Das vierte Buch Esra/Kapitel 6

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[364] 6 1 Er sprach zu mir: Im Anfange der Welt[1],

ehe des Himmels[2] Pforten standen,

ehe der Winde ’Stöße‘[3] bliesen;
2 ehe der Donner Schall ertönte,
ehe der Blitze Leuchten strahlte;
ehe die Grundlagen des Paradieses gelegt,
3 ehe ’die Schönheit seiner Blumen‘[4] zu schauen war;
ehe die Mächte der Bewegung[5] bestellt[6],
ehe die zahllosen Heere[7] der Engel gesammelt;
4 ehe die Höhen der Lüfte sich erhoben,
ehe die ’Räume‘[8] des Himmels Namen trugen[9];
ehe Zions Schemel[10] bestimmt war[11],
5 ehe die Jahre der Gegenwart[12] berechnet;
ehe die Anschläge der Sünder verworfen[13],

aber, die Schätze des Glaubens sammeln, versiegelt[14]:

6 damals habe ich dies alles vorbedacht[15], und durch mich und niemand weiter ward es erschaffen; so auch das Ende[16] durch mich und niemand weiter[17]!

Die Scheidung der Zeiten.

7 Ich antwortete und sprach: Wie wird die Scheidung der Zeiten geschehen? wann wird das Ende des ersten Äon sein und der Anfang des zweiten? 8 Er sprach zu mir:

von Abraham bis Abraham[18].

[365] Denn von ihm stammen Jakob und Esau; die Hand Jakobs aber[19] hielt im Anfang[20] die Ferse Esaus. 9 Die ’Ferse‘[21] des ersten Äon ist Esau; die ’Hand‘[22] des zweiten ist Jakob. 10 ’Der Anfang des Menschen ist die Hand, sein Ende die Ferse‘[23]. ’Zwischen Ferse und Hand nichts weiter! — Das überlege, Esra‘[24]!

Die Zeichen der letzten Zeit und das Ende.

11 Ich antwortete und sprach: Herr, mein Gebieter, wenn ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, 12 so zeige deinem Knecht die letzten deiner Zeichen, von denen du mir in vergangener Nacht einen Teil gezeigt hast. 13 Er antwortete und sprach zu mir: Stelle dich fest auf deine Füße, so wirst du eine gewaltig laute Stimme vernehmen; 14 und wenn der Ort, da[25] du stehst, beim Erschallen dieser Stimme mächtig schwankt[26], 15 so ängstige dich nicht: denn die Stimme redet vom Ende; die Tiefen der Erde aber werden es verstehen[27], 16 daß von ihnen selber die Rede ist. Sie werden zittern und schwanken, denn sie wissen, daß an ihnen beim Ende eine Verwandlung geschehen soll. 17 Als ich das vernommen hatte, trat ich fest auf meine Füße und horchte auf: da ertönte eine Stimme, die scholl wie der Schall großer Wasser[28].

18 Die sprach: Siehe, Tage werden sein,

wann[29] ich komme zu nahen, um heimzusuchen die Erdenbewohner,
19 wann ich komme zu rächen[30] ’den Frevel‘[31] der bösen Frevler,
wann Zions Erniedrigung voll ist

20 und der Äon, der dahingeht, versiegelt[32],

da will ich folgende Zeichen geben: Bücher[33] werden aufgethan im Angesichte der Veste, die werden alle auf einmal sehen[34]. 21 Jährige Kinder werden ihre Stimme erheben und reden; Schwangere gebären Frühgeburten im dritten und vierten Monat; die aber bleiben am Leben und laufen umher. 22 Plötzlich werden besäte Felder ohne Frucht erscheinen, und volle Scheuern [366] werden plötzlich leer erfunden[35]. 23 Die Drommete wird laut erschallen[36]; alle Menschen vernehmen sie plötzlich[37] und erbeben. 24 In jener Zeit werden Freunde einander als Feinde bekämpfen, daß die Erde samt ihren Bewohnern sich davor entsetzt. Wasserquellen stehen still und laufen nicht drei Stunden lang[38]. 25 Wer aber überbleibt aus alledem, was[39] ich dir vorausgesagt, der wird gerettet werden[40] und mein Heil[41] und das Ende meiner Welt schauen. 26 Da ’erscheinen‘[42] die Männer, die einst emporgerafft sind, die den Tod nicht geschmeckt haben seit ihrer Geburt[43]. Dann wird[44] das Herz der Erdenbewohner verändert und zu neuem Geiste verwandelt[45].

