Ein Zögling Karl August’s

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Autor: J. C.
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Titel: Ein Zögling Karl August’s
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aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 394–397
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Ein Zögling Karl August’s.

Wer von den geneigten Lesern einmal die Stadt Weimar gesehen hat, wird oft und gern an ihren schönen Park zurückdenken, an den sich so manche Erinnerung aus Deutschlands großer Dichterblüthe knüpft. Und wer den Park gesehen, wer vor dem bescheidnen Gartenhause Goethe’s großer Erinnerungen voll gestanden hat, der wird seine Schritte auch zu dem „römischen Hause“ gelenkt haben, einem kleinen Gebäude antiken Styles, welches schon von der nach dem Lustschloß Belvedere führenden Baumallee aus sichtbar ist. Hierher führe ich den Leser.

Es war ein heller Frühjahrsmorgen des Jahres 1823. Vor dem römischen Hause auf und ab ging ein großer stattlicher Mann, der trotz seines hohen Alters eine straffe und stolze Haltung hatte. Aus klaren und tief-ernsten Augen blickte er umher, die anmuthigen Parkanlagen betrachtend, die zumeist sein Werk waren. Zuweilen schweifte sein Blick nach jener Seite, wo das kleine Gartenhaus unter rauschenden Bäumen versteckt lag, in dem er vor langen Jahren seinen Liebesfrühling durchlebt hatte. Vielleicht auch lauschte er dem herannahenden Lenze, den er nun schon zum vierundsiebenzigsten Male begrüßte.

Da nahten sich Schritte auf einem der gewundenen Parkwege. Bald wurde der Herankommende sichtbar, ein junger Mann mit einer Mappe unter dem Arme. Mit freundlichem Kopfnicken begrüßte ihn der Greis und sprach: „Serenissimus sind noch nicht zu sprechen. Warte ein wenig.“ Nach kurzem Harren öffnete sich die Thüre, und Beide traten in das Zimmer und begrüßten ehrfurchtsvoll einen kleinen, aber kräftig gebauten alten Herrn, welcher am Fenster stand. „Serenissimus gestatten,“ sprach der Begleiter des jungen Mannes, „daß ich den jungen Maler vorstelle, von welchem ich Durchlaucht schon gesprochen habe.“

Mit prüfendem Blicke betrachtete Serenissimus den jugendlichen Künstler, welcher stumm vor ihm stand; dann entspann sich folgendes kurze Gespräch zwischen den Beiden:

„Bist Du es, der die Eisfahrt auf unserer Bilderausstellung gemalt hat?“

„Ja, Durchlaucht.“

„Wer ist denn der kleine Junge im Vordergrunde?“

„N. N. von hier.“

„Willst Du nicht einmal fort von hier?“

„Ich möchte gern nach Tyrol gehen, um dort Studien zu machen, allein mir fehlen die dazu nöthigen Mittel.“

„Oder möchtest Du nach den Niederlanden?“

„Auch das würde mir sehr lieb sein, aber freilich fehlt mir auch hierzu das Geld.“

„Du armer Kerl,“ war die Antwort, „dafür werde ich schon [395] sorgen. Geh’ nach Hause und mach’ Dein Bündelchen fertig – morgen früh geht’s fort!“

Die Audienz war zu Ende.

Und wenn unsre Leser noch nicht errathen haben sollten, wer die Persönlichkeiten waren, von denen wir soeben gesprochen, so wollen wir ihnen verrathen, daß es Goethe war, welcher, aufmerksam geworden auf das Talent des jungen Malers Friedrich Preller, denselben zu Karl August, seinem fürstlichen Freunde, geführt hatte, um ihn seiner Fürsorge zu empfehlen.

