Ein deutscher Trollhätta-Canal

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Autor: R. Richter
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Titel: Ein deutscher Trollhätta-Canal
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 26–29
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Elbing-Oberländischer Kanal
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Ein deutscher Trollhätta-Canal.

So nannten wir in Nr. 42 des Jahrg. 1862 der Gartenlaube ein deutsches Meisterwerk der Wasserbaukunst, und zwar mit Unrecht, denn selbst dieses berühmte schwedische Weltwunder übertrifft es nur in seinen Dimensionen, erreicht aber keineswegs die Großartigkeit des Gedankens, der den Elbing-Oberländischen Canal der Provinz Preußen in’s Leben rief. Denn während der Trollhätta-Canal nur aus Schleußenwerken besteht, bewältigt unser deutsches Canalwerk seine schiefen Ebenen mit Hülfe der Eisenschienen, auf welchen riesige Wagen unsere Schiffe von 1200 Centner Last über eine Höhe von mehr als 300 Fuß von Wasser zu Wasser tragen. Wir haben ein Recht, unseren Elbinger Canal ein Bauwerk zu nennen, das von keinem zweiten in der Welt übertroffen ist, denn selbst der Morris-Canal in Nordamerika, dessen Einrichtung dem unsern zum Muster diente, schadet dem Ruf desselben nicht, weil er nur Schiffe von höchstens 700 Centner Last befördern kann.

Ein Blick auf die Karte des preußischen Oberlandes zeigt uns [27] eine Reihe langgestreckter Seen, die durch kurze Canalstrecken leicht zu verbinden waren. Daher ist die Idee, das Oberland zu canalisiren, gewiß schon alt. Aber was nützte ein Canal im Innern des Landes, wenn man keine Verbindung mit dem Meere herstellen konnte, denn 317 Fuß Gefälle zu überwinden, welche kostbaren Schleußenwerke wären dazu erforderlich gewesen! Und selbst, wenn man die Anlagekosten nicht gescheut hätte, würden doch schwerlich die oberländischen Seen ohne Schaden für die Schifffahrt soviel Wasser haben hergeben können, als der Durchgang der Fahrzeuge durch die Schleußen consumirte. Erhielte auch jede Schleuße ein Gefälle von 10 Fuß, so würden doch 32 Schleußen nothwendig geworden sein; der hierdurch erzeugte Aufenthalt in der Schifffahrt, der obenerwähnte Wasserverlust und die unverhältnißmäßigen Kosten ließen stets das Project scheitern.

Da trat vor etlichen zwanzig Jahren ein Mann mit der Idee hervor, die Schiffe auf Walzen und Eisenbahnen bergauf und ab zu führen, und wurde hierdurch der Segenspender für einen großen Strich Landes, dessen reiche Schätze bis dahin kaum gehoben werden konnten. Vier Städte, Deutsch-Eylau, Osterode, Saalfeld und Liebemühl, wurden somit Vorplätze unserer größeren Seestädte und heben sich sichtlich mehr und mehr. Ueber 200,000 Morgen Forsten, worunter 109,000 Morgen königlich, sind dem Verkehr erschlossen.

Der Grundbesitz hat einen doppelten Werth erhalten, und Handel und Wandel gewinnen täglich an Aufschwung. Der Mann, der so Großes für eine halbe Provinz that, der sein ganzes Leben diesem einzigen Ziele widmete, der unbeirrt Hohn und Gespött über seinen „Phantasiecanal“ ertrug, um endlich den schönsten Lohn zu finden, das Bewußtsein erfüllter Pflicht und nicht umsonst gelebt zu haben, dieser Mann ist der Baurath Steenke zu Zoelp, unfern Maldeuten. Ich nenne ihn, weil die Namen derer, die für ihre Mitmenschen Großes und Gemeinnütziges geleistet haben, Gemeingut der Nation sind und von Jedermann gekannt und genannt zu werden verdienen, und weil die Gartenlaube diesen Namen zu jeder deutschen Hütte trägt, läge sie noch so fern. – In zweiter Linie nenne ich noch den Dirigenten der königl. Maschinenbau-Anstalt zu Dirschau, Herrn Krüger, welcher sich durch saubere Ausführung und Aufstellung der Triebwerke um den Bau verdient gemacht hat.

