung

(36)

wenn v die Translationsgeschwindigkeit ist. M wird dabei so definiert, daß noch immer wie in der Newtonschen Mechanik

(37)

die Bewegungsgröße ist. Die Formel (36) bestimmt dann m.

In der vorigen Woche haben wir drei einfache Systeme betrachtet. In allen drei Fällen wurden wir zu der Beziehung

geführt, in der die Energie des Systems ist, im ersten und dritten Fall weiter noch zu

wo die Energie vorstellt, wenn das System ruht (im zweiten Fall, dem eines Bündels von Lichtstrahlen, ist ein solcher Ruhezustand nicht existenzfähig).

Angesichts dieser Ergebnisse drängt sich der Gedanke auf, daß vielleicht wohl ganz allgemein eine derartige Beziehung zwischen Energie und Masse bestehen könnte. Tatsächlich ist vieles dafür zu sagen. Um dies einzusehen, werden wir das Problem etwas allgemeiner behandeln.

Wir denken uns ein beliebiges System S von materiellen Punkten und Lichtstrahlen. Die materiellen Punkte machen allerhand Bewegungen, und die Lichtstrahlen pflanzen sich in beliebigen Richtungen fort.

Das System wird von einem Beobachter A betrachtet, der ein Koordinaten-Zeit-System x, y, z, t verwendet. Er wird bemerken, daß das System Energie hat, und er kann diese bis zu einer gewissen Höhe messen, entweder dadurch, daß er das System als Ganzes betrachtet, oder dadurch, daß er die verschiedenen Teile desselben ins Auge faßt, die Energie jedes dieser Teile bestimmt und schließlich diese Energien summiert. Dabei bleibt, weil er nur Energieunterschiede messen kann, in der Totalenergie eine Konstante unbestimmt. Mit dieser Beschränkung lernt der Beobachter aber die Energie kennen.

Er kann auch die Bewegungsgröße bemerken und messen, z. B. dadurch, daß er, wie bei der Betrachtung der Energie, auf die verschiedenen Teile des Systems achtet. In der Bewegungsgröße G tritt keine unbestimmte Konstante auf. Man muß nämlich für einen ruhenden Punkt ansetzen, weil die Bewegungsgröße ein Vektor sein muß, und man für einen ruhenden Punkt nicht wüßte, welche Richtung man diesem Vektor zuerkennen müßte. Wir werden also annehmen, daß für ein beliebiges System materieller Punkte, wenn alle ruhen, ist.

Welche Bewegung wird der Beobachter A dem System S, in dem wir nun auch Strahlung als anwesend uns denken können, als Ganzem zuschreiben? In der alten Mechanik achtete man auf das Massenzentrum des Systems, und setzte man definitionsgemäß die Bewegung des Systems gleich der des Massenzentrums. In der Relativitätstheorie ist kein Massenzentrum definiert, man kann aber in folgender Weise verfahren. Zunächst werden wir, wenn man als Summe der Bewegungsgrößen aller Bestandteile findet, sagen: das System als Ganzes hat keine Bewegung. Ist aber für den Beobachter A die resultierende Bewegungsgröße nicht 0, so führen wir, indem wir die Transformationsformeln verwenden, einen zweiten Beobachter B ein, nachdem wir einfachheitshalber die z-Achse in die Richtung von G gelegt haben.

Wir wählen nun die durch die Beziehung miteinander verknüpften Größen a und b so, daß für B das System keine resultierende Bewegungsgröße hat. Es liegt dann für A auf der Hand zu sagen, daß das Koordinatensystem x’, y’, z’ sich mit dem System S mitbewege, und letzterem die Geschwindigkeit

(59)

zuzuschreiben, welche der Ursprung von x’, y’, z’ nach (9) im System x, y, z, t hat.

Sodann wird A dem System eine Masse M zuschreiben, die durch die Gleichung (37) bestimmt wird.

Nachdem festgestellt worden ist, wie man bei Verwendung eines bestimmten Koordinaten-Zeit-Systems x, y, z, t die Masse M des Systems als Ganzes bestimmen wird, kann die Frage gestellt werden: wenn man das System zweimal betrachtet, und zwar in verschiedenen Zuständen, so daß die Energie zwei verschiedene Werte hat, wie verhält es sich dann in jenen beiden Fällen mit M?

Wir können hierüber entscheiden, wenn wir erst die Transformationsformeln der Bewegungsgröße kennen gelernt haben. Wir stellen uns daher noch einmal vor, daß das System von zwei Beobachtern A und B, die mit z, t bzw. z’, t’ operieren (auf x, y, x’, y’ brauchen wir nicht zu achten), betrachtet wird, wobei wir bemerken wollen, daß mit B nicht gerade der soeben genannte Beobachter (für den die Bewegungsgröße 0 wäre) gemeint ist. B hat jetzt relativ zu A eine beliebige Translationsgeschwindigkeit in der Richtung der z-Achse, so daß einen beliebigen Wert (< 1) hat. Die z-Achse ist wieder in die Richtung der Translationsgeschwindigkeit des Systems gelegt.

Um nun die Beziehung zwischen den Bewegungsgrößen G und G’, beide in der Richtung der z-Achse, zu finden, die A und B dem System zuschreiben, führen wir die Voraussetzung ein, daß die Minkowskische Masse des Systems für beide Beobachter denselben Wert hat. Dieses stimmt für die einfachen Fälle, die wir behandelt haben: ein Elektron, ein Lichtstrahl, schwarze Strahlung innerhalb einer Hülle.

Die Transformationsformel für die Geschwindigkeit des Systems ist, wenn diese in der soeben angegebenen Weise definiert wird, nach (12)[33]

(60)

wofür man schreiben kann

(61)
Multipliziert man diese Gleichung mit der vorausgesetzten Gleichung;
(62)

so ergibt sich in Anbetracht der Definitionen von G und M

(63)

was die gesuchte Transformationsformel für die Bewegungsgröße eines beliebigen Systems ist.

Mit Hilfe von (63) können wir nun wirklich die Beziehung zwischen der Energie und der Masse M, die wir für einige besonders einfache Fälle kennen gelernt haben, als für ein beliebiges System gültig verallgemeinern.

Wir denken uns dazu zwei Systeme und , die in solcher Weise aufeinander wirken, daß die Bewegungsgrößen, die ursprünglich für beide Systeme längs der z-Achse gerichtet sind, auch nur in der Richtung dieser Achse sich ändern. Die Wirkung sei nach einem gewissen Zeitintervall beendet. Die Änderungen der Bewegungsgrößen und ebenso der anderen Größen werden mittels des Zeichens bezeichnet. Die Indizes 1 und 2 beziehen sich auf und .

Zwei Beobachter und betrachten die Erscheinung.

Was die Natur der gegenseitigen Wirkung betrifft, so setzen wir nur voraus, daß die Gesetze der Erhaltung der Bewegungsgröße und der Erhaltung der Energie gelten, und zwar daß dieses sowohl für den einen wie auch für den anderen Beobachter der Fall ist. Wir haben dann

(64)

Aus (64) und (63), indem wir letztere Gleichung nacheinander auf und auf anwenden, folgt

(65)

während aus dem Energiegesetz, für den Beobachter A angewendet, folgt

(66)

Wenn man nun weiß, daß eines der früher betrachteten einfachen Systeme (Elektron, Lichtbündel usw.) ist, für welches die Beziehung (50) gilt, und daß also

(67)

ist, so folgt aus (65) und (66), daß notwendig dasselbe für das zweite System gilt:

(68)

Hiermit ist für einen allgemeinen Fall bewiesen, daß mit jeder Änderung der Energie eine proportionale Änderung der Masse zusammengeht. Man kann dieses übrigens durch eine nähere Betrachtung spezieller Fälle verifizieren; hiermit ist zurzeit Herr Grondijs beschäftigt.

Daß die Masse eines Körpers von seiner Energie abhängig ist, wird manchen im ersten Moment befremden. Daher ist es von Interesse, an ein paar einfachen Beispielen zu zeigen, daß man sich in vielen Fällen von dieser Abhängigkeit leicht Rechenschaft geben kann.

Zunächst ein einziges Elektron. Für dieses läuft der gefundene Satz darauf hinaus, daß, wie schon längst bekannt, die Masse M um so größer ist, mit je größerer Geschwindigkeit sich das Elektron bewegt.

