Ein Lied hinterm Ofen zu singen

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Textdaten
Autor: Matthias Claudius
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Titel: Ein Lied hinter’m Ofen zu singen
Untertitel:
aus: ASMUS omnia sua SECUM portans, oder Sämmtliche Werke des Wandsbecker Bothen, Vierter Theil. S. 87-88
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1782
Verlag: beim Verfasser
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Erscheinungsort: Wandsbeck
Übersetzer:
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Originalherkunft:
Quelle: Google
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Kurzbeschreibung:
siehe auch Winter
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[87]
 Ein Lied

     hinter’m Ofen zu singen.

Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
Und scheut nicht Süß noch Sauer.

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War je ein Mann gesund, ist er’s;

Er krankt und kränkelt nimmer,
Weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs[1],
Und schläft im kalten Zimmer.

Er zieht sein Hemd im Freien an,

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Und läßt’s vorher nicht wärmen;

Und spottet über Fluß im Zahn[2]
Und Kolik in Gedärmen.

[88]
Aus Blumen und aus Vogelsang

Weiß er sich nichts zu machen,

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Haßt warmen Drang und warmen Klang

Und alle warme Sachen.

Doch wenn die Füchse bellen sehr,
Wenn’s Holz im Ofen knittert,
Und um den Ofen Knecht und Herr

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Die Hände reibt und zittert;


Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,
Und Teich’ und Seen krachen;
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
Denn will er sich todt lachen. –

25
Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus

Beym Nordpol an dem Strande;
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.

Da ist er denn bald dort bald hier,

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Gut Regiment zu führen.

Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und sehn ihn an und frieren.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vapeurs (frz., spr. wapöhr), Blähungen; üble Laune. Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 902
  2. Zahnfluß: rheumatische oder katarrhalische Zahnkrankheit, etwa „Zahnfluß und dicken Backen“ (Goethe). Quelle: Grimms Wörterbuch, Band 31, Sp. 165