Die Offenbarung Johannis/2,18-29. Thyatira

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Die Offenbarung Johannis
3,1-6. Sardes »
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Inhalt Kapitel 2,18-29. Thyatira
2,18 - 2,19 - 2,20 - 2,21 - 2,22 - 2,23 - 2,24 - 2,25 - 2,26 - 2,27 - 2,28 - 2,29

[216] 2,18-29 Thyatira. 2,18. καὶ τῷ ἀγγέλῳ τῆς[1] ἐν Θυατείροις[2] (?) ἐκκλησίας γράψον. Thyatira liegt 19 Stunden von Pergamon an der Straße von dort nach Sardes (Dstd.), 10 Meilen nordöstlich von Smyrna, eine inhonora civitas, die zu dem Gerichtsbezirk von Pergamon gehörte. Die Stadt war später ein Hauptort der Montanisten Epiph. Haer. 51,33. τάδε λέγει ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ ὁ ἔχων τοὺς ὀφθαλμοὺς „αὐτοῦ“ (> A 36. 38. 161 g vg. s¹ [τον οφθαλμον] Pr. Epiph., jedoch im Text zu belassen, weil die Weglassung wahrscheinlicher als die Hinzufügung) ὡς φλὸξ (? mit ℵ 12 am. fu. Pr. [nach dem besten Codices] die übrigen φλόγα) πυρὸς, καὶ οἱ πόδες αὐτοῦ ὅμοιοι χαλκολιβάνῳ. Der Apok. faßt vielleicht ὡς φλόξ πυρός sc. ἐστιν als einen selbständigen Satz. Der Ausdruck „Sohn Gottes“ kommt nur hier in der Apk vor und ist vielleicht mit Bezug auf die Psalmstelle, die V. 27 zitiert wird, gewählt.

2,19. οἶδά σου τὰ ἔργα καὶ τὴν ἀγάπην καὶ τὴν πίστιν[3] καὶ τὴν διακονίαν καὶ τὴν ὑπομονήν [σου] (>ℵ 149. dem. g Pr. Or.i). Man wird hier πίστις mit Treue zu übersetzen haben. Bei διακονία ist wohl hauptsächlich an die Unterstützung der Armen gedacht, ὑπομονή bedeutet Geduld in Verfolgungen. — καὶ τὰ ἔργα σου τὰ ἔσχατα πλείονα τῶν πρώτων. II Petr 2,20: τὰ ἔσχατα χείρονα τῶν πρώτων. Es verhält sich hier also umgekehrt wie in Ephesus. τὰ ἔργα umfassen auch den gesamten sittlichen Zustand der Gemeinde. 2,20. ἀλλ’ ἔχω κατὰ σοῦ[4], ὅτι ἀφεῖς τῆν γυναῖκα[5] Ἰεζάβελ. Du läßt sie Einfluß gewinnen, oder: Du hinderst ihr Wirken nicht. Isabel ist jedenfalls symbolischer Name (anders Bengel, Wolf, die das Weib wirklich Isabel heißen lassen, Sp. der wenigstens die Benutzung eines geprägten Beinamens von Seiten des Apok. annimmt). Der Name ist gewählt in Beziehung auf die Königin Isabel (אֵיזֶבֵל) und deren Laster (Zauberei, Hurerei) I Kö 16,31; 18,4.13; 21,25ff.; II Kö 9,22.30. Der Name bedurfte keiner weiteren Erklärung (gegen Sp.). Bei der Erklärung haben wir jedenfalls davon auszugehen, daß nach allem,[217] was wir von ihr hören, die thyatirenische Isabel eine konkrete Persönlichkeit ist. Alle Deutungen, welche in ihr nur ein Symbol für eine Richtung, eine Partei sehen, sei es eine ultrapaulinische, sei es eine libertinistische, sind abzulehnen. Schürer (die Prophetin Isabel in Thyatira; Theol. Abh. C. v. Weizsäcker gewidmet 1892) hat nachzuweisen versucht, daß die Isabel eine Prophetin des in Thyatira vorhandenen Heiligtums der chaldäischen Sibylle gewesen sei. Einen solchen Tempel der Sibylle habe es dort tatsächlich gegeben. Corp. incr. Graec. 