An zweiter Stelle: ein geschlossenes Gefäß, in dem sich ein Gas befindet. Wie bemerken wir beim in Bewegungsetzen dieses Systems, daß sich ein Gas im Gefäß befindet? Stellen wir uns vor, daß das Gefäß die Gestalt eines rechteckigen Parallelepipeds besitzt, und daß wir ihm in der Richtung einer der Kanten, sagen wir von links nach rechts, eine gleichmäßige Beschleunigung geben. Wir werden voraussetzen, daß die Wände an der Innenseite rauh sind, und daß also die Moleküle nach dem Stoß gegen eine Wand eine Bewegung haben, die zusammengesetzt ist aus der Translationsgeschwindigkeit der Wand und aus der Wärmebewegung. Einfachheitshalber stellen wir uns vor, das Gas sei so verdünnt, daß wir von den Stößen der Moleküle gegeneinander absehen dürfen. Hätte nun das System eine konstante Geschwindigkeit, so würden auch die Moleküle mit derselben behaftet sein, und würden die Stöße, sowohl die gegen die linke wie die gegen die rechte Wand, gleich kräftig sein, wie wenn das Gefäß[ws 1] sich nicht bewegte. Ist aber die Bewegung beschleunigt, so hat im Moment des Stoßes ein Molekül nicht die volle Geschwindigkeit der Fortbewegung des Gefäßes; es hat nämlich die Geschwindigkeit der Fortbewegung, die das Gefäß etwas früher, im Moment des letztvorangegangenen Stoßes, hatte. Man sieht leicht ein, daß dadurch die Stöße gegen die linke Wand intensiver und die gegen die rechte Wand weniger intensiv sein werden, als bei einer gleichmäßigen Bewegung der Fall sein würde. Daher kommt es, daß das Gefäß vom Gas eine resultierende Kraft nach links erleidet, und daß also die Beschleunigung eine größere Kraft erfordert als wenn das Gefäß leer wäre. Wir drücken dieses so aus, daß wir sagen, die Masse des Systems sei größer geworden. Was nun aber die Zunahme der Masse betrifft, welche nach dem Einsteinschen Satz von einer Vergrößerung der inneren Energie, d. h. von einer Verstärkung der Molekularbewegung des Gases, bedingt wird, so unterliegt es keinem Zweifel, daß man sich auch davon Rechenschaft geben kann, wenn man auf die Intensität der Stöße gegen die gegenüberstehenden Wände achtet. Man wird diese Stöße aber entsprechend den Regeln der Relativitätsmechanik behandeln müssen.

Dergleiche Bemerkungen gelten für eine Hülle, die mit schwarzer Strahlung gefüllt ist. In der Tatsache, daß letztere zur Masse des Systems beiträgt, und zwar um so mehr, je größer ihre Energie ist, liegt nichts Geheimnisvolles. Sie erklärt sich aus dem Druck, den die Strahlen auf die Wände ausüben und der, wenn die Hülle eine beschleunigte Bewegung nach rechts hat, gegen die linke Wand größer ist als gegen die rechte.

Es verdient die Aufmerksamkeit, daß im allgemeinen Theorem nur von gleichzeitigen Änderungen der Energie und der Masse die Rede ist. Die Frage ist, ob man die Beziehung, die zwischen diesen Änderungen besteht, auch auf die Werte selbst dieser beiden Größen ausbreiten, und also allgemein ansetzen darf, daß

ist. Hier entsteht eine Schwierigkeit wegen des Vorkommens einer unbestimmten Konstante in der Energie.

Einem Elektron oder einem materiellen Punkte würde im Ruhezustand die Energie zuerkannt werden müssen, und zwar würde die Beziehung zwischen M und (im Gegensatz zu der Beziehung zwischen und ) nur dann eine tiefere Bedeutung haben, wenn der Wert etwas mehr wäre als eine beliebig angenommene unbestimmte Konstante, wenn sie aus einer Vorstellung über die Natur der Teilchen abgeleitet werden könnte. Bei einem vollkommen harten und unveränderlich kugelförmigen Atom kann von letzterem keine Rede sein.

Etwas anders verhält es sich mit einem Elektron; dieses ist, wenn es ruht, von einem elektrischen Felde umringt und vergegenwärtigt also eine gewisse Energie. Berechnet man diese, so bekommt man aber nicht . Für ein kugelförmiges Elektron mit gleichmäßiger Oberflächenladung ist ja nach (35)

während für die Energie des Feldes gefunden wird[34]

Besteht die Beziehung , so muß innerhalb des Elektrons noch eine andere Energie existieren. Es liegt auf der Hand, dabei an die Spannungen zu denken, welche nach der Voraussetzung Poincarés im Elektron den abstoßenden Kräften, welche die elektrischen Oberflächenladungen aufeinander ausüben, das Gleichgewicht halten.[35] Diese Spannungen nützen uns aber nicht, weil denselben eine potentielle Energie mit einer unbestimmten Konstante entspricht.

Alles zusammengenommen wird man sich im betrachteten Theorem auf die gleichzeitigen Änderungen zu beschränken haben, oder man wird sagen müssen, daß die Beziehung gilt, falls man die unbestimmte Konstante in passend wählt.

Es möge noch darauf hingewiesen werden, daß man das Theorem auch so formulieren kann: Man kann die unbestimmte Konstante in der Energie eines Systems so wählen, daß zwischen der Energie und der Bewegungsgröße G die Beziehung besteht

(69)

Wir können jetzt zu den wichtigen Betrachtungen Einsteins über das Schwerkraftfeld, das letzte Thema, welches wir zu behandeln haben, übergehen.

Als Einleitung dazu müssen wir hervorheben, daß das Relativitätsprinzip, über welches wir bis jetzt gesprochen haben, nur dann gilt, wenn das eine System eine konstante Translationsgeschwindigkeit relativ zum anderen hat. Es gilt nicht, wenn die relative Bewegung in einer Rotation oder in einer beschleunigten oder verzögerten Translation besteht. In diesen Fällen können die Gleichungen der Physik nicht in bezug auf Koordinaten-Zeit-Systeme in den beiden Systemen in die gleiche Form gebracht werden.

Verliert man diese der Gültigkeit des Relativitätsprinzips gestellten Schranken aus dem Auge, so kann man zu sonderbaren Konsequenzen geraten. Der folgende Fall[36] ist davon ein Beispiel.

Ein Beobachter A hat zwei gleiche Uhren K und K’, die erst beide relativ zu ihm ruhen. In einem gewissen Moment wird die Uhr K’ (z. B. nach rechts) fortgeschossen; sie legt mit gleichmäßiger Geschwindigkeit einen gewissen geraden Weg zurück, kehrt dann plötzlich um, durchläuft mit (in absolutem Wert) gleich großer Geschwindigkeit den umgekehrten Weg, bis sie in den Ausgangspunkt zurückgekommen ist, und wird dann momentan zur Ruhe gebracht. Während der Reise läuft die Uhr K’ langsamer als K, die an der Stelle geblieben ist. Nehmen wir an, daß das Entstehen, das Umkehren und das Aufhören der Bewegung keine momentane Änderung in die Angabe von K’ bringt[37], so wird diese Uhr, wenn sie wieder zur Ruhe gekommen ist, bei K nachgehen.

Es möge nun ein Beobachter B die soeben beschriebene Bewegung der Uhr K’ mitmachen. Man könnte dann folgendes behaupten: Für diesen Beobachter geht die Uhr K nach links und kehrt dann wieder zurück. Sie hat eine ähnliche Bewegung, wie soeben die Uhr K’ hatte, und sie wird also, wenn das Experiment beendet ist, bei K’ nachgehen, was offenbar mit dem soeben Gesagten nicht zu gleicher Zeit der Fall sein kann. Die Lösung dieses Paradoxons liegt hierin, daß wir jetzt, da B sich nicht fortwährend mit derselben Geschwindigkeit bewegt hat, nicht sagen dürfen, daß B, wenn er die Uhr von A betrachtet, das gleiche sehen wird wie A, wenn er auf die Uhr von B sieht.[38]

Das angeführte Beispiel zeigt, daß das Relativitätsprinzip nicht gilt, wenn das eine Koordinatensystem eine nicht gleichmäßige Bewegung relativ zum anderen hat. In diesem Fall werden die Erscheinungen in dem einen System anders beschrieben wie in dem anderen, und es ist gerade, wie sich gleich ergeben wird, diese Änderung, auf die es bei Einsteins Betrachtungen über die Gravitation ankommt.