27 Dann ist das Böse vertilgt,

und der Trug vernichtet;
28 der Glaube in Blüte,

das Verderbnis überwunden;

und die Wahrheit wird offenbar[46], die so lange Zeit ohne Frucht geblieben ist.

Schluß.

29 Während er so zu mir sprach, erbebte die Stätte, da[47] ich stand, mehr und mehr. 30 Er aber sprach zu mir: Dies sollte ich dir zeigen, und noch in der nächsten Nacht; 31 wenn du nun weiter flehst und weiter fastest, sieben Tage lang, will ich dir Weiteres, das größer ist als dieses, bei Tage[48] offenbaren. 32 Denn dein Gebet ist beim Höchsten erhört; der Allmächtige hat deine Gerechtigkeit gesehen und die Frömmigkeit[49], die du von Jugend auf geübt hast, erkannt. 33 Deshalb hat er mich gesandt, um dir dies alles zu offenbaren und dir zu sagen: Fasse Mut, verzage nicht; 34 hege nicht allzu ängstlich eitle Gedanken über diese Zeit, daß du nicht Angst erdulden müssest in der letzten Zeit[50].

Drittes Gesicht.

35 Darnach weinte ich aufs Neue und fastete wie früher, sieben Tage lang, daß die drei Wochen[51], die mir befohlen waren[52], voll würden. 36 In der achten Nacht aber ward mein Herz [367] aufs Neue in mir bewegt, und ich hob an, vor dem Höchsten zu reden; 37 denn mein Geist geriet gewaltig in Erregung und meine Seele in Angst.

Warum besitzt Israel nicht jetzt schon die Welt, die ihm gehört?

38 Ich sprach: Herr, du hast im Anfange der Schöpfung am ersten Tage gesprochen: es werde Himmel und Erde! und dein Wort hat das Werk vollbracht[53]. 39 Damals war nur schwebender Geist, Finsternis ringsumher und Schweigen; noch war der Klang der Menschenstimme vor dir[54] nicht erschollen. 40 Dann befahlst du, einen Strahl des Lichtes aus deinen Kammern zu holen[55], daß deine Werke sichtbar würden. — 41 Am zweiten Tage wiederum schufst du den Geist[56] der Veste und befahlst ihm, zu scheiden und Scheidung zu machen zwischen Wassern ’und Wassern‘[57], daß ein Teil davon nach oben gienge, ein Teil unten verbliebe. — 42 Am dritten Tage gabst du den Wassern Befehl, sich am siebenten Teile der Erde zu sammeln; sechs Siebentel aber legtest du trocken[58] und bestimmtest sie, daß ein Teil davon vor dir bebaut[59] werden sollte, der von Gott selbst[60] besät und bepflanzt war. 43 Kaum war ’aber‘[61] dein Wort ergangen, so geschah das Werk allsobald: 44 Da entsproßten plötzlich

Früchte in unendlicher Menge[62],
     tausendfach verschieden an süßem Geschmack,
Blumen in mannigfaltigen Farben,
     ’Bäume von verschiedenartigstem Wuchs‘[63]
     und Würzkräuter mit wunderbarem Duft[64].

Dies geschah am dritten Tage. — 45 Am vierten Tage aber befahlst du, daß der Glanz der Sonne werde, das Licht des Mondes und die Ordnung der Sterne[65], 46 und trugst ihnen auf, dem Menschen, den du bilden wolltest, zu dienen[66]. — 47 Am fünften Tage gebotest du dem siebenten Teil, da das Wasser sich gesammelt hatte, lebendige Wesen hervorzubringen, Vögel und Fische. 48 So geschah es, daß das sprachlose und unbeseelte Wasser nach deinen Befehl[67] beseelte Wesen hervorbrachte, damit die Völker so deine Wunderwerke preisen sollten[68]. 49 Damals hast du dir zwei der Wesen, ’die du geschaffen‘[69], vorbehalten; das eine nanntest du Behemoth, das andere Leviathan. 50 Du trenntest sie aber voneinander, denn der siebente [368] Teil, wo das Wasser sich gesammelt hatte[70], konnte sie nicht fassen[71]. 51 Du gabst Behemoth zur Wohnung einen der Teile, der am dritten Tage trocken geworden war[72], dort, wo die tausend Berge[73] sind; 52 dem Leviathan aber gabst du das feuchte Siebentel[74]. Du behieltest sie dir vor, daß sie verzehrt werden sollten, von wem und wann[75] du willst — 53 Am sechsten Tage aber befahlst du der Erde, vor dir Vieh, Wild und Gewürm hervorzubringen; 54 dazu noch den Adam, den du zum Herrn machtest über alle Geschöpfe, die du ’vor ihm‘[76] geschaffen. Von dem stammen wir alle ab, die du zu deinem Volk erwählt hast.

