Eine heitere Erinnerung aus großer Zeit

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Walther Kabel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Eine heitere Erinnerung aus großer Zeit
Untertitel:
aus: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 6, S. 235–236
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1913
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart, Berlin, Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[235] Eine heitere Erinnerung aus großer Zeit. – Als am Morgen des 3. September 1870 die Botschaft von dem Siege bei Sedan in Berlin allgemein bekannt wurde, strömten in den Vormittagstunden vor dem königlichen Schlosse ungeheure Menschenmengen zusammen, die immer wieder in begeisterte Hochrufe auf das Herrscherhaus und die Armee ausbrachen. Die Königin Augusta, die stets von neuem von dem Balkon des Schlosses den Tausenden dankend zugewinkt hatte, unternahm dann gegen zwölf Uhr mittags einen Spaziergang die Linden hinauf. Als sie, umdrängt und umjubelt von einer immer mehr anschwellenden Menge, bis zu der Reiterstatue Friedrichs des Großen am Eingang der Linden gelangt war, machte einer der Herren ihrer Umgebung sie auf einen jungen Menschen aufmerksam, der das in Erz gegossene Denkmal unter den größten Schwierigkeiten erkletterte. Um den Hals hatte der verwegene Jüngling einen Kranz weißer Rosen, und diesen Kranz setzte er dann dem Alten Fritz unter dem donnernden Beifall der Massen aufs Haupt.

Die Königin, von dieser dem größten der Hohenzollern dargebrachten Huldigung zu Tränen gerührt, fragte nach dem Namen des jungen Mannes und bestellte ihn, da es ihr infolge der dichtgedrängten Menschenscharen unmöglich war, ihren Weg fortzusetzen, sofort zu sich aufs Schloß.

Der siebzehnjährige Fritz Skanitzki, seines Zeichens ein Tischlerlehrling, wurde dann auch keine zehn Minuten später so, wie er von seiner Kletterpartie kam, der hohen Frau durch einen Adjutanten zugeführt.

Auf die Frage, ob er sich nicht gefürchtet habe, von der Erzstatue herunterzustürzen, erwiderte er: „Für den Ollen Fritz wär’ ich noch einmal so hoch jeklettert!“

Als ihm die Königin zum Andenken eine Tasse mit dem Bildnis ihres Gemahls und zwei Goldstücke gereicht hatte und [236] ihm dann zum Abschied die Hand hinstreckte, wollte er zuerst nicht einschlagen.

Mit einem Blick auf seine arg beschmutzte Rechte meinte er treuherzig: „Dat jeht nich, hohe Majestät. Der Olle Fritz war sehr dreckig.“

Die Königin lachte herzlich und schüttelte ihm trotzdem kräftig die Hand.

W. K.