Fundamentalgesetz des Königreiches der Niederlande vom 24. Aug. 1815

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Autor: Wilhelm I. (Niederlande)
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Titel: Fundamentalgesetz des Königreiches der Niederlande vom 24. Aug. 1815
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 495–534
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1815
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
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Originaltitel: Loi fondamentale du royaume des Pays-bas
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[495]
Erstes Kapitel.
Von dem Königreiche und dessen Einwohnern.

1. Das Königreich der Niederlande, dessen Gränzen durch den zwischen den auf dem Wiener Congreß versammelten Mächten Europens abgeschlossenen und den 9. Jun. 1815 unterzeichneten Tractat bestimmt sind, besteht aus folgenden Provinzen: Nordbrabant, Südbrabant, Limburg, Geldern, Lüttich, Ostflandern, Westflandern, Hennegau, Holland, Seeland, Namur, Antwerpen, Utrecht, Friesland, Oberyssel, Gröningen und Drenthe.

Da das Großherzogthum Luxemburg, so wie es durch den Wiener Tractat begränzt ist, unter Einer Souverainetät mit dem Königreiche der Niederlande stehet; so wird es nach demselben Fundamentalgesetz regiert werden, seinen Verhältnissen zu dem teutschen Bunde unbeschadet.

2. Die Provinzen Geldern, Holland, Seeland, Utrecht, Friesland, Oberyssel, Gröningen und Drenthe behalten ihre gegenwärtigen Gränzen.

Nordbrabant besteht aus dem Gebiete der Provinz, welche jetzt den Namen Brabant führt, mit Ausnahme des Theils, welcher zu dem Departement der untern Maas gehört hat.

Die Provinzen Südbrabant (Departement der Dyle), Ostflandern (Departement der Schelde), Westflandern (Departement der Lys), Hennegau (Departement von Jemappe), und Antwerpen (Departement der beiden Nethen) behalten die gegenwärtigen Gränzen dieser Departements.

Die Provinz Limburg besteht aus dem ganzen Departement der untern Maas und den Theilen des Ruhrdepartements, [496] welche nach dem Wiener Tractat zu dem Königreiche gehören.

Die Provinz Lüttich begreift das Gebiet des Departements der Ourthe, mit Ausnahme des Theils, welcher durch denselben Tractat davon getrennt worden ist.

Die Provinz Namur enthält den Theil des Departements der Sambre und Maas, welcher nicht zu dem Großherzogthume Luxemburg gehört.

Die Gränzen des Großherzogthums Luxemburg sind durch den Wiener Tractat bestimmt.

3. Die für nützlich oder nöthig gehaltenen Gränzberichtigungen zwischen den Provinzen werden durch ein Gesetz bestimmt werden, welches sowohl auf das Interesse der Bewohner, als auf die Erleichterung der allgemeinen Verwaltung Rücksicht nehmen wird.

4. Jedes Individuum, das sich im Gebiete des Königreiches befindet, es sey ein Einwohner oder Fremder genießt den, den Personen und Vermögen zugesicherten Schutz.

5. Die Ausübung der bürgerlichen Rechte ist durch das Gesetz bestimmt.

6. Das Recht zu votiren in den Städten und auf dem Lande, so wie die Zulässigkeit zu den Provinzial- und Localverwaltungen, wird nach den Local- und Provinzialstatuten bestimmt.

7. Die Verfügungen dieser Statuten über das Recht und die Zulässigkeit, welche der vorige Artikel erwähnt, sollen, so wie sie nach Verfluß des zehnten Jahres, von der Promulgation des Fundamentalgesetzes an gerechnet, in Gültigkeit seyn werden, für einen Theil dieses Gesetzes geachtet werden.

8. Niemand kann zum Mitglied der Generalstaaten, zum Chef oder Mitglied des Departements der allgemeinen Verwaltung, zum Staatsrath, zum Commissair des Königs in den Provinzen, oder zum Mitglied des Obergerichtshofes (Haute Cour) ernannt werden, wenn er nicht Einwohner der Niederlande, und im Königreiche, oder in den Kolonien von Aeltern, welche daselbst wohnhaft sind, gebohren ist.

[497] Wenn er während einer Abwesenheit seiner Aeltern, diese sey temporär oder im Dienste des Staats, gebohren ist; so genießt er die nämlichen Rechte.

9. Die Eingebohrnen des Königreiches, oder welche durch eine Fiction des Gesetzes oder durch die Naturalisation für solche gehalten werden, sind zu allen andern Verwaltungsgeschäften ohne Unterschied fähig.

10. Ein Jahr lang nach der Promulgation des gegenwärtigen Fundamentalgesetzes darf der König in der Fremde gebohrnen und in dem Königreiche wohnhaften Personen die Rechte des Indigenats und die Fähigkeiten zu allen und jeden Aemtern ertheilen.

11. Jede Person ist ohne Unterschied des Standes und des Ranges und der Geburt zu allen Aemtern gleich fähig; jedoch mit Vorbehalt desjenigen, was durch die Reglements der Provinzen zu Folge des Kap. 4. des Fundamentalgesetzes in Bezug auf die Bildung der Provinzialstände festgesetzt ist.

Zweites Kapitel.
Von dem Könige.
Erste Section.
Von der Thronfolge.

12. Die Krone des Königreiches der Niederlande ist und bleibt S. M. Wilhelm Friedrich, Prinzen von Oranien- Nassau, und erblich seinen rechtmäßigen Descendenten, in Gemäßheit folgender Bestimmungen, übertragen.

13. Die rechtmäßigen Descendenten des regierenden Königs sind die aus seiner Ehe mit I. M. Friederike Louise Wilhelmine, Prinzessin von Preußen, gezeugten und noch zu zeugenden Kinder; und im Allgemeinen diejenigen Descendenten, welche aus einer, mit Beistimmung der Generalstaaten , von dem Könige contrahirten oder mit seiner Einwilligung geschlossenen Ehe entsprossen sind.

14. Die Krone ist erblich nach dem Rechte der Erstgeburt, so daß der erste Sohn des Königs oder sein Descendent männlichen Geschlechts durch Repräsentation succedirt.

[498] 15. In Ermangelung einer Descendenz männlichen Geschlechts des ältesten Sohnes geht die Krone auf seine Brüder über, oder auf ihre Descendenten männlichen Geschlechts, gleichfalls nach dem Recht der Primogenitur und Repräsentation über.

16. In gänzlicher Ermangelung einer Descendenz männlichen Geschlechts aus dem Hause Oranien-Nassau, sind die Töchter des Königs nach der Primogeniturordnung[WS 1] zur Succession berufen.

17. Wenn der König keine Töchter hinterlassen hat; so trägt die älteste Prinzessin der ältesten männlichen absteigenden Linie des letzten Königs die Krone auf ihr Haus über, und, im Falle früheren Absterbens, wird sie von ihren Descendenten repräsentirt.

18. Wenn keine männliche absteigende Linie des letzten Königs existirt; so succedirt die älteste weibliche absteigende Linie dieses Königs; so daß immer die männliche Branche der weiblichen, und die ältere der jüngern, und in jeder Branche der Bruder der Schwester und der ältere dem jüngern vorgezogen wird.

19. Wenn der König stirbt, ohne Nachkommenschaft zu hinterlassen, und wenn keine Descendenz männlicher Linie aus dem Hause Oranien-Nassau vorhanden ist; so succedirt die nächste Verwandtin des letzten Königs, aus dem königlichen Hause, und im Falle ihres frühern Absterbens, folgen ihre Descendenten in der Regierung.

20. Wenn ein Weib die Krone auf ein anderes Haus übergetragen hat; so tritt dieses Haus in alle Rechte des jetzt regierenden Hauses ein, und die vorigen Artikel sind auf dasselbe anzuwenden; so daß seine Descendenten in männlicher Linie, mit Ausschluß der Weiber oder der weiblichen Descendenz, succediren, und daß keine andre Linie auf den Thron gerufen werden kann, so lange als diese Descendenz nicht gänzlich erloschen ist.

21. Eine Prinzessin, welche sich ohne Einwilligung der Generalstaaten verheirathet hätte, hat keine Rechte auf den Thron.

Eine Königin legt die Regierung nieder, wenn sie ohne Einwilligung der Generalstaaten eine Ehe contrahirt.

[499] 22. Sollte der jetzt regierende König Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau keine Nachkommenschaft haben; so vererbt die Krone auf seine Schwester, die Prinzessin Friederike Louise Wilhelmine von Oranien, Wittwe des verstorbenen Karl Georg August, Erbprinzen von Braunschweig-Lüneburg, oder auf ihre rechtmäßigen Descendenten, welche aus einer den Verfügungen des obigen 13. Art. gemäß contrahirten Ehe gebohren sind.

23. In Ermangelung rechtmäßiger Descendenten dieser Prinzessin, geht die Krone auf die rechtmäßigen männlichen Descendenten der Prinzessin Karoline von Oranien, Schwester des verstorbenen Prinzen Wilhelm V., Gemahlin des verstorbenen Fürsten von Nassau-Weilburg, über, auch nach dem Rechte der Primogenitur und Repräsentation.

24. Wenn besondre Umstände eine Aenderung in der Ordnung der Succession in der königlichen Würde nöthig machen sollten; so kann der König in dieser Hinsicht den Generalstaaten, den vereinigten Kammern, einen Gesetzesentwurf vorlegen; in diesem Falle muß die zweite Kammer in doppelter Anzahl zusammenberufen werden.

25. Der König, welcher keinen durch das Fundamentalgesetz zur Krone berufenen Nachfolger hat, schlägt einen den Generalstaaten vor, welche versammelt und zusammengesetzt sind, wie im vorigen Artikel.

26. Wenn der Vorschlag von den Generalstaaten genehmigt wird; so macht der König seinen Nachfolger der Nation in den für die Promulgation der Gesetze vorgeschriebenen Formen bekannt, und läßt ihn feierlich proclamiren.