Was die Beschleunigung eines Koordinatensystems betrifft, so bemerken wir noch, daß es erst dann einen Sinn hat, davon zu reden, wenn festgestellt worden ist, in welchem System x, y, z, t man die Bewegung dieses Koordinatensystems beschreiben will. Bei einem einzelnen Achsensystem, ganz für sich betrachtet, kann ebensowenig von der Beschleunigung wie von der Geschwindigkeit die Rede sein. Indessen kann man wohl die Verabredung treffen, daß ein gewisses Koordinatensystem x, y, z ohne Beschleunigung sei, und daß man unter der Beschleunigung eines anderen Systems, ohne weitere Zufügung, die Beschleunigung verstehen wird, welche dieses System relativ zu x, y, z hat, falls dabei die Zeit t in bestimmter Weise als vierte Veränderliche gewählt wird. „Beschleunigung“ eines Koordinatensystems heißt dann dessen Beschleunigung in jenem bestimmten System x, y, z, t, welches wir P nennen werden, oder auch die Beschleunigung in einem der Systeme P’, P“ usw., zu denen man, von P ausgehend, übergehen kann mittels Transformationsformeln wie die, welche dem Relativitätsprinzip entsprechen, und welche Systeme relativ zu P nur eine gleichmäßige Translation haben. Die Wahl dieser Gruppe P, P’, P“, … kann z. B. dadurch bestimmt werden, daß in diesen Systemen die Beschreibung der Erscheinungen einfacher wird als in irgendeinem anderen. Will man sich, was wohl das einfachste ist, einen „Äther“ vorstellen, so kann man annehmen, daß P ein in diesem Medium festgelegtes Koordinatensystem ist.

Nach dieser Vorbereitung können wir zur Besprechung von Einsteins Betrachtungen über die Schwerkraft übergehen. Deutlichkeitshalber werden wir uns dabei zunächst auf eine vereinfachte Darstellung beschränken, die zwar in der Hauptsache, nicht aber in kleinen Einzelheiten zutreffend ist. Speziell setzen wir bei dieser elementaren Behandlung voraus, daß beim Übergang zu einem neuen Koordinatensystem die Zeit unverändert gelassen wird.

Wir denken uns ein Koordinatensystem x, y, z ruhend im Äther (wenn man will, ist dieses nur eine Redensart, um eines der soeben genannten Systeme P, P’, P“, … anzudeuten). Wir denken uns ein zweites Koordinatensystem x’, y’, z’, dessen Koordinatenachsen parallel denen des ersten Systems gewählt sind, und das sich mit einer gleichmäßigen Beschleunigung relativ zum Äther, in der Richtung der z-Achse, die wir uns z. B. nach oben hin gerichtet denken, bewegt. Die Erscheinungen werden nun in bezug auf diese zwei Systeme verschieden beschrieben werden. Wir denken uns z. B. einen Punkt, der im ersten System ruht. Dieser Punkt wird im zweiten System nach unten fallen. Ein Punkt, der im System z mit gleichmäßiger Geschwindigkeit nach oben geht, kann in z’ erst verzögert nach oben gehen, und dann wieder beschleunigt fallen. Ein Punkt, der in z eine geradlinige gleichmäßige Bewegung hat, die nicht längs der z-Achse gerichtet ist, wird sich in z’ längs einer Parabel bewegen. Alle diese Punkte bewegen sich im zweiten System in derselben Weise, wie wenn die Schwerkraft auf dieselben wirkte. Ein Beobachter im System z’ würde, falls er nicht wüßte, daß sein System eine beschleunigte Bewegung hat, sagen, daß auf alle Punkte in seinem System eine konstante nach unten gerichtete Kraft wirkt, eine Kraft, die er passend als Schwerkraft bezeichnen kann.

Durch Überlegungen dieser Art, die er präzisiert hat, indem er auch an die Stelle von t eine neue Zeit t’ einführte, und die Beziehung zwischen z, t und z’, t’ genau angab, ist Einstein[39] auf ein neues Prinzip, das Äquivalenzprinzip, gekommen, das wie folgt formuliert werden kann: Die Änderung, welche der Übergang vom System z, t zu einem System z’, t’, das sich relativ zum ersten längs der z-Achse in bestimmter Weise beschleunigt bewegt, in die Gleichungen hervorbringt, welche die Erscheinungen beschreiben, ist die gleiche wie die, welche von einem homogenen Gravitationsfelde im System z, t in jenen Gleichungen hervorgebracht wird.

Dieses involviert, daß alle Körper gleich schnell fallen.

Das Einsteinsche Äquivalenzprinzip erhält einen heuristischen Wert, wenn man behauptet, daß es für alle möglichen Erscheinungen gilt. Dann kann man nämlich aus demselben schließen, daß in sehr verschiedenen Fällen ein Einfluß der Schwerkraft besteht, an den man sonst nicht so leicht gedacht hätte.[40] Wir werden dieses mit ein paar einfachen Beispielen beleuchten.

Im Gravitationsfelde mit der Beschleunigung g ist bekanntlich der Krümmungsradius der Bahn eines materiellen Punktes an einer Stelle, wo die Bahn horizontal läuft,

(70)

Man kann dieses leicht aus dem Äquivalenzprinzip schließen; ist die Bahn im System z, t gerade, so hat sie im System z’, t’ jene Krümmung. In ganz derselben Weise schließt man aber aus diesem Prinzip, daß ein Lichtstrahl im Gravitationsfelde gekrümmt ist, und zwar ist der Krümmungsradius an einer Stelle, wo der Lichtstrahl horizontal läuft,

(71)

Man kann nun aber den Lauf eines Lichtbündels mittels der bekannten Huygensschen Konstruktion bestimmen, und man kommt dabei nur dann auf eine Krümmung, wenn die Fortpflanzungsgeschwindigkeit nicht an jeder Stelle gleich groß ist. Dieser Fall müßte also im Gravitationsfeld verwirklicht sein.

Es möge ein Strahl, der an der Stelle P, wo er horizontal läuft und, bei der Geschwindigkeit c, die oben angegebene Krümmung hat, zu einem unendlich dünnen Bündel gehören. Betrachten wir die Wellenebene dieses Bündels in P und die Lage, die diese Ebene um ein unendlich kleines Zeitintervall dt später einnimmt. Da die Wellenebene senkrecht zu den Lichtstrahlen steht, bilden die beiden Ebenen einen Winkel

miteinander. Daraus folgt nun, daß die zwischen den Ebenen liegenden Teile zweier Lichtstrahlen, von denen der eine um einen Abstand dz über dem anderen liegt, um einen Betrag

voneinander verschieden sind. Hieraus ergibt sich, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit nach oben hin größer wird, und zwar in dem Maße, daß der Unterschied für die zwei genannten Strahlen gegeben wird durch

(72)

Das zweite Beispiel ist folgendes. An zwei Stellen und , deren erste eine Strecke h oberhalb der zweiten liegt, befinden sich eine homogenes Licht ausstrahlende Lichtquelle L und ein Spektroskop S. Befinden beide sich in einem System ohne Beschleunigung und ohne Schwerkraft, so wird L mit einer bestimmten Frequenz schwingen und wird die Spektrallinie in S eine jener Frequenz entsprechende Lage haben. Um nun zu schließen, was daran durch die Schwerkraft geändert werden kann, haben wir nur zu untersuchen, welchen Einfluß eine gemeinschaftliche beschleunigte Bewegung von L und S nach oben haben wird.

Die Geschwindigkeit der Lichtquelle im Moment des Aussendens sei , die des Spektroskops im Moment der Beobachtung . Letztere ist größer als erstere. Nach dem Dopplerschen Prinzip wird dann die Linie im Spektroskop der Frequenz

(73)

entsprechen.

Falls man zur Berechnung des kleinen Bruchteils die Geschwindigkeit des Lichtes konstant = c ansetzt, so findet man

(74)

so daß

(75)

wird.

Hieraus folgt, daß man im Gravitationsfeld, wenn man an einer bestimmten Stelle beobachtet, den Teilchen in der Lichtquelle eine um so größere Frequenz zuschreiben wird, an je höherer Stelle sich die Lichtquelle befindet.

Wir haben hier aus dem Äquivalenzprinzip zwei Folgerungen abgeleitet, die eine experimentelle Prüfung zulassen. Dabei ist es vorteilhaft, sich ein so intensives Gravitationsfeld wie das der Sonne zunutze zu machen.

Entsprechend der ersten Folgerung wird die Fortpflanzungsgeschwindigkeit um so kleiner sein, je mehr man sich der Sonne nähert und werden die von einem Sterne kommenden Lichtstrahlen, wenn diese nahe an der Sonne vorüberstreichen, eine Abweichung erleiden, deren Richtung man leicht angeben kann. Für die Größe derselben findet man 0.83“. Die Astronomen werden dieses gewiß gelegentlich der Prüfung unterziehen.

