Ein deutscher Gruß von Australien her

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Textdaten
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Autor: Julius Ferdinand Berini und Redaction der Gartenlaube
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Titel: Ein deutscher Gruß von Australien her
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 699–700
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Ein deutscher Gruß von Australien her.

Im Sommer dieses Jahres lief die Nachricht durch die Zeitungen, daß den verdienstvollen deutschen Arzt Dr. J. F. Berini zu Brisbane in der australischen Colonie Queensland der schwere Unfall betroffen habe, daß er und seine Gattin, an einem heißen Märzabend in ihrem Garten sitzend, von ihrem großen Haushund plötzlich angefallen und mit vielen Bissen verwundet worden seien. Kurze Zeit vorher hatte Herr Berini uns durch Einsendung eines Briefs erfreut, aus welchem das Nachstehende gewiß auch die Theilnahme unserer Leser zu fesseln geeignet sein wird.

Unter der Datumangabe, 28. Januar 1868, heißt es: „Hoher Antipodal-Sommer, Thermometer heute im Schatten hundertunddreizehn Grad Fahrenheit, Sonne hundertneunundfünfzig Grad, gehirnausdorrende Hitze.“ Der Brief lautet dann:

„Verehrter Herr Keil!

Ihnen und der ganzen Gartenlaube den herzlichsten Glückwunsch! Herr Professor Dr. Bock war so freundlich, mir unter Anderm mitzutheilen, daß es Sie freuen würde, von mir Einsendungen über meine seither in fremden Ländern gesammelten Erfahrungen zu erhalten. Ich bin gern bereit, obschon nicht Schriftsteller von Profession, Ihnen mit meinen schwachen Kräften zu dienen, jedoch bitte ich um Geduld und Nachsicht. Material ist genug vorhanden, nur muß es vorher geordnet und genießbar gemacht werden, ehe es geeignet ist, seinen Weg in die Oeffentlichkeit durch die Vermittelung eines so weitverbreiteten Blattes, wie die Gartenlaube, zu nehmen. Ich verweile ja selbst so gern im Schatten derselben und halte es schon deshalb für eine Pflicht, ein neues bescheidenes Pflänzchen zu ihrer Vermehrung dort einzustecken. Für jetzt, lieber Herr Keil, wollen Sie mich durch die Beilage, beziehungsweise einen gelungenen Holzschnitt derselben in Ihr ausgedehntes Blatt, dessen Lesern vorstellen, vorausgesetzt, daß Sie es der Mühe werth halten, einen Mann dort einzuführen, welchem es seither weniger darum zu thun war, Lorbeeren in der Oeffentlichkeit zu suchen, als vielmehr möglichst ungekannt in seiner Eigenschaft als Naturforscher, zunächst im Reiche der Fauna und Flora Australiens, seinen eifrigen Studien obzuliegen.

Wenn sich Ihre freundlichen Leser die Mühe nehmen wollen, mich in den unwirthlichen und unwegsamen, aber nichts destoweniger schönen Urwald Australiens zu begleiten, so sollen sie reichlich entschädigt werden für ihre Mühe, denn ich will sie führen an Stellen, wo das staunende Auge an der Pracht und Majestät der ewig schaffenden Natur kaum sich satt sehen kann. Weil ich aber gedenke, einen gar weiten Gang mit ihnen zu thun, der sie am Ende doch allzu sehr anstrengen dürfte, so werde ich sie zur Erholung von den mannigfachen Mühen und Strapazen an der Hand geleiten zu einem gar traulichen Punkte am Ocean. Daher sei Ihnen, werthester Herr Keil, für die Gartenlaube mit meinem nächsten Briefe versprochen: ‚Ein Stück australischer Urwald‘, und ‚Ein lauschiges Plätzchen am stillen Meere.‘ Wenn auch diese Abhandlungen nur schwache Streiflichter in die großartige Werkstätte der Natur erzeugen werden, so möchten sie doch Manches ziemlich klar enthüllen, was bis jetzt in diesem noch so wenig erforschten Lande dem Auge tief verborgen lag. Es ist schwer, hier die Natur zu belauschen, hier ihr abzuringen, was sie seit so vielen Jahren vor den Menschen geheim gehalten, denn es ist wahrlich kein Spaziergang, in Australiens Busche sich näher umzusehen und einzudringen in seine mit jedem Jahre mehr sich entfaltende Schönheit und Größe. Daß die letzte Expedition zum Zwecke der Constatirung des Schicksals Ihres verdienstvollen Landsmannes Leichhardt auch wieder gänzlich fehlschlug, werden Sie bereits durch englische Blätter wissen, und ich glaube, daß Sie gewiß auch meine Ansicht theilen, er werde gleich Burke und Wills sein Ende gefunden haben und in Queenslands Erde den Schlaf der Ehre und des in größter Uneigennützigkeit errungenen Ruhms schlafen.

