Geist und Gas

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Autor: Friedrich Georg Wieck
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Titel: Geist und Gas
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aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 338-340
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[338]

Aus der Gewerbswelt.

Mitgetheilt von Friedrich Georg Wieck.
Geist und Gas.

Das Wort Gas, wodurch eine Luftart bezeichnet wird, ist uns von England überkommen, woselbst man unser deutsches Wort „Geist“ zu Gas umformte. Der deutsche Geist muß sich manches gefallen lassen. Die alte Chemie bediente sich des Wortes Geist für etwas Belebendes, Kräftigendes, Luftförmiges: so Salzgeist, Hirschhorngeist, Holzgeist; daher der Uebertrag von Geist in Gas. Unsere Landwirthe und Händler ziehen aber den Ausdruck Spiritus dem Ausdruck Branntweingeist vor, welcher letzterer allerdings nicht besonders angeschrieben steht, während ersterer eine bedeutende Grundlage großen landwirtschaftlichen Betriebs in manchen Gegenden Deutschlands bildet. Doch dies beiher! Unsere heutige Aufgabe ist Gas, und zwar Leuchtgas, Steinkohlengas, welches gewiß Keinem von unseren Lesern unbekannt sein dürfte; daher wir auf eine nähere Beschreibung desselben hier nicht weiter eingehen. [339] Das Steinkohlengas bringt man gewöhnlich nur in Verbindung mit der Gasbeleuchtung. Und bis vor nicht langer Zeit ist es auch dessen vornehmster Beruf gewesen, an der Stelle von Kerzen und Lampen die Nacht in einen künstlichen Tag zu verwandeln. Neuerdings hat man sich aber noch andere Dienste vom Steinkohlengas verschafft. Man gebraucht dasselbe nämlich bei der Eisenfabrikation; zum Absengen der feinen Fäserchen von Geweben, um diese dadurch glätter zu machen; zum Erhitzen von Stempeln behufs der Einbrennung von Vertiefungen in Holzformen, in welche Reliefmuster gegossen werden; zum Erwärmen von Bügeleisen und Buchbinderfilaten. Der wichtigste Gebrauch nach jenem für Beleuchtungszwecke ist aber unstreitig zur Heizung von Kesseln und Oefen und zum Kochen und Braten von Speisen. Die Techniker behaupten: „daß die Handlichkeit der Gasanwendung in den meisten Fällen – nämlich an Orten, wo die Materialien zur

Gaskochofen von Sharp.

Gaserzeugung nicht zu theuer kosten – eine raschere, zweckmäßigere und gleichmäßigere Erhitzung der Pfannen, Kessel u. s. w. gestattet, als dies mit Koks oder Kohle bewirkt werden kann. In England hängt man selbst größere Kessel in einem mit Gas erhitzten Raume auf. Das Gas strömt aus Brennern heraus und wird durch Hähne, je nachdem man mehr oder minder Hitze bedarf, regulirt. Man sieht auf den ersten Blick, daß dadurch manche Ungelegenheit, die bei festem Brennstoff vorkommt, beseitigt wird. Wie reinlich ist dabei Alles zu handhaben! Wie leicht kann das Anbrennen und Ueberhitzen vermieden werden! Wie schnell kann man die Hitze auf ein Geringstes mäßigen, und sie eben so rasch wieder bis zu einem hohen Grad anwachsen lassen! Alle diese Vortheile sind Ursache gewesen, daß das Steinkohlengas für Fabrik- und häusliche Zwecke in England von Tage zu Tage mehr in Aufnahme kommt. Man macht Anwendung davon bei [340] vielen Pfannen und Kesselfeuerungen, in Badeanstalten und Waschhäusern. Im Themsetunnel – erzählt ein Reisender – findet eine allerliebste Benutzung der Gasflammen statt. In einer der Arkaden jenes Tunnels werden nämlich die Besucher des merkwürdigen Bauwerks mit Musikstücken aus einer Orgel unterhalten, welche von einer kleinen Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wird, deren Kessel man durch 9 Gasflammen heizt. Aber nun erst die Anwendung der Gasküchen, von der wir eine getreue Abbildung geben. In sehr vielen guten Gasthäusern Londons bedient man sich ihrer bereits. Eine der schönsten gasbeheizten Küchen befand sich in der Speisehalle des Kristallpalastes und erregte die Aufmerksamkeit vieler sachverständiger Besucher. Unser Bild veranschaulicht recht deutlich die Entrichtung des Gaskochofens von Sharp. Unsere wirthlichen Leserinnen werden bei dessen aufmerksamer Betrachtung bezüglich seiner Wirkungsart gewiß leicht in’s Klare kommen. Unten brennen die Gasflammen, die von den Röhren links gespeist und mit den Hähnen regulirt werden. In dem Innern des Eisencylinders, der Trommel, braten Hammelkeulen, Schweinsrippen und Kalbsstoß. Obendrüber werden Pasteten gebacken. Zu oberst auf einer Art Herd befinden sich die Kasserolen und Töpfe zum Kochen und Schmoren, für Gemüse und Fisch. In der Mitte hoch steht ein Behälter mit heißem Wasser. Die an der Seite stehenden Gefäße werden von siedendem Wasser heiß gemacht. Dieses wird von den Gasflammen in einem Raume zwischen dem inneren und äußeren Eisencylinder, in dem die Gasflammen brennen, fortwährend kochend erhalten. Kleine Töpfe sind auf die größeren gesetzt, und ihr Inhalt hält sich warm. – Dieser von uns vorgeführte Gasofen ist für große Wirthschaften berechnet; aber es lassen sich leicht kleinere für beschränktere Haushaltungen construiren. –

In Berlin hat ein Ingenieur Elsner sehr gelungene Versuche mit der Gasfeuerung gemacht. Derselbe hat sich eine Kochmaschine, eine durch Gas gespeiste Lampe, eine Vorrichtung auf der man Plätteisen heiß macht, und eine Bratmaschine für Gasbeheizung eingerichtet. Nach Elsner’s Versuchen wird ein Beefsteak in 21/2 bis 3 Minuten durch 1 Kubikfuß, Kaffee für 6–8 Personen in 4 Minuten durch 2 Kubikfuß, und eine 12pfündige Kalbskeule in 20–25 Minuten durch 12 Kubikfuß Gas hergestellt. Wir haben daher nur dafür zu sorgen, daß es uns nicht an Gas fehlt; aber daran fehlt es eben noch an vielen Orten in Deutschland!