Die Offenbarung Johannis/Kap. 12,18-13. Die beiden Tiere

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kap 12. Der Drache, das Weib und das Kind Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis
Kap. 14. Intermezzo »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
[358]
B. Die beiden Tiere. Kap. 12,18-13.

12,18-13,8. Das erste Tier. 12,18. καὶ ἐστάθη (ἐστάθην)[1] ἐπὶ τὴν ἄμμον τῆς θαλάσσης. Ist ἐστάθη (Dstd., B. Weiß, Hltzm.) zu lesen, so hat der Apok. Kap. 12 und 13 in einen engeren Zusammenhang gestellt, indem er das Erscheinen des Tieres in Kap. 13 als durch den Drachen selbst veranlaßt andeutet. Freilich erscheint diese Überleitung etwas gezwungen, denn man sollte erwarten, daß noch genauer erzählt wird, wie der Drache das Tier wirklich gerufen hat. Das gerade aber muß man erraten. Ist ἐστάθην (Sp., Gunkel und fast alle früheren Ausleger, vgl. Dan 8,2) zu lesen, so würde sich deutlich zeigen, daß mit Kap. 13 ein neuer Abschnitt beginnt.

13,1. καὶ εἶδον ἐκ τῆς θαλάσσης θηρίον ἀναβαῖνον. Da 7,3: καὶ τέσσαρα θηρία [μεγάλα] ἀνέβαινον ἐκ τῆς θαλάσσης. IV Esra 11,1: ecce ascendebat de mari aquila. Das Aufsteigen aus dem Meere steht im Gegensatz zum Aufsteigen des folgenden Tieres vom Lande. Der Apok. sagt uns nicht, wie sich das hier aus dem Meere auftauchende Tier zu dem aus dem Abgrund aufsteigenden 11,7 (vgl. 17,6) verhalte. Er wird sich darüber vielleicht gar keine bestimmten Gedanken gemacht haben[2]. Daß das hier gemeinte Tier das römische Imperium ist, das für den Orientalen aus dem Meer aufsteigt, steht bei allen Auslegern fest. Auch Gunkel leugnet hier die politische Beziehung nicht. ἔχον κέρατα δέκα καὶ κεφαλὰς ἑπτὰ καὶ ἐπὶ τῶν κεράτων αὐτοῦ δέκα διαδήματα. Während bei dem Drachen 12,3 die sieben Häupter voranstehen, so sind hier die zehn Hörner vorangestellt. Dort tragen die sieben Häupter Kronen, hier die zehn Hörner. Vielfach hat man daher aus dieser Stelle die bestimmte Andeutung herausgelesen, daß die Apk unter dem zehnten römischen Cäsaren geschrieben wurde.[359] Es fragt sich dann, wie die zehn Könige zu zählen sind. Denn es bleibt zweifelhaft, ob man mit Cäsar[3] oder Augustus beginnen soll. Ferner kann die Zählung schwanken, je nachdem man die drei Herrscher des Interregnums mitzählt oder nicht. Im ersteren Falle wäre der zehnte Herrscher Titus (Vespasian), im letzteren Trajan (oder Nerva)[4]. Im ersteren Fall käme man mit dem Kapitel in die Zeit der Zerstörung Jerusalems, im letzteren in die Zeit der beginnenden allgemeinen Christenverfolgung. Doch erheben sich gegen diese ganze Ausdeutung der Stelle ernstliche Schwierigkeiten. Im Sinne des Apok letzter Hand kann sie nicht sein. Denn dieser zählt den antichristlichen Herrscher, der nach ihm sicher ein römischer Cäsar ist, in dem vorliegenden Kapitel ausdrücklich als eines der sieben Häupter (s. u.). Ferner hat der Verfasser unsrer Apk wahrscheinlich unter Domitian geschrieben (s. die Einleitung S. 133ff.). Auf Domitian führt aber die Zehnzahl der Hörner, wie man auch rechnen möge (abgesehen von der willkürlichen Deutung Völters s. u. Anm. 2), nicht. Nun werden in Kap. 17 die zehn Hörner ausdrücklich auf zehn Könige gedeutet, die mit dem Tiere, dem römischen Reich, verbündet sind. Die Annahme liegt nahe, daß der Verfasser der Apk hier bereits auf jene zehn Könige im voraus hingedeutet und den Hörnern als Symbolen der in der Zukunft gleichzeitig mit dem antichristlichen Regenten herrschenden Fürsten die Kronen gegeben habe. Wen er dann unter den zehn Königen verstanden wissen will, werden wir in der Auslegung von Kap. 17 sehen. — Die sieben Häupter haben für den Apok. letzter Hand jedenfalls eine größere und zwar zeitgeschichtliche Bedeutung. Er betrachtet, wie schon gesagt, den Herrscher der antichristlichen Zeit, der sicher ein römischer Cäsar ist, als eines der sieben Häupter. Er deutet, wenn auch hier seiner Quelle folgend, die sieben Häupter in Kap. 17 ausdrücklich auf sieben Könige. Verkehrt aber wäre es dennoch, nun auf Grund dieser Gleichung — sieben Häupter = sieben römische Könige — hier bereits eine Zeitbestimmung für seine Weissagung wagen zu wollen. Denn der Apok. ist bereits abhängig von älteren Traditionen. Er gab seinem Tiere nicht sieben Häupter, weil er genau sieben römische Kaiser kannte, sondern er hat jedenfalls das ihm überlieferte Bild des siebenköpfigen Tieres auf sieben römische Kaiser — und zwar wahrscheinlich recht künstlich — gedeutet. Eine ältere Deutung der sieben Häupter, die der Apok. nicht selbst entwarf, sondern nur herübernahm und sich zurechtlegte, so gut es ihm gelingen wollte, liegt 17,10ff. vor. Dahinter aber liegen noch ältere Traditionen auf der einen Seite von sieben Weltregenten, die nach einander über die Welt herrschen sollen (s. die Erklärung zu 17,10ff.), andrerseits von dem siebenköpfigen Tier. Ob dieses Bild von dem siebenköpfigen Tier ursprünglich aus einer einfachen Addition der Häupter der vier Tiere in Da 7,1ff. entstanden ist (Sp.), oder ob dahinter noch ältere Traditionen liegen (s. oben 12,3 das zur Erscheinung des siebenköpfigen Drachen[360] Bemerkte), kann kaum noch entschieden werden. Jedenfalls arbeitet unser Apok. durchweg mit überkommenem Material. καὶ ἐπὶ τὰς κεφαλὰς αὐτοῦ ὀνόματα (ὄνομα)[5] βλασφημίας. Beachte den Wechsel der Konstruktion von ἐπί. Wenn ὀνόματα zu lesen ist, so denkt der Apok. an die einzelnen Namen der Cäsaren, die ihm — das kennzeichnet seine schroffe Stellung zum Cäsarentum — einfach Lästernamen sind. Liest man aber ὄνομα, so ist an einen und denselben Namen zu denken, der auf sämtlichen Häuptern stand. Was das aber (nach der Ansicht des Apok.) für ein Name war, hat wahrscheinlich schon Beda richtig gesehen: Reges enim suos Deos appellant tam mortuos et velut in coelum atque inter Deos translatos, quam etiam in terris Augustos, quod est nomen ut volunt Deitatis. Es ist der mit dem Cäsarenkultus zusammenhängende Name: Σεβαστός, divus Augustus gemeint.

13,2. καὶ τὸ θηρίον, ὃ εἶδον, ἦν ὅμοιον παρδάλει, καὶ οἱ πόδες αὐτοῦ ὡς ἄρκου καὶ τὸ στόμα αὐτοῦ ὡς στόμα λέοντος[6]. Da 7,1ff. tauchen nach einander die Gestalten des Löwen, Bären und Panthers aus dem Meere auf. Gunkel vermutet, daß das hier vorliegende Bild des zusammengesetzten Ungeheuers älter sei, als das von Da 7,1ff. Derartige Mischgestalten sind allerdings spezifisch charakteristische Erzeugnisse orientalischer Phantasie[7]. Der Apok scheint aber seine Gestalt bereits ziemlich planlos kompiliert zu haben (vgl. die Erwähnung des einen Löwenmaules im Verhältnis zu den sieben Häuptern des Tieres). So ist es doch das Wahrscheinlichere, daß er die verschiedenen Gestalten, die Daniel zeichnet, hier mit einander kombiniert hat, an dessen Weissagung ihn die ihm bereits (s. o.) überlieferte Figur des Tieres mit den sieben Hörnern und zehn Häuptern ja erinnern mußte[8].

καὶ ἔδωκεν αὐτῷ ὁ δράκων τὴν δύναμιν αὐτοῦ καὶ τὸν θρόνον αὐτοῦ (2,13) καὶ ἐξουσίαν μεγάλην. Hier wird nun Kap. 13 mit Kap. 12, die Erscheinung des Drachen mit der des Tieres ausdrücklich verbunden. Das römische Weltreich ist ein Diener des Satans, sein Thron ein Satansthron, seine große Macht ein Teufelsgeschenk. Jedes Wort ist mit feierlichem Nachdruck gesetzt.

13,3. καὶ μίαν ἐκ[9] (s. o S. 166) τῶν κεφαλῶν αὐτοῦ ὡς ἐσφαγμένην εἰς θάνατον. Mit dieser Bestimmung tritt nun das Tier oder wenigstens eines seiner Häupter in einen bedeutsamen und wohl zu[361] beachtenden Gegensatz zum Lamm, 5,6. Es ist demgemäß auch das ὡς ἐσφαγμένην genau so zu verstehen wie dort, wo das Lamm „gleichsam getötet“ genannt wird. Beide Male muß sich der Ausdruck demgemäß auf einen wirklichen gewaltsamen Tod beziehen. Aber wie das Lamm in Wirklichkeit nicht tot ist, sondern in himmlischer Herrlichkeit weiter lebt, so muß es auch mit dem Tode des Tieres eine besondre Bewandtnis haben. καὶ ἡ πληγὴ τοῦ θανάτου αὐτοῦ ἐθεραπεύθη. Hier löst sich das Rätsel, weshalb das Haupt ὡς ἐσφαγμένην genannt wurde. Die „Todeswunde“ des Hauptes wurde nämlich in irgend einer wunderbaren Weise wieder geheilt. Man beachte, wie schon hier durch das αὐτοῦ das eine Haupt und sein Geschick mit dem des Tieres identifiziert wird. Das vorliegende Symbol kann nun eigentlich nur auf zwei der römischen Cäsaren gedeutet werden, auf Cäsar oder auf Nero, denn nur diese können als durch Schwertesschlag (πληγή, vgl. V. 14) hingemordet bezeichnet werden. Für Cäsar haben sich noch neuerdings wieder Bruston zu wiederholten Malen[10] und Gunkel, Schöpfung und Chaos 355, ausgesprochen. Aber bei dieser Annahme erklärt sich das „ὡς“ ἐσφαγμένη nicht. Auch sieht man nicht ein, wie die Ermordung Cäsars den Apok. noch am Ende des ersten Jahrhunderts so hätte interessieren können, daß er den charakteristischsten Zug in seiner Zeichnung des Tieres dieser Tatsache entlehnte. Daher ist an der Auslegung der großen Mehrzahl der modernen Ausleger[11] festzuhalten und die Beziehung auf Nero hier anzuerkennen. Und zwar muß dann die Weissagung, daß der Todesschlag wieder geheilt wurde, notwendig auf die Volkserwartung vom Nero redivivus bezogen werden. Genaueres über die Nerosage wird zu Kap. 17 beigebracht werden (s. dort auch die Auseinandersetzung mit Zahn). Hier sei nur vorläufig erwähnt, daß die Sage vom wiederkehrenden Nero in drei Gestalten vorliegt: 1) Sofort nach dem Tode Neros entstand das Gerücht, daß er nicht gestorben sei, sondern sich nur verborgen halte. 2) Bald nachher läßt sich der Glaube nachweisen, daß Nero sich bei den Parthern verborgen halte und mit diesen im Bunde wiederkehren werde. 3) Danach, etwa nach einem Menschenalter, entsteht die Sage, daß Nero gestorben sei, aber aus der Unterwelt wiederkehren werde (Genaueres s. u.). Nun liegt hier die Sage offenbar schon in der dritten Gestalt vor. Nur darauf kann das Symbol von der Heilung der Todeswunde gedeutet werden. Nur so wird das eine Haupt zu einem vollständigen[362] Antitypus des ἀρνίον ὡς ἐσφαγμένον. Der Apok. setzt also diese Volkserwartung vom wiederauflebenden Nero in ihrer jüngsten Gestalt voraus. Wie er sie sich dann seinerseits im einzelnen gedeutet, das kann uns erst die Erklärung von Kap. 17 zeigen. Zum Bilde des römischen Imperiums mit seinen sieben Häuptern und zehn Hörnern gehört für den Apok. vor allem also der Zug, daß einer von den Cäsaren hingemordet, aber wunderbar wieder zum Leben erwacht ist.