27. Wenn von[WS 2] dem Könige vor seinem Tode kein Nachfolger ernannt worden ist; so ernennen und proclamiren ihn feierlich die Generalstaaten, welche wie im 24. Artikel versammelt und zusammengesetzt sind.

28. In den in den Artikeln 22, 23, 24, 25 und 27 erwähnten Fällen bleibt die Succession, so wie sie durch die Artikel 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19 und 20 vorgeschrieben ist.

29. Der König der Niederlande kann keine andre Krone tragen.

[500] In keinem Falle kann der Sitz der Regierung außerhalb des Königreiches verlegt werden.

Zweite Section.
Von den Einkünften der Krone.

30. Der König genießt ein jährliches Einkommen von 2,400,000 Gulden, aus dem öffentlichen Schatze zahlbar.

31. Wenn der jetzt regierende König Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau den Vorschlag dazu thut; so können ihm durch ein Gesetz Domänen zu völligem Eigenthume bis zum Betrage von 500,000 Gulden Einkünften angewiesen werden, welche von den im vorigen Artikel bestimmten Einkünften abgezogen werden.

32. Schicklich meublirte Sommer- und Winterpalläste sind zur Wohnung des Königs bestimmt, mit einer jährlichen Summe, die für die Unterhaltung dieser Palläste 100,000 Gulden nicht übersteigen darf.

33. Der König, die Prinzen und die Prinzessinnen seines Hauses, sind von allen persönlichen und directen Auflagen befreit; sie sind von der Grundsteuer nur für die Wohnungen, welche ihnen angewiesen sind, befreit; sie sind aber allen andern Auflagen unterworfen.

34. Der König richtet sein Haus ein, wie es ihm gut scheint.

35. Eine verwittwete Königin genießt während ihres Wittwenstandes ein jährliches Einkommen von 150,000 Gulden aus dem öffentlichen Schatze.

36. Der älteste Sohn des Königs, oder sein männlicher Descendent, als präsumtiver Kronerbe, ist der erste Unterthan des Königs; er führt den Titel eines Prinzen von Oranien.

37. Der Prinz von Oranien genießt in dieser Qualität vom erfüllten 18. Jahre an ein jährliches Einkommen von 100,000 Gulden aus dem öffentlichen Schatze, welches auf 200,000 Gulden erhöht wird, wenn er in Gemäßheit[WS 3] zu dem Artikel 13 sich vermählt.

[501]
Dritte Section.
Von der Vormundschaft über den minderjährigen König.

38. Der König ist mit erfülltem 18. Jahre mündig.

39. Im Falle der Minderjährigkeit, steht der König unter der Vormundschaft einiger Mitglieder des königlichen Hauses und einiger vornehmen und im Lande gebohrnen Personen.

40. Diese Vormundschaft wird im voraus von dem regierenden Könige, in Uebereinstimmung mit den Generalstaaten, den vereinigten Kammern übertragen.

41. Wenn sie durch seinen Vorgänger nicht verfügt worden ist; so wird für dieselbe durch die Generalstaaten, die vereinigten Kammern, gesorgt, welche sich, wenn es möglich ist, mit einigen nahen Verwandten des minderjährigen Königs vereinigen.

42. Jeder Vormund leistet, ehe er sein Amt antritt, in die Hände des Präsidenten folgenden Eid:

„Ich schwöre Treue dem Könige; ich schwöre gewissenhaft alle Pflichten zu erfüllen, welche seine Vormundschaft mir auferlegt, und namentlich, ihm Anhänglichkeit an das Fundamentalgesetz seines Königreiches und Liebe zu seinem Volke einzuflößen.
So wahr mir Gott helfe.“
Vierte Section.
Von der Regentschaft.

43. Während der Minderjährigkeit des Königs wird die königliche Macht von einem Regenten ausgeübt; er wird im voraus von dem regierenden Könige, in Uebereinstimmung mit den Generalstaaten, den vereinigten Kammern, ernannt. Die Succession in der Regentschaft, während der Minderjährigkeit des Königs, kann auf dieselbe Art festgesetzt werden.

44. Wenn der Regent nicht bei Lebzeiten des Königs ernannt worden ist; so geschieht dieß durch die dem Artikel 24 [502] gemäß versammelten und zusammengesetzten Generalstaaten.

Wenn die Succession in der Regentschaft nicht festgesetzt ist; so kann der Regent sie in Uebereinstimmung mit den wie oben versammelten Generalstaaten festsetzen.

45. Der Regent leistet in einer Versammlung der Generalstaaten, den vereinigten Kammern, und in die Hände des Präsidenten, folgenden Eid:

„Ich schwöre dem Könige Gehorsam; ich schwöre, daß ich in der Ausübung der königlichen Macht, während der Minderjährigkeit des Königs (so lange der König außer Stand seyn wird, zu regieren,) das Fundamentalgesetz des Königreiches beobachten und aufrecht erhalten werde, und daß ich bei keiner Gelegenheit und unter keinem Vorwande, welcher er auch sey, mich von demselben entfernen, oder zugeben werde, daß man sich davon entferne.
Ich schwöre ferner, mit aller meiner Macht die Unabhängigkeit des Königreiches und die Integrität seines Gebiets, so wie die öffentliche und individuelle Freiheit zu vertheidigen und zu bewahren, die Rechte aller und jeder Unterthanen des Königs zu erhalten, und zur Sicherung des allgemeinen und besondern Wohlergehens, so wie ein guter und treuer Regent schuldig ist, alle Mittel anzuwenden, welche die Gesetze zu meiner Verfügung stellen.
So wahr mir Gott helfe.“

46. Die königliche Macht wird gleichfalls durch einen Regenten ausgeübt, wenn der König sich außer Stand befindet zu regieren.

Nachdem der Staatsrath, welcher aus den gewöhnlichen Mitgliedern und den Chefs der Ministerialdepartements zusammengesetzt ist, durch eine genaue Untersuchung constatirt hat, daß dieser Fall existirt; so beruft er die Generalstaaten zusammen (die zweite Kammer in doppelter Anzahl), um während der Dauer der Verhinderung dafür zu sorgen.

Die Mitglieder der Generalstaaten, welche sich den ein und zwanzigsten Tag nach der Zusammenberufung an dem Orte befinden, wo die Regierung ihren Sitz hat, eröffnen die Session.

[503] 47. Wenn es nöthig ist, für die Aufsicht über die Person des Königs zu sorgen, welche sich in dem Falle des vorigen Artikels befindet; so befolgt man die in den Artikeln 39 und 41 über die Vormundschaft eines minderjährigen Königs aufgestellten Grundsätze.

48. Wenn in diesem Falle der Prinz von Oranien volle 18 Jahre alt ist; so ist er Regent von Rechts wegen.

49. Wenn der Prinz von Oranien nicht volle 18 Jahre alt ist, und in den in den Artikeln 27 und 44 erwähnten Fällen, übt der Staatsrath, zusammengesetzt wie in Artikel 46, die königliche Gewalt aus, bis durch die Generalstaaten dafür gesorgt ist.

Die Mitglieder dieses Raths legen in die Hände des Präsidenten, und dieser in Gegenwart der Versammlung folgenden Eid ab:

„Ich schwöre als Mitglied (Präsident) des Staatsraths, zu der Erhaltung und Beobachtung des Fundamentalgesetzes des Königreiches in der Ausübung der königlichen Macht beizutragen, bis durch die Generalstaaten dafür gesorgt ist.
So wahr mit Gott helfe.“

50. Die Acte, welche die Regentschaft festsetzt, wird den Abzug bestimmen, der von den Einkünften der Krone für den Aufwand der Regentschaft gemacht wird.

51. Wenn der König den Generalstaaten keinen Nachfolger zur Krone vorgeschlagen hat (Art. 25); wenn er nicht mit ihnen die Vormundschaft des minderjährigen Königs festgesetzt hat (Art. 40); wenn er den Regenten des Königreiches nicht mit ihnen designirt hat (Art. 43); so erklären die Generalstaaten feierlich den Fall, welcher eintritt, und sie sorgen für denselben, so wie es in den Artikeln 27, 41 und 44 vorgeschrieben ist.

Fünfte Section.
Von der Inauguration des Königs.

52. Wenn der König die Zügel der Regierung ergreift; so wird er feierlich in einer öffentlichen Sitzung der Generalstaaten, den vereinigten Kammern, inaugurirt. Diese Sitzung wird im Freien gehalten.

[504] In Friedenszeiten geschieht die Inauguration abwechselnd zu Amsterdam und in einer Stadt der südlichen Provinzen, welche der König wählt.

