Eigentliche und accurate Vorstellung Des neu angekommenen Asiatischen Wunder-Thiers Rhinoceros

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Eigentliche und accurate Vorstellung Des [...] neu angekommenen Asiatischen Wunder-Thiers Rhinoceros oder Nasen-Horn genannt, so in der Provinz Asem, unter dem Gebiet des Groß-Moguls gelegen gefangen worden
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Elias Baeck
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1747, ermittelt aus Inhalt
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Augsburg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

Eigentliche und accurate Vorstellung Des den 30. Octobr. A°. 1746. in der Kayserl. Residenz Stadt Wien um 11. Uhr vormitags auf einem

mit 8 Pferden bespanten Wagen, unter begleitung 8. Curassiers, wie auch zu München A°. 1747. den 11. Febr. um 1. Uhr auf einem mit 9 Pferden bespanten Wagen, neu angekommenen Asiatischen Wunder-Thiers Rhinoceros oder Nasen-Horn genannt, so in der Provinz Asem, unter dem Gebiet des Groß-Moguls gelegen gefangen worden.

Dieses Rhinoceros Nasen-Horn, oder wie es auch sonsten genennet wird, Elephanten:Meister, verdienet von Jederman gesehen oder betrachtet zu werden, weilen es wohl das erste von dieser Sorte ist so jemahlen, will nicht sagen in Teutschland, sondern gar in gantz Europa lebendig gesehen worden. Gegenwärtiges Wunder-Thier ist in Asia in der Landschafft Asem unter die Herrschafft des Groß-Moguls gehörig, mehr als 4000. Meilen von hier entlegen, mit Stricken gefangen, als zuvor die Mutter von den schwartzen Indianern, mit Pfeilen todt geschossen, und wellen es damahlen erst einen Monat alt gewesen, gantz zahm gemacht und gewöhnet worden, in denen Zimmern, wo Damen und Herrn gespeiset, zur Curiosität um den Tisch zu laufen. Anno 1741 da es drey Jahr alt war, ist es durch den Capitain Douvemout aus Bengala nach Holland überbracht worden.[1] Ob es gleich jetzo ohngefähr 8. Jahr alt, und bey 5000 Pfund oder 50. Zentner wieget, so ist es gleichsam doch noch ein Kalb, weill es noch viele Jahre wächset, wie dann diese Art Thiere auf hundert Jahre alt werden. Dieses Rhinoceros ist dunckel-braun, hat keine Haare, gleich wie der Elephant, doch an den Ohren und am Ende von dem Schwantze sind einige Häärlein; auf der Nase hat es sein Horn, welches krumm wie ein halber Mond, damit kan es die Erde viel geschwinder umgraben, als niemahls ein Baur mit dem Pflug thut, und wird dieses Horn in denen Kunst Kammern zur Rarität aufbehalten. Im lauffen ist dieses Thier ungemein schnell, kan im Wasser schwimmen und tauchen wie eine Endte, welches in betrachtung seiner Größe und schwere fast unglaublich scheinet. Sein Kopf ist nach und nach vorne zu spitzig, die Ohren gleich eines Esels, die Augen nach Proportion von dem grossen Thier sehr klein, und kan es nicht anders als über die Seite von sich absehen: die Haut ist, als ob sie mit Schilden gedeckt wäre, dieselben schlagen wohl eine Hand-breit über einander hin und sind zwey Zoll dicke. Die Füsse sind kurtz und dick, als wie des Elephanth versehen mit drey Klauen. Wann es vollkommen ausgewachsen, so ist es insgemein so groß, als ein mittelmäßiger Elephant. Wider disen hat der Rhinoceros von Natur eine unauslöschliche Feindschafft, dahero derselbe, wann er einen Elephanten antrifft, ihme mit seinem Horn unten den weichen Bauch aufreißet und also tödtet.[2] In denen Wüstenenyen Africae und an unterschiedene Orten in Asia, als in Bengala, Facatru [?] sind deren am meisten befindlich. Der Eigenschafft nach ist der Rhinoceros ein listiges und fröliches Thier auch über die massen sorgfältig vor seine Junge. Endlich ist anzumercken, daß gegenwärtige Nase Horn oder Rhinoceros zu seiner täglichen Unterhalt 60. Pfund Heu und 20. Pf. Brod frißt, auch 14. Aymer Wasser säufft.


So wunderbahr ist Gott in seinen Creaturen,
Man findet überall der Allmacht weise Spuhren.
Von so viel Tausenden ist keins so groß und klein,
Wo dessen Herrlichkeit nicht wird zu sehen seyn.
Betrachte dieses Thier, so du hier vor dir siehest,
Und mach den Schluß, ob du mit Recht dich nicht bemühest,
Im Buche der Natur nach Gottes Wunder-Macht
Zu forschen emsiglich sowohl bey Tag als Nacht.
Das Auge wundert sich, der Mund muß frey bekennen:
Gott ist wie Allmachts-voll so wundersam zu nennen.
Und dieses treibet uns zu dessen Lobe an,
Der wohl niemahlen gnug gepriesen werden kan,
Besonders wann man auch noch dieses hinzusetzet:
Gott hats gemacht, daß sich der Mensch darob ergötzet.

Augspurg, zu finden bey Elias Bäck a. H. Kupferstecher, wohnhafft auf dem Unter-Graben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Douwe Mout van der Meer (1704–ca. 1758) brachte 1741 aus Bengalen ein Nashorn namens Clara nach Holland, mit dem er anschließend erfolgreich durch Europa tingelte. Flugblätter wie das vorliegende wurden anlässlich der Vorstellungen als Andenken verkauft. Die Abbildung zeigt indes nicht das Nashorn Clara, sondern eine Nachahmung des berühmten Drucks von Albrecht Dürer. Das von Dürer irrtümlich auf dem Rücken angebrachte zweite Horn ist indes weggelassen. Ein Porträt Claras nach der Natur ist in einem Gemälde von Jean-Baptiste Oudry (1686–1756) erhalten; das spitze Horn auf dem Gemälde dürfte ein Zugeständnis ans Publikum gewesen sein, da das Rhinozeros unicornis aus Asien ein derartiges nicht besitzt.
  2. Die Annahme der Überlegenheit des Nashorns gegenüber dem Elefanten, aus der sich auch die Bezeichnung „Elefanten-Meister“ herleitet, gründete auf einer Darstellung von Plinius d. Ä., der diese von Agatharchides übernommen hatte, der wiederum das afrikanische Nashorn beschrieb. Das indische Nashorn jedoch, das ein eher verkümmertes Horn auf der Nase trägt, verteidigt sich mit den messerschafen Eckzähnen seines Unterkiefers, womit es dem Elefanten allerdings keinen lebensbedrohlichen Schaden zufügen kann.