Geschichte von Berthelsdorf

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Autor: Gottlieb Korschelt
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Titel: Geschichte von Berthelsdorf
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Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Selbstverlag des Verfassers
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Erscheinungsort: Berthelsdorf bei Herrnhut
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Geschichte von Berthelsdorf, bearbeitet und herausgegeben von G. Korschelt, Schullehrer daselbst.
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[Titel]
Geschichte
von
Berthelsdorf,
bearbeitet und herausgegeben
von
G. Korschelt,
Schullehrer daselbst.




Berthelsdorf bei Herrnhut,
im Selbstverlage des Herausgebers,
sowie
in Commission bei E. Kummer in Leipzig, auch in der Expedition des „Sächs. Postillons“ in Löbau und beim Herausgeber zu haben.
1852.
[3]
Vorwort.
________

Durch die Theilnahme, welche in neuerer Zeit verschiedene ortsgeschichtliche Bearbeitungen fanden, sowie durch die reichen Materialien, welche sich mir im vorigen Jahre bei einer Durchsicht des hiesigen Gerichtsarchivs darboten, fühlte ich mich, mehrseitig dazu ermuntert, veranlaßt, das gesammelte Material zu ordnen und eine Geschichte von Berthelsdorf und Herrnhut zu bearbeiten. Geleitet wurde ich hierbei, neben dem Interesse an der Sache, vornehmlich noch von dem Wunsche, daß diese bis jetzt größtentheils unbekannten Nachrichten über einen Ort, der mir nach einer elfjährigen Wirksamkeit lieb und werth geworden ist, noch einer spätern Zeit aufbewahrt bleiben möchten.

Freilich muß ich, da das Sammeln dieser Nachrichten sehr viele Zeit beanspruchte und ich dazu nur die Freistunden, die mir meine Berufsgeschäfte übrig ließen, benutzen konnte, bei Beurtheilung des vorliegenden Werkchens um Nachsicht bitten. – Auch mußte die Ausführung desselben mitunter ungleich werden, da ich, nach der genauesten Prüfung der sich mir darbietenden Nachrichten, stets nur die ganz zuverlässigen Quellen benutzte und da über einzelne Perioden, wie z. B. die des dreißigjährigen Krieges, alle betreffenden Urkunden verloren gegangen sind. Des allgemein geschichtlichen Inhalts wegen ist wieder manches, wie Reichwaldt von Kämpfens und Zinzendorfs Biographie, der siebenjährige Krieg und der Krieg 1813, ausführlicher bearbeitet. Manches kann wieder nur Interesse für die Bewohner der betreffenden Orte, für die das Werkchen zunächst bestimmt ist, haben.

[4] Die Quellen, welche ich bei der Bearbeitung der Geschichte Berthelsdorf’s benutzt habe, waren hauptsächlich: das hiesige Gerichtsarchiv, die Schöppen- und Kirchenbücher, die Kirchrechnungen, die Kirchthurmknopfsnachrichten, die hiesigen Dorfrügen, Past. Leupolds geschichtl. Beitrag in der Oberl. Kirchengallerie, Dr. Peschecks Gesch. v. Zittau, v. Mückes Gesch. von Nieder-Rennersdorf, Knothes Gesch. von Hirschfelde, Seyferts handschriftliche Gesch. v. Kemnitz, dessen Beitrag zur Oberl. Presbytereologie, Käuffers Abr. d. Oberl., Carpzovs Analecta Fast. Zitt., dessen Ehrentempel, Großers Laus. Merkwürdigk., Knauths Kirchengesch., Müllers Reformationsgesch. d. Oberl., Otto’s Oberl. Schriftstellerlexikon, Loskiels Missionsgesch., Frenzels Collect., Zinzendorfs Tagebücher, sowie noch andere Oberlausitzer Geschichtswerke und Zeitschriften, in denen sich einzelne Nachrichten vorfanden. – Die Nachrichten über die letzten 50 Jahre habe ich zum großen Theile den treu und gewissenhaft geführten Tagebüchern des hiesigen Bauergutsbesitzers Aug. Beyer entnommen, dessen regem Interesse für vaterländische Geschichte ich auch bei Ausarbeitung dieses Werkchens sehr viel zu verdanken habe.