3509: Φάβιος Ζώσιμος κατασκευάσας σόρον ἔθετο ἐπὶ τόπου καθαροῦ ὄντος πρὸ τῆς πόλεως πρὸς τῷ Σαμβαθείῳ ἐν τῷ Χαλδαίου περιβόλῳ ... ἐγένετο ἐν τῇ λαμπροτάτῃ Θυατειρηνῶν πόλει ἀνθυπάτῳ Κατιλλίῳ Σεβήρῳ. Das Sambatheion im Chaldäischen Bezirk sei das Heiligtum der Sambethe gewesen, der chaldäischen Sibylle nach dem Prolog der Sibyllinen (VI Jh.), aber auch schon nach Pausanias (Alexander Polyhistor), der den Namen Sabbe für die orientalische Sibylle kenne; Descr. Graec. X 12,9: ἐπετράφη δὲ καὶ ὕστερον τῆς Δημοῦς παρὰ Ἑβραίοις ... γύνη χρησμολόγος, ὄνομα δὲ αὐτῇ Σάββη. Βηρώσσου δὲ εἶναι πατρὸς καὶ Ἐρυμάνθης μητρός φασι Σάββην. οἱ δὲ αὐτὴν Βαβυλωνίαν, ἕτεροι δὲ Σίβυλλαν καλοῦσιν Αἰγυπτίαν. Da wiederum bei Ps. Justin, Cohortatio ad Graecos 37, die chaldäische Sibylle Tochter des Berosus genannt werde, Σάββη auch sprachlich = Σαμβήθη sei, so sei in der Tat erwiesen, daß es in Thyatira ein Heiligtum der chaldäischen Sibylle Sambethe gegeben. Da ferner ein hoher Regierungsbeamter L. Catilius Severus sich unter Hadrian (vielleicht schon unter Trajan) nachweisen lasse, so werde wahrscheinlich, daß dies Heiligtum der Sibylle bereits zur Zeit der Apk bestanden haben könne. So dränge sich die Kombination auf, daß man in dem Weib Isabel die Prophetin (Priesterin) des Sambatheions zu sehen habe[6]. Die Ausführungen Schürers sind hinsichtlich des Nachweises eines chaldäischen Heiligtums in Thyatira sehr interessant. Aber ich glaube nicht, daß sie zur Erklärung der Apk irgend etwas austragen. Es ist gar nicht einzusehen, mit welchem Recht man die christliche Prophetin Isabel mit der heidnischen (im günstigsten Fall halbjüdischen) Prophetin des Sambatheions identifizieren darf, vorausgesetzt, daß im Sambatheion eine solche Prophetin wirklich existierte. Die Prophetin Isabel kann nur als die Führerin einer Bewegung innerhalb der christlichen Gemeinde aufgefaßt werden. Sie steht genau in demselben Verhältnis zur christlichen Gemeinde wie die falschen Apostel, die Bileamiten und Nicolaiten. Sie befindet sich offenbar noch unter der Jurisdiktion der Gemeinde, denn dieser wird vorgeworfen, daß sie sie gewähren lasse. — Zahn (II 606. 612) der Schürers Versuch als Einfall und Phantasie abweist, trägt seinerseits, indem er sich auf die nach ihm „zweifellos echte“[7] Lesart γυναῖκά σου (s. o.) stützt, [218] den nicht besseren Einfall vor, die Isabel sei die Frau des Bischofs von Th. gewesen. Z. sieht wohl selbst ein, daß ein Bischof, dessen Werke, Liebe und Glaube von dem Apok. gerühmt werden, und der daneben sein sektiererisches buhlerisches Weib gewähren läßt, eigentlich eine Unmöglichkeit sei. Aber Z. weiß sich zu helfen: der gute Bischof soll nichts von der Verderblichkeit seines Weibes gewußt haben. „Sie gab sich nicht als πόρνη sondern als προφῆτις und wir wissen auch nicht, wie weit sie und ihre Anhänger in Handlungen gegangen sind.