Friedrich Preller, 1804 in Eisenach geboren, war damals 19 Jahre alt. Bald nach seiner Geburt waren seine Eltern nach Weimar übergesiedelt, und seine Kinderzeit verfloß unter den bunten Eindrücken des wechselnden Kriegslebens, welches damals ganz Deutschland bewegte. Das Gymnasium besuchte er bis Obersecunda und wurde dann zu einem Jäger in die Lehre gegeben, bei welchem er jedoch nur ein Jahr blieb. Während er von frühester Jugend an entschiedenen Trieb zum Zeichnen gezeigt, auch schon als Gymnasiast die unter H. Meyer’s Leitung stehende Zeichenschule besucht hatte, so schien es doch bei den äußerst beschränkten Mitteln der Eltern nicht räthlich, ihn die sehr unsichere Künstlerlaufbahn ergreifen zu lassen. Allein das im engen Umgang mit der Natur verlebte Jahr reifte in ihm den Entschluß, sich trotz aller Hindernisse ganz der Kunst zu widmen, der Einfluß des Erbprinzen Karl Friedrich trug dazu bei, die Eltern günstig für diesen Plan zu stimmen, und so wanderte Friedrich Preller im Frühjahr 1820 nach Dresden, mit einer kleinen Summe Geldes, welche ihm das Illuminiren des Bertuch’schen Bilderbuches eingetragen hatte.

Ohne Empfehlungen und bei großer jugendlicher Schüchternheit verbrachte er zwei Jahre unter den Schätzen der Dresdner Gallerie, welche einst auch Winkelmann in die Welt der Schönheit einführten. Besonders waren es die Niederländer Ruysdael und P. Potter, mit denen er sich beschäftigte. In jener Zeit schloß er Freundschaft mit dem nun schon Heimgegangenen Ernst Rietschel, dem Kupferstecher Thäter, dem Maler Dräger u. A. Nach Weimar zurückgekehrt, malte er für Goethe Wolkenstudien und seine erste Composition, jene Eisfahrt, auf der er viele Portraits anbrachte. Dieses Bild hatte Karl August’s Aufmerksamkeit auf Preller gelenkt; Goethe’s Fürsprache kam hinzu, und die Folge davon war das oben mitgetheilte Gespräch.

Nach ernster Ueberlegung nahm Preller das Anerbieten des trefflichen Fürsten an, und am andern Morgen ging die Reise fort. Karl August machte seine Reisen mit sehr bescheidenen Mitteln. Er selbst fuhr in einer alten stark stoßenden Reisekalesche, welche nicht einmal eine Bedeckung hatte. Wenn es regnete, so wickelte sich „der Alte“ in seinen weiten Husarenmantel, drückte die runde grüne Mütze, die er stets trug, auf die Stirn und ließ nun den Regen machen, was er wollte. Ein zweiter Wagen enthielt sein Gefolge. Bequem war mithin die lange Fahrt keinesweges, aber desto lehrreicher und fruchtbringender. Denn mit einer wahrhaft herzlichen Aufmerksamkeit sorgte der edle Fürst dafür, daß, wo es etwas Lehrreiches, Interessantes zu sehen und zu hören gab, Halt gemacht wurde und sein Schützling davon Kenntniß nahm. Und als in Gent Preller vierzehn Tage krank darnieder lag, verschob er die Weiterreise und bewies ihm eine wahrhaft rührende Sorgfalt. Endlich kamen sie in Antwerpen an, und Preller wurde Van Bree, dem verdienstvollen Director der dortigen Kunstakademie, übergeben.

Die zwei Jahre seines Antwerpener Aufenthaltes verstrichen ihm schnell. Sie sind von entscheidender Wichtigkeit für seinen Künstlerberuf geworden. Der ganze Unterricht war auf genaues Studium der Antike, des menschlichen und des Thierkörpers gerichtet, und diese genaue Kenntniß der belebten Natur, welche so vielen Landschaftsmalern abgeht, hat für Preller später unberechenbaren Nutzen gebracht. Seiner kernig tüchtigen Natur schadete die scharfe Zucht nichts, die daselbst gehalten wurde, und gewiß nicht mit Unrecht darf man es diesem Unterricht zuschreiben, daß er Zeit seines Lebens mit so großer Energie auf emsiges und gewissenhaftes Studium beim Künstler achtete und der Ueberwindung technischer Schwierigkeiten mit einem nie ermüdenden Eifer entgegentrat. Wie er im Innersten seines Wesens an die herrlichen deutschen Künstler des Mittelalters erinnert, deren Kunst im schönsten Sinne aus der strengen Zucht des Handwerks sich herausentwickelt hat, so dürfen wir diese Antwerpener Zeit mit Fug und Recht seine Lehrlingszeit nennen, in der weder der harte Lehrmeister am Tage, noch der sprudelnde Uebermuth am Feierabend fehlte. Antwerpen weiß noch von den tollen Streichen der damaligen Kunstschüler zu erzählen, welche als lärmende und tobende Schaar durch die Straßen zog, wenn die Feierstunde schlug, und vor denen die ernsthaften und ruhigen vlämischen Bürger hastig ihre Läden und Hausthüren schlossen.

