Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5/Siegelbild und Siegelform

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Herstellung und Befestigung Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5 (1913) von Otto Posse
Kaisersphragistik: Siegelbild und Siegelform
Gebrauch mehrerer Siegelstempel
[151]
3. Siegelbild und Siegelform

Die Siegel der merovinger Urkunden zeigen einen von vorn gesehenen Kopf mit langen herabhängenden Haaren, das Bildnis des Königs. Diese einfachen ziemlich roh gearbeiteten Porträtsiegel weichen beim Herrschaftsantritt der Karolinger dem Gemmensiegel. Man verwendet nun ausschließlich, dann neben anderen neu hergerichteten Stempeln antike geschnittene Steine zur Besiegelung der Urkunden[1].

Noch sind die ersten Karolinger wenig wählerisch in der Wahl solcher Gemmen, Pippin siegelte mit einer Bachusmaske (I, Taf. 1, 2), sein Sohn Karlmann mit dem Brustbild einer Bachantin (I, Taf. 1, 3) und Karl der Große verwendete für seine Gerichtsurkunden den Kopf des Jupiter Serapis (I, Taf. 1, 5), doch wählte er ein anderes Bild für sein Hauptsiegel.

Dieses zeigt die Büste des Kaisers Antoninus Pius (I, Taf. 1, 4), und seitdem sind die echten Gemmen römischer Kaiser[2] oder Nachahmungen solcher und antiker Münzen zum Siegeln hergerichtet worden.

Bei der Wahl solcher Kaiserporträts seit Karl dem Großen, dem Erneuerer der weströmischen Kaiserwürde, mag die ideelle Anknüpfung an die römischen Imperatoren, als deren Nachfolger die Karolinger sich fühlten, mitgesprochen haben. Die Münzen, die ja heute noch reichlich gefunden werden, waren zweifellos damals in noch größerer Menge vorhanden, und man darf annehmen, daß sie selbst in dem freilich geringfügigen Geldverkehr noch immer benutzt wurden. Auf ihnen treten die römischen Imperatoren der damaligen Welt im Bilde entgegen. Und so kann es nicht auffallen, daß in den Kaisersiegeln das Bild des Herrschers in ähnlicher Auffassung gegeben wurde, häufig genug sogar mit dem antiken Lorbeerkranz.

Antike Gemmen, mit den Porträts römischer Kaiser wurden seit Karl dem Großen, der, wie erwähnt, mit einer das Porträt des Kaisers Antoninus Pius (I, Taf. 1, 4) darstellenden Gemme siegelte, bis Ludwig dem Deutschen ausschließlich zum Siegeln verwendet, freilich läßt sich die Identität nicht immer mit voller Sicherheit feststellen[3].

Ludwig der Deutsche war der erste, der mit dem bisherigen Brauche brach, seine Kanzlei ließ, unter Anlehnung an die antike Gemme, ein Porträtsiegel[WS 1] (I, Taf. 2, 6. 10) anfertigen, das bei aller Mannigfaltigkeit im einzelnen bis zur Kaiserkrönung Ottos I. maßgebend geblieben ist: ein nach links gewandtes seitliches Brustbild, das durch Schild und Speer, durch Lorbeerkranz oder einfaches Diadem, seit dem 10. Jahrhundert durch eine zackengeschmückte Krone als Bildnis des Herrschers gekennzeichnet ist.

Aber der Gebrauch der antiken Gemme ist deshalb noch nicht von Ludwig dem Deutschen aufgegeben worden. Sein Hauptsiegel bleibt ein den Kaiser Hadrian darstellender antiker Kopf (I, Taf. 2, 7–9), den auch seine gleichnamigen Nachfolger Ludwig III. (I, Taf. 3, 3) und Ludwig IV. (I, Taf. 5, 8) zum Siegeln benutzten und auch Karlmann, sowie Arnulf haben noch antike Gemmen, Köpfe von Bachantinnen, für ihre provisorischen Siegel verwendet (I, Taf. 3, 1; 4, 7)[4].

Nur allmählich vollzog sich in der Karolingerzeit die Umgestaltung der Siegelform von der ovalen der antiken Gemme zur runden. Es ist erklärlich, daß deren schmale Siegelfläche wenig Platz für die Hinzufügung von Schild und Speer bot, auch machte das nötig, den Kopf zum Brustbild umzugestalten und hierfür die runde Form – die päpstliche Bulle war von jeher rund – der Kaisermünzen bei Anfertigung der Stempel zu wählen. Noch ist die Kanzlei beeinflußt von der ovalen, der Gemme unter Ludwig dem Deutschen (I, Taf. 2, 6. 10), aber unter Karlmann (I, Taf. 3, 2) und in Karls III. älteren Siegeln (I, Taf. 3, 4. 5), selbst noch unter Arnulf[5] (I, Taf. 4, 8; 5, 1–3) zeigt sich eine mehr ovale als runde Form. Erst in den späteren Siegeln Karls III. (I, Taf. 3, 7. 8) findet die kreisrunde Eingang, seit Zwentibold (I, Taf. 5, 7) und Ludwig IV. (I, Taf. 5, 9. 10) ist sie für die Kaisersiegel aller Zeiten maßgebend geworden.

Ein halbes Jahrhundert später kam dann die Zeit, wo das antike Vorbild ganz verlassen wurde, und eine neue Auffassung Platz griff.

Otto I. war es, der 962 einen anderen Typus einführte (I, Taf. 7, 3), nachdem er in seinem ersten Siegel (I, Taf. 7, 1. 2) noch die alte Form beibehalten hatte. Das Brustbild des Herrschers wurde vorwärts gewendet. Ernst blickt das bärtige Antlitz den Beschauer an. Das Haupt ist mit der Krone geschmückt, [152] einer niedrigen, nach oben sich verengenden Mütze, über deren Oberrand drei Kugeln sich erheben. Die Rechte hält das Zepter, einen einfachen Stab mit Knopf, die Linke einen gewaltigen Reichsapfel mit einem Kreuze.

Die neue Auffassung, die der große Kaiser, der Deutschland zum mächtigsten Reiche Europas erhoben hatte, auf dem Siegel einführte, wurde in der Folge bald zur Vollendung gebracht.

Otto II. behielt den Typus zwar noch unverändert bei (I, Taf. 8, 1–6), Otto III. aber bildete das Brustbild zur ganzen Figur aus, die zunächst in den 996 (I, Taf. 9, 5) und 997 (I, Taf. 9, 6) erscheinenden Siegeln stehend, dann aber seit 997 auf dem Throne sitzend (I, Taf. 10, 1), in majestate, dargestellt ist – das Majestätssiegel, das dann 700 Jahre hindurch beibehalten wurde bis auf Franz II., unter dem des alten Reiches Herrlichkeit 1806 zu Grabe getragen wurde.

Die selbständige Umarbeitung des Kaisersiegels in dieser Zeit ist nichts Zufälliges. Sie entspricht dem Erwachen der Kunsttätigkeit überhaupt. Die Aufrichtung und Festigung des Reichs durch Heinrich I. hatte den Boden bereitet, auf dem unter Otto eine Kultur, Sitte und Geistesleben entstehen konnten. Als das goldene Zeitalter erschien es den Zeitgenossen. „Sicher zieht der Wanderer die Straße“, rühmte Dietmar von Merseburg, „in lachende Felder verwandelt sich der Urwald, Handel und Wandel gedeiht und fördert den Reichtum, in den neuen Städten blüht das Handwerk, zahlreiche Klostergründungen tragen die Gesittung aufs Land und werden Pflanzschulen für Wissenschaft und Kunst.“ Heute noch erzählen die Bauten von Quedlinburg, Essen und Gernrode von der Kunstblüte jener Tage, die durch Ottos Beziehungen zu Italien Stütze und Förderung erhielt. Es ist kein Zufall, daß das Siegel Ottos, das zuerst die neue Auffassung bringt, erst nach seinen italienischen Feldzügen auftritt[6].

Nachdem der Typus einmal feststand, bietet das Siegel nur mehr die Abwechselung, die der Wandel des Stils und des Geschmacks hervorruft. Von der monumentalen, klassischen Einfachheit der Figur des thronenden Kaisers unter den sächsischen und fränkischen Kaisern[7] geht sie unter den prunkliebenden Staufern zu einer reichen Ausgestaltung des Thrones und des Kostüms über, um dann die ganze zierliche Eleganz der Gotik sich entfalten zu lassen, die unter Sigismund und Friedrich III. ihre Höhe erreicht. Und die späteren Siegel sind die Zeugen der jeweiligen Geschmacksrichtung.

Wie die ältesten Wachssiegel zeigen die Averse der uns erhaltenen karolinger Bullen Porträts. So zeigt die älteste uns erhaltene Goldbulle Ludwigs des Frommen (IV, Taf. 73, 1) dieses in Nachahmung byzantinischer Vorbilder en profil, während spätere Bullen der Karolingerzeit unter Benutzung römischer Münzen und in Anlehnung an die für das Wachssiegel benutzten antiken Gemmen das Porträt en face darstellen. Die Reverse, wie auch die Bulle Ludwigs II. (I, Taf. 2, 3) mit Cesar augustus decus imperii, auf den Zusammenhang der Herrschaft mit dem früheren Reiche hinweisend, tragen die Aufschrift Renovatio regni Francorum (Ludwig der Fromme IV, Taf. 73, 2; Karl III. I, Taf. 4, 5; Arnulf I, Taf. 5, 6). Die Existenz von Bullen der beiden ersten Ottonen ist zwar bezeugt (S. 13, 14), jedoch ist uns kein Bild erhalten, wir kennen nur die Bullen Ottos III., der in seinen späteren Regierungsjahren mit der Wachssiegelung brach und nur mit Blei siegelte (S. 16). Die Averse seiner Bullen zeigen ebenfalls, wie zur Karolingerzeit, das Kaiserbild, dagegen die Reverse einen die Stadt Rom darstellenden Frauenkopf. Diesen umgibt eine Umschrift, die von der früher geführten Inschrift insofern abweicht, daß es anstatt Renovatio regni Francorum jetzt heißt: imperii Romanorum. Die zuletzt von Otto geführte Bleibulle (I, Taf. 10, 8. 9) ist dann nochmals geändert worden: im Avers wird das Kaiserbild mit der Umschrift Aurea Roma umgeben, der Revers zeigt die Inschrift Oddo imperator Romanorum. Sie entspricht den Anschauungen des großen Kaisers, der von Bewunderung für das alte Rom erfüllt, mit dem stolzen Gedanken umging, das alte Römerreich in seiner Herrlichkeit und Machtfülle wieder herzustellen, das „goldene Rom“ wieder zur ersten Stadt des Reiches, zum Sitz des Kaisers und zum Mittelpunkt der Welt zu machen.

