Erinnerungen aus meinem Leben/Weihe zum Bischof

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aus: Erinnerungen aus meinem Leben
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von: Willibrord Benzler
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Weihe zum Bischof[1]

Ein eigenes Festkomitee hatte in Metz die Vorbereitungen zum Empfange des neuen Oberhirten geleitet. Alles war so trefflich geordnet, daß die Feier in vollster Harmonie ohne jeden Mißton verlief.

Als der Bischof am Nachmittag des 26. Oktober im Extrazuge unter dem Klange sämtlicher Glocken, auch der größten, der Stadtglocke, die den Namen »Mutte« trägt, in seiner Bischofsstadt einfuhr, war fast ganz Metz auf den Straßen. Am Abend wurde der Oberhirte durch einen Fackelzug geehrt, an dem dreitausendfünfhundert Personen teilnahmen. Bei diesem Anlasse gab der Bischof in einer französischen Ansprache die Gesinnung kund, mit der er sein Amt verwalten wollte, es war gewissermaßen der Wahlspruch für sein oberhirtliches Wirken: »Wenn Sie sich einen Bischof gewünscht haben, der nach dem Ausspruch des heiligen Paulus allen alles sei, so hoffe ich, daß Sie in meiner armseligen Person einen solchen finden werden.«

Der Weihetag, der 28. Oktober, war ein Fest- und Freudentag, wie Metz einen solchen schon lange nicht mehr geschaut hatte. Über die Feier berichtet der Bischof selbst in seinen Erinnerungen (s.S. 92f.).

Im Anschluß an die Weihe hielt er zunächst eine französische Ansprache, in der er betonte, durch die Weihe sei er der Vater der Diözese geworden, gegen alle hege er die Gesinnung eines Vaters. Auf den Wunsch des gemeinsamen Vaters aller habe er den Hirtenstab in die Hand genommen, sie sollen ihm treue Schäflein sein. Mit warmen Worten begrüßte er dann die vielen anwesenden Priester; sie müßten mit ihm die Arbeit und Hitze des Tages tragen; er werde sich bemühen, in ganz besonderer Weise »der Vater seiner Priester« zu sein. Hierauf hielt er eine Ansprache in deutscher Sprache ähnlichen Inhaltes.

[146] Diese seine Worte, wie überhaupt sein bescheidenes und doch so würdevolles Auftreten, gewannen dem Bischof die Herzen fast aller wie im Sturme. Ein alter lothringischer Pfarrer schrieb ihm hernach am 6. November: »Die ganze Diözese, insbesondere auch den ganzen Klerus, haben Sie am Tage ihrer Konsekration gewonnen; aus dem Munde vieler lothringischer Konfratres hörte ich Worte der hellsten Freude.« Ähnlich versicherte ihm ein Ordensmann seiner Diözese: »Freuen Sie sich in dem Gedanken, daß Sie von Anfang an alle Herzen erobert haben.«

Der Weihetag war mit all seinen tröstlichen Erfahrungen ein Tag seliger Freude für den Bischof. Da schlang sich das Band der Liebe und des Vertrauens zwischen dem Hirten und seiner Herde.

Die Vaterliebe, die jetzt das Herz des Bischofs erfüllte, kam in trefflicher Weise zum Ausdruck im ersten Hirtenbrief, den er auf den Tag seiner Weihe erscheinen ließ. Darin sagt Bischof Willibrord im Eingang, Leo XIII. habe der Metzer Kirche nach ihrer langen Witwentrauer wieder einen Hirten gegeben. »Der von den Toten auferstandene Heiland ist heute gleichsam unter Euch erschienen; er tritt Euch entgegen in der demütigen Person seines Stellvertreters, Eures Bischofs, und grüßt Euch durch seinen Mund, wie einstens die Jünger, mit dem süßen Gruße: »Pax vobis, Friede sei mit Euch.«

Auf den ausdrücklichen Wunsch des Heiligen Vaters habe er das Hirtenamt übernommen und seine geliebte Abtei verlassen.