So trefflich aber der Unterricht war und so sehr Preller das würdigte, so erwachte doch allgemach in ihm der Wunsch die vlämische Ebene zu verlassen, um nach dem Lande der Sehnsucht aller wahren Künstler zu eilen. Nachdem er zu dieser italienischen Reise die Genehmigung Karl August’s erlangt hatte, ging er 1825 über Weimar, München, Salzburg, Tyrol und Venedig nach Mailand, verbrachte dort fast zwei sehr schwere Jahre, gequält von Krankheit und von Mißstimmung über viele Hindernisse, die seinem künstlerischen Streben entgegentraten, und gelangte endlich im Jahre 1827 nach Rom.

Dort waren damals die besten Helden der vor wenigen Jahren neuerstandenen deutschen Kunst versammelt. An sie schloß Preller, ein gleichstrebender und ebenbürtiger, sich an. Mit Thorwaldsen, Cornelius, Overbeck, Steinle und Reinhardt wurde er bekannt und befreundet. Vor Allem aber war es der unübertreffliche Landschaftsmaler Josef Anton Koch, an den er sich anschloß. Koch war es, der zuerst wieder auf den Bau der Landschaft, auf das Terrain achten lehrte, und während seine Vorgänger zumeist durch die Vegetation, durch die Luft- und Lichteffecte zu wirken suchten, so führte dagegen er die Landschaft wieder auf ihre organische Basis zurück, auf den Erdboden. Um dies recht würdigen zu können, vergleiche man seine Landschaften mit denen des Rococo und der Zopfzeit: man wird erstaunen, bei den letzteren meist flache, unbedeutende und verschwommene oder groteske und barocke Terrainformen zu finden, bei der Rückkehr zu Koch dagegen den tiefen Unterschied zwischen echter und zwischen gesunkener Kunst lebendig empfinden. Dies Alles sind Vorzüge, welche in Koch’s innerstem Wesen wurzeln und welche im unlösbarsten Zusammenhange mit der Gesammtrichtung seiner Kunst stehen, die die neuere Zeit mit dem Namen der historischen im Gegensatze zum Genre bezeichnet hat. Wir werden hierauf bei der Schlußbetrachtung über Preller’s Thätigkeit noch einmal zurückkommen. Denn er wie kein Anderer ist würdig, der Nachfolger und Vollender von Koch’s Werk genannt zu werden. Die Zeit seines Aufenthalts in Rom verstrich ihm schnell; aber als er 1831 nach Weimar zurückkehrte, kam er wieder als Künstler, gereift und gefestigt in seiner Bahn und erfüllt mit dem Bewußtsein eines hohen Zieles, dem er von da an unermüdet nachgestrebt hat.

Karl August war zu seinen Vätern heimgegangen. Den greisen Goethe traf Preller noch am Leben. Sein Sohn, August Goethe, war in Rom in Preller’s Armen gestorben. Und nicht lange darauf sollte Preller die Züge des ehrwürdigen Dichters selbst zum letzten Male sehen. Er erhielt auf seine Bitte die Erlaubniß, Goethe’s Kopf im Tode zu zeichnen. Auch er, wie Alle, denen dieser Anblick vergönnt war, versichert, daß diese Züge noch im Tode einen unbeschreiblich schönen friedlichen und großen Ausdruck gehabt haben. Eine Bause dieser Portraits ist später wider Preller’s Willen veröffentlicht worden. Bettina von Arnim ließ sie vor ihren „Briefwechsel“ in Kupfer stechen.