Dankend erwähnt sei hier auch noch die bereitwillige Unterstützung, welche mir von Seiten der Herren Bibliothekare der Zittauer Stadtbibliothek und der Bibliothek der Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, sowie des Herrn Archivars zu Herrnhut, gewährt wurde. Zum Schlusse danke ich auch noch Allen, die durch freundliche Theilnahme und Unterzeichnung das Erscheinen des Werkchens befördern halfen.

Berthelsdorf, den 5. Juni 1852.

G. Korschelt.

[5]
I. Lage, Entstehung, Name.

Berthelsdorf liegt am Fuße des Hutberges, in einem Thale, welches durch niedrige Höhenzüge begränzt, sich von Westen gegen Osten, so ziemlich in Gestalt eines lateinischen S hinzieht. – Es gränzt westlich mit Herrnhut, Ruppersdorf und Strawalde, nördlich mit Herwigsdorf, östlich mit Kemnitz und Rennersdorf und südlich mit Großhennersdorf. Seine Länge von Strawalde bis Rennersdorf, mit welchen Dörfern es eine zusammenhängende Häuserreihe bildet, beträgt ziemlich ¾ Stunden. – Berthelsdorf liegt 2 Stunden von Löbau, 3 Stunden von Zittau, 1 Stunde von Bernstadt und ¼ Stunde von Herrnhut.

Die mitten durchs Dorf fließende Bach entspringt in Oberstrawalde und vereinigt sich am Eichler (welcher Berg übrigens eine herrliche Aussicht auf das ganze schöne Thal gewährt) in Oberrennersdorf mit der Petersbach, deren Quellen auf dem Kottmar, und mit der Großhennersdorfer Bach, deren Quellen auf dem Königsholze sind. Der nun entstandene Fluß heißt von hier an Pließnitz und ist ein Nebenfluß der Neiße[1].

Die Zeit der Gründung des Dorfes ist unbekannt und auf seiner Entstehung ruht dasselbe Dunkel, wie solches bei dem Ursprunge fast aller ältern Ortschaften der Fall ist. Wahrscheinlich wurde es nach dem Gründer oder einem frühern Besitzer, Berthold, Bertholdsdorf und in der Abkürzung Berthelsdorf genannt. Es scheint demnach deutschen Ursprungs; doch mögen auch hier, als die ursprünglich deutschen Bewohner der Lausitz, suevische Stämme, im sechsten Jahrhunderte von den Sorbenwenden vertrieben worden waren, diese letzteren hier Wohnplätze gehabt haben. Der Name [6] Pließnitz scheint dies anzudeuten. Carpzov leitet ihn von dem wendischen Worte „Polßnitza,“ getheilter Fluß, ab[2].

Ob nun Berthelsdorf schon zu dieser Zeit bestand, oder erst später begründet wurde, als die Sorbenwenden von den Markgrafen von Meißen verdrängt oder unterjocht wurden und die Deutschen sich wieder in der Lausitz ausbreiteten, kann nicht entschieden werden.

Was den Namen betrifft, so kommt er in verschiedenen Zeiten verschieden vor. 1346, wo Berthelsdorf das erstemal erwähnt wird (Calles in serie episcop. Misnensium), war der Name ganz gleichbedeutend mit dem der neuesten Zeit, 1480 wird es in einer Urkunde „Bertilsdorf“ genannt, später Oberberzdorf oder Oberberthelsdorf, im Gegensatz zu Niederberzdorf (Berzdorf auf dem Eigen). Im vorigen Jahrhunderte war die Schreibart Bertholdsdorf gewöhnlich[3].

II. Beschaffenheit des Bodens, klimatische Einflüsse, Ernten.

Die Lage der hiesigen Flur ist, wie schon aus vorigem Capitel hervorgeht, hügelig, abhängig, wenig eben. Der Boden gehört nicht zu dem fruchtbarsten, sondern hat im Allgemeinen eine mittlere Beschaffenheit. Es ist sandhaltiger, sandiger Lehm oder lehmiger, dürrer Sandboden, doch findet sich auch vermögender, etwas strenger Lehm und kalter Lehm und Thonboden. An mehreren Orten, vorzüglich an einigen Stellen im Walde, findet man Granitblöcke von grobkörniger Mischung, aus Feldspat, Quarz und Glimmer. Der Hutberg besteht aus Basaltlagern; jedoch ist in hiesiger Gegend die Granitbildung vorherrschend.

