Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Zweite Frage, Kapitel II

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Heilmittel für diejenigen, welche an der Zeugungskraft behext werden.

Kapitel II.

Mögen auch die Frauen in größerer Zahl Hexen sein als die Männer, wie es im ersten Teile des Werkes gezeigt worden ist, so werden doch mehr Männer behext; und der Grund dafür ist: einmal weil Gott mehr zuläßt bezüglich des Liebesaktes, durch den die erste Sünde ausgebreitet wird, als bezüglich der anderen menschlichen Handlungen, sowie auch durch die Schlangen, die mehr auf Beschwörungen hören als andere Tiere, darum daß (eine Schlange) das erste Werkzeug des Teufels war; dann auch, weil jener Liebesakt beim Manne als bei der Frau mehr und auf leichtere Art behext werden kann: deshalb. Und zwar ist das klar, was berührt worden ist; da nämlich auf fünf Arten der Dämon gegen die Zeugungskraft handeln kann, werden diese Arten auch schneller bei den Männern ausgeführt.

Die bei jeder einzelnen anzuwendenden Mittel sind nach Möglichkeit herzuleiten, und wer an derartiger Kraft geschädigt ist, möge beachten, in welcher Art seine Behexung besteht. Es sind aber fünf Arten, nach Petrus de Palude IV, dist. 34, im Verlaufe dieser Behexung. Denn der Dämon hat darum, daß er ein Geist ist, Macht über die körperliche Kreatur mit Gottes Zulassung, und zwar auf Grund der Verfassung seiner Natur; besonders bezüglich der örtlichen Bewegung, so daß er jene hindert oder in Bewegung setzt. Daher können sie vermittels dieser Macht die Körper des Mannes und der Frau hindern, daß sie sich nähern, und zwar direkt oder indirekt. Direkt, wenn (der Dämon) den einen vom anderen entfernt oder den anderen sich nicht nähern läßt; indirekt, wenn er irgendein Hindernis bereitet oder sich in einem angenommenen Körper dazwischen legt, so wie es einem gewissen heidnischen Jüngling erging, der ein Idol geheiratet hatte und nichtsdestoweniger mit einer Jungfrau die Ehe eingegangen war, und sie deshalb nicht erkennen konnte, wie sich oben gezeigt hat.

Zweitens, wenn er den Mann gegen die eine entflammt und gegen die andere erkalten läßt; und das könnte er heimlich bewirken durch irgendwelche Anwendung von Kräutern oder anderen Dingen, die er als wirksam dazu am besten kennt.

Drittens, wenn er die Wertschätzung des Mannes oder der Frau stört, wodurch er eine Person der anderen verhaßt macht; weil, wie sich im ersten Teile des Werkes gezeigt hat, er auf die Einbildungskraft Eindrücke hervorrufen kann.

Viertens, indem er die Kraft des Gliedes unterdrückt, die zur Befruchtung notwendig verlangt wird, so wie er auch die örtliche Bewegung irgendeines Organes unterdrücken kann.

Fünftens, indem er die Sendung der Geister nach den Gliedern, in denen bewegende Kraft ist, hemmt, indem er gleichsam die Wege des Samens versperrt, daß er nicht zu den Gefäßen der Zeugung hinabgelangt oder nicht von jenen Wegen abgeht, oder nicht ausgeschieden oder nicht abgesondert wird.