55 Dies Alles habe ich vor dir, Herr, gesprochen, weil du gesagt hast, daß du um unsertwillen diese erste Welt[77] geschaffen habest[78], 56 die übrigen Völker aber, die von Adam abstammen, hast du für Nichts[79] erklärt: sie seien dem Speichel gleich[80]; mit dem Tropfen am Eimer[81] hast du ihren Überschwang verglichen. 57 Nun aber, Herr: eben jene Völker, die für Nichts geachtet sind, überwältigen und ’zertreten‘[82] uns; 58 wir aber, dein Volk, das du deinen Erstgeborenen, deinen einzigen Sohn, deinen Anhänger[83] und Freund genannt[84] hast, wir sind in ihre Hand gegeben! 59 Wenn aber die Welt unsertwegen geschaffen ist, warum haben wir nicht diese unsere Welt im Besitz[85]? Wie lange soll es so bleiben?


  1. Die folgende wundervolle Schilderung der Welt vor der Schöpfung geht wohl auf vorhandene poetische Traditionen zurück, die ihren letzten Ursprung in Weltschöpfungsmythen haben; vgl. Spr. 8,24-29 (Ps. 90,2) und die babylonischen Schöpfungsepen (Gunkel, Schöpfung und Chaos, S. 401 u. bes. S. 419).
  2. αἰών = Himmel; vgl. 3,18. 8,20. Thore des Himmels werden auch Äth. Henoch 34ff. mit den Winden zusammen genannt.
  3. Lies convectiones = συμφοράς.
  4. Syr (Aeth Ar¹) decor florum. Die Blumen sind die des Paradieses. Die Blumen des (himmlischen) Gottesgartens sind urspr. die Sterne.
  5. Das sind αἱ δυνάμεις τῶν οὐρανῶν Matth. 24,29, d. h. Engelmächte, die die Himmel und die Sterne bewegen. Diese „Mächte“ sind urspr. heidnische Sterngottheiten, bei den Juden zu Engeln herabgedrückt; vgl. Äth. Henoch 80,7.
  6. Zum Ausdruck τάσσεσθαι vgl. Röm 13,1. — Diese festgestellte Ordnung der Sternbewegungen spielt im Judentum eine große Rolle; vgl. Äth. Henoch 72ff. u. a.
  7. militiae = στρατιαί Hilg.
  8. μέτρα, solche Namen werden genannt Slav. Henoch 21,6ff.
  9. Ganz ähnlich beginnt das große babylonische Schöpfungsgedicht: „Einst als droben der Himmel nicht benannt war.
  10. Für Gottes Füße Ps. 99,5. 132,7. 1 Chr. 28,2.
  11. Lat destinaretur.
  12. ἐνεστώς nach Ar² (Gildemeister).
  13. D. h. von Gott verstoßen, vereitelt waren. — Es ist ein wundervoller Trost, zu wissen, daß Gott vor Anbeginn der Welt der Zeit ihre Grenzen gesetzt, der Sünde Maß bestimmt und den Frommen Verschonung zugesichert hat: keine Ereignisse dieser Zeit mögen das ungiltig machen, was vor aller Zeit durch Gottes Rat festgesetzt worden ist.
  14. Offenb. Joh. 7,2f.
  15. Die Schöpfung durch den Gedanken ist eine höhere Auffassung als die durch das Wort.
  16. Diese Schlußfolgerung setzt den allgemeinen Satz voraus, daß das Ende werden wird, wie der Anfang gewesen ist; Urzeit = Endzeit: τὰ ἔσχατα ὡς τὰ πρῶτα Barn. 6,13. Dies ist eins der Fundamentaldogmen der jüd.-christl. Eschatologie.
  17. Der Schlußsatz des Lat (ut et finis per me et non per alium) = ὡς καὶ τὸ τέλος (od. ἡ τελευτή) δι’ ἄλλου (v. Wilamowitz) ist in Syr Aeth Ar¹.² aus (christlichen) Bedenken ausgelassen. — Der obige Abschnitt polemisiert gegen die Christologie der neutest. Spekulation oder einer verwandten jüdischen Richtung. — Nach der Meinung des Verfassers soll in den obigen Worten nicht das Kommen des Christus überhaupt geleugnet werden; der Verfasser will nur das leugnen, daß das Ende selbst (das jüngste Gericht) durch Christus geschehen werde.