Wollt Ihr nun das ganze Bauwerk mit Muße betrachten, so thut Ihr am besten, Ihr setzt Euch mit mir und einer munteren Gesellschaft auf einen unserer vier Dampfer und fahrt von Deutsch-Eylau den Geserichsee entlang. Er bietet Euch durch seine grünen und bewaldeten Uferbiegungen ansprechende Fernsichten und dauernde Abwechselung. Nachdem wir ihn zu zwei Dritttheilen zurückgelegt haben, können wir durch einen Zipfel desselben links durch den Weinsdorfer Canal in den Ewingsee nach Saalfeld fahren. Wir ziehen es aber vor, gerade aus gen Elbing zu dampfen.

Aufriß der „geneigten Ebene“ bei Buchwalde.

Ueber zwei und eine halbe Meile sind wir von Eylau entfernt und gelangen durch eine kurze Canalstrecke in den Dubensee und durch den nahezu anderthalb Meilen langen Liebemühl-Geserich-Canal zur Stadt Liebemühl. Auf dieser Strecke treffen wir die erste größere Sehenswürdigkeit des Canals. Derselbe ist nämlich durch einen Damm geleitet, welcher durch den fünf Fuß niedriger liegenden Abißgarsee geschüttet ist, also ein Canal durch den See! Es sind stellenweise sechszig Fuß Wassertiefe auszufüllen gewesen. Dieser kolossale Aquäduct hat eine Länge von 1550 Fuß und eine Kronenbreite von 124 Fuß. – Wenden wir uns nun rechts, so gelangen wir durch zwei Schleußen und den canalisirten Liebefluß zum Drewenzsee, welcher funfzehn Fuß niedriger liegt, als unsere Wasserbahn, und nach Osterode. Wir aber gehen abermals geradeaus durch mehrere kleinere Seen und Canalstrecken in den reizenden Röthloffsee, von dessen nördlichem Ende uns die freundliche Villa des Herrn Baurath Steenke zu Zoelp ein Willkommen zuruft. Hier halten wir einige Augenblicke, um diesem Biedermanne die Hand zu drücken, eilen aber dann ungesäumt weiter, denn wir haben keine Zeit zu verlieren, durch den Samrodt- und Pinnausee und den Draulitter Canal zur ersten „geneigten Ebene“. Diese letzte Canalstrecke ist nahezu eine halbe Meile lang und durch einen bis 55 Fuß hohen Bergrücken geführt. Hic haeret aqua. Vor uns sehen wir eine kleine Anhöhe, planirt und mit zwei Schienensträngen belegt, aber kein Wasser. Ueber diesen Berg fahren wir, ohne das Schiff zu verlassen, wenige Fuß bergan, dann eine lange Strecke bergab; wie, erzähle ich Euch später. Wiederum schwimmen wir, aber nur ein kurzes Endchen, dann abermals über einen solchen Berg zu Lande, wieder zu Wasser, und so passiren wir im Ganzen vier solcher „geneigten Ebenen“, bis wir schließlich dem nassen Element getreu bleiben und durch noch fünf Schleußen (welche später durch eine einzige Ebene ersetzt werden sollen) zum rohr- und entenreichen Drausensee, durch den Elbingfluß zur gleichnamigen Stadt, zum frischen Haff, zum Meere gelangen. Von Elbing aufwärts haben wir auf diese Weise eine Schifffahrtsbahn von im Ganzen sechsundzwanzig Meilen, wovon sechs und eine halbe Meile Canäle, zwanzig und eine halbe Meile Seen sind. Diese letzteren haben zum Theil gesenkt werden müssen, um sie mit den übrigen in gleiches Niveau zu bringen (z. B. der Samrodt- und Pinnausee um 17 F.). Dadurch sind 1) circa 2000 Morgen vorzüglicher Wiesen entstanden, 2) haben die Bodenverhältnisse durch größere Entwässerungsfähigkeit im weiten Umkreise gewonnen, und 3) ist eine Wasserbahn erzielt, welche ohne Unterbrechung von Schleußen eine Länge von sechszehn und einer halben Meile hat. Kein zweiter Canal hat solche ununterbrochene Ausdehnung aufzuweisen.

