Die todte Hand

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Autor: Alfred Meißner
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Titel: Die todte Hand
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aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 422–424
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Reise-Erinnerungen aus Oesterreich
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[422]
Die todte Hand.
Reise-Erinnerung aus Oesterreich.
Von Alfred Meißner.


Eine Gesellschaft, aus Herren und Damen bestehend, war am Morgen eines schönen Sommertags durch ein langes quellreiches Waldthal gewandert und lagerte sich nun im Schatten der Kastanienbäume auf dem Abhang, wo die Front des Klosters T…, welches sie besuchen wollte, sich mit seinen grauen Mauern und seinem vorspringenden Dache auf’s Herrlichste präsentirte. Der Eindruck war ein so großartiger, daß das Gespräch eine Zeit lang verstummte und Aller Augen sich dem architektonischen Bilde zuwandten.

„Dieser merkwürdige Bau,“ sagte der ‚alte Herr‘, der in Historiographicis wohl bewandert, „stammt aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Ein Schafhirt, der hier bei seiner Heerde gewacht, war einer Erscheinung der Mutter Gottes gewürdigt worden, welche ihm ankündigte, daß sie hier eine Kirche wünsche, und als diese Kunde der Geistlichkeit der nahen Residenz zu Ohren gekommen, beeilte sich diese für den Bau einer solchen zu sammeln. Als derselbe stattlich in die Höhe wuchs, kam den geistlichen Herren der Gedanke, sich um einen Ablaß zu bewerben, der dann auch durch den ungeheuern Zulauf so einträglich wurde, daß sich bald Prälat, Pfarrer und Bischof um die baare Einnahme stritten. Es gab Zeiten, wo in einer Woche zwanzigtausend Wallfahrer anlangten, die Opferstöcke füllten und Messen bestellten, welche dann von den geistlichen Herren nach Gelegenheit und Gebühr gelesen wurden. Als, nach hundert Jahren, der Bau vollendet war, erschien der Fürstbischof persönlich zur Einweihung mit allen seinen Staatsministern, Kammerherren, Räthen, Köchen, Musikanten und Janitscharen, es wurde Tafel für fünfhundert Personen gehalten und man speiste von goldenem Geschirr. Das war ein Leben! Da entbrannte der deutsche Bauernkrieg; das Gnadenbild ließ die Frommen im Stich, den Herrn Prälaten traf, als die Bilderstürmer hereinbrachen, mitten in der Kirche der Schlag. Groß war der Verlust, den die Reformation dem Kloster brachte, allmählich erst hob sich die Saat wieder, die dies Hagelwetter verwüstet. Doch fünfzig Jahre später wurden wieder im Kloster viele Leute von den langwierigsten Krankheiten hergestellt, was einen neuen Zudrang zur Folge hatte. Alle Wunder wurden in ein sogenanntes ‚Wunderbuch‘ eingetragen. So geht es noch bis heute fort: Kirche und Kloster haben sich als Wallfahrtsort, Ziel für Lustpartieen und Hospiz für durstige Kehlen erhalten.“

„Die Geschichte, die Sie da erzählt,“ meinte der Doctor, „ist beinahe die Geschichte aller Klöster. Ueberall ist bei ihrer Stiftung, wofern diese in eine entlegene Zeit reicht, eine Madonnenerscheinung, ein Bild oder ein Brief, der vom Himmel gefallen, im Spiel, und der Erfolg davon ist wirklich mirakelhaft. So haben sich mitten in einer Welt, die in aller möglicher finanziellen Bedrängniß lebt und Schulden auf Schulden häuft, ungeheuere Schätze erhalten, welche ganz brach liegen, man müßte es denn für eine Wohlthat halten, daß, während man anderswo mit aller Anstrengung Spitäler, Schulen, Armenhäuser baut, hier ungeheuere Gebäude stehen, wo ein paar Mönche allerdings höchst angenehm leben und dabei gelegentlich für das Seelenheil der umliegenden Bevölkerung wirken. Erwägt man aber, wie schlecht diese Güter der todten Hand bewirthschaftet werden …“