καὶ ἐθαυμάσθη[12] ὅλη ἡ γῆ ὀπίσω (Apg 5,37; 20,30) τοῦ θηρίου. Apk 17,6f.8. Gunkel 358 nimmt an der Konstruktion θαυμάζειν ὀπίσω Anstoß, retrovertiert: ותתמה מאחרי החיה, und konjiziert מאחרית: die ganze Welt entsetzte sich über das schließliche Geschick des Tieres (nämlich darüber, daß es am Leben blieb). Wenn ein solcher Versuch Wert haben soll, müßte schon zunächst die Annahme einer hebräischen Grundlage der Apk mit zwingenderen Gründen erwiesen werden. Die staunende Bewunderung der ganzen Erde bezieht sich vor allem auf die wunderbare Wiederkunft des Nero redivivus, dann auch auf die μεγάλη ἐξουσία des Tieres. Auch hier tritt der Zukunftscharakter der Weissagung deutlich hervor. 13,4. καὶ προσεκύνησαν (s. o. S. 163) τῷ δράκοντι, ὅτι[13] ἔδωκεν τὴν ἐξουσίαν τῷ θηρίῳ. Vom Drachen stammt überhaupt die Macht des römischen Reiches. Insbesondre aber wird der Drache wohl hier als der, welcher den Nero redivivus gesandt, die Todeswunde des Hauptes geheilt und die Macht des Tieres wiederhergestellt hat, gedacht. καὶ προσεκύνησαν τὸ θηρίον[14] λέγοντες· τίς ὅμοιος τῷ θηρίῳ; Exod 15,11: τίς ὅμοιός σοι ἐν θεοῖς, κύριε, τίς ὅμοιός σοι; es liegt wohl eine absichtliche Nachahmung jenes an Gott gerichteten Lobgesanges vor. In diesem Verse schlägt nun der Apok. zum ersten Mal den Ton an, der das ganze Folgende beherrscht. In absichtsvollem Refrain kehrt das Stichwort schon hier zweimal wieder: „Und sie beteten den Drachen an“ „Und sie beteten das Tier an“. Die Anbetung des Tieres ist das große Thema, dessenwegen er ja eigentlich sein ganzes Werk geschrieben. Hier findet er die Signatur seiner Zeit, hier den Hauptgegenstand des Kampfes zwischen dem römischen Reich und dem Christentum. Bemerkenswert ist dabei, daß er die Fiktion eines geschauten Gesichtes festhaltend die ganze Schilderung im Präteritum gibt. Er sieht das Ganze greifbar lebendig vor sich, ja indem er sich an das Ende der Zeiten versetzt, erzählt er die Not der letzten Zeit bereits als etwas Vergangenes. Er kann das um so eher, als tatsächlich, was er hier schildert, die anbetende Huldigung der ganzen Welt gegenüber dem Tier, für ihn schon gegenwärtig ist. Was schon jetzt auf dem ganzen Erdenrund sich zuträgt, das wird beim Erscheinen des Nero redivivus nur in erhöhtem Maß geschehen. καὶ[15] τίς [363] δύναται[16] πολεμῆσαι μετ’ αὐτοῦ. Jes 40,25; 44,7; 46,5; Ps 35,10; 113,5; Micha 7,18. Das Wort schildert die Machtstellung des römischen Reiches im Weltenrund. 13,5. καὶ ἐδόθη αὐτῷ στόμα λαλοῦν μεγάλα καὶ βλασφημίαν[17]. Dan 7,8.20 στόμα λαλοῦν μεγάλα, 7,25 καὶ λόγους (LXX ῥήματα) πρὸς τὸν ὕψιστον λαλήσαι (7,11). Der Zug erklärt zunächst völlig aus der Parallele im Daniel. Zimmern zieht als weiterliegende Parallele die trotzige Rede, mit der Tiâmat Marduk im babylonischen Schöpfungsmythus begegnet, heran KAT³ 513. Die Schilderung des Apok. geht auf den Cäsarenwahnsinn der Gegenwart, wie auf seine furchtbare Steigerung in der Zukunft. καὶ ἐδόθη αὐτῷ ἐξουσία [ποιῆσαι][18] μῆνας τεσσεράκοντα δύο. Dan 7,25; 12,7 u. ö., ferner Apk 11,2.3; 12,6. Zu dem ποιῆσαι (es so zu treiben) vgl. Dan 11,28: καὶ ἡ καρδία αὐτοῦ ἐπὶ διαθήκην ἁγίαν καὶ (LXX τοῦ ἁγίου, > καί)·ποιήσει (vgl. 11,30). Der Satz wird von Sp. als störende Glosse gestrichen. Die Schreckensherrschaft des Nero redivivus dauert die gewöhnliche apokalyptische Zeit von 3½ Jahren. 13,6. καὶ ἤνοιξεν τὸ στόμα αὐτοῦ εἰς βλασφημίαν[19] (βλασφημίας) πρὸς τὸν θεὸν, βλασφημῆσαι τὸ ὄνομα αὐτοῦ (10,9) καὶ τὴν σκηνὴν αὐτοῦ καὶ[20] τοὺς ἐν τῷ οὐρανῷ σκηνοῦντας. Die Stelle ist ein schwacher Nachhall von Da 8,10: „Auch gegen das Heer des Himmels erhob es (das kleine Horn) sich und stürzte etliche von dem Heere des Himmels und von den Sternen zu Boden und trat sie mit Füßen. Sogar gegen den Fürsten des Heeres erhob es sich.“ Die alte Sage von dem Ansturm des Drachenungeheuers gegen den Himmel, die bei Daniel noch deutlich erkennbar ist, ist hier allerdings fast gänzlich unkenntlich geworden. Die Stelle aber muß demgemäß auch aus Daniel erklärt werden: das Zelt Gottes ist der Himmel, die im Himmel Zeltenden sind die Engel, das Himmelsheer. (Bestimmte historische Beziehungen, etwa auf den Tempel von Jerusalem, dürfen hier kaum gesucht werden). In uralten Bildern wird hier das gottesschänderische und himmelstürmende Wesen des römischen Cäsarentums geschildert. Beachtenswert ist, daß der Apok. daneben die Lästerung des „Namens“ Gottes noch besonders hervorhebt. Er hat eben, in seinem ganzen Wesen dem Volksglauben nahestehend, auch noch eine besondre Empfindung für die Bedeutung der Namen, vor allem des heiligen Gottesnamens (s. besonders 2,17; 3,12; 13,16f.; 14,1; 19,12). 13,7. καὶ ἐδόθη αὐτῷ ποιῆσαι πόλεμον μετὰ τῶν ἁγίων καὶ [364] νικῆσαι αὐτούς[21]. Dan 7,21 Theod.: ἐθεώρουν καὶ τὸ κέρας ἐκεῖνο ἐποίει πόλεμον μετὰ τῶν ἁγίων καὶ ἴσχυσεν πρὸς αὐτούς. LXX: πόλεμον συνιστάμενον πρὸς τοὺς ἁγίους καὶ τροπούμενον αὐτοὺς; auch hier wieder (vgl. 1,7.13; 10,6) eine größere Verwandschaft mit dem Text Theod. Die grimmige Verfolgung, die in der Endzeit unter Nero redivivus sich gegen die Christen erheben wird, wird in enger Anlehnung an Daniel unter dem weniger passenden Bilde eines Krieges mit den Heiligen geschildert. Auf die Zerstörung Jerusalems darf hier sicher nicht gedeutet werden, denn wenn der Apok. diese vor Augen gehabt hätte, so hätte er sie wohl deutlicher geschildert. Ebensowenig darf man an die erste Christenverfolgung unter Nero denken. Denn der hier geschilderte Kampf erstreckt sich über die ganze Welt. καὶ ἐδόθη αὐτῷ ἐξουσία ἐπὶ πᾶσαν φυλὴν καὶ λαὸν[22] καὶ γλῶσσαν καὶ ἔθνος. Vgl. 5,9; Dan 7,23. Die breite und nachlässige Darstellung in diesen Versen ist auffallend. Die Erwähnung der großen Macht des Tieres hat der Apok. hier hinzugefügt, damit die Gefährlichkeit der Verfolgung deutlicher hervortrete.

13,8. καὶ προσκυνήσουσιν[23] αὐτὸν[24] (s. o. S. 163) πάντες οἱ κατοικοῦντες ἐπὶ τῆς γῆς(s. o. S. 166). Während nun die Gläubigen im Kampfe ausharren, huldigt die ganze weite Welt dem Zäsarenkultus. Mit dem Tempus des Futur verläßt der Apok. hier zum Schluß den Visionsstil und zeigt deutlich, daß ihm die geschilderten Ereignisse tatsächlich noch in der Zukunft liegen. οὗ (ὧν) οὐ γέγραπται τὸ ὄνομα (τὰ ὀνόματα) αὐτοῦ (αὐτῶν)[25] (s. o. S. 160) ἐν τῷ βιβλίῳ τῆς ζωῆς τοῦ ἀρνίου τοῦ ἐσφαγμένου ἀπὸ καταβολῆς κόσμου. Der wohl aufzunehmende Singular des Relativpronomens erklärt sich, wenn man hinter κατοικοῦντες etwa ein ἕκαστος ergänzt. Zur Vorstellung vom Buch des Lebens vgl. die Ausführungen zu 3,5. Wenn irgendwo, so ist übrigens hier τοῦ ἀρνίου τοῦ ἐσφαγμένου als Glosse (Vischer, Sp., Weyl., Schön, Sabat., Pfleid.) zu streichen: 17,8 findet sich dieselbe Wendung ohne diese Worte; doch vgl. 21,27 (Vlt. streicht den ganzen Vers). Die Glosse stammt aber nicht vom Apok. letzter Hand, sondern ist von einem Abschreiber herzlich ungeschickt eingefügt. Wenn die Worte beibehalten werden, so ist ἀπὸ καταβολῆς κόσμου natürlich auf γέγραπται zu beziehen. Die Gläubigen sind vom Anbeginn der Welt in das Buch des Lebens eingetragen (Prädestinationsgedanke).