Entsprechend der zweiten Folgerung wird ein Natriumteilchen, das übrigens unter gleichen Umständen schwingt, falls dessen Licht an einer bestimmten Stelle untersucht wird, langsamer zu schwingen scheinen, wenn es sich auf der Sonne befindet, wie wenn es auf der Erde ist. Die entsprechende Verschiebung der Spektrallinie nach rot hin würde etwa 1/500 des Abstandes zwischen und betragen. Inwieweit die vorliegenden Beobachtungen für oder gegen diese Folgerung sprechen, wage ich nicht zu entscheiden.[41]

Da, wie wir schon sagten, das oben Angeführte nur annähernd gilt, so werden wir noch etwas genauer dartun, wie wir das System z’, t’ sich relativ zu z, t bewegen lassen müssen, damit die Regeln für die Lichtfortpflanzung in z’, t’ ziemlich einfach werden. Stellt man die Bedingung, daß in diesem System die Fortpflanzungsgeschwindigkeit nur eine Funktion von z’ sein soll, d. h., daß sie an einer bestimmten Stelle unabhängig sein soll von t’ und von der Richtung des Lichtstrahls, so ist die Form der Transformationsformeln ganz bestimmt.[42] Man kann dann schreiben

(76)

wo

(77)

während eine Konstante ist. Man könnte ebenso statt z, t und t’ einführen, dieses kann aber durch geeignete Wahl des Punktes, von wo ab man z, und der Momente, von wo ab man t und t’ zählt, umgangen werden. Der Grund, weshalb aufgenommen worden ist, wird sich gleich ergeben.

Aus (77) folgt, daß a und b durch die Beziehung

(78)

miteinander verknüpft sind.

Aus (76) und (78) findet man für die Bewegung, im System z, t, eines Punktes mit konstantem z’ die Beziehungen

(79)
(80)
Dies ist nicht eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung. Die Voraussetzung einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung würde übrigens auch diese Schwierigkeit mitbringen, daß schließlich die Geschwindigkeit c überschritten würde. Bei der Bewegung nach (76) und (77) wird, wie sich aus (80) ergibt, die Geschwindigkeit c erst nach unendlicher Zeit erreicht werden.

Für die Beschleunigung im Moment , welche wir g nennen werden, hat man

(81)

so daß

(82)

Die Größe g stellt die Beschleunigung vor, die das System z’ in z, t nach oben hat, und damit hängt nun nach dem Äquivalenzprinzip die von der Schwerkraft herrührende, nach unten gerichtete Beschleunigung zusammen. Wie man sieht, hat g nicht in allen Höhen denselben Wert, man kann aber leicht zeigen, daß die Änderungen von g der Beobachtung entgehen müssen.

Wählt man nun den Ursprung von z’ in einem Punkte nahe der Erdoberfläche, wo g einen bestimmten Wert hat, so folgt aus (82)

Hätten wir die Konstante vermeiden wollen, so hätten wir den Ursprung um die sehr große Strecke unterhalb der Erdoberfläche wählen müssen. Dieses ist der Grund, weshalb wir in die Formeln aufgenommen haben.

Wir werden jetzt die Geschwindigkeit des Lichtes näher betrachten.

Aus (76) und (77) folgt

(83)

falls

(84)

ist. Diese Differentialformeln sehen genau so aus wie die, welche aus den früheren Formeln (8) folgen, nur ist in einigen Gliedern c’ an die Stelle von c getreten.

Aus (83) leitet man leicht die reziproken Beziehungen

(85)

ab, welche, abgesehen davon, daß in einem Gliede c’ an die Stelle von c getreten ist, mit (11) übereinstimmen.

Aus (83) folgt weiter

(86)
so daß man, mit Rücksicht auf (78) und auf , findet
(87)

Diese Gleichung führt zum Schluß, daß c’ die Lichtgeschwindigkeit im System z’, t’ vorstellt.

Aus (84) und (81) folgt noch

(88)

welche Beziehung befriedigend mit (72) übereinstimmt.

Zum Schluß noch etwas über die Frage, ob die Energie Gewicht hat. Das Äquivalenzprinzip involviert eine bejahende Antwort auf diese Frage. Dasselbe fordert nämlich, daß alle Körper gleich schnell fallen, daß es z. B. keinen Unterschied macht, ob ein Hohlraum innerhalb des fallenden Körpers mit schwarzer Strahlung einer niedrigen oder einer hohen Temperatur gefüllt ist. Also ist allgemein das Gewicht proportional der Masse. Wie wir gesehen haben, ist aber die Masse irgendeines Systems um so größer, je mehr Energie es enthält. Das nämliche muß nun vom Gewicht gelten, und in diesem Sinne können wir sagen, daß die Energie Gewicht habe.

Die Möglichkeit davon ergibt sich übrigens aus ein paar einfachen Beispielen.

Wir denken uns ein Gefäß, in dem sich ein Gas befindet. Wird dieses Gas mehr wiegen können, je höher die Temperatur ist? Ja. Die Änderung, welche das Newtonsche Gesetz nach dem Relativitätsprinzip erleiden muß, würde ja zur Folge haben können[43], daß ein bewegtes Molekül intensiver wie ein ruhendes Molekül von der Erde angezogen wird.

Daß auch die Anwesenheit schwarzer Strahlung in einem Hohlraum innerhalb eines Körpers das Gewicht desselben vergrößern kann, sieht man leicht ein, wenn man bedenkt, daß nach dem oben Gesagten ein Lichtstrahl unter dem Einfluß der Schwerkraft gekrümmt wird. Man denke nur an den Fall, daß ein Strahlenbündel wie ein Bogen mit den Enden auf der Wand des Hohlraumes ruht. Man versteht, daß dann der an den Enden ausgeübte Lichtdruck zu einer nach unten gerichteten Kraft Anlaß geben kann.

Etwas paradox dem gegenüber steht, daß ein Lichtstrahl, der sich in der Richtung nach oben hin fortpflanzt, nach (84) an Geschwindigkeit zunimmt. Eine nähere Rechnung lehrt aber, daß die Bewegungsgröße eines derartigen begrenzten Lichtbündels beim Hinaufsteigen abnimmt. Es ist also geradeso, als ob eine nach unten gerichtete Kraft auf das Lichtbündel wirkt, so daß man auch entsprechend dieser Tatsache sagen kann, daß die Strahlung Gewicht hat.

Eine experimentelle Prüfung des Schlusses, daß die Energie Gewicht hat, würde nach J. J. Thomson in folgender Weise möglich sein. Radioaktive Substanzen schicken fortwährend außer Teilchen verschiedener Art auch Energie in Form von Strahlung (-Strahlen, Wärmestrahlen) aus, aus welcher Tatsache man schließen kann, daß eine solche Substanz, solange sie noch nicht zu nahe an ihren Endzustand gekommen ist, eine große Quantität innere Energie enthält, der eine bestimmte Masse entspricht. Wird nun diese Energie in gleichem Maße zum Gewicht beitragen?

Nimmt man an, daß die in Frage stehende Energie wohl Masse, aber kein Gewicht hat, so würde ein Pendel, dessen Linse einen radioaktiven Stoff enthält oder trägt, langsamer schwingen müssen als ein sonst gleiches Pendel, bei dem der radioaktive Stoff durch einen nicht radioaktiven ersetzt ist. Vor einiger Zeit ist dies von Southerns[44] im Laboratorium J. J. Thomsons untersucht worden. Er kam zu dem Schluß, daß das Verhältnis zwischen Masse und Gewicht bei Uranoxyd und bei Bleioxyd nicht mehr als höchstens 1/200000 verschieden ist. Wenn man annimmt, daß die Energie kein Gewicht hat, so würde dieser Unterschied nach der Schätzung Southerns 1/26000 betragen müssen, so daß diese Versuche tatsächlich dafür sprechen, auch der Energie Gewicht zuzuschreiben.

Man kann schließlich fragen: Würde auch die Kraft, mit der ein Körper andere Körper anzieht, bei Vergrößerung seines Energieinhalts, größer werden? In der Gravitationstheorie wird angenommen, daß die von einem Körper ausgehende Gravitation seiner (trägen) Masse proportional ist. Diesen Satz kann man aus der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung ableiten, wenn man von der Proportionalität der auf einen Körper wirkenden Gravitation mit jener Masse[45] ausgeht; er folgt bis zu einem gewissen Grade auch aus der Übereinstimmung der Werte, die man für die Gravitationskonstante erhalten hat, indem man den Cavendishschen Versuch mit verschiedenen Substanzen (Blei und Quecksilber) anstellte. Freilich wird man mit der Anwendung der genannten Proportionalität auf die äußerst kleinen Massenänderungen, von denen oben die Rede war, vorsichtig sein müssen. Sieht man in jener Verallgemeinerung keine Schwierigkeit, so kann man sich vorstellen, daß auch von der Energie eine anziehende Wirkung ausgeht, derzufolge zwei sich nebeneinander fortpflanzende Lichtbündel, sei es auch nur unmerklich wenig, nach einander zu gekrümmt werden.