„Also das nennt man Güter der todten Hand?“ fragte eine junge Dame. „Ich habe davon öfters gelesen und eigentlich nicht verstanden, um was es sich handelt. Aber der Ausdruck ist doch sehr schlecht gewählt. Wie kann man das eine todte Hand nennen, welche so tüchtig zugreift?“

Man lachte und der Doctor sagte: „Wäre ich Gesetzgeber, ich hätte diese todte Hand längst amputirt!“

„Sollte ein Eigenthum weniger verletzlich sein, weil es der Kirche gehört?“ fragte der Hofrath mit emporgezogenen Brauen.

„Individuelles Eigenthum und Kirchengut sind,“ erwiderte der Doctor, „jedenfalls etwas ganz Verschiedenes. Das eine ist [423] individuell, das andere corporativ, das eine kann vererbt werden, das andere nicht, das eine ist unbeschränkt, das andere ist nur zum Nutzgenuß seiner Mitglieder da. Ich schließe daraus, daß Kirchengut ein Gut der gläubigen Gesellschaft ist, dessen Umschmelzung die Gesetzgebung in’s Werk setzen kann, wenn es existirenden Bedürfnissen nicht mehr entspricht.“

„Die Absicht, etwas besser und richtiger anzuwenden, kann Niemand ermächtigen, etwas wegzunehmen, was ihm nicht gehört; wäre eine Stiftung noch so unsinnig, ich glaube nicht, daß es erlaubt ist, sie ihrem Ursprung zu entfremden.“

„Das wäre seltsam,“ erwiderte der Doctor; „der auf gewisse Zwecke gerichtete Glaube einer Zeit hat diesen Gütern den Ursprung gegeben; sie lebten, so lange diese Zwecke vorhanden waren, und sollten ein Ende nehmen, wenn der Glaube, der sie in’s Leben gerufen, stirbt. Wir müssen uns vor Allem fragen, welchem Zwecke noch der oder jener Orden dient. Dieser zum Beispiel widmete sich dem Loskauf von Christensclaven. Nun giebt es keine Christensclaven mehr, diese Mission ist also offenbar zu Ende. Ein anderer will die Pilger pflegen, die aus dem heiligen Lande kommen. Er findet solcher Pilgrime nicht mehr; damit er aber nach seinen Regeln lebe, kleidet er ein paar alte Männer in rothe Röcke und hält sie als Pfleglinge fest. Ist das Alles nicht sehr lächerlich? ein Pasquill auf die Zeit, in der wir leben und die sich eine aufgeklärte nennt? Ein dritter Orden widmet sich der Erziehung der Jugend. Das war herrlich, so lange in wilder Faustrechtszeit die Klostergeistlichkeit beinahe die einzige Hüterin der Wissenschaften war, jetzt hat es gar keinen Sinn mehr. Wie war es denn mit den Klöstern, als ein neuer Glaube sich geltend machte? Die Zeit der Reformation und die Periode der Aufklärung waren Zeiten der Säcularisationen. Und jetzt, da eine ungleich tiefere geistige Bewegung vorhanden ist und alle Bildungskreise sich dem Klosterwesen entfremdet haben, jetzt dürfte keine Säcularisation von Gütern, die sociale Güter sind, stattfinden und das muthige Wort nicht gesprochen werden, welches das alte Schatzhaus aufschließt und seinen Inhalt dem modernen Güterleben zurückbringt?“

Während der Doctor sprach, hatte eine mächtige Glocke im Thurme schon wiederholt angeschlagen, bald gesellte sich ihr eine zweite zu, daß die Luft von den mächtigen Tönen erzitterte. Zu gleicher Zeit ward in der Tiefe des Thales eine lange Procession von Landleuten männlichen und weiblichen Geschlechts sichtbar, die, ihre Fahnen und ihr Madonnenbild vorantragend, sich singend näherte. Plötzlich sah man den Zug vor einer breiten Carosse ausweichen, während alle Hüte vom Kopfe flogen. Der schöne Galawagen, von zwei starken Pferden gezogen, eilte die Anhöhe heran; ein feister, rothwangiger Herr blickte, den Gruß der Gesellschaft erwartend, heraus.