Alle Skizzen, die ich Ihnen seiner Zeit übermachen werde, basiren sich durchweg auf Selbstgesehenes und Selbsterlebtes, und [700] meine Illustrationen sind photographisch direct der Natur entnommen. Es wird kaum nöthig sein, Ihnen als Fachmann zu bemerken, wie schwer, ganz abgesehen von den außerordentlichen Kosten, es ist, den Apparat in solchen Fällen an Ort und Stelle zu schaffen und namentlich die Schwarzen zu veranlassen, auch nur für einen Moment stille zu halten. Eine gelungene Probe davon liefert Ihnen die beigehende Photographie, welche meine Wenigkeit inmitten eines Theiles meines Gefolges darstellt. Die australischen Wilden dieses Bildes gehören zwei verschiedenen Stämmen an, von welchen der eine dem Gebrauch huldigt, den Oberkörper mit einer besondern weißen Farbe, die aus einer fetten Erdart zu bestehen scheint, zu bemalen, während der andere, mehr kriegerischer Natur, sich in seinen eigenthümlichen Waffen übt.

Dr. Berini mit seinem Gefolge im Busch.
Nach einer Photographie

Der mit dem Speer Bewaffnete ist eine Art Häuptling, der neben ihm Stehende ein verwundeter Krieger. Der Korbträger auf dem Bilde ist von mir und meiner Frau nur als der ‚Uebergang‘ bezeichnet, denn denkt man sich ihn zwischen einen ausgewachsenen Chimpanse und den eigentlichen homo sapiens und zieht des Schwarzen eigenthümliche Bewegungen, seine Art und Weise des Sitzens und des Gehens, hauptsächlich aber die affenähnliche Manier, seine Nahrung zum Munde zu führen, in Betracht, so ist in der That die ‚Transition‘ fertig. Der Korb selbst, zur Aufnahme von Nahrungsmitteln (nur Wurzeln und rohes Fleisch) bestimmt, ist äußerst künstlich aus einer gewissen Pflanzenfaser geflochten. Als zweites Curiosum darf ich nicht vergessen, hier einzuschalten, daß der Schwarze, welchem ich auf dem Bilde die Hand auf die Schulter lege, genau das Gewicht (selbstverständlich das physische) eines Jahrganges der Gartenlaube kennt, da er oft beauftragt ist, mir solche auf nicht zu entfernte Stationen, um die Monotonie des Busches einigermaßen zu heben, nachzutragen, und kann mit seinen Collegen kaum begreifen, was für einen Affen ich an den dicken Büchern gefressen! – Wie werden aber die Kerls, beziehungsweise ihre Fratzen grinsen, wenn sie ihr wohlgetroffenes Ebenbild selbst in der Folge darin sehen! Es ist, lieber Herr Keil, ein nicht ganz unbeachtenswerthes, im Gegentheil, ich möchte sagen, erhebendes Factum: die Gartenlaube inmitten des australischen Busches und Urwaldes beim Lagerfeuer der Eingeborenen! Weiteres der Zukunft, d. h. meinem Nächsten aufbewahrend, erlaube ich mir noch schließlich anzuführen, daß ich bis jetzt in Bezug auf meine Erfahrungen im Auslande noch nichts in deutsche Blätter schrieb, die Gartenlaube also das erste Blatt ist, dem ich jene übergebe. Unter Bezeigung vorzüglicher Hochachtung grüße ich Sie innig, hinüber über’s weite Meer,

Ihr Ergebener Dr. Berini.“ 
Soweit unser trefflicher Gewährsmann und Freund der Gartenlaube auf der andern Seite unserer Erdkugel. Da wir seinen gegenwärtigen Aufenthalt nicht kennen, so bringen wir ihm auf diesem Wege unsern Dank und Gruß und bitten ihn, die oben versprochenen Mittheilungen recht bald an uns gelangen zu lassen.
D. Red.