Die weitere Untersuchung wird über den Wert dieser Ideen entscheiden müssen. Wie die Entscheidung aber auch ausfallen sollte, man muß Bewunderung hegen für den Scharfsinn, mit dem Einstein alle diese Möglichkeiten ausgedacht hat.


Nachtrag.
1. Elektromagnetische Bewegungsgröße eines mit gleichmäßiger Geschwindigkeit bewegten Elektrons.

Wir denken uns erst ein kugelförmiges Elektron mit dem Halbmesser R und mit einer gleichmäßig über die Oberfläche verteilten Ladung e; der Mittelpunkt des Elektrons befindet sich im Ursprung O des Koordinatensystems von A, für den das Elektron ruht.

Außerhalb des Elektrons besteht dann eine elektrische Kraft, die die Richtung der Verlängerung des von O aus gezogenen Radiusvektors und die Größe hat (man bedenke, daß unsere Einheit für die Elektrizitätsmenge im Verhältnis kleiner ist als die gewöhnliche elektrostatische Einheit.)

Die Komponenten der elektrischen Kraft sind[46]

(1)

Weiter ist

(2)

Innerhalb des Elektrons ist überall

(3)

Wir betrachten jetzt den folgenden Fall. Aus dem Relativitätsprinzip folgt, daß mit demselben Elektron der Beobachter B, der sich mit seinem Koordinatensystem relativ zu A mit einer Geschwindigkeit

(4)
längs der z-Achse bewegt, feststellen kann, daß das Elektron für ihn ruht und kugelförmig ist, eine gleichmäßige Oberflächenladung, im Gesamtbetrage e, besitzt und seinen Mittelpunkt in O’ hat.

Nach dem Relativitätsprinzip ist dann weiter für ihn außerhalb des Elektrons

(5) .

und innerhalb des Elektrons

(6)

Wie zeigt sich dies alles nun dem Beobachter A? Für ihn bewegt sich das Elektron mit der Geschwindigkeit v längs der z-Achse. Weiter ist für ihn, entsprechend den aus (28) und (29) folgenden Beziehungen

(7)
(8)

außerhalb des Elektrons

(9)
(10)

und innerhalb des Elektrons

(11)

Die Komponenten der elektromagnetischen Bewegungsgröße in der Volumeinheit werden nun für ein Volumelement außerhalb des Elektrons nach (33), vgl. auch (32), gegeben durch[47]

(12)

Innerhalb des Elektrons ist .

Die Komponenten der gesamten Bewegungsgröße werden jetzt gefunden, indem man mit dS multipliziert, wenn dS ein Volumelement im System von A vorstellt, und dann nach x, y und z über den ganzen Raum außerhalb des (ellipsoidischen) Elektrons integriert, wobei man beachten muß, daß und ist. Die Integration wird etwas einfacher, wenn man den Wert dS’ einführt, den B dem Volumelement dS zuschreibt:

(13)

Wir können dann nach x', y', z’ über den Raum außerhalb des Elektrons integrieren, wobei wir berücksichtigen, daß dieses im System x', y', z’ eine Kugel mit dem Radius R und mit dem Mittelpunkt im Ursprung ist.

Aus dem Umstande, daß in den ersten und zweiten Ausdrücken von (12) nur ungerade Potenzen von x', y', z’ vorkommen, ergibt sich unmittelbar, daß die Integration von , und von 0 liefert, so daß die resultierende Bewegungsgröße längs der z-Achse gerichtet ist. Die Integration von ist weiter leicht auszuführen. Man beachte z. B., daß, falls eine beliebige Funktion von r’ ist, die drei Integrale

einander gleich sind, und daß jedes derselben also gleich einem Drittel der Summe sein muß. Weiter ist

Wendet man diese Beziehung auf den letzten der Ausdrücke (12) an, so bekommt man den durch (34) und (35) bestimmten Wert.


2. Transformationsformeln für die Bewegungsgröße und für die Kraftkomponenten. Energie eines materiellen Punktes.

Im System x, y, z, t werden die Komponenten der Bewegungsgröße eines materiellen Punktes bestimmt durch

(14)

und die Kraftkomponenten durch

(15)

Man überzeugt sich leicht davon, daß

(16)

ist, falls man

setzt. Es liegt nun auf der Hand, das erste Glied von (16) als die in der Zeiteinheit von der Kraft F geleistete Arbeit aufzufassen und als die Energie des materiellen Punktes. Die Gleichung (16) drückt dann das Energiegesetz aus. Natürlich kann man zu dem für angegebenen Wert eine beliebige Konstante addieren.

Im System x’, y’, z’, t’ gelten Formeln, welche die gleiche Gestalt wie die obenstehende haben; nur müssen alle Größen mit Ausnahme von c und m mit einem Strich versehen werden. Wir machen dabei auch für m eine Ausnahme, weil wir uns vorstellen, daß bei der Beschreibung in x’, y’, z’, t’ der Größe m derselbe Wert zugeschrieben wird wie bei der Beschreibung in x, y, z, t.

Was nun die Transformationsformeln betrifft, erinnern wir erstens daran, daß zwischen den gleichzeitigen Änderungen von x, y, z, t und von x’, y’, z’, t’ die folgenden Beziehungen bestehen:

(17)

aus denen die früher angegebenen Transformationsformeln für die Geschwindigkeitskomponenten folgen. Aus diesen kann man weiter die Beziehung

ableiten. Beachtet man diese Beziehung sowie die Gleichungen (14) und die entsprechenden für , so findet man leicht aus den Transformationsformeln für die Geschwindigkeiten

Dieses gibt, falls man mit der Bezeichnung d die Zuwächse während des Zeitintervalls dt vorstellt,

Um die Transformationsformeln für die Kraftkomponenten zu erhalten, haben wir nur diese Gleichung durch die letzte der Gleichungen (17) zu dividieren. Dieses gibt

(18)

Es sei bemerkt, daß auch alle Beziehungen gelten, die man aus den obenstehenden Formeln erhält, falls man die Größen ohne Strich mit den entsprechenden Größen mit Strich vertauscht, und umgekehrt, und dabei zugleich b mit -b. Dabei ist


3. Anwendung des Relativitätsprinzips auf zwei einander anziehende materielle Punkte.

Falls die Wirkung des zweiten Punktes auf den ersten durch das in (45) und (46) gegebene Gesetz bestimmt wird, so sind die Komponenten der auf 1 wirkenden Kraft, wenn 2 sich in dem Koordinatenursprung befindet, und x, y, z die Koordinaten von 1 sind,

(19)

Wir werden nun zeigen, daß, falls diese Beziehungen gelten im System x, y, z, t, aus ihnen Gleichungen derselben Gestalt in dem durch (6) bestimmten System x’, y’, z’, t’ abgeleitet werden können, wenn man nämlich dabei Glieder, welche mit Bezug auf die Geschwindigkeiten von höherer als der zweiten Größenordnung sind, vernachlässigt, und ebenso Glieder, in denen die zweiten Potenzen oder Produkte von Geschwindigkeiten mit Beschleunigungen oder höheren Differentialquotienten nach der Zeit multipliziert sind.

Wir können sogar zeigen, daß die Formeln (19) „invariant“ sind nicht nur bei der durch (6) bestimmten Transformation, sondern auch bei einer mehr allgemeinen, welche wir die „allgemeine Relativitätstransformation“ nennen werden. Der Transformation (6) geben wir den Namen „spezielle Relativitätstransformation“.

Schreiben wir einfachheitshalber statt und ebenso statt , so wird die allgemeine Relativitätstransformation bestimmt durch

(20)

wo die konstanten Koeffizienten solche Werte haben, daß identisch

ist, und daß die Determinante der Koeffizienten den Wert +1 hat. Außerdem sei positiv.

Man sieht leicht ein, daß die Transformation (6) als spezieller Fall in (20) enthalten ist, und daß das nämliche gilt für Transformationen, die sich auf die x- oder die y-Achse in derselben Weise beziehen wie (6) auf die z-Achse. Bei all jenen speziellen Relativitätstransformationen bleiben zwei Koordinaten unverändert. Weiter fallen unter (20) auch beliebige Drehungen der Koordinatenachsen, bei welchen die Zeit unverändert gelassen wird.

Die (allgemeinen) Relativitätstransformationen haben die folgenden Eigenschaften, die jeder Mathematiker leicht prüfen kann:

a. Das Umgekehrte einer Relativitätstransformation ist wieder eine Relativitätstransformation.

b. Zwei aufeinanderfolgende Relativitätstransformationen A und B sind einer einzigen Relativitätstransformation äquivalent, deren Koeffizienten aus denen von A und B abgeleitet werden können (Zusammensetzen von Transformationen).

c. Eine Relativitätstransformation kann zerlegt werden in Drehungen und eine spezielle Relativitätstransformation.

d. Eine gegebene Relativitätstransformation A kann zerlegt werden in eine beliebig zu wählende Relativitätstransformation B und eine zweite Relativitätstransformation C, deren Koeffizienten aus denen von A und B abgeleitet werden können.

e. Eine gegebene Relativitätstransformation A kann zerlegt werden in Drehungen, eine beliebig zu wählende spezielle Relativitätstransformation I und eine zweite spezielle Relativitätstransformation II.

