Fürst Bismarck in Berlin

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Titel: Fürst Bismarck in Berlin
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aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 101, 102, 112–113, 116
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[101]

Vom Einzug des Fürsten Bismarck in Berlin: „Er kommt!“
Nach der Natur gezeichnet von F. Müller-Münster.

[112]

Vom Einzug des Fürsten Bismarck in Berlin: Der Empfang auf dem Lehrter Bahnhof.
Nach Skizzen von E. Thiel gezeichnet von Fritz Bergen.

[113]

Vom Einzug des Fürsten Bismarck in Berlin: Unter den Linden.
Nach Skizzen von E. Thiel gezeichnet von Fritz Bergen.

[116]

Fürst Bismarck in Berlin.

(Zu den Bildern S. 101, 112 und 113.)

In unser aller Gedächtnis leben noch die Ereignisse, die den Altreichskanzler Fürst Bismarck am Vorabend des kaiserlichen Geburtsfestes aus der Stille seines Sachsenwaldes nach Berlin geführt haben. Dort in der Reichshauptstadt ist ihm ein Empfang bereitet worden, wie er feuriger und großartiger kaum gedacht werden kann, wohl wert, auch im Bilde festgehalten zu werden.

Lange vor der für die Ankunft festgesetzten Zeit flutete eine festliche Menschenmenge durch die Straßen, durch welche der Fürst seinen Weg vom Lehrter Bahnhof zum königlichen Schlosse nehmen sollte. Flaggenschmuck überall, auch an den Staatsgebäuden, ein heller Sonnenschein gießt seine freundlichen Strahlen über das buntbewegte Bild. Auf dem Bahnhof trifft gegen die Mittagsstunde Prinz Heinrich in Marineuniform ein, den Gast in seines kaiserlichen Bruders Namen zu empfangen. Als der Zug in die Halle einfährt, tritt Prinz Heinrich mit einem kleinen Gefolge hinaus auf den Bahnsteig und eilt auf den bereits am Fenster stehenden Fürsten zu. Raschen Schrittes verläßt dieser, in Kürassieruniform mit den Abzeichen eines Generalobersts, seinen Wagen, umarmt in herzlicher Begrüßung den Prinzen und drückt ihm die Hände, worauf beide miteinander, Bismarck auf Prinz Heinrichs linken Arm gestützt, durch die lorbeer- und teppichgeschmückte Halle dem Ausgang zuschreiten, hinter ihnen die Herren des Gefolges, denen sich auch die Begleiter des Fürsten auf seiner Reise, der kaiserliche Adjutant Major v. Moltke, Graf Herbert Bismarck und Professor Schweninger, zugesellt haben.

Immer dichter haben sich unterdessen auf der Strecke vom Lehrter Bahnhof zum Brandenburger Thor und von da über die Straße „Unter den Linden“ bis zum königlichen Schlosse die Massen gestaut. Endlich, endlich ist auch für sie der Augenblick gekommen, da der sehnlichst erwartete Wagenzug mit seinen Gardekürassieren an der Spitze herannaht. „Er kommt! Er kommt!“ Mit fieberhafter Erregung erfüllt das Wort die Hunderttausende; an den Fenstern, auf den Balkonen, selbst auf den Dächern recken sich die Hälse, und die Kanonen an der Königswache werden von kühner Jugend mit stürmender Hand genommen. Freilich der kühle Januarwind hat dem Fürsten die Notwendigkeit auferlegt, im geschlossenen Wagen zu fahren, und so ist es nur wenigen möglich, den großen Mann auf eine kurze Spanne Zeit von Angesicht zu Angesicht zu schauen. Aber trotzdem umgiebt ihn ein Blumenregen, ein Hurrarufen, ein Grüßen und Hüteschwenken, ein so namenlos stürmischer Jubel, daß tiefe Rührung den Gefeierten wie die Feiernden überwältigt.

Der Wagen hält vor dem königlichen Schlosse. Wie es sonst beim Besuche eines gekrönten Hauptes geschieht, steht dort eine Ehrenkompagnie. Bismarck schreitet mit dem Prinzen Heinrich die Front ab; dann tritt er hinein in das Schloß. Und nun steht Bismarck vor seinem Kaiser. In der herzlichen Begrüßung, mit welcher dieser seinen erlauchten Gast empfängt, finden die Ereignisse dieses historischen Tages ihre Spitze.

Es würde uns zu weit führen, wollten wir alle die Aufmerksamkeiten, Huldigungen und Ehrenerweisungen im einzelnen schildern, mit denen die Bevölkerung Berlins im Wetteifer mit dem Hof, den anwesenden deutschen Fürstlichkeiten und den obersten Beamten des Reichs den Altreichskanzler an diesem Nachmittage umgaben. Genug, des Jubelns und Grüßens war kein Ende vor den Fenstern von Bismarcks Wohnung, und es steigerte sich noch einmal zu gewaltigen Wogen an, als der Fürst am Abend, vom Kaiser selbst geleitet, nach dem Bahnhof zurückfuhr, um in seinen Sachsenwald heimzukehren.

Ob das Ereignis vom 26. Januar politische Folgen haben werde oder nicht, darüber zerbrechen sich die Politiker nicht nur Deutschlands, sondern der ganzen Welt die Köpfe, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Darin aber sind alle deutschen Patrioten, welcher Partei sie auch angehören mögen, einig, daß der 26. Januar, der Tag, an welchem das Eis zwischen unserm jungen Kaiser und seinem alten Reichskanzler, dem Begründer der deutschen Einheit, schmolz, für alle Zeiten zu den Freudentagen des deutschen Volkes gezählt werden wird.