53. Nachdem in dieser öffentlichen Sitzung das Fundamentalgesetz dem Könige ganz vorgelesen worden ist, leistet er folgenden Eid:

„Ich schwöre dem Volke der Niederlande, das Fundamentalgesetz des Königreiches aufrecht zu erhalten, und zu beobachten, und daß ich bei keiner Gelegenheit und unter keinem Vorwande, welcher er auch sey, mich davon entfernen oder zugeben werde, daß man sich davon entferne.
Ich schwöre ferner, mit aller meiner Macht die Unabhängigkeit des Königreiches und die Integrität seines Gebiets, so wie die öffentliche und individuelle Freiheit zu vertheidigen und zu bewahren, die Rechte aller und jeder meiner Unterthanen zu erhalten, und zur Sicherung und Erhöhung des allgemeinen und besondern Wohlergehens, so wie ein guter König schuldig ist, alle Mittel anzuwenden, welche die Gesetze zu meiner Verfügung stellen.
So wahr mir Gott helfe.“

54. Nach der Leistung dieses Eides wird der König in der nämlichen Sitzung von den Generalstaaten inaugurirt.

Der Präsident spricht in dieser Absicht folgende feierliche Erklärung aus, welche er und alle Mitglieder durch einen individuellen Eid bestärken:

„Wir schwören im Namen des Volkes der Niederlande, daß wir, kraft des Fundamentalgesetzes dieses Staates, Sie zum Könige annehmen und inauguriren; daß wir die Rechte Ihrer Krone aufrecht erhalten werden; daß wir in der Vertheidigung Ihrer Person und Ihrer königlichen Würde Ihnen gehorsam und treu seyn werden; und wir schwören alles zu thun, was gute und getreue Generalstaaten zu thun verpflichtet sind.
So wahr uns Gott helfe.“

[505] 55. Der König setzt die Provinzialstaaten von seiner Inauguration in Kenntniß, welche ihm mit folgenden Worten Huldigung leisten:

„Wir schwören, daß wir Ihnen als rechtmäßigem Könige der Niederlande in der Vertheidigung Ihrer Person und königlichen Würde getreu seyn werden; und daß wir in Gewißheit des Fundamentalgesetzes den Befehlen, die uns von Ihnen zukommen, gehorchen werden; daß wir in ihrer Vollziehung Ihren Dienern und Räthen Hülfe und Beistand leisten werden, und daß wir außerdem thun werden, was getreue Unterthanen zu thun verpflichtet sind.
So wahr uns Gott helfe.“

Eine feierliche Deputation einiger ihrer Mitglieder überbringt diese Erklärung dem Könige.

Sechste Section.
Von den königlichen Rechten.

56. Der König hat die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten; er ernennt die Minister und Consuln und beruft sie zurück.

57. Der König erklärt den Krieg und schließt Frieden; er setzt die beiden Kammern der Generalstaaten davon in Kenntniß. Er fügt diejenigen Mittheilungen hinzu, welche er mit dem Interesse und der Sicherheit des Staates für vereinbar hält.

58. Dem Könige gehört das Recht, alle andere Verträge und Conventionen abzuschließen und zu ratificiren.

Er setzt die beiden Kammern der Generalstaaten davon in Kenntniß, sobald er glaubt, daß das Interesse und die Sicherheit des Staats es erlauben.

Wenn in Friedenszeiten abgeschlossene Tractate eine Abtretung oder eine Austauschung eines Theiles des Gebiets des Königreichs oder seiner Besitzungen in den andern Welttheilen enthalten; so werden sie von dem Kinige nicht eher ratificiret, als bis sie von den Generalstaaten gebilligt worden sind.

[506] 59. Der König verfügt über die Land- und Seemacht, er ernennt die Officiere bei derselben, und ruft sie, nach Beschaffenheit der Fälle, mit Pension zurück.

60. Die oberste Leitung der Kolonieen und der Besitzungen des Königreiches in den andern Welttheilen gehört ausschließend dem Könige.

61. Der König hat die oberste Leitung der Finanzen; er ordnet und bestimmt die Besoldungen der Collegien und Staatsbeamten, welche aus dem öffentlichen Schatze bezahlt werden; er trägt sie in das Budget der Ausgaben des Staats ein.

Die Besoldungen der Staatsbeamten des richterlichen Standes sind durch das Gesetz bestimmt.

62. Der König hat das Recht Münze zu schlagen, und kann sie mit seinem Bilde prägen lassen.

63. Der König ertheilt den Adel; diejenigen, welche er adelt, legen ihre Diplome den Staaten ihrer Provinzen vor; dann nehmen sie an den mit dem Adel verbundenen Vorrechten Theil, und namentlich an dem Rechte, in die Ritterschaft eingeschrieben zu werden, wenn sie die erforderlichen Bedingungen in sich vereinigen.

64. Jeder Ritterorden wird durch ein Gesetz, auf den Vorschlag des Königs, begründet.

65. Fremde Orden, welche keine Verbindlichkeit auferlegen, können von dem Könige und von dem Prinzen seines Hauses mit seiner Einwilligung angenommen werden.

Kein fremder Orden, welcher er auch sey, kann von einem andern Unterthan des Königs, ohne seine ausdrückliche Erlaubniß, angenommen werden.

66. Diese Erlaubniß ist ebenfalls zur Annahme aller fremden Titel, Würden oder Aemter erforderlich.

In Zukunft können von einem fremden Fürsten ertheilte Adelsbriefe von keinem Unterthan des Königs angenommen werden.

67. Der König hat das Recht zu begnadigen, nachdem er von dem Obergerichtshofe des Königreiches ein Gutachten eingezogen hat.

68. Außer dem Rechte, in den von dem Gesetze selbst bestimmten Fällen zu dispensiren, bewilligt der König in dringenden Fällen, und wenn die Generalstaaten nicht versammelt [507] sind, Privatpersonen für ihr Privatinteresse und auf ihr Verlangen Dispensationen, nachdem er den Staatsrath darüber gehört hat: diese Dispensationen werden in Justizsachen und nach eingezogenem Gutachten von dem Obergerichtshofe, und in andern Sachen von den Verwaltungsdepartements, welche sie betreffen, bewilligt. Der König setzt die Generalstaaten von allen Dispensationen in Kenntniß, welche er in dem Zeitraume von einer Session bis zur andern bewilligt hat.

69. Der König entscheidet alle Streitigkeiten, welche sich zwischen zwei oder mehrern Provinzen erheben, wenn er sie nicht in Güte beendigen kann.

70. Der König legt den Generalstaaten die Gesetzesentwürfe vor, und thut ihnen jeden andern Vorschlag, den er für gut hält.

Er bestätigt oder verwirft die Vorschläge, welche ihm die Generalstaaten thun.

Siebente Section.
Von dem Staatsrathe und den Ministerialdepartements.

71. Es existirt ein Staatsrath. Dieser Rath besteht aus höchstens vier und zwanzig Mitgliedern, welche, so weit es möglich, aus allen Provinzen des Königreiches gewählt sind; der König ernennt und entsetzt sie nach Belieben.

Der König hat den Vorsitz im Staatsrathe: er ernennt, wenn er es für gut hält, einen Staatssecretair-Vicepräsidenten.

72. Der Prinz von Oranien ist von Rechts wegen Mitglied des Staatsraths; er nimmt mit erfülltem 18ten Jahre einen Platz darin ein.

Die andern Prinzen des königlichen Hauses können nach ihrer Mündigkeit von dem Könige hineinberufen werden.

Sie sind nicht in der festgesetzten Zahl der ordentlichen Mitglieder begriffen.

73. Der König unterwirft der Berathschlagung des Staatsraths die Vorschläge, welche er den Generalstaaten [508] thut und die, welche ihm von denselben gethan worden, so wie alle allgemeine Maasregeln für die innere Verwaltung des Königreiches und seiner Besitzungen in andern Welttheilen.

Im Eingange der Gesetze und königlichen Verordnungen wird erwähnt, daß der Staatsrath gehört worden ist.

Der König befragt ferner den Staatsrath um sein Gutachten über alle Gegenstände des allgemeinen oder besondern Interesses, welche er für gut hält, ihm zu unterwerfen.

Der König entscheidet allein, und er bringt jede seiner Entscheidungen zur Kenntniß des Staatsraths.

74. Der König kann außerordentliche Staatsräthe ohne Besoldung ernennen; er beruft sie in den Staatsrath, wenn er es für gut hält.

75. Der König gründet Ministerialdepartements; er ernennt und entsetzt deren Chefs nach Belieben; er kann einen oder mehrere derselben berufen, um den Berathschlagungen des Staatsraths beizuwohnen.

76. Der Eid, welchen die Chefs der Ministerialdepartements und die ordentlichen und außerordentlichen Staatsräthe leisten, enthält unabhängig von dem, was der König außerdem beizufügen für gut findet, die Verpflichtung, dem Fundamentalgesetze treu zu seyn.

Drittes Kapitel.
Von den Generalstaaten.
Erste Section.
Von der Bildung der Generalstaaten.

77. Die Generalstaaten repräsentiren die Nation.

78. Die Generalstaaten werden aus zwei Kammern gebildet.

79. Eine dieser Kammern besteht aus hundert und zehn Mitgliedern, welche von den Staaten der Provinzen, so wie folgt, ernannt werden: Nordbrabant ernennt 7, Südbrabant 8, Limburg 4, Geldern 6, Lüttich 6, [509] Ostflandern 10, Westflandern 8, Hennegau 8, Holland 22, Seeland 3, Namur 2, Antwerpen 5, Utrecht 3, Friesland 5, Overyssel 4, Gröningen 4, Drenthe 1, Luxemburg 4.

80. Die andre Kammer, welche den Namen der ersten Kammer führt, besteht aus wenigstens vierzig und höchstens sechzig Mitgliedern, die volle vierzig Jahre alt seyn müssen, und auf Lebenszeit von dem Könige aus den Personen ernannt werden, welche durch dem Staate geleistete Dienste, durch ihre Geburt oder ihr Vermögen am ausgezeichnetsten sind.

Zweite Section.
Von der zweiten Kammer der Generalstaaten.

81. Personen, welche in der Provinz, von welcher sie ernannt werden, wohnhaft und volle dreißig Jahre alt sind, sind in der zweiten Kammer wählbar.

Die in einer und derselben Provinz erwählten Mitglieder dürfen einander nicht näher, als im dritten Grad verwandt oder verschwägert seyn.

Land- und Seeofficiere sind nur wählbar, wenn sie einen Rang über den der Capitains haben.

82. Die Mitglieder dieser Kammer werden auf drei Jahre erwählt. Die Kammer wird jährlich zum dritten Theil erneuert, dem Schema gemäß, welches in dieser Hinsicht aufgesetzt werden wird.

Die heraustretenden Mitglieder können unmittelbar darauf wieder gewählt werden.

83. Die Mitglieder dieser Kammer votiren individuell ohne Bevollmächtigung, und ohne an die Versammlung, welche sie ernannt hat, zu referiren.