Die Felder liegen zum Theil auf durchlassendem Untergrunde, zum Theil auf undurchlassendem Granituntergrunde und es leiden daher einige mehr oder weniger von Dürre, andere mehr oder weniger an Nässe. Im Allgemeinen ist der Bodengehalt der südlichen und westlichen Felder und Wiesen der vorzüglichere.

Nachtheilig auf die Vegetation und den Ertrag wirken übrigens noch einige klimatische Verhältnisse ein. So ist z. B. das Thal [7] in Folge der eigenthümlichen Lage der benachbarten Berge und Höhen von allen Seiten den Winden ausgesetzt, vorzugsweise aber den rauhen Nord- und Nordwestwinden[4]. In der schönen Lindenallee, die von Berthelsdorf nach Herrnhut führt, ist ganz besonders Windstille eine große Seltenheit.

Auch die Lage des Thales ist schon hoch; da der Hutberg nach den neuesten Messungen 1120 Fuß[5] hoch ist, so kann die Höhe, wenigstens von Oberberthelsdorf, wohl 850 Fuß betragen. Auffallend ist der Unterschied mit dem nur 3 Stunden entfernten, durch einen Kreis von Bergen geschützten Zittauer Thale. Nach den Beobachtungen des Herrn Hauptmann Dreverhof war dort nach einem zwölfjährigen Durchschnitt der Mittelstand des Thermometers + 8, 81° R. und der des Barometers 27 Z. 3 L., während dagegen nach zehnjährigen Beobachtungen des Herrn med. pract. Jähne in Berthelsdorf der hiesige Mittelstand beim Thermometer + 5, 2° und beim Barometer 27 Z. betrug. In der Regel beginnt daher auch in der Zittauer Gegend die Ernte acht bis vierzehn Tage früher als hier.

Was endlich den Obstertrag betrifft, so ist er auch weniger bedeutend als in den, in der östlichen Thalfortsetzung liegenden und vom Winde geschützteren Dörfern: Cunnersdorf, Altbernsdorf, Schönau; Weinstöcke, Nußbäume, Apricosen und andere eine größere Wärme bedürfenden Bäume sind daher hier selten und leiden gewöhnlich durch die Winterkälte.

Uebersicht einiger Ernten in Berthelsdorf:

Jahr. Korn. Waitzen. Gerste. Hafer. Erbsen. Kartoffeln.
Schfl. Mtz. Schfl. Mtz. Schfl. Mtz. Schfl. Mtz. Schfl. Mtz. Schfl.
1755 1596 540 1670 04 17 08 0301¼
1796 3092 12 213 14 126 02 2078 04 52 12 2016
1824 3123 08 191 12 330 08 1871 12 68 08 2917
1826 1941 04 160 292 08 1832 08 01 2409
1827 1860 10 345 08 436 10 2691 12 01 02 3196
1828 2761 04 402 04 252 1793 21 08 5158
1829 1773 06 228 214 02 1726 06 01 3930
1830 1727 348 12 332 04 1585 91 04 4457
1831 2639 12 234 12 319 08 1945 04 31 06 3562

[8] Jedoch ist in neuerer Zeit durch bessere, tiefere Bearbeitung der Felder, Kleebau, durch Verbesserung und Bewässerung der Wiesen, Stallfütterung, und dadurch vermehrte Düngergewinnung und außerdem noch durch Düngen mit Knochen- und Rapsmehl, Kalk und Gips, sehr viel geschehen, um den Bodengehalt der Felder zu verbessern und den Ertrag derselben zu erhöhen. Als Beispiel will ich nur das Ackerstück des vor einigen Jahren verstorbenen Gärtners und Kirchvaters Lorenz anführen, das sich früher gar nicht durch einen besonderen Ertrag ausgezeichnet haben soll und welches jetzt nach den Ergebnissen der Bonitirung als das beste Ackerstück im Dorfe gilt. Es ist unter Classe 3, strenger, sehr vermögender Lehmboden, aufgeführt.