„Das ist der Weihbischof von …,“ sagte der Doctor; „er wird vermuthlich heute das Hochamt lesen. Der Curgebrauch von Kissingen hat ihm, wie ich sehe, nichts genützt. Sein Embonpoint ist derselbe geblieben.“

„Eine Persönlichkeit mit einem so vornehmen Gesichte,“ sagte der alte Herr, der zuerst gesprochen, „ist allerdings schwer als Nachfolger der Apostel denkbar. Christus meinte, sein Reich sei nicht von dieser Welt, und bei Matthäus heißt es: ‚Ihr sollt kein Gold und Silber in Eueren Gürteln führen, noch in Taschen auf dem Wege‘. Aber schon dreihundert Jahre später sehen die Dinge ganz anders aus. Constantin, durch Sylvester, den damaligen Papst, vom Aussatz gereinigt, schenkt diesem als ärztliches Honorar den Sitz seines Reiches, und nun behaupten die alten Kirchengelehrten, daß, wenn von diesem Reiche etwas abhanden käme, der ‚ungenähte Rock‘ zerrissen würde. Von da ab vergrößert sich das Reich und mehrt seine Schätze. Ganz Europa schießt bei, die Dotationen wachsen, der Papst wird ein Monarch, der in der ganzen Welt seine Steuereinnehmer hat. Erst jetzt – doch lassen wir die leidige Politik.“

Die Gesellschaft war unterdessen in den Klosterhof getreten, in welchem Procession um Procession anlangte. Die Muttergottesbilder, von kleinen, weißgewaschenen Mädchen zwischen acht und zwölf Jahren getragen – es sollten eigentlich Jungfrauen sein, – machten vor einander schöne Verbeugungen. Draußen tummelte sich das Volk vor den aufgeschlagenen Buden, zudringliches Bettelvolk verlangte Almosen mit dem Versprechen, für das Seelenheil der Geber zu beten.

Die Gesellschaft war im Begriff einzutreten, um den Versuch zu machen, ob man trotz des bestehenden Wirrwarrs Bibliothek und Schatzkammer ansehen könne, aber der Doctor war zum Mitgehen nicht zu bewegen.

„Ich habe,“ sagte er, „einen in clericalen Kreisen so berüchtigten Namen, daß ich es gar nicht wagen darf, mich hier sehen zu lassen. Ich wäre ein so unangenehmer Anblick in diesen Mauern, wie das Ferkel im Judenhause. Es könnte Ihnen Allen, aus dem bloßen Grunde, weil ich dabei bin, der Besuch verleidet werden, zum Mindesten würde Ihr Cicerone alle Naivetät des Vortrags verlieren, wenn ich als Beobachter dabeistände.“

„Alles dies zugegeben,“ war die Antwort, „wird man denn aber hier Ihr Signalement mit genauer Personbeschreibung haben?“

„Ein Zufall könnte zur Entdeckung führen; ein ehemaliger Schulfreund von mir ist Klostergeistlicher in diesen Räumen. Wenn ich richtig schließe, mag er ein rechter Fanatiker geworden sein, und ich möchte kein Rencontre mit ihm haben.“

Darauf war nichts zu erwidern, man ließ den Doctor allein und die Gesellschaft verschwand bald, von einem rothröckigen Sacristan geführt, im gothischen Thorweg. Noch einmal erschien sie, nachdem sie eine verdeckte Treppe hinangestiegen war, auf einer Plattform mit steinernem Geländer; die Damen winkten, daß sich’s der Doctor nochmals überlegen möge; dieser aber schüttelte den Kopf und schritt auf eine Umzäunung zu, hinter welcher grüne Wipfel hervorsahen und an heißen Tagen etwas Kühlung und Schatten versprachen.