84. Beim Eintritt in ihr Amt leisten sie, jeder nach dem Ritual seines Cultus, folgenden Eid:

„Ich schwöre (verspreche), das Fundamentalgesetz zu beobachten und aufrecht zu erhalten; und daß ich bei keiner Gelegenheit und unter keinem Vorwande irgend einer Art mich davon entfernen oder zugehen werde, daß man sich davon entferne; daß ich mit allen

[510]

meinen Kräften die Unabhängigkeit des Königreiches und die öffentliche und individuelle Freiheit bewahren und beschützen werde; daß ich, so viel an mir ist, zu der Erhöhung des allgemeinen Wohlergehens beitragen werde, ohne mich von demselbm wegen eines besondern oder provinziellen Interesses zu entfernen.
So wahr mir Gott helfe.“

Sie werden zu diesem Eide zugelassen, nachdem sie folgenden Eid geleistet haben:

„Ich schwöre (erkläre), daß ich, um zum Mitgliede der zweiten Kammer der Generalstaaten ernannt zu werden, weder direct noch indirect, noch unter einem Vorwand irgend einer Art, keine Person, die in oder außer einem Staatsamte stehet, Gaben oder Geschenke weder gegeben oder versprochen habe, noch geben oder versprechen werde.
Ich schwöre (verspreche), daß ich niemals von irgend Jemanden oder unter irgend einem Vorwadde, direct oder indirect, irgend eine Gabe oder Geschenk annehmen werde, um irgend etwas in der Ausübung meines Staatsamtes zu thun oder nicht zu thun.
So wahr mir Gott helfe.“

Die Schwüre werden in die Hände des Königs oder, in der zweiten Kammer, in die Hände des dazu von dem Könige autorisirten Präsidenten abgelegt.

85. Der Präsident der zweiten Kammer wird von dem Könige für die Dauer einer Session, aus einer dreifachen Liste, welche die Kammer ihm überreicht, ernannt.

86. Die Mitglieder dieser Kammer erhalten eine Entschädigung für ihre Versetzung (deplacement), welche durch das Gesetz nach Maasgabe der Entfernung bestimmt wird.

Sie erhalten ferner für Aufenthaltskosten eine Summe von 2500 Gulden jährlich; diese Entschädigung, welche monatlich bezahlt wird, erhalten diejenigen Mitglieder in dem Zeitraume von einer Session bis zur andern nicht, welche bei der letzten Session nicht zugegen gewesen [511] sind, wenn sie nicht beweisen, daß sie durch Krankheit daran verhindert worden.

Dritte Section.
Von der ersten Kammer der Generalstaaten.

87. Die Mitglieder der ersten Kammer erhalten zu aller Schadloshaltung für Versetzung und Aufenthalt eine Summe von 3000 Gulden jährlich.

88. Bei dem Eintritt in ihr Amt leisten sie, jeder nach dem Ritual seines Cultus, in die Hände des Königs die für die Mitglieder der zweiten Kammer vorgeschriebenen Eide.

89. Der König ernennt den Präsidenten der ersten Kammer für die Dauer einer Session.

Vierte Section.
Verordnungen, die beiden Kammern gemein sind.

90 Man kann nicht zu gleicher Zeit Mitglied beider Kammern seyn.

91. Die Chefs der allgemeinen Verwaltungsdepartements haben in beiden Kammern Sitz.

Ihre Stimme ist nur dann deliberativ, wenn sie Mitglieder der Kammer sind, in welcher sie sitzen.

92. Die Mitglieder der Generalstaaten können nicht zu gleicher Zeit Mitglieder der Rechnungskammer seyn, noch überhaupt Stellen haben, welche zum Rechnungswesen gehören.

93. Ein Mitglied der Provinzialstaaten, das zu den Generalstaaten ernannt wird, verliert, indem es in denselben Sitz nimmt, seine vorige Eigenschaft.

94. Jede Kammer verificirt die Vollmachten ihrer Mitglieder, und entscheidet die in dieser Hinsicht entstandenen Streitigkeiten.

95. Jede Kammer ernennt ihren Protokollführer (greffier).

[512] 96. Jede der beiden Kammern führt den Titel: Edle und Hochmächtige Herrn (Nobles et Puissants Seigneurs).

97. Die Generalstaaten versammeln sich wenigstens einmal jährlich; die ordentliche Session fängt mit dem dritten Montag des Monats October an.

Der König beruft sie außerordentlich zusammen, wenn er es nöthig findet.

98. In Friedenszeiten werden die Sessionen von Jahr zu Jahr abwechselnd in einer Stadt der nördlichen und in einer Stadt der südlichen Provinzen gehalten.

99. Bei dem Ableben des Könige versammeln sich die Generalstaaten ohne vorhergehende Zusammenberufung. Die Mitglieder der Generalstaaten, welche sich am funfzehnten Tage nach diesem Ableben an dem Orte befinden, wo der Sitz der Regierung bestimmt ist, eröffnen die außerordentliche Sitzung.

100. Die Session der Generalstaaten wird in einer Sitzung der beiden vereinigten Kammern durch den König oder seine Commissarien eröffnet; sie wird auf dieselbe Weise geschlossen, wenn der König dafür hält, daß das Interesse des Königreiches ihre Fortsetzung nicht erfordert.

Die ordentliche Session muß wenigstens zwanzig Tage dauern.

101. Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht wenigstens die Hälfte ihrer Mitglieder versammelt ist.

102. Jeder Beschluß wird durch die absolute Mehrheit der Stimmen gefaßt.

103. Die Mitglieder der Generalstaaten votiren auf namentliches Aufrufen und mit lauter Stimme.

Die Wahlen und Vorschläge der Kandidaten geschehen allein durch geheime Stimmensammlung.

104. In den verschiedenen Fällen, wo laut des Fundamentalgesetzes die beiden Kammern (die zweite verdoppelt oder in gewöhnlicher Anzahl) vereinigt sind, sitzen die Mitglieder ohne Unterschied der Kammern.

Der Präsident der ersten Kammer leitet die Berathschlagungen.

[513]
Fünfte Section.
Von der gesetzgebenden Gewalt.

105. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich von dem Könige und den Generalstaaten ausgeübt.

106. Der König richtet die Vorschläge, welche er den Generalstaaten thun will, an die zweite Kammer, durch ein Sendschreiben (message), welches die Beweggründe enthält, oder durch Commissäre.

107. Die Kammer berathschlagt in allgemeiner Versammlung über keinen Vorschlag des Königs eher, als bis sie ihn in den verschiedenen Sectionen geprüft hat, in welche alle Mitglieder der Kammer sich theilen, und welche periodisch durch das Loos erneuert werden.

108. Die Sitzungen der zweiten Kammer der Generalstaaten sind öffentlich; doch bildet sich die Kammer zu einer Comittée, wenn der zehnte Theil der gegenwärtigen Mitglieder es verlangt, oder der Präsident es gut findet.

In der Comittée können Beschlüsse über die Gegenstände gefaßt werden, welche daselbst verhandelt worden sind.

109. Wenn die zweite Kammer, nachdem sie über den allgemeinen Bericht, der ihr von dem Gutachten ihrer Sectionen gemacht wird, berathschlagt hat, den Entwurf annimmt; so sendet sie ihn der ersten Kammer mit folgender Formel zu:

„Die zweite Kammer der Generalstaaten sendet der ersten Kammer den beigefügten Vorschlag des Königs zu; sie glaubt daß er anzunehmen ist.“

110. Wenn die zweite Kammer den Vorschlag nicht annehmen zu können glaubt; so giebt sie dem Könige mit folgenden Worten Nachricht davon:

„Die zweite Kammer der Generalstaaten bezeugt dem Könige ihre Dankbarkeit für den Eifer, mit welchem er über die Interessen des Königreiches wacht, und ersucht ihn ehrfurchtsvoll, seinen Vorschlag in weitern Betracht zu nehmen.“

111. Wenn die erste Kammer einen von der zweiten Kammer angenommenen Vorschlag des Königs erhält; so [514] sendet sie ihn den Sectionen zu, und wenn sie, nachdem sie in allgemeiner Sitzung darüber berathschlagt hat, dem Vorschlag annimmt; so giebt sie dem Könige mit folgenden Worten davon Nachricht:

„Die Generalstaaten bezeugen dem Könige ihre Dankbarkeit für den Eifer, mit welchem er über die Interessen des Königreiches wacht, und nehmen seinen Vorschlag an.“

Und der zweiten Kammer mit diesen Worten:

„Die erste Kammer der Generalstaaten bringt zur Kenntniß der zweiten Kammer, daß sie den Vorschlag des Königs angenommen hat, welche ihr den … betreffend … übersendet worden ist.“

112. Wenn die erste Kammer den Vorschlag nicht annehmen zu können glaubt; so drückt sie es aus, wie im Artikel 110.

Sie setzt die zweite Kammer mit folgenden Worten davon in Kenntniß:

„Die erste Kammer der Generalstaaten bringt zur Kenntniß der zweiten Kammer, daß sie den König ehrfurchtsvoll ersucht hat, seinen Vorschlag … betreffend … in weitern Betracht zu nehmen.“

113. Die Generalstaaten haben das Recht, dem Könige Vorschläge zu thun, auf folgende Art.

114. Das Recht, eine Berathschlagung der Generalstaaten über einen dem Könige zu machenden Vorschlag zu veranlassen, gehört ausschließlich den Mitgliedern der zweiten Kammer. Sie prüft ihn in der für die Gesetzesentwürfe vorgeschriebenen Form.