Es ist der letzte Satz, den wir beim Beweis der Invarianz der Formeln (19) anwenden werden. Es ist nämlich zunächst klar, daß diese Gleichungen Drehungen gegenüber invariant sind; dieses geht sogleich aus dem Umstande hervor, daß in dem durch die Formeln (45) und (46) gegebenen Ausdruck für das Wirkungsgesetz gar nicht von Koordinatenachsen die Rede ist. Weiter können wir die Transformationen I und II in einer bestimmten Weise wählen. Falls nämlich durch die Transformation A, für die wir den Beweis liefern wollen, die Geschwindigkeit des Punktes 2 von in übergeht, so wählen wir I in solcher Weise, daß die Geschwindigkeit von in 0 übergeht. Die Transformation II soll dann so sein, daß sie die Geschwindigkeit des Punktes 2 von 0 in ändert.

Wir brauchen nun die angedeutete Invarianz nur für die Transformationen I und II zu beweisen. Wir können uns sogar auf II beschränken, weil die Transformation I das Umgekehrte einer Transformation derselben Art wie II ist. Demzufolge liefert der Beweis für I keine Schwierigkeit, falls derselbe für II geliefert ist.

Wir führen den Beweis unter der Annahme, daß II der Übergang von x’, y’, z’, t’ zu x, y, z, t nach den Formeln (6) ist.

Es möge der Beobachter A die Punkte 1 und 2 zur Zeit betrachten. Der Punkt 2 sei dann im Ursprung des Koordinatensystems von A, und habe die Geschwindigkeit in der Richtung der z-Achse. Der Punkt 1 habe die Koordinaten x, y, z und liege in einem Abstand r von 2. Wählt man nun die Konstanten a und b so, daß die Geschwindigkeit von B im System x, y, z, t gerade die soeben genannte ist, also

so befindet sich für B der Punkt 2 zur Zeit im Koordinatenursprung mit der Geschwindigkeit 0, während 1 zur Zeit die Koordinaten

hat. Wirkt nun für B in diesem Moment auf 1 eine Kraft mit den Komponenten , so werden für A die Komponenten der zur Zeit auf 1 wirkenden Kraft nach (18) bestimmt werden durch

(21)

wo wir in der Klammer durch ersetzt haben. Dieses ist erlaubt, weil diese Komponenten mit multipliziert werden, welche in bezug auf die Geschwindigkeiten von der zweiten Größenordnung sind. Man kann also in der Klammer ganz absehen von den Geschwindigkeiten, insoweit diese in den Kraftkomponenten vorkommen; dann fallen aber, wie sich aus (18) ergibt, mit zusammen.

Weiter ist

Wir setzen jetzt voraus, daß für B das in (19) gegebene Gesetz gilt. Will er die zur Zeit auf 1 wirkende Kraft angeben, so muß er darauf achten, wo sich der Punkt 2 zur Zeit t’ befindet, weil im Gesetz von gleichzeitigen Lagen die Rede ist. Zur Zeit befindet 2 sich im Koordinatenursprung, aber B darf sagen, daß dieser Punkt zur Zeit auch da ist, weil die Geschwindigkeit des Punktes 0 ist, und also die Ortsveränderung vom einen zum anderen der genannten Zeitmomente durch die Beschleunigung und die höheren Differentialquotienten der Geschwindigkeiten nach der Zeit bestimmt werden, wobei diese Größen mit der zweiten bzw. den höheren Potenzen von multipliziert werden.

Aus den Formeln (19) ergibt sich also, weil ist,

wo r’ den Abstand des Punktes (x’, y’, z’) von O vorstellt und R’ den Wert, welchen die Funktion R annimmt, falls man darin r’ an die Stelle von r setzt.

Wir substituieren nun diese Werte in (21) und beachten dabei den Grad der Annäherung, auf den wir uns beschränken wollen. Es ist also

,

,

und schließlich, falls man

schreibt,

Dieses stimmt mit (19) überein, weil ist.


4. Vergleichung von zwei Uhren, deren eine im System x, y, z, t ruht, während die andere über eine gewisse Strecke hin und zurückgeht.

Um jeden Zweifel fortzunehmen, wird es gut sein, dieses Problem der zwei Uhren noch etwas näher zu betrachten. Dabei beschreiben wir die Erscheinung in der Weise, wie es der Beobachter A tun würde.

Die Uhr K’ bewegt sich im System z, t erst in der Richtung der positiven z-Achse und nachher in entgegengesetzter Richtung, während die Uhr K im Punkt O () bleibt. Der Abstand, über den K’ sich bewegt, wird von A auf einem Maßstab abgelesen, der für ihn ruht. Die Zeit t wird angezeigt von der Uhr K und, wie wir uns vorstellen können, außerdem von einer Zahl anderer Uhren („A-Uhren“), die alle im System z, t ruhen und in verschiedenen Punkten der z-Achse aufgestellt sind. A hat diese Uhren so reguliert, daß sie die gleiche Zeit wie K zeigen. Zu diesem Zwecke hat er, in O stehend, jedesmal die Uhr K und eine jener anderen zu gleicher Zeit abgelesen, und dabei dem Umstande Rechnung getragen, daß das Licht eine gewisse Zeit braucht, um von jener anderen Uhr nach O hin zu gelangen. Daß ein bewegter Körper, die Uhr K’ oder der Beobachter B, einen gewissen Punkt der z-Achse zur Zeit t erreicht, bedeutet, daß, wenn er an jener Stelle ist, die in jenem Punkte aufgestellte A-Uhr die Zeit t anzeigt.

Es sei nun v die absolute Größe der Geschwindigkeit und T das (von den A-Uhren angezeigte) Zeitintervall, das auf die Hinreise und ebenso auf die Rückreise verwendet wird, dann wird die Lage von K’ von bis bestimmt durch

(22)

und von bis durch

(23)

In jedem Moment besteht zwischen der Angabe t’ der Uhr K’ und der Angabe t der A-Uhr, bei der die Uhr K’ sich gerade befindet, die Beziehung

wir wissen nämlich aus der ersten Vorlesung, daß die Uhr K’ in dem hier angegebenen Maße langsamer läuft wie die A-Uhren. Vorausgesetzt ist, daß im Moment der Abreise die Uhr K’ auf Null steht. Im Moment der Umkehr ist

und am Ende des Versuchs

während dann die Uhr K die Zeit anzeigt.

Der Beobachter B sieht also wirklich, daß schließlich seine Uhr bei K nachgeblieben ist, und wir müssen jetzt aufklären, wie er nichtsdestoweniger sowohl während der Hinreise wie während der Rückreise sehen kann, daß K langsamer läuft als seine eigene Uhr, wie das vom Relativitätsprinzip gefordert wird.

Wir werden uns vorstellen, daß B fortwährend mit einem Fernrohr die Uhr K betrachtet und ihre Angaben mit denen von K’ vergleicht. Will er aus diesen Beobachtungen ableiten, welche Zeigerstellungen der zwei Uhren „gleichzeitig“ vorkommen, so muß er das Zeitintervall in Rechnung ziehen, welches das Licht braucht, um von K zu ihm zu kommen. Dieses kann er in verschiedenen Weisen machen, und es ist möglich, daß für Momente nahe dem Umkehrpunkt verschiedene Methoden nicht zu demselben Ergebnis führen. Wir setzen voraus, daß er sich einer Methode bedient, die den Vorteil bietet, daß kein Maßstab nötig ist, und die ihm, wenn er sich seiner eigenen Bewegung unbewußt ist, einwandsfrei vorkommen muß. Sie besteht darin, daß er die Uhr K jedesmal nur einen Moment beleuchtet, und zwar mit einem momentanen Lichtbündel, das er selbst aussendet.

Er liest nun auf seiner Uhr K’ ab: den Zeitmoment , in dem er das Licht aussendet, und den Zeitmoment , in dem er das Zifferblatt von K beleuchtet sieht; zu gleicher Zeit mit letzterem beobachtet er die Angabe von K. Weil er, seiner eigenen Bewegung unbewußt, annimmt, daß das Licht sich mit gleicher Geschwindigkeit von ihm ab wie auf ihn zu fortpflanzt und also auf die Fortpflanzung nach K hin gleichviel Zeit verwendet wie auf den Rückweg, so schließt er, daß die Uhr K den abgelesenen Stand hat in dem Moment, in welchem die Uhr K’

anzeigt. Statt letzteren Wert kann man auch schreiben

falls und die Zeiten sind, die B in den soeben angegebenen Momenten abliest auf der A-Uhr, die er dann gerade neben sich sieht.

