Ein Spruch von den Tafelrundern

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Autor: Unbekannt
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Titel: Ein Spruch von den Tafelrundern
Untertitel:
aus: Hermann Menhardt: Ein Spruch von den Tafelrundern, in: PBB (Tüb.) 77 (1955), pp. 136-164. 316-332
Herausgeber: Hermann Menhardt
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Entstehungsdatum: wohl Ende des 15. Jahrhunderts
Erscheinungsdatum: 1955
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Spruchgedicht in 256 Reimpaarversen, das rund 160 literarisch bekannte Figuren insbesondere aus der Artusliteratur kurz charakterisiert
Handschrift: Wien Nationalbibliothek, Hs. 7692, Bl. 130v - 132vb (um 1510) Handschriftencensus
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[136]

EIN SPRUCH VON DEN TAFELRUNDERN


Wien Nationalbibliothek, Hs. 7692, Bl. 130v - 132vb

[130v]
Ain spruch von den taflrunder kunig, hertzog vnd furstn, grafn, herren, ritter vnd knechten, den tewristn so gelebt haben, die von frumen junckfrawen vnd frawen vil ritterschafft vnd manhait begangn habenn.



Kommentar (Wikisource)
Von Montschalfast der edl stam,

Wo der von erst sein vrhab nam,
Die templois vnd des grales schar,
Des solt ir ebn nemen war.

5
Es was vor zeiten vnd ye beuor

Von Capadocia Senabor
Mildt, getrew vnd tugentleich,
Eren vnd guetes so was er reich.
[Se]in edle frucht geriet nach dem stam,

10
Durch sein tugnt erhal sein nam

In allen lanndn sunder still:
Der edl vnd jung hies Parill;
Zu aller frumkait was er schnell.
Desselbn sun hies Titurell,

15
Der aller eren ain krone was.

Desselbn fraw ain[s] suns genas,
Der was genannt Titurisan.
Derselbig edl ain sun gewan.
Fri[mun]tell man denselbn hiess,

20
Der alle vntugent von im stiess.

Derselbig gewan sunder misswendt
Anfortas vnd Treferssendtt,
Die des grales kunig warn.
In denselbn zeitn vnd jarn

25
Entspross auch ain vil edler stam,

Des lob ward nie an eren lam.

[131r]
Dasselbig edl geslächt vil hoch

Des wirdt durch alle lanndt sich zoch,
Genant wurdens zu aller stundtt

30
Die tewristn von der taflrundt.

Morling des als ain anfang was.
Sein sun Vtpendragon gar sunder laus
[137] Von dem kam der edl Artaws.
Kain kunig gewan nie auf erd hof noch haws,

35
Der da het so gar ain durchleuchtigiss lob,

Es swebt ob allen wirdn ob.
Seiner tugent vnd wirdn was souil,
Das nyemant raichte auf sein zil.
Er het di tewrist ritterschafft,

40
Die mit manhait vnd mit krafft

In manichem lanndt vil preis erstritten,
Durch werde weib vil kumers littn.
Das was Gawein seiner swester sun,
Der alzeit kundt das pest wol thuen,

45
Wo man sein torfft zu rechter not.

Er felt manichn wundt, ettlichn tod.
Desgleich sein nef Melerantz
Vmb Didameyen, die im den krantz
Mit lob weiplicher eren trueg.

50
Segremors der erstrait eren genueg.

Von Kahafiess Ither, des hanndt
Den preis erstrait vber manig lanndt.
Kukumerlanndt sein erbe hiess.
Ain tewrer helt vnd werder fiess

55
Was Schienatulannder.

Was ainer sagt vnd der annder,
So erhal nie weiter kaines ritters krey.
Sigaun so hies sein zarte amei.
Auch von Walleis der kunig Gandein

60
Sein veindt in streit wol lernet pein.

Demselbn kunig auserkorn
Wurdn auch zwen sun geporn:
Galoes vnd Gamaret.
Vil ritterlicher eren staet

65
Was an den herrn baiden.

Nun wil ich euch beschaidn

[131va]
Wie es Gamarethen seid gelannckh,

Do er die kunigin von Zassamanckh
Erstrait mit ritterlicher wer

70
V[nd] Fridebrant vnd der Schottn her

Vnd Hutiger gesiget an.
Fraw Pelckan bey im gewan
Den tewren ritter Ferafiss,
Der was baide swartz vnd wiss,

75
Des begirdt rang ye nach frawn gepot.

Secureis [aus] Tribabilot
Vnd sein Arabadill
[138] Irer baider tochter Secundill
Ferafiss kron vnd lannde gab.