“ Der Apok. muß ihn erst im Namen dessen, der Nieren und Herzen erforscht, über die Verderblichkeit seiner Ehefrau aufklären! Es handelt sich hier aber gar nicht um ein geheimes buhlerisches Treiben, sondern um das Auftreten einer Partei mit offen ausgesprochenen Grundsätzen. Und davon sollte der „Bischof“ nichts gewußt haben?! — Man wird daher wohl bei der Annahme stehen bleiben müssen, daß wir in der Isabel eine falsche (libertinisch gesinnte) christliche Prophetin zu sehen haben, die ihr Wesen in der Gemeinde trieb (Jablonsky, de Jezabele. opp. III 225-260, de W., Bl., Ew., Dstd., Wzs., Sp.). — Die Propheten und Prophetinnen waren in der Zeit, in der die vorliegenden Sendschreiben geschrieben wurden, noch zum Teil wenigstens die ersten Autoritäten in den Gemeinden. Es ist daher nichts Auffallendes, daß hier auch einmal in der Sekte der Irrlehrer eine Prophetin eine Rolle spielt. Merkwürdig ist es, daß gerade hier in Thyatira — später wahrscheinlich einem der Hauptsitze des Montanismus (s. o.) — die falsche Prophetie bekämpft werden mußte[8]. ἡ λέγουσα[9] ἑαυτὴν[10] προφῆτιν. Der Versuch, die hier vorliegende Anomalie in der Sprache dadurch zu heben, daß man ἥ als Relativpronomen faßt und zu λέγουσα ein ἐστιν ergänzt, ist nicht ganz unmöglich. Solche abgebrochenen Relativsätze kommen in der Apk häufig vor (vgl. 2,13 ἐν ταῖς ἡμέραις αἷς Ἀντίπας und die dort angeführten Parallelstellen, ebenso wäre dann auch 3,12 zu erklären). Dennoch scheint mir der Versuch wegen des folgenden Verbum finitum prekär. Winers Erklärung (498): „welche, indem sie sich für eine Prophetin ausgibt, lehrt und verführt“, ist allzu künstlich. Die grammatische Anomalie ist einfach zuzugeben. καὶ διδάσκει καὶ πλανᾷ τοὺς ἐμοὺς δούλους πορνεῦσαι καὶ φαγεῖν εἰδωλόθυτα. Hltzm. faßt das διδάσκει absolut und bezieht das Objekt τοὺς ἐμοὺς δούλους nur zu πλανᾷ, weil διδάσκειν 2,14 mit dem Dativ konstruiert sei. Aber es liegt keine Veranlassung vor, einen Konstruktionswechsel als unmöglich auszuschließen. Das πορνεῦσαι steht diesmal (vgl. die [219] folgenden Ausführungen), als die Hauptsünde voran. δοῦλοι steht, wie es scheint, hier in dem allgemeinen Sinn von Christen überhaupt (nicht = Propheten), ein in der Apk seltener Sprachgebrauch. Die Isabel wird übrigens als eine Vertreterin derselben Richtung wie der der falschen Apostel, Bileamiten und Nicolaiten, geschildert.

