Die unterbrochene Hinrichtung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Walther Kabel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die unterbrochene Hinrichtung
Untertitel:
aus: Das Buch für Alle, Illustrierte Familienzeitung, Jahrgang 1911, Achtzehntes Heft, Seite 407
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
Editionsrichtlinien:


[407] Die unterbrochene Hinrichtung. – Im Mai 1534 wurden in Soest fünf Bürger, darunter auch der Gerbermeister Johann Schlachtorp[WS 1], wegen eines ganz unbedeutenden Vergehens von dem Rat der Stadt zum Tode verurteilt. In der Bürgerschaft war es allgemein bekannt, daß die fünf Verurteilten unter den Ratsherren Feinde besaßen und nur unter dem Scheine des Rechts beiseite geschafft werden sollten. Trotzdem wagte niemand gegen das Urteil Einspruch zu erheben, da der Rat über eine starke Söldnertruppe verfügte.

Am 15. Mai 1534 sollte die Hinrichtung der fünf auf dem Marktplatze erfolgen. Der Gerbermeister Schlachtorp legte zuerst sein Haupt auf den Block. Das Schwert des Scharfrichters traf aber nicht den Hals, sondern die Schultern. Da erfaßte plötzlich Schlachtorp, den die furchtbaren Schmerzen zur wildesten Wut aufstachelten, mit seinen gebundenen Händen das Richtschwert, hielt sich damit den Scharfrichter und dessen Gehilfen vom Leibe und rief der tausendköpfigen Menge vom Blutgerüst herunter die Worte zu: „Soester Bürger wollt ihr sein! Und ihr laßt fünf ehrliche Männer von diesen Schuften umbringen! Schämt euch, Soester Bürger!“

Dieser Ruf verfehlte seine Wirkung nicht. Im Handumdrehen hatten sich die Leute bewaffnet, sprengten die Söldnertruppe auseinander und befreiten die Verurteilten. Leider waren Schlachtorps Wunden so schwer, daß er am 20. Mai trotz sorgfältigster Pflege starb.

Nie hat Soest ein Leichenbegängnis gesehen wie das seine. Auf dem Sarge lag das blutige Schwert. Der Sarg selbst aber wurde von den Mitgliedern des Rates getragen, soweit sie noch in der Stadt geblieben waren. Diese Sühne hatte die Bürgerschaft verlangt und auch durchgesetzt.

W. K.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gemeint ist wohl Johann Schachtrop, siehe Diskussionsseite.