80
Hiemit las ich das ietzund ab

Vnd kum an Gamarettn wider,
Der mit seiner manhat sider
Erstrait die zarten frawen Hertznlaudt
Von Kanfolays, seines hertzn trawt,

85
Die auch bey im ains suns genas,

Der ritterschafft ain krone was:
Ich main den edln Parcifal,
Der mit vil not erstrait den gral
Vnd von Klamide vnd [K]unigrein

90
Von Perlapier die kunigein,

Die edl vnd schon Gundwiramurs,
In der dinst starb Schantiflurs,
Des tewren Kurnamanses paren,
Do er kam in irem dinst gefaren.

95
Bey Parcifalen peret sy zwai kind,

Die auch hie genennet sind:
Kardies vnd auch Lochagrim.
In eren ir lob mit mancher stim
Ir ritterschaft geriemet wardt.

100
Lochagrim erstrait die zart

Die edlen hertzogin von Prafanndt.
Die schoen fraw Els was sy genannt.
Er lost ir auf ir sorgn p[u]nt
Vnd bezwang ir veindt von Tel[ramunt]

105
Ich las euch wissn svnndr lass,

Wer mer zu taflrunde saß:

131vb
Eckunat von Berbester

Kain trew ward nie fester,
Als die im trueg Claudit sein raines weib,

110
Die im gab Kanadick, kron vnd leib

Vnd Gardeuia mit dem strangen,
Daraus vil vebls ist ergangen.
Zidegast mert auch wol ir schar,
Sein amey Orgelus die klar,

115
Daniel von dem pluemental

Vnd herr Wigamur, der manig qual
Laid durch die schoenen Dulceflor,
Darzue der stoltz Flordemor,
Ereck fil roy de Lack,

120
Eneyt sein amey, die ye phlag

Weiplich[er] eren zu aller zeit.
Lantzelet da manign streit
[139] Durch Iblis tet sein suesse amey
Vnd Libawt der furste frey.

125
Herr Barsiwe ist an der eren zal:

Er erstrait Pluben von Isafal;
Illenot vnd sein gespons Florey,
Walban vnd Orphilot, zwen degen schanden frey,
Dodinus der vnerforcht,

130
Her Wigeleys, der wunder worcht,

Der den wurm Pheton schlueg
Durch Larie, die im da trueg
Vil holdes hertz all ir tag.
Gugulais ir baider sun, der pflag

135
Mit manhat grosse ritterschafft.

Herr Iban, der mit heldes krafft
Felt bei dem brunnen den von Aschalun.
Lunet macht im darumb suen
Mit seiner frawen Laudamei.

140
Kaufferol mit dem pock der schandn frey.

Da was der reiche Gramoflantz,
Der manichn felt durch seinen krantz

132ra
Durch sein amey Ittania.

Der edl kunig von Hispania

145
Kaillet, der manichn preis gewan

Durch Rickhaude [vnd] Wellekan,
Gare[l] vnd hertzog Killan
Vnd der stoltz Ischkalaban
Vnd der trew Potislier,

150
Litschkoys vnd Turkoyt zwen degen zier,

Virgulacht vnd Kingrisein
Vnd kunig Grimisel der nefe sein,
Ysald von Irlanndt, Morholt der tewr heldt,
Den Tristranndt durch kunig Marckhn feldt,

155
Goeswein, der vil manlich fiess,

Der nackhet rait in wintters fries,
Tantarius der lobes schnell
Mit seiner amey Floribell.
Noch ist ir vil, tuen ich euch kund,

160
Die ausserhalb der taflrund

Nach ritterlichn eren strittn
Vnd vil not durch abentewr liten:
Kunig Appolonius von Tierlanndt,
Des preis man in di hohe panndt,

165
Durch das er Ytroganten schlueg

Vnd [Kolkan] den vngefueg
Durch Formosn vnd Zirilln.
[140] Vor aller not kundt in stilln
Lucina die vil tugentlich.