Ich komme jetzt zum schwierigsten Theile, zugleich aber der Hauptsache dieser Arbeit, der Beschreibung einer „geneigten Ebene“ und deren Triebwerk, und wähle dazu die erste bei Buchwalde, der im Wesentlichen die anderen drei gleich sind. Dieselbe hat, wo sie sich außerhalb des Wassers befindet, eine Neigung von 1:12 und setzt sich oberhalb wie unterhalb unter Wasser in einer Neigung von 1:24 fort. Sie ist ihrer ganzen Länge nach (ca. eine sechszehntel Meile) mit zwei parallel laufenden Schienengeleisen auf dicht liegenden eichenen Schwellen belegt. Auf jedem derselben geht ein Wagen auf acht Rädern, ganz von Eisen construirt, 64 Fuß lang, 10 Fuß im Lichten breit und mit zwei hohen Geländern versehen. Derselbe hat ein Gewicht von 521 Centnern. Sein Boden ist mit starken Latten belegt. Im Moment der Ruhe steht ein Wagen im oberen Bassin unter Wasser (vgl. Bild II. ), so daß nur das Geländer aus demselben hervorragt (dadurch ist dem Schiffer genau die Stellung des Wagens bezeichnet), der andere Wagen ebenfalls unter Wasser im unteren Bassin. Kommt nun ein Schiff an, so fährt es zwischen die beiden Seitengeländer und [28] wird vorn und hinten mit Ketten an dieselben festgelegt. Dadurch ist das Fahrzeug gezwungen, vorläufig schwimmend, der Bewegung des Wagens zu folgen. Dieser hebt sich mehr und mehr, drückt sich gegen den Boden des Schiffes und hebt dieses endlich ganz aus dem Wasser (wie unser Bild I. darstellt).

Nr. I. Uebergang vom Canal zur Schiffwagenbahn bei Buchwalde.

Bei der gewöhnlich angewandten Kraft von 121/2 Fuß Umfangsgeschwindigkeit des treibenden Wasserrades (vgl. den Grundriß, wo es mit k bezeichnet ist), legt der Wagen in der Secunde dritthalb Fuß zurück, beim Beginn, beim Ueberschreiten des höchsten Punktes und zum Ende (in Summa ca. ein Drittel des ganzen Weges) jedoch nur einen Fuß in der Secunde, so daß die ganze Strecke von 1530 Fuß in 918 Secunden oder 151/4 Minute zurückgelegt wird. Das Auf- und Abschwimmen der Schiffe nimmt weitere fünf Minuten in Anspruch, so daß in zwanzig Minuten der ganze Uebergang bewerkstelligt, eine sechszehntel Meile zurückgelegt und ein Gefälle von 65 F. überwunden ist. – Wenn wir den halben Weg zurückgelegt haben, treffen wir den andern Wagen, der uns auf dem zweiten Geleise, gleichviel ob belastet oder leer, entgegenkommt. Seine Belastung verringert durchaus nicht die Schnelligkeit unserer Fahrt. Nähert sich dieselbe ihrem Ende, so verschwindet der Wagen nach und nach wieder im Wasser, bis nur noch das Geländer über demselben bleibt, wir fühlen wieder Wasser unter uns, lösen die Ketten unseres Fahrzeugs von dem Wagen, und – weiter geht die Reise.

Die Entfernung des Schiffes aus dem Wasser und der daurch aufgehobene Seitendruck des Wassers auf die Wände desselben übt durchaus keinen schädlichen Einfluß auf die Dauerhaftigkeit und Dichtigkeit des Fahrzeugs, wie man anfangs fürchtete, da dieelben nach der Zeichnung des Herrn Baurath Steenke zu diesem Zwecke besonders construirt sind. Sie haben einen acht Fuß breiten, platten Boden, eine obere Breite von 91/2 Fuß und eine Länge von 78 Fuß. Wohl aber würde es den Fahrzeugen schädlich sein, wenn sie mit dem einen Ende früher auflegten, als mit dem anderen, da hierdurch die Schiffe in ihrer ganzen Länge gezogen würden. Um dieses zu vermeiden, ist es nöthig, daß die Wagen so lange, bis das Fahrzeug festliegt, in ihrer Bewegung stets horizontal bleiben, und dies ist durch eine einfache, höchst sinnreiche Construction erlangt.