Die Beziehung zwischen den Zeiten und also zwischen t’ und kann man nun leicht finden, wenn man sich auf den Standpunkt von A stellt; man hat dann einfach „Begegnungs-“ und „Überholungsprobleme“ zu lösen. Dabei hat man drei Perioden zu unterscheiden. In der ersten läuft die ganze Beobachtung ab, bevor B umkehrt, in der dritten fällt sie ganz nach der Umkehr, während in der zweiten Periode das Licht von B ausgesandt wird vor, und von ihm wieder empfangen wird nach seiner Umkehr. Die Grenze zwischen der ersten und der zweiten Periode wird bestimmt durch , jene zwischen der zweiten und der dritten durch .

Für den Hingang des Lichtes von B nach K gilt für jede Periode die Gleichung

und ebenso für den Rückgang

indem man für und je nach den Umständen die Formel (22) oder (23) verwenden muß.

Führt man die Berechnung aus, so findet man nun folgendes:

Erste Periode:

(24)

gültig von

bis

(25)

Zweite Periode:

(26)

gültig von (25) bis

(27)
Dritte Periode:
(28)

gültig von (27) bis

Aus (24) und (28) ergibt sich, daß B die Uhr K tatsächlich während der ersten und der dritten Periode in dem durch bestimmten Verhältnis langsamer laufen sieht wie seine eigene Uhr, an (26) sieht man aber, daß für diesen Beobachter in der zweiten Periode die Uhr K im Verhältnis schneller läuft als K’. Zwar ist, falls v viel kleiner als c ist, die zweite Periode beträchtlich kürzer als die erste und die dritte, dann ist aber auch die von B beobachtete Beschleunigung des Ganges von K viel größer als die Verzögerung in der ersten und der dritten Periode. So ist verständlich, daß schließlich K der Uhr K’ vorgekommen ist.

Es ist nun schließlich auch klar, daß ein Unterschied besteht zwischen dem, was A und was B beobachtet. Liest nämlich A die Uhr von B in derselben Weise ab, wie dieser soeben die Uhr von A abgelesen hat, so sieht er dieselbe fortwährend langsamer laufen als seine eigene Uhr.


5. Ableitung der Transformationsformeln für das Einsteinsche Äquivalenzprinzip.

Die der Geschwindigkeit c’ des Lichtes im System x’, y’, z’, t’ gestellte Bedingung erfordert, daß die zusammengehörenden Differentialquotienten so miteinander zusammenhängen, daß jedesmal, wenn

ist, auch

wird, wo c’ nur eine Funktion von z’ ist. Weil wir

setzen, so folgt daraus, daß

(29)

ist, und zwar für alle Werte der Differentiale, für welche die beiden Glieder dieser Gleichung nicht positiv sind.

Es sei nun

(30)

Wir kommen dann zu den Bedingungen

(31)
(32)
(33)

Zieht man von der nach z’ differentiierten Gleichung (32) jene ab, die man erhält, wenn man (31) nach t’ differentiiert und durch 2 dividiert, so ergibt sich die Beziehung

aus der, falls und nicht 0 sind, in Verbindung mit (32) folgt

Aus dieser Gleichung ergibt sich, daß das Verhältnis von , und , und sodann aus (31), daß jeder dieser Differentialquotienten für sich unabhängig von z’ ist. Wir setzen also

(34)

wo nur Funktionen von t’ sind. Die Ableitungen jener Funktionen deuten wir mit Strichen an.

Die Gleichung (31) gibt nun

(35)

und also

(36)

Weiter folgt aus (32), mit Beachtung von (36),

(37)

und aus (33)

(38)

Letzterer Gleichung kann nur genügt werden, wenn die Koeffizienten von und von z’, und somit der letzte Klammerausdruck im ersten Glied Konstanten sind. Wir setzen

(39)

wo das negative Vorzeichen durch die Überlegung bedingt wird, daß auch für große Werte von die Größe c’ reell sein soll, und

(40)

Wir nehmen die Größe k positiv, während positiv oder negativ sein kann.

Aus (37) und (40) kann man und ableiten, und zwar ist, wie aus der Vergleichung mit (36) und (39) gleich hervorgeht,

Dies gibt

wo und Integrationskonstanten sind, und die Transformationsgleichungen werden nach (34) und (30)

(41)
(42)

Für die Bestimmung der Funktionen und haben wir die Gleichungen (35) und (39), aus denen man ableiten kann,

(43)

und nach Integration

mit der Konstante . Es verdient dabei Beachtung, daß auch der gleiche Ausdruck, aber mit dem umgekehrten Vorzeichen, der Gleichung (43) genügen würde, wir werden aber die Bedingung stellen, daß für einen bestimmten Wert von t’ die Koordinaten z und z’ sich in gleicher Richtung ändern. Dann muß nach (41) positiv sein.

Verlangt man weiter, daß für einen bestimmten Wert von die Zeiten t und t’ in derselben Richtung sich ändern, so geht aus (42} hervor, daß positiv ist. Indem wir dieses beachten, finden wir aus (35)

Es ergibt sich nun, daß die Transformationsformeln, die man erhält, wenn man die Werte von und in (41) und (42) substituiert, tatsächlich der Bedingung (29) genügen, falls

und also, wenn man ansetzt,

ist. Läßt man die Konstanten und fort, so gehen die Transformationsformeln über in jene, welche im Texte angegeben worden sind.


