Die Insel (Störzner)

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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Die Insel
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aus: Reinhardtswalder Sagenbüchlein, S. 19–20
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Erscheinungsdatum: 1924
Verlag: Buchhandlung Otto Schmidt
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Erscheinungsort: Arnsdorf in Sachsen
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Quelle: Scans auf Commons
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Die Insel.

Zwischen Arnsdorf und Reinhardtswalde breitete sich einst ein seeartiger Teich aus, der „Lange Teich“ genannt. Er reichte von der Arnsdorfer Mühle bis an das Teichhaus bei Kleinwolmsdorf. Dort ist heute noch der breite und hohe Damm zu sehen, der das Tal durchquert und den „Langen Teich“ westlich abschloß. Im Jahre 1815 wurde der Teich von dem damaligen Rittergutsbesitzer Christian Gotthelf Gutschmidt in Wolmsdorf trockengelegt und in Wiesenland umgewandelt.

     Mitten im „Langen Teiche“[1] war eine kleine Insel, auf der ein blockhausartiges Gebäude stand, das in Kriegszeiten als Zufluchtsort diente. An jene Insel, die der Zinn- und Bleirohrfabrik der Herren Kirchhoff & Lehr gegenüber im Wiesengelände liegt, erinnert heute ein großer, kreisrunder und mit Erlen und Gebüsch bedeckter Hügel. Auch Steine des alten Mauerwerkes sind noch vorhanden.

     Nach jener Insel flüchteten beim Nahen der Hussiten Frauen und Kinder aus Reinhardtswalde, wohin sie von den Männern auf Kähnen und Einbäumen gebracht worden waren. Zu ihnen herüber drang dann das Geschrei der Kämpfenden und das Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden. Von hier aus mußten sie auch sehen, wie ihr Dorf in Flammen aufging.

     Wenn die Röder, die den „Langen Teich“ speist und an dem Südrande der Insel hinfließt, einmal Hochwasser hat, dann ist das ganze Wiesengelände unter [20] Wasser gesetzt, und man kann sich an solchen Tagen ein Bild von der großen Ausdehnung des verschwundenen Teiches machen.

     Bewohnt war der „Lange Teich“ in früheren Jahrhunderten von Nixen, die oft nach Wolmsdorf und Arnsdorf kamen, wenn dort der Jugend zum Tanze aufgespielt wurde. Gern mischten sie sich in ihren meergrünen Kleidern unter die Tänzerinnen. Nun sind sie aber in andere Gewässer verzogen. Nur nachts, wenn die Nebelschleier auf den dumpfigen Wiesen liegen und der Mond die Nacht zum Tage macht, kehren jene Nixen und Elfen hierher auf Stunden zurück und wiegen sich auf den weißen Nebelstreifen in lieblichen Tänzen und Reigen. Gespenstisch ragen dann die alten Erlen und Weiden, welche die Ufer der Röder teilweise säumen, aus dem Nebelmeere hervor. Murmelnd zieht die Röder durch den stillen Wiesengrund.


  1. Ausführliches über den „Langen Teich“ und die Insel findet man in des Verfassers heimatkundlichem Werk: „Was die Heimat erzählt“, S. 48-51.