Die Hutfabrikation in London

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Autor: unbekannt
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Titel: Die Hutfabrikation in London
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aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 100
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[100] Die Hutfabrikation in London. Der Gebrauch des Hutes ist bekanntlich unter den Engländern aller Klassen und Lebensalter ein ganz allgemeiner; ein Engländer ohne Hut ist auf seiner Insel eine Unmöglichkeit, und wenn er als Tourist auf dem Festlande diesem Gebrauche bisweilen untreu wird und eine steife Zeugmütze aufsetzt, vielleicht sich dazu gar noch einen Schnurrbart wachsen läßt, so ist mit Sicherheit vorherzusagen, daß das Eine wie das Andere dem Opfertode verfallen ist, so wie er sein heimathliches Gestade wieder betreten will.

Die Fabrikation der Hüte bildet daher in England einen der wichtigsten Geschäftszweige. Man rechnet, daß gegen 60,000 Menschen dabei Beschäftigung finden, und der Werth der alljährlich erzeugten Fabrikate sich auf drei Millionen Pfund Sterl. beläuft, Die Filz- und Castorhüte werden namentlich in Derbyshire und Glocestershire gearbeitet und roh nach London versandt, wo sie geformt und staffirt werden; Seidenhüte liefern namentlich London, Manchester, Liverpool, Birmingham und Glasgow jährlich etwa drei Millionen Stück.

Die Hüte werden dort wie bei uns theils im Ganzen gefilzt, theils mittelst Unterlage und Plüschüberzug hergestellt. Zur Anwendung kommen die Haare der angorischen Ziege, des peruanischen Schafes, Lama’s, Bibers etc., vor allem aber Kaninchenhaare in großer Masse und außerordentlicher Feinheit. Dort trifft man häufig Kaninchenzuchtanstalten, deren Gehöfte aus Gärten, mit Mauern umschlossen, und in einer solchen Ausdehnung zum Vortheil des Gutsherrn ausgebeutet werden, daß der Pächter einer solchen Anstalt zuweilen 1500 bis 2000 Pfund Sterling jährlichen Pacht zahlt.

Die Engländer legen großen Werth darauf, daß der Hut möglichst leicht sei. Man sieht darum an den Schaufenstern der londoner Hutläden Waagen angebracht, auf deren einer Schale der Hut, auf der andern das Gewicht liegt. Hierin besteht nun ein großer Wettkampf. Liefert der Eine Hüte zu 12, 11 oder 10 Loth, so hat sie sein Nachbar zu 9, 8 bis 41/2 Loth Gewicht. Fort und fort sinnen die Hutfabrikanten darauf, wie sie ihre Waare immer leichter, und zugleich dauerhaft und wohlfeil liefern können. Man macht die Hutgestelle, welche mit dem Plüsch überzogen werden, aus Pappe, Kattun, Pferdehaarzeug, dünnen Korkplatten etc. Die Korkblätter sind so dünn wie Schreibpapier geschnitten und erhalten der bessern Haltbarkeit wegen einen Ueberzug von feiner in Kautschuk getränkter Gaze.

Nächst der Leichtigkeit verlangt man von dem Hute auch noch Wasserdichtheit und besonders Luftdurchzug. Der kaltblütige Engländer hält die Ansammluug von erwärmter Luft im Innern des Hutes meist für schädlich und hält daher große Stücke auf seine ventilating hats. Zur Erzeugung der Luftcirculation sind eine Menge Einrichtungen ersonnen worden; der Eine wählte seine Unterlage darnach, wie die Roßhaar- oder spitzenzgrundartigen gesteiften Zeuge, ein Anderer brachte eine Drehscheibe oder Klappe im Hutboden an, ein Dritter versteckte feine Röhrchen in die Wandung des Hutes, deren Außenmündungen durch die überliegenden Haare verdeckt wurden u. s. w. Als eine weitere Verbesserung soll es gelten, daß der Kranz des Hutes, der am Kopf anschließt, aus einem Kautschukstreifen besteht; ein solcher Hut soll sich dicht an den Kopf anschließen, ohne zu drücken.