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  8. E. W. Morley and D. C. Miller, Report of an experiment to detect the Fitz Gerald-Lorentz effect. Phil. Mag. (6) 9 (1905), p. 680.
  9. W. Ritz, Recherches critiques sur l'électrodynamique générale. Ann. de chim. et de phys. (8) 13 (1908), S. 145.
  10. W. de Sitter, A proof of the constancy of the velocity of light. Proceedings Akad. Amsterdam 15 (1913), S. 1297; Physik. ZS. 14 (1913), S. 429. Vgl. weiter P. Guthnick, Astronomische Kriterien für die Unabhängigkeit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes von der Bewegung der Lichtquelle, Astr. Nachr. 195 (1913), Nr. 4670, E. Freundlich, Zur Frage der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, Physik. ZS. 14 (1913), S. 835 und W. de Sitter, On the constancy of the velocity of light, Proceedings Akad. Amsterdam 16 (1913), S. 395, Über die Genauigkeit, innerhalb welcher die Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Bewegung der Quelle behauptet werden kann, Physik. ZS. 14 (1913), S. 1267.
  11. Für einen bestimmten Fall berechnet de Sitter dafür 4 Tage.
  12. H. A. Lorentz, Zittingsversl. Akad. Amsterdam 1 (1892), S. 74; Versuch einer Theorie der elektrischen und optischen Erscheinungen in bewegten Körpern‎, Leiden 1895, S. 120. Fitz Gerald war auf dieselbe Hypothese gekommen und hatte diese in seinen Vorlesungen behandelt, vgl. O. Lodge, Aberration problems, London Phil. Trans. A 184 (1893), S. 727.
  13. Wir stellen Vektoren durch fettgedruckte Buchstaben dar, und ihre Komponenten durch dieselben Buchstaben mit geeigneten Indizes. Für die Größe von Vektoren verwenden wir auch die entsprechenden kursiven Buchstaben.
  14. H. Minkowski, Die Grundgleichungen für die elektromagnetischen Vorgänge in bewegten Körpern. Nachr. d. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. Math. phys. Kl. 1908, S. 54. Raum und Zeit, Phys. Zeitschr. 10 (1909). S. 104, auch aufgenommen in H. A. Lorentz, A. Einstein, H. Minkowski, Das Relativitätsprinzip, eine Sammlung von Abhandlungen, Leipzig und Berlin 1913.
  15. Man verifiziert leicht mit Hilfe der Transformationsformeln (6) und (7), daß für die Größen d’ und h’ im Koordinaten-Zeit-System von B die Maxwellschen Gleichungen gelten, falls dieses für d und h im System von A der Fall ist. Daß d’ und h’ im System von B die elektrische bzw. die magnetische Kraft vorstellen, ergibt sich aus Fußnote 2, S. 18.
  16. Bei diesen Formeln ist, wie bei einigen später vorkommenden, vorausgesetzt, daß zwischen einer Translation längs der z-Achse und einer Drehung über einen rechten Winkel von der x- nach der y-Achse dieselbe Beziehung besteht wie zwischen der Verschiebung und der Drehung eines Korkziehers.
  17. H. A. Lorentz, Electromagnetic phenomena in a system moving with any velocity smaller than that of light. Proceedings Akad. Amsterdam 6 (1904), S. 809. Auch aufgenommen in H. A. Lorentz, A. Einstein, H. Minkowski, Das Relativitätsprinzip, eine Sammlung von Abhandlungen, Leipzig und Berlin 1913, S. 6.
  18. Für die Ableitung sehe man den Nachtrag unter 1.
  19. M. Abraham, Theorie der Elektrizität. II. Leipzig 1905, S. 191. Prinzipien der Dynamik des Elektrons. Ann. d. Phys. (4) 10 (1903), S. 105.
  20. W. Kaufmann, Die magnetische und elektrische Ablenkbarkeit der Becquerelstrahlen und die scheinbare Masse der Elektronen. Gött. Nachr. Math. phys. Kl. 1901, S. 143. Über die elektromagnetische Masse des Elektrons, ibid. 1902, S. 291; 1903, S. 90. Über die Konstitution des Elektrons, Ann. d. Phys. (4) 19 (1906), S. 487.
  21. A. H. Bucherer, Messungen an Becquerelstrahlen. Die experimentelle Bestätigung der Lorentz-Einsteinschen Theorie. Phys. Zeitschr. 9 (1908), S. 755. Verh. d. deutsch. physik. Ges. 6 (1908), S. 688.
  22. E. Hupka, Beitrag zur Kenntnis der trägen Masse bewegter Elektronen. Ann. d. Phys. (4) 31 (1910), S. 169.
  23. Siehe den Nachtrag unter 2.
  24. Umgekehrt gilt (43), wenn wir (44) als gültig annehmen, aus welcher Tatsache, wenn man auch dasselbe bezüglich und beweist, man schließen kann, daß d’ im System von B die elekrische Kraft vorstellt. Der entsprechende Schluß bezüglich h’ läßt sich ebenso leicht erhalten. (Vgl. S. 13, Fußn. 1.)
  25. H. Poincaré, Sur la dynamique de l’électron. Rendiconti del Circolo matematico di Palermo 21 (1906), S. 129. H. A. Lorentz, Alte und neue Fragen der Physik. Phys. Zeitschr. 11 (1910), S. 1234, auch H. A. Lorentz, A. Einstein, H. Minkowski, Das Relativitätsprinzip, eine Sammlung von Abhandlungen, Berlin und Leipzig 1913.
  26. Siehe den Nachtrag unter 3.
  27. W. de Sitter, On the bearing of the principle of relativity on gravitational astronomy. Monthly Notices of the Royal Astron. Soc. 71 (1911), S. 388.
  28. J. C. Maxwell, Encyclopaedia Britannica, 9th ed., article „Ether“.
  29. C. V. Burton, The Sun’s motion with respect to the aether. Phil. Mag. (6) 19 (1910), S. 417. Vgl. auch H. A. Lorentz, am S. 19 zitierten Ort, W. de Sitter am S. 20 zitierten Ort.
  30. Inzwischen werden die beiden Beobachter eine Erscheinung 2, die als Folge einer Erscheinung 1 auftritt, immer nach der letztgenannten Erscheinung sehen, wenn man wenigstens entsprechend der Relativitätstheorie die Möglichkeit ausschließt, daß eine Wirkung sich mit Überlichtgeschwindigkeit fortpflanzt.
  31. Siehe im Nachtrag unter 2 die Gleichung (16). Bei der direkten Berechnung würde man zur Energie des elektromagnetischen Feldes noch die Konfigurationsenergie des Elektrons addieren müssen. Vgl. H. A. Lorentz, Theory of Electrons, S. 213.
  32. Bei der Berechnung derselben muß man der Energie bzw. der Bewegungsgröße, die der Hülle eigen ist, Rechnung tragen. Siehe H. A. Lorentz, Over de massa der energie. Zittingsversl. Akad. Amsterdam 20 (1911). S. 87.
  33. Der Ursprung des Koordinatensystems, das so gewählt ist, daß für einen Beobachter, der sich mit diesem System mitbewegt, ist, hat ja im System von A die Geschwindigkeit , in dem von B die Geschwindigkeit , so daß und nach (12) zusammenhängen müssen.
  34. Man findet diesen Ausdruck leicht mit Hilfe von (30) aus einer Betrachtung des elektrostatischen Feldes um das ruhende Elektron.
  35. Vgl. H. A. Lorentz, Theory of Electrons, S. 214.
  36. Vgl. A. Einstein, Ann. d. Phys. (4) 17 (1905), S. 904; P. Langevin, Scientia 10 (1911), S. 31; M. Laue, Phys. Zeitschr. 13 (1912), S. 118.
  37. Wir werden uns wohl vorstellen müssen, daß in Wirklichkeit eine Beschleunigung oder Verzögerung der Translation irgendeinen Einfluß auf den Gang der Uhr hat, und daß eine plötzliche Änderung der Translationsgeschwindigkeit den Zeiger momentan verspringen macht. Indessen können wir diese Effekte, die unabhängig sind vom Abstand, bis auf welchen die Uhr fortgeschossen wird, trennen von dem im Text besprochenen Effekt, der jenem Abstände proportional ist.
  38. Vgl. für eine nähere Erläuterung den Nachtrag unter 4.
  39. A. Einstein, Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes, Ann. d. Phys. (4) 36 (1911), S. 898; Lichtgeschwindigkeit und Statik des Gravitationsfeldes. Ann. d. Phys. (4) 38 (1912), S. 355; Zur Theorie des Gravitationsfeldes. Ann. d. Phys. (4) 38 (1912), S. 443.

    Weitere Literatur zur Einsteinschen Gravitationstheorie: A. Einstein und M. Großmann, Entwurf einer verallgemeinerten Relativitätstheorie und einer Theorie der Gravitation. ZS. f. Math. u. Physik, 62 (1914), S. 225. Auch separat herausgegeben: B. G. Teubner, Leipzig und Berlin, 1913. A. Einstein, Zum gegenwärtigen Stande des Gravitationsproblems. Physik. ZS. 14 (1913), S. 1249; 15 (1914), S. 108. G. Mie, Bemerkungen zu der Einsteinschen Gravitationstheorie, Physik. ZS. 15 (1914), S. 116, 169. A. Einstein, Prinzipielles zur verallgemeinerten Relativitätstheorie und Gravitationstheorie. Physik. ZS. 15 (1914), S. 176.

  40. Dabei wird das Äquivalenzprinzip im umgekehrten Sinn, als wie es oben ausgedrückt ist, verwendet.
  41. Siehe E. Freundlich, Über die Verschiebung der Sonnenlinien nach dem roten Ende auf Grund der Hypothesen von Einstein und Nordström, Phys. Zeitschr. 15 (1914), S. 369.
  42. Siehe den Nachtrag unter 5 und vgl. P. Ehrenfest: On Einsteins theory of the stationary gravitation field, Proceedings Akad. Amsterdam 15 (1913), S. 1187.
  43. Dieses würde aber nicht der Fall sein, wenn das Anziehungsgesetz die in (45) und (46) ausgedrückte Form hat.
  44. L. Southerns, Determination of the ratio of mass to weight for a radioactive substance. Proc. Royal Society, London, A 84 (1910), S. 325.
  45. Dieses Letztere, daß also die „schwere Masse“ gleich der „trägen Masse“ ist, folgt mit großer Genauigkeit aus Experimenten von R. Eötvös, Mathem. u. naturwissensch. Ber. aus Ungarn 8 (1890), S. 65. Falls jene beiden Größen ungleich wären, so würde im allgemeinen ein heterogenes starres System auf der Erdoberfläche unter dem Einfluß der Gravitation und der Erdrotationsbeschleunigung ein Drehmoment erleiden. Aus der Tatsache, daß bei den betreffenden Experimenten ein derartiges Drehmoment nicht festgestellt wurde, konnte Eötvös mit einem Genauigkeitsgrade von 1/20000000 auf die Gleichheit der obengenannten Größen schließen. Neuere zusammen mit D. Pekár und E. Fekete angestellte Versuche (Über geodätische Arbeiten in Ungarn, besonders über Beobachtungen mit der Drehwage, Kap. VI, in den Abhandlungen der XVI. allgemeinen Konferenz der internationalen Erdmessung, 1909) ergaben dasselbe mit einem Genauigkeitsgrade von .
  46. Die Nummern der in diesem Nachtrage gegebenen Formeln sind in schräger Schrift gedruckt.
  47. Hier wird vorausgesetzt, daß diese im Felde existierende elektromagnetische Bewegungsgröße die einzige Bewegungsgröße ist. Für die Energie eines Elektrons gilt etwas Derartiges nicht, weil ein Teil der Energie den von Poincaré vorausgesetzten Spannungen entspricht.

  1. Vorlage: Gefaß