[153] Da nun Heinrich II. als König auf dem Revers seiner Bleibulle (I, Taf. 11, 5) wieder die von Otto III. aufgegebene Inschrift der Karolingerzeit (Renovatio regni Francorum) führte, so können wir wohl als sicher annehmen, daß auch die Reverse der Bullen Ottos I. und II. die gleiche Inschrift getragen haben.

Als Kaiser hat dann Heinrich II. das Reversbild – alle seine Bullen tragen auf dem Avers das Brustbild des Herrschers – der Bullenstempel geändert. Nur vorübergehend ist der eine im Jahre 1014 geführt worden (IV, Taf. 73, 7. 8). Der Revers zeigt anstatt der bisherigen Inschrift inmitten eines Mauerkranzes die Halbfigur des heil. Petrus, der in der Linken zwei Stäbe hält mit den Siegeln SPR (Senatus Populusque Ramanus), stellt also bildlich die „Aurea Roma“ Ottos III. dar. Diese Darstellung verläßt aber schon 1014 der dritte Bullenstempel: der Revers trägt nach Art der Münzen und der süditalienischen Herzogssiegel[8] ein auf das rautenförmige O kreuzförmig aufgebautes, von zwei Kreisen umschlossenes Monogramm (I, Taf. 11, 7), das als Deus protege imperium Romanorum zu deuten sein dürfte und dem Sinne nach die bildliche Darstellung Roms der zweiten Bulle ersetzen soll.

Noch schwankte die Darstellung der Bullenbilder unter Konrad II., noch ist das Bild des Vaters auf den Avers, das seines Mitregenten Heinrichs III. auf den Revers gesetzt (I, Taf. 13, 5. 6), aber die zweite Bulle seit 1033 vereinigt auf der Vorderseite die Porträts von Vater und Sohn (I, Taf. 13, 7. 8), um Platz zu schaffen für das Bildnis der Stadt Rom, das in Bild und Wort der Vorstellung von der Fortdauer des römischen Reichs Ausdruck geben soll: über das mit Tor und Türmen versehene Stück einer Stadtmauer ragen von rückwärts Kirchtürme und spitze Dächer empor, die zu beiden Seiten des Bildes verteilten Worte Aurea Roma lassen den Sinn erraten, es ist eine Darstellung der Stadt Rom, des ehrwürdigen Sitzes der Weltherrschaft, gemeint und ihre Bedeutung wird noch schärfer betont durch den fortan als Kreisschrift des Bullenreverses ständig anzutreffenden Hexameter „Roma caput mundi regit orbis frena rotundi“. Dieses Bild ist seit Konrad II. zu einer festen Form für den Bullenrevers geworden.

Erweislich hielt die Reichskanzlei während der Stauferzeit an den ihr von den Ottonen und Saliern her überlieferten Siegelbildern fest; und wohl auch der Typus der Goldbulle Lothars III. (I, Taf. 20, 5. 6) ist unter Konrad III. derselbe geblieben, wenigstens läßt es sich daraus schließen, daß Abt Wibald von Stablo, nur wenige Wochen nach der Krönung des Königs Friedrichs I. dem nach Utrecht abgereisten Könige den Apparat zur Herstellung der goldenen Bulle nachsandte und sich in der Kürze der Zeit die Bulle des verstorbenen Königs Konrads III. zum Muster nahm[9]. Zudem entspricht die Bulle, mit der Friedrich I. als König (I, Taf. 21, 3. 4) siegelte, im allgemeinen der Lothars III. Nach der Kaiserkrönung führte Friedrich I. eine ganz ähnliche Bulle (I, Taf. 22, 3. 4), von der wahrscheinlich nur die Umschrift und Hauptseite erneuert wurde.

Seit Heinrich VI. tritt eine für die Folgezeit maßgebende Neuerung ein, indem er sich, gleichwie auf den Wachssiegeln, auf dem Throne sitzend darstellen ließ, während die rückwärts angebrachte Ansicht der Aurea Roma beibehalten wurde (I, Taf. 23, 5. 6). Die Entwickelung der Goldbulle ist damit bis zum Ende des Mittelalters im wesentlichen geschlossen.

Den thronenden Herrscher hat Friedrich II. in der Königszeit auch für den Avers der Goldbulle für Sizilien (I, Taf. 27, 3) übernommen, aber, da die Darstellung der ewigen Stadt auf dem Revers doch wohl nicht passend erschien, durch die Darstellung einer Burg, mit der Umschrift: Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat, und durch die Aufschrift Regnum Sicilie ersetzt. Als Kaiser behielt er für die Goldbulle Siziliens den Avers der Reichskanzlei bei, ließ aber auf dem Revers eine kleine Landkarte darstellen, mit der, wie die Umschrift: regnum Sicilie, ducatus Apulie et principatus Capue besagt, Sizilien gemeint ist (I, Taf. 30, 7).

Die Goldbulle behielt auch unter Rudolf I. den seit Heinrich VI. eingeführten Typus (I, Taf. 41, 6. 7) bei. Sie zeigt vorn den thronenden Herrscher, ein verkleinertes Abbild der Darstellung des Majestätssiegels, rückwärts die Aurea Roma in typischer Gestalt. Etwas abweichend ist der Revers der Goldbulle Ludwigs des Bayern (I, Taf. 41, 7) gestaltet, indem hier das schematische Torgebäude, das nur an der beigegebenen Inschrift als Sinnbild der ewigen Stadt zu erkennen ist, durch den Versuch einer realistischen Darstellung Roms ersetzt ist. Unter Karl IV. kehrte man aber wieder zum alten Herkommen zurück (II, Taf. 2, 1. 2; 3, 6. 7) und erst Maximilian I. blieb es vorbehalten, damit zu brechen (III, Taf. 6, 5. 6). Er ließ als Revers den Doppeladler auf seine Bulle setzen und dieser Vorgang ist dann, soweit in Gold gesiegelt wurde, fortan auch beibehalten worden[10]: auf dem Avers der thronende Kaiser, zu beiden Seiten je ein Greif, unter dem Podeste das Monogramm. Auf dem Revers halten Greifen zwei Feuerstähle, an denen das goldene Fließ hängt. Als Wappen sind angebracht der Doppeladler mit der Kaiserkrone, der österreichische Bindenschild mit dem Herzogshute, das altungarische Wappen mit der Königskrone, die Wappen von Burgund und Habsburg.

Ein von der Bulle Maximilians I. abweichendes Bild zeigt dann die Goldbulle KarlV. (III, Taf. 18, 1. 2): auf dem Avers der thronende Kaiser, zu beiden Seiten je ein Schild, rechts mit Doppeladler und Krone, links das kombinierte Wappen von Spanien, Sizilien, Österreich, Burgund u. a.; wie es sich auch auf dem Thronsiegel (III, Taf. 17, 3) befindet. Dieses Wappen trägt auch der gekrönte Doppeladler des Reverses auf der Brust.

[154] Unter Ferdinand I. (III, Taf. 23, 1. 2) erhielt die Bulle eine bildliche Darstellung, wie sie bis Josef I. beibehalten wurde (III, Taf. 71, 1. 2): über dem thronenden Kaiser der Doppeladler, rechts das Wappen von Altungarn, links das von Habsburg. Der gekrönte Doppeladler des Reverses trägt auf der Brust einen von Ungarn und Böhmen quadrierten Schild, auf dem ein von Österreich, Kastilien, Burgund und Aragon quadrierter Schild, mit Herzschild Tirol-Habsburg, liegt.

Der unter Matthias im Jahre 1613 (S. 70) in dieser Ausstattung hergestellte Bullenstempel (III, Taf. 42, 1. 2) ist hierauf auch von Ferdinand II. (III, Taf. 49, 3. 4) und Ferdinand III. (III, Taf. 55, 1. 2) beibehalten worden. Man änderte nur die Kopfpartien und einen Teil der Umschrift, unter Ferdinand II. wurde die glatte Fläche des Reverses damasziert.

Wohl weil dieser Stempel zersprungen war, ließ Leopold I. einen alten Bullenstempel, der während der letzten Zeit des Königs Matthias im Jahre 1618 für Ferdinand II. hergestellt, aber von ihm nicht benutzt worden war, durch Nachgravierung des Namens für sich neu herrichten (III, Taf. 63, 1. 2). Ihn übernahm Josef I. mit Namensänderung der Umschrift (III, Taf. 71, 1. 2).

Unter Karl VI. wurde zwar die bis dahin beliebte bildliche Darstellung der Goldbulle – abweichend hiervon sind die Bullen für Spanien – beibehalten, doch mit reicherer Ausstattung versehen. Dazu kam eine Vermehrung des Wappenschmuckes auf dem Avers durch Zufügung der Schilde der drei geistlichen und sechs weltlichen Kurfürsten des Reichs, während der Revers den Kaiseradler trägt (IV, Taf. 5, 1. 2). Dieser im Jahre 1719 für Karl VI. angefertigte Stempel wurde von Franz I. mit Umänderung des Namens – die letzte nachweisbare Goldbulle – in der Umschrift des Averses und der ganzen Umschrift des Reverses, sowie dessen Schildes übernommen (IV, Taf. 16, 3. 4).