13,9-10. Ermahnung zu Geduld und Treue. 13,9. εἴ τις ἔχει οὖς, ἀκουσάτω. 13,10. εἴ τις εἰς αἰχμαλωσίαν ἀπάγει, εἰς αἰχμαλωσίαν[26] ὑπάγει.[365] Jer LXX 15,2: ὅσοι εἰς θάνατον, εἰς θάνατον· καὶ ὅσοι εἰς μάχαιραν, εἰς μάχαιραν· καὶ ὅσοι εἰς λιμὸν, εἰς λιμόν· καὶ ὅσοι εἰς αἰχμαλωσίαν, εἰς αἰχμαλωσίαν, — ist nicht als Parallele, auch nicht zur Beurteilung des Textes heranzuziehen, da in den beiden Stellen ein völlig verschiedener Gedanke vorliegt. Nur die oben akzeptierte Lesart entspricht dem Zusammenhang (vgl. das Folgende): „Wenn einer gefangen nimmt, soll er in Gefangenschaft wandern“, d. h. in Verbindung mit dem Folgenden: wer sich auf Empörung und wirkliche Kriegführung einläßt, der wird es zu seinem Schaden tun. Die von A am. fu. vertretene Variante ergäbe den Sinn: wenn einer in die Gefangenschaft (sc. geht), so soll er ruhig hingehen, sein Schicksal über sich ergehen lassen. Aber das meint der Apok. nicht. εἴ τις ἐν μαχαίρῃ ἀποκτενεῖ, δεῖ αὐτὸν ἐν μαχαίρῃ ἀποκτανθῆναι. Vgl. Mt 26,52: πάντες γὰρ οἱ λαβόντες μάχαιραν ἐν μαχαίρῃ ἀπολοῦνται. Der Sinn des Warnspruches ist klar. Die Christen sollen sich nicht bewaffnet gegen die kaiserliche Macht zur Wehr setzen. Es fragt sich allerdings, ob die hin und her im römischen Reich zerstreuten Christen hieran überhaupt denken konnten. Aber es läßt sich doch immerhin annehmen, daß in den zahlreichen Christengemeinden Kleinasiens bei der unruhigen und gährenden Art der Bevölkerung und dem Haß der Orientalen gegen die Römerherrschaft hier und da solche wahnwitzigen Gedanken an bewaffneten Widerstand gehegt wären. Dem tritt der Apok. entgegen. Unglücklich ist der Gedanke von Vlkm., die vorliegende Ermahnung sei an Nero gerichtet. ὧδέ ἐστιν ἡ ὑπομονὴ καὶ ἡ πίστις τῶν ἁγίων. Hier muß die Geduld und Treue der Gläubigen sich zeigen, oder so verhält es sich mit der Geduld der Gläubigen (s. o. S. 131). Der Apok. apelliert also an den passiven geistigen Widerstand der Gläubigen in diesen schweren Zeiten.

13,11-18. Das zweite Tier. 13,11. καὶ εἶδον ἄλλο θηρίον ἀναβαῖνον ἐκ τῆς γῆς. Nach 16,13; 19,20; 20,10 hat der Apok. letzter Hand jedenfalls in dem Tier den Pseudopropheten gesehen. Was aber denkt sich der Apok. bei dem Pseudopropheten? Es sind alle Ratereien auf einzelne Personen (zuletzt noch wieder auf Simon Magus — Sp., Erbes; auf Alexander von Abonoteichos, Herodes AtticusVlt. I, II; s. die Musterkarte bei Gunkel 348) bestimmt abzulehnen, und es ist die Frage im Zusammenhang mit der richtigen Erklärung von 13,1-10 zu stellen, von welcher Seite das römische Zäsarentum in seinem Kampf mit den Gläubigen um den Zäsarenkultus besonders unterstützt wurde. Dann bleiben nur zwei Möglichkeiten: entweder hat man in dem zweiten Tier das römische Präfektentum zu sehen (Mommsen), aber dagegen spricht die Bezeichnung und Schilderung des zweiten Tieres als des Pseudopropheten, oder man hat an das heidnische Priestertum (Vict., Andr., Hammond, Grot., Eichh., Ew., de W., Dstd., Hilgf.) oder besser und bestimmter noch an die spezielle Kaiserpriesterschaft in den Provinzen (vgl.[366] Hltzm. 301, Pfleid.)[27] zu denken, die in Kleinasien ihren Hauptsitz hatte und ein Heerd heidnischen Fanatismus war. Diese Priesterschaft konnte dann der Apok. sehr wohl als den falschen Propheten bezeichnen. Doch bei dieser Erklärung haben wir freilich wieder einmal nur eruiert, was der Apok. mit seinem Bilde sagen wollte. Aber dies Bild selbst ist noch lange nicht erklärt. Die großen Schwierigkeiten, die alle Exegeten bei der Erklärung von 13,11ff. empfunden haben, und das schwanken der Erklärungen weist darauf hin, daß der Apok. hier älteres Material benutzt hat. — Wenn der Pseudoprophet vom Lande aufsteigt, so mag der Apok. dabei an das Festland Kleinasiens gedacht haben, ursprünglich war die Heimat des Pseudopropheten doch wahrscheinlich Palästina (Weiteres s. u.). καὶ εἶχεν κέρατα δύο ὅμοια ἀρνίῳ καὶ ἐλάλει ὡς δράκων. Die zwei Hörner erinnern an den Widder mit den zwei Hörnern Dan 8,3. Aber was die Bemerkung hier im Zusammenhang besagen will, ist dunkel. Nicht einmal das wird deutlich, ob der Apok. sich das Tier überhaupt in Lammesgestalt gedacht hat. Man kann allenfalls darauf hinweisen, daß Mt 7,15 die äußere Lammesgestalt als Symbolum des falschen Prophetentums gewählt ist. Einige Schwierigkeiten bereitet das Folgende: „Und er redete wie ein Drache.“ Es muß in diesem Vergleich doch an ein besonders listiges und schlaues Reden, vielleicht mit Erinnerung an Gen 3,1ff. gedacht sein. Aber ist Schlauheit sonst gerade das Charakteristikum des Drachen? Gunkel (Schöpfung und Chaos 351,1) findet die Schwierigkeiten unüberwindlich, er retrovertiert ותאמר und konjiziert dann ותאר „und eine Gestalt“. Aber die Hypothese Gs. von einer hebräischen Urform des Kap. steht auf sehr schwachen Füßen. — Der Apok. mag übrigens bei „dem Reden wie ein Drache“ an die verführerischen Reden gedacht haben, mit denen man die Christen im Verhör zu bereden suchte, dem Kaiser zu opfern.

13,12. καὶ τὴν ἐξουσίαν τοῦ πρώτου θηρίου πᾶσαν ποιεῖ[28](ἐποίει) ἐνώπιον αὐτοῦ. Es übt die Macht des ersten Tieres vor seinem Angesicht aus, es bringt die dem ersten Tier gegebene ἐξουσία zum Vollzug und zur Verwirklichung. Das gilt dem in den Provinzen zur höchsten Blüte und Ausbreitung gelangten Priestertum des Kaiserkultus. καὶ ποιεῖ[29] τὴν γῆν καὶ τοὺς κατοικοῦντας[30] ἐν αὐτῇ (ἐν bei κατοικεῖν kommt nur hier hier vor, sonst immer ἐπί m. Gen.; 17,2 Akk.), ἵνα προσκυνήσουσιν[31] (s. o.[367] S. 163) τὸ θηρίον τὸ πρῶτον, οὗ ἐθεραπεύθη ἡ πληγὴ τοῦ θανάτου αὐτοῦ. D. h. von dem kleinasiatischen Provinzialpriestertum des Kaiserkultes geht eine mächtige Förderung dieses Kaiserkultes aus. Und zwar liegt hier wieder eine Zukunftsweissagung vor. Das zweite Tier wird eine ganz besondre Tätigkeit entfalten, wenn der Todesschlag des Tieres geheilt sein wird, d. h. unter Nero redivivus. Man beachte, daß hier von der Todeswunde des Tieres die Rede ist und nicht mehr von der des einen Hauptes des Tieres. Mehr und mehr werden im Lauf der Weissagung das eine Haupt mit der Todeswunde und das Tier selbst, Nero redivivus und das römische Imperium, mit einander identifiziert.