2,21. καὶ ἔδωκα αὐτῇ χρόνον ἵνα μετανοήσῃ. Der Aor. ἔδωκα kann kaum so übersetzt werden, als stünde hier das Perf. (Dstd.), sondern es liegt hier die Andeutung vor, daß schon einmal eine ganz bestimmte Warnung an das Weib ergangen ist. Dabei bleibt das Wann und Wie ganz unbestimmt, man darf weder mit Ew. auf ein schon einmal erlassenes Schreiben raten, noch mit Sp. gar auf Jud und II Petr verweisen. Jedenfalls hat also die Prophetin schon eine längere Wirksamkeit ausgeübt. καὶ οὐ θέλει μετανοῆσαι ἐκ τῆς πορνείας αὐτῆς. — μετανοεῖν ist in der Apk immer mit ἐκ konstruiert 2,22; 9,20f.; 16,11 (Akt 8,22 steht ἀπό s. o. Abschnitt VII S. 167). 2,22. ἰδοὺ βάλλω[11] αὐτὴν εἰς κλίνην (die Strafe nach Maßgabe der Versündigung: das Siechbett anstatt des Wollustlagers) καὶ τοὺς μοιχεύοντας μετ’ αὐτῆς εἰς θλίψιν μεγάλην. Bei dem Ausdruck: die mit ihr ehebrechen, ist kaum an das alttestamentliche Bild des Ehebruchs für den Abfall von Gott gedacht, so daß etwa das μοιχεύειν dasselbe bedeutete wie πορνεύειν (dann ebenfalls in allgemeinem Sinn zu verstehen) und φαγεῖν εἰδωλόθυτα (so Dstd.), sondern bei dem μοιχεύειν ist speziell an Unzucht gedacht, welche dieses Weib getrieben hat. Dabei ist auf den Wechsel der Ausdrücke πορνεύειν-μοιχεύειν nicht allzuviel zu geben, obwohl es ja möglich bleibt, daß wir die Prophetin als verheiratete Frau zu denken haben. Wahrscheinlich ist es, daß das unzüchtige Treiben sich mit den Götzenopfermahlzeiten verbunden hat, aber gesagt ist es nicht. Die μοιχεύοντας sind also die Buhlen des Weibes. Jede geistige und uneigentliche Deutung der Stelle scheitert daran, daß neben den Buhlen des Weibes ausdrücklich ihre Kinder genannt werden (Sp.). ἐὰν μὴ μετανήοσωσιν[12] ἐκ τῶν ἔργων αὐτῆς[13]. „Von ihren Werken“ d. h. von den Werken, welche jene sie gelehrt hat. Diese verhältnismäßig milde Strafandrohung ist übrigens ein neuer Grund, weshalb man nicht versuchen darf, die Buhlen mit den Kindern des Weibes zu identifizieren und in beiden ganz allgemein Anhänger jener zu sehen. 2,23. καὶ (> A c) τὰ τέκνα αὐτῆς ἀποκτενῶ ἐν θανάτῳ. Die eignen Kinder des Weibes sind gemeint, das Weib soll an seinen Kindern gestraft werden, daher die harte Drohung. Man könnte übrigens vielleicht annehmen, daß die ehelichen Kinder des Weibes gemeint seien und nicht solche, die mit den Buhlen erzeugt sind. Vielleicht liegt hier zugleich eine Anspielung auf das Geschick der Söhne Ahabs vor (II Kö 10,7). Was den gedrohten Tod betrifft, so ist möglich, daß hier an Pest zu denken ist (θάνατος [220] Übersetzung der LXX für דֶּבֶר‎ Ez 33,27 vgl. Jer 14,12; 21,7), doch liegt hier wahrscheinlich nur eine hebraistische Plerophorie der Rede vor, vgl. übrigens das zu 6,8 Bemerkte. καὶ γνώσονται πᾶσαι αἱ ἐκκλησίαι (Bemerkenswert ist, daß hier innerhalb eines Sendschreibens die sonst nur am Schluß übliche Wendung an sämtliche Gemeinden eintritt. Das läßt darauf schließen, daß die Vorgänge in Thyatira weithin Ärgernis erregt hatten), ὅτι ἐγώ εἰμι ὁ ἐρευνῶν (ἐραυνῶν)[14] νεφροὺς καὶ καρδίας[15] καὶ δώσω ὑμῖν ἑκάστῳ κατὰ τὰ ἔργα ὑμῶν[16]. Ps 7,10 LXX: ἐτάζων[17] καρδίας καὶ νεφροὺς; Jer 17,10: ἐτ. καρδ. κ. δοκιμάζων νεφρ.; 20,12: συνίων νεφρ. κ. καρδ. vgl. Jer 11,20; Ps LXX 25,2; 61,13: σὺ ἀποδώσεις ἑκάστῳ κατὰ τὰ ἔργα αὐτοῦ.