Gleich den Bullen sind Doppelsiegel die sog. Münzsiegel, die in Wachs hergestellt wurden und deren Vorder- und Rückseite gleich groß sind[11].

Erst Sigismund hat das Münzsiegel in die Reichskanzlei eingeführt. Als König von Ungarn hatte er sich eines großen Doppelsiegels (II, Taf. 12, 5. 6; 14, 1. 2) bedient, ein solches kam dann auch nach der Kaiserkrönung sowohl für Ungarn (II, Taf. 15, 1. 2), als das Reich (II, Taf. 17, 1. 2) in Gebrauch.

Nach dem Dekrete des Königs Matthias I. vom Jahre 1471, das fünf Siegelsorten für die ungarische Kanzlei vorschrieb, ist das große Siegel (sigillum duplex) ein Münzsiegel. Auch Friedrich III., der schon als Herzog von Österreich ein solches geführt hatte (II, Taf. 21, 1. 2) und auch als König ein solches für Österreich führte (II, Taf. 27, 1. 2), nahm nach seiner Krönung ein königliches Doppelsiegel in Gebrauch (II, Taf. 23, 1. 2), das er später zum Kaisersiegel (II, Taf. 25, 1. 2) umarbeiten ließ[12]. Mit dem Revers seines Münzsiegels führte Sigismund den Adlertypus der Kaisersiegel ein, der von Friedrichs III. und Maximilians I. Zeiten ab gleichwertig neben dem Thronsiegeltypus hergeht[13].

An die ungarischen Kanzleibestimmungen sich anlehnend, haben dann die späteren Habsburger[14] von Ferdinand I. an, als Könige von Ungarn das Doppelsiegel geführt: Ferdinand I. (III, Taf. 26, 1. 2; 27, 1. 2) und an die Darstellung dieses neugeschaffenen Siegels anknüpfend Maximilian II. (III, Taf. 33, 3; IV, Taf. 76, 1) und Rudolf II. (III, Taf. 39, 3. 4). Ein neuer Stempel (III, Taf. 44, 1. 2) wurde dann im Jahre 1610 für Matthias hergestellt und von seinen Nachfolgern Ferdinand II. (III, 52, 1. 2), Ferdinand III. (III, Taf. 58, 1. 2), Leopold I, (III, Taf. 66, 1. 2), Josef I. (III, Taf. 73. 1. 2) und Karl VI. (IV, Taf. 10, 1. 2) übernommen, indem man mehrfach die Kopfpartie der Siegelführer und deren Namen änderte[15].

Das später geänderte, von Leopold II. geführte ungarische Münzsiegel ist von Franz II. mit veränderter Umschrift übernommen worden (IV, Taf. 55, 1. 2).

Hat man bei Herstellung des Siegelstempels daran gedacht, den Siegelführer porträtähnlich darzustellen? Diese Frage ist für die älteste Zeit, in der antike Gemmen das Siegelbild lieferten und antike Münzen als Vorlage für neue Stempel benutzt wurden, natürlich zu verneinen.

Allein auch später widerstreitet, wie Breßlau zugestimmt werden muß[16], manches einer, derartigen Annahme. So läßt sich die Benutzung desselben Siegels durch zwei aufeinanderfolgende Kaiser, wie Otto I. und II., mit Porträtähnlichkeit kaum vereinbaren. Wenn nun ferner die Siegel Ottos I. bis zu seiner Kaiserkrönung, d. h. fast bis zu seinem 50. Jahre einen bartlosen Kopf zeigen, ganz wie den Konrads I. und Heinrichs I. bis zum Tode dieser Könige, wenn Otto II. und III., der eine im Jünglingsalter, dieser gar in frühem Kindesalter, gleichwie auch Heinrich III. als bärtige Männer dargestellt werden, so können die Siegelstecher schwerlich beabsichtigt haben, Porträtsiegel anzufertigen, sie haben ihre Aufgabe darein gesetzt, das Bild eines Königs zu schaffen.

Auf der zweiten Kaiserbulle Konrads II. (I, Taf. 13, 8) sind auf dem Avers der Kaiser und sein Sohn zusammen dargestellt, beide in ganzer Gestalt. Die Darstellung könnte der auf einer antiken oder byzantinischen Münze frei nachgebildet sein. Trotz der winzigen Verhältnisse ist der Kaiser an seinem mächtigen Vollbart erkennbar, Heinrich ist etwas kleiner und bartlos. Brunner[17] weist darauf hin, wie wenig, dieser Darstellung zufolge, jene Zeit noch den [155] Porträtwert des Gesichtes zu schätzen wußte: um den Altersunterschied zu zeigen, stellt man lieber die ganzen Gestalten in verschiedener Größe dar, offenbar traut man sich noch nicht die Fertigkeit zu, die Jugendlichkeit nur im Gesicht wiederzugeben. Und das tritt auch unter Heinrich IV. zu Tage, wo eine Ähnlichkeit offenbar angestrebt wurde, die Gestalten dem jedesmaligen Alter des Fürsten entsprechen, anfangs kindliche Züge und[WS 2] Formen zeigen, später aber den Jüngling und Mann darstellen. Für die gleiche Anschauung spricht ferner die wiederholte Bezeichnung des Siegels in der Korroborationsformel als sigillum oder signum nostre imaginis[18].

Ist also seit dem 11. Jahrhundert Porträtähnlichkeit angestrebt worden, so hat doch nicht immer das Können dem Wollen des Künstlers entsprochen. Wieweit dieser seiner Aufgabe gerecht geworden, wird sich oft nur in Einzelfällen feststellen lassen. Anhaltspunkte für die Beurteilung bieten Vergleichungen der Siegel mit anderen Darstellungen, deren Siegel und der Siegel der Vorgänger mit- und untereinander. So liegen bei Friedrich I. (I, Taf. 21, 2; 22, 1) offenbar porträtmäßige Siegel vor, da die Ähnlichkeit des Kopfes mit dem gleichzeitigen Basrelief des Kaisers im Kreuzgange des Klosters St. Zeno bei Reichenhall, sowie des Basreliefs des Domes zu Freising[19] und der Porträtbüste, als Kopfreliquiar in Kappenberg, unverkennbar ist[20].

So ist auch, worauf Philippi aufmerksam macht[21], unleugbar die wenn auch nur allgemeine Ähnlichkeit der Köpfe auf dem Königs- und Kaisersiegel Friedrichs II., die nach ihrer Anfertigungszeit 5–6 Jahre auseinander liegen (I, Taf. 27, 6; 28, 1). Beide zeigen ein langes, schmales Gesicht mit spitzem Kinn, trotzig zugekniffenen Lippen und willenskräftig herabgezogenen Mundwinkeln. Diese Darstellungen stehen auch der capuaner Statue nicht fern.

Der Kopf Heinrichs (VII.) ist höchst charakteristisch und individuell in der Zeichnung von Stirn, Augen und Mund. Offenbar hat der Künstler das Gesicht des energischen, eigenwilligen Königsknaben nicht nur wiedergeben wollen, sondern es ist ihm auch durchaus gelungen.

Auf den Siegeln Rudolfs I. ist der Kopf des Herrschers ohne jeden individuellen Ausdruck wiedergegeben. Abgesehen von der Bartlosigkeit läßt sich kein persönliches Charakteristikum hervorheben. Daran muß auch für die folgenden Herrscher bis in das 15. Jahrhundert festgehalten werden. Eine annähernd porträtmäßige Darstellung läßt sich auf Siegeln erst bei Sigismund feststellen. Sein Vorgänger Wenzel benutzte als Thronsiegel während seiner ganzen Regierung das Königssiegel Karls IV., indem nur der Name des Herrschers in der Umschrift des Stempels von „Karolus“ auf Wenzel verändert wurde (II, Taf. 1, 3; 8, 1). Die Porträtmäßigkeit der beiden Siegel Karls IV. (II, Taf. 1, 5[WS 3]; 3, 4) ist kaum um vieles vorgeschrittener als auf denen König Rudolfs. Das zeigt ein Vergleich mit dem gewiß individualisierenden Profilporträt Kaiser Karls mit seiner dritten Gemahlin Anna v. Schweidnitz in der Katharinenkapelle zu Karlstein. Als einziges persönliches Charakteristikum kann man den gestutzten Vollbart des Herrschers auf den beiden Siegeln, von denen das zweite, das kaiserliche Thronsiegel, noch beträchtlich roher gearbeitet ist, anführen. Es muß eben berücksichtigt werden, daß die Siegel vermöge ihrer rein repräsentativen Bestimmung, wobei das persönliche und individuelle Moment weit weniger in Betracht, kommt als z. B. bei einem zum Andenken an den gemeißelten Grabstein, und wegen der in so geringen Dimensionen gehaltenen en-face-Darstellung überhaupt nur ganz äußerliche Züge wiedergeben können[22].

Seit Erlaß der Kanzleiordnung Ferdinands I. (1559) verschwindet für immer das Porträtsiegel aus der Reichskanzlei, an seine Stelle tritt das Wappensiegel. Nur die Averse des großen ungarischen Doppelsiegels zeigen noch den thronenden Kaiser. Daß man auch da bestrebt war, Porträtähnlichkeit zu erzielen, erhellt daraus, daß man bei Adaptierung der Stempel für den Nachfolger durch Änderung der Umschriften, auch die Kopfpartien, freilich zumeist ohne großen Erfolg änderte. Hingegen sind die ungarischen Doppelsiegel aus der Zeit der Habsburger, die Siegel Ferdinands I. (III, Taf. 26, 1; 27, 1) und Maximilians II. (III, Taf. 33, 3; IV, Taf. 76, 1) nicht unbedeutende Schöpfungen der Kleinkunst, die ebenso Porträtähnlichkeit anstreben, wie die Thronsiegel Maria Theresias, die die Hofkanzlei für ungarische und niederländische Angelegenheiten verwendete (IV, Taf. 21, 4; 27, 2; 29, 1; 30, 1).