Wohl bleibe er dem Herzen nach Mönch, aber dennoch gehöre er von jetzt an voll und ganz seiner Diözese. »Wird nicht vielleicht,« so fährt er weiter, »Unsere Eigenschaft als Ordensmann, die Wir bis zum Tode treu bewahren wollen, die Tätigkeit, die Hingebung und den Eifer des Bischofs beeinträchtigen? Fürchtet das nicht; Wir gehören jetzt ganz Euch an, Gott hat Uns Euch zum Hirten und Vater gegeben, und als solchen wollen Wir Uns mit Hilfe der göttlichen Gnade allezeit bewähren. Die Hingabe des Mönches an Gott [147] und seinen heiligen Beruf bewirkt in uns die Hingabe des Hirten an seine Herde: in demselben Maße, wie Wir Gott die Treue bewahren in Erfüllung Unserer Ordensgelöbnisse, werden Wir auch getreu sein in der Erfüllung Unserer Hirtenpflichten. Jetzt, da der Herr Uns Eure Seelen anvertraut hat, werden Wir die Pflichten, die Wir Gott gegenüber im heiligen Ordensstande auf Uns genommen[WS 1] haben, nicht erfüllen können, wenn Wir nicht Euer Wohl nach besten Kräften zu befördern trachten. Auf diesem neuen Wege, den Wir nun wandeln müssen, wird Uns Gott Stütze und Stab sein. Da Wir nichts getan haben, um Uns die schwere Bürde des bischöflichen Amtes aufzuladen, so sind Wir sicher, daß derjenige, welcher dieses Kreuz Uns auferlegt, Uns auch beistehen wird, es zu tragen, und daß er Unsere Bemühungen also segnen wird, daß die Erinnerung an den Tag Unserer bischöflichen Weihe stets Gefühle des Dankes gegen Gott in Euren Herzen erwecken wird«...

»Wir wollen doch auch nicht verschweigen, daß die göttliche Gnade schon zu wirken begonnen hat in Unserer Seele. Sobald Wir Kenntnis erhielten von den Absichten des Heiligen Vaters bezüglich Unserer Person, empfanden Wir eine besondere Liebe und Zuneigung zur Diözese Metz; Wir kannten Euch noch nicht und schon gehörte Euch Unser Herz, und schon verlangten Wir aus ganzer Seele nach Eurem ewigen Heile. Und heute, wo der Herr Uns mit der Diözese Metz unauflöslich verbunden hat, ist diese Liebe zu Euren Seelen für Uns eine heilige Pflicht geworden, der Wir mit Gottes Hilfe treu bleiben werden bis zum letzten Atemzuge.«

Hierauf gedenkt er mit Worten hoher Verehrung seiner Vorgänger im bischöflichen Amte und spendet seinen Mitarbeitern im Weinberge des Herrn das verdiente Lob. Dann rühmt er mit begeisterten Worten die erlauchte Geschichte von Metz. »Treues, katholisches Volk Lothringens, ihr Kinder der erlauchten Kirche von Metz, betrachtet den Ruhm dieser Eurer Mutter im Glauben und zeiget Euch derselben würdig! O heilige Kirche von Metz, mit der Wir hinfort durch unauflösliche Bande verknüpft sind, wie erscheinst [148] du Uns ehrwürdig im langen Laufe deiner glorreichen Geschichte! Dein hohes Altertum, die Heiligkeit und Weisheit deiner Bischöfe, die unerschütterliche Glaubenstreue deiner Kinder haben deine Stirne wie mit einer Ehrenkrone geschmückt und dir einen Platz angewiesen unter den ehrwürdigsten Kirchen des Abendlandes. Ja, Ihr dürft mit Recht stolz sein auf die Ruhmestitel Eurer Kirche. In ihre Jahrbücher hat sie mit goldenen Buchstaben die Namen von vierzig Bischöfen eingezeichnet, die als Heilige oder Selige verehrt werden, unter ihnen mehrere, wie der heilige Landerich und der heilige Angilram, die dem Orden des heiligen Benedikt angehören. Hier in der alten Hauptstadt des austrasischen Reiches war es auch, wo durch die Hände des Bischofs Drogo von Metz, eines Sohnes Karls des Großen, der heilige Anschar, gleichfalls ein Sohn des heiligen Benedikt und Apostel der nordischen Länder, zum ersten Erzbischofe von Hamburg geweiht wurde« ...