13,13. καὶ ποιεῖ[32] (ἐποίει) σημεῖα μεγάλα, ἵνα (Joh 15,13; I Joh 1,3; 3,1; B. Weiß) καὶ πῦρ ποιῇ καταβαίνειν ἐκ τοῦ οὐρανοῦ[33] εἰς τὴν γῆν ἐνώπιον τῶν ἀνθρώπων. Die Bedeutung des ἵνα kommt hier der des ὥστε nahe; es ist daher merkwürdig, daß hier kein Indikativ folgt. Die unregelmäßige Wortstellung ἵνα καὶ πῦρ ποιῇ ist beabsichtigt (zum Zweck der Betonung des πῦρ). Bei der Erklärung der Stelle ist zu beachten, daß hier offenbar rein Zukünftiges geweissagt (vgl. Kap. 11 die Wunder der beiden Zeugen) wird. Dabei mag der Verfasser wohl bestimmte Züge der Magie und des Gaukelwesens heidnischen Priestertums vor Augen gehabt haben (vgl. Ramsay a. a. O. 99ff.). Wir werden vielleicht auch vermuten dürfen, daß hier eine ältere konkrete Tradition verarbeitet ist. 13,14. καὶ πλανᾷ τοὺς κατοικοῦντας ἐπὶ τῆς γῆς διὰ τὰ σημεῖα (über den Gebrauch von διά m. Akk. in der Apk s. o. S. 168; διά m. Akk. steht die für den Dat. instrumentalis), ἃ ἐδόθη αὐτῷ ποιῆσαι ἐνώπιον τοῦ θηρίου, λέγων τοῖς κατοικοῦσιν ἐπὶ τῆς γῆς ποιῆσαι εἰκόνα τῷ θηρίῳ, ὃς[34] (s. o. S. 161) ἔχει[35] τὴν[36] πληγὴν τῆς μαχαίρης καὶ ἔζησεν[37]. Deutlich wird die Einführung der göttlichen Verehrung des Nero redivivus geschildert. Man beachte, wie auch in diesem Vers wieder das eine Haupt des Tieres mit dem Tiere selbst identifiziert wird. ἔζησεν führt Gunkel 353,4 auf ותחי zurück (Jes 38,21 u. ö.), es ist aber auch gut griechisch. 13,15. καὶ ἐδόθη αὐτῷ δοῦναι πνεῦμα[38] τῇ εἰκόνι τοῦ θηρίου, ἵνα καὶ λαλήσῃ ἡ εἰκὼν τοῦ θηρίου[39]. Dieser Zug mag ebenfalls den Priestergaukeleien damaliger Zeit entnommen sein. Von Simon Magus heißt es Recogn. III 47: ego statuas moveri feci et animavi exanima. Auf die Wunderzeichen des Apollonius von Tyana verwiesen bereits Arethas,[368] und Oecumenius; jetzt Ramsay l. c. 101ff.; auf die der Ägypter Helicon und Apelles von Askalon (am Hofe Caligulas) Erbes 25. καὶ ποιήσῃ, ἵνα[40] ὅσοι ἐὰν μὴ προσκυνήσωσιν[41] τὴν εἰκόνα[42] τοῦ θηρίου ἀποκτανθῶσιν. Vgl. Dan 3,5.7.15. Von dort her mag überhaupt die ganze Schilderung beeinflußt sein. Aber sie wird auch aus dem Milieu der Apok. durchaus verständlich. Bereits aus dem Brief des Plinius an Trajan (ep. X 96) erfahren wir, daß das Standbild des Cäsaren und dessen Anbetung in den Christenprozessen eine große Rolle spielte. 13,16. καὶ ποιεῖ[43] πάντας τοὺς μικροὺς καὶ τοὺς μεγάλους καὶ τοὺς πλουσίους καὶ τοὺς πτωχούς καὶ τοὺς ἐλευθέρους καὶ τοὺς δούλους (eine in der Apk gebräuchliche Art der Aufzählung s. o. S. 176), ἵνα δῶσιν[44] αὐτοῖς χάραγμα[45] (ein Zeichen; welches, sagt der folgende Vers) ἐπὶ τῆς χειρὸς αὐτῶν τῆς δεξιᾶς ἢ ἐπὶ τό μέτωπον[46] αὐτῶν (s. o. S. 166). Zu dem Zeichen des Tieres vgl. 14,9.11; 16,2; 19,20. Das vergebliche Umherraten der Exegeten beweist, daß hier wieder ein Zug einer verschollenen älteren Tradition entlehnt ist, der in das vorliegende Bild und seine Deutung nicht mehr hineinpaßt. Grot., Ebr., Dstd. denken ganz allgemein an die weit verbreitete Sitte, daß man Sklaven und Soldaten stigmatisierte. Andre Ausleger denken mit Bezugnahme auf das Folgende an die römische Münze mit Bild und Inschrift des Kaisers (Sp., Erbes, Mommsen V 525). Aber diese Erklärung deckt sich doch nicht mit dem Bild des Schreibens des χάραγμα (s. u.) auf Hand und Stirn. Wer das Milieu der religiösen Vorstellungen in der Zeit des Apokalyptikers kennt, kann nicht im Zweifel sein, welchen Sinn dieser Zug wenigstens ursprünglich gehabt haben muß. Das „Bezeichnen“ von Stirn und Hand mit dem Zeichen des Tieres hat die Bedeutung eines zauberkräftigen Schutzmittels. Dabei liegt hier die besonders altertümliche Vorstellung vor, daß das schützende Zeichen nicht als Amulett am Leibe getragen, sondern dem Leibe selbst aufgeprägt wird. Damit, daß die Tieranbeter das Zeichen des Tieres sich aufprägen, stellen sie sich unter seinen göttlichen Schutz. Derartige in den Umkreis des Zauberglaubens gehörende Vorstellungen begegnen wir in der Apk besonders häufig. Vgl. 2,17; (3,12); 7,2ff.; 9,4; 14,1; 22,4. Wetstein zu Gal 6,17. Deißmann, Bibelstudien 262ff., W. Heitmüller im Namen Jesu 37,2. 174f. Übrigens scheint auch die Angabe, daß das Amulett auf Stirn und rechter Hand angebracht werde, von Bedeutung zu sein. Friedländer (Antichrist 158ff.) bringt folgende interessante Parallelen. Targum zu Hohel. 8,1: „Es spricht die Gemeinde Israel: ich bin von allen heidnischen Völkern erkoren, weil ich auf die linke Hand und um das Haupt die[369] Tephillin binde“. Damit ist zu vergleichen Megilla 24b: „Wer die Tephillin auf der Stirne (beachte den Gegensatz zu „um das Haupt“) oder auf der Handfläche trägt, der befolgt die Weise der Minaeer.“ Es handelt sich also hier um einen Gegensatz in der Anlegung der Tephillin zwischen Gläubigen und Ketzern. Sollte nicht auf einen solchen Gegensatz auch unsre Stelle anspielen? Dieser ist hier noch deutlicher herausgearbeitet: hier die rechte, dort die linke Hand, hier das Anlegen auf der Stirn, dort um das Haupt. Die Tieranbeter erscheinen hier als das Widerspiel der rechtgläubigen jüdischen Tephillinanleger. Damit wäre freilich eine jüdische Vergangenheit unseres Stückes erwiesen. 13,17. [καὶ][47] ἵνα μή τις δύνηται[48] ἀγοράσαι ἢ πωλῆσαι (I Mak 13,49 ἐκωλύοντο ... καὶ ἀγοράζειν καὶ πωλεῖν) εἰ μὴ ὁ ἔχων τὸ χάραγμα [τὸ ὄνομα] τοῦ θηρίου ἢ τὸν ἀριθμὸν τοῦ ὀνόματος [τὸ ὄνομα] αὐτοῦ[49]. Nach den unten angegebenen Varianten wird man mit großer Wahrscheinlichkeit das τὸ ὄνομα in der ersten und das τὸν ἀριθμόν in der zweiten Hälfte des überladenen Satzes als erklärende Glossen zu streichen und zu lesen haben: τὸ χάραγμα ... ἢ τὸ ὄνομα αὐτοῦ. „Wer nicht das Zeichen des Tieres oder seinen Namen hat.“ Wahrscheinlich unterscheidet der Apok. hier von dem in Buchstaben geschriebenen, vielleicht abgekürzten Namenszug des Tieres (χάραγμα) die Zahl, die dem Buchstabenwert seines Namens entspricht. (Wenn dagegen der gewöhnliche Text beibehalten wird, so ist klar, dass dann für den Apok. Zeichen des Tieres, Name und Zahl seines Namens ein und dasselbe sind.) Wer nun das Zeichen oder den Namen des Tieres nicht hat, der soll nicht kaufen und verkaufen können. Ein merkwürdig fremdartiger Zug. Was soll in diesen Zeiten der höchsten Not das Kaufen und Verkaufen! Der Apok. scheint hier eine ihm bereits überkommene Überlieferung, deren religiöse Bedeutung er nicht mehr verstand, rationalistisch umgedeutet und das Ganze auf Kaiserbild und Umschrift der Kaisermünze bezogen zu haben, ohne die Handel und Wandel ja tatsächlich unmöglich waren. Diese Deutung deckt natürlich den Sinn der ursprünglichen Überlieferung nicht. Vor allem bleibt von hier aus das Bild des Versiegelns der Stirn gänzlich unverständlich.

13,18. ὧδε ἡ σοφία ἐστίν. Hier ist Weisheit von Nöten, zu gebrauchen. Über diese apokalyptische Formel, durch welche die Auflösung eines Geheimnisses eingeleitet wird, s. o. die Einleitung S. 3 und die Bemerkungen zu 1,20. ὁ ἔχων νοῦν ψηφισάτω τὸν ἀριθμὸν τοῦ θηρίου. Der Apok. spricht ganz bestimmt die Meinung aus, daß der Name sich von dem, der Verstand hat, errechnen lasse (besser wissen es Irenäus V 30, Luthardt, Hofm., Zahn). ἀριθμὸς γὰρ ἀνθρώπου ἐστίν. καὶ ὁ ἀριθμὸς αὐτοῦ[50] χξς'[51]. Während man bisher sich bei der Erklärung dieses[370] Verses eigentlich wesentlich mit dem Erraten der Bedeutung der geheimnisvollen Zahl beschäftigt hat, hat sich neuerdings infolge einer Reihe von Artikeln[52] die Aufmerksamkeit mehr auf die Vorfrage gelenkt, nämlich auf die nach der Form des vorliegenden Rätsels überhaupt. Die ältere Durchschnittsauffassung, die auch in der vorigen Auflage vertreten wurde und die den meisten bisherigen Deutungen einfach zu Grunde gelegt wurde, ist etwa folgende: Was hier vorliegt, wird aufgefaßt als ein in der rabbinischen Terminologie sogenanntes gematrisches Rätsel[53]. Der gematrischen Anschauung zufolge steckt in jedem Namen und jedem Wort eine Zahl, die man gewinnt, wenn man den Zahlenwert der Buchstaben des betreffenden Wortes, sei es in griechischer oder hebräischer Schrift zusammenrechnet. Umgekehrt kann dann auch der betreffende Zahlenwert für das Wort eingesetzt werden und die gematrische Kunst besteht dann etwa darin, daß man aus dem Zahlenwert, der ja unendlicher Deutungen fähig ist, das rechte Wort herausrechnet. Das würde in diesem Falle der Apok. mit ψηφίζειν τὸν ἀριθμὸν τοῦ θηρίου „die Zahl des Tieres berechnen“, meinen. Man solle aus der mitgeteilten Zahl 666 einen Namen gewinnen, der eben der Name des Tieres sei. Da der Apok. eine bei seinen Lesern bekannte Kunst voraussetzte, so konnte er annehmen, daß er mit dieser kurzen Andeutung verstanden wurde. Dabei blieb die Bedeutung der Zwischenbemerkung ἀριθμὸς γὰρ ἀνθρώπου ἐστίν noch umstritten. Manche Forscher (Dstd., Hltzm., Weyl., Gunkel, Clemen) erklärten unter Verweis auf 21,17 μέτρον ἀνθρώπου ὅ ἐστιν ἀγγέλου, der Apok. wolle hier sagen, die Zahl sei wirklich eine menschliche, menschlich berechenbare, keine supranaturale. Aber während die Bemerkung 21,17 im Zusammenhang ihren Zweck hat, so kann man sich nicht verhehlen, daß diese Betonung der menschlichen Natürlichkeit der Zahl hier vollkommen zweck- und sinnlos dastehen würde. Daher erklärte ich mich in der ersten Auflage entschieden für die andre Alternative der Auffassung: der Apok. sage hier, es sei möglich, die Zahl des Tieres zu berechnen, denn es sei zugleich die Zahl eines (den Lesern bekannten) Menschen[54]. Das sei aber so zu verstehen, daß das Tier und der betreffende Mensch für den Apok. überhaupt zum Teil wenigstens identische Größen seien. Dafür, daß diese teilweise[371] Identifikation des Tieres mit einem Menschen, im Bild dem (einen zum Tode verwundeten) Haupte, tatsächlich vom Apok. vollzogen werde, kann man nicht nur auf den vielleicht überarbeiteten Vers 17,11, sondern auch auf 13,3 und 13,12.(14) hinweisen[55].