Der Klostergarten, in welchen er trat, meist mit Gemüsebeeten bepflanzt, war klein und schlecht gehalten; der Doctor näherte sich einem waldähnlichen Gebiete, das auf- und absteigende Wege nach allen Richtungen durchschnitten. Hier war dem Baumwuchs alle Freiheit gelassen worden, es war eine grüne Wildniß emporgewachsen. Da stand ein alter Brunnen mit Statuen im Stil Bernini’s aus Sandstein gehauen, dort ein massiv plumper Tisch aus Stein mit im Kreis herumgestellten, von Moos überwucherten Bänken; es war fast das Einzige, was in diesem verwilderten Park noch an Menschen erinnerte.

Der Doctor hatte bereits einmal eine weiße Gestalt bemerkt, die, einen schwarzen Filzhut auf dem Kopfe, mit einem Buche in der Hand einen Waldweg ab und zurückging; plötzlich, bei einer Wendung, kam ihm die Gestalt entgegen, so nah, daß er ihr nicht mehr ausweichen konnte; der Mönch sah von seinem Buche auf, man erkannte sich beiderseitig.

„Welche Ueberraschung, Dich hier zu treffen!“ sagte Pater Sebastian.

„In der That, wir haben uns lange Jahre nicht gesehen.“

„In dieser Zeit bist Du nicht müßig gewesen, Deine Bücher –“

„Ich hoffe, sie sind Dir nicht zu Gesicht gekommen. Du hättest wenig Freude daran gehabt,“ sagte der Doctor nicht ohne einige Verlegenheit.

Der Mönch erwiderte nichts und schweigend gingen Beide eine Weile nebeneinander her. Endlich sagte der Pater: „Wir wissen, wie die Welt draußen denkt, Du sprichst in ihrem Sinne, giebst der allgemeinen Gesinnung Ausdruck – diese Gesinnung –“

„Hat ihre Berechtigung.“

„Wohl, wohl!“

„Ich hätte nicht geglaubt, diese Concession aus Deinem Munde zu vernehmen.“

„Und warum nicht? Wer sollte die Frage, ob Klöster etwas nütze sind, stellen, wenn nicht wir?“

„Natürlich bejahst Du die Frage nach allen Seiten hin …“

„Ich? Ich verneine sie auf’s Entschiedenste! Du wirst doch nicht in einem Kloster Vertheidiger des Mönchswesens suchen wollen? Diese findest Du nur an Höfen, im Salon hoher Aristokraten, vielleicht auch in manchen Hörsälen, wo auf den Kathedern noch immer Heuchler oder Phantasten sitzen, welche die ‚Wegthuung der Vernunft‘ empfehlen, aber nicht bei uns! Da ist fast Keiner, der nicht Mühe und Plage im bürgerlichen Leben diesem Leben im Käfig vorzöge.“

„Dein Orden gehört zu den gebildeten. Er bettelt nicht und legt sich nicht nutzlose Entbehrungen auf. Du wirst in den Büchern, in der Pflege einer Wissenschaft Erheiterung und Zerstreuung finden.“

„Ja, wenn wahre Wissenschaft im Kloster gedeihen könnte!“

[424] „Ei, ei,“ dachte der Doctor bei sich, „nun muß ich gar noch mildernde Umstände herbeibringen!“ Laut sagte er: „Ich gebe Dir Recht im Großen und Ganzen. Wahre Wissenschaft gedeiht besser in freier Luft und im praktisch gestaltenden Lebensverkehr, als hinter Klostermauern und hinter den verdüsternden Scheiben der Zelle. Dennoch sollte ich meinen, daß die Euch gegönnte Muße –“