Für Preller begann nun eine glückliche Zeit. Nachdem er eine sehr bescheidene Anstellung am Weimarischen Zeicheninstitut erhalten und außerdem mehrere Bestellungen von der hochherzigen Großherzogin Maria Paulowna bekommen hatte, führte er seine Braut heim, und es erblühte ihm ein schönes und gesegnetes Familienleben. Zunächst verarbeitete er in einer Reihe von Bildern die im Süden gewonnenen Eindrücke. Aber bald fühlte er das Bedürfniß einer immer lebendigen Naturanschauung, und da er vorläufig nach dem Süden nicht zurückkehren konnte, so wandte er sich mit voller Energie der nordischen Natur zu, für welche er auf verschiedenen Reisen in Norwegen und Rügen Studien machte. Wichtig und anziehend zugleich aber ist es für seinen Entwickelungsgang, daß die Anfänge zu dem Hauptwerke seines Lebens bereits in jene Zeit zurückgreifen, indem er schon damals einen Cyclus von Landschaften zu Homer’s Odyssee für seinen Freund Dr. Härtel im sogenannten „römischen Hause“ in Leipzig al tempera malte. Zeugen seines umfassenden künstlerischen Schaffens sind außerdem das von ihm mit Scenen aus Wieland’s Werken geschmückte Wielandzimmer im Weimarischen Schlosse; eine große Anzahl meist im Privatbesitz befindlicher vorzüglicher

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Friedrich Preller.

Landschaften, worunter viele Seestücke, sowie eine Menge von trefflichen Aquarellen, Sepia-, Tusch- und Kohlezeichnungen. Auch radirt hat er eine Zeit lang mit eben so viel Eifer, als Erfolg.

So fließt sein Leben in rastloser Thätigkeit dahin. Was den Menschen beglückt, ward ihm zu Theil, ein gesegnetes Familienleben, dem leider der Tod jüngst eine schwere Wunde schlug. Die Liebe seiner Freunde und die Verehrung seiner Schüler bleibt ihm treu und fest zugewandt; was den Künstler ehrt und schmückt, ist ihm in reichem Maße beschieden, eine vollkräftige Wirkung auf ein Publicum, welches für das wahrhaft Große in der Kunst empfänglich ist. Und so schauen wir den Meister an und ehren vor Allem Eines in ihm: die ernste Arbeit, der er sein Alles zu verdanken hat. Er wie Wenige gehört zu denen, welche das Wort des Dichters zum Wahlspruche genommen haben: „Was du hast – erwirb es, um es zu besitzen.“

Warum wir aber gerade jetzt diese Worte geschrieben haben, denen wir freundliche Aufnahme von ihren Lesern wünschen? Wir möchten sie betrachten wie den Zimmermannsspruch bei dem Aufrichten eines neuen Gebäudes. Der Meister hat jetzt ein Werk vollendet, welches wir recht eigentlich als den Gipfelpunkt seines künstlerischen Thuns bezeichnen müssen; das deutsche Volk auch in weiteren Kreisen auf dieses Werk, welches jetzt in Deutschland die Runde macht, hinzuweisen, und hiermit dieser Schöpfung einen bescheiden-herzlichen Geleitspruch mitzugeben, war unser Zweck.

Der kunstsinnige Enkel Karl August’s, Karl Alexander, hatte bei Preller für das neuzuerbauende Weimarische Museum einen Cyclus von Landschaften zur Odyssee bestellt, welche in einem der Säle al fresco ausgeführt werden sollten. Preller hatte seine obenerwähnte erste größere Arbeit, welche denselben Stoff behandelte, nie ganz aus den Augen gelassen. Im Jahre 1855 hatte er neue, zum Theil umgearbeitete Zeichnungen darnach gefertigt, welche in Berlin, Brüssel, Antwerpen und auf der großen Münchener Ausstellung von 1858 das außerordentlichste Aufsehen erregten und in mehrfachen photographischen Wiedergaben verbreitet sind. Den fürstlichen Auftrag ergriff er mit der ganzen jugendlichen Kraft seines künstlerischen Vermögens. Er ging 1859 noch einmal nach Italien. Dort und nach seiner Rückkehr in Weimar entstanden die sechszehn Cartons zu den Odysseebildern, große Kohlenzeichnungen, welche sowohl für sein Schaffen, als für die gesammte moderne Landschaftsmalerei als Gipfel angesehen zu werden verdienen.