III. Theile des Dorfes, Größe.

Berthelsdorf bestand bis 1727 aus drei Rittergütern: Ober-, Mittel- und Niederberthelsdorf, unter verschiedenen Besitzern.

Von Niederberthelsdorf gehörte jedoch nur die nördliche Seite zum Nieder- oder Klixischen Gute, die südliche war ein Theil des Mittel- oder Hauptgutes.

Seit der Vereinigung der verschiedenen Antheile spricht man nur noch von einem Ober- und einem Niederdorfe. Den Theil unter der Kirche, die ziemlich in der Mitte des Dorfes liegt, nennt man das Niederdorf und den über derselben das Oberdorf.

Außerdem führen noch einige in neuerer Zeit entstandene Dorftheile besondere Namen, wie das 1776 auf den Fluren des Niedergutes angelegte Neuberthelsdorf. Es bestand 1783 aus vier, 1803 schon aus dreizehn und jetzt aus fünfzehn Häusern. Es hat jedoch keine besondere Gerichtsbarkeit. Die Häuserreihe in der Thalvertiefung zwischen Neuberthelsdorf und dem Niederhofe wird gemeiniglich „auf Mangels“ (nach Karl Magnus von Klix, dem letzten Besitzer des Niedergutes vor der Vereinigung mit dem Hauptgute), auch wohl „die Kränke“ genannt. Die Zeit der Erbauung war erst nach 1813.

Um dieselbe Zeit ungefähr entstand auch die Häuserreihe in Oberberthelsdorf, die man mit dem Namen „Fichtelrode“ bezeichnet. Auf die acht Schwenkfelder Häuser, die von 1730 bis 1733 erbaut wurden und sich ebenfalls in jenem Theile Oberberthelsdorfs befinden, wird später zurückgekommen werden.

[9] Von Straßen wird die Berthelsdorfer Flur mehrfach durchschnitten, südwestlich von der 1823 und 1824 angelegten Löbau-Zittauer, südlich von der 1841 angelegten Herrnhut-Bernstädter Chaussee. Außerdem führt noch eine Communicationsstraße durch Neuberthelsdorf nach Bernstadt und eine beim Oberhofe vorbei nach Görlitz. Der Fahrweg nach Großhennersdorf führte in früherer Zeit den Namen Bierstraße. Auch die 1846 erbaute Löbau-Zittauer Eisenbahn berührt Berthelsdorf, der Bahnhof und die Restauration, die am 15. November eingeweiht wurde, stehen auf Berthelsdorfer Grund und Boden. Der Fahrweg im Dorfe selbst hat sich seit 1832 durch den Bau mehrerer steinerner Brücken über die Dorfbach sehr verbessert.

Der Flächeninhalt der ganzen Flur beträgt nach der Landesvermessung von 1840 2148 Acker 16 □Ruthen; 118 Acker 159 □Ruthen betragen die Gebäude, Hofräume, Haus- und Dorfgärten, 2029 Acker 157 □Ruthen die übrige Flur.

Auf die Herrschaft kommen hiervon 1273 Acker 11 □Ruthen und zwar auf das Obergut 336 Acker 91 □Ruthen, auf das Mittelgut 583 Acker 16 □Ruthen und auf das Niedergut[6] 353 Acker 204 □Ruthen.

Hiervon sind: 4 Acker 69 □Ruthen Gebäude und Höfe,
534 " 220 " Ackerland,
134 " 139 " Wiesen,
5 " 18 " Hutung,
1 " 201 " Teiche,
3 " 297 " Wege,
571 " 49 " Hochwald,
17 " 275 " Niederwald.

Auf die Gemeinde kommen 875 Acker 5 □Ruthen[7]. Nach der [10] Vermessung von 1764 betrug die Peripherie Berthelsdorfs 4460 Ruthen oder, die Meile zu 16000 Dresdner Ellen gerechnet, 2 Meilen 1450 Ellen. Früher wurde der Flächeninhalt nach Hufen und Ruthen angegeben. 1675 betrug er 50 Hufen und 9 Ruthen, wovon auf das Hauptgut 18½ Hufe, das Obergut nebst Unterthanen 8½ Hufe, das Klixische Gut nebst Unterthanen 5½ Hufe, auf 12 Bauergüter à 1 Hufe (dabei ein Gut von 9 und eins von 15 Ruthen und das Sohländer Pfarrgut[8] mit einer Hufe) 12 Hufen, 21 Gärten 5½ Hufe, 6 Häusler 9 Ruthen kamen.