115. Wenn sie den Vorschlag billigt, sendet sie ihn der ersten Kammer zu, mit folgender Formel:

„Die zweite Kammer der Generalstaaten sendet der ersten Kammer den beigefügten Vorschlag, und glaubt, daß die Sanction des Königs nachzusuchen ist.“

116. Nachdem die erste Kammer auf die gewöhnliche Art darüber berathschlagt hat; so sendet sie ihn, im Falle der Billigung, an den König, mit folgender Formel:

„Die Generalstaaten senden dem Könige den beigefügten Vorschlag zu, welchen sie für den Staat vortheilhaft [515] und nützlich halten. Sie ersuchen S. M., ihm die königliche Sanction zu ertheilen.“

Sie unterrichtet davon die zweite Kammer mit diesen Worten:

„Die erste Kammer der Generalstaaten benachrichtigt die zweite Kammer, daß sie ihren Vorschlag vom … betreffend … angenommen hat, und daß sie ihn an S. M. gesandt hat, um seine königliche Sanction nachzusuchen.“

117. Wenn die erste Kammer den Vorschlag nicht billigt; so unterrichtet sie die zweite Kammer davon mit folgenden Worten:

„Die erste Kammer der Generalstaaten sendet der zweiten Kammer den beigefügten Vorschlag zurück, welchem sie ihren Beifall nicht geben zu können geglaubt hat.“

118. Wenn der König einen Vorschlag der Generalstaaten annimmt; so drückt er sich mit diesen Worten aus:

„Der König willigt ein.“

Wenn er ihn verwirft in diesen:

„Der König wird in Ueberlegung nehmen.“

119. Die von dem Könige und den beiden Kammern der Generalstaaten angenommenen Gesetzesentwürfe werden Gesetze des Königreiches, und werden von dem Könige promulgirt.

120. Das Gesetz setzt die Art der Promulgation und den Zeitpunct fest, nach welchem die Gesetze verbindlich werden.

Die Formel der Promulgation ist in diesen Worten verfaßt:

„Wir … König der Niederlande etc. etc. allen, welche Gegenwärtiges sehen werden, unsern Gruß! Kund und zu wissen.

Nachdem wir in Ueberlegung genommen etc. (hier werden die Beweggründe eingeschaltet). Aus diesen Ursachen haben wir, nachdem wir unsern Staatsrath gehört haben, und in gemeinsamer Uebereinstimmung

[516]

mit den Generalstaaten, verordnet, wie wir durch Gegenwärtiges verordnen.“

 (Der Text des Gesetzes.)

Gegeben u. s. w.

Sechste Section.
Von dem Budget des Staats.

121. Das Budget der Ausgaben des Königreiches muß die Beistimmung der Generalstaaten haben; es wird von dem Könige der zweiten Kammer in der ordentlichen Session überreicht.

122. Das Budget ist in zwei Theile eingetheilt. Diese Eintheilung soll zu dem Jahre 1820, und wenn die Umstände es erlauben, noch eher gemacht werden.

123. Der erste Theil enthält alle ordentliche fixe und bestehende Ausgaben, welche aus dem gewöhnlichen Laufe der Dinge hervorgehen, und sich besonders auf den Friedenszustand beziehen.

Wenn diese Ausgaben von den Generalstaaten gebilligt sind; so sind sie die ersten zehn Jahre hindurch einer fernerweiten jährlichen Einwilligung nicht unterworfen.

Sie werden während dieses Zeitraumes nur dann in eine neue Berathschlagung gezogen, wenn der König zu erkennen giebt, daß ein Gegenstand der Ausgaben aufgehört oder sich verändert hat.

124. Indem man diesen Theil des Budgets festsetzt, bestimmt man zugleich die Mittel, ihn zu decken.

Sie werden ebenfalls auf zehn Jahre festgesetzt; und bleiben unveränderlich, wenn nicht der König zu erkennen giebt, eines dieser Mittel durch ein anderes zu ersetzen oder zu modificiren.

125. Ein Jahr vor dem Ablaufe des Termins, für welchen die fixen Ausgaben festgesetzt sind, schlägt der König für die zehn Jahre, welche diesem Termine folgen, ein neues Budget vor.

126. Der zweite Theil des Budgets enthält die außerordentlichen, unvorhergesehenen und ungewissen Ausgaben, welche vorzüglich zur Zeit des Kriegs nach den Umständen bestimmt werden müssen.

[517] Die Ausgaben, so wie die Mittel, sie zu decken, werden nur auf ein Jahr festgesetzt.

127. Die Ausgaben jedes Departements der allgemeinen Verwaltung sind der Gegenstand eines abgesonderten Kapitels des Budgets.

Die für ein Departement zugestandenen Fonds müssen ausschließlich für Ausgaben, welche ihm angehören, verwendet werden; so daß keine Summe, ohne den Beitritt der Generalstaaten, aus einem Theile der allgemeinen Verwaltung auf einen andern übergetragen werden kann.

128. Der König läßt jährlich den Generalstaaten eine genaue Berechnung der Anwendung der öffentlichen Gelder vor Augen legen.

Viertes Kapitel.
Von den Provinzialstaaten.
Erste Section.
Von der Bildung der Provinzialstaaten.

129. Die Staaten der Provinzen bestehen aus den von den drei folgenden Ständen erwählten Mitgliedern:

Die Adlichen oder Ritterschaft.
Die Städte.
Die Landschaft.

130. Die vollständige Anzahl der Mitglieder, aus welchen die Provinzialstaaten bestehen, und die von jedem Stande zu erwählende Anzahl, werden von dem Könige nach dem Gutachten einer Commission, welche er in jeder Provinz ernennt, bestimmt.

131. In jeder Provinz bilden die Adlichen einen ritterschaftlichen Verein (Corps Equestres), oder nicht, je nachdem es für gut befunden wird.

Die erste Zusammenberufung der Adlichen, oder des ritterschaftlichen Vereins, und die erste Zulassung zu diesen Corporationen gehört dem Könige an. – Sie unterwerfen ihre Reglements der Genehmigung des Königs, und entfernen in der Abfassung derselben sich nicht von den Grundsätzen des Fundamentalgesetzes.

[518] 132. Die Stadtobrigkeiten werden auf die Art organisirt, welche in den Reglements, die die bestehenden Obrigkeiten oder von dem Könige ernannten Specialcommissionen vorschlagen, angenommen wird.

Diese Reglements werden den Provinzialstaaten zugesandt, welche sie mit ihren Bemerkungen der Genehmigung des Königs unterwerfen.

Sie betreffen die Art der Wahl derjenigen Mitglieder der Provinzialstaaten, welche jede Stadt stellt.

133. Jede Stadt hat ein Wahlcollegium; es wird jedes Jahr zusammenberufen, blos um zu den vacanten Stellen in dem Stadtrathe zu ernennen.

134. Die stimmfähigen Einwohner jeder Stadt ernennen zu den vacanten Stellen in den Wahlcollegien. Die Ernennungen geschehen jedes Jahr, nach der Majorität der Stimmen, durch versiegelte und unterzeichnete Billets, welche auf Anordnung der Municipalverwaltung in den Häusern eingesammelt werden.

Die Reglements jeder Stadt bestimmen die Quote der directen Steuer, welche man bezahlen muß, und die andern Eigenschaften, welche man haben muß, um stimmfähig zu seyn.

135. Zum Behufe der Ausübung des Wahlrechts, ist das Land in Districte getheilt.

136. Man kann nicht zu gleicher Zeit Mitglied der Staaten von mehr als einer Provinz seyn.

137. Der König ernennt in allen Provinzen Commissäre, unter einer Benennung, welche er für schicklich hält, und giebt ihnen die nöthigen Instructionen, um die Vollziehung der Gesetze zu sichern, und über die Interessen des Königreiches und der Provinz zu wachen.

Sic haben den Vorsitz in der Versammlung der Staaten und der nach der Verordnung des Art. 153. zu ernennenden Deputationen.

Bei ihrer Ernennung leisten sie den Eid, dem Fundamentalgesetze getreu zu seyn.

138. Die Mitglieder der Provinzialstaaten leisten, bevor sie ihr Amt antreten, jedes nach dem Rituale seines Cultus, folgenden Eid:

[519]

„Ich schwöre (verspreche), das Fundamentalgesetz des Königreiches zu beobachten, ohne mich auf irgend eine Weise und unter welchem Vorwande es auch sey, davon zu entfernen; – mich nach dem Reglement der Provinz zu richten, und alles zu thun, was in meinen Kräften steht, um ihr Wohlseyn zu erhöhen. So wahr mir Gott helfe.“

Sie werden zu diesem Eide zugelassen, nachdem sie denjenigen abgelegt haben, nichts gegeben oder versprochen zu haben, und keine verbotenen Gaben oder Geschenke anzunehmen, in Gemäßheit dessen, was für die Mitglieder der Generalstaaten im Artikel 84 vorgeschrieben worden ist.

139. Die Staaten der Provinzen versammeln sich wenigstens einmal jährlich, und jedesmal, wenn sie von dem Könige zusammenberufen werden.

140. Die Mitglieder der Provinzialstaaten votiren individuell, ohne Auftrag, und ohne an die Versammlung, welche sie ernannt hat, zu referiren.

141. Die Provinzialstaaten können keinen Entschluß fassen, wenn nicht mehr als die Hälfte der Mitglieder sich versammelt findet.

Jeder Beschluß wird nach der absoluten Stimmenmehrheit gefaßt.

142. Die Mitglieder der Provinzialstaaten votiren mit lauter Stimme und auf namentliches Aufrufen; die Wahlen und die Repräsentation der Kandidaten allein geschehen durch geheime Stimmensammlung.

Zweite Section.
Von den Verhältnissen (attributions) der Stände (états).

143. Die Stände unterwerfen die Kosten ihrer Verwaltung dem Könige, welcher, im Falle der Genehmigung, sie in das allgemeine Budget der Staatsausgaben aufnimmt.

144. Die Stände der Provinzen ernennen in oder außer ihrem Mittel die Mitglieder der zweiten Kammer der Generalstaaten. – Sie wählen dieselben, so weit es möglich ist, aus den verschiedenen Theilen der Provinz.