Wenn nun jemand sagt: „Ich weiß nicht, unter welche Art die mir angetane Behexung fällt, ich weiß nur, daß ich der Zeugungskraft gegenüber meiner Frau entbehre“, so kann geantwortet werden: Wenn er bei anderen Frauen potent ist, aber nicht bei der eigenen, dann fällt es unter die zweite Art; weil er nach der ersten Art eines Succubus-Dämons gewiß wäre, d. h., daß er durch Incubus- und Succubus-Dämonen gefoppt würde. Ebenso wenn ihm seine Frau nicht verhaßt ist und er sie doch nicht erkennen kann, wohl aber andere, dann bleibt es wiederum bei der zweiten Art; wenn sie ihm aber verhaßt ist und er sie nicht erkennen kann, dann fällt es unter die zweite und dritte Art. Ebenso wenn sie ihm nicht verhaßt ist, er sie auch erkennen möchte, aber die Kraft des Gliedes nicht hat, dann unter die vierte Art. Wenn er aber Kraft des Gliedes hat, aber keine Absonderung von Samen, dann unter die fünfte Art. Die Art der Heilung wird sich also ergeben, wo erklärt wird, ob die in und außerhalb der Liebe Befindlichen in gleicher Weise damit behext werden können, und zwar (lautet die Antwort) nein, ausgenommen die vierte Art, die jedoch auch nur ganz selten (vorkommt). Sie kann nämlich (dem) geschehen, der in der Gnade und Liebe sich befindet, was so erklärt wird – doch wird dem Leser zu verstehen gegeben, daß wir von dem ehelichen Akte zwischen ehelich Verbundenen sprechen, weil er sonst in Verwirrung geraten würde; denn jeder Liebesakt außerhalb der Ehe ist eine Todsünde und wird nur von solchen ausgeführt, die außerhalb der Liebe stehen –: Da man nämlich auf Grund der Ueberlieferung der ganzen Heiligen Schrift behaupten muß, daß die Dämonen mehr Erlaubnis von Gott bekommen, gegen die Sünder zu wüten als gegen die Gerechten, mag man auch lesen, daß gerade der so gerechte Job geschlagen wurde, dies jedoch nicht im besonderen bezüglich der Zeugungskraft, noch auch direkt: so muß man also sagen, daß, wem auch immer unter ehelich Verbundenen solche Behexungen zustoßen, es ein Zeichen ist, daß entweder beide Personen oder die eine von beiden, außerhalb der Liebe steht, und zwar wird die Begründung dafür hergeleitet aus Schriften, Autorität und Grund. Denn der Engel sagte zu Tobias: „Gegen die, welche der Begierde Raum geben, gewinnt der Dämon Macht.“ Die Wirkung bewies das, da er die sieben Männer der Jungfrau Sara getötet hatte. Ebenso Cassianus in den Collationes patrum. Der selige Antonius gibt die Definition, auf keinen Fall könne der Dämon in den Geist oder den Körper jemandes eindringen, wenn er ihn nicht zuvor aller heiligen Gedanken beraubt und leer und entblößt von geistiger Betrachtung gemacht hätte. Diese Worte können überall auf Behexung des Körpers angewendet werden, allgemein auf den ganzen Körper, während Job, mit solcher Behexung geschlagen, doch nicht von der göttlichen Gnade entblößt war, sondern nur teilweise, als ihn nämlich am Körper eine teilweise Behexung um einer gewissen Sünde willen traf; und diese kann nichts weiter sein, als die Sünde der Begehrlichkeit. Der Grund: Wie nämlich gesagt ist, erlaubt Gott wegen der Scheußlichkeit jenes Aktes und weil durch ihn die erste Sünde verbreitet wird, mehr über ihn als über die anderen menschlichen Handlungen: also werden auch unter den ehelich Verbundenen, wenn sie wegen einer Sünde von der göttlichen Hilfe verlassen werden, mehr Behexungen an jener Zeugungskraft von Gott zugelassen.

Wenn gefragt wird, welcher Art jene Sünden seien, kann gesagt werden, daß es Sünden der Begehrlichkeit sind; und da diese unter Verwandten verschieden sind, nach dem Worte des Hieronymus, das auch im Texte steht: „Der Ehebrecher ist gegenüber seiner eigenen (Frau) zugleich ein besonders glühender Liebhaber“, so werden auch derartige Liebhaber mehr an den vorerwähnten (Teilen) behext.

Die kirchlichen Heilmittel also sind zweifach: das eine wird auf dem Forum der Klage, das andere auf dem Forum des Ge­wissens geübt. Erstens, wenn vor Gericht ein Fall von durch Behexung angetaner Impotenz vorkommt, dann muß man unterscheiden, weil eine solche Impotenz entweder zeitweilig oder dauernd ist. Ist sie zeitweilig, so hindert sie nicht. Sie wird aber dann für zeitweilig angenommen, wenn im Zeitraume von drei Jahren die (Gatten, die einander) beiwohnen und sich nach Möglichkeit Mühe geben, sei es durch die kirchlichen Sakramente, sei es durch andere Mittel, geheilt werden. Wenn sie aber durch kein Mittel geheilt werden kann, nimmt man an, daß (die Impotenz) dauernd sei.