Was nun die Vergrößerung des Dorfes betrifft, so schreibt sie sich erst aus neuerer Zeit her. In den früheren Jahrhunderten scheint das Dorf ziemlich unbedeutend gewesen zu sein; denn die Herren von Gersdorf, die ganz Berthelsdorf und Oberrennersdorf von 1526 bis 1581 gemeinschaftlich besaßen, werden vorzugsweise immer nur als Erbherren zu Oberrennersdorf (welches jetzt nur etwa ein Drittel so groß ist als Berthelsdorf) aufgeführt, was wohl nicht der Fall gewesen wäre, wenn Berthelsdorf die Hauptbesitzung war. – Verheerend wirkte auch der dreißigjährige Krieg; der größte Theil des Dorfes wurde verwüstet, 1654 waren von zwanzig Bauergütern des Hauptgutes nur fünf bewohnt, fünfzehn lagen wüste. Erst der rastlosen Thätigkeit des ehemaligen schwedischen Obersten Reichwaldt v. Kämpfen, der 1660 Berthelsdorf erwarb, war es vorbehalten, die Güter wieder aufzubauen; er besetzte den 30. November 1660 auf einmal zehn Bauergüter mit Wirthen. – Doch vorzugsweise war es die Gründung und der nachmalige bedeutende Aufschwung Herrnhuts, was auf die rasche Vergrößerung des Dorfes einwirkte. 1750 gab es z. B. hier 12 Bauergüter, 40 Gärten und 44 Häuser, als 18 Freihäuser und 26 Diensthäuser, nebst 12 herrschaftlichen, Kirchen- und Gemeindegebäuden, in Summa also 106. 1777 waren schon 78 Häuser, 1794 88 Häuser (ohne die Bauergüter und Gärten). Wie rasch in dieser Zeit die Vergrößerung erfolgte, ersieht man aus dem 1783 angelegten Brandcataster; Herrschaft und Gemeinde [11] hatten damals 779 Wurzeln, die bereits 1809 durch Neubauten auf 1324 und 1827 auf 1831 gestiegen waren.

1816 waren 161 und 1818 182 Häuser. 1828 gab es 8½ Bauergüter[9], 41 Gärten und 227 Häuser, in Summe 277. Jetzt beträgt nach dem Brandversicherungscataster vom 1. Juli 1851 die Zahl der sämmtlichen Grundstücke 307, wovon auf Berthelsdorf 292 und auf Neuberthelsdorf 15 kommen. Darunter ein Brauhaus, zwei Bleichen, drei Wassermühlen, vier Lohmühlen, eine Windmühle, eine Tabaksfabrik, zwei Hufschmieden und eine Ziegelbrennerei. Die sämmtlichen Gebäude waren mit 134,275 Thalern versichert.

IV. Bewohner. Anzahl, Niederlassung der Schwenkfelder, Druck der Frohndienste und dadurch herbeigeführter Aufstand 1540, Beschäftigung, Namen.

Was die Abstammung der ersten Bewohner Berthelsdorfs betrifft, ob sie deutschen oder slavischen Ursprungs waren, so ist schon in Cap. I. davon die Rede gewesen.

Die Anzahl der Einwohner war früher, der Größe des Dorfes entsprechend, eine sehr bedeutend geringere. Dies kann man schon aus der Größe der Kirche, welche bis 1724 fast um die Hälfte kleiner als jetzt war, wie aus der Anzahl der Geburten, die 1679 10, 1682 23 und 1696 17 betrug, ersehen.