Wir erinnern hier an das, was wir zur Charakterisirung Koch’s gesagt haben. Eine großartige Leistung der historischen Landschaft steht vor uns, welche im Gegensatze zur einfachen Vedute oder der genrehaften Naturdarstellung die Natur nachbildet, wie sie frei von den Zufälligkeiten des Augenblicks sein würde, wenn das Princip der Schönheit ungetrübt in ihr schaffend und bildend gewesen wäre. Diese idealen Landschaften gestalten sich um verschiedene Scenen aus dem großartigsten und in sich geschlossensten aller Heldengedichte. Die schönsten Momente aus diesem „Liede des Heimwehs“, wie es ein neuerer Dichter genannt hat, treten vor unser Auge; vom Abzuge [397] von Troja bis zum Wiedersehen des greisen Vaters Laertes folgen wir dem „herrlichen Dulder Odysseus, dem vielgereisten“; wir begleiten ihn zu den Kämpfen mit unwirthlichen Bewohnern fremder Küsten und dem tückischrohen Cyclopen, zur listigen Zauberin Kirke, in die Schrecken der Unterwelt hinab; wir sehen ihn dann, nachdem alle Gefährten umgekommen, einsam auf der Insel der Kalypfo und in den tobenden Fluthen des Meeres durch die Göttin Leukothea gerettet; wir folgen ihm auf das reizvolle Eiland der Phäaken und lauschen seiner Begegnung mit der Königstochter Nausikaa, wir geleiten ihn endlich zu seiner heimathlichen Felseninsel Ithaka.[1] Und mit dem unendlichen Wechsel der dargestellten Begebenheiten wechselt auch das Wesen der Landschaft, welcher hier weiter nachzugehen zwar sehr anziehend sein, aber doch zu weit führen würde.

Uns bleibt nur noch Eines zu sagen übrig. Wir gedenken des Umstandes, daß Goethe es war, der den Mann, dessen kernige Züge wir heute in gelungener Nachbildung den Lesern der Gartenlaube vorführen, bei den ersten Schritten auf seiner Künstlerlaufbahn mit Rath und That unterstützte, daß er es war, der ihm bei seiner ersten Reise nach Italien einen weisen Reisesegen bezüglich der beiden Meister Claude Lorrain und Poussin mitgab.[2] Und so wenig es uns beikommen kann, diese zwei so ganz verschiedenen Naturen zu vergleichen, so muß uns doch eine Aehnlichkeit zwischen Beiden auffallen. Wie Goethe im Verlaufe seiner ganzen Bildung sich der Antike mit immer größerer Vorliebe zuwendete, wie ihm insbesondere nach seiner italienischen Reise mit einem Zauberschlage das Verständniß der reinen Formenschönheit des Südens aufging, so sehen wir auch bei Preller, dem bildenden Künstler, einen ähnlichen Entwickelungsgang in den Odysseecartons zum Abschluß gebracht. Es giebt so Manche, welche bei Goethe über diese Wendung klagen und uns glauben machen wollen, seine deutsche Natur habe dabei Einbuße erlitten. Wir zählen uns nicht zu diesen Unzufriedenen; doch wollen wir hier nicht mit ihnen rechten. Aber wie dem auch sein möge: die Betrachtung von Preller’s Landschaften wird lehren, daß sein deutscher Sinn nur desto reiner und fester aus dem südlich-antiken Stoffe hindurchleuchtet. Gegenüber den meist schalen und schwachen Kunstprodukten unserer heutigen romanischen Zeitgenossen empfinden wir es mit Stolz, daß er der Unsere ist; wir können seinen Schöpfungen mit Recht nachrühmen, daß sie

Des Italieners feurig Blut,
Des Nordens Daurbarkeit
in sich tragen, und wir freuen uns, daß nicht erst eine gerechte Nachwelt, sondern schon die dankbare Gegenwart Friedrich Preller zu den ersten deutschen Künstlern rechnet.
J. C. 

  1. Denjenigen unserer Leser, welche sich beim Betrachten der demnächst auch photographirt erscheinenden Cartons über die einzelnen dargestellten Scenen genauer unterrichten wollen, empfehlen wir als willkommenen Führer eine kleine Broschüre: Friedrich Preller’s Odysseelandschaften, Leipzig 1863.
  2. Vergl. Eckermann, Gespräche mit Goethe.