Neuerdings hat nun aber Corßen einen andern Weg zur Lösung des Rätsels eingeschlagen. Er ist der Meinung, daß hier ein Fall von Isopsephie vorliege. Beispiele solcher Isopsephie findet er bei Boissonade, Anecdota II 459, wo z. B. errechnet ist, daß die Worte θεός – ἅγιος – ἀγαθός alle den Zahlenwert 284; Paulus = σοφία den Zahlenwert 781 habe etc. (vgl. auch Cs. interessanten Nachweis einer Isopsephie bei Berossus Z.n.W. III 241). So seien auch hier für den Apok. das Tier und der Mensch zwei verschiedene Größen; was er sagen wolle, sei dies, daß Tier und Mensch denselben Zahlenwert haben, nämlich 666. Die Aufforderung, die Zahl des Tieres zu berechnen, bedeute, man solle den Namen eines Menschen herausfinden, der gleicherweise in dieser Zahl enthalten sei. Es läßt sich nicht leugnen, daß Corßens Vorschlag eine neue Möglichkeit des Verständnisses der Stelle darbietet. Aber zweifelhaft bleibt es mir, ob dieser Weg der Lösung hier eingeschlagen werden muß. Denn keineswegs sind alle Fälle gematrischer Berechnung, die wir kennen, derartiger isopsephischer Natur. Die Isopsephie ist nur ein bestimmter Einzelfall der gematrischen Kunst. Die von Corßen selbst III 239, V 87 beigebrachten Parallelen beweisen nichts für Isopsephie. (Andre Beispiele außer denen bei Boisonnade hätte Corßen bei Weber, jüd. Theologie² a. a. O. 122 finden können, z. B. צמח Sach 3,8 = מנחם Klagel. 1,16.) Allerdings findet bei C. das ἀριθμὸς γὰρ ἀνθρώπου ἐστίν seine ausreichende Erklärung, aber ich glaube, daß die oben für diesen Satz gegebene Deutung dem Gedankenkreis des Apok. näher liegt. Bedenklich für die Lösung Corßens ist der Umstand, daß der Apok. in diesem Zusammenhang den Namen des Tieres, der dann doch eben die Grundlage der Berechnung abgeben müßte, nicht mitteilt. Daß er diesen bei seinen Lesern als bekannt vorausgesetzt, sieht Corßen III 266 selbst als weniger wahrscheinlich an. So nimmt C. an, er habe den Namen des Tieres nicht mitteilen wollen. Weshalb nicht, — da doch das eigentliche Geheimnis in dem Namen des Menschen lag? Zu welchem Zweck die Einführung dieses neuen X? Alles in allem halte ich die Auskunft Corßens für eine erwägenswerte, aber nicht für die einzig mögliche.

Wieder eine andre Auffassung trägt Vischer, Z.n.W. IV 167-174 vor. Nach ihm ist das eigentliche Geheimnis, daß der Apok. hier mitteilt, dies, daß die Zahl des Tieres 666 sei. Die Wendung: καὶ ὁ ἀριθμὸς αὐτοῦ ἑξακόσιοι ἑξήκοντα ἕξ sei bereits die Lösung der in ὁ ἔχων νοῦν ψηφισάτω enthaltenen Frage. Die Zahl 666 aber habe der Apok nicht aus gematrischer Berechnung irgend eines historischen (oder mythologischen) Namens gewonnen,[372] sondern aus allgemeinen spekulativ phantastischen Erwägungen heraus, bei denen die Sechszahl eine Rolle spiele, wie wir sie noch bei Irenäus V 28,2 (in recapitulationem universae apostasiae eius, quae facta est in sex millibus annorum) oder V 29 (Beziehung auf Dan 3,1ff., vgl. Apk 13,15) finden. Daß dann mit dieser Mitteilung über die Zahl des Tieres nebenbei eine Aufforderung enthalten sei, diese Zahl durch gematrische Kunst in einer historischen Persönlichkeit wiederzufinden, will Vischer nicht leugnen. Vischers Deutung scheitert, wie Corßen IV 266 richtig hervorhebt, an dem Ausdruck ψηφίζειν. Was Vischer meint, hätte der Apok. etwa mit ἀποδεικνύναι, εὑρίσκειν, ἀποκαλύπτειν umschreiben müssen. Aber der terminus ψηφίζειν bedeutet die gematrische, künstliche Bearbeitung des betreffenden Namens. Dennoch hat Vischer etwas Richtiges gesehen. Dem Apok. hat in jenem Zahlenrätsel nicht nur an einer umschreibenden Verhüllung des zu errechnenden Namens gelegen, sondern gerade diese Zahl 666 war ihm wichtig[56]. Ich kann Vischers Anregung mit der von mir noch immer festgehaltenen Auffassung in der früheren Auflage verbinden, und dann ergäbe sich etwa folgende Erklärung: Der Apok. sagt seinen Lesern: Behandelt mit gematrischer Kunst den Namen des Tieres; ihr könnt es, denn ihr wißt, das Tier, wie ich es meine, ist zugleich identisch mit seinem Haupt, einem (euch nicht ganz unbekannten) Menschen. Dann ergibt sich, falls ihr richtig rechnet, die furchtbare und die geheimnisvolle Bosheit des Tieres (Menschen) andeutende Zahl 666.

Immerhin wird es nun die Hauptsache sein, die vom Apok. angedeutete Beziehung der Zahl 666 auf eine historische Persönlichkeit herauszufinden. Hier laufen doch alle Linien der sich gegenüberstehenden Auffassungen zusammen. Denn Vischer will ja eine solche Nebenbeziehung nicht leugnen, und es bleibt ziemlich gleichgültig, ob nach Corßens Auffassung die Zahl 666 nicht nur den Namen eines Menschen, sondern daneben auch noch den Namen des Tieres umschließen soll, da es dem Apok. selbst in erster Linie auf die historische Deutung (ἀριθμὸς ἀνθρώπου) ankommt. Bestimmt abzuweisen ist nur die letztlich noch von Clemen vertretene Deutung des ἀριθμὸς ἀνθρώπου aus 21,17.

Es wird sich nun vor allem fragen, nach welchem Alphabet die gematrische Rechnung zu vollziehen ist, oder bestimmter, ob dabei das hebräische Alphabet von vornherein auszuschließen sei, wie das neuerdings wieder von Clemen mit den bekannten Gründen II 111f. behauptet ist. Es ist nun aber schlechterdings nicht einzusehen, weshalb der Apok. sein Zahlenrätsel nicht nach dem hebräischen Alphabet gestellt haben sollte. Wenn er sonst — übrigens nicht ohne Nebenabsicht — den Ausdruck Ἀβαδδών mit Ἀπολλύων wiedergibt 9,11, anderswo ein Wort ausdrücklich als hebräisch bezeichnet 16,16, so ist damit kein Präjudiz für unsre Stelle gegeben. Er will eben ein Rätsel geben und legt offenbar außerdem gerade auf die Zahl der Bosheit 666 Wert, die er eben anders als mit den Mitteln hebräischen Alphabets nicht[373] herausrechnen konnte. Außerdem wird ihm als Judenchristen, dem aus seiner jüdischen Vergangenheit die Kunst der Gematria vertraut war, die Anwendung des hebräischen Alphabets bei dieser Kunst zur zweiten Natur geworden sein. Übrigens müssen wir uns denken, daß seinen Lesern einigermaßen bekannt war, wen er mit dem Tiere und dem Menschen meine — besser als uns, die wir uns erst mühsam in die Zeitstimmung hineinversetzen müssen. Der Apok. traute also dem Scharfsinn seiner Leser nichts Unmögliches zu, wenn er ihnen nicht verriet, daß das Rätsel mit den Mitteln des hebräischen Alphabets zu lösen sei[57].

Zweitens erhebt sich die Frage, ob wir mit der Überlieferung der Zahl 666 oder mit der andern 616 zu rechnen haben. Hier kann aber m. E. kein Zweifel sein, daß die Zahl 666 durch die bekannten Ausführungen Irenäus V 30,1 vgl. V 28,2; 29 und seine Berufung auf die Presbyter (Papias) so sicher bezeugt ist, daß kein Widerspruch dagegen aufkommen kann. Auch wegen ihrer symbolischen Bedeutung wird wahrscheinlich gerade diese Zahl vom Apok gewählt sein.

Versuchen wir nun die Lösung des Rätsels nach dem hebräischen Alphabet, so scheint mir diejenige Lösung, die alle andern aus dem Felde schlägt, die nun seit langem bekannte[58] קסר נרוֹן zu sein. Die defektive Schreibung קסר kann schon deshalb keine Schwierigkeit machen, weil eben der Apok. gerade die Zahl 666 herausrechnen wollte[59]. Überdies gibt diese Lösung auch wahrscheinlich Aufschluß über die Variante 616. Denn diese erhielte ihre Erklärung durch die latinisierte Formקסר נרו, und es ist dann kein Zufall, daß diese Überlieferung gerade von abendländischen Zeugen vertreten wäre. Gerade diese Lösung aber würde dann auch ausgezeichnet in den Rahmen der Gesamtauffassung des Apok. hineinpassen. Die Vermutung, daß das wie zum Tode verwundete und wieder aufgelebte Haupt des Tieres Nero redivivus sei, die sich schon oben mit der größten Wahrscheinlichkeit herausstellte, erhielte hier das letzte Siegel ihrer Bestätigung. Überdies wird uns auch die Erklärung von Kap. 17 sowohl im Sinne der dort vorliegenden Quelle, als auch im Sinne des Apok. letzter Hand mit zwingender Gewalt auf Nero weisen. Die hier vorliegende Identifikation des Tieres und des Menschen, d. h. des römischen Imperiums mit Nero redivivus wird durch 13,3.12.14; 17,11 bestätigt, sie hat auch einen inneren Sinn: für den Apok. faßt Nero redivivus die ganze Furchtbarkeit des römischen Imperiums in sich zusammen.

Von sonstigen[60] hebräischen Deutungen ist Gunkels Lösung תהום קדמוניה[374] für den Namen des Tieres der Erwähnung wert. Sie würde, wenn Corßen mit der Annahme einer Isopsephie (s. o.) Recht hätte, neben der eben gegebenen bestehen können. Doch würde sie auch dann natürlich nur ein Versuch und eine Möglichkeit bleiben. Die auf Trajan deutenden zeitgeschichtlichen Berechnungen תרינו (Aberle, theol. Quartalschr. 1872, 144) תריון (Wabnitz nach Vlt. II 76) fallen wegen ihrer unmöglichen Transkriptionen; die auf Hadrian führenden טרינוס אדרינוס (666) oder טיריון אדרינוס (616) Vlt. II 77) können der Zeit wegen schon gar nicht mehr in Betracht kommen. Reine Willkür ist auch der Vorschlag נמרוד בן כוש (Bruston, zuletzt noch Z.n.W. V 260), obwohl sein Urheber sehr stolz auf ihn zu sein scheint. Da sind immer noch eher die Lösungen קיסר רומים = 666 (Manchot, Weyland) oder קיסר רום = 616 (Ewald I) und selbst die alte רומיית (Luther s. o. S. 84,4; Osiander) der Erwähnung würdiger.