[520] 145. Die Stände sind mit der Vollziehung der Gesetze, welche den Schutz der verschiedenen Gattungen des Cultus, deren äußere Ausübung, den öffentlichen Unterricht, die Wohlthätigkeitsanstalten, die Aufmunterung des Ackerbaus, des Handels und der Manufacturen betreffen, so wie aller andern Gesetze, welche der König in dieser Absicht ihnen zusendet, beauftragt.

146. Die Stände haben alles unter sich, was mit der innern Verwallung und Oeconomie ihrer Provinz zusammenhängt. Die Verordnungen und Reglements, welche sie in dem allgemeinen Interesse der Provinz für nöthig oder nützlich halten, müssen, ehe sie zur Vollziehung gebracht werden, die Genehmigung des Königs erhalten haben.

147. Sie halten darüber, daß die freie Einfuhr und Ausfuhr und der Transito der Waaren und Güter keinen andern Beschränkungen unterliege, als denjenigen, welche in den Gesetzen gegründet sind.

148. Sie vermitteln die Streitigkeiten der Localbehörden. Wenn es ihnen nicht gelingt; so unterwerfen sie dieselben der Entscheidung des Königs.

149. Der König kann diejenigen Verhandlungen der Provinzialstände, welche den Gesetzen oder dem allgemeinen Interesse zuwider seyn sollten, suspendiren oder annulliren.

150. Die Provinzialstände thun dem Könige Vorschläge zur Unterhaltung oder Vollendung der Arbeiten oder Anstalten, welche sie für ihre Provinz nützlich glauben. Sie können zu gleicher Zeit die Mittel vorschlagen, den Aufwand ganz oder zum Theile auf Kosten der Provinz herbeizuschaffen.

Im Falle der Genehmigung, steht ihnen die Direction der Arbeiten und der Verwaltung der Mittel zu, unter der Verpflichtung, Rechnung davon abzulegen.

151. Sie können die Interessen ihrer Provinzen und der ihrer Verwaltung Anvertrauten (administrés) bei dem Könige und den Generalstaaten unterstützen.

152. Reglements, die von den Provinzialständen gemacht und von dem Könige sanctionirt werden, bestimmen die Art, wie sie die von dem Fundamentalgesetze und zu Folge desselben ihnen verstattete Gewalt ausüben sollen.

[521] 153. Die Stände ernennen aus ihrer Mitte eine Deputation, welche sowohl während der Dauer ihrer Sessionen, als wenn sie nicht versammelt sind, im Allgemeinen mit allem beauftragt ist, was zu der täglichen Verwaltung und zur Vollziehung der Gesetze gehört.

Die Provinz Holland kann in Rücksicht ihres Umfangs und ihrer Bevölkerung zwei Deputationen haben.

Dritte Section.
Von den Localadministrationen.

154. Die Ruraladministrationen der Herrschaften, Districte oder Dörfer werden auf die Weise organisirt, welche man nach den Umständen und Localinteressen am zweckmäßigsten findet, und mit den gesetzmäßig erworbenen Rechten vereinbar glaubt.

Die Provinzialstaaten lassen in dieser Hinsicht und in Gemäßheit des Fundamentalgesetzes Reglements machen, welche sie mit ihren Bemerkungen der Genehmigung des Königs unterwerfen.

155. Die Localadministrationen haben die vollständige und gänzliche Direction ihrer besondern und häuslichen Interessen, so wie sie durch die Reglements bestimmt ist. Die Verordnungen, welche sie in dieser Hinsicht machen, werden den Staaten der Provinz abschriftlich zugesandt, und können den Gesetzen oder dem allgemeinen Interesse nicht zuwiderlaufen.

Der König hat zu jeder Zeit das Recht, über die Administration der Localbehörden jede Erkundigung einzuziehen, und in dieser Hinsicht jede Verfügung zu treffen, welche er nöthig findet.

156. Die Localadministrationen sind gehalten, den Provinzialstaaten ihr Budget der Einnahme und Ausgabe vorzulegen und sich nach dem zu richten, was die Staaten in dieser Hinsicht vorschreiben.

157. Wenn die Gemeindelasten eine Auflage erfordern; so beobachten die Localadministrationen gewissenhaft die Verfügungen der Gesetze und allgemeinen Verordnungen und Reglements im Finanzwesen.

[522] Bevor diese Auflagen erhoben werden, müssen sie die Genehmigung der Provinzialstaaten haben, welchen die Entwürfe mit einem genauen Etat der Bedürfnisse der Gemeinde zusandt werden.

Bei Prüfung dieser Entwürfe halten die Staaten darüber, daß die vorgeschlagene Auflage den Transito nicht erschwert, und nicht auf die Einfuhr der Producte des Bodens oder der Industrie andrer Provinzen, Städte oder Landgemeinden höhere Zölle legt, als diejenigen, welche von den Producten des Ortes selbst, wo die Auflage eingeführt wird, erhoben werden.

158. Keine neue Gemeindeauflage kann ohne Einwilligung des Königs eingeführt werden.

159. Die Stände senden alle Gemeindebudgets an den König, deren Zusendung er verlangt.

Der König giebt die nöthigen Instructionen zum Abschluß der von den Localadministrationen abzulegenden Rechnungen.

160. Die Localadministrationen können die Interessen ihrer Untergebenen bei dem Könige und den Staaten ihrer Provinz unterstützen.

Vierte Section.
Allgemeine Verordnung.

161. Jeder Einwohner des Königreiches hat das Recht, geschriebene Petitionen an die competenten Behörden zu senden, wenn er es nur individuell und nicht nomine collectivo thut, welches bloß den gesetzlich constituirten und als solchen anerkannten Corporationen und nur über Gegenstände, welche in ihren Wirkungskreis gehören, erlaubt ist.

Fünftes Kapitel.
Von der Justiz.
Erste Section.
Allgemeine Verordnungen.

162. Das Recht wird im ganzen Umfange des Königreiches im Namen des Königs gesprochen.

[523] 163. Es wird für das ganze Königreich einen und denselben Codex des bürgerlichen, peinlichen, Handelsrechts, der Organisation der richterlichen Gewalt und der Civil- und Criminalprocedur geben.

164. Der ruhige Besitz und Genuß seines Eigenthums ist jedem Einwohner garantirt.

Niemanden kann dasselbe anders entzogen werden, als aus dem Grunde des öffentlichen Nutzens, in den Fällen und auf die Art und Weise, welche das Gesetz festsetzen wird und mittelst einer gerechten Schadloshaltung.

165. Die Streitigkeiten, welche das Eigenthum oder die daraus abgeleiteten Rechte, Schulden oder Privatrechte zum Gegenstande haben, gehören ausschließlich vor die Gerichtsbarkeit der Tribunale.

166. Die richterliche Gewalt kann nur von den durch das Fundamentalgesetz oder zufolge desselben begründeten Tribunalen ausgeübt werden.

167. Niemand kann wider seinen Willen mit Uebergehung des Richters, den das Gesetz ihm zuweiset, vor einem andern belangt werden.

168. Niemand kann außer dem Falle, wo er auf frischer That ergriffen wird, anders, als Kraft eines Befehls seines Richters verhaftet werden, welcher motivirt seyn, und der verhafteten Person im Augenblick der Verhaftung oder unmittelbar nachher vorgezeigt werden muß.

Das Gesetz bestimmt die Form dieses Befehls, so wie die Frist, in welcher jeder Angeklagte verhört werden muß.

169. Wenn bei außerordentlichen Umständen die öffentliche Behörde einen Einwohner des Königreiches verhaften läßt; so ist derjenige, auf dessen Befehl die Verhaftung geschehen ist, verbunden, binnen 24 Stunden den Richter des Orts davon in Kenntniß zu setzen und spätestens in drei Tagen die verhaftete Person an ihn abzuliefern.

Die Criminaltribunale sind, jedes in seiner Gerichtsbarkeit, verbunden, über die Vollziehung dieser Verordnung zu wachen.

170. Es ist niemanden erlaubt, in die Wohnung eines Einwohners wider dessen Willen einzudringen, wenn es nicht Kraft des Befehls eines zu diesem Endzweck [524] von dem Gesetz für competent erklärten Staatsbeamten, und mit Beobachtung der im Gesetze festgesetzten Formen geschieht.

171. Die Confiscation des Vermögens kann nie Statt finden, um welches Verbrechens willen es auch sey.

172. Jedes Criminalurtheil, das auf Condemnation erkennt, muß das Verbrechen mit allen Umständen, welche es begründen, aussprechen, und die Artikel des Gesetzes enthalten, welche die Strafe androhen.

173. Bei den Civilurtheilen werden die Gründe angegeben.

174. Jedes Urtheil wird in öffentlichem Gerichte ausgesprochen.

Zweite Section.
Von dem Obergerichtshofe und den Tribunalen.

175. Es giebt für das ganze Königreich ein oberstes Tribunal, welches den Namen eines Obergerichtshofes führt, und dessen Mitglieder so viel möglich aus allen Provinzen gewählt werden.

176. Der Obergerichtshof benachrichtigt die zweite Kammer der Generalstaaten von den Stellen, welche in seiner Mitte vacant werden. Der König ernennt zu diesen Stellen aus einer dreifachen Liste, welche diese Kammer ihm überreicht.

Er ernennt den Präsidenten des Obergerichtshofs aus dessen Mitgliedern.

Er ernennt den Generalprocurator.

177. Die Mitglieder der Generalstaaten, die Chefs der allgemeinen Verwaltungsdepartements, die Staatsräthe und der Commissäre des Königs in den Provinzen stehen, wegen aller während der Dauer ihres Amts begangenen Vergehungen, unter der Gerichtsbarkeit des Obergerichtshofes.

Wegen der in der Ausübung ihres Amts begangenen Vergehungen können sie nicht eher belangt werden, als bis die Generalstaaten ihre Belangung autorisirt haben.