2,24. ὑμῖν δὲ λέγω τοῖς λοιποῖς τοῖς ἐν Θυατείροις (ῃ vgl. 2,18), ὅσοι οὐκ ἔχουσιν τὴν διδαχὴν ταύτην(beachte auch diesen zu christlicher Häresie passenden Ausdruck), οἵτινες οὐκ ἔγνωσαν τὰ βαθέα τοῦ σατανᾶ, ὡς λέγουσιν. Zu der Stelle vgl. Irenäus, adv. haer. Praefatio (mit Bezug auf die Valentinianer): μηνύσαι σοι ... τὰ τερατώδη καὶ βαθέα μυστήρια; II 32,6; (21,2): qui profunda Bythi adinvenisse se dicunt. Tertullian adv. Vallentinianos 1: si bona fide quaeras, concreto vultu, suspenso supercilio „altum est“ aiunt. Die Parallelen legen nahe, daß wir hier ein Schlagwort gnostischer Weisheit vor uns haben. Auch die Worte in unserm Vers ὡς λέγουσιν deuten darauf hin. Denn das Subjekt des „λέγουσιν“ sind keinesfalls die übrigen Gemeindeglieder οἱ λοιποί, sondern auf jeden Fall die Irrlehrer selbst. Wir haben in dem Ausdruck „die Tiefen des Satans erkennen“ demgemäß eine Selbstcharakteristik der Irrlehrer zu sehen. Diese Selbstcharakteristik erscheint freilich wunderbar, und deshalb nehmen viele Ausleger an, daß der Apokalyptiker den Irrlehrern ihre Selbstaussage in einer stark ironischen Weise im Munde verdreht habe. Die Häretiker hätten natürlich von βαθέα τοῦ θεοῦ geredet, es seien Gnostiker gewesen, Pneumatiker, welche vielleicht unter Berufung auf I Kor 2,10 (Hgf. Einl. 416f., Blom ThT 1878, 88f., Hltzm.)[18] von sich behaupteten, die Tiefen Gottes — in den Augen des Apokalyptikers des Satans — durchdrungen zu haben. Doch hat man diese Annahme einer Verdrehung der Worte der Gegner von Seiten des Sehers nicht unbedingt nötig. Es läßt sich denkbar machen, daß die Irrlehrer selbst davon geredet haben, daß sie die Tiefen des Satans erkennen wollten; sie mögen so ihr praktisches Verhalten, ihr weltförmiges Wesen, und ihre Akkommodation an das Heidentum, das Götzenopferessen und den Libertinismus verteidigt haben: man müsse die Tiefen des Satans kennen lernen, die satanische Macht des Heidentums persönlich ergründen (Sp.). οὐ βάλλω[19] ἐφ’ ὑμᾶς ἄλλο βάρος. Das kann sich [221] auf Leiden oder auf Gesetzeslasten beziehen. Ersteres ist jedoch ausgeschlossen, da der Ausdruck im folgenden Vers κρατῆσαι nur auf das Festhalten an gesetzlichen Bestimmungen gedeutet werden kann. Es liegt daher hier aller Wahrscheinlichkeit nach eine Beziehung auf Akt 15,28 (μηδὲν πλέον ἐπιτίθεσθαι ὑμῖν βάρος) vor. Den Gliedern der Gemeinde, welche sich von dem Libertinismus der Nicolaiten zurückgehalten haben, wird gesagt, daß sie außer den im Apostelkonzil auferlegten Lasten, dem Verbot des πορνεύειν und des ἐιδωλόθυτα φαγεῖν etc., keine andren mehr tragen sollen. 2,25. πλὴν ὃ ἔχετε κρατήσετε, ἄχρι οὗ ἂν ἥξω[20]. Wegen des feststehenden Sprachgebrauchs der Apk muß ἥξω als Konjunktiv von einem ungewöhnlichen ἥξα aufgefaßt werden.