Von Lösungsversuchen nach dem griechischen Alphabet ist der einzige, der ernstlich in Betracht kommen kann, der aus Γάϊος Καῖσαρ = 616. Sie würde uns auf die Frage führen, ob hinter Apk 13 mit der gesicherten Beziehung auf Nero, eine Caligulaapokalypse als Quelle anzunehmen sei (Genaueres s. u.). Clemens neuerdings Z.n.W. II 114 vorgetragene Deutungen ἡ ἰταλὴ βασιλεία = 666, oder ἡ λατίνη (!) βασιλεία = 666, scheitert bereits an Clemens falscher Deutung von ἀριθμὸς γὰρ ἀνθρώπου ἐστίν (s. o.). Auch sehe ich nicht ein, weshalb man dann nicht bei der von Irenäus bereits vorgeschlagenen Lösung Λατεῖνος stehen bleiben will.

Exkurs zu Kap. 13.

1) Im großen und ganzen ist also der Sinn und die Bedeutung des 13. Kap. im Rahmen der ganzen Weissagung durchaus deutlich und gar nicht zu verkennen. Mit Kap. 13 führt der Apok. auf die Höhe seiner Weissagung. Das Tier, das aus dem Meere aufsteigt, ist das römische Imperium. Die sieben Häupter desselben, deren eines zum Tode verwundet ist, müssen sieben Cäsaren des Reiches sein, während die zehn Hörner mit den Kronen in der Weissagung keine Rolle spielen und erst später (Kap. 17) ihre Erklärung finden. Eines dieser Häupter erregt die besondere Aufmerksamkeit des Apok. Es hat eine Todeswunde, aber er sieht die Todeswunde „des Tieres“ geheilt. Da auch nachher der Name des Tieres mit dem Namen eines Menschen identifiziert wird und die Zahl, die für Tier und Mensch angegeben wird, deutlich auf Cäsar Nero geht, so kann über die Deutung des Ganzen kaum ein Zweifel sein. Was der Apok. schaut, ist das römische Imperium unter der Herrschaft des Nero redivivus. — Schwerer zu deuten ist das zweite Tier, das vom Lande aufsteigt. Auch die immerhin wahrscheinlichste Deutung dieses Tieres auf das römische Provinzialpriestertum des Kaiserkultus bleibt künstlich und abstrakt. Allem Anschein nach deutet die ganze Weissagung auf eine konkrete und persönliche Erscheinung; aber eine[375] solche bestimmte Person, auf welche die Weissagung gehen könnte, läßt sich nun einmal trotz allen Ratens nicht finden. Wir werden uns deshalb mit jener halben Lösung zunächst begnügen müssen. Um so bestimmter und deutlicher tritt nun in der zweiten Hälfte des Kapitels heraus, worin der furchtbare Kampf des ersten Tieres mit den Heiligen besteht. Es handelt sich um die Kaiserverehrung, den Cäsarenkult, den jenes verlangt und diese verweigern. Das zweite Tier ist seinem Wesen nach der Agent des Kaiserkultes, aber auch durch das ganze Kapitel hindurch wird dieser Ton wieder und wieder angeschlagen. Heidnische Staatsmacht und heidnische Staatsreligion im Bunde mit einander wider den neuen Glauben! Es ist der letzte arge Feind, mit dem die Christen den Kampf zu bestehen haben. Rechnet nur nach: die furchtbare Zahl 666 paßt auf ihn! Aber der äußern Gewalt sollen sie beileibe keine äußere Gewalt entgegensetzen. Passive Beharrlichkeit sei ihre Waffe. Hier handelt es sich um Geduld und Treue der Heiligen!

Wie nun im einzelnen die Weissagung zeitgeschichtlich zu deuten ist, mit welcher historischen Situation der Apok. die Weissagung von der Wiederkunft des Nero redivivus verbindet, wie die sieben Häupter des Tieres zu deuten resp. die römischen Cäsaren zu zählen sind, das kann erst bei der Auslegung zu Kap. 17 erörtert werden. Kap. 13 gibt bei der mannigfachen Deutbarkeit der sieben Häupter (Könige) zu wenig Anhalt. Nur das eine ergibt sich schon hier, daß die Erwartung der Wiederkunft des Nero in der hier vorliegenden Form der Weissagung der Wiederkehr aus dem Tode uns zwingt, mit der Apk bis ans Ende des ersten Jahrhunderts hinabzugehen. Denn die Nerosage hat einige Zeit gebraucht, bis sie sich zu dieser Form entwickelte (das Genauere s. u. zu Kap. 17).

2) Hier haben wir uns noch mit der Frage zu beschäftigen, ob Spuren der Verarbeitung älterer Quellen in unserem Kapitel nachweisbar sind. Anlaß zu der Annahme, daß hier eine ganze jüdische Quelle verarbeitet sei, hat namentlich die andre Überlieferung der Zahl des Tieres „616“ gegeben, die allerdings bereits auch von der Nerodeutung aus ihre zureichende Lösung gefunden hat. Nachdem von Zahn schon 1885 (Z.W.L. 571-73) scherzweise die Auflösung des Zahlenrätsels 616 = Γάϊος Καῖσαρ vorgetragen war, wurde der Versuch dieser Lösung gleichzeitig von Oscar Holtzmann (in Stades Gesch. Israels II 388ff.), Spitta und Erbes unternommen[61]. Nach Sp., der besonders eindringend das Kap. 13 untersucht hat[62], ist demgemäß dies Kapitel unter Cajus geschrieben und spiegelt die Lage Palästinas in den Jahren 39-41 wieder. Damals hatte nämlich Caligula die Aufstellung seiner Statue im Tempel von Jerusalem befohlen und schickte sich der Statthalter Petronius, wenn auch zögernd an, den Befehl des Caligula mit Waffengewalt durchzusetzen (vgl. Leg. ad. Cajum c. 30ff.; Mang. II. 575ff.; Jos. Antiq. XVIII 261ff.). Den Kern von Kap. 13 sieht Sp. demgemäß in V. 6, in[376] den Worten βλασφημῆσαι τὸ ὄνομα αὐτοῦ καὶ τὴν σκηνὴν αὐτοῦ. Er deutet hier σκηνή auf das irdische Heiligtum in Jerusalem, muß aber um diese Deutung durchzuführen schon hier gleich (καὶ) τοὺς ἐν τῷ οὐρανῷ σκηνοῦντας streichen. Sp. dringt ferner darauf, daß man unter dem zweiten Tier eine bestimmte Person verstehen müsse, und demgemäß bestreitet er die Deutung der sieben Häupter auf sieben Könige. Caligula allein werde durch das siebenköpfige Tier, eine Kombination aus Da 7,1ff., symbolisiert. Den V. 3 beseitigt dann, um die Beziehung auf Caligula aufrecht zu erhalten, Erbes ganz, Sp. läßt die zweite Hälfte (καὶ ἡ πληγὴ τοῦ θανάτου αὐτοῦ ἐθεραπεύθη.) stehen und findet hier eine Anspielung darauf, daß Caligula im Anfang seiner Regierung von einer tötlichen Krankheit befallen wurde, aber wieder genas (Sueton, Caligula 14; Dio Cassius LIX 8; Philo, Legatio ad Cajum Z. M. II 548). V. 4 wird dann von Sp. auf die Freude der ganzen Welt über Caligulas Genesung bezogen. V. 7a, den Krieg mit den Heiligen, muß Sp. wieder für eine Glosse erklären, Erbes für eine nicht erfüllte Weissagung. V. 8, die Anbetung des Tieres, läßt sich natürlich auf die Caligulazeit sehr gut beziehen (vgl. schon Mommsen a. a. O.). Die Verse 9-10 erklärt Sp. von seiner Hypothese aus, daß in Kap. 13 eine jüdische Apk vorliege, natürlich für Interpolation; Erbes hält sie[63], dafür aber ist seine Hypothese, daß Kap. 13 trotz der Beziehung auf die Caligulazeit dennoch christlich sei, prekär. Mit dem zweiten Tier wissen weder Erbes noch Sp. bei ihrer Auffassung des Ganzen etwas Rechtes anzufangen. Sp. denkt an Simon Magus, Erbes an Magier am römischen Hof; aber beide können in der von ihnen hier gesuchten historischen Situation neben Caligula keine irgendwie hervorragende Persönlichkeit von verderblichem Einfluß, die man auf das zweite Tier beziehen könnte, nachweisen. V. 15b bezieht Erbes auf die Drohungen des Petronius, der aber den Juden eher günstig gestimmt war. V. 16 sieht er die verschiedenen Scharen der Juden, die sich in der bedrängten Lage bittflehend an Petronius wandten. V. 14 muß Sp. natürlich ὃς ἔχει – ἔζησεν streichen, Erbes auch V. 12 οὗ ἐθεραπεύθη – αὐτοῦ.

Ich leugne nicht, daß diese Caligulahypothese auf den ersten Blick etwas Bestechendes hat. Aber gegen dieselbe erheben sich doch gewichtige Bedenken. Denn 1) kann sie nicht ohne große kritische Gewalttätigkeit durchgeführt werden. Folgende Verse werden nämlich teils von Sp., teils von Erbes ausgemerzt: V. 3 (Erbes, Sp. V. 3a), V. 4b (Sp. wegen der Beziehung auf den Krieg mit den Heiligen), V. 5b (Sp. aus rein literarischen Gründen), V. 6 τοὺς ἐν αὐτῇ σκηνοῦντας. (Sp.), V. 7a, V. 9-10 (Sp.), V. 12c (Erbes), V. 14c (Sp., Erbes), V. 18a (Sp.). Das heißt, etwa ein gutes Drittel des Kapitels müßte fallen, ehe dieses ganz in die Caligulazeit hineinpaßt. Und dabei bleibt die zweite Hälfte des Kapitels von hier aus noch recht unerklärlich. Ich würde vorschlagen, daß man dann außerdem wenigstens noch[377] den V. 7b streicht, weil er allzudeutlich die Sprachfärbung des Redaktors zeigt, ebenso verrät V. 16 die eingreifende Hand des Apok., der die ganze Apk schrieb. Dann bliebe schließlich nur noch ein Torso zurück, den man allenfalls als Caligulaapokalypse bezeichnen könnte. 2) Die Zahl 616 ist zu schlecht bezeugt, um als die ursprünglich überlieferte angenommen werden zu können. Sie erklärt sich auch von der Deutung קסר נרון aus, als der Zahlenwert der latinisierten Form des Tiernamens (s. o.). Daß die Auflösung Γάϊος Καῖσαρ restlos gelingt, kann immerhin ein neckisches Spiel des Zufalls sein (s. o. die Deutung Vlt.s auf Trajanus Hadrianus). Mit alledem will ich die Vermutung von Sp., Erbes, daß Kap. 13 einmal eine Caligulaapok. zugrunde gelegen habe, nicht ganz abweisen. Es gehört aber diese Hypothese in den Bereich der Möglichkeiten, mit denen wir nicht weiter rechnen können. Das 13. Kap. erklärt sich als Ganzes besser aus der oben angegebenen Situation als aus der Caligulazeit. Kaum ein Zug desselben wird durch den Rückgang auf diese deutlicher als er vorher war.