Ebenso geht sie der Schließung und Vollziehung der Ehe vorauf und hindert so die zu schließende und zerstört die schon geschlossene, oder sie folgt der Schließung der Ehe, aber nicht der Vollziehung. Und zwar ist es die gewöhnliche Art, die Männer zu behexen, wenn diese ihre Geliebten verschmähen; denn dann, weil sie hofften, sie würden sich mit ihnen ehelich verbinden, und sich getäuscht sehen, tun sie den Männern Behexungen an, daß sie nicht imstande sind, sich mit anderen zu vermischen. In einem solchen Falle nämlich wird, wie einige sagen, die schon geschlossene Ehe zerstört, außer wenn (die Gatten) in Enthaltsamkeit beieinander wohnen wollen, wie Maria und Joseph; und dabei haben sie den Kanon für sich. Es heißt nämlich XXIII, qu. 1, daß die Ehe gefestigt wird, durch die Pflicht des Fleisches nämlich, wie die Glosse sagt: und wenig später heißt es, bevor sie gefestigt wird, löst die Unmöglichkeit der Pflicht das Band der Ehe, oder sie folgt der gefestigten Ehe und dann zerstört sie das eheliche Band nicht. Mehreres andere wird von den Gelehrten angemerkt; aber weil es nicht ganz zu der gegenwärtigen Untersuchung paßt – es wird aber in verschiedenen Schriften der Gelehrten angemerkt, wo sie von der hexerischen Hinderung handeln – daher ist es hier zu übergehen. Nur wenn jemand die Schwierigkeit zur Sprache brächte, wieso jener Akt rücksichtlich der einen Frau gehindert werden könne und nicht rücksichtlich einer anderen, so antwortet Bonaventura: das geschieht entweder, weil ein Wahrsager dazu den Teufel rücksichtlich der bestimmten Person eingeladen hat, oder weil Gott nicht zuläßt, rücksichtlich jeder beliebigen Person (den Akt) zu hindern. Hier liegt der Ratschluß Gottes verborgen, wie bei dem Weibe des Tobias. Wie aber der Teufel das tun kann, erhellt aus dem Vorangeschickten. Es sagt hier jedoch Bonaventura, daß er die Zeugungskraft nicht durch ein inneres Hindernis, unter Verletzung des Organes, hindert, sondern durch ein äußeres, unter Hinderung des Gebrauches; und zwar ist das Hindernis ein künstliches und kein natürliches; und so können sie bei der einen (Frau) hindern und nicht bei anderen; oder (der Dämon) hindert durch Aufhebung der Regung der Begehrlichkeit nach der einen oder der anderen, und zwar durch die eigene Kraft, oder durch ein Kraut, oder durch einen Stein, oder durch irgendeine andere verborgene Kreatur; und das stimmt ziemlich zu den Worten des Petrus (de Palude).

Das kirchliche Mittel aber, auf dem Forum des Gewissens, wird XXXIII, qu. 8 Si per sortiarias überliefert, wo es folgendermaßen heißt: „Wenn durch wahrsagerische und hexerische Künste, mit Zulassung von Gottes verborgenem, gerechtem Ratschluß und mit Vorbereitung durch den Teufel, bisweilen ein Beilager erfolgt, sind diejenigen, denen so etwas zustößt, zu ermahnen, daß sie mit zerknirschtem Herzen und demütigem Geiste Gott und dem Priester über alle ihre Sünden eine reine Beichte ablegen und unter strömenden Tränen, reichlichsten Almosenspenden, Gebeten und Fasten dem Herrn Genugtuung geben.“ In diesen Worten wird angemerkt, daß nur um der Sünden willen, und zwar den außerhalb der Liebe Stehenden derlei geschieht; und es folgt, daß durch Exorzismen und die übrigen Schutzmittel der kirchlichen Heilkunde die Diener der Kirche solche (Behexte) zu heilen Sorge tragen, soweit es Gott gewährt, der Abimelech und sein Haus durch die Gebete Abrahams heilte.

Wir können also summarisch sagen, daß es fünf Heilmittel gibt, die bei solchen derart Behexten erlaubterweise angewendet werden können, nämlich die erlaubte Pilgerfahrt zu irgendwelchen Heiligen und wahre Beichte seiner Sünden daselbst in Zerknirschung, vielfältiger Ausführung des Kreuzschlagens und frommen Gebetes, erlaubte Exorzisation vermittels besonnener Worte – wie sie vorgenommen werden müssen, wird sich weiter unten ergeben – und vorsichtiges Gelöbnis der Behexung wirkt dazu, was oben von dem Grafen erwähnt worden ist, der drei Jahre lang die ihm ehelich verbundene Jungfrau nicht erkennen konnte.