2,26. καὶ ὁ νικῶν καὶ ὁ τηρῶν (1,8) ἄχρι τέλους τὰ ἔργα μου, (der Sieg besteht in dem Festhalten an den Werken, das hier mit Beziehung auf den vorhergegangenen Vers betont wird) δώσω αὐτῷ (diese starke Anomalie kommt hier zum ersten Mal in den Briefschlüssen vor) ἐξουσίαν ἐπὶ τῶν ἐθνῶν. Ps 2,8: δώσω σοι ἔθνη τὴν κληρονομίαν σου. Zum ersten Mal ist in diesem Schluß die Verheißung der mahnenden Warnung an alle Kirchen vorangestellt[21]. Auch hier scheint der Apokalyptiker kunstvoll die Briefe in 3 + 4 einzuteilen. Die Verheißung zeigt nun in diesem Sendschreiben eine besonders leidenschaftliche und jüdisch-apokalyptische Stimmung, welche man nicht umdeuten und spiritualisieren darf. Die Macht über die Heiden ist entweder ganz einfach auf die triumphierende Herrschaft der Gläubigen in der neuen Zeit oder auf die Machtstellung derselben im Gericht (Mt 19,28; I Kor 6,3; Apk 20,4) zu beziehen. 2,27. καὶ ποιμανεῖ αὐτοὺς (sc. τὰ ἔθνη constructio ad sensum) ἐν ῥάβδῳ σιδηρᾷ (Ps 2,9 in der Übersetzung der LXX mit dem bekannten Fehler תּׅרְעֵם statt תְּרׂעֵם), ὡς τὰ σκεύη τὰ κεραμικὰ συντρίβεται[22]. LXX ὡς σκεῦος κεραμέως συντρίψεις αὐτούς; Apk 12,5; 19,15; zu übersetzen, „wie man Töpfergeschirr zerbricht“ (Hltzm.). 2,28. ὡς κἀγὼ εἴληφα παρὰ τοῦ πατρός μου. καὶ δώσω αὐτῷ τὸν ἀστέρα τὸν πρώϊνον. In dem vorliegenden Sendschreiben allein findet sich eine doppelte Verheißung. — Die Wendung selbst spottet bis jetzt jeder Erklärung. Mit Beziehung auf Jes 14,12 fanden Andreas, Arethas hier den Satan. Verkehrt ist es jedenfalls, mit den meisten nach Apk 22,16 an Christus selbst zu denken, da diese Deutung im vorliegenden Zusammenhang sinnlos ist[23]. Dstd., Hltzm. u. a. denken unter Berufung auf Dan 12,3; Mt 13,43; I Kor 15,40ff. an die himmlische Herrlichkeit der [222] Gläubigen. Aber diese Deutung erklärt doch den sonderbaren Ausdruck nicht. 2,29 s. o.

  1. C > της; A τω αγγ. τω εν Θυατ. (> εκκλησ.); τω αγγ. τω εν εκκλ. τη εν Θυατ.; Pr. angelo ecclesiae, qui est Thyat.; Hippol. b. Epiph. H. 51. c 33 τω αγγελ. της εκκλ. τω εν θυατ.
  2. Die Pluralform des Namens bezeugen hier ℵACP An. s¹ a Hipp.; den Singular θυατειρη(α) Q Rel. g vg. c ae. Pr. – 2,24 liegt dasselbe Zeugenverhältnis vor, nur daß Q 14. 92 die ganz unmögliche Form θυατειραις (ηραις) haben. Dagegen haben 1,11 die Pluralform אP An. (εις θυατειρα; P εν θυατειροις; An.¹ εις θυατειρας) ; dagegen ACQ Rel. g vg. c ae. Pr. die Singularform (θυατειραν; AC θυατιραν; Q θυατηραν)
  3. Die Umstellung von πιστις und αγαπη in AC 48. 95. cle Epiph. (1.) ist dogmatische Korrektur.
  4. Es ist nicht mit ℵ An.¹ s¹ πολυ; An² a Pr. Cypr. Tic. πολλα; l. cle lips⁴⁶ ολιγα einzuschieben.
  5. CP An.¹⁵ g vg. c a ae Tert. Epiph.; + σου Q Rel. s¹² Cypr. Pr. Der Abschreiber sah also in dem ἄγγελος der Gemeinde den Bischof. Mit dem richtigen Verständnis von ἄγγελος (s. o.) ist diese Glosse also unverträglich.
