Fastnachtsspiele

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Titel: Fastnachtsspiele
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 307
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[307] Fastnachtsspiele. Zu der Dichtweise des wackern Hans Sachs, des Nürnberger Schuhmachermeisters, und seiner volksthümlicher Bühnenerzeugnisse ist der mit Recht anerkannte Dramatiker Heinrich Kruse zurückgekehrt, indem er ein Bändchen „Fastnachtsspiele“ (Leipzig, S. Hirzel) herausgab; sie sind ganz in dem naiven Ton gehalten, in welchem der Meister gesungen. In einem Prolog schildert uns der Dichter einen Besuch in des Sängers Wohnung:

„Das hohe Haus ist freilich schmal
Und dieses Stübchen ist kein Saal
Doch muß es uns ehrwürdig sein,
Hier ging der Meister aus und ein,

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Hans Sachs, ein Schuster lobesan,

Deß seine Stadt sich rühmen kann.
Er schlägt noch ein paar Nägel ein,
Der Kunde kann zufrieden sein.
Dann greift er zu der Schwanenfeder –

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Er ist nicht bloß ein Mann vom Leder –

Und tunkt sie in die Tinte ein,
Das Lied will aufgeschrieben sein,
Denn rastlos, wie er näht und sticht,
Geht immer vorwärts sein Gedicht.

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Er kann nur alles nicht behalten,

Zu rasch die Reime sich entfalten.
Er hat auf diesem Stuhl gesessen,
Der wacklig auf drei Beinen steht,
Und oft vor Arbeitslust vergessen,

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Daß man um zwölf zu Tische geht.

Ich setzte mich auf manchen Thron
Und dachte mich als König schon;
So lud der Stuhl, gering und klein,
Mich auch zum Niedersitzen ein.

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Zu meiner Unterhaltung trug

Man mir herbei ein großes Buch,
Des Meisters Werke, und ich las
Darin gar manchen heitern Spaß,
Der Schwänke und Legenden viele –

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Und allerliebste Fastnachtsspiele.

Es gingen fröhliche Gesellen
Um Fastnacht, um sie vorzustellen,
Von Haus zu Haus und auf dem Flur
Bedarf’s zur Bühne wenig nur.

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Sie stellten frisch und kurz und klar

Alsbald die ganze Handlung dar,
Und die Personen sind so schlicht
Und wahr, als wär’ es kein Gedicht:
Wie’s Gänsemännchen ist es eben

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Genommen aus dem vollen Leben.

Und haben sie ihr Spiel vollendet,
Daß alles lacht und Beifall spendet,
So nehmen ein paar Kannen schon
Erlanger Bier sie gern zum Lohn.“

Wenn aber der Dichter sich dann später gegen die Weimarschen Klassiker wendet, wenn er meint:

„Wenn wir bei Nürnbergs Art geblieben,
Wer weiß, wir hätten’s weit getrieben“,

so ist es doch erlaubt, hinter diese Bemerkung einige Fragezeichen zu machen. Der Glanz und die geistige Bedeutung unserer Dichtung hat aus reicheren und tieferen Quellen geschöpft: bei einer Fortbildung der primitiven Hans Sachsschen Manier wäre uns die Litteratur jene großen Meisterwerke schuldig geblieben.

Indeß hat auch Goethe einzelnes im Stile des Hans Sachs gedichtet und den treuherzigen Ton desselben recht gut getroffen. Dies läßt sich auch von Kruses Fastnachtsspielen sagen: sie sind von ungekünstelter Naivetät und volksthümlicher Frische. „Der Teufel zu Lübeck“ möchte von einem Maler der Hansestadt nicht mit dem üblichen furchteinflößenden Gesicht, oder mindestens so heilig gemalt werden, wie’s mit der Bibel sich verträgt. Der Maler weigert sich, da fädelt’s der Teufel ein, daß er eines Diebstahls verdächtig und zum Tode durch den Strang verurtheilt wird; doch der Herr giebt das nicht zu und der Teufel muß mit dem Maler tauschen und selbst den Strick um den Hals sich gefallen lassen. „Der eifersüchtige Müller“ behandelt eine lustige Anekdote, in welcher ein geistlicher Herr den Teufel spielen muß, um mit Hilfe eines fahrenden Schülers sich aus der Klemme zu retten, in welche ein Liebeshandel mit der schönen Müllerin ihn gebracht. Ernster ist das letzte Fastnachtsspiel „Standhafte Liebe“. Ein Pariser Goldschmied verliebt sich in die Magd eines Klosters und heirathet sie, obgleich er selbst durch die Ehe nach dem Gesetze ein Höriger des Klosters wird. Doch der steinalte Abt spricht beide schließlich zur Freude der Pariser frei. Es finden sich drollige und anmuthige Verse in dieser Dichtung.
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