Einen neuen Siegeltypus, das Wappensiegel, schuf die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts. Einige Grafen zogen es vor, wappenmäßige Bilder an die Stelle des Porträts zu setzen, wodurch eine neue Siegelform, der die Form des Kampfschildes zu Grunde liegt, Eingang fand[23].

In der Reichskanzlei sind Wappensiegel erst am Ende des Zwischenreichs, und zwar seit Rudolf I. zur Anwendung gekommen. Seitdem wird der einfache oder zweiköpfige Adler die herrschende Wappenfigur. Der einfache Adler, den Rudolf I. auf seinem Rücksiegel frei im Siegelfelde führte (I, Taf. 41, 5), erscheint auch auf dem Sekrete Albrechts I. (I, Taf. 45, 3), ebenso auf dem Rücksiegel Heinrichs VII. (I, Taf. 47, 2), auf den Rücksiegeln und Sekreten Ludwigs IV. (I, Taf. 50, 6; 51, 3. 4), sowie Friedrichs des Schönen (I, Taf. 53, 8). Zum ersten Male findet sich bei diesem die Verbindung des Hauswappens mit dem Reichsadler. Hier trägt auf einem Sekrete der Adler zum ersten Male das Hauswappen des Fürsten, nämlich den österreichischen Bindenschild auf der Brust. Als Muster haben dessen österreichischen Sekrete gedient, die im Siegelbilde den steierischen Panther mit dem Schilde Österreichs belegt zeigen, wie das nachher [156] ebenfalls auf den Bergwerksiegeln Friedrichs III. (II, Taf. 28, 2. 3) vorkommt[24].

In die großen Siegel der Kaiser wurde erst unter Karl IV. eigentlicher Wappenschmuck aufgenommen. Dessen Siegel zeigt zu Seiten des thronenden Kaisers zwei abgewendete, widersehende natürliche Adler, die mit den Schnäbeln je einen Schild (Reich-Böhmen) halten (II, Taf. 3, 4). Hauptbild der Rückseite des Doppelsiegels wird der Reichsadler unter Sigismund, während die Hauswappen im Siegelfelde der Vorderseite angebracht sind (II, Taf. 17, 1. 2). Und auch Albrecht II. führte kleine Hauptsiegel mit Wappenbildern, worauf der Adler als die vornehmste Figur frei im Siegelfelde erscheint, die Wappen von Ungarn, Böhmen und Österreich sind in den Schriftrand verwiesen (II, Taf. 20, 1). In gleicher Weise ist auf den Wappensiegeln Friedrichs III. der einfache oder doppelte Adler entweder von den Wappenschilden des Hausbesitzes kreisförmig umgeben (II, Taf. 22, 1; 24, 5; 26, 5), oder die letzteren sind im Schriftrande (II, Taf. 24, 6; 26, 4), oder in dem Siegelfelde angebracht (II, Taf. 26, 7), und nur ein einziges Mal sind auch die Flügel des kaiserlichen Adlers mit den Wappenschilden von Österreich und Steier belegt (II, Taf. 26, 6).

Auf den Rückseiten der beiden Majestätssiegel Friedrichs III. sind die Adler je von einem Siebenpasse umgeben, in dessen Krümmungen ebensoviele Besitzwappen mit ihren Helmen und Helmzierden angebracht sind (II, Taf. 23, 2; 25, 2), während die Außenwinkel dieses Maßwerkornamentes durch Engelsbüsten und Drachen ausgefüllt werden. Die Stempel dieser beiden Siegel sind miteinander identisch, Avers und Revers des Königssiegels wurden für die Kaiserzeit adaptiert, und deshalb der einköpfige Adler des Reverses in einen zweiköpfigen umgeändert[25].

Das Wappensiegel tritt seit Ferdinand I. an die Stelle des Thronsiegels, das sich in der Reichskanzlei weiterhin nur noch auf den Aversen der Goldbullen, sowie denen der ungarischen Kanzlei und der Hofkanzlei für Angelegenheiten der Niederlande findet.

Eine besondere Rolle spielt weiterhin in der Ausstattung der Siegel der Adler. Dieser erscheint bis zur Auflösung des Reichs entweder in einen Schild gestellt oder frei im Siegelfelde, von der Krone überhöht und auf der Brust ein mit der Laubkrone[26] bedeckter und quadrierter Schild mit Herzschild Österreich.

Die erstere Form fand Anwendung für die großen Siegel der Reichshofkanzlei und der österreichischen Hofkanzlei, die zweite für das mittlere Siegel der Reichshofkanzlei und das große der böhmischen Kanzlei, sowie für die Sekrete aller Kanzleien. Beide Wappenformen blieben bis zur Auflösung des Reiches nebeneinander bestehen[27].

Seit Karl VI. werden dem Doppeladler des Siegels Attribute beigelegt und zwar führt er in der rechten Kralle Schwert und Zepter, in der linken den Reichsapfel. So auch unter Karls Nachfolgern, doch zeigen weder der einfache Adler der römischen Könige, [157] noch der Doppeladler der Kaiserinnen jene Attribute der Macht.

Wird der Reichsadler im Rahmen eines Schildes verwendet, so dienen seit Maximilian I. – unter Karl V. zwei Löwen III, Taf. 13, 3 – als Schildhalter zwei Greifen (III, Taf. 4, 4). So auch unter Ferdinand I. (III, Taf. 21, 1; 22, 4), Maximilian II. (III, Taf. 29, 1; 30, 1. 2), Rudolf II. (III, Taf. 36, 1), Matthias (III, Taf. 41, 6), Ferdinand II. (III, Taf. 47, 7; 48, 1. 2), Ferdinand III. (III, Taf. 54, 6), Leopold I. (III, Taf. 61, 1. 2), Josef I. (III, Taf. 70, 1. 2), Karl VI. (IV, Taf. 10, 2) und von Josef II. ab bis zur Auflösung des Reiches (IV, Taf. 36, 4–6; 37, 1–4; 39, 1. 2. 4; 42, 2; 44, 1. 2; 45, 1. 2. 5; 48, 2. 3; 49, 1–3; 50, 2; 51, 1. 4).

Zwei Greifen dienen auch seit Matthias (III, Taf. 44, 2) als Schildhalter des Reichsadlers im Revers des Doppelsiegels von Ungarn unter Ferdinand II. (III, Taf. 52, 2), Leopold I. (III, Taf. 66, 2) und Josef I. (III, Taf. 73, 2)[28].

Hieran knüpft sich die Frage, wie der Adler zum deutschen Kaiser- und Königswappen, zum Reichswappen, geworden ist[29].

Zu besonderer Bedeutung gelangte der Adler als Reichssymbol bei den Römern, wo er zur Hauptfahne jeder Legion gemacht wurde, und auf Münzen und Gemmen der Imperatoren als Bekrönung des Zepters zum Zeichen der vom höchsten Gotte empfangenen Weltherrschaft erscheint. Später bildet das Adlerzepter durchgängig eine der Insignien, welche die Kaiser in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als römische Konsuln auszeichneten. Die Kaiser deutscher Nation übernahmen als Erneuerer der weströmischen Kaiserwürde, dieses römische Symbol mit der Kaiserkrone zum Zeichen des nunmehr angetretenen Erbes der Weltherrschaft.

Wenn schon gleichzeitige Quellen darüber schweigen, so lassen doch Nachrichten des 10. und 11. Jahrhunderts außer Zweifel, daß Karl der Große auf seiner aachener Pfalz einen ehernen Adler errichtete. Auch aus den Siegeln der Karolinger läßt sich in dieser Frage kein Anhalt gewinnen, da diese antike Gemmen zum Siegeln benutzten. Erst in der Zeit der Ottonen gewinnen wir aus der Betrachtung der Siegel einigen Aufschluß über den Adler als Symbol des Reiches.

Unter Otto I. kam nämlich ein neuer Siegeltypus auf: das Siegelbild stellt dar den gekrönten Herrscher en face, der in der Linken eine Weltkugel hält, die auf späteren Siegeln mit einem Kreuz auftritt. Noch zeigen die Siegel Ottos III. keine Spur vom Adlersymbol, während auf einer seiner Münzen der fliegende Adler erscheint, und Otto selbst nach dem Vorbilde der griechischen Kaiser auf einer Gemme das altrömische Konsularzepter mit dem Adler als Bekrönung einführte. Auf seinen Siegeln ist allerdings der Stab nur mit einer Kugel geschmückt. So auch unter Heinrich II., nur daß das Zepter oder der lange Stab entweder ganz ohne Schmuck ist, eine Lilie oder ein Kreuz, auch beide vereinigt, trägt.

Aber seit der Mitte des Jahres 1029 tritt im zweiten Kaisersiegel Konrads II. (I, Taf. 13, 2) eine Veränderung im Typus ein. Hier findet sich zum ersten Male im Siegel der Adler auf dem Zepter. Diese Darstellung wiederholt sich auch bis zu Konrads II. Tode, während die unter der Mitregierung seines Sohnes ausgegebene Bulle (I, Taf. 13, 6) die Beigabe des Lilienzepters wieder aufnahm.

Dagegen findet sich das Adlerzepter wieder auf dem Königssiegel und der Königsbulle Heinrichs III. (I, Taf. 14, 1–3). Wunderbarer Weise tritt in den Kaisersiegeln an seine Stelle der bis auf den Boden reichende, bloß mit einem Knauf bekrönte Stab, wie er sich bei dem zweiten Königssiegel neben dem Adlerzepter an Stelle des Reichsapfels vorfand (I, Taf. 15, 1. 2).

Heinrich IV. wendet in vier verschiedenen Siegeln und der Königsbulle (I, Taf. 16, 1–5; 17, 1) das Adlerzepter wieder an, gleichfalls übernanm Rudolf von Schwaben im Siegel das Adlerzepter seines Gegners (I, Taf. 18, 1), aber auch Heinrich IV., wie sein Vater, ersetzt es in den Kaisersiegeln durch den bis zur Erde reichenden langen Stab, der hier mit einer Lilie bekrönt ist (I, Taf. 17, 3–5). Doch ist damit, wie bildliche Darstellungen der Zeit bezeugen, das Adlerzepter nicht außer Gebrauch gekommen.