  6. Hltzm.² (wie es scheint) und Vlt. III 410ff. akzeptieren die Ansicht Schürers. Letzterer sucht aus derselben für seine späte Ansetzung der Sendschreiben Kapital zu schlagen. Der Einfluß einer solchen außerhalb der Gemeinde stehenden Prophetin setze das Erlöschen der Prophetengabe in derselben voraus. — Gegen Schürer vgl. Hirscht p. 32.
  7. Die Lesart ist freilich einigermaßen gut bezeugt (s. o). Aber daß sie zweifellos WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt echt und die entgegengesetzte Lesart verwerflich sein soll, ist eine von den mit bekannter Sicherheit vorgetragenen grundlosen Behauptungen Zahns. Es ist gar nicht abzusehen, weshalb nicht schon nach den vielen vorausgehenden σου durch ein einfaches Versehen das σου in den Text gekommen sein könnte.
  8. Auch die wie es scheint montanistisch gestimmten Märtyrer Carpus, Papylus stammen aus Thyatira (vgl. Harnack die Akta des Carpus etc., Texte u. Unters. V 433ff.).
  9. Mit ℵAC; die übrigen verbessern teils in την λεγουσαν (Pc An.), teils (Q Rel.) in η λεγει: s. Studien S. 3).
  10. αυτην lesen ℵQ An.⁵. Da ℵ (mit ) hinter προφητιν noch ein ειναι liest, so kommen für die vorliegende Irregularität nur noch Q und einige Min. in Betracht, ein zu leicht wiegendes Zeugnis (B. Weiß 118).
  11. βαλω (ℵ)PQ 38 sa. vg.cod. Tert. Verbesserung des in der Apk sehr beliebten Präsens (Studien 23).
  12. μετανοησουσιν lesen nur ℵA, der Ind. nach εαν läßt sich in der Apk nicht nachweisen (s. Abschnitt VII S. 171).
  13. αυτων in A An¹² a ae. c s vg.cod ist Korrektur.
  14. ἐραυνῶν AC ist die alexandrinische Form (s. Studien 104), daher ist vielleicht ἐρευνῶν beizubehalten.
  15. καρδιαν s¹ Pr. Cypr.
  16. αυτου Q a c cle. lips.⁴⁶ tol.
  17. ἐρευνᾶν wird in dieser Beziehung in der LXX nicht gebraucht.
  18. Vlkm. sah hier eine direkte Polemik gegen I Kor 2,10.
  19. βαλω ℵ Q vg. c sa. Pr. cf. V. 22 (Studien 23).
  20. Die Lesart ανοιξω Q Rel. beruht offenbar auf einem Gehörfehler.
  21. Es ist immerhin bemerkenswert, daß diese hier wie 3,6.13 (nicht 3,22) bei Pr. ausgefallen ist.
  22. Die Lesart συντριβησεται (alle gegen ℵAC An.¹ s¹[?]) ist jedenfalls mechanische Konformation nach dem vorhergehenden ποιμανει. — Pr. hat: sicut vas figuli confringentur, scheint also gelesen zu haben: ὡς τὰ σκεύη ... συντριβήσονται sc. τὰ ἔθνη. (Ähnlich: Tic.: ut vas figuli comminuentur).
  23. Es wäre das nur möglich, wenn in dem πνεῦμα, das zu den Gemeinden redet, Gott als Subjekt gedacht würde.
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Die Offenbarung Johannis
3,1-6. Sardes »
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