Eine Drachenprozession in Hongkong

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Textdaten
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Autor: O. G.
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Titel: Eine Drachenpro­zession in Hongkong
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 260
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[244/245]

Drachenprozession in Hongkong.
Nach einer photographischen Aufnahme.

[260] Eine Drachenprozession in Hongkong. (Zu dem Bilde S. 244 und 245.) Bei dem lebhaften Interesse, welches der Krieg in Ostasien den Kulturzuständen in China und Japan zugewendet hat, wird das große Straßenbild aus Hongkong gerade jetzt vielen unserer Leser besonders willkommen sein. Es bietet sich ihnen dar als eine lebensvolle Ergänzung der Illustrationen, welche den Aufsatz „Ein Tag in China“ in Nr. 47 des vor. Jahrg. begleitet haben. Wurde dort auf einem Gang durch die Stadt Kanton geschildert, was einer solchen chinesischen Hauptstadt an Sehenswürdigkeiten und Eigentümlichkeiten dauernd ihren Charakter verleiht, so stellt die große Drachen-Prozession ein bewegtes chinesisches Straßenbild dar, wie es sich nur bei besonders festlichen Anlässen gestaltet. Die Inselstadt Hongkong, die seit dem Jahre 1842 britischer Besitz ist, steht infolgedessen und als Freihafen dem europäischen Verkehr wie keine andere chinesische Stadt offen. Aber unter ihren 222000 Einwohnern befinden sich 211000 Chinesen und nur etwa 9000 Weiße. Gerade sie bietet daher dem Europäer Gelegenheit, chinesisches Leben ungehindert zu studieren. Ein Besuch aus Europa war es übrigens auch, dem zu Ehren die große Drachen-Prozession stattfand, aus welcher unser Bild einen Teil wiedergiebt, der Besuch des Herzogs von Connaught, der auf seiner Reise um die Welt kurze Zeit in Hongkong weilte.

Der Drache ist das geheiligte Tier des chinesischen Kultus. Bei feierlichen Gelegenheiten wird nun die phantastische Nachbildung eines solchen in glänzender Prozession herumgetragen. Aus Seide und Papier ist eine bunte, in allen Farben schillernde Drachenhaut hergestellt, sie wird über ein entsprechend langes Rohrgestell gespannt und mit Gold- und Silberflitter behangen. Ein solcher Drache ist meist einige hundert Fuß lang und wird von 40 bis 50 Personen getragen, die halb verdeckt unter ihm gehen. So windet sich der Drache in phantastischen Bewegungen durch die Straßen, wobei die schwerste Aufgabe den Trägern des Kopfes zufällt, welche die natürlichen Bewegungen desselben nachahmen müssen und sich in wilden Sprüngen vorwärts bewegen. An den Drachen schließt sich noch ein langer Zug, in dem geweihte Gegenstände, Prunkstücke aus den Tempeln u. dergl. getragen werden und an welchem nur solche Personen beteiligt sind, die entweder als Träger von solchen Dingen oder zur Ueberwachung derselben mitgehen. Sie schreiten aber nicht, wie bei unseren Prozessionen, in geschlossenem Zug, sondern in lockerem Zusammenhalt; die Träger sind Kulis, die Wächter aber Beamte des Tempeldienstes. Als solche tragen sie reiche seidene Gewänder und große stoffüberzogene weiße Hüte mit allerhand Schriftzeichen. Diesen Teil des Zuges vergegenwärtigt unser Bild. Die vorn in der Mitte sichtbaren hellen Ballons bestehen aus glasiertem Papier, das über ein Rohrgestell gespannt ist; beim Dunkelwerden wird in ihnen Licht angezündet. Die merkwürdigen mit Flitter bedeckten Schaustücke, welche die Kulis vor und zwischen den Tempelbeamten tragen, sind zierliche bunt bemalte tempelartige Aufsätze, aus Holz geschnitzt und mit goldenen Flittern überhangen. Sie gehören zum Ausschmuck der Tempel. Zahlreich sind die kleinen Musikbanden, welche in dem Zug mitgehen, jede etwa 8 Mann stark, die mit Pfeifen, Trommeln, Gongs, Pauken und Geigen einen gewaltigen Lärm machen. Sobald diese Musik in der Straße ertönt, stürzt jung und alt aus den Häusern, um sich dem Zug begleitend anzuschließen oder doch jedenfalls den Vorbeimarsch bis zum Ende zu bewundern; freilich gilt dies nur von den männlichen Anwohnern, Frauen und Mädchen fesselt die Sitte ans Haus. Welches Interesse für diese Prozessionen im Volke besteht, kann man so recht an dem Wagehals ersehen, der von einem der Dächer links auf das Gepränge herniederschaut. O. G.