Mit Heinrich V. hört die Darstellung des Adlerzepters in den Siegeln auf. Sowohl als König, als auch als Kaiser gebraucht er das Lilienzepter, auf seinen Münzen aber wird der Adler gefunden.

Weder Siegel, noch Münzen Lothars III. enthalten eine Spur des Adlersymbols, auch unter Konrads III. Regierung tritt es nur wenig hervor, in seinen Siegeln und Münzen bleibt der bisherige Typus bestehen, d. h. der Herrscher wird nur mit Lilienzepter und Reichsapfel abgebildet.

Auffällig ist das Festhalten Friedrichs I. an diesem Typus, nachdem schon unter Heinrich V. und Konrad III. der Adler als Heerfahne im Gebrauch war und das Adlersymbol unter Friedrich I. viel stärker als früher hervortritt[30].

Den überlieferten Typus zeigen auch die Siegel der übrigen Staufer. Auf Friedrichs II. Königssiegel finden wir vorübergehend den Adler in medaillonartiger Umrahmung als Verzierung des königlichen Untergewandes (I, Taf. 28, 1). Außer einer Münze Friedrichs II. zeigt auch ein gleichzeitiges Werk, der Totenschrein Karls des Großen zu Aachen, in dem 1215 die Gebeine des heilig gesprochenen Kaisers von neuem geborgen wurden, das deutsche Reichswappen: der Schild des Schreines stellt dar einen stilisierten einköpfigen Adler.

[158] Je mehr die Idee des römischen Imperatorentums im Mittelalter lebendig wurde, um so mehr mußte die Erinnerung an den siegreichen Legionsadler der Römer in den Vordergrund treten. Auf ihn geht jedenfalls in letzter Linie der Adler als Zeichen des Imperiums zurück. Als solchen hatte ihn schon Heinrich VI. im Wappen geführt[31].

Wertvolle Ergebnisse über das Aufkommen des Adlers, als deutsches Wappen, bringen die Untersuchungen Hauptmanns über die Wappen in der 1250–1253 hergestellten Historia minor des Matthäus Parisiensis[32]. Daß der Verfasser der Chronik darüber gut unterrichtet war, kann keinem Zweifel unterliegen. König Heinrich III. von England, sein Freund und Gönner, war der Vetter Kaiser Ottos IV. und der Schwager seines Nachfolgers Friedrichs II. Es bestanden somit enge Beziehungen zwischen dem englischen und dem kaiserlichen Hofe, so daß man in St. Albans leicht erfahren konnte, welche Zeichen diese Kaiser auf ihren Schilden trugen.

Matthäus bringt zuerst 1198 bei Gelegenheit der Krönung Ottos IV., ein zweites Mal 1199 bei seiner Kaiserkrönung in Rom das deutsche Wappen, und zwar gibt er ihm in rot-golden gespaltenem Schilde, rechts drei halbe, aus der Spaltungslinie hervorbrechende Leoparden, links einen halben schwarzen Adler, also die monogrammatische Vereinigung der Wappen von England und Deutschland. Daß Otto wirklich diese auffallende Vereinigung führte, sagt Matthäus ausdrücklich: scutum Ottonis imperatoris, cuius medietas de scuto est imperii, alia vero de scuto regis Angliae. Seltsam ist es, daß Otto den Kaiseradler mit dem englischen Wappen und zwar dem Wappen seiner Mutter Mathilde, der Tochter König Heinrichs II. von England verband, und das Wappen seines Vaters nicht führte. Daß an der Zuverlässigkeit unseres Chronisten nicht zu zweifeln ist, geht daraus hervor, daß seine Angabe von dem Dichter Thomasin von Zerkläre in seinem „Wälschen Gast“ (entstanden 1216) bestätigt wird[33], und das Wappen von Ottos Witwe Maria von Brabant (I, Taf. 26, 3) genau mit dem von Matthäus gegebenen Wappen Ottos übereinstimmt.

Wenn Ottos Adler noch kein Doppeladler war, dann ist das Zeichen des Imperiums bald dazu geworden, und zwar hat Friedrich II. diese Änderung vorgenommen. Hierfür dürfte Matthäus der erste und einzige und wohl auch zuverlässigste Zeuge sein. Als Friedrichs Wappenschild malt er, bei Erzählung seines Todes (1250), einen gestürzten gelben Schild an den Rand mit einem schwarzen Doppeladler. Den gleichen Adler finden wir auf dem von Pusikan veröffentlichten Wappenblatt des Matthäus. Scutum imperatoris Romae hat Matthäus dabei bemerkt. Und nicht nur Friedrich II., sondern auch alle seine ehelichen und unehelichen Söhne führen ihn, freilich jeder mit einem besonderen Beizeichen, in dem sie wohl als Kaisersöhne auf ihn Anspruch machten[34].

Finden wir den Adler gleichmäßig bei den Kaisern Heinrich IV., Otto IV. und Friedrich II., also bei dem Welfen ebensogut, als bei den Staufern, dann war er damals sicher das Zeichen des Kaisertums, nicht aber das des welfischen oder staufischen Hauses.

Merkwürdigerweise bringt Matthäus den Adler nicht mehr bei den folgenden Kaisern. Von zweien, Heinrich Raspe[35] und Wilhelm von Holland[36], teilt er uns die Wappen mit.

[159] Den einköpfigen Adler finden wir dann wieder auf dem Siegel des Königs Alfons (I, Taf. 39, 6), das durchaus südländische Herkunft verrät. Hier hält der Herrscher statt des bisherigen Lilien- oder Kreuzzepters ein solches, das über zwei aufeinander stehenden Kugeln einen einköpfigen Adler mit ausgebreiteten Schwingen und, hier zum ersten Male, einen Nimbus auf dessen Kopf zur Darstellung bringt.

Während das Thronsiegel Rudolfs I. (I, Taf. 40, 4) im Gesamttypus sich dem seiner Vorgänger anschließt, tritt daneben ein Sekretsiegel auf, als erstes seiner Art, das den Adler im Felde enthält (I, Taf. 41, 5); ein solches ist auch von Albrecht I. verwendet worden (I, Taf. 45, 3), während unter Heinrich VII. ein Adlersiegel aufkommt (I, Taf. 47, 2), mit dem römischen Adler, d. h. einem natürlichen, nicht heraldischen, dem römischen Legionsadler ähnlichen.

Es kommen sodann nebeneinander das Siegel mit dem heraldischen Adler und dem letztgenannten vor, den auch Ludwig IV., Karl IV. und Günther von Schwarzburg beibehalten haben[37].

Dieser einköpfige Adler wird von den genannten Herrschern während der Königs- und Kaiserzeit geführt.

Die wichtigste Veränderung am Reichswappen vollzog sich unter Ludwig IV.: an Stelle des einfachen Adlers tritt plötzlich der Doppeladler. Während sich das Königssiegel Ludwigs (I, Taf. 50, 5) bis auf geringe Abwandelungen in Tracht und Ausstattung mit den übrigen Attributen den bisherigen Thronsiegeln anpaßt, zeigt das Kaisersiegel Ludwigs (I, Taf. 51, 1) eine durchgreifende Veränderung. Abgesehen davon, daß das gotische Throngestühl ganz wegfällt, wird dem Herrscher statt des bisher üblichen Laubzepters ein solches gegeben, das an der Spitze ein Kreuz und darauf einen einfachen Adler trägt. Zu beiden Seiten der Thronenden und zwar stehend auf den zwei Löwen, welche die Füße des Kaisers stützen, erscheint je ein dem Kaiser zugewandter natürlicher Adler.

In Gestalt eines Doppeladlers im Schilde sehen wir sie auf kaiserlichen Goldmünzen, Nachahmungen solcher der französischen Könige, wie sie auch Karl IV., nur mit entsprechender Veränderung der vorderen Umschrift, prägen ließ.

Auch das Landfriedenssiegel vom Jahre 1335 (II, Taf. 61, 1) enthält einen Doppeladler, so auch das 1334 urkundlich erscheinende Stadtsiegel von Friedberg, während die Stadt noch 1328 mit einem einköpfigen Adler siegelte[38].

Während in Deutschland bis auf die angeführten Fälle das Reichswappen der einfache Adler blieb, ganz und gar nicht aber an eine Unterscheidung zwischen dem vom Kaiser und vom König geführten Wappen zu denken ist, entwickelte sich in England im Anschluß an die Darstellung des 1259 verstorbenen Matthäus Parisiensis, die Anschauung, daß dem deutschen Kaiser der Adler mit zwei, dem Könige ein solcher mit einem Kopfe gebühre. In diese Zeit fällt dort auch die Herstellung des Stempels, den Richards Sohn Heinrich nachweislich im Jahre 1258 führte (I, Taf. 37, 5), der Löwenschild, beseitet von fliegenden Adlern, mit der Umschrift: Secretum Henrici filii Ricardi regis Romanorum. Um 1307 wird das Stifterfenster im Münster zu York gefertigt und oben daran werden diese beiden Wappen als die des deutschen Kaisers und Königs – einfacher und Doppeladler – gegeben.

Nicht viel später kommt ebenfalls in Deutschland, zu Lebzeiten Ludwigs IV., in der sicher vor 1346 geschriebenen und illustrierten dritten Handschrift des Balduineums diese Anschauung zur Geltung. Diese stellt zweifellos in Gold den schwarzen Doppeladler als Reichswappen dar.

Auch in den Malereien der mecklenburgischen Reimchronik des Ernst von Kirchberg, die am 8. Januar 1378 begonnen, deren Ausmalung aber mit dem 1379 erfolgten Tode des Herzogs Albrecht von Mecklenburg unvollendet blieb, wird dem Kaiser durchgehend der Doppeladler zugewiesen. Die gleiche Anschauung findet sich in dem zu Beginn des 15. Jahrhunderts verfaßten Ritterspiegel des Johannes Rothe[39].