3) Dagegen soll natürlich nicht geleugnet werden, daß auch im 13. Kap. manche ältere apokalyptische Traditionen verarbeitet sind. Schon die Figur des ersten Tieres ist eine sehr künstliche und komplizierte. Namentlich fällt die merkwürdige Identifikation des einen todwunden und wieder geheilten Hauptes mit dem Tiere selbst auf. Es ist von vornherein anzunehmen, daß diese Figur des Tieres mit den sieben Häuptern und zehn Hörnern und dem einen mit dem Schwerte getroffenen Haupte eine komplizierte Vorgeschichte hatte. Einige Linien dieser Vorgeschichte laufen bis Daniel zurück (die zehn Hörner, die Lästerreden des Tieres, sein Kampf mit dem Heer des Höchsten), aber nicht alle. Es fragt sich, ob die sieben Häupter, die ihre Parallele bereits in Apk 12,3 hatten, schlankweg aus Daniel erklärt werden dürfen, oder ob hier nicht eine ältere Tradition vorliege, von der bereits Daniel abhängig ist. Doch würden sich diese Fragen erst bei der Auslegung von Kap. 17, wo wir Genaueres über die sieben Häupter hören, erledigen lassen.

Sicher liegt dagegen eine ältere Tradition der Weissagung vom zweiten Tier zugrunde. Das sahen wir bereits an der Inkongruenz des Bildes mit der einzig möglichen zeitgeschichtlichen Ausdeutung. Wir finden hier ferner eine Reihe überschüssiger, zunächst unausdeutbarer Einzelzüge. Die Gestalt des zweiten Tieres blieb undeutbar. Die Wunder, die von ihm berichtet werden, weisen doch wohl auf eine mythische Figur, wenn der Apok. auch an die Gaukelwunder des Priestertums des Kaiserkultes gedacht haben mag. Die Versiegelung auf Stirn und rechter Hand fand seine überraschende Parallele in direkt jüdischer Tradition. In der Drohung, daß niemand kaufen und verkaufen könne, wer nicht Zeichen und Zahl des Tieres auf Stirn und Hand trage, fanden wir eine rationale Ausdeutung einer unverstandenen älteren Überlieferung. — Was nun für eine Gestalt hier dem Apok. ursprünglich in der Tradition gegeben war, darüber kann kaum ein Zweifel bestehen. Er selbst führt uns auf die rechte Spur, wenn er dieses zweite Tier späterhin mehrfach den Pseudopropheten nennt. Die spätere Apokalyptik des Judentums hat (vgl. Bousset, Rel. d. Judentums 242f.) eine doppelte Ausprägung[378] der von ihr erwarteten Gestalt des großen göttlichen Widersachers der Endzeit (ursprünglich des Teufels) geschaffen. Sie faßte diesen bald als einen gottfeindlichen furchtbaren Herrscher, bald als einen verführerischen Propheten (oder als eine Kombination beider Gestalten). In der zweiten Hälfte unsres Kapitels tritt uns nun klar die letztere Gestalt entgegen, die des falschen Propheten, die Paulus bereits II Th 2 vom Judentum übernommen hat (vgl. auch Didache 16), und die hier vom Lande aufsteigt, weil sie nach ursprünglicher Auffassung in Jerusalem, in Palästina (II Th 2) auftreten soll. Diese ursprünglich ganz selbständige und alleinstehende Gestalt hat dann unser Apok. zu einer Nebenfigur, einem Diener des ersten Tieres verarbeitet[64].

In Kap. 13 sind also merkwürdiger Weise die beiden Gestalten, welche der erwartete eine große göttliche Widersacher in der jüdischen Tradition erhalten hat, die des antichristlichen Tyrannen und die des falschen Propheten neben einander als zwei Figuren gestellt. Wenn wir uns weiter daran erinnern, daß diese Annahme eines menschlichen, gottfeindlichen Widersachers am Ende der Tage aus der Idee eines Kampfes Gottes mit dem Satan, resp. dem höllischen Drachen erwachsen ist, so haben wir in Kap. 12 und 13 in den drei neben einander gestellten Figuren des Teufels, des Tieres mit seinem verwundeten Haupt und des zweiten Tieres, des falschen Propheten, die verschiedenen Phasen der Entwickelung einer und derselben Idee vor uns.

4) Gunkel hat versucht, die Tradition unseres Kapitels noch weiter zurückzuverfolgen und die mythologischen Elemente desselben herauszuschälen. Nach G.[65] läge diesem Kapitel wieder ein Stück des altbabylonischen Drachenmythus zugrunde. G. polemisiert sehr scharf gegen die Deutung der Zahl auf einen römischen Kaiser. (Seine Einwände gegen diese sind oben widerlegt.) Er findet in dem Tiere den alten Drachen, dessen Name (nach dem gebräuchlichen Zahlenwert ἀριθμὸς ἀνθρώπου) zu berechnen ist; dieser Name lautet תהום קדמוניה = 666. Dieses Urungeheuer sei auch nach altbabylonischer Überlieferung siebenköpfig, seine Gestalt habe der Apok. in V. 1 noch ursprünglicher als Daniel überliefert. Die Todeswunde des Tieres deutet G. auf eine Wunde, die es in einem früheren Kampf (Apk 12,7) erhalten habe, die Lästerung gegen Gott und sein Zelt und die im Himmel Wohnenden auf den Ansturm des Drachen gegen den Höchsten der Götter (deutlicher erhalten Da 8,10). Das zweite Tier, das vom Lande aufsteigt, ist ebenfalls ein babylonisches Ungeheuer. Die babylonische Mythologie kennt neben dem Wasserungeheuer, der Tiâmat, noch ein zweites Landungeheuer (Behemoth neben Leviathan). So steht auch hier das Tier, das vom Land gekommen, neben dem, das aus dem Meere aufsteigt. — An diesen Kombinationen ist viel Beachtenswertes, so namentlich der Hinweis auf das[379] mythische Motto des Land- und Wassertieres, auf den letzten Nachklang eines Mythus vom Drachensturm gegen den Himmel (besser erhalten Da 8,10, am besten übrigens Apk 12,7ff.). Doch sind in diesem Kapitel die mythischen Elemente derart verarbeitet, daß der Nachweis für die direkte Erklärung des Kap. viel weniger bedeutet, als bei der von Kap. 12.

5) Somit können wir uns nun ein Gesamturteil über Herkunft und Bedeutung unsres Kapitels im Zusammenhang der ganzen Apk bilden. Apk 13 ist so gut wie ganz vom Apok. letzter Hand geschrieben. Das ist schon deshalb anzunehmen, weil in diesem Kapitel offenbar der Höhepunkt des apokalyptischen Dramas erreicht wird. In Kap. 12 hatte der Apok. einen Blick in die Vergangenheit geworfen, hatte geschildert, wie der Drache im Himmel geworfen und damit seine endgültige Niederlage besiegelt sei. Dann war der Drache auf die Erde geeilt und hatte begonnen das Weib zu verfolgen. Als dieses aber wunderbar errettet wurde, da wendet er seinen Zorn gegen die Übrigen vom Samen des Weibes, die Christen draußen in der weiten Welt. Und nun beginnt der Apok. von der letzten Zeit zu weissagen. Er sieht vom Drachen gerufen ein Tier mit sieben Häuptern und zehn gekrönten Hörnern aufsteigen, dessen eines Haupt zum Tode verwundet, wieder lebendig geworden ist: das ist das römische Reich unter Nero redivivus. Unter seinem Regiment beginnt die letzte wilde Zelt der Not und des Kampfes. Und neben dem ersten Tier steht ein zweites, neben dem gottfeindlichen Cäsarentum die falsche Religion, das lügnerische und gauklerische Priestertum, der Cäsarenkult. Gegen diese beiden Mächte in ihrer satanischen Vereinigung haben die Heiligen im Kampf zu stehen. Dabei benutzte der Apok. eine ältere apokalyptische Tradition von dem Tier mit den sieben Häuptern und zehn Hörnern, und in der zweiten Hälfte des Kapitels eine von ihm selbst nicht mehr ganz verstandene Überlieferung vom „Antichrist“.