  18. Hier und im Folgenden der Ton des nur leise zu lüftenden, halb verschleierten Geheimnisses. Eine Allegorie ist Gal 4,21-31.
  19. enim steht häufig für δέ; vgl. Bensly, Missing Fragment S. 58, A. 47.
  20. Gen. 25,26. — Wiederum der Satz: wie der Anfang, so das Ende.
  21. Syr calcaneus, Lat finis. Lat bringt vorschnell die Erklärung hinein und zerstört dadurch den absichtlich mysteriösen Eindruck des urspr. Textes. Ebenso wie Lat auch Ar¹.
  22. Syr manus, Lat Ar¹ Aeth initium.
  23. Syr (Aeth Ar¹, vgl. Ar²) principium enim hominis manus eius, et finis hominis calcaneus eius. Dieser geheimnisvolle Ansatz zur Erklärung des Mysteriums darf nicht fehlen: bei Lat ist der Satz verstümmelt.
  24. Lat (Syr) inter calcaneum et manum aliud noli querere, Mißverständnis des griech. Textes: μεταξὺ πτέρνης καὶ χειρὸς οὐδὲν ἄλλο· ζήτει Ἔζρα. Ar¹ et ecce calcaneus et manus coniuncta erant ist dem Sinne nach richtig. Die Aufforderung zum Nachdenken ist apokalyptischer Stil; vgl. Mark. 13,14 und sonst. — Die „Weisheit“ des Mysteriums ist, daß dieser Äon mit der Weltherrschaft Esaus = Roms schließt, und jener mit der Weltherrschaft Jakobs = Israels beginnt, und daß Israels Weltreich dem römischen ohne Unterbrechung auf dem Fuße nachfolgt. Edom = Rom; vgl. Schürer³ III, S. 236, A. 55. — Hiernach wird die Zeit der Weltherrschaft Israels als Anfang zum kommenden Äon gezählt: anders 7,29.31, wo die Herrschaft des Christus der Schluß dieses Äons ist. Dies Schwanken findet sich auch sonst; es ist daraus zu verstehen, daß diese „messianische“ Zeit eine Übergangszeit ist und daher doppelte Beurteilung zuläßt. Daß sich beide Auffassungen im 4 Esra finden, erklärt sich daraus, daß der Verfasser von verschiedenen Traditionen zugleich abhängig ist.
  25. Über die Konstruktion vgl. zu 4,28.
  26. Die Konstruktion entspricht dem hebr. Inf. abs.; vgl. 6,32. 7,67; Bensly, Missing Fragment S. 27.
  27. intellegetur, etwa αἰσθήσεται, abhängig von θεμέλια.
  28. Hes. 1, 24. Der Verfasser meint, daß Gott hier selber spreche; sagt dies aber nicht, aus religiösem Zartgefühl.
  29. Hebraisierend = וְהָיָה‎; vgl. zu 3,12.
  30. inquirere ab = ἐκζητεῖν ἀπό (Hilg.) = דָּרַשׁ מִן (Wellh.).
  31. Aeth et tunc inquiram eorum iniustitiam, qui iniuste egerunt; vgl. auch Arm; Lat iniustitia sua.
  32. D. h. vollendet; das Bild von der Urkunde.
  33. Gemeint sind an dieser Stelle Bücher, die Plagen enthalten, wie Offenb. Joh. 5,1. Solche Bücher werden als Zauberbücher gedacht; ihr Öffnen bewirkt, daß die Plagen wirklich geschehen.
  34. Zum Erstaunen und Grausen der Welt erscheint am Himmel (in gewaltig großer Schrift) die Ankündigung der furchtbaren Zukunft.
  35. Die Ordnungen der Natur verkehren sich. Der genannte Fall ist für Bauernphantasie berechnet.