Je zwei Räderpaare bilden ein System und die Achsen des einen sind um eine Felgenbreite länger, als die des andern. Im Oberwasser (vgl. den Grundriß, wo a das Ober-, b das Unterwasser bedeutet) liegt außerhalb der durchgehenden Schienen, um eine halbe Felgenbreite von diesen entfernt, ein zweites Paar Schienen, die anfangs horizontal fortgehen, während die durchlaufenden sich senken, dann aber fünfzehn Zoll höher als diese mit ihnen parallel laufen. Im Unterwasser befindet sich ein zweites solches Schienenpaar innerhalb der durchgehenden Schienen. Außerhalb des Wassers aber läuft, wie gesagt, nur ein Schienenstrang für jeden Wagen. Die Felgenbreite der Räder ist in drei Theile getheilt. Der mittelste Theil gehört der Bremsvorrichtung. Die Benutzung der äußeren Theile wird sogleich klar werden. Bewegt sich der Wagen außerhalb des Wassers auf den durchlaufenden Schienen, so ruhen die vier Vorderräder auf ihren äußeren Felgentheilen, die vier Hinterräder, deren Achsen länger sind, auf den inneren Felgentheilen. Im Oberwasser dagegen treten die Hinterräder mit ihren äußeren Theilen auf die äußeren, höheren Schienen, während die Vorderräder auf den niedrigeren Schienen bleiben. Dadurch bekommt der Wagen eine horizontale Stellung. Im Unterwasser dagegen treten die Vorderräder mit ihren inneren Theilen auf die inneren, höheren Schienen, während die Hinterräder auf den niederen Schienen bleiben, und wiederum ist eine horizontale Stellung erreicht. Außerhalb des Wassern nimmt aber der Wagen die Neigung der Ebenen (1:12) an.

Die Fortbewegung der Schiffwagen auf der Eisenbahn geschieht mittelst Drahtseilen auf vertikalen Leitrollen, wie der Grundriß und Bild II sie deutlich zeigt. Wenn nun gleich die arbeitenden Drahtseile eine dreifach größere Last aushalten, als ihnen zu befördern zugemuthet wird, so ist doch für den Fall eines Zerreißens eine Bremsvorrichtung nöthig. Um den mittelsten Felgentheil jedes der acht Räder befindet sich lose ein eisernes Band. Durch eine einzige Schraubenvorrichtung ist man aber im Stande, diese Bänder um die Räder festzuziehen und die Rotation derselben zu hindern, so daß der Wagen ohne jeden anderen Halt auf der „geneigten Ebene“ stehen bleibt. – Jetzt noch einen Besuch im Maschinenhause, wozu wir uns den Grundriß und Bild II vor die Augen halten. Dort haben wir zunächst Gelegenheit zu bewundern, welche geringe Wassermasse genügt, so große Lasten zu fördern. Das Maschinenhaus (l) liegt am oberen Ende der „geneigten Ebene“. An seiner Seite befindet sich ein ganz eisernes Wasserrad (k) von 27 Fuß Durchmesser und 10 Fuß lichter Breite. Es ist rückschlächtig, hat 60 Wasserzellen und 68 Pferdekraft. Beim höchsten Wirkungsgrade consumirt es nur 34 Cubikfuß Wasser in der Secunde. Dieses wird ihm aus dem oberen Canal durch eine Röhrenleitung (i) zugeführt. Das benutzte Wasser wird durch einen kleinen gepflasterten Canal (p) der unterhalb liegenden Canalstrecke zugeführt und dient zu deren Speisung. Das Wasserrad setzt eine gußeiserne Trommel (m) in Bewegung. Diese hat eine Länge von 8 Fuß 4 Zoll und einen Durchmesser von 12 Fuß. Je nachdem der eine Wagen hinunter oder hinauf gehen soll, bewegt sie sich vor- oder rückwärts. An jeder Seite ist ein Drahtseil (x und y) von 11/3 Zoll Stärke befestigt; während das eine sich abwickelt, rollt sich das andere auf. Im Moment der Ruhe bedeckt eines der beiden Seile die Trommel (dasjenige, welches zum obenstehenden Wagen (g) geführt ist), während das andere, mit dem untenstehenden Wagen (h) verbundene, abgewickelt ist. Das nicht an der Trommel befestigte Ende des [auf]gewickelten Seils ist zum Maschinenhause hinaus über verschiedene Leitrollen durch größere Seilscheiben (n, vergl. auch Bild II) in die Mitte des einen Schienenstranges (c) geleitet und am hinteren Ende des oberen Wagens befestigt. Vom vorderen Ende desselben