  1. εσταθη ℵAC 87. 92 g vg. s² a ae. Tic. (Pr. fehlt); εσταθην PQ Rel. c s¹ ist doch wahrscheinlich Korrektur nach dem folgenden ειδον.
  2. Gunkel 361 behauptet die Identität von θάλασσα und ἄβυσσος, schwerlich im Sinne des Apok.
  3. So rechnet die Adlervision des IV Esra offenbar von Cäsar an, vgl. 12,15.
  4. Vlt. II rechnete bis Hadrian, indem er das Tier selbst als elften König mitzählt, Vlt. III zählt 11 Kaiser, rechnet aber die Regenten des Interregnums ein und kommt so bis Domitian. Vlt. IV 133 endlich deutet den zehnten Kaiser auf Trajan.
  5. ονομα ℵCP An.¹² 95. fu. dem. lips.⁴ tol. c sa. a ae. Pr.; ονοματα A Q Rel. cle. am. lips.⁵⁶ s¹²; die Zeugnisse halten sich ungefähr die Wage.
  6. λεοντων ℵ 14. 92 s¹² Vict.; offenbar Korrektur ( 38 > στομα).
  7. Schöpfung und Chaos 361. Gunkel zieht (361,5) als Parallele die Gestalt des Herrschers der Finsternis bei Mani (Flügel, Mani 86) und den Mandäern (Brandt, mandäische Religion 43, mandäische Schriften 226) heran. Vgl. auch noch Zimmern KAT³ 512.
  8. Übrigens liegt hier das umgekehrte Verhältnis in der Beziehung des Apok. zu seinen alttestamentlichen Vorbildern vor, wie 4,7. Während Ezechiel die Gestalten der Keruben kompliziert, vereinfacht der Apok. sie. Eher darf man dort auf Ursprüngliches schließen.
  9. > εκ Q An.¹ c a (Studien 27).
  10. G. retrovertiert ins Hebräische ואחד מראשית, was auch das erste seiner Häupter bedeuten kann. Über Bruston vgl. die Literaturangaben S. 113,2, und dazu noch Z. n. W. V. 258-261 „la tête égorgée et la chiffre 666“. Bruston V 259 verweist auf Zuschlag, der in seinem Kommentar über die Offenbarung Joh. nach de Wette³ 196 (vgl. de W.³ 25) bereits 1860 diese Anschauung ausgesprochen habe.
  11. Von den Alten hat diese Auslegung noch Victorin, dann wird sie bei den Protestanten durch Bibliander und Bullinger (teilweise), bei den Katholiken durch Juan Mariana wieder aufgenommen, von den neueren Gelehrten vertreten durch Eichhorn, Corrodi, Ew., Lücke, de W., Bleek, Vlkm., Hilgf., Renan, Hltzm., Vlt., Pfleid. u. a., auch von Erbes, Spitta, Schmidt, die dann durch Streichungen diese Beziehungen beseitigen. Dstd. sträubt sich gegen diese Deutung und bezieht die Todeswunde des römischen Reiches auf die Zeit des Interregnums, Weyl. 107 ganz verfehlt auf die Niederlage des Cestius Gallus im jüdischen Kriege.
  12. εθαυμασθη A. An. (C εθαυμαστωθη), demgemäß liest An. εθαυμασθη εν ολη τη γη (s. o. S. 162), d. übr. εθαυμασεν.
  13. ος εδωκεν g cle. tol. lips.⁴⁶ a; τω δεδωκοτι Q Rel.
  14. το θηριον nur A 79, d. übr. τω θηριω; doch entspricht der Akkus. dem Sprachgebrauch der Apk s. o. S. 163.
  15. Min. (mit Ausnahme von An. 14. 82. 95) >.
  16. ACP An.¹²⁴ 95 g vg. Pr.; δυνατος Q Rel.
  17. βλασφημιας ℵC 38. 51. 95. cle. dem. lipss. tol. s² ae. (am. fu.); βλασφημα A An.²⁴ sind wahrscheinlich Korrekturen nach dem vorhergehenden μεγάλα. Das richtige haben PQ Rel. s¹ a Ir.i Dionys. (bei Euseb.). (Pr. >).
  18. ℵ (ae.) ποιησει ο θελει; Q Rel. (14. 92 c) πολεμον ποιησαι sind Glossen, nur ποιησαι haben ACP An.¹² 95 g vg. s¹² Tic. Pr.; a Dion. Ir.i > ποιησαι.
  19. βλασφημιας ℵAC An.¹⁴ 95 cle. fu. dem. tol. lips. (fast dieselben Zeugen, die V. 5 den Plural haben); βλασγημιαν PQ Rel. am. s¹² c a ae. Pr. Tic. Ir.i.
  20. PQc An. ¹²⁴ 38. 51. g vg. sa. s²cod. a Ir.i Tic., > και ℵAC Rel. s¹ ae. Die Auslassung des και entstand dadurch, daß man die σκηνοῦντας falsch als Apposition zu σκηνή faßte. Pr. liest: eius qui in caelo habitat: αὐτοῦ τοῦ ἐν τῷ οὐρανῷ σκηνοῦντος.
  21. Den ganzen Satz lassen durch Überlesen vom ersten zum zweiten και εδοθη ACP. An.¹ 14. 92 sa. aZoh. Ir.i aus. Sp.s Vorschlag, den Vers zu streichen, hängt mit seiner Gesamtauffassung des Kapitels zusammen.
  22. > και λαον An.¹³ c a (Tic.).
  23. cle. lips.⁴⁶. Ir.i Pr. adoraverunt.
  24. αυτω ℵ P. An.¹³ 38. 95.
  25. ου ου το ονομα αυτου (A)C Ir.i Pr.; ων ου τα ονοματα αυτων ℵ 95 a; ων ου τα ονοματα ℵcP An.¹² g vg. ae.; ων ου το ονομα Q Rel. c Tic. (ουτε Q Min.¹³); ων ου το ονομα αυτων ; οι ου (γεγραμμενοι) . - Da AC durch Ir.i Pr. gestützt werden, so ist die Lesart zu akzeptieren. Die Veränderungen von ου in ων, ονομα in ονοματα sind Korrekturen.
  26. ει τις εις αιχμαλωσιαν απαγει εις αιχμ. υπαγει lesen nur 33. (34). 35? 87 WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt (επαγει), aber auch g s¹² al. cle. dem. lips.⁴⁵⁶ tol. Ir.i Pr.; nur ει τις εις αιχμαλωσιαν υπαγει (Ausfall per Homoiotel) ℵCPQ An.¹² 38. 95 (die meisten übrigen Minuskeln ει τις εχει αιχμαλωσιαν υπαγει); ει τις εις αιχμαλωσιαν, εις αιχμαλωσιαν υπαγει A am. fu. (vielleicht Konformation nach Jer 15,2).
  27. Vgl. überhaupt die treffliche Milieuschilderung zu Apk 13,11ff. bei W. M. Ramsay, Church in the Roman empire 259-302; the letters of the seven Chruches 93-127: The Flavian persecution in the province of Asia as depicted in the Apocalypse. Ramsay deutet allerdings das zweite Tier etwas wunderlich auf die besonders dem Zäsarenkult ergebene Provinz Asien und dann sogar auf eine bestimmte in Kleinasien ihren Einfluß ausübende historische Gestalt, wahrscheinlich Apollonius von Tyana.
  28. εποιει 38. vg. c s a ae. Ir.i Pr. Hipp.e.r.s..
  29. ACP An.¹² 95 g fu. tol. Ir.i Tic.; εποιει Q Rel. c s a ae. am. dem. lipss. Hipp.e.r. (s. o.).
  30. κατοικουντας εν αυτη C 14. 92. g vg. Ir.i (Pr.); d. übr. τους εν αυτη κατοικ. Die verschränkte Wortstellung ist in der Apk sehr ungebräuchlich.
  31. AC; d. übr. ... ωσιν; προσκυνειν ℵ.
  32. εποιει 31 g vg. ae. Pr. Hipp.e.r..
  33. (P) An.¹ (95) s¹² Tic. Hipp.e.r.s. (P 95 ποιει); εκ του ουρανου καταβαινειν AC An.²⁴ 38 Ir.i Pr., Hipp.h (gegen die in der Apk gebräuchliche Wortstellung); και πυρ ινα εκ του ουρανου καταβαινει (η) Q Rel. c.
  34. ACPQ An.¹²⁴; ℵ Rel. ο.
  35. ACP An.¹⁴ 38. 95 g vg. s¹ Pr. Hipp.; ειχεν Q Rel. s². Der Korrektor wählt das genauere Tempus.
  36. > την (ℵ) Q Rel.
  37. τ. μαχ. κ. εζ. ℵACP An.¹²³⁴ 38. 95 g vg. c s a ae. Hipp. Pr.; και εζ. απο. τ. μαχ. Q Rel.
  38. AP An.¹² 95 g vg. c s¹² a ae. Pr. Hipp.; πνευμα δουναι Q Rel. Hipp.e.r. (eine in der Apk ungebräuchliche Wortstellung).
  39. ποιησει ℵ.
  40. ινα lesen an diesem Ort AP 95 g cle. fu. dem. tol. lips. Pr. Hipp.e.r.; vor αποκτανθωσιν An.¹³; die übrigen lassen es ganz fort.
  41. ουσιν ℵ, s. o. S. 171.
  42. A An.¹; Rel. τη εικονι, s. o. S. 163.
  43. Pr. εποιει.
  44. δωσιν ℵACPQ An.(¹)³⁴ 38. 51, Rel. δωσωσιν.
  45. ACP An.¹²³ 38. 95 g vg. s¹² ae. Hipp. Ir. Pr.; Q Rel. χαραγματα.
  46. των μετωπων Q An.¹²³ s² Pr. (C του μετωπου).
  47. > ℵ C An.² tol. c s¹² Ir. Tic. Pr. Hipp.e.r..
  48. δυναται PQ An.
  49. ℵ 36. 38 sa. το χαραγμα του θηριου η το ονομα αυτου; cle. lips.⁴⁶ Tic. nomen aut notam bestiae; Haym. characterem bestiae aut nomen bestiae.
  50. + εστιν CP 1. 10. 18. 28. 37. 38. 47. 78. 80. 81. 91. 95. 96. 161. am. fu. lipss. s² Tic. Hipp. (ℵ > και ο αρ. αυτ. εστιν).
  51. χις' C 11 Tic. (quidam bei Irenäus).
  52. Vgl. die Artikel, die sämtlich in Z. n. W. erschienen von C. Clemen II 109-114; P. Corßen III 238-242; E. Vischer IV 167-174; P. Corßen IV 264-267; E. Vischer V 84-86; P. Corßen V 86-88; C. Bruston V 258—260; ferner J. Weiß a. a. O. 21,1.
  53. Über die rabbinische Kunst der Gematria vgl. Weber, jüdische Theologie² 121; Aberle, theol. Quartalschrift 1872-74; Beispiel eines verwandten gematrischen Rätsels Sib. I 324ff.: 888 = Ιησους (vgl. auch eine etwas andre Form gematrischer Rechnung Sib. VIII 148ff. und etwa die Berechnung des Zahlenwertes von περιστερά auf 901 = ΩΑ bei den Markosiern, Irenäus I 14,6; in diesem Abschnitt noch andre Beispiele). Parallelen aus der griechischen Kulturwelt (vgl. Sogliano, Rendiconti dell’ Accademia dei Lincei. Ser. V. Vol. X fasc. 7-8, p. 256ff.; Mau, Bulletino del Instituto 1874 p. 90; Cumont, Revue des études greques XV 1902, p. 314; Angaben nach Corßen III 239, V 87). Vgl. Deißmann, christliche Welt 1903, 746f.
  54. Gegen den Einwand, es müßte dann ἀνθρώπου τινός resp. ἑνός dastehen (zuletzt noch Hltzm.) vgl. Corßen Z.n.W. III 239.
  55. An meiner Auffassung haben mich auch Clemens Gegenbemerkungen Z.n.W. II 112f. nicht irre gemacht. 13,3 liegt wirklich in πληγὴ τοῦ θανάτου αὐτοῦ eine Identifikation von Tier und Haupt vor. Vgl. das καὶ ἐθαύμασεν ὅλη ἡ γῆ ὀπίσω τοῦ θηρίου. Gegen Clemens Erklärung des Satzes aus 21,17f. Corßen III 238.
  56. Vielleicht war ihm die Zahl 666 ein Gegenstück zu der Zahl für Ἰησοῦς 888; Sib. I 324ff.
  57. Die Annahme der Lösungsmöglichkeit des Rätsels aus dem hebräischen Alphabet ist daher auch nicht von Gunkels Annahme einer ursprünglich hebräischen Abfassung des Kapitels abhängig.
  58. s. o. S. 105f. das über Fritzsche, Benary, Hitzig, Reuß Vermerkte.
  59. Vgl. Die Formen קֵיסָרים neben קְסָרִים bei Buxtorf, Lex. Rabbinicum; Ewald (s. o. S. 106) hält die Form für aramäisch.
  60. Überblicke über die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten s. bei Wolf, curae philologicae; Heinrichs, Kommentar (s. o. S. 105), Exkurs IV de antichristo, Züllig II 233ff.; Dstd. 447ff.; Holtzmann 297. 303 u. ö.; Zahn, Einleitung II 624; meine Einleitung an verschiedenen Stellen.
  61. Nach Züll. II 239 hat bereits Weyers im Anfang dieses Jahrh. die Beziehung der Zahl 616 auf Γάϊος Καῖσαρ vermutet.
  62. Vgl. auch die Ausführungen von Erbes, der unabhängig von Sp. in den meisten Punkten mit diesem übereinstimmt.
  63. Er sieht in ihnen sogar den Mittelpunkt der ganzen Caligulaapok., welche nach ihm den Zweck hatte, in jener erregten Zeit die Judenchristen von dem Ergreifen der Waffen abzuhalten.
  64. J. Weiß vermutet, daß der Apok. letzter Hand, von dem das 13. Kap. größtenteils stamme, eine Weissagung vom falschen Propheten in seiner Grundschrift vorgefunden habe. Doch begnügt sich W. hier mit einer allgemeinen Vermutung, die natürlich nur dann in Erwägung gezogen werden könnte, wenn die allgemeine Annahme einer „Grundschrift“ feststände.
  65. a. a. O. 356. 360ff. und an andern Stellen.
« Kap 12. Der Drache, das Weib und das Kind Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis
Kap. 14. Intermezzo »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).