[525] 178. Das Gesetz bezeichnet die andern Staatsbeamten, welche wegen aller während der Dauer ihres Amts begangenen Vergehungen unter der Gerichtsbarkeit des Obergerichtshofes stehen.

179. Die gegen den König, die Mitglieder seines Hauses und den Staat gerichteten Klagen können nur von dem Obergerichtshofe angestellt werden. Ausgenommen sind die Realklagen, welche vor die ordentlichen Richter gebracht werden.

180. Der Obergerichtshof hat die Oberaufsicht über die Verwaltung der Justiz in dem ganzen Umfange des Königreiches. Er wacht darüber, daß die Gerichtshöfe und Tribunale eine richtige Anwendung von den Gesetzen machen; er annullirt ihre Verhandlungen und ihre Urtheile, welche denselben zuwider sind; alles in Gemäßheit der Eigenschaften, welche ihm durch den Codex der Procedur beigelegt sind.

181. Die Appellation in den Sachen, welche nach den Gesetzen in erster Instanz von den Provinzialgerichtshöfen entschieden werden, kommt vor den Obergerichtshof.

182. Es giebt einen Gerichshof für eine oder für mehrere Provinzen.

Der König ernennt zu den vacanten Stellen in den Gerichtshöfen aus einer dreifachen Liste, welche ihm von den Provinzialstaaten überreicht wird.

Er ernennt die Präsidenten dieser Gerichtshöfe aus ihren Mitgliedern.

Er ernennt die Generalprocuratoren.

183. Die Criminaljustiz wird ausschließlich von den Provinzialgerichtshöfen und den andern Criminaltribunalen verwaltet, deren Gründung nöthig befunden werden wird.

184. Die Verwaltung der Civiljustiz ist den Provinzialgerichshöfen und den Civiltribunalen anvertraut.

185. Die Organisation der Provinzialgerichtshöfe, der Civil- und Criminaltribunale, ihre Benennung, ihr Geschäftskreis, ihre Verhältnisse (attributions), so wie der Generalprocuratoren und andrer Ministerialofficianten werden durch das Gesetz bestimmt.

[526] 186. Die Mitglieder des Obergerichtshofes, der Provinzialgerichtshöfe und der Criminaltribunale, so wie die Generalprocuratoren und andre Ministerialofficianten bei diesen Höfen und Tribunalen, werden auf Lebenszeit ernannt.

Die Dauer der Functionen der andern Richter und Ministerialofficianten ist durch das Gesetz bestimmt.

Kein Richter kann während der gesetzmäßigen Dauer seiner Functionen seiner Stelle anders, als auf sein Ansuchen oder durch ein Urtheil entsetzt werden.

187. Das Gesetz bestimmt die Art und Weise, die Streitigkeiten und Contraventionen in Steuersachen zu entscheiden.

188. Kriegsräthe und ein Oberkriegsgerichtshof erkennen über alle von Land- oder Seemilitairs begangene Vergehungen.

Dieser Gerichthof wird aus einer gleichen Anzahl von Rechtsgelehrten und Land- und Marineofficieren bestehen, welche von dem Könige auf Lebenszeit ernannt werden. Den Vorsitz in demselben führt immer ein Rechtsgelehrter.

189. Die ordentlichen Tribunale erkennen über alle wider eine Militairperson angestellte Civilklagen.

Sechstes Kapitel.
Von dem Cultus.

190. Die Freiheit der religiösen Meinungen ist allen garantirt.

191. Gleicher Schutz ist allen religiösen Gemeinden, welche in dem Königreiche existiren, bewilligt.

192. Alle Unterthanen des Königs, ohne Unterschied des religösen Glaubens, genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte, und sind zu allen und jeden Würden und Aemtern fähig.

193. Die öffentliche Ausübung keines Cultus kann gehindert werden, außer in dem Falle, wo sie die öffentliche Ordnung und Ruhe stören kann.

194. Die Besoldungen, Pensionen und andere Vortheile, welcher Are sie seyen, welche die verschiedenen Gattungen [527] des Cultus und ihre Diener gegenwärtig genießen, sind ihnen garantirt.

Es kann eine Besoldung denen Geistlichen, welche keine haben, und eine Zulage denen, deren Besoldung unzureichend ist, angewiesen werden.

195. Der König wacht darüber, daß die für die verschiedenen Gattungen des Cultus angewiesenen Summen, welche aus dem öffentlichen Schatze bezahlt werden, keine andre, als die Anwendung erhalten, zu welcher sie besonders bestimmt sind.

196. Der König wacht darüber, daß kein Cultus in der Freiheit der Ausübung gestört werde, welche das Fundamentalgesetz ihm sichert.

Er wacht ferner darüber, daß alle Gattungen des Cultus in dem Gehorsame verbleiben, welchen sie den Gesetzen des Staats schuldig sind.

Siebentes Kapitel.
Von den Finanzen.

197. Keine Auflage zu Gunsten des öffentlichen Schatzes kann anders, als Kraft eines Gesetzes eingeführt werden.

198. In Hinsicht der Abgaben kann kein Privilegium bewilligt werden.

199. Alle Jahre wird die öffentliche Schuld, nach dem Interesse der Staatsgläubiger, in Betrachtung gezogen.

200. Das Gesetz bestimmt das Gewicht und den Gehalt der Münzen; es setzt ihren Werth fest.

201. Ein Collegium, unter dem Namen der Münzräthe und Generalmünzmeister, hat die Leitung und obere Aufsicht alles dessen, was die Münze betrifft, in Gemäßheit der Instructionen, welche ihnen durch das Gesetz gegeben werden.

Der König ernennt zu den vacanten Stellen in diesem Collegium aus einer dreifachen Liste, welche ihm von der zweiten Kammer der Generalstaaten überreicht wird.

202. Es giebt für das ganze Königreich eine Rechnungskammer, beauftragt mit der Prüfung und Liquidation der jährlichen Rechnungen der allgemeinen Verwaltungsdepartements, [528] und aller, welche dem Staate der von dem Gesetz gegebenen Anweisungen gemäß, Rechenschaft ablegen müssen, und anderer.

Die Mitglieder der Rechnungskammer werden, so weit es möglich ist, aus allen Provinzen gewählt.

Der König ernennt zu den vacanten Stellen aus einer dreifachen Liste, welche die zweite Kammer der Generalstaaten ihm überreicht.

Achtes Kapitel.
Von der Vertheidigung des Staats.

203. Zufolge der alten Gewohnheiten, nach dem Geiste des Genter Friedens und den Grundsätzen[WS 4] der Utrechter Union, ist eine der ersten Pflichten der Einwohner des Königreiches, zur Erhaltung der Unabhängigkeit und zur Vertheidigung des Gebietes des Staates die Waffen zu tragen.

204. Der König sorgt dafür, daß eine hinreichende Land- und Seemacht, welche durch freiwillige Dienstnehmung Einheimischer oder Fremder gebildet wird, beständig unterhalten werde, um in oder außer Europa zu dienen, je nachdem es die Umstände erfordern.

205. Fremde Truppen können nur mit gemeinsamer Uebereinstimmung des Königs und der Generalstaaten in die Dienste des Königreiches genommen werden. Der König theilt die Capitulationen, welche er in dieser Rücksicht schließt, den Generalstaaten mit, sobald er es füglicherweise kann.

206. Unabhängig von der stehenden Land- und Seearmee giebt es eine Nationalmiliz, von welcher in Friedenszeiten alle Jahre ein Fünftheil verabschiedet wird.

207. Diese Miliz wird, so weit es möglich ist, durch freiwilliges Anwerben auf die vom Gesetz bestimmte Weise gebildet: in Ermangelung einer hinreichenden Anzahl freiwillig Angeworbener, wird sie durch das Loos vollzählig gemacht. Alle am ersten Januar jedes Jahres unverheirathete Einwohner, welche zu dieser Zeit das neunzehnte Jahr erreicht und das drei und zwanzigste noch nicht beendigt haben, nehmen an der Ziehung Theil. Diejenigen, welche ihren Abschied erhalten haben, können unter keinem [529] Vorwande zu einem andern Dienst berufen werden, als zu dem der Communalgarde, von welcher unten die Rede seyn wird.

208. In den gewöhnlichen Zeiten wird die Miliz alle Jahre ungefähr einen Monat lang exercirt; jedoch kann der König, wenn das Interesse des Staats es erheischt, ein Viertheil der Milizen versammelt halten.

209. Im Falle eines Kriegs, oder bei andern außerordentlichen Umständen, kann der König die ganze Miliz berufen und versammelt halten. Wenn die Generalstaaten nicht versammelt sind, beruft er sie zu gleicher Zeit zusammen; er setzt sie von dem Zustande der Dinge in Kenntniß, und verabredet mit ihnen die weitern Maasregeln.

210. In keinem Falle kann die Miliz in den Kolonieen gebraucht werden.

211. Die Miliz kann in keinem Falle die Gränzen des Königreiches ohne die Einwilligung der Generalstaaten überschreiten, außer bei dringenden Gefahren, und wenn bei Garnisonsveränderungen der kürzeste Weg durch fremdes Gebiet geht. In beiden Fällen unterrichtet der König, so bald als möglich, die Generalstaaten von den Befehlen, welche er gegeben hat.

212. Alle Ausgaben, die auf die Heere des Staats Bezug haben, werden von dem öffentlichen Schatze getragen.

Die Einquartierung und die Ernährung der Kriegsleute, die den Truppen des Königs, oder den Festungen zu machenden Prästationen, von welcher Natur sie seyen, können nicht einen oder mehrern Einwohnern, einer ober mehrern Gemeinden zur Last fallen. Wenn, wegen unvorhergesehener Umstände, solche Prästationen von Individuen oder Gemeinden gemacht werden; so bringt sie der Staat in Rechnung, und es wird dafür, nach dem durch die Reglements aufgestellten Tarif, eine Schadloshaltung bezahlt.