Aus alle dem entnehmen wir, daß schon zu Ludwigs IV. Zeiten die, wie es scheint, zuerst in England aufgekommene Ansicht in Deutschland nicht unbekannt war. Und bei den engen Beziehungen, die gerade dieser Kaiser zu England unterhielt, ist es sehr wohl möglich, daß die englische Unterscheidung vom Kaiser- und Königswappen Deutschlands jenem bekannt wurde, daß er infolgedessen sein Kaisersiegel mit Adlern schmückte.

Der Ursprung des Doppeladlers ist nach allgemeiner Ansicht im Orient zu suchen, von wo er nach Byzanz gelangte. Der Prozeß des Webens führte darauf, die Figuren (meistens Tiere) umgekehrt zu wiederholen. Aus dem Teppichstil gingen dann diese sich gegenüberstehenden Tierpaare in andere Kunstzweige als wirkungsvolle symmetrische Muster über. Durch Verkürzung entstanden aus ihnen die doppelköpfigen Tiere, und so ist auch der Doppeladler rein technisch aus zwei einköpfigen Adlern entstanden.

Von den Sarazenen und von Byzanz, welche diese Technik des Stoffwebens weiter entwickelten, wurde der ganze europäische Westen mit solchen Geweben [160] versorgt, die vielfach auf Purpur gestickte oder gewebte goldene einköpfige oder Doppeladler enthielten.

So ist wohl auch der deutsche Doppeladler, wie er unter Ludwig IV. auftritt, durch Zusammenziehung zweier einköpfiger Adler entstanden.

Wenn man bedenkt, daß in Deutschland, im Vergleich zu seinen westlichen Nachbarländern, die Heraldik erst spät erblüht ist, und in einer Zeit, wo jene Staaten schon zu festen heraldischen Normen übergegangen waren, in Deutschland noch vollste willkürliche, daher lebensfrohe Regellosigkeit herrschte, dann läßt sich auch verstehen, warum das Ausland, in unserem Falle England, aus den willkürlich dekorativ paarig angeordneten Adlern auf Münzen der deutschen Kaiser im 13. Jahrhundert einen doppelten Adler zum deutschen Reichswappen machen konnte[40].

Die im 10. Jahrhundert geschaffenen starren Formen hatten sich fortgeerbt, dadurch wird es erklärlich, daß sich das Königs- und Kaisersiegel so lange abwehrend gegen die Aufnahme des Reichswappens verhielt. Erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errang durch die damals neuaufkommende Siegelgattung, das Sekret, der einköpfige Adler, seine Stellung. In das größere Siegel ist der Doppeladler erst zu Wenzels Zeit dauernd aufgenommen worden, denn auch Ludwig IV. kehrte in seinem zweiten Kaisersiegel zu den alten überlieferten Formen zurück, und auch unter Karl IV. ist nach den Siegeln das offiziell geführte Reichswappen ein einköpfiger Adler, dem an zweiter Stelle das Wappen von Böhmen koordiniert wird.

Das böhmische Thronsiegel Wenzels (II, Taf. 7, 2), hat vielfach ein kleines umschriftloses Rücksiegel, das einen doppelten Adler, belegt mit dem böhmischen Wappen als Brustbild, darstellt (II, Taf. 7, 3. 4) und zuerst 1363 Juli 25 bez. 1371 Mai 12 nachweisbar ist.

An dieses erste Auftreten des Doppeladlers im Siegel knüpfen nun die meisten Heraldiker an als Zeitpunkt der Anwendung als Reichswappen[41]. Hingegen teilt Lindner die Ansicht Köhnes, die bereits von v. Herzberg und Gercken vertreten war, daß sich der Doppeladler hier aus der Verbindung des brandenburgischen und schlesischen Adlers hervorgegangen darstelle. Allerdings ist es auffällig, daß der Doppeladler schon auf dem böhmischen Thronsiegel Wenzels (II, Taf. 7, 2. 3) noch vor seiner Wahl zum römischen König vorkommt, und Wenzel dieses Rücksiegel auch als solches für sein römisches Königssiegel beibehielt.

Bereits Römer-Büchner hat hiergegen Einwendungen erhoben[42]. Denn, wenn schon Wenzel im Jahre 1363 und vor seiner Belehnung mit Brandenburg 1373 und noch nach seiner Königswahl 1376 dieses Siegel gebrauchte, so kann an einen brandenburgischen Adler nicht gedacht werden.

So dürfte deshalb auch die Behauptung v. Köhnes, der sich neuerdings Gritzner anschließt, zurückzuweisen sein, daß auf der Vorderseite des böhmischen Königssiegels (II, Taf. 7, 2. 3) nur das böhmische Löwenbild allein erscheine, dagegen die Umschrift noch die Titel: „Brandenburgensis et Lusacie marchio, Luczemburgensis et Slezie dux“ führe, das Rücksiegel in monogrammatischer Zusammensetzung Brandenburg und Schlesien vertrete. Diese letzteren, sowie der aufgelegte Herzschild: Böhmen, Luxemburg, Ober- und Niederlausitz sind aber, entgegen jener Behauptung, in sechs Schilden auf der Vorderseite vertreten. Es kann also jenes Doppeladler-Rücksiegel, mit dem böhmischen Schilde nicht den Zweck gehabt haben, diejenigen Titelumschriften, die auf der Vorderseite nicht durch Wappen vertreten waren, auf der Rückseite des Siegels zu heraldischer Erscheinung zu bringen, würden da doch auch Luxemburg und die beiden Lausitzen, die ebenfalls in der Titelumschrift Platz haben, nicht vertreten sein.

Wir sahen bereits, daß schon zu Ludwigs IV. Zeiten die Anschauung auch in Deutschland Verbreitung gefunden hat, daß der Doppeladler als Reichswappen anzusehen sei, ihn führten auch Ludwig IV. und Karl IV. auf den Goldmünzen. Ein ungewöhnliches Interesse für heraldische Darstellung gibt sich darin kund, daß Karl IV. bereits seinem noch in der Wiege liegenden, erst sechs Monate alten Sohne Wenzel ein Siegel stechen läßt, darstellend einen achteckigen Schild mit dem böhmischen Löwen (II, Taf. 7, 1) und der Umschrift: Sigillum Wenzeslai dei gratia heres regni Boemie, ferner, daß er ihm im Alter von zwei Jahren, 1363 zum Könige von Böhmen gekrönt, ein großes die Titelumschrift durch Besitzwappen erläuterndes schönes Majestätssiegel (II, Taf. 7, 2. 3) und dazu noch als Rücksiegel das Doppeladlersekret stechen läßt. Ist nun aber, wie wir sahen, dieses Rücksiegel offenbar nicht geschaffen, um, wie man bisher annahm, als Ergänzung für die im Titel vertretenen, auf der Vorderseite des Siegels nicht zur Darstellung gekommenen Länder zu dienen, so fragt man, was denn eigentlich dieses kleine Siegel zu bedeuten habe. Die zweifellos nächste und ungezwungenste Erklärung ist bereits von Römer-Büchner gegeben, der annimmt, daß der Doppeladler die Würde Wenzels als kaiserlichen Prinzen bezeichnen solle, zumal auch dessen Stiefschwester Bianca aus der ersten Ehe mit Karl IV., in ihrem Siegel den Doppeladler führt, dessen Brust mit dem angeheirateten österreichischen Bindenschild belegt ist[43]. Der Doppeladler ist somit hier als Prätensionswappen anzusehen, daß dem luxemburger Hause ein Recht auf den Kaiserthron zustehe. Anspruch auf diesen erhob ja auch Sigismund, der zweite Sohn Karls IV., sofort bei Absetzung Wenzels (1400) und als Wenzel 1402 Böhmen dem Sigismund, König [161] von Ungarn, als Reichsverweser übertrug und sich unter dessen Vormundschaft begab, gebrauchte er nun den Doppeladler als sigillum imperii, wie die Umschrift sagt, nicht regni (II, Taf. 13, 1). Diesen Doppeladler führte er als Reichsverweser, wenn er auch als solcher nicht anerkannt wurde, bis zu seiner Königswahl (1410). Von da ab nahm er den ihm als König zustehenden einköpfigen Adler (II, Taf. 13, 3. 4) an, seit der Kaiserkrönung führte er wiederum den Doppeladler (II, Taf. 17, 2) und, wie die Anweisung an den Siegelstecher ergibt (S. 47) mit direkter Anweisung der Herstellung eines Doppeladlers, als Wappen des Kaisertums.

Damit fand durch Sigismund die lange herrschende Ansicht von der Verschiedenheit des kaiserlichen und königlichen Wappens offizielle Anerkennung. Von Sigismunds Nachfolgern in der Kaiserwürde wurde nun der zweiköpfige Adler bis zum Ende des Reiches stets beibehalten, während diejenigen Könige, die die Kaiserwürde nicht bekleideten, den einköpfigen Adler führten. Der einköpfige Adler als Wappenfigur erscheint noch unter Friedrich III. ohne Nimbus (II, Taf. 23, 2), während der zweiköpfige auf dessen Siegeln stets nimbiert ist (II, Taf. 25, 2), mit diesem Schmuck zuerst auf den Siegeln Sigismunds nach dessen Kaiserkrönung vorkommt (II, Taf. 17, 2) und dann so bis zur Auflösung des Reichs dargestellt wird. Aber auch auf den Königssiegeln ist, soweit sie erhalten sind, seit Ferdinand I. der Nimbus zu finden (III, Taf. 21, 1–4[WS 4]; 22, 4; 24, 6–8; 26, 2; 29, 1–4; 33, 2), während das Königssiegel Ferdinands IV. des Nimbus entbehrt (III, Taf. 60, 4).