Er schließt dann sein Hirtenschreiben mit folgenden schönen Gebeten: »Getreu Unserem Wahlspruch übernehmen Wir nun »auf Dein Wort«, o Herr, »in verbo tuo«, die Leitung der Diözese. Auf Deinen Befehl, o Gott, sind Wir zu diesem Deinem Volke gekommen, um ihm durch Unser bischöfliches Amt Dein Heil zu bringen; o, laß nicht zu, o Herr, daß durch Unsere Schuld die Erwartungen und Hoffnungen dieses guten Volkes getäuscht werden! Flehend erheben Wir Unsere Hände zu Deinem erhabenen, himmlischen Throne, um die Fülle Deiner Segnungen auf die ganze Diözese Metz herabzurufen. Segne die Herde, segne den Hirten, damit dereinst wir alle, den Mühen und Gefahren dieser Welt entrissen, dem Rufe Christi Deines Sohnes folgen und mit ihm, dem Hirten der Hirten, in Dein ewiges, seliges Reich einziehen können.« ...

Es waren wirklich Worte, die aus einem väterlich fühlenden Herzen kamen und deshalb auch zu den Herzen drangen und tiefen Eindruck machten. Noch zwanzig Jahre später erinnerten sich Leute aus dem Volke gerne an diesen Hirtenbrief.

[149] In einem Hirtenschreiben vom 21. November 1901, worin er seinen Diözesanen das Werk der Glaubensverbreitung warm empfiehlt, dankte der Bischof herzlich für alle Beweise aufrichtiger Verehrung und treuergebener Liebe, die ihm anläßlich seiner Weihe zu teil geworden sind. »Wir sind tief gerührt«, schreibt er, »ob des so überaus herzlichen Empfanges, den die Diözese und besonders die ehrwürdige Bischofsstadt Metz Uns bereitet haben, über die zahlreiche Beteiligung an der Feier Unserer Konsekration und das so einmütige Zusammenwirken der ganzen Bevölkerung. Diese Kundgebungen des Gehorsams und der Treue haben Wir nicht für Unsere Person entgegengenommen: dieselben bezogen sich vielmehr auf die hohe Stellung, die Wir unter Euch einnehmen« ...

Auch der Heilige Vater ließ ihm am 9. November durch den Kardinalstaatssekretär seine Freude ausdrücken über den begeisterten Empfang in seiner Diözese; er habe »in diesem von Gott so sichtlich gesegneten Antritt des bischöflichen Amtes eine gute Vorbedeutung für den segenspendenden Verlauf der Verwaltung erblickt.« 

Sein väterlicher Freund, der Abt-Primas, schrieb ihm am 7. November über den Tag der Bischofsweihe: »Selten schien mir ein Fest so harmonisch, und ich preise aus Herzensgrund den Herrn dafür, daß er mir gestattete, davon Zeuge zu sein. Ich fürchtete, dieses Glückes beraubt zu werden, eines Glückes, nach dem mich meine Liebe zu Ihnen so sehr verlangen ließ; ... allein die heiligen Apostel Simon und Judas haben mir geholfen und mich aus dieser grausamen Verlegenheit befreit. Nun bitte ich Sie, überwinden Sie alle Hindernisse, besonders auch dieses große Hindernis bei jedem menschlichem Unternehmen: die Übermüdung... Überlassen Sie nicht alles den Nothelfern. »Hilf dir selbst und der Himmel wird dir helfen.« Trauen Sie Ihren Kräften nicht zuviel zu, besonders nicht im Anfang. Denn die Ermüdung und die Arbeiten dieser letzten Zeit waren zahlreich und anstrengend ...« Letztere Mahnung war bei dem Feuereifer, mit dem der Bischof sich in sein neues Amt hineinzufinden suchte, schon am Platze.


  1. Vgl. hierüber oben S. 92 f. und den ausführlichen, warm gehaltenen Bericht von H. Collin, Monseigneur Willibrord Benzler. Son arrivée, son sacre, son peuple (Metz 1901).

Anmerkungen (Wikisource)

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