213. In den Gemeinden, welche zusammengenommen eine Bevölkerung von 2500 und drüber Einwohnern haben, giebt es, wie vorher, Communalgarden, welche zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe gebraucht werden; sie können im Falle des Kriegs gebraucht werden, um die Angriffe des Feindes abzuhalten.

[530] In den andern Gemeinden giebt es Communalgarden, welche, zur Zeit des Friedens außer Thätigkeit, in Kriegszeiten mit den Garden der andern Gemeinden den Aufstand in Masse zur Vertheidigung des Landes bilden.

214. Die Verfügungen, welche der König für nöthig achtet, um die Organisation der Miliz und die Zahl der Milizen zu bestimmen, so wie die Communalgarden und der Aufstand in Masse, sind Gegenstand eines Gesetzes.

Neuntes Kapitel.
Von der Direction der Gewässer, Brücken und Straßen.

215. Der König hat die Oberaufsicht über die hydraulischen Werke, Brücken und Straßen, ohne Unterschied, ob der Aufwand aus dem öffentlichen Schatze oder auf irgend eine andre Weise bestritten wird.

216. Der König läßt die allgemeine Direction der Gewässer, Brücken und Straßen auf die Art, welche er für die schicklichste hält, ausüben.

217. Unabhängig von der Aufsicht, welche der König der Generaldirection über Werke, welche auf Kosten von Gesellschaften, Gemeinden oder Privatpersonen unterhalten werden, verleihen kann, ist diese Direction auch nach den Instructionen, welche der König ihr giebt, über alle hydraulische Arbelten in den Seehäfen, Rheden, Flüssen, Schorren (schorren), Dünen, Deichen, Schleusen und andern Werken, so wie über alle Brücken und Straßen gesetzt, deren Baukosten ganz oder zum Theil dem öffentlichen Schatze zur Last fallen.

218. Wenn unter dem zu Ende des vorigen Artikels erwähnten Werken sich welche befinden, deren Direction entweder wegen eines wenig allgemeinen Interesses, oder aus Gründen des Nutzens, oder einer in der Sache selbst liegenden Convenienz, den Ständen einer Provinz anvertraut werden kann; so werden sie ihnen entweder ausschließlich, oder in Concurrenz mit der Generaldirection, verliehen.

[531] 219. Der König bestimmt, nachdem er die Stände der Provinzen gehört hat, und nach dem Gutachten des Staatsraths, welche Arbeiten unter die Direction des Staats gestellt werden, und setzt zugleich die Art und Weise fest, wie für die Kosten ihrer Unterhaltung gesorgt wird.

220. Wenn hydraulische Arbeiten, Deiche oder Schleusen, welche bestimmt sind, die Gewässer der Seen oder der Flüsse aufzunehmen, auf Kosten von Gesellschaften, Gemeinden oder Privatpersonen unterhalten und von ihnen dirigirt werden; so übt die Generaldirection über diese Arbeiten eine unmittelbare Aufsicht aus, und wacht darüber, daß ihre Erbauung und Ausbesserung nicht dem allgemeinen Interesse nachtheilig sey; sie giebt in dieser Hinsicht den Gesellschaften, Communen oder Privatpersonen die nöthigen Instructionen.

Die unmittelbare Aufsicht über diese Arbeiten kann auch aus Gründen des Nutzens oder der Convenienz von dem Könige den Ständen der Provinzen übertragen werden.

221. Die Stände der Provinzen haben die Aufsicht über alle in dem vorigen Artikel nicht begriffene hydraulische Arbeiten, so wie über die Kanäle, Fahrwasser, Seen, Gewässer, Brücken und Straßen, welche auf Kosten der Gesellschaften, Gemeinden oder Privatpersonen bestehen. Sie sorgen dafür, daß diese Arbeiten gut und tüchtig gebaut und unterhalten werden.

222. Die Stände haben die Aufsicht über alle Gesellschaften, welche Hoogheemraadschappen, Heemaadsschappen, Wateringen, Waterschappen, Deich- oder Poldendirectionen heißen, unter welcher Benennung sie in ihrer Provinz existiren mögen; jedoch mit Vorbehalt dessen, was im Artikel 220 über die Verhältnisse der Generaldirection hinsichtlich der Arbeiten, welche dazu dienen, die Gewässer des Meeres und der Flüsse aufzunehmen, gesagt worden ist.

Die Reglements dieser Gesellschaften können, selbst wenn sie von der, ihre Einrichtung begründenden, höchsten Instanz gebilligt worden sind, von den Ständen der Provinzen, unter Genehmigung des Königs, modificirt werden. [532] Die Gesellschaften schlagen ihnen die Modificationen vor, welche der Vortheil der Interessenten zu erheischen scheint.

Die Stände unterwerfen ebenfalls dem Könige die Art und Weise, zu den in diesen Gesellschaften vacanten Stellen zu ernennen, oder in Vorschlag zu bringen.

223. Die Stände haben in ihrer Provinz die Aufsicht über die Benutzung der Torfgruben, Steinbrüche, Steinkohlenlager und andere Gruben und Bergwerke, so wie über die Wässerungen, Eindeichungen und Austrocknungen.

Der König kann, wegen des allgemeinen oder größeren Nutzens dieser Werke, die Aufsicht darüber der Generaldirection der Gewässer, Brücken und Straßen übertragen.

224. Wenn künftig aus dem öffentlichen Schatze Hülfsgelder zu Arbeiten, die in dem gegenwärtigen Kapitel begriffen sind, bewilligt werden; so wird zugleich bestimmt, auf welche Art die Leitung oder Aufsicht dieser Arbeiten ausgeübt werden soll.

225. Die an den Barrieren, Brücken und Schleusen bezahlten Zölle sind zur Unterhaltung und Verbesserung der Straßen, Brücken, Kanäle und schiffbare Flüssen bestimmt. Der Ueberschuß, wenn einer da ist, bleibt für Ausgaben von derselben Beschaffenheit in derselben Provinz aufgehoben; mit alleiniger Ausnahme der auf den großen Communicationswegen des Königreiches erhobenen Zölle, deren Ueberschuß zu denselben Zwecken da, wo der König es befiehlt, angewendet werden kann.

Zehntes Kapitel.
Von dem öffentlichen Unterricht und von den Wohlthätigkeitsanstalten.

226. Der öffentliche Unterricht ist ein beständiger Gegenstand der Vorsorge der Regierung. Der König läßt den Generalstaaten alle Jahre von dem Zustande der obern, mittlern und untern Schulen Rechenschaft ablegen.

227. Da die Presse das zweckmäßigste Mittel ist, um Aufklärung zu verbreiten; so kann jeder sich derselben [533] bedienen, um seine Gedanken mitzutheilen, ohne eine vorgängige Erlaubniß nöthig zu haben. Jedoch ist jeder Verfasser, Drucker, Herausgeber oder Vertheiler für die Schriften verantwortlich, welche die Rechte der Gesellschaft, oder eines Individuums verletzen.

228. Die Verwaltung wohlthätiger Anstalten und die Erziehung der Armen wird als ein nicht minder wichtiger Gegenstand der Vorsorge der Regierung betrachtet. Von denselben wird ebenfalls den Generalstaaten jährliche Rechenschaft abgelegt.

Eilftes Kapitel.
Von den Veränderungen und Zusätzen.

229. Wenn die Erfahrung zu erkennen gäbe, daß Abänderungen oder Zusätze zu dem Fundamentalgesetze nothwendig sind; so muß ein Gesetz sie mit Präcision bezeichnen, indem es zugleich ihre Nothwendigkeit ausspricht.

230. Dieses Gesetz wird den Provinzialstaaten zugesandt, welche in der Frist, die es festsetzt, den ordentlichen Mitgliedern der zweiten Kammer der Generalstaaten eine gleiche Anzahl außerordentlicher Mitglieder hinzufügen, welche auf dieselbe Art, wie die erstern, gewählt werden.

231. Wenn Kraft der Artikel 27, 44, 46 die zweite Kammer der Generalstaaten sich in doppelter Anzahl versammeln muß; so geschieht die Ernennung durch die Provinzialstaaten, welche durch die Staatsbeamten, die die königliche Autorität ausüben, zusammenberufen werden.

232. Die zweite Kammer der Generalstaaten kann keinen Entschluß über eine Abänderung oder einen Zusatz zu dem Fundamentalgesetze fassen, wenn nicht zwei Drittheile der Mitglieder, aus denen die Versammlung besteht, gegenwärtig sind. Die Beschlüsse werden nach ber Majorität von drei Viertheilen der Stimmen gefaßt. [534] Alle für die Verfassung eine Gesetzes vorgeschriebene Regeln werden genau beobachtet.

233. Keine Abänderung in dem Fundamentalgesetze oder in der Successionsordnung kann während einer Regentschaft gemacht werden.

234. Die angenommenen Abänderungen oder Zusätze werden dem Fundamentalgesetze beigefügt und feierlich promulgirt.

Zusatzartikel.

1. Der König ist autorisirt, die nöthigen Maasregeln zu ergreifen, um das Fundamentalgesetz, dessen Entwurf vorangeht, in allen seinen Theilen regelmäßig und mit der Schnelligkeit, die der Zustand der Dinge verstattet, zur Vollziehung zu bringen. Ihm kommt die erste Ernennung aller Staatsbeamten und aller Collegien zu, welches auch die Art der Ernennung sey, die das Fundamentalgesetz annimmt.

2. Alle Behörden bleiben an ihrer Stelle, und alle Gesetze bleiben verbindlich bis auf anderweite Anordnung.

3. Der erste Austritt der Mitglieder der zweiten Kammer der Generalstaaten wird den dritten Montag im October 1817 vor sich gehen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Promogeniturordnung
  2. Vorlage: von fehlt
  3. Vorlage: Gemäß-
  4. Vorlage: Grunsätzen