Der Salm des Rheins

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Titel: Der Salm des Rheins
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aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 619–622
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Der Salm des Rheins.

Wenn die fränkischen Könige in ihrem Palast bei Andernach Hof hielten, so konnten sie, an der Tafel sitzend, dem Salmfang im Rhein zusehen, – so erzählt der Dichter Venantius Fortunatus, der oft zu Gast bei ihnen gewesen und um das Jahr 600 als Bischof von Poitiers gestorben ist. Aber schon zweihundert Jahre früher hatte der Salm seinen Sänger gefunden, und zwar einen römischen, den Ausonius, in dessen berühmter Dichtung „Mosella“ folgende Stelle vorkommt:

„Auch du bleibst mir, o Salm, mit dem röthlich schimmernden Fleische,
Nicht unerwähnt, deß schweifender Schlag mit gebreitetem Schwanze

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Aus der Mitte der Fluth aufwogt zu dem Spiegel den Flusses,
Wenn der verborgene Schwung sich verräth auf der friedlichen Fläche;
An umpanzerter Brust mit Schuppen versehn, an der Stirne
Schlüpfrig, ein leckres Gericht im verwirrenden Speisegewühl du!
Langer Verwahrung Zeiten durchdauerst du, immer genießbar,
Ausgezeichnet durch Flecken des Kopfes, der stattliche Bauch wogt
Hin und her, und der Leib schwillt auf von gefeisteter Wampe.“

Offenbar enthält für einen Fisch diese Schilderung viel Schmeichelhaftes, und wir wundern uns nun nicht, daß auch heute noch Könige von ihren Schlössern am Rhein mit Wohlgefallen auf denselben Salmfang blicken, der ihren Vorgängern in anderen Jahrhunderten eine so hohe Passion gewesen. Noch heute kann man, von der Stätte jenes verschwundenen Frankenkönigsschlosses hinüber nach Leudesdorf blickend, desselben Anblicks theilhaftig werden, wie jene alten Herren vor dreizehnhundert Jahren, denn die Fangstellen sind gar wohl gemerkt worden, sie haben ihre festen Grenzen, ihren Werth und ihre Abgaben, sie sind ein geschätztes Besitzthum, wie es nur irgend ein trefflicher Acker oder Wald sein kann. Leider haben diese Fangstellen mit den Wäldern nur zu viel Schicksalsähnlichkeit, denn wie diese sind auch sie im Laufe der Zeit und durch die Hast der Industrie auf immer geringere Ausdehnung zusammengeschmolzen.

Ja, die schönen Salmzeiten sind vorüber, wo das Gesinde am Rhein bei seiner Verdingung sich die Zusicherung geben ließ, nicht öfter als drei Male in der Woche Salmen essen zu müssen. Damals waren auch noch Verträge möglich, wie der des St. Swibertsstifts zu Kaiserswerth mit dem Trierer Erzbischof, der für die ihm jährlich gebührenden acht Gänse und 416 Pfd. Salmen, die ihm auf die Burg Hammerstein geliefert werden mußten, die Abgabe von jährlich 45 Florin vorzog. Denn, das wollen wir hier nur beiläufig erwähnen, die Salmfänge gehörten ursprünglich, wie alle Fischerei in großen Flüssen, zum Regal der Könige, von denen sie, gleich den Rheinzöllen, an einzelne geistliche und weltliche Reichsstände überlassen wurden. Das mag in frühe Zeiten zurückgehen, denn wenn die Salmfänge urkundlich auch erst im 13. Jahrhundert vorkommen, so haben wir doch oben gesehen, daß man schon tausend Jahr früher den Salm des Rheins kannte, dem außerdem bereits Plinius den ersten Heimathschein sammt Signalement ausgestellt hat. – Während aber in der Mitte des 15. Jahrhundertn noch immer neue Fangstellen entdeckt wurden und die fürstlichen, geistlichen und sonstigen herrschaftlichen Besitzer wie die Pächter der Fänge sich guter Einnahmen freuten, gingen später allmählich viele Stellen ein, und daran trug nicht immer ungünstiger Wasserstand, sondern auch unredliches Verfahren der Fischer die Schuld. Welche Werthschwankungen im Pachtertrag möglich waren, zeigte sich am überraschendsten während der französischen Herrschaft am Rhein: damals wurden die sehr bedeutenden Fänge, der sogenannte Klatt, um 30 Franken verpachtet, während sie 1817 dem Pächter über 8000 Gulden eintrugen. Noch rascher nahm der Verfall von Fangstellen seit dem Aufblühen der Dampfschifffahrt zu. Der Fisch, der Ruhe vor dem Menschen in den tiefsten Stellen des Stroms sucht, fand jetzt bei dem wogenaufwühlenden Räderbrausen viele alte Lieblingsplätzchen nicht mehr tief genug und zog sich in tiefere zurück, zu denen wir uns nun ebenfalls begeben wollen.

Außer den großen Salmfängen in den Niederlanden beschränkt sich die Reihe der ergiebigsten Fangstellen auf die Rheinstrecke von Mainz bis Coblenz, und von dieser Strecke zeichnet sich wieder das Stückchen Rhein zwischen St. Goar und Oberwesel als das Salm-Paradies aus.

Für die ältesten Salmfänge am ganzen Mittelrhein gelten die bei St. Goar und am sagenreichen Lurleifels. Es interessirt gewiß unsere Leser, eine Anschauung von der Wichtigkeit, die man dem Besitz einer solchen Fangstelle im Alterthum beilegte, und einen geschichtlichen Rückblick auf eine derselben zu gewinnen. Wir wissen z. B., daß König Ludwig der Deutsche, der 876 starb, durch eine Urkunde vom 25. Februar 871 den Aebten von Prüm das Recht der Fischerei zwischen St. Goar und Bacharach gestattete. Der Salmfang ist zwar in dieser Urkunde nicht ausdrücklich genannt, daß er aber darunter mit verstanden war, geht daraus hervor, daß bei den späteren Erneuerungen dieser Gerechtsame in Betreff des Salmfangs stets auf dieselbe Bezug genommen wird. Nach einem Weisthume des Schöffengerichts zu St. Goar vom Jahre 1385 über die Rechte der Abtei Prüm besaßen die Aebte die Salmfänge noch zu jener Zeit, überließen sie aber 1449 dem Grafen Philipp von Katzenellenbogen auf Widerruf mit ihren übrigen Besitzungen für die Summe von 4500 Gulden. Von diesem Grafenhaus gelangten 1480 die Salmfänge der linken Rheinseite an die Landgrafen von Hessen-Cassel, von diesen 1794 an Frankreich und 1815 an Preußen, das sie noch besitzt.

Von dem Salmenwasser auf der rechten Rheinseite von St. Goarshausen bis Oberwesel hatte sich noch 1418 ein Theil als Reichslehen erhalten und wurde von Kaiser Sigismund dem Johann von Schönenberg zu Ehrenberg zu Lehen gegeben. Von einem Fange, Long bei St. Goarshausen, hatte das Stift zu St. Goar von jedem aus den Salmen gelösten Gulden 16 Heller zu beziehen. In der Mitte des 15. Jahrhunderts waren die Grafen von Katzenellenbogen auch Herren dieser sämmtlichen Fangstellen; von ihnen kamen sie später an Hessen-Cassel und Nassau.

Gegenwärtig sind zwischen St. Goar und Oberwesel auf der linken Rheinseite sieben Salmenfänge, welche die Namen Werbe, Klatt, Lützelstein, Entenpfuhl, Welleswage, Lückersörtchen und Kaumerswage führen, und zwischen St. Goarshausen und Oberwesel auf der rechten Rheinseite drei Fänge: Long, Saun und Lichern. Alle bieten dem Salm, was er vor Allem sucht: ein tiefes überschattetes Strombett. Daher kann auch auf dieser Rheinstrecke, der wildromantischsten des ganzen Stromes, und besonders am Lurleifelsen, dessen dämonische Bewohner, die Kobolde und Nixen sammt der verzaubernden Jungfrau, in jüngster Zeit durch den Tunnel der rechtsrheinischen Eisenbahn vertrieben worden sind, wo das Bett des Rheins eine Tiefe von 94 Fuß bei gewöhnlichem Wasserstande hat, der Fang des Salms das ganze Jahr hindurch betrieben werden, während dies anderswo nur bei hohem Wasser möglich ist.

Der Salmfang wird auf verschiedene, durch die Beschaffenheit des Flußbettes bedingte Art ausgeübt. Am Niederrheine, wo das Bett nicht felsig und das Ufer nirgends steil ist, gebraucht man ein 1000 bis 1500 Fuß langes Netz, an welchem sich in kleinen Entfernungen viele Sacknetze befinden. Mit diesem wird die ganze Breite des Stromes abgesteckt und auf 500 bis 800 Schritte weit stromabwärts abgetrieben. Am Haltepunkte bleibt der rechte Flügel stehen und der linke schwenkt sich mit Kähnen in einem Halbmonde nach der rechten Seite, wo am Ufer mehrere Pferde bereitstehen und das Netz rasch auf’s Land ziehen, damit den Salmen keine Zeit zum Zurückgehen oder Durchbrechen bleibt.

Am Mittelrheine, wo der Salm die engen Stromstellen passiren muß, wird er in kleinen Hebenetzen oder in Sackkörben gefangen. Im Rheingau gebraucht man Wurfgarne, weil die dortigen Fischer die Stellen kennen, wo der Salm, wenn er nicht steigt, ruhig steht und wo er bei dem klaren Wasser genau sichtbar ist. In den kleinen Nebenflüssen und Bächen wird der Salm Nachts bei Fackelschein, während er versucht, auf die 4–5 Fuß hohen Wehre zu springen, mit Stangen getödtet. In denselben Gewässern wird er auch am Tage von Jagdliebhabern geschossen.

Eine ganz eigenthümliche Fangart findet zwischen St. Goar und Oberwesel am Lurlei statt. In dieser Felsenregion ziehen die sonderbaren Anstalten, welche dazu getroffen werden, die Aufmerksamkeit der Reisenden ganz besondern auf sich, weshalb wir unsern Lesern eine bildliche Darstellung davon geben. Es sind dies die Schiffe und Kajüten, in welchen die Fischer den Salmen Tag und Nacht auflauern. Sie liegen quer im Rheine, und stromaufwärts von ihnen ist ein großes Wehr von Steinen errichtet, um die starke Strömung des Flusses zu brechen, weil der Salm es liebt, im stillen Wasser zu steigen.

Zwischen dem Schiffe und dem Wehre ist ein dreißig Fuß im Quadrat großes Netz ausgespannt und mittels Gewichten in seiner Mitte vierzehn Fuß tief so eingesenkt, daß es einen stumpfen Winkel bildet. An diesem Netze befinden sich mehrere Hebel, welche der Fischer, sobald er durch die Bewegung des Netzes wahrnimmt, daß ein Salm hineingegangen ist, mit einem Zuge aufschnellen lassen kann, wodurch dasselbe bis zur Oberfläche gehoben und der Fisch gefangen wird. Diese Vorrichtungen sind von einer solchen Stärke, daß 300 bis 400 Pfd. Stöhre auf einmal darin gefangen werden können.

Der Ertrag der Salmfänge, welcher sich durch die Dampfschifffahrt um mehr als ein Viertel vermindert hat, hängt, wie bereits bemerkt, viel von günstigem Wasserstande und noch mehr von der Thätigkeit und Redlichkeit der Fischer und der herrschaftlichen

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Der Salmfang im Rhein.

Verwalter ab. In sehr günstigen Jahren haben einzelne geringere Fänge dem Pächter 1500 bis 2000 Thaler eingetragen. Der Rheinsalm wird in den kühleren Jahreszeiten fast nach allen Hauptstädten Europas versandt; die Nähe der Bäder Ems, Schwalbach, Wiesbaden, Homburg, Kreuznach etc. sowie die erleichterte Versendung durch die Dampfboote haben die Preise so sehr gesteigert, daß selbst bei sehr reichem Fange das Pfund mit 18 bis 20 Silbergroschen und während der Badesaison sogar mit 1 Thaler 15 Silbergroschen bezahlt wird.

Von den 29 Arten des Salmengeschlechts, welche Linné in vier Gattungen eintheilt, nämlich in buntfarbige Salmen oder Lachsforellen (Truttae), in Stinte (Osmeri), in Eschen (Coregoni) und in Salmbrachsen (Characini), werden im Rheine blos folgende fünf Arten angetroffen und gefangen: 1) der Lachs oder eigentliche Salm (Salmo Salar); 2) die Lachsforelle (Salmo Trutta); 3) die Steinforelle (Salmo Fario); 4) der Saibling (Salmo Salvelinus) und 5) der Rheinank (Salmo Lavaretus). Der Salm führt am Rhein diesen Namen blos von Neujahr bis Jacobitag, von da ab wird er schlechter und heißt Lachs. Der Salm des Rheins hat in Ansehung seines Geschmacks den Vorzug vor allen übrigen Seinesgleichen in Deutschland. Die wahre Heimath desselben ist die Nordsee an den scandinavischen Küsten. Er gehört zu den Zugfischen. Anfangs April zieht er haufenweis aus dem Meere in die Ströme, um dort zu laichen. Gewöhnlich ziehen 30 bis 40 Stück in einem Haufen, in zwei Reihen, welche vorn zusammenstoßen und so die Seiten eines Dreiecks bilden, wahrscheinlich um durch diese Stellung die starke Strömung in den Flüssen besser zu überwinden. An der Spitze befindet sich der stärkste Fisch, dem in Entfernung von je zwei Fuß zwei andere folgen; die jüngsten machen den Schluß. Sie wissen, wie die Schwalben, die alten Laichplätze jährlich wiederzufinden. In der Hälfte des Aprils ist der Salm bereits bis Coblenz und Anfangs Mai selbst bis Basel gestiegen. Im August besucht er die Nebenflüsse, wo ihn kein Hinderniß, kein Wehr und kein Wasserfall aufhält, so daß er schon in der Linth 3012 Fuß und in der Reuß 4400 Fuß über dem Meeresspiegel angetroffen worden ist. In jenen Bächen wird nun gelaicht. Die Zahl Eier von einem Salmenpaar soll sich auf 30,000 belaufen; in einem schwachen Salm von 20 Pfund wurden 27,850 Eier gefunden. Der Salm legt dieselben zwischen Steine und in kleine Vertiefungen; daß er kleine Gräben verfertige und dieselben überdies noch befestige, wie die alten Naturforscher, besonders aber Aldrovand, sagen, wird von neueren Forschern für eine Fabel erklärt. Nach sechs Wochen kommen die jungen Salmen zum Vorschein, und sobald sie zu Kräften gelangt sind, geht die Brut rheinabwärts in’s Meer hinaus. Die Schnellkraft des erwachsenen Salm ist so groß, daß er Wehre von sechs Fuß Höhe überspringt; es ist selbst vorgekommen, daß er sich auf die zehn Fuß hohe Rheinbrücke bei Mainz schnellte; versucht er es doch sogar, freilich ohne Erfolg, zur großen Ergötzlichkeit der Zuschauer, den achtzig Fuß hohen Rheinfall bei Schaffhausen hinauf zu springen.

Der hohe Werth der Salmen, welcher durch die zunehmende Consumtion und den verringerten Fang noch immer gesteigert wird, hat die Industrie veranlaßt, der Natur in ihr Geschäft zu greifen, um auf künstliche Weise Fische zu erzielen. Was man früher für ein Märchen hielt, ist jetzt Wirklichkeit. In einer Versammlung der British Association berichtete Herr Edmund Ashworth über höchst interessante Versuche schottischer Salmenzüchter, die zugleich [622] gleich über die Naturgeschichte des Salm manche Neuigkeit zu Tage förderten. Die schottische Gesellschaft begann ihre Arbeit am 23. December 1853. Man hatte an passenden Orten im Tay-Gebiet 300 Brutkästen aufgestellt und operirte mit 300,000 Eiern.

Da bei künstlicher Zucht die Eier den vielen Gefahren zwischen dem Sande und den Steinen eines unruhigen Flusses enthoben sind, so schlüpfen auch viel mehr Thierchen aus. Am 31. März 1854 kam die erste Brut zum Vorschein, und im Juni hatten die Thiere eine Größe von 11/2 Zoll erreicht. Man fütterte sie nun den ganzen Winter über, bis sie im Mai 1855 3–4 Zoll groß waren. Nur im Frühjahr ist der Salm auf den bläulichen Seiten braungefleckt, und er zieht gleichsam sein silbernes Kleid nur zur Reise an, wenn er sich in’s Meer begiebt. Eine solche Veränderung bemerke man an den schottischen Zöglingen noch nicht, während man in den benachbarten Gewässern bereits wilde einjährige Salmen (Smelts) auf der Wanderschaft antraf.

Erst am 19. Mai färbte sich ein Theil der Brut, und man öffnete die Schleußen ihrer Behälter. Wider Erwarten zeigten aber die Thiere keine Lust zum Fortziehen, bis endlich am 24. Mai ein Schwarm erwachsener nach der See aufbrach. Die Auswanderungen wiederholten sich, und zuletzt blieb nur die Hälfte der Brut zurück. Hierdurch wird auch der Streit gelöst, ob der Salm im zweiten oder im dritten Jahr sein Fell ändere; offenbar geschieht es nämlich bisweilen im ersten, bisweilen im zweiten Jahr. Die ausgewanderte Brut wurde unterwegs zum Theile wieder aufgefangen und etwa 1 Procent der Auswanderer dadurch gekennzeichnet, daß man ihnen die zweite Rückenflosse abschnitt. Im Ganzen geschah die Operation an 1200 bis 1300 Stück. Schon nach zwei Monaten wurden einige dieser Flüchtlinge als Salmen aus der See in ihren Heimathgewässern wieder gefangen, und bei zweiundzwanzig gelang es, genau ihr Gewicht zu bestimmen. Diejenigen, welche am frühesten zurückgekehrt waren, wogen 5 bis 51/2 Pfund; spätere bereits 7 bis 8 Pfund, und ein Stück, welches am letzten Beobachtungstage (31. Juli) gefangen wurde, 91/2 Pfund. In Zeit von zwei Monaten hat also das Seewasser dem Fische dieses Wachsthum verschaffen können. Die interessanteste Enthüllung dieses Versuches besteht aber darin, daß nur zwanzig Monate, von der Laichzeit an gerechnet, nöthig waren, um einen Salm von beträchtlichem Handelswerthe zu erziehen, während man bisher an der Ansicht festhielt, daß derselbe erst in 5 bis 6 Jahren diese Schwere erreiche.

Nach diesem ersten gelungenen Versuch sind in Großbritannien und Irland zahlreiche Etablissements für künstlische Fischzucht entstanden. In Schottland ist namentlich die in Stormontfield, von einem Herrn Peter Marthell begründet, von Bedeutung. Nach dem Muster desselben errichtete man die Brutstellen am Agin in Schottland; ebenso sind an den für sie äußerst günstigen Flüssen der Waliser Gebirge, namentlich dem Severn, derartige Unternehmungen ziemlich zahlreich begründet worden.

Auch in Irland giebt es sehr namhafte Fischzüchtungsinstitute. Schon seit längerer Zeit unterhalten die Gebrüder Ashworth in der Galwaybai ausgedehnte Lachsbrütereien, die bereits einen Jahresertrag von mehr als 300,000 Eiern erzielen, und haben von hier aus die Salmenproduction an mehrere kleine Zuflüsse des in derselben Grafschaft gelegenen Masksees verpflanzt. Nach den uns von den Besitzern selbst gewordenen Mittheilungen haben etwa 600,000 aus den Galway-Anstalten gesammelte Lachseier den Grund zu der Bevölkerung der neuen Lachsgewässer gelegt, die sich ungefähr auf eine Länge von sechs deutschen Meilen erstrecken. Im Augenblicke kann man den jährlichen Gewinn der jungen Colonie schon als einen höchst beträchtlichen und stetig wachsenden bezeichnen; denn der Salm, einmal in das ihm zusagende Wasser gesetzt und vor den ihm drohenden Gefahren vorsorglich geschützt, vermehrt sich gewissermaßen in’s Unendliche.

Das künstliche Laichen desselben wird übrigens auf die einfachste Weise von der Welt bewerkstelligt und ohne daß dem Fische selbst dabei die geringste Gewalt oder Qual geschieht. Man hält den weiblichen Lachs über einen mit reinem Flußwasser gefüllten Zuber und drückt den Eiersack sanft mit beiden Händen zusammen, bis die Eier sich in das Gefäß entleeren. Hierauf entpreßt man dem männlichen Fische die Milch in ähnlicher Weise, und sofort läßt sich an dem ausgedrückten Rogen eine merkwürdige Veränderung wahrnehmen. Die vorher hellen und fast durchsichtigen Eier werden mit einem Male trüb und dunkelroth. Die Fische selbst bringt man so rasch als möglich in das fließende Wasser zurück, wo sie sich alsbald mit dem Gefühle offenbarer Erleichterung lustig umhertummeln, was sehr begreiflich scheint, wenn man weiß, daß der Laich in der Regel nicht weniger als den vierten Theil des Gesammtgewichtes des Lachsen ausmacht und demnach für diesen eine schwere Last sein inuß.

Obschon es ein deutscher Naturforscher Namens Jacobi war, welcher um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die erste Anregung zu einer Züchtung der Fische auf künstlichem Wege gab, und sein Verfahren allen den nachmals dabei in Ausführung gebrachten Methoden und Systemen zum Grunde liegt, so ist es mit diesem Ergebniß deutscher Forschung leider gegangen wie mit so vielen anderen unserer Entdeckungen und Erfindungen: die praktische Verwerthung und Ausbeutung ist zunächst von anderen Nationen in die Hand genommen worden. In Deutschland hat die künstliche Fischzucht verhältnißmäßig erst wenig Eingang gefunden, trotzdem daß uns nichts fehlt, was in erster Stelle dazu gehört: wir sind reich an klaren Berg-, Wald- und Wiesengewässern und diese an den mannigfaltigsten Arten wohlschmeckender Fische. Namentlich würde sich die Zucht der Forelle, dieses feinsten aller Süßwasserfische, an hundert Bächen und Orten mit dem sichersten Erfolge betreiben lassen. Mag sein, daß viele Grundeigenthümer, Müller, Fabrikinhaber, Fischer und wer sich sonst im Besitze von fließendem Wasser und Fischereigerechtsamen befindet, den Anlageaufwand scheuten. Im Verhältniß zu den zu erreichenden Vortheilen ist dieser aber gar nicht der Rede werth; wo es sich nicht um ausgedehnte Unternehmungen, wie die schottischen und Hüninger, handelt, genügt vollständig der von dem französischen Gelehrten Coste erfundene bekannte Apparat, der auf einer Art von unter dem Niveau des Baches oder Flusses angebrachten Tische eine Anzahl von Brutkästen in etagenförmiger Abstufung umschließt. Wir wollen darum hiermit nochmals und recht angelegentlich die Aufmerksamkeit des betreffenden Publicums auf einen Wirthschaftszweig gelenkt haben, der neben dem Interesse der Sache selbst so nachhaltigen soliden Genuß in Aussicht stellt.