170
Palmer, Printzel, zwen furstn reich,

Walthesar, Glimode sunder twal
Erstrittn in sunder das guldn tal.
Vnd Ponthus von Galicia
Mit seiner schoenen Sydonia.

175
Piramus vnd Tisbe,

Den paiden geschach vor mynne wee.
Floyr, der es manlich wagt
Im rosenkarb vmb Plantzeflor di magt.

132rb
Amandu s, der verkeret wardt
180
Von mannes pild in weiplich art.

Von Orliens Wilhalm der furste klueg,
Der ain speer durch sein seittn trueg
Vnd ain stume was durch Amelein
Die suessn zarten wandelsfreyen.

185
Wilhalm von der gruenen haid,

Der vil not durch ain furstin laid.
Herr Wittich vom Jordan,
Mit dem aus der haidnschafft entran
Libanet in der cristen lanndt

190
Vnd verlies den haidn herrn P[e]li[an]t.

Der stoltz Wilhalm von Osterreich,
Aglay sein amey tugentlich,
Ains vil vmb das annder litten,
Manicher durch in wardt verschnittn,

195
Als er Walban vberwanndt

Vnd von Athenis herren Allianndt.
Auch hab wir Goetfridn von Prafandt
Der mit vil not erstrait das heilig lanndt
Mit seinem hergeferten herren Raymundt,

200
Thuet vnns sein kronick kundt.

So beschach dem edln kaiser Karl,
Kunig zu Frannckhnreich vnd zu Arel,
Vnd in svnnder ain romischer vogt.
Wie der mit her ward vberzogt

205
Zu manichm mal von den haiden,

Der mit streit kunde schaiden
Vom lebn, von kron vnd von lanndt,
[Seiner swester sun Ruelanndt,]
Turpin vnd auch Olifier,

132va 210
Walther, Naimis, zwen degen zier.

Raymundt ain edler furst gemaidt,
[Als er durch ainen wald rait,]
[141] Von geschicht zu dem prunen kam,
Da in von seiner swaer nam

215
Mellosina sein suesse amey,

[Si tet in aller sorgen frey.]
Bey ir er vil suen gewan:
Den kuenen Gofroy mit dem zan,
G[ui]ot den tewren von der art,

220
Der kunig in Armenia wardt.

Nach dem ward in mer ain sun geporen,
[Ain kueener held auserkorn:]
Vriens der mit ritterschafft
In Cippernn ain sig gesigt der haidnschafft.

225
Darumb im der kunig gab

Sein tochter Erminen, leit vnd hab.
Noch ward im sunder widerpardt
Ain sun geporn, der hies Rainhart;
Von Lutzlburg Cristina

230
Ward zu recht sein amya.

Darnach gepar sy im Anthonium,
Ain edln tewrn ritter frum,
Der mit mannes krafft erstrait
Die edln kunigklichn maidt

235
E[n]glatina in Behamerlanndt

Er lebt mit eren svnnder schanndt.
Der tewr Vlrich von Liechtnstain,
Der ye in rittersweis erschain,
Der mert auch wol der eren schar

240
Dan er was aller schandn par.

Auch habt ir offt gehoret das,
Wie die stat Troya belegert was
Durch die schoen frawen Helena.
Des verlos manicher sein lebn da:

245
Achilles vnd Patroclus,

Hector, Paris vnd Deiphobus,
Priamus, Helenus, Troylus,

132vb
Jason, Hercules, Peleius.

Noch manig held, der ich nit wil

250
Nennen, dann ir wurdt gar zu vil.

Dann solt ich euchs alle sagn
So kund ichs doch in dreyn tagn
Oder in ainer wochn
Nit haben ausgesprochn.
Dauon wil ich es lassn vnndterweg[n].