Die Einwohnerzahl nahm erst seit der Gründung Herrnhuts rascher zu; bis dahin war sie wohl, einzelne Perioden, wie z. B. die Zeit des dreißigjährigen Krieges abgerechnet, ziemlich gleich geblieben. 1721 waren bei 530 Einwohnern blos 18 Geborne, 15 Gestorbene und 2 Getraute; hundert Jahre später dagegen, 1821, bei 1411 Einwohnern 72 Geborne, 55 Gestorbene und 18 Copulirte[10].

[12] Vorübergehend stieg die Zahl der Einwohner, als sich 1727 ein Theil der in Schlesien hart verfolgten
Schwenkfelder
nach Berthelsdorf wandte und vom Grafen Zinzendorf aufgenommen wurde. Sie kauften sich hier an und bauten auch von 1730 bis 1733 in Oberberthelsdorf acht Häuser[11].

Diese Schwenkfelder waren eine aus der protestantischen Kirche hervorgegangene Secte, gestiftet von einem 1490 geborenen schlesischen Edelmann, Caspar Schwenkfeld, der die evangelischen Lehren zur Zeit der Reformation mit Eifer ergriff, aber sich durch seine mystischen Ansichten über das Abendmahl und dergl. von den Protestanten absonderte. Nach seinem in der Verbannung zu Ulm 1561 erfolgten Tode bildeten sich zuerst in Schlesien besondere Gemeinden, die seinen Behauptungen folgten und eine strengere Kirchenzucht unter sich einführten. Hier vertrieben, wandte sich also ein Theil derselben nach Berthelsdorf. Doch auch hier war ihr Aufenthalt nur ein kurzer, bald mußten sie auf landesherrlichen Befehl Sachsen räumen. Loskiel schreibt hierüber in seiner Missionsgeschichte von Amerika:

„Als den bekannten Schwenkfeldern auf hohen Befehl die Räumung der chursächsischen Lande angedeutet werden sollte, so entschlossen sich diejenigen, die seit dem Jahre 1727 in Berthelsdorf, einem dem Herrn Grafen Nicolaus Ludwig von Zinzendorf und Pottendorf zuständigen Landgute in der Oberlausitz aufgenommen worden, nach Georgien in Nordamerika zu ziehen, und der Graf bemühte sich sogleich, ihnen in London bei den Vorstehern der Georgischen Colonie freie Ueberfahrt und gute Aufnahme auszuwirken. Darauf reisten sie im Jahre 1734 aus der Oberlausitz ab. Als sie aber nach Holland kamen, wurden sie andern Sinnes und gingen nach Pensylvanien.“

Hier in Philadelphia gründeten sie eine Gemeinde, welche noch jetzt besteht und einen eignen Geistlichen und ein Bethaus hat. Man rühmt sie wegen ihrer Arbeitsamkeit, Mäßigkeit und Rechtlichkeit.

[13] Jedoch blieben einige von den Schwenkfeldern, vorzüglich ältere Personen, welche es nicht wagten, sich den Beschwerden einer so weiten Reise auszusetzen, in Berthelsdorf zurück. Einigen von ihnen, Johann Christoph Wiedemann (der schon vorher sein Kind nicht wollte taufen lassen), Christoph Schulze und Eva Trautmann wurde den 27. März 1738 von Seiten der Herrschaft angedeutet, daß sie ihre Häuser verkaufen und den hiesigen Ort verlassen müßten. Das Haus, wo sie ihre gottesdienstlichen Zusammenkünfte hielten, hatten die Schwenkfelder schon vorher der Herrschaft geschenkt; es führt noch jetzt den Namen „das alte Gemeindehaus.“

Den 25. August 1747 starb wohl einer der letzten Schwenkfelder, der Häusler und Weber Christoph Koch. Im Kirchenbuche ist er als „le chef des separatistes ici“ aufgeführt. Bei seinem Begräbnisse fand kein Glockengeläute statt, auch war der Pfarrer nicht gegenwärtig.

Noch in neuerer Zeit erinnerten sich die Schwenkfelder in Philadelphia dankbar Berthelsdorfs; denn nach dem verheerenden Kriege 1813, wo Berthelsdorf viel gelitten, schickten sie 1816 zur Vertheilung an Nothleidende 163 Thaler hierher.

Einen Zuwachs an Bevölkerung erhielt Berthelsdorf wieder 1760, als nach dem Bombardