Die älteste Geschichte der Fabrication des Linnen-Papiers

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Autor: Friedrich Gutermann
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Titel: Die älteste Geschichte der Fabrication des Linnen-Papiers
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aus: Serapeum, 6. Jg. Heft 17, S. 257–265 u. Heft 18, S. 273–286
Herausgeber: Robert Naumann
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Erscheinungsdatum: 1845
Verlag: Weigel
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Erscheinungsort: Leipzig
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[257]
Die älteste Geschichte
der
Fabrication des Linnen-Papiers.
Aus handschriftlichen Urkunden und gedruckten Nachrichten
gesammelt von

Friedrich Gutermann in Stuttgart.


Schon im Jahre 1825, als durch Ulrich Hegner zu Winterthur das Leben von Hans Holbein dem Jüngern beschrieben wurde[1], nahm ein Freund desselben, Freiherr von Lassberg, der berühmte Erforscher deutschen Alterthums, Gelegenheit, mich, der ich gerade um diese Zeit mit dem Ordnen der stiftischen etc. Archive meiner Vaterstadt Ravensburg beschäftigt war, aufzufordern, über die genealogischen und historischen Verhältnisse der in älterer Zeit zu Ravensburg ansässigen Familie Holbein Auskunft zu ertheilen. Die Veranlassung hiezu gab eine Urkunde[2], welche im Schlosse zu Worblingen im Howgäu aufgefunden wurde und in welcher ausdrücklich [258] gesagt ist, „das Frid. Holbein sälig das Selhus daselben (Ravensburg) vormauls angesehen vnd gestifft haut.“ Zugleich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass das zu Ravensburg an einigen Gebäuden vorkommende Holbein’sche Familienwappen[3], der schwarze Ochsenkopf auf weissem Schilde, identisch mit jenem der beiden Maler Holbein zu Basel erscheine; dass ferner Ravensburg in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts der Sitz eines ausgebreiteten Handels mit Papier gewesen sei, welches meistens einen Ochsenkopf zum Wasserstempel hatte und bis nach Holland und Italien ging, endlich dass ein Holbein wahrscheinlich Eigenthümer einer oder mehrerer Papiermühlen zu Ravensburg gewesen sei, und in diesem Gewerbe ein so beträchtliches Vermögen erworben habe, dass er im Stande gewesen, eine so bedeutende Stiftung zu gründen, wie das ehemalige Ravensburger Seelhaus, das nur wenige Jahre nach seiner Entstehung schon so reich war, dass es den Edlen von Dankratswyl ihre Burg, Dorf und Höfe abkaufen konnte.

Wenn mir schon viel daran gelegen war, dieser ehrenden Aufforderung sogleich zu entsprechen, so war es mir damals dennoch nicht möglich, einmal, weil um jene Zeit das städtische Archiv zu Ravensburg noch sehr in Unordnung sich befand, und dann, weil ich bald nachher anderwärts angestellt worden bin.

Als nun vor Kurzem von Seiten des Vereines für Kunst und Alterthum zu Ulm (Siehe dessen zweiten Bericht über seine Leistungen im schwäbischen Merkur vom 3. April), zugleich auch die von Herrn Professor Hassler, dem unermüdlichen Forscher altdeutscher Kunst, ausgesprochene Ansicht veröffentlicht wurde: „dass die ältesten Fabriken des Linnen-Papiers in Deutschland, dem Mutterlande so vieler wichtiger Erfindungen, und zwar in Ravensburg zu suchen seien,“ lag für mich hierin eine abermalige Aufforderung, nun einmal auch [259] die von mir über diesen Gegenstand gesammelten Nachrichten der Oeffentlichkeit zu übergeben.

War es nun Ravensburg, wie wir hernach sehen werden, wo durch die Familie Holbein die ersten Papiermühlen in Deutschland, und zwar schon zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts, erbaut wurden, so war es nicht weniger diese Stadt, in welcher mehrere Jahrhunderte früher auch andere weit grossartigere Gewerbe den Handel belebten, unter diesen zeichneten sich besonders zahlreiche Webestühle aus, auf welchen Leinwand, baumwollene Zeuge und wollene, – namentlich graue Tücher gefertigt wurden. Es befand sich auch in uralten Zeiten zu Ravensburg ein sehr besuchter Markt[4], den nachmals Kaiser Rudolph während seiner Anwesenheit daselbst im Jahre 1286 nicht nur bestätigte, sondern auch noch mit besondern Privilegien begabte.[5] Auf diesem Markte wurde theils mit der im Lande, theils mit der sogenannten welschen Leinwand, welche aus Italien eingeführt wurde und sehr gesucht war, ein lebhafter Handel getrieben, dessen Bestehen ohne Zweifel von günstigem Einflüsse für die Papierfabrication der Familie Holbein war.

Näher in die Einzelnheiten jenes Verkehrslebens der Ravensburger einzugehen, liegt weder in der Aufgabe des gegenwärtigen Aufsatzes, noch gestattet es der Raum dieser Blätter; Alles jedoch, was zur Beleuchtung unserer Papierfabrication nöthig ist, soll in gedrängter Kürze, als zur allgemeinen Culturgeschichte von Ravensburg gehörig, hier vorangeschickt werden.

[260] Ravensburg, früher Eigenthum der nicht ebenso reichen als mächtigen Hohenstaufen, Guelphen und noch früher der Carolinger, welche Jahrhunderte hindurch grösstenteils auf ihrer Burg daselbst[6] oder in deren nächsten Nähe, auf dem Schlosse zu Altdorf wohnten, bahnte sich schon frühe in dieser glanzvollen Ritterzeit den Weg zu seinem nachherigen Wohlstande und zu der Höhe seiner politischen Freiheiten, auf welche sich diese Stadt in stufenweiser Reihenfolge, nach dem Untergange der Hohenstaufen und des Herzogthums Schwaben, emporschwang, bis sie endlich unter Kaiser Rudolphs Regierung zu ihrer völligen Reichsunmittelbarkeit gelangte.[7]

Starke Mauern und hohe Thürme[8] erhoben sich stolz und mächtig aus den um sie gezogenen breiten und tiefen Gräben, und hinter diesen sammelten sich viele der glänzendsten Patriziergeschlechter[9], Künstler, Kaufleute und Handwerker zu [261] einer treuen und fleissigen, aber auch zahlreichen[10] und muntern Bürgerschaft, vereint durch Krieg, wie durch friedliche Beschäftigung, eng verbünden, stets bereit, ihre Freiheiten, ihren Handel und ihr Gewerbe zu beschützen; gewiss eine nicht geringe Aufgabe für eine Zeit, wo nur das Recht des Stärkern (das Faustrecht) galt, wo ein grosser Theil des Adels, wo selbst Bischöfe und Aebte, gleich eifersüchtig auf den Reichthum der Reichsstädter, diesen feindlich gegenüberstanden, und wo es Ritter gab, welche das Uebergewicht ihrer Macht bis zur Ungebühr missbrauchten, andere aber, welche bis zu dem entehrenden Gewerbe des Wegelagerns[11] [262] sich herabwürdigten. Wollten nun die Städte so vielen Feinden nicht unterliegen, so mussten sie stets die Waffen bei der Hand haben[12], ihren männlichen Muth in der Brust bewahren und durch Einigkeit ihre Kraft, in dem einmal gehobenen Städterleben, zum Schutze ihrer Selbstständigkeit und ihres Handels sichern.[13]

Der Geist grosser Unternehmungen war nun geweckt[14], [263] eine heilsame Folge der Kreuzzüge. An den innern Handel schloss sich der vom Morgenlande an, den die italienischen [264] Seestädte anfänglich allein in Händen hatten und dann später über die Engpässe der Alpen nach Deutschland verbreiteten. Alles was jetzt zur See in die nördlichen Länder gebracht wird, nahm damals den Weg durch Deutschland. Eine der bedeutendsten dieser Handelsstrassen, diejenige, welche von Italien durch Chur-Rhätien nach Deutschland führte, nahm ihre Richtung über Ravensburg.

Aber Handel und Gewinn waren nicht das einzige Ziel dieser bürgerlichen Regsamkeit, Künste und Wissenschaften blühten gleichzeitig in ihren Mauern und ein religiöser Sinn gedieh zu ernster Reife in ihrer Mitte; deutsche Redlichkeit leitete ihre Unternehmungen, und die Mässigkeit einer einfachen Lebensweise diente hauptsächlich dazu, das einmal Erworbene zu erhalten und einen ausserordentlichen Aufwand bei grossen Festlichkeiten, wenn es die Ehre gebot, zu sichern.[15]




In einem solchen ernst freundlichen Bilde stellt sich uns Ravensburg mit dem Eintritt in’s Mittelalter dar, zur Zeit als zwei Brüder, Frik und Hans Holbein, die ersten waren, die Papiermühlen daselbst erbauten, eine Familie, von welcher die Vermuthung nicht ferne liegt, dass der Maler Hans Holbein der Jüngere derselben entsprossen gewesen.

Nachdem Bürger-Annahme-Buch von Ravensburg erscheinen gleich zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts unter den ersten die beiden Brüder: Hans und Frik Holbein, welche um diese Zeit den sogenannten Hammer, ein Anwesen am Flattbach in der Vorstadt Oehlschwang zu Ravensburg, erkauft haben, das noch in der neuesten Zeit aus drei ganz nahe beisammen liegenden Papiermühlen besteht, die man unter der Benennung: der obere, mittlere und untere Hammer jetzt noch kennt.

Die Wasserkraft, wie sie damals den Flattbach durchfloss, mochte freilich dem grossartigen Unternehmungen dieser Holbeine nicht lange entsprochen haben[16], denn schon im Jahre [265] 1336 finden wir diese beiden Brüder Holbein wegen der städtischen nicht unbedeutenden Brunnenquellen[17] auf dem nahe daran gelegenen sogenannten Wildenhammer mit ihren Mitbürgern im Streit begriffen, welche sie zur Benutzung für ihr Gewerk (im Hammer) als Eigenthum in Anspruch nahmen.[18]

[273] Wollen wir einige Augenblicke bei den Schicksalen der Familie Holbein in Ravensburg verweilen, so sehen wir, was Kunst, Fleiss und Geschick auszuführen vermögen, wir sehen, wie, allein im Besitze des Geheimnisses der Papierfabrication[19], das Vermögen dieser Familie an Grundeigenthum und Gefällen ihr immer grössern Wohlstand und Reichthum gewährt, wie die öffentliche Meinung sich höchst vortheilhaft für sie ausspricht, indem sie zwei von ihnen das Stadt-Ammannamt überträgt, nämlich Frik Holbein dem Aeltern, von 1344 bis 1359, und Frik Holbein dem Jüngern, von 1367 bis 1398; und wie ein Burkhard Holbein im Jahre 1350 zur Würde eines Abtes in dem nahe bei Ravensburg gelegenen Kloster Minderau (Weissenau) erhoben wird. Wir sehen aber auch, wie sie durch eheliche Bande in die Verwandtschaft anderer, selbst der ausgezeichnetsten Patrizierfamilien Ravensburgs gekommen [274] sind, wie z. B. in die Familie der Grämlich, die sich von ihren Besitzungen von Jungnigen, Hassenweiler, Zogenweiler und Bettenreute schrieben[20], der Bizighofer (Bürgermeister), der Schmid, die sich auch Schindelin von Unterreitenau schrieben, der Mettenbuch (Dienstmannen der Grafen von Werdenberg-Heiligenberg).

Aber wie alles Irdische dem Wechsel unterliegt und nur zu oft von kurzer Dauer ist, so wurde auch der anbrechende freundliche Morgen zeitlichen Glückes dieser Familie in Ravensburg nur gar zu bald getrübt, denn schon im Jahre 1358 wurde Frik Holbein der Aeltere seines Dienstes als Stadt-Ammann entsetzt und aus der Stadt gewiesen[21], weil er „Geheimnisse der Stadt“ soll verrathen und gegen sie feindliche Truppen soll geworben haben.[22] Dieses Ereigniss lastete [275] folgenschwer auf der Familie Holbein und war zweifelsohne die Veranlassung zu ihrem Sinken; denn von jetzt an finden wir bei derselben nur noch Vermögens-Entäusserungen durch Verkäufe und Verstiftungen in den öffentlichen Akten zu Ravensburg. Unter die bedeutenderen Verkaufsverhandlungen sind zu zählen: der Verkauf des halben Zolls von Ravensburg an diese Stadt im Jahre 1370[23] und die Verkäufe von mehreren Bauerngütern an den Spital daselbst im Jahre 1400. Auch des geächteten Frik Holbein’s Sohn, Hans Holbein, musste die eiserne Hand dieses verhängnissvollen Schicksals nur wenige Jahre nach seines Vaters Unglück ereilt haben, denn derselbe verkaufte im Jahre 1366 alle seine Besitzungen, besonders die zu Mettenbuch und Waldbeuren, welche ihm Guta seine Hausfrau zur Morgengabe in die Ehe brachte, an den Spital zum heil. Geist in Pfullendorf „vmb achtenhalb hundert phunt guoter vnd genämer heller“.[24]

Guta war eine Tochter Wernhers von Mettenbuoch und Annas, Conrad des Ammanns von Buchhorn Schwester, und Wernher von Mettenbuoch ein Dienstmann des Grafen Albrecht von Werdenberg-Heiligenberg, der ihn mit Gütern zu Mettenbuoch, Waldpüren (Waldbeuren) und zu Markdorf, „vmb einen dienst gen paiern“ belehnte.[25]

An Stiftungen von dieser Familie kommen in Ravensburg folgende vor: die des Frik Holbein an das Seelhaus allda 1404.[26] Dann an Spenden und Jahrtägen: von der Anna Holbein, Hansen Schmids Wittwe[27], die der Margaretha [276] Holbein, Frikhen Lutprechts Hausfrau[28], die des Hans Holbein und Verenna, seiner Hausfrau, und die der Ursula Holbein, Hans Bizighofers Hausfrau.[29]

Mit den so eben erwähnten Stiftungen hören alle weitere Nachrichten von dieser Familie in Ravensburg auf. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die letzten Glieder derselben um diese Zeit nach Augsburg ausgewandert sind. Besonders beachtenswerth für den Biographen der Familie Holbein dürfte das Zusammentreffen der Namen obiger Stifter sein, welche mit den gleichen Namen der vier Geschwister des Sigmund Holbein, nämlich Hans Holbein, Ursula Holbein, Anna Holbein und Margaretha Holbein, in dem Stammtäfelchen des Christian von Mechels, in Hegner’s Biographie von Hans Holbein dem Jüngern[30], erscheinen, Hiebei ist nicht ausser Acht zu lassen, was Hegner über die Zuverlässigkeit des Christian von Mechels sagt: „der es überhaupt mit den Jahrzahlen nicht ganz genau genommen hat.“


Das älteste Papier, das aus Pflanzen verfertigt worden ist, ist wohl das ägyptische, zu dessen Bereitung eine Nilpflanze verwendet wurde, und wovon Plinius acht Sorten aufzählt. Ungefähr im zwölften Jahrhundert hörte der Gebrauch dieses Papiers vermuthlich desswegen auf, weil die Pflanze nicht mehr hinreichte. Später fing man an sich der sogenannten Charta bombycina zu bedienen. Papier aus Baumwolle, auf welches die griechischen Bücher, besonders des 13. und 14. Jahrhunderts, geschrieben sind, ist wahrscheinlich das nämliche, welches Tutilo, der St. Gallensche Mönch [277] (Theophilus Presbyter) de omni Scientia artis pingendi mit dem Ausdrucke: pergamena graeca bezeichnet.[31]

Erst im vierzehnten Jahrhundert musste es unserm

Linnenpapier,

das aus abgenutzten leinenen Lumpen zubereitet wird, weichen.

Bisher glaubte man allgemein, die Fabrication des Linnenpapiers sei von den Italienern zu uns herübergebracht worden. Wenn man aber dem Laufe der über diesen Gegenstand vorangegangenen Untersuchungen folgt, so finden wir, dass Italien allerdings schon in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts im Besitze von bedeutenden Papierfabriken[32] gewesen ist, dass von ihnen um jene Zeit auch bedeutende Papiersendungen nach Deutschland herüberkamen[33], man ist aber noch nicht so weit gekommen, mit Gewissheit zu bestimmen, ob das italienische Papier aus jener Zeit von baumwollenenen oder leinenen Stoffen gefertigt war[34], auch kann man mit Genauigkeit die Zeit nicht angeben, wann die ersten Papierfabriken dort errichtet wurden. Das aber wissen wir gewiss, und wir werden uns im Verlaufe von der Wahrheit der Sache überzeugen, dass schon zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts durch die Familie Holbein das erste Linnenpapier in Deutschland, zu Ravensburg, also in Schwaben, gemacht wurde, von welchem Papier Gotthelf Fischer eine Urkunde vom Jahre 1301 aufgefunden hat. (Anmerk. 50.)

Ravensburg zählte noch zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts sechs Papiermühlen, welche am Flattbach[35] oberhalb der Stadt liegen, von denen drei zum Hammer genannt werden, der zur Vorstadt Oehlschwang gerechnet wird, die andern drei reihen sich an diese an, wurden aber früher zu den Weilern Schornreuthe und Knollengraben gezählt. Die [278] drei ersten verdanken ihr Bestehen der Familie Holbein schon seit Anfang des vierzehnten Jahrhunderts, die zwei letztern aber sind zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts durch die Ravensburgschen Papierer: Conrad, Peter und Stengeli, in Schornreuthe erbaut worden.[36] Wann die äusserste von diesen sechs Papiermühlen, die Aichamsche, jetzt Stapfsche, welche ganz nahe bei den vorigen liegt und mit dem Ort Knollengraben im Gebiete der ehemaligen österreichischen Landvogtei gelegen, erbaut und eingerichtet wurde, kann nicht nachgewiesen werden, jedenfalls entstand sie aber erst nach den von Stengeli etc. erbauten Papiermühlen; denn noch zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts zählte Ravensburg nur fünf Papiermühlen.[37]

Das von den Holbein gefertigte Papier führte entweder ihr Familienwappen, den Ochsenkopf, der meistens auch ein einfaches (Patriarchen-)Kreuz auf einer Stange zwischen den Hörnern hatte[38], wovon das letztere (das Kreuz) früher ein Hauptbestandtheil des Stadtwappens von Ravensburg ausmachte[39] (Fig. 5–14.), oder ihr Monogramm (Fig. 15–18.) als Wasserzeichen. Auch findet man Holbeinsches Papier, aber nur [279] weniges, welches das Stadtwappen (Fig. 19. 20.), und anderes , welches eine Art Klapper als Wasserzeichen hatte (Fig. 1. 2.). Solche Klappern, wie sie hier vorkommen, benutzten die sogenannten Sondersiechen in dem von Frik Holbein gestifteten Seelhause (Hospitium leprosorum), um die ihnen begegnenden Personen durch Klappern vor Berührung mit ihnen zu warnen.

Gleichwie an dem Seelhause zu Ravensburg das Wappen des Stifters (Holbein), der Ochsenkopf (Anmerk. 2.), gemalt zu sehen war, so zierten ähnliche Klappern, wie sie in den Abbildungen der Wasserzeichen Fig. 1. und 2. vorkommen, die zwei gemalten Schildchen an dem Bogeneingange des Getreidekastens (Fruchtspeichers) dieser einst so reichen Seelhauspflege.

Zur Zeit, als einer von dieser Familie (Burchart Holbein) im Kloster Weissenau Abt war (1350), machte man auf den Holbeinschen Papiermühlen zu Ravensburg auch Papier mit dem Wasserzeichen einer Bischofs-(Abts-)Mütze und wahrscheinlich auch jenes, worauf ein Abt (Bischof) in vollem Ornat als Wassermarke erscheint[40] (Fig. 53.). Auf ersterem Papier (Fig. 3.) sind Baurechnungen von den Kirchenpflegern in Ulm zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts geschrieben worden. Auch auf einem solchen Papier, mit einer Bischofsmütze als Wasserzeichen, befindet sich ein Document geschrieben in dem Wolgast’schen Archive.[41]

Ein anderes dergleichen Papier mit dem Wasserzeichen einer Bischofsmütze fand Herr Breitkopf: ein böhmisches Manuscript aus dem sechzehnten Jahrhundert, in der akademischen Bibliothek zu Jena[42] (Fig. 25.).

Endlich findet man auch noch Papier mit dem Wasserzeichen eines Hüfthorns (Fig. 4.), das in der Fabrik der Holbein in Ravensburg zu Ende des 14. Jahrhunderts gemacht wurde und wahrscheinlich für Graf Eberhard (den Greiner) von Württemberg bestimmt war. (Anmerk. 21 u. 22. Fig. 4.) Uebrigens kommt solches später auch im Handel vor.

Breitkopf überliefert uns in seinem Versuch über den Ursprung der Spielkarten und die Einführung des Linnenpapiers[43] eine Menge solcher Wasserzeichen, ohne sich jedoch auf ihre Erklärung näher einzulassen. Sie gingen aber alle, wie wir unten sehen werden, aus den Fabriken der Holbein von Ravensburg hervor. Die in jenen Abbildungen beigesellten Namen [280] beziehen sich zweifelsohne auf ihre Fundorte und die Zahlen auf die Zeit der darauf geschriebenen Urkunden.

Mit der Erweiterung ihrer Fabriken sind, wie es scheint, die Holbeine zu Ravensburg auch mit andern vermöglichen Familien daselbst in gewerbliche Beziehungen getreten, hierauf deuten besonders die Abbildungen Fig. 32. 34. 35. 36. 37. 38. 40. 41. 42. und 43.

Eine Lilie, wie sie zwischen den Hörnern des Ochsenkopfs in der Abbildung Fig. 43. aufgepflanzt ist, pflegten die Herren von Dankeratswiler in ihrem Wappen zu führen.[44] Eine Ritterfamilie, welche zur Zeit, als Frik Holbein von Ravensburg ausgewiesen wurde, alle ihre Güter daselbst, so wie die Herrschaft Dankeratswil verkaufte; dieses Ereigniss scheint daher mit jenem Unglück der Holbeinschen Familie und der Holbeinschen Seelhausstiftung in näherer Verbindung gestanden zu haben. (Anmerk. 1. und 3.)

Ferner bildet die Stange mit dem Kreuze, um welche sich eine Schlange windet, das Wappen der Senner, einer Familie, die schon zur Zeit dieser Holbein in Ravensburg ansässig war. (Fig. 40. Ferner vergl. Anmerk. 39a. oben.)

Auch mit dem Wappen der Herren von Ankareuti: die ausgestreckte Hand, findet man Papier von dem Jahre 1480.

„Ordo divinorum secundum Chorum Herbipolensem.“

Das Wasserzeichen enthält: „Eine kleine fünfblättrige Rose mit einer ausgestreckten Hand und einer Lilienkrone.“[45]

Ausser diesen sind mir in neuester Zeit auch noch einige andere Abbildungen von Wassermarken des ältern Papiers zugekommen, welche ich zur Vervollständigung dieser Sammlung in die beifolgenden Zeichnungen noch nachträglich aufgenommen habe, da sie unbezweifelt alle aus den Papierfabriken von Ravensburg ausgegangen sind, von welchen einige den ursprünglich Holbeinschen Papierfabriken angehören, die andern aber den Papierfabriken jener grossen Handelsverbindung in Ravensburg, von welchen einige Mitglieder die hier beigesetzten Wappenbilder in ihren Schildern führten.

Unter die erstem gehören die Fig. 48. 49. 50. 53. 59. 62. 55. 56. 60. 61. – und unter die letztern: Fig. 47. (Roth – ein Hans Roth von Ronnenburg – erscheint im Bürger-Annahmebuch von 1324–1436. – Ein späterer Roth von Schrekhenstein war im Jahre 1575 Burgvogt von Schmalnegg), Fig. 51. und 54, (Hübschlin – Hans Hübschlin war im Jahre 1495 Bürgermeister in Ravensburg), Fig. 52. (Wolfershofer – Jakob [281] von), Fig. 57. (Stoss – Claus war Bürgermeister in Ravensburg im Jahre 1416), Fig. 58. (Nydegg – s. Anmerk. 14. oben), Fig. 64. (Wenk – Veit Wenk ist im Jahre 1520 Burgvogt zu Schmalnegg gewesen).

Späteres von Ravensburger Bürgern verfertigtes Papier führte ausschliesslich das Bürgerzeichen (das Stadtwappen) mit dem Monogramm des Papieres (Anmerk. 13.)

Abbildungen von verschiedenen Wasserzeichen der Ravensburger Papiere, aus verschiedenen Zeiten, vom vierzehnten bis siebzehnten Jahrhundert, findet man in der anliegenden Zeichnung.

Forschungen nach der ältesten Urkunde, welche auf Linnenpapier geschrieben wurde, hat man mehrfach in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Deutschland angestellt.[46] Unter diesen Forschungen zeichnen sich besonders diejenigen aus, welche der gelehrte Holländer Meerman, Syndikus zu Rotterdam, im Jahre 1762 dadurch veranlasste, dass er einen Preis von 25 holländischen Dukaten demjenigen aussetzte, der ihm die älteste derartige Urkunde zuschicke. Er liess auch sofort die ihm zugekommenen Memoiren über diesen Gegenstand im Jahre 1767 im Haag drucken. Diese ganze Sammlung wirft aber nur wenig Licht auf die bestimmte Epoche der Entdeckung, und die Sache blieb in ihrer bisherigen Ungewissheit. Nun erklärte Herr Breisskopf (Breitkopf?) in einer Ankündigung, die älteste deutsche Schrift auf Lumpenpapier gefunden zu haben, und setzte seiner Ankündigung bei, dieselbe sei aus dem Jahre 1308, worauf jedoch sein Landsmann, Herr Bodmann, noch eine ältere aus dem Jahre 1302 zu besitzen sich rühmte.[47] Auch findet man eine Abschrift von einem alten Dokument auf Linnenpapier mit Mönchsschrift geschrieben, die einen Ochsenkopf, auf welchem sich eine Stange mit dem Kreuze befand, zum Wasserzeichen hatte. Sie rührt von dem Bischofe Heinrich von Wachhold zu Camin in Pommern her, datirt sich von dem Jahre 1315 und enthält eine Confirmation von einer noch ältern Donation des Bischofs Hermann im Jahre 1289 an das Frauen-Convent zu Cöslin.[48]

Ebenso fand der Rath Fladius ein Dokument auf Linnenpapier: einen Lehenbrief des römischen Königs Raport für einen Namens „Geinheimer“ vom Jahre 1403. Das Papier hat das Zeichen des Ochsenkopfs mit einem zwischen den Hörnern hinaufgehenden Kreuze.[49]

[282] Auch Breitkopf sah auf der churfürstlichen Bibliothek zu Dresden ein französisches zu Paris gedrucktes Werk auf Papier mit dem Wasserzeichen des Ochsenkopfes.[50]

Besonders beachtenswerth ist aber die Beschreibung einer geschriebenen Urkunde auf Linnenpapier, ein Auszug aus einer Rechnung vom Jahre 1301, die G. F. Fischer (Beschreib. typ. Seltenh.) anführt.[51] Ueber die Beschaffenheit jenes Papiers sagt dieser: „Dasselbe ist dick, hat viel Leib und in demselben sieht man Streifen vom Form-Drathgewebe, der Länge und Breite nach. Als Wasserzeichen befindet sich in demselben ein Kreis, über diesem ein Stab und auf demselben ein Stern“ (Kreuz). Ein Bild, gerade wie wir in der Zeichnung Fig. 5. das Holbein’sche Papier finden, das, wie die Drathformstreifen beweisen, Linnenpapier war.[52] Der in der Fischerschen Beschreibung bezeichnete Kreis ist ein unvollständiger Ochsenkopf, den der Formenmacher, dessen Kunst, wie die damalige Papierfabrication überhaupt, noch in der Kindheit lag, nicht besser in’s Drathgebilde zu bringen wusste. Hierin liegt denn aber auch ein deutlicher Beweis, mit wie vielen Schwierigkeiten die Fabrication des Linnenpapiers damals noch zu kämpfen gehabt habe, Schwierigkeiten, welche sich besonders auf die Anfertigung des Drathformgewebes bezogen. Wir dürfen aber diese Schwierigkeiten nicht als die einzigen Hindernisse betrachten, welche einer Weiterverbreitung dieser Kunst im Wege standen, vielmehr finden wir diese in dem ängstlichen Ueberwachen des einmal aufgefundenen Geheimnisses. Lesen wir nur hierüber die Einführungsgeschichte der ersten Papiermühle in Nürnberg, wohin diese Kunst, nachdem sie beinahe ein volles Jahrhundert zuvor in Ravensburg blühte, gewandert ist, und wir werden unwillkürlich an die einzelnen Momente der ersten Geschichte der Buchdruckerkunst, an das Verhältniss zwischen Gutenberg und Fust, und zwischen diesen beiden und ihren ersten Gehülfen[53] erinnert, und an das abschreckende Verbot der Todesstrafe, [283] welche nachher auf die Ausfuhr der Papierdrathformen in Holland gesetzt wurde.[54]

Hieraus werden wir es erklärlich finden, wie es Augsburger Papieren erst im Jahre 1519 gelingen konnte, „Papier auf die Form wie die Ravensburger zu machen[55]; so wie, dass unser frühe schon so gewerbthätiges Ulm erst in den Jahren 1635–1642 eine eigene Papierfabrik bekam, indem es zu diesem Behuf um jene Zeit eine eigene Abordnung nach Ravensburg schickte, welche Einsicht von den dortigen Papiermühlen nahm.

Durch solche Zustände lässt sich denn aber auch der hohe Preis des damaligen Papiers erklären, welches so gut wie keiner Concurrenz unterworfen war, und es ergiebt sich hieraus auch der Grund für die Reichthümer, welche sich zuerst die Familie Holbein erwarb, die man aber auch später bei der so reich begüterten Ravensburger Handelsgesellschaft antrifft, wovon Geldrich (Geldreich, s. Anmerk. 10. und 14. oben) und der sogenannte reiche Mettelin u. A. Mitglieder waren.

Die auffallenden Fortschritte in der Kunst des Formenmachens für die Papiere (Anmerk. 53.) sind aus den beiliegenden Zeichnungen der verschiedenen Wasserstempel zu ersehen: Fig. 1. 2. 3. 4. 8. 9. 10. 19. 20. 26. 27. 29–33. 39. 41. 42. 43. sind die Wasserzeichen der ersten Papiere, welche die Holbein in Ravensburg machten; die Wappenbilder des Ochsenkopfs sind hier noch unkenntlich – bei Fig. 6. und 7. tritt die Aehnlichkeit im Umrisse schon etwas deutlicher hervor, [284] noch mehr bei Fig. 11. und 12., am gelungensten aber bei Fig. 13. und 14.

Nach obiger Mittheilung des Herrn Fischer wäre das Papier mit dem Wasserstempel von Fig. 5. das älteste Papier, das von den Holbein in Ravensburg gefertigt wurde. Gleichzeitig mit diesem erscheint das von Fig. 1. und 2. Auf dem Papier von Fig. 1. befindet sich das in dem Ravensburger Archiv befindliche Bürger-Annahmebuch von 1324–1436 geschrieben, und auf von Fig. 2. das Manuscript verschiedener Rechtsfälle aus Ravensburg, das mit dem Jahre 1343 beginnt.

Beide sind durchaus auf Linnenpapier geschrieben, wie man sich aus den Kennzeichen dieses Papiers überzeugen kann: dasselbe ist stark im Leib, gut gemahlen, ziemlich weiss, biegsam, gleich im Zeug, und in demselben gewahrt man die Streifen des Drathformgewebes, das sehr fein und dicht gewesen sein muss, nach Länge und Breite; besonders aber das eine davon ist gut geglättet, während das andere noch Spuren des unvollkommenen Zustandes der früheren Fabrication an sich trägt. Jedenfalls sind aber beide vor dem Jahre 1324 gemacht worden. (Fig. 19. und 20.) Dieses Bürger-Annahmebuch ist übrigens theilweise auf Papiersorten von Abbildung Fig. 1. und Fig. 19. geschrieben. Auf Fig. 2. hat man Urkunden aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts. Auf den Papieren mit den Wasserzeichen von Fig. 6. und 7. sah ich Nachrichten aus der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts in den Ravensburger Archiven, und auf den Papiersorten von Fig. 11. und 15–18. und Fig. 12. 13. und 14. aus der zweiten Hälfte dieses Zeitabschnitts. Die Papiere von Fig. 11–18. sind etwas schwächer im Leib, besonders 15–18. reiner. Die letzteren Gattungen wurden wahrscheinlich zu feineren schriftlichen Arbeiten benutzt, denn ich sah auf Fig. 13–18. in dem Karmelitenkloster zu Ravensburg, während meinen Studienjahren, alte Bibelauszüge mit beigesellten Gebeten, so wie auch Predigtentwürfe, die zweifelsohne in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts niedergeschrieben waren.

Die Familie Holbein ist wahrscheinlich in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts nicht mehr im Besitze ihrer Papiermühlen in Ravensburg gewesen, obgleich Papiere mit ihrem Wasserzeichen noch später im Handel vorkommen. Warum bei dieser Familie von der allgemeinen Regel, nach welcher Gewerbtreibende auf ihre in den Handel bestimmte Waare das Bürgerzeichen (Stadtwappen) ausschliesslich beizusetzen hatten, abgegangen, und erst bei späteren Papieren, zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, in Anwendung gebracht wurde, findet sich nirgends in den Schriften aufgeklärt. Ohne Zweifel hat es seinen Grund in dem weit verbreiteten guten Rufe dieses Papiers gehabt, denn Ravensburg hat [285] sich bei der Menge seiner Papiermühlen und bei der bewährten Güte seiner Waare, wie einst die Genueser und Venetianer, den Haupthandel mit Papier gänzlich zu eigen gemacht.

Später, und namentlich zur Zeit als Fust und Schöffer[56] sich des Ravensburger Ochsenkopf-Papiers zu den Erstlingen ihrer Presse bedienten, gehörte das Ravensburger Papier zu den weit verbreiteten Artikeln, dassen sich die Presse lange Zeit hindurch ausschliesslich bediente.

Auch das erste (ungeleimte) Druckpapier ist von den Ravensburger Papierern gefertigt worden; von einem solchen besitze ich noch einige Exemplare mit dem Monogramm der Holbein. Es sind Zeitungsblätter aus der Periode des dreissigjährigen Krieges[57]. (Fig. 24.)

Nach dem Sturze der Familie Holbein kam wahrscheinlich die um jene Zeit so ansehnliche Ravensburger Handelsgesellschaft, genannt die Märli (Anmerk. 14.) in den Besitz der Holbeinschen Papiermühlen zum Hammer, was aus noch vorhandenen Briefen von Heinz Geldrich[58], auch einem Mitgliede dieser Handelsgesellschaft aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, hervorgeht.

Papiere mit dem Stadtwappen als Wasserzeichen versehen, in welchem das Monogramm des Papieres angebracht ist, gehören hauptsächlich in das sechzehnte und siebzehnte Jahrhundert, von welchen Fig. 19–23. Abbildungen sind. Es gehören jedoch einige von ihnen der frühern Zeit an.

Auch die Nürnberger Papierer führten das dortige Stadtwappen (Anmerk. 13.) als Wasserzeichen in ihren Papieren, wovon ich einige Exemplare aus dem sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert besitze.

Zu den Hauptvorkehrungen, die man nöthig hat, um Lumpen in Papier zu verwandeln, zählt man vornehmlich das Reinigen, Zerschneiden und Zermalmen der Lumpen.

Die Stampfmühle, welche den Namen Geschirr führt, bildete, ehe man die neueren Zerschneidemühlen, wie der sogenannte [286] Holländer (auch eine deutsche Erfindung) und andere dergleichen in Anwendung brachte, einen Hauptbestandtheil der alten Papiermühlen. Anfänglich bediente man sich bei der Papierbereitung der Handmühlen, worauf erst die Wassermühlen in Anwendung kamen. Die Gründer der Ravensburger Papierfabrication, Frik und Hans Holbein, fingen ihr Werk auf dem Hammer gleich mit Wassermühlen an, und wie wir mit Recht glauben dürfen, schon in einem sehr vollkommenen Zustande.

Von einem solchen Geschirr, das ein Ravensburger Zimmermeister, Jakob Mausser, schon im fünfzehnten Jahrhundert in seiner Papiermühle im Oehlschwang zu Ravensburg einrichten liess, besitze ich die Originalzeichnung, von welcher wir in Fig. 46. eine Abbildung sehen.

Papiere, welche auf dieser Mausserschen Fabrik gefertigt wurden, führen das Wasserzeichen Fig. 23.

Als nun endlich das Papiermachen im achtzehnten Jahrhundert allgemeiner wurde, und man anfing, nach der Verschiedenheit des Gebrauchs mancherlei Papiersorten, namentlich grössere und kleinere, gröbere und feinere, dickere und dünnere etc. zu fertigen, da haben auch die Papierfabriken in Ravensburg ihr bisheriges Wasserzeichen nach den mannigfaltigen Abstufungen ihrer Papiersorten abgeändert; dabei blieben sie aber den in der neuesten Zeit eingetretenen Verbesserungen, sowohl in der Papierbereitung, als auch in der Anwendung verbesserter Maschinen nicht fremd, auch auf einer unter ihnen wird schon seit geraumer Zeit Endloses oder Maschinen-Papier gefertigt; – und so hat Ravensburg, wegen seines guten Papiers, den einmal erworbenen Ruf bis auf unsere Zeiten erhalten.

Anmerkungen der Vorlage

  1. 1) Ulrich Hegner: Hans Holbein der Jüngere. Berlin bei G. Reimer 1827. Seite 17.
  2. 2) Diese Urkunde, welche gegeben ist „vam Frittag nach vnser liben Frowen tag/ als Ir von dem Engel verkündt ward / nauch Cristi gepurt vierzehen hundert viere vnd virzig Jar“ enthält den Verkauf der Burg und des Dorfes „Dankeratswyl" (unweit Ravensburg) an die Seelhauspflege zu Ravensburg. (Urkunde, ex chartusario.)
  3. 3) An dem noch jetzt in Ravensburg stehenden Seelhaus, das nun in eine Brauerei verwandelt ist, sieht man heutiges Tages noch das Holbeinsche Wappen gemalt: ein schwarzer Ochsenkopf auf weissem Schilde mit einem Ring im Maul, dabei ist ein Gemälde, auf welchem kranken Personen Almosen gespendet wird, mit der Inschrift: „Als man zalt von Xsti gepurt MCCCC vnd vier ward diss Selhus angvangen vnd gestift von Fridrich Holbayn. Darnach als man zalt von Xsti gepurt MCCCCX. Do starb Fridrich Holbain / stifter diss huss vf Sant Peter vnd Paul der heil. XII. botten tag. bittet Gott für in dass er im gnädig syg Amen.“ Mit dem Wappen, welches an diesem Gebäude und an einer Kelter bei Ravensburg sich befindet, die wahrscheinlich auch ein Eigenthum der Familie Holbein war, stimmt das Siegel des Hans Holbeins, „Sohn des Frik Holbein selig“, welches einer Urkunde vom Jahr 1366 über einen gemeinschaftlichen Verkauf und Uebergabe von Gütern an das Spital in Pfullendorf angehängt ist, überein. (Anmerk. 26.)
  4. 4) Wie belebt Ravensburgs Märkte schon frühe müssen gewesen sein, dafür spricht auch der Umstand, dass während eines solchen der Stifter des Klosters Minderaw (Weissenau) auf dem Marktplatze zu Ravensburg, vor Kaspar Sälzlins Haus, bei Händeln unter den Marktleuten, die er schlichten wollte, von einem Bauern im Jahr 1153 im Marktgetümmel erstochen wurde. Der Ermordete war Gebizo von Bisenburg, ein Sohn Hermann des Reichen und Welfischer Ministerial, welcher sich auch Gebizo von Ravensburg schrieb, vermuthlich weil er in Ravensburg wohnte. (Aus den Handschriften des Ladislaus Suntheim von Rauenspurg, eine Beschreibung von Ravensburg aus dem sechzehnten Jahrhundert.)
  5. 5) Urkunde vom 10. Januar 1286. (Archiv.)
  6. 6) Die Guelphen (Welfen) hielten einen eigenen Hof, theils in Altdorf, theils auf der Burg bei Ravensburg und später in Memmingen. Gleich den Königen und andern grossen Fürsten hatten sie eigene Hofämter, welche dann auch unter den Hohenstaufen beibehalten wurden. So finden wir die vier grossen Aemter: des Marschalks, Schenken, Truchsessen und Kämmerers schon bei den Welfen. Selbst einen Hofnarren nennt das Weissenauer Traditionsbuch um das Jahr 1148 bis 1150, den Falkelin. (Joculator domini Ducis Welfonis, habet in benef. agros juxta Schussam.) Nach dem Tode Welfs VI. gelangte Friedrich II. von Hohenstaufen, Sohn Kaiser Heinrichs VI., zu dem vollen Besitze der Welfischen Güter. Die Hohenstaufen pflegten auf ihren Gütern in Oberschwaben gern zu verweilen, besonders waren es aber Altdorf und Ravensburg, woselbst sie sich öfters aufhielten. Kaiser Friedrich I. soll seinen Wohnsitz gewöhnlich im Schlosse bei Haslach, ohnweit Ravensburg, gehabt haben. Der letzte Sprosse der Hohenstaufen, der unglückliche Konradin, brachte die letzte Zeit seines Aufenthalts in Deutschland grösstentheils in Ravensburg zu. Noch in seinem letzten Testamente erinnerte er sich seines Statthalters (ministri) von Braunsperg und des Nadelarius (Nadlers), eines Bürgers in Ravensburg (Memminger's Beschreibung des Oberamts Ravensburg S. 77.)
  7. 7) Urkunde vom 16. Juni 1276. (Archiv.)
  8. 8) Epistola Mag. Joh. Rouchii Ecclesiastici Ravenspurgensis Anno domini 1588. 29. Nov. ad Martinum Crusium Professorem Tubingensem exarata. S. per Christum! Mitto ad humanitatem tuam chronicon Guelphorum &c. – – – turres et munitiones fortissimas et alia necessaria &c.
  9. 9) Erst im Jahre 1397 haben sich die Patricier zu einer förmlichen, für sich bestehenden Gesellschaft verbunden, und sich „Mittwoch vor dem 12. Tag ze Wihnächten" eigene Statuten gegeben. In dieser Urkunde sind 71 an der Zahl als Gründer jener Gesellschaft aufgezählt, in deren ersten Reihen: die Grafen von Werdenberg, Graf Albrecht der Aeltere, Herr zu Pludenz; Graf Albrecht der Jüngere, Herr zu Heiligenberg; Hans Truchsess zu Waldburg; Ulrich von Honingen, gesessen zu Bigenburg, Ritter, u. s. f. glänzten, und unter welchen auch drei Holbein: Frik, der Aeltere, und Frik, der Jüngere, so wie Hans Holbein genannt werden. (Archiv.)
  10. 10) „Viele Burger in der Stadt haben eigen Schloss und Gesäss auf dem Land in einer Summa bis 20. – (Nach einer Beschreibung des Suntheim a. a. O.) Ravensburg zählte selbst noch nach den, während der Religionsstreitigkeiten daselbst stattgefundenen Auswanderungen in die Schweiz u. s. w. zu Anfang des 30jährigen Kriegs über vierzehnhundert, und zwar meistens vermögliche Bürger, „sogar dass einige aus ihnen bis auf Ein, und anderthalb Tonnen Goldes *) in Summa Capitali versteuert haben.“ ( „Copia Relationis An Käysserlicher Mayestät von den beiden Kreiss-Aussschreibenden Fürsten Ao. 16. Octobris 1678.“) – (Archiv.) – Diese Relation erwähnt auch eine übergrosse Plünderung von Ravensburg aus der Zeit des dreissigjährigen Kriegs, wo im Jahr 1646, als 32 Regimenter Kriegsvolk allda gelegen, und nach „eilffwöchiger Plünderung den aus den Häusern zusammengebrachten Raub, auf einen Tag, mit Eilff in die (bis) Zwölfhundert Wägen weggeführt wurde" u. s. f.
    *) Anderthalb Tonnen Goldes war um jene Zeit, wo die Schätze Amerikas noch nicht entdeckt waren, bei dem grossen Mangel an baarem Gelde, ein unermesslicher Reichthum. Mit wenig Geld konnte man damals bedeutenden Länderbesitz etc. erwerben. So kaufte sich Frik Holbein, den die Urkunde den „frummen Mann“ nennt, im Jahre 1350 von (Bürgermeister) Hans Wolfegger und (Stadt-Ammann) Heinz Weber den halben Theil an dem Baurenhof zu Stellenried (Schübelhof) um Ein und zwanzig Pfund Pfenning. – Ein Pfund Pfenning war nach Ravensburger Währung gleich 1 fl. 8 ½ Xr. (Archiv.)
  11. 11) Während die Landstrassen von ritterlichen Wegelagerern unsicher gemacht wurden, trieben einige derselben auf dem Bodensee, gleich Corsaren, die Seeräuberei. Unter die von den Städtern wegen solcher Räubereien zerstörten Ritterburgen gehören vornehmlich: die Steckburg und die Wasserburg, beides Schlösser am Bodensee, dann Rammstein, Schroyburg mit dem Dorfe Schönau, Hilzingen, Randegg u. s. w. Die älteste schriftliche Einigung der oberschwäbischen Städte gegen solche Räubereien, ist die vom Jahre 1441. Sie lautet unter Anderem wie folgt: „So haben wir uns gar berathenlich, mit gemeinem Willen und guter Fürsäze: Gott dem Herren, und seiner würdigen Mutter Marien zu Lob, dem heil. römischen Reich zu Würde und zu Ehren uns selbst, und gemeinen Landen zu Nutz zu Fried, und zu Gemach, und auch darum, dass die Pilgrimme, der Kaufmann, der Landfahrer, die Kaufmannschaft (wird wahrscheinlich die Ravensburger Handelsgesellschaft gemeint sein – Anm. 14.), und alle andere ehrbare versprochene Leute, sie seien geistlich oder weltlich, dass sie sicher gewandeln und gewerben mögen,“ u. s. f. (Archiv.)
  12. 12) Von dem Patriciat einer Reichsstadt heisst es in einer alten Schilderung: die Geräthe ihrer Häuser bestehen grösstentheils aus Silber und Gold, doch fällt nichts mehr in's Auge, als Schwert und Harnisch, Streitkolbe, und die Pferde, die sie besonders als Merkmal ihres Adels und alten Geschlechts aufstellen. Aber auch der Gemeine-Mann hat seine Waffen in guter Ordnung in seinem Hause, um bei der ersten Bewegung sogleich mit denselben an dem ihm angewiesenen Lärmplatze zu erscheinen.
  13. 13) Was den Heeresbanner der jungen Republik sieggekrönt schmückte und den Schild des muthigen Streiters ehrend zierte, war das „Burgerzeichen“ (Stadtwappen)*) und dieses galt dem gewerblichen Städter in Friedenszeiten als empfehlender Redlichkeitsstempel auf seiner Waare, denn auf wechselseitigem Vertrauen waren seine Satzungen gegründet, die er gegen schändlichen Missbrauch kräftig zu schützen wusste. **) – Auf solche Weise hat also das Stempelwesen seinen Anfang genommen.
    *) Das Stadtwappen den Handelswaaren beizufügen, war ein Vorzug des Städters, das ihm sogar zur Pflicht gemacht wurde. Es kommt diess auch beim Papier als Wasserstempel vor. Die älteste schriftliche Satzung finden wir bei der Weberinnung zu Ravensburg im Jahre 1380, welche lautet wie folgt: „Es soll auch Niemand kein breit noch schmahl Leinwand-Tuch hier auf die Bleiche thun, ohn der Burger-Zeichen.“ (Archiv.)
    **) „Item ditt: schütz barchant weber wart belumdet (angeklagt) datz er ain valsch zaichen hett an ain barchat tuch gemacht/ der wart flüchtig vnd wart im die statt eweklich verbotten.“
  14. 14) Grosse Gesellschaften mit namhaften Summen bildeten sich auch in Ravensburg, besonders unter dem Patriciat (Geschlechter), für die schon schützende Bestimmungen, namentlich in Absicht auf ausländische Waaren, in den Satzungen von 1380 vorkommen. In einer Beschreibung des sechzehnten Jahrhunderts, aus den Handschriften des Ladislaus Sunntheim von Ravenspurg, finden wir die für die Geschichte des süddeutschen Handels nicht unwichtige Nachricht: „Item, die erst Gesellschaft in hochdeutschen Landen ist zu Rauenspurg durch die Burger genannt die Märli erfunden vnd gemacht worden/ vnd in dieselbe sind nachmalen kommen die Huntpiss (Hundbiss***)/ Besserer/ [263] Täschler/ Geldrich (s. Anmerk. 57.)/ Mondpretten (Mundpraten; von Spiegelberg, Pfyn an der Thur, Wellenberg und Rheinfelden etc.)/ Nidegg (Neidek, von Nelenhofen)/ Ankarithy (zu Ankareute)/ etc. vnd ist die gross Gesellschaft worden/ vnd haben gehandthieret in das Königreich Appels (Neapel)/ in Lamparten (Lombardei)/ in die Königreich von Arragon/ Valens in Kastilia vnd Katalonia. Darnach sind andere Gesellschaft auferstanden/ als der Fechli zu Memmingen/ der Meiting zu Augspurg/ der Menli zu St. Gallen vnd jezt der Fucker zu Augspurg/ vnd der Welser daselbs/ vnd in anderen Städten desgleichen.“ Ferner gehören zu dieser Gesellschaft: die Croaria, Brandis, Mettelin zum Rapenstein, Faber von Randegg, Roth von Schreckenstein, Sürgen von Sürgenstein, u. a. m.
    Diese Handelsgesellschaft bestand durchaus aus Mitgliedern des reich begüterten Ravensburger Adels, sie war nicht nur im Besitze von grossem Capital Vermögen (s. unten), sondern auch von Land und Leuten. Sie hatte sogar ihr eigenes Erbbegräbniss, anfänglich in der sogenannten Spitalkapelle des Carmelitenklosters, wo sie im Jahre 1440 ein ewiges Licht stiftete, später aber, im Jahre 1461, liess sie auf ihre Kosten eine eigene Kapelle daselbst erbauen, und gründete den Gottesdienst in dieser mit ihrem Grossen- und Kleinen-Zehenten an Wein und Korn zu Markdorf; ebenso stiftete sie die sogenannte Schmalzspende 1334. – Wegen Geleitsverletzungen bei ihren Waarenversendungen gab es zwischen dieser Handelsgesellschaft und den übrigen Bürgern der Stadt Ravensburg mit den Rittern Wolfgang von Stein zum Klingenstein (Klingenstein an der Blau, unweit Herlingen) und Conrad Nuss sammt ihren Helfern und Helfershelfern in den Jahren 1458 bis 1460 gewaltige Spen und Irrungen, die sogar in offene Fehde ausbrachen, worüber in dem Archive der Stadt Ravensburg noch eine bedeutende Anzahl Urpheden sich befinden. – Von einem Mitgliede dieser Handelsgesellschaft sieht man auch dort folgende merkwürdige Adresse: „Dem Woledlen gestrengen Herren Andreas Hyrus von Honburg Ritter des Hochlöblichen Ordens Scti Jacobi dela Espada, Stadthauptmann zur Aleudia im Königreich Mallorca, Burgvogt zur Häguerra In Andalussia vnd in des heil. römischen Reichsstadt Rauenspurg Bürgermeister.“ (Archiv.)
    Einzelne Glieder dieser Handelsgesellschaft versteuerten zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts in Ravensburg Folgendes: (Eidlich in die Steuer gelegt.)
    Jos, Frick, Caspar und Onuphrius Hundbiss 131,000 f.
    Hans und Rudolph Besserer mit ihrer Schwester 54,000 f.
    Teschler 20,000 f.
    Geldrich 36,000 f.
    Neidegg 12,000 f.
    Ankareute 55,000 f.
    Der reiche Mattelin mit seinem Bruder und seiner Schwester 150,000 f.
    Croaria 20,000 f.
    Haber von Randegg 40,000 f.
    Roth von Schrekenstein 100,000 f.
    Sürgen von Sürgenstein 24,000 f.

    Aus 372,000 Steuer-Capital wurden in dieser Zeit 1060 f. jährliche Steuer bezahlt. (Ueber den Geldwerth in damaliger Zeit s. Anmerk. 10.)

    ***) Die Familie Hundbiss gehört zu den ältesten adelichen Geschlechtern in Ravensburg. Sie schrieben sich von ihren Besitzungen, nämlich von Senftenau, Pfaffenweiler, Waltrams, Razenried, Hazenthurn, Broehenzell (zerbrochene Zell) u. s. f. und wohnten viele von ihnen schon zur Zeit der Welfen in Ravensburg, bei denen einige zweifelsohne Ministerialen waren. Auch findet man jetzt noch an der untersten Spitze eines Erkers an ihrem Hause in der Marktgasse zu Ravensburg über dem Hundbiss'schen Wappen die Jahreszahl 1100 in Stein eingehauen. Einer derselben, Frik Hundbiss, war im Jahre 1344 Landrichter in Oberschwaben, und [263] unter einem andern Hundbiss mit gleichem Taufnamen, der im Jahre 1397 Stadt-Amman in Ravensburg war, kam jenes Adelsstatut zu Stande, von dem schon oben (Anmerk. 9.) Erwähnung geschah. Das Andenken der Hundbiss lebt jetzt noch im Segen der so reichlich von ihnen bedachten Kirchen, Klöster und Armenhäuser daselbst fort. Von dieser Familie liegt auch die Vermuthung nicht ferne, dass Ravensburg unter ihrem Einflüsse zur Reichsstandschaft gelangte.
  15. 15) Gastfreundschaft war dem deutschen Städter eigen, und bei Gast- und Trinkgelagen liessen sie sich stattlich finden. Auch an grossen Festlichkeiten fehlte es in den Reichsstädten nicht. So wurde der siebenzehnte Turnier am Sonntag nach Sanct Bartholomäi 1311 zu Ravensburg gehalten, auf welchem mit grossem Gefolge erschienen sind: Eilf Herzoge und Fürsten, fünfundzwanzig Grafen, Einhundert sechzig und Acht Ritter und Edle. (Kloster-Chronik.)
  16. 16) Erst ein Jahrhundert später fanden Unterhandlungen mit dem [265] Kloster Weissenau statt, um den Flattbach durch Quellen aus dem klösterlichen Ort: Kvmmerlangen, zu verstärken. (Archiv.)
  17. 17) Das Brunnenwesen nimmt seinen Anfang durch 27 Quellen, eine Viertelstunde oberhalb der Stadt, im sogenannten wilden Hammer, am vordem Lumperholz, von wo aus 42 öffentliche und 148 Privatbrunnen in der Stadt mit 416 Röhren versorgt werden. (Eben's Versuch einer Geschichte der Stadt Ravensburg 1831. IV. Heft S. 14.) In der Nähe dieses Waldes sollen vor Alters die weitläufigen Gebäude zum Aufbewahren, Verlesen, Reinigen etc. der für die Papierfabrikation bestimmten Lumpen gestanden haben, so wie in der Nähe des Rauhenegger Torkels (Kelter) ein abgesondertes Gebäude für die Wage der zur Papierbereitung bestimmten Lumpen eingerichtet war.
  18. 18) „In gotes Namen Amen/ Wenn den die an Lebent ald bie nach komment die disen Giegenwirtigen brif sehent Lesent oder hörent Lesen den tue ich Fridrich hunpis Stette-Aman ze Rauenspurg kunt. daz ver mich kam da ich ze offem gericht säz. die gemainde vnd die burger gemainlich zu Rauenspurg vnd clegten sie mit Ir vürsprechen ze Fridrich Holbain vnd ze hausen sinem bruder. si irrten si mit gewalt an recht an den Flüsschen vnd an di brunen. di ab dem berge vlizzend. vnd an dem berge Springend. d' berg gelegen ist oberhalp chunrat des Stampfes Müli vnd oberhalp des bachs der an sin Müli vnd an di Sagmüli gad/ vnd flüsschet dü hinter vorbenempten Stampfles-Müli an dem vorbenempten berg lit u. s. w.
    – – Diz beschach vnd wart der brif geben in der vorbenempten Stätt ze Rauenspurg do von Cristes geburtlichen tag ergangen waren drüzehenhundert iar dar nach in dem sechs vnd drizzigesten iar an sant Jacobstag des zwölf botten." (Archiv.)
  19. 19) Anmerk. 54
  20. 20) Von der Familie Grämlich hat sich Ritter Wolfgang Grämlich von Jungnigen als Unterhändler zwischen dem Bundschu (der beiden Haufen vom Allgäu und Bodensee) und dem Obersten Feldhauptmann des schwäbischen Bundes, Truchsess Georg von Waldburg, besonders ausgezeichnet. (Urkunde vom 21. April 1525.)
  21. 21) „Item dz wissend dass Fridrich holbain / der Alt Ammann ze Rauenspurg hat sämlich sache gerette vnd och geworbn wider die Stat ze Rauenspurg dass sich dar vmb erkennet haut der Burgm der Amann die Räte vnd dü gemaind d'. vorgenannten Stat vf die aide die si der Stat gesworen hant / datz derselb Frider holbain vss der Stat ze Bann varen soll vnd och im allü gericht verbotten hant hundert Jare vnd ainen tag vmb das vbel datz er an der Stat getan hat / wär aber datz er dar vber in dü Stat ald in das gericht käme so soll sin lib vnd och sin gut Rechtloz sin vnd kainen schirm han / vnd waz man im dar vber täte an sinem lib ald an sinem gut da soll niemant an fräueln / er fräuelt aber menglich wär aber daz sich iemant da wider sezen wollte / er wär burger oder nüt vnd in da wider schirmen welt / mit keinen Sachen ald im weltli zu legen / wider die Stat der soll wider di Stat ze Rauenspurg gemaintlich in derselben schuldig sin als och er mit alle Sachen / actum anno domini MocccoLviij dmco post agnetis (1358).
    „Wer och den vorgenanten Frider holbain vber disen Saze huset ald ze essent oder ze Trinkent gäb ald mit im ässe oder trunke in der Stat gerichte ze Rauenspurg der soll in der selben schulden sin ald och er.“ (Diarium verschiedener Rechtsfälle, mit dem Jahr 1343 anfangend.)
  22. 22) Mit welchem Feinde der Stadt sich Frik Holbein gegen dieselbe verbunden habe, ist nicht gesagt, die Stadt stund aber um jene Zeit mit Niemandem in Fehde, ausser im Gefolge der übrigen Reichsstädte mit Graf Eberhard (dem Greiner) von Württemberg, mit dem er wohl wegen seines ausgebreiteten Handels und seiner bedeutenden Papierversendungen durch das Württembergsche nach dem Rhein, Frankreich, Holland u. s. w. in näherer Beziehung mag gestanden nahen. Auch scheint es, dass Graf Eberhard für seinen Gebrauch Papier, besonders jenes mit der Wassermarke des Hüfthorns (s. unten) auf den Papiermühlen der Holbein zu Ravensburg haben fertigen lassen.
    Gegen das vorhin genannte Urtel hat sich zwar Frik Holbein an die um jene Zeit in Ulm versammelt gewesenen Abgeordneten der verbündeten Reichsstädte gewendet, welche sich aber in gleicher Richtung aussprachen: „weil derselbe (Stadtammann Holbein) von ihrer Stadt und daraus besser wäre, den bei ihnen.“ (Urkunde.)
  23. 23) Die andere Hälfte dieses Zolls kaufte die Stadt Ravensburg von Frik Heller. (Archiv.
  24. 24) Urkunde von 1323 an „vnser Frowen tag zer Lichmiss“. – Waldbeuren, Dorf in der Pfarre Burgweiler, im alten Linzgau, in der Grafschaft Heiligenberg, auf der Strasse, die vom Bodensee nach der Donau über Saulgau etc. führt. – Im 13. Jahrhundert kommen gleichnamige Edelleute in Urkunden vor. – Mettenbuoch (Mettenbuch), Dorf in der Pfarre Denkingen, Vogtei Burgweiler. Die Edlen von Mettenbuch sind wahrscheinlich im Mannsstamme mit diesem Wernherr ausgestorben, weil Graf Albrecht von Werdenberg Guta, die Tochter dieses Wernherr, seines Lehensmanns, welche sich an Hans Holbein verehelichte, als lehnfolgefähig erklärte. Urkunde: Gegeben zum Heiligenberg „dez iarz do man zalt von gottez geburtt drüzechen hundert iar dar Nach In dem fünfften vnd fünfzigisten Jar dez nach osten dunstagz vor sant gregorien tag.“
  25. 25) Urkunde an „sant Antoni tag (17. Januar) 1366“ und Urkunde an „sant Johannstag den man nempt mit dem güldin Mund (27. Januar) 1366." Von dem Siegel, das an dieser Urkunde hängt, befindet sich eine Abbildung auf der Tafel Fig. 45.
  26. 26) S. Anmerk. 3.
  27. 27) – September – – „Am Frittag nach Exaltatio S. Crucis etc. – – Uf Conrad Würz (Wirths) und Anna Holbainin sin Tochter Jarzit sinem Caplon Järlich" – – – (Stiftungsbuch.) Ferner: – – „Anna Holbain; Wiland Hansen Schmids Wittwe, im Jar 1403 eine Spende in Spital zu Rauenspurg" – – (Stiftungsbuch). Conrad Wirth wurde 1297 zum Bürgermeister in Ravensburg gewählt. Und im Jahre 1406 kam ebenfalls ein Conrad Wirth (wahrscheinlich dessen Sohn) zur Bürgermeisterswürde in Ravensburg. Beide erscheinen als Mitglieder des dortigen Patriziats, dessen Gründungsurkunde der erstere mit dem damaligen Stadtammann Frik Hundbiss besiegelte. (Anmerk. 9.)
  28. 28) Am Abend „Sanct Michaeli archangeli – – – in der Ehre Margret Lupprechten, Frikhen Irs Mannes, Annen Ir Tochter, vnd Annen Ir Magd eine Spend ins Spital,“ – (Ohne Angabe des Stiftungstags; übrigens finden wir einen Frikh Luiprecht unter den Gründern des Ravensburger Patriciats. – Stiftungsbuch.) Anmerk. 9.
  29. 29) Mens. Julius – – – Joannis Holbein et Verennae Uxoris eij et oium puerorum Bitzighofers et Vrsulae holbainin uxorum et oium puerorum benefactorum et oium fid: defunct: cum vig: plac: et off: circa margarethae. (Anniversarienbuch.)
  30. 30) Hegner a. a. O. S. 19.
  31. 31) Breitkopf a. a. O. S. 89.
  32. 32) Die Venetianer verboten zu Gunsten ihrer Papierfabriken in der Stadt Treviso durch ein eigenes Privilegium vom 19. August 1366 die Ausfuhr von Abgängen sogar von schon verfertigten Papieren.
  33. 33) Namentlich bezog die Stadt Görlitz in der Oberlausitz ihr Papier in den Jahren 1376 bis 1426 aus Venedig. Anfänglich das Buch zu 2½ Groschen, hernach das Riess von 25 Büchern zu 40 Groschen damaliger schwerer Münze. Breitkopf a. a. O. S. 88. (Vergl. den ältern Geldwerth Anmerk. 10.)
  34. 34) Auch Maffei beruft sich auf ein Document aus seiner eigenen Familie vom Jahre 1367 und versichert, dass er keine ältere Handschrift auf Linnenpapier in Italien gefunden habe. Breitkopf a. a. O. S. 87.
  35. 35) Die Wasserleitung des Mühlbachs, genannt Flattbach , nimmt seinen Anfang im Dorfe Kammerlangen, 1½ Stunde von der Stadt gegen Mittag, und treibt bis zu seiner Einmündung in die Schussach unterhalb der Stadt: 6 Papiermühlen, 8 Mahlmühlen, 3 Sägmühlen, 3 Oelmühlen, 5 Walkmühlen, 1 Lohrstampf, 1 Spinnfabrik und 1 Eisenhammer. Eben a. a. O. IV. Heft S. 13.
  36. 36) „Gnadenbrief von löblichem Gotteshaus Weissenau gegen der Reich-Stadt Ravenspurg: Dass die hiesige (Ravensburger) Papierer Schornreuthi in die Pfarre Sanct Christina Pfärrig seyn sollen. 1407.
    „Wir Joannes, von Ordnung Gottes Abt des Gottshus zu der Minderau bei Rauenspurg im Costnizer Bistumb gelegen / Bekennent offenbahr mit disem Brif dass für uns Komment sint / die fürsichtigen Burger-Meister vnd Rat der Statt Rauenspurg / vnd hant vns fürbracht wie dass etlich ir Burger mit Namen Cunrat Peter / vnd Stengeli die Papierer habend ain huss zu Schornrüthi erkaufft / dass vormals ain Mülin gewesen ist / dass jetzo gehöret in die Pfarrkürchen zu Öschach / och habent die vorgenante Papirer ain Papir-Huss gebawen dass nun zumal gehört in die PfarrKürchen zu St. Christinen vnd wann die Pfarrkürchen zu Öschach so fern von Schornrüthi gelegen ist, dass die vorgenannte Papirer vnd ir Hussgesinde an Sunnentägen och an anderen Hochzitlichen Tägen dahin nit Khomen mugent (können) u. s. f. — — — — vnd so gebeut wür Ir (der Stadt Ravensburg) disen briff besigelt mit vnsserem anhängkenden Innsigel dass wür vnss vnd vnssre nachkhommen öffentlich gehenkht hond an disen briff / der geben ist am nächsten Montag nach sant Gallentag do man zalt von Christi gepurt Tussent vierhundert vnd in dem Sibendten Jar.“ (Archiv.)
  37. 37) „Epistola Mag: Job: Rouchii Ecclesiastici Ravenspurgensis anno domini 1588. 29. Nov. ad Martinum Crusium Professorem Tubingensem exarata. S. per Christum! — — — ad ortum superior porta est. Ibi angusta vallis / in qua suburbium Öhlschwang nomine/ et χαρτοποιΐαι quinque“ etc.
  38. 38) Eine solche Wassermarke hatte das Papier von über missalis Ecclesiae Herbipolensis 1480. – Serapeum 1840. S. 98.
  39. 39) „Ausserhalb der Vorstatt (genant Schornrütti) sind Papir Mül vnd eine Blaich/ da macht man Papir/ genant Rauenspurger Papir mit dem Ochsenkopf/ nuzt man gar gern in den Kanzleyen.“ Suntheim a. a. O. Unter den italienischen Papierzeichen ist mir kein Ochsenkopf vorkommen, sagt Breitkopf a. a. O. Seite III. (r.)
  40. 39a) Nur wenige Jahre nachher gelangte Gregor Senner von Ravensburg zur Abtswürde in Salem; die Familie Salem hatte, wie wir hienach sehen werden, auch Antheil an der Papierfabrication zu Ravensburg um diese Zeit.
  41. 40) Breitkopf a. a. O. Seite 95
  42. 41) Ebendaselbst Seite 125.
  43. 42) Ebendaselbst Seite 110. Taf. XIV.
  44. 43) Von diesem Papier heisst es im Serapeum a. a. O. Seite 65. von dem Papier einer Urkunde von 1480: „das Papier ist stark und hat zum Wasserzeichen den Ochsenkopf mit der Lilie auf der Stange.“
  45. 44) Ebendaselbst.
  46. 45) Manuscrits de la Bibliothèque de Lyon etc. par Ant. Fr. Delandine. Tome premier (1812). pap. 22. 42. 43. 44. 45.
  47. 46) Ebendaselbst.
  48. 47) Breitkopf a. a. O. Seite 95.
  49. 48) Epist. ad Meerm. pag. 200.
  50. 49) La grand Chronique de St. Denis fol. T. II. imprimé par Jean Morant, pour Ant. Gerard, Libr. MCCCCIIIIXX & XIII. (1493). Breitkopf a. a. O. Seite 125.
  51. 50) Manuscrits de la Biblioth. de Lyon a. a. O.
  52. 51) Meerman versichert, dass ihm niemals ein deutsches Manuscript auf baumwollenem Papier zugekommen sei. Breitkopf a. a. O. Seite 97.
  53. 52) Die durch Ulrich Stromer in Nürnberg errichtete Papiermühle im Jahre 1390 kam unter Mitwirkung von Deutschen und Italienern zu Stande. Die Italiener waren aus der ankonitischen Mark, aus der Fabrik zu Fabriano, und waren Franciscus und Markus de Marchia sammt ihrem Knecht Bartholomäus; und die Deutschen mochten sehr wahrscheinlich aus Ravensburg gewesen sein, denn um jene Zeit gab es ausser Ravensburg sonst keine Papierfabriken in Deutschland, und gerade in diese Periode fallen die Auswanderungen der Holbeine aus Ravensburg (vergl. oben Anmerk. 21–29.). Auch kommen in jener Zeit zu Ravensburg gerade die nämlichen Namen vor, wie diejenigen der Deutschen , welche bei dem Unternehmen in Nürnberg mitwirkten, wie z. B. Arnold , Thiermann, Ehrhard , Kläs etc.
  54. 53) Delalande a. a. O. Seite 404.
  55. 54) „Nach den Bau-Rechnungen zu urtheilen, muss gutes Schreibpapier früher in Ravensburg als hier (Augsburg) gemacht worden seyn. In den ältesten Bau-Rechnungen kommt zwar die Ausgabe pro papyro sehr oft vor, aber ohne Anzeige, ob es hiesiges Papier gewesen, in der (Rechnung) von 1457 aber finde ich, dass man Papier von Ravensburg für das Bauamt verschrieben hat, vermuthlich dergleichen grosses und schönes Papier, darauf die Rechnungen geschrieben sind. Nach Burkhard Zenk’s Chronik wurde 1468 die Mühle unter den Fischern gebaut, die nach den Steuer-Registern eine Papier-Mühle war. Man nahm aber erst 1513 das Papier auf das Rathhaus von einem hiesigen Papierer, Hans Oesterreicher, dieser brachte es auch so weit, dass er 1519 Papier auf die Form, wie Ravensburger machte. Man nahm von ihm in solchem Jahr von diesem 55 Riess, 14 Riess des dünneren Papiers, und 4 Riess median, dafür ihm 79 f. 1[fl]. 15 [xr]. bezahlt worden.“ (Kunst- etc. Geschichte der Reichsstadt Augsburg II. Theil von Paul von Stetten dem Jüngern 1788. Seite 7.)
  56. 55) „Sechs noch unbekannte Produkte der Presse Fust’s und Schöffer’s vom Jahre 1461. Das Wasserzeichen ist ein kleiner Ochsenkopf mit stark auswärts gebogenen Hörnern.“ – Serapeum vom 31. October 1840. Seite 308.
  57. 56) Diese Zeitungsblätter sind mit folgender Aufschrift versehen: N. 8. Extra ordinari aviso 1632. und N. 2. Extra ordinari aviso 1633.
  58. 57) Die Geldrich gehören zum Hundbiss’schen Geschlecht, sie führen mit ihnen gleiches Wappen. Geldrich war anfänglich ein Beiname von denjenigen Gliedern der Hundbiss’schen Familie, welche sich durch ihren Geldreichthum gegenüber ihren sonst mehr an Land und Leuten begüterten Verwandten auszeichneten. In späterer Zeit schrieben sie sich auch von ihren Besitzungen, namentlich von Sigmarshofen, wo sie eine Burg hatten. Einen von dieser Familie: Hans Wilhelm von Sigmarshofen zum Wolfenburg etc., finden wir als fürstlich württembergschen Rath etc. und Statthalter der Grafschaft Mömpelgart.

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