  36. 1 Thess. 4,16. 1 Kor. 15,52. Matth. 24,31 u. a.
  37. Syr audient subito; vgl. Ar¹.
  38. D. h. die Zeit, die das Böse auf Erden dauern wird. Wasserquellen gehören sonst zu dem Zuverlässigsten in der Natur; vgl. Ps. Sal. 17,21.
  39. Griech. Attraktion des Relativum.
  40. Mark. 13,13.
  41. τὸ σωτήριόν μου Rönsch S. 104.
  42. et videbunt וְיׅרְאוּ; besser וְיֵרָאוּ zu lesen.
  43. Henoch, Elia, Esra u. a. Solche Männer sollen nach jüd. Tradition dem jüngsten Gericht als letzte „Zeugen“ vorangehen.
  44. Der Verf. denkt wohl: durch die Predigt der Zeugen; vgl. Mal. 3,24.
  45. Hes. 36,26f.
  46. Zu den Formen ostendebitur und 7,98 confidebunt vgl. Bensly, Missing Fragment S. 70.
  47. Vgl. zu 4,28.
  48. Lat per diem = καθ’ ἡμέραν v. Wilamowitz. Damit wird angekündigt 1) eine weitere nächtliche Offenbarung, d. h. Visio III, sodann 2) eine neue Offenbarung bei Tage, d. h. Visio IV. Die Offenbarung bei Tage gilt auch schon dieser Zeit wegen als eine besonders hohe: gewöhnlich finden Gesichte nur des Nachts statt. Diese Ankündigung stimmt nicht ganz genau zum Folgenden; auch sonst finden sich in diesen Kleinigkeiten einige kleine Unebenheiten.
  49. σεμνότες Hilg.
  50. Es scheint ein Wortspiel vorzuliegen; als griech. Text ist etwa zu denken: καὶ μὴ σπουδάσῃς κατὰ τοὺς προτέρους καιροὺς λογίζεσθαι κενά, μὴ σπεύσῃς κατὰ τοὺς ἐσχάτους καιρούς. - σπεύδειν – erschrecken LXX; hebr. אַל־תִּבָּהֵל ... פֶּן תִּבָּהֵל. Der Sinn soll jedenfalls sein: verscherze dir nicht mit deinen vorwitzigen Grübeleien die ewige Seligkeit! Syr giebt den Sinn wieder: et noli festinare de prioribus temporibus cogitare mala, ne investigatio super te sit in novissimis temporibus.
  51. Dan. 10,2.
  52. Bisher sind ihm nicht drei Wochen befohlen worden, sondern nur zwei: vor Visio II und Visio III; der Verf. wird angenommen haben, daß er auch vor Visio I von einem solchen Fasten erzählt habe. Solche kleine Versehen finden sich gelegentlich bei jedem Schriftsteller; übrigens legt der Vers. allen Nachdruck auf die Gedanken, und diese Einkleidung ist ihm ohne Bedeutung.
  53. Jüdische Exegese von Gen. 1,1: Schöpfung des Chaos.
  54. Lat abs te = ἀπὸ σοῦ = מִנִּגְדְּךָ. Der Verf. spielt an Gen. 2,19f. an, wonach die menschliche Sprache nach Gottes Willen und unter seiner Leitung entstanden ist.
  55. Das Licht selber ist älter als die Schöpfung; dies ist wohl ein neueingeströmter mythologischer Zug. Das Licht gehört zu Gottes Wesen. — Auch ist in dieser Welt nur ein Teil des Lichts zu sehen; das andere Licht ist im Himmel und bei Gott.
  56. Geist hier = Engel, wie oft im Henoch. Das Judentum, das den Befehl Gottes an die Veste, Gen. 1,6, liest, schließt, daß der Himmel einen Geist haben müsse; denn nur persönlichen Wesen kann man befehlen. Der jüdische „Geist der Veste“ entspricht einem heidnischen „Himmels-Gott“ (Anu, Baal šamajim u. a.).
  57. Syr inter aquas et aquas; vgl. Ar².
  58. Dies sind selbstverständlich aufgenommene Traditionen. Nach den Clem. Recogn. 9,26 lehren die „Mathematici“, daß die Welt 7 Teile habe. Dies ist auch indische und persische Tradition; vgl. Tiele, Gesch. der Religion II, S. 66.