256
Got wel ir vnd auch vnnser phleg[n].


Z. 1: Montschalfast - Die Gralsburg Montsalvasche.


Z. 6: Von Capadocia Senabor - Vgl. Jüngerer Titurel 98: von Kapadoze ... Senabor, Ahnvater des Gralsgeschlechts.

Z. 12: Parill - Vgl. Jüngerer Titurel 99: ein sin sun Parille.

Z. 14: Titurell - Titurel ist im Jüngerer Titurel 173 der Sohn Titurisans. Vgl. Wolframs von Eschenbach 'Parzival' und 'Titurel'.

Z. 17: Titurisan - Vgl. Titurison, Titurisone (Jüngerer Titurel 100, 120), dort jedoch der Sohn Parilles und der Vater Titurels.

Z. 19: Fri[mun]tell - Frimutel, Sohn Titurels.

Z. 22: Anfortas vnd Treferssendtt - Anfortas und Trevrizent, die beiden Söhne Frimutels. Vgl. Wolframs von Eschenbach 'Parzival'.

Z. 31: Morling - Utependragons Vater heißt Brickus im 'Parzival' 56,16.

Z. 32: Vtpendragon - Utpandragon, Utependragon, Uther Pendragon; in der französischen und deutschen Artusepik Vater des Artus. Vgl. Wolframs 'Parzival' 56,12.

Z. 33: Artaws - Mhd. Artûs mit lautgesetzlicher frühneuhochdeutscher Entwicklung des û zu au.

Z. 43: Gawein - Artus' Neffe.

Z. 46: felt - fällte, warf nieder.

Z. 47: Melerantz - Titelheld eines Artusromans des späten 13. Jahrhunderts von dem Pleier. Am Ende des 15. Jahrhunderts nahm Ulrich Füetrer eine Nachdichtung des ‘Meleranz’ in sein ‘Buch der Abenteuer’ auf.

Z. 48: Didameyen - Tydomie in der einzigen überlieferten Fassung des Meleranz.

Z. 50: Segremors - Artusritter; auch Held eines (fragmentarisch überlieferten) mhd. Romans.

Z. 51: Von Kahafiess Ither - Ither von Gaheviez, vgl. Wolframs 'Parzival' 145,15; Vetter des Artus und König von Kukumerlant (vgl. Z. 53).

Z. 54: fiess - mhd. viez "Held, Teufelskerl".

Z. 55: Schienatulannder - Schionatulander, Tschionatulander, vgl. Wolframs von Eschenbach 'Parzival' und 'Titurel'.

Z. 58: Sigaun - Sigûne, vgl. Wolframs von Eschenbach 'Parzival' und 'Titurel'.

Z. 59: von Walleis der kunig Gandein - Gandîn, König von Wâleis, Parzivals Großvater im 'Parzival'.

Z. 60: lernet - im Sinne von "lehren".

Z. 63: Galoes vnd Gamaret - Galoes und Gahmuret im 'Parzival'.

Z. 68-74: Die Begegnung Gahmurets mit der Königin von Zazamanc, Belakane (Z. 72), sein Eingreifen in ihre Fehde mit Vridebrant und Hiuteger von Schotten (Z. 70, 71) und die Geburt ihres Sohns Feirefiz (Z. 73) sind im ersten Buch des 'Parzival' geschildert.

Z. 76-79: Secureis [aus] Tribabilot - Das Land der Königin Secundille heißt im 'Parzival' etwas abweichend Tribalibot. Die Namen ihres Vaters Secureiz und ihrer Mutter Arabadille sind erst Erfindungen des Jüngerer Titurel-Dichters.

Z. 83: Hertznlaudt - Herzeloyde, Königin von Kanvoleiz, Mutter Parzivals.

Z. 89: Klamide vnd [K]unigrein - Clamide und sein Seneschall Kingrûn bedrängen im 'Parzival' die Königin Condwiramurs (Z. 91).

Z. 90: Perlapier - Im 'Parzival' heißt die Stadt Pelrapeire.

Z. 92: Schantiflurs - Schenteflurs, Sohn des Gurnemanz (Z. 93).

Z. 97: Kardies, Lochagrim - Parzivals Zwillingssöhne heißen bei Wolfram Kardeiz und Loherangrîn.



Amen. — Actum anno domini millesimo quingentesimo undecimo.