Das Spinnlein

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Siehe auch: Die Spinne (Hebel)
Textdaten
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Autor: Johann Peter Hebel
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Titel: Das Spinnlein
Untertitel:
aus: J. P. Hebels sämmtliche Werke: Band 1, S. 193–196
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1834
Verlag: Chr. Fr. Müller’sche Hofbuchhandlung
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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[193]

Das Spinnlein.

Nei, lueget doch das Spinnli a,
wie’s zarti Fäde zwirne cha!
Bas Gvatter, meinsch, chasch’s au ne so?
De wirsch mers, traui, blibe lo.

5
Es machts so subtil und so nett,

i wott nit, aßi ’s z’hasple hätt.

     Wo hets die fini Riste g’no,
bi wellem Meister hechle lo?
Meinsch, wemme ’s wüßt, wol mengi Frau,[a 1]

10
sie wär so gscheit, und holti au!

Iez lueg mer, wie’s si Füeßli setzt,
und d’Ermel streift, und d’Finger netzt.[a 2]

[194]

     Es zieht e lange Faden us,
es spinnt e Bruck ans Nochbers Hus,

15
es baut e Land-Stroß in der Luft,

morn hangt sie scho voll Morgeduft,
es baut e Fueßweg nebe dra,
’s isch, aß es ehne dure cha.

     Es spinnt und wandlet uf und ab,

20
Potz tausig, im Gallopp und Trab! –

Iez gohts ring um, was hesch, was gisch!
Siehsch, wie ne Ringli worden isch!
Iez schießt es zarti Fäden i,
wirds öbbe solle gwobe sy?

25
     Es isch verstuunt, es haltet still,

es weiß nit recht, wo ’s ane will.
’s goht weger z’ruck, i sieh’s em a;
’s mueß näumis rechts vergesse ha.
Zwor denkt es, sell pressirt io nit,

30
i halt mi nummen uf dermit.


     Es spinnt und webt, und het kei Rast,
so gliichlig, me verluegt si fast.

[195]

     Und ’s Pfarrers Christoph het no gseit,
’s seig jede Fade z’semme gleit.

35
Es mueß ein gueti Augi ha,

wers zehlen und erchenne cha.

     Iez putzt es sini Händli ab,
es stoht, und haut der Faden ab.
Iez sitzt es in si Summer‑Hus,

40
und luegt die lange Stroßen us.

Es seit: „Me baut si halber z’todt,
doch freuts ein au, wenn ’s Hüsli stoht.“

     In freie Lüfte wogt und schwankts,
und an der liebe Sunne hangts;

45
sie schint em frei dur d’Beinli dur,

und ’s isch em wohl. In Feld und Flur
sieht ’s Mückli tanze iung und feiß;
’s denkt bi nem selber: „Hätti eis!“

     O Thierli, wie hesch mi verzückt!

50
Wie bisch so chlei und doch so gschickt!

Wer het di au die Sache glehrt?
Denkwol, der, wonis alli nährt,
mit milde Händen alle git.
Bis z’frieden! Er vergißt di nit.

[196]

55
     Do chunnt e Fliege, nei wie dumm!

Sie rennt em schier gar ’s Hüsli um.
Sie schreit und winslet Weh und Ach!
Du arme Chetzer hesch di Sach!
Hesch keini Auge bi der g’ha?

60
Was göhn di üsi Sachen a?


     Lueg, ’s Spinnli merkts enanderno,
es zuckt und springt und het sie scho.
Es denkt: „I ha viel Arbet g’ha,
iez mueßi au ne Brotis ha!“

65
I sags io, der wo alle git,

wenns Zit isch, er vergißt ein nit.[a 3]

Ausgabe I.

  1. Meinsch, wemme’s wüßt, e mengi Frau,
  2. und spinne will, und d’Finger netzt.
  3. Wenns Zit isch, er vergißt di nit.