Ferdinand I. führte schon als König dieselben drei Siegeltypen, wie seine, als er Kaiser geworden, im Jahre 1559 erlassene Kanzleiordnung vorschreibt: ein großes, mittleres und kleines Siegel (Sekret), und zwar im großen den einköpfigen nimbierten Adler, mit einem von Österreich und Kastilien gespaltenen (III, Taf. 21, 1) Herzschild; der Adler des mittleren Siegels trägt den Wappenschild von Österreich (III, Taf. 22, 2), während das Sekret ohne solchen ist (III, Taf. 22, 3). Diese drei Siegeltypen finden wir auch in der Königszeit Maximilians II. Deren Adler tragen auf der Brust einen von Böhmen und Ungarn quadrierten Schild, der als Mittelschild, wie das große Siegel Ferdinands I., den von Österreich und Kastilien gespaltenen Schild hat (III, Taf. 29, 1–4).

Seit Rudolf II. scheint kein großer Königsstempel mehr gestochen zu sein. Der Adler des an Größe dem mittleren Siegel Maximilians entsprechenden Siegels trägt den böhmischen Schild (= III, Taf. 24, 6), dem der von Österreich und Kastilien gespaltene Herzschild aufliegt (III, Taf. 35, 7), während der Adler des Sekrets den von Ungarn und Böhmen quadrierten Schild trägt, mit von Österreich und Kastilien gespaltenem Herzschild (III, Taf. 35, 8). Hingegen zeigen die Sekrete der Königszeit Ferdinand III. und IV. – größere Siegel sind nicht bekannt – den Wappenschild der böhmischen Königskanzlei, den quadrierten Schild, mit einem von Österreich und Burgund gespaltenen Herzschild (III, Taf. 54, 3. 4; 60, 4).

Königssiegel Josefs I. sind nicht bekannt. Seit Karl VI. bis zu Ende des Reiches sind dem einfachen Adler komplizierte Wappenschilde aufgelegt (IV, Taf. 15, 1. 2; 36, 4. 5; 44, 1; 48, 2).


  1. Erben a. O. 174. Ilgen a. O. I. 4, 17. 42
  2. Gemme mit dem Porträt Kaiser Hadrians wurde als Siegel geführt von Ludwig dem Deutschen, Ludwig III. und IV. (I, Taf. 2, 7; 3, 3; 5, 8).
  3. Mit Sicherheit lassen sich nachweisen Karl der Große mit der Gemme Antoninus Pius (I, Taf. 1, 4), Ludwig der Deutsche, Ludwig III. und IV, der Gemme Hadrians (I, Taf. 2, 7; 3, 3; 5, 8). Zweifelhaft bleibt, ob die Gemmen Ludwigs des Frommen den Kaiser Viktorinus (I, Taf. 1, 6), Lothars II. den Kaiser Alexander Severus (I, Taf. 1, 8) darstellen. Nicht bestimmbar sind die Köpfe der Gemmen Ludwigs II. (I, Taf. 2, 1) und Lothars II. (I, Taf. 2, 4).
  4. Zu provisorischen Siegeln werden später Brustbilder verwandt unter Heinrich I. (I, Taf. 6, 6), ohne Beigabe von Schild und Speer, und nach Aufkommen der Thronsiegel zeigen Heinrich II. (I, Taf. 11, 1) und Heinrich III. (I, Taf. 15, 2) ebenfalls Porträts mit Zepter und Reichsapfel.
  5. An der Echtheit zweier Siegel Arnulfs (I, Taf. 4, 6; 5, 2) dürfte zu zweifeln sein, des einen wegen seiner überaus rohen Ausführung, des anderen, weil es bedeutend kleiner als die übrigen ist. Für beide kommt hinzu, daß Schild und Speer fehlen.
  6. F. Hauptmann in der Kölnischen Zeitung 1910, No. 782. – Redlich a. O. 231.
  7. Ungleich höheren Wert als auf die Darstellung der Gesichtszüge des Herrschers hat man schon seit dem 9. Jahrhundert auf die Insignien gelegt. Breßlau a. O. 966. Als Embleme kommen in den Thronsiegeln Reichsapfel und Zepter vor. Der Reichsapfel fehlt nur in dem Siegel Konrads II. (I, Taf. 12, 1) und Heinrichs III. (I, Taf. 14, 2). Meistens, und seit Heinrich IV. ausnahmslos, ist dieser von einem Kreuz überragt (I, Taf. 16). Im Siegel Heinrichs II. (I, Taf. 11, 2) befindet sich das Kreuz auf der Oberfläche des Apfels. Auf den Siegeln Friedrich I. ist er außerdem mit Reifen umgeben (I, Taf. 22, 1). In der Regel hält ihn die Linke, nur in den Siegeln Heinrichs II. (I, Taf. 11, 1), Konrads II. (I, Taf. 13, 3. 4), Heinrichs III. (I, Taf. 15, 1), Heinrichs IV. (I, Taf. 17, 3) und Friedrichs II. (sizilianische Königsgoldbulle II, Taf. 27, 3) ruht er in der Rechten. – Das Zepter haben die Thronsiegel Heinrichs II. (I, Taf. 11, 1–3). Gewöhnlich endet es in einer Lilie (I, Taf. 11, 2. 3; 12, 1. 4. 5; 17, 3–5; 19, 1–3; 20, 1. 2. 4; 21, 1; IV, Taf. 74, 3. 4) Seltener in einem Kreuz (I, Taf. 22, 1. 2; 23, 2; 24, 4; 25, 4; 27, 6; 28, 1. 2) oder Doppelkreuz (I, Taf. 13, 1). Statt seiner oder neben ihm, wie im Siegel Konrads II. (I, Taf. 12, 1) findet sich in mehreren Siegeln der Ottonen und Salier (I, Taf. 7, 5–7; 8, 5. 6; 9, 1. 2. 6; 12, 1; 14, 2; 15, 1. 2) der Herrscherstab mit Knopf oder das Konsularzepter mit sitzendem oder auffliegendem Adler (I, Taf. 13, 2. 4; 14, 1–3; 16, 1–5; 17, 1; 18, 1), zuletzt auch unter König Alfons (I, Taf. 39, 6). Im Siegel Heinrichs III. (I, Taf. 14, 2) kommen beide zugleich vor. Vgl. Geib a. O. 127. In der Zeit der Salier schwankt der Gebrauch von Stab (Konrad II. I, Taf. 12, 1; Heinrich III. 15, 1. 2), Konsularzepter (Konrad II. I, Taf. 13, 2–4; Heinrich III. I, Taf. 14, 1. 2; Heinrich IV. I, Taf. 16, 1–5; Rudolf I, Taf. 18, 1) und Lilienzepter (Konrad II. I, Taf. 12, 1. 4. 5; 13, 1, Heinrich IV. I, Taf, 17, 3–5). Erst unter Heinrich V. kommt letzteres wieder regelmäßig vor und wird dann auch weiterhin das ganze Mittelalter hindurch als „Laubzepter“ geführt.
  8. Erben a. O. 178
  9. Seyler, Gesch. der Siegel 147.
  10. Erben a. O. 178, 232, 271.
  11. Vgl. S. 145.
  12. Vgl. S. 52.
  13. Ilgen a O. I. 4, 42.
  14. Von späteren Kaisern gebrauchte Karl V. nur als König von Spanien Münzsiegel.
  15. Vgl. S. 70
  16. Breßlau UL. 1, 965. Erben a. O. 174. Haberditzl in Mittel. des Inst. für österr. Gesch. 29, 625. 640. Ilgen a. O. I, 4, 38
  17. Brunner, Das deutsche Herrscherbildnis (Leipz. Diss.) 1905. S. 18.
  18. Geib a. O. 121.
  19. Heffner, Trachten des deutschen Mittelalters 1, Taf. 23, 25.
  20. Württemberg, Vieteljahrszeitschrift 1875 S. 4.
  21. Reichskanzlei S. 59.
  22. Haberditzl in Mitteil. des Inst. f. österr. Gesch. 29, 640.
  23. Seyler a. O. 87.
  24. Sava a. O. 68.
  25. Vgl. S. 52.
  26. Seyler gibt im N. Siebmacher I. 1. II. S. 9 eine geschichtliche Entwickelung der Gestaltung der Kronen. Seit dem Zwischenreiche führten die römischen Könige in ihren Porträtsiegeln die sogenannte Laubkrone als Kopfbedeckung. Sie besteht in der Regel aus einem Kronreifen, der mit drei sichtbaren Blättern, die meist mit Zacken abwechseln, besetzt ist. Nach dem Balduineum hat auch Kaiser Heinrich VII. (1308–13) vor der Kaiserkrönung die Laubkrone geführt, nach der Krönung ist diese Krone mit einem vom ersten zum dritten Blatt gehenden Bügel versehen und mit einer roten Mütze gefüttert. Kaiser Karl IV. führte eine Laubkrone mit sehr hoch gewölbtem Bügel, der oben mit einem Kreuz besetzt ist, gefüllt ist die Krone mit einer zweispitzigen Mütze (II, Taf. 3, 4). Während nun die folgenden Könige Wenzel und Ruprecht sich mit der Laubkrone behalfen, nahm Sigismund schon als König eine Bügelkrone in Gebrauch. Der Bügel ist oben mit Kugeln besetzt und trägt auf der Spitze ein Kreuz. Gefüllt ist die Krone nicht (II, Taf. 13, 3). Auf dem 1417 gefertigten Kaisersiegel trägt Sigismund eine Krone, die der Kaiserkrone seines Vaters ähnlich ist, mit sehr hohem, oben spitz zulaufendem Bügel, mit Kugeln und einem Kreuze besetzt. Innen zeigt sich die kaiserliche Mitra (II, Taf. 17, 1). Albrecht II. und Friedrich III. führen, wenn man die von Blatt zu Blatt führenden Bügel als Ganzes betrachtet, eine ungefüllte Königskrone mit zwei Bügeln, die sich im höchsten Punkte kreuzen und mit einem Kreuze besetzt sind (II, Taf. 19, 7; 25, 1). Die Krone behielt diese Form bis zum Ende des römischen Reichs, nur hat sich in den späteren Darstellungen, etwa seit Anfang des 17. Jahrhunderts, die Mitra zur Mütze verflacht, die aber von jener die zweiteilige Gestalt behielt. Der Gebrauch, die Schilde mit Kronen zu versehen, kam erst unter Maximilian I. auf. Der freistehende (nicht im Schilde stehende) Doppeladler wird seit Karl V. von der Kaiserkrone überhöht. Wird der Doppeladler in einen Schild gesetzt, so fällt in amtlichen Darstellungen die Krone weg. – Seit Franz I. bedeckt den Schild der Königssiegel eine Krone, die von Karl dem Großen herrühren soll und zu den Reichskleinodien gehört, die die Kaiser aus dem luxemburger Hause der Reichsstadt Nürnberg zur Verwahrung anvertraut haben, aber längst nach Wien gewandert sind. Von gediegenem Golde, ist sie achteckig, indem acht goldene, an Scharnieren bewegliche Schildchen innen durch einen dünnen Eisenreifen verbunden werden. Das Innere ist durch eine rotsammetene Kappe ausgefüttert, die jedesmal dem Haupte des zu krönenden Kaisers angepaßt wurde. Die Krone besteht aus drei Teilen, dem eigentlichen Kronreif, zerlegbar in die acht rundbogigen Schildchen, dem lateinischen Kreuz, das das größere Mittelschild überragt, und aus dem goldenen Bogen, der die Krone von vorn nach hinten überspannt. Die Edelsteine, erhaben aufgesetzt und von künstlerischer Filigranarbeit umgeben, sind Saphire, Granaten, Smaragde, Amethyste und Rubine. Die vier kleineren Felder sind mit biblischen Darstellungen in Zellenschmelz (email cloisonné) gefüllt. Der die Krone überspannende Bügel trägt im Innern seiner acht Schildchen aus Perlen gebildet die Inschrift: Vorderseite: CHUONRADVS DEI GRATIA, Rückseite: ROMANORV IMPERATOR AVG. Aus der ganzen Arbeit ist zu schließen, daß das Stück, nicht wie die spätere Tradition will, der Zeit Karls des Großen zuzuschreiben, sondern ein Meisterstück der Goldschmiedekunst von sarazenisch-italienischen Künstlern des 11. oder 12. Jahrhunderts ist, dessen Anfertigung nach der Inschrift in die Regierungszeit Konrads II. (1027–1039) fällt. Eine heraldische Verwendung hat die Krone nur selten gefunden, und zwar erst auf den römischen Königssiegeln von Franz I., Josef II., Leopold II. und Franz II. (IV, Taf. 15, 1. 2; 36, 4; 44, 1; 48, 2), worauf letzterer 1804, nachdem er die „die auf Befehl Kaiser Rudolfs II. für den österreichischen Hausschatz verfertigte“ Krone zur österreichischen Erbkaiserkrone erklärt hatte (vgl. Beilage 2), die Reichskrone „Karls des Großen“ amtlich in den Wappengebrauch einführte.
  27. Vgl. II. 4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel.
  28. Als Schildhalter der Wappenschilde, ohne Adler, dienen den Erzherzögen unter Ferdinand I. zwei Greifen (III, Taf. 25, 1–3), sowie Greif und Löwe (III, Taf. 20, 1–3) und dann auch unter Ferdinand (III, Taf. 34, 2. 3. 10) und Karl II. (III, Taf. 35, 1. 2).
  29. Römer-Büchner, Der deutsche Adler 1858. – Seyler, Geschichte der Heraldik S. 6ff. – Hauptmann, Wappenrecht S. 243 ff. – Alfred R. Anthony v. Siegenfeld, Das Landeswappen der Steiermark 379ff. – E. Gritzner, Symbole und Wappen des alten deutschen Reiches 1902.
  30. Gritzner a. O. 31f.
  31. Mit einem goldenen Adler auf Schild, Helm und Decke bildete ihn Peter von Ebulo um 1195 in seinem Carmen in honorem Augusti ab (herausgeg. von E. Winkelmann 1874) Jahrbuch der Gesellsch. Adler 1897 S. 58, 62. – Gritzner a. O. 46.
  32. Jahrb. der Gesellsch. Adler 1909 S. 19.
  33. ich sprach, daz niene sah
    in iemens schilt dri lewen gar
    erschienen und ein halber ar (12354).