  59. Lat ministrantia wohl = ἐργαζόμενα.
  60. adeo = a deo. Dieser Teil, von dem der Verf. so geheimnisvoll spricht, ist das Paradies, das Gott selber gepflanzt hat, und das der Mensch, der damals noch „vor ihm“, d. h. in seiner Nähe, lebte, bebauen sollte, Gen. 2,15.
  61. Vgl. zu 6,8.
  62. Lat multitudinis immensus = ἄπειρος τοῦ πλήθους Volkmar.
  63. Syr (Ar¹ Aeth) et arbores quae in specie sua non conveniunt.
  64. Bei dieser poetischen Schilderung scheint der Verfasser hauptsächlich an das Paradies gedacht zu haben.
  65. Daß die Sterne Ordnungen haben, ist der Antike viel besser bekannt, als dem modernen Publikum. Von der Ordnung der Sterne wissen die kosmologischen Apokalypsen viel zu reden.
  66. Gen 1,14. Daß die Gestirne nur Diener der Menschen sind, versichert der Verf. wohl mit Accent; denn die ganze übrige Welt verehrt die Gestirne als Götter.
  67. Lat quod iabebatur fehlt in den übrigen Versionen und ist vielleicht Zusatz (Hilg.).
  68. In Gen. 1 erscheint dies kaum als ein besonders erstaunliches Wunder.
  69. Syr Aeth quae creasti.
  70. Demnach sind also beide urspr. Wassertiere.
  71. Weil sie so ungeheuer groß sind. Nach ältester Tradition sind diese Wesen mythologische Darstellungen des Oceans.
  72. Nach Henoch 60,8 die Wüste Dendain.
  73. Haggada auf Grund der mißverstandenen Stelle Ps. 50,10.
  74. Hier sind zwei verschiedene Traditionen zusammengeflossen: nach der einen sind beide Wassertiere, nach der anderen ist Leviathan ein Wasser-, Behemoth ein Landtier. Beides wird so kombiniert, daß sie urspr. Wassertiere gewesen, aber wegen ihrer Größe getrennt worden seien.
  75. Apokalyptischer Geheimstil. Genaueres hören wir aus Ap. Bar. 29,4: sie sollen gegessen werden in den Tagen des Messias von den „Übergebliebenen“. — Über diese Traditionen vgl. Schöpfung u. Chaos S. 41-69. Wellhausen, Skizzen u. Vorarbeiten VI, S. 232, behauptet, das jüd. Theologumenon vom Verzehren Leviathans in der Endzeit sei aus Ps. 74,14 entsponnen; richtig ist, daß es in diese Stelle von der jüd. Haggada anders woher hineingelesen ist.
  76. Syr Aeth antea.
  77. Syr saeculum istud, Ar¹ saeculum prius.
  78. Während das Ideal des alten Israel war, Kanaan und etwa noch seine Umgebung zu beherrschen, beansprucht die spätere Zeit die Herrschaft über die Welt; vgl. z. B. Röm. 4,13 — Ähnlich Apoc. Sedrach 3, Apoc. Esdrae (ed. Tischendorf) S. 30.
  79. Jes. 40,17.
  80. Jes. 40,15 LXX ὡς σίελος λογισθήσονται.
  81. Jes. 40,15. — Der Gegensatz, daß die Heiden in Gottes Augen nichts seien, aber Israel allein wertvoll sei, hat die jüd. Exegese in diese Prophetenstelle hineingelesen.
  82. Syr (Aeth Ar¹ Arm) conculcant.
  83. Syr proximum et dilectum; Lat aemulator = ζηλωτής (Volkmar). Ähnl. Ps. Sal. 18,4.
  84. Jes. 42,1.
  85. haereditatem possidere = κληρονομεῖν˙ vgl. Bensly, Missing Fragment S. 69f.
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