„Nein, nein, diese Muße ist gar nichts werth. Diese Herbergen des Müßigganges haben gar keine Entschuldigung mehr. Welche wissenschaftliche That ist wohl seit Jahrhunderten aus einem Kloster hervorgegangen? Ich weiß keine. Das ganze mönchische Streben zielt von jeher nur auf todten Gedächtnißkram, auf den Nimbus von weltlicher Enthaltsamkeit und ist wenig mehr als ein leerer Schein. Wir leben im allerentschiedensten und dabei im ermüdendsten Müßiggang, und diesem Müßiggange wird, zur bitteren Verhöhnung der Vernunft, das Prädicat der Gottseligkeit beigelegt.“

„Mit solchen Ansichten mußt Du Dich allerdings hier sehr unglücklich fühlen und die Stunde beklagen, wo Du hier eintratest …“

„Meine Geschichte ist die vieler Anderer,“ erwiderte der Priester. „Wer zuerst das Tageslicht erblickte hinter den dicken Mauern eines Bauernhauses, dessen einziger Wändeschmuck Heiligenbilder waren; wer als Knabe im Herrn Beneficiaten den Inbegriff aller Größe und Gelehrsamkeit zu verehren gewohnt war; wer eine Mutter hatte, deren einziges Lesebuch die Legende der Heiligen war und die keinen höheren Wunsch kannte, als in ihrem Sohn einen Diener des Herrn zu sehen – nun, der kommt so herein, er weiß selbst nicht, wie! Mit zwanzig Jahren trat ich in’s Seminar. Zuerst fühlte ich mich unaussprechlich glücklich; ich glaubte, den Himmel auf Erden gefunden zu haben, aber dies dauerte nicht lange. Der Novizenmeister war das Muster eines Mönches. Er selbst hatte jede menschliche Regung in sich ersticken gelernt, er forderte ein Gleiches von uns. Ich war schon tief unglücklich, als die Zeit der Ablegung des Gelübdes herankam, aber wo sollte der junge Mensch, dem der Wille gewaltsam abgetödtet war, die zum Verlassen des Klosters nöthige Kraft der Entschließung finden? Ich legte das Gelübde ab. Im aufreibenden inneren Kampfe vergingen mehrere Jahre. Ach, wie viel Zeit und Kraftanstrengung ist nöthig, ehe sich ein Geist den Fesseln entwindet, die Erziehung und zum Glaubenssatz erhobener Wahn um ihn windet! Zuletzt glaubte ich doch herausgefunden zu haben, was die eigentliche Bestimmung des Menschen sei. Ich wendete mich um Rath an meine Collegen. Die wichen meinen Fragen aus, aber wie vielsagend war dieses Ausweichen! Kurz, allein habe ich gerungen, allein mich durchgekämpft, so daß ich nun, am Rande der dreißiger Jahre, das directe Gegenstück von dem bin, der ich mit zwanzig Jahren war; doch genug, ich hoffe, was ich Dir da gesagt, wird unter uns bleiben.“

„Gewiß, gewiß!“

„Seitdem begleite ich alle Anstrengungen Jener mit meinen besten Segenswünschen, welche daran arbeiten, die Bastillen zu brechen, in denen wir gefangen sitzen und die selbst zu zerbrechen wir zu schwach sind. Wenn sie einen Druck auf die öffentliche Meinung und durch diese auf die alten noch immer regierenden Gewalten üben, sind sie nicht unsere besten Wohlthäter? Meine Billigung hast Du und haben Alle, die Deiner Meinung sind, und für die heimliche Zustimmung der Mehrzahl meiner Mitgefangenen kann ich Dir bürgen.“

Eine Glocke rief und Pater Sebastian eilte mit raschem Abschied fort. Zugleich erschien die Gesellschaft, die den Doctor so lange allein gelassen hatte. Als dieser den lachend grünen Bergabhang hinabschritt, dachte er still bei sich: „Wenn selbst die nichts von Klöstern wissen wollen, die darin leben, wär’s dann nicht an der Zeit, daß man die ‚todte Hand‘ begrabe?“