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Nr. II. Die Seilscheiben zur Leitung des Drahtseils für den Schiffwagen.

führt ein Drahtseil von 1 Zoll Stärke (dasselbe hat weniger zu leisten), immer in der Mitte zwischen diesem Schienenstrange über viele kleine Rollen geleitet, zum unteren Ende der Ebene (f), wendet sich dort unter Wasser über 3 größere Seilscheiben (o) der Mitte des anderen Schienenstranges zu und ist dort am hinteren Ende des unteren Wagens befestigt. Von seinem vorderen Ende führt das dritte Seil, 11/2 Zoll stark, über ebenso viele Leitrollen die Ebene (d) hinauf und wendet sich über 2 Seilscheiben (n bei e) dem Maschinenhause (l) und der Trommel (m) wieder zu. Hierdurch ist der Ring geschlossen, und es ist klar, daß, sobald die Trommel in Bewegung gesetzt wird, alle Theile dieser Kette dieser Bewegung folgen müssen, also auch die Wagen. Der eine wird durch das sich aufwickelnde Seil zu Berg gezogen, während der andere in seinem Laufe thalwärts durch das sich abwickelnde Seil zum langsamen Gange gezwungen wird. Wie schon früher erwähnt, ist die Stärke der Seile auf die dreifache Last berechnet, daher vollkommen sicher. – Die anderen drei Ebenen gleichen dieser in der Construction. Nur ist ihre Länge, so wie die der Seile und die Breite der Trommel von dem zu überwindenden Gefälle abhängig. Dieses beträgt bei Buchwalde 65, bei Kanten 60, bei Schönfeld 78 und bei Hirschfeld 70, in Summa 273 Fuß. Dazu kommen für die 5 Schleußen 44 Fuß, so daß in der kurzen Entfernung von 11/4 Meile 317 Fuß Gefälle überwunden sind.

Der ganze Canal ist in 16 Jahren vollendet worden, hat in runder Summe 11/3 Million gekostet, wovon 240,000 Thaler auf Schienen, Wagen und Maschinen kommen, und ist im Frühjahre 1861 dem Verkehr übergeben worden. Die veranschlagte Beförderung von 2 Millionen Centner zu Thal und 1/4 Million zu Berg hat sich bereits in diesen beiden Jahren als zu gering herausgestellt. – Jedem Touristen rathe ich, von Güldenboden, einer Station der Ostbahn, einen Abstecher von 2 Meilen zu der letzten „geneigten Ebene“ bei Hirschfeld zu machen. Er wird es nicht bereuen.

Bild Nr. I stellt das kürzere, obere Ende der geneigten Ebene bei Buchwald dar. Das längere, untere Ende ist unsern Blicken entzogen. 2 Schienengeleise (auf dem linken befindet sich auf dem höchsten Punkte der Ebene ein Wagen mit Schiff) mit je doppelten Schienen unter Wasser (zur Horizontalstellung des Wagens) und zwischen denselben auf Rollen die arbeitenden Drahtseile.

Bild Nr. II veranschaulicht die Art und Weise, wie die arbeitenden Drahtseile über je 2 Seilscheiben zum Maschinenhause und zurück geführt werden. Rechts sehen wir einen Wagen unter Wasser und am Mauerwerk einen siebartig durchlöcherten Eisencylinder, welcher durch eine Röhrenleitung das Wasserrad der Maschine speist. – Am unteren Ende der Ebene wird das Seil von einem Schienengeleise zum anderen über 3 Seilscheiben an einem Ständer (1 oben, 2 halb im Wasser, dieser Zeichnung entsprechend) geleitet.
R. Richter.