  34. Heinrich, der 1219 als neunjähriger Knabe zum Nachfolger seines Vaters gewählt und 1222 in Aachen zum römischen König gekrönt wurde, halbierte den Adlerschild mit einem silbernen Ankerkreuz in Rot. Es ist schon darauf hingewiesen worden (Seyler, Heraldik S. 283; Anthony v. Siegenfeld, Das Landeswappen der Steyermark S. 381; Jahrbuch des Adler 1895 S. 63), daß dieses Kreuz wahrscheinlich der alten Reichsfahne entnommen wurde, die nach vielen Zeugnissen ein Kreuz enthielt. Heinrich starb nach langer Haft im Kerker (1242). Dreizehn Jahre lang höchstens hat demnach dieser Wappenschild in Deutschland geglänzt. Dann sank er hin, um sich nie mehr zu erheben. Und dennoch hat er eine unvertilgbare Spur hinterlassen. Das ist das Stadtwappen von Memmingen. Gerade in der verhältnismäßig kurzen Zeit der Regierung des Königs Heinrich, der zugleich Herzog von Schwaben war, ließen die Bürger von Memmingen, das damals noch nicht reichsfrei, sondern eine herzoglich schwäbische Stadt war, sich ein Siegel stechen. Darein setzte man das Wappenbild des Landesherrn, des Herzogs Heinrich, allerdings in umgekehrter Stellung – das Kreuz rechts und den Adler links und weiter mit der Änderung, daß statt des halben ein ganzes Kreuz erschien. Vom Jahre 1230 haben wir den ältesten Abdruck. In der Folge wurde dann des Herzogs Wappen zu dem der Stadt (abgeb. N. Siebmacher I, 1, II, Taf. 1, 10). – Konrad, ein Sohn Jolanthes, der 1237 zum Könige von Deutschland gewählt wurde und 1254 als König von Sizilien starb, führte den Doppeladler mit einem nicht genau zu erkennenden Beizeichen zwischen den Köpfen des Adlers. – Heinrich, ein Sohn aus der Ehe Friedrichs II. mit Isabella von England, führte einen von England und Deutschland gespaltenen Schild, also genau das gleiche Wappen wie Otto IV. und auch aus dem gleichen Grunde, eine Vereinigung des Wappens der Mutter mit dem seinigen. – Und nicht nur die ehelichen, auch die unehelichen Söhne Friedrichs II. führten den Doppeladler. Enzio hat ihn in einen grün-golden gespaltenen Schild gesetzt, Manfred überdeckte ihn mit einem weißen Balken.
  35. Für Heinrich Raspe malt Matthäus zwei Wappen hin. Das erste ist seltsam: ein von Gold und Blau gestandener Schild, dessen Felder und Herzstelle mit je einem roten, weiß bordierten Ballen belegt ist. Ob Heinrich wirklich dieses Wappen zu Zeiten geführt hat? Überliefert ist es sonst nirgendwo. Und da Matthäus wohl keine Beziehungen zu Heinrich hatte, ist allerdings die Annahme nicht von der Hand zu weisen, dem sonst gut unterrichteten Chronisten habe hier keine zuverlässige Quelle zu Gebote gestanden. Das andere Wappen ist ein goldener Adler in Blau. Doch dürfte dieser als das Wappen der Pfalzgrafschaft Sachsen anzusprechen sein. Vgl. Posse, Die Siegel der Wettiner II., S. 7.
  36. Dem Gegenkönig Wilhelm von Holland gibt Matthäus zwei Wappen, von denen keines das Reichswappen ist. Das erste ist der rote Löwe in Gold der Grafen von Holland, das andere dürfte das Wappen der ihm gehörigen Grafschaft Seeland sein. Daß es nicht das von Wilhelm als König geführte Wappen ist, ergibt sich daraus, daß Matthäus beim Tode Wilhelms nicht diesen angeblichen [159] Königsschild, sondern das Wappen von Holland, und zwar mit der Königskrone malt. Vgl. a. Gritzner a. O. S. 63.
  37. Vgl. II. 4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel.
  38. Römer-Büchner a. O. 48.
  39. Joh. Rothe, Bibl. d. Stuttgarter liter. Vereins (1860) 53, 117 v. 681:

    Der keiser furit den adilarn,
    Daz der erstin herschild ist.
    Der konig muez sine stad bewarn
    Wo man des keisers vormist.
    Doch habin di am ein undirscheid:
    Des keisers sehit uf beide sitin,
    Des konigis sin houbit treid
    Also vor sich an einer litin.

  40. Gritzner a. O. 93.
  41. Gritzner a. O. 102.
  42. Erst im Jahre 1373 belehnte Karl IV. seine Söhne Wenzel, Sigismund und Johann mit der Mark Brandenburg, 1374 hob er die Belehnung wieder auf und vereinigte Brandenburg mit Böhmen. Dann trennte er Brandenburg von Böhmen und gab das erstere seinem Bruder Sigismund. Wenn aber Wenzel vor 1373 und, nachdem er deutscher König geworden, noch 1376 dieses Siegel gebrauchte, so kann an einen brandenburger Adler hierbei nicht gedacht werden.
  43. Abgebildet Gruber, Kurzgef. Lehrsystem 1789. Taf. II.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Vorlage: Portätsiege;
  2. Vorlage: nnd
  3. Vorlage: I, Taf. 1, 5
  4. Vorlage: I, Taf. 21, 1–4
Herstellung und Befestigung Nach oben Gebrauch mehrerer Siegelstempel
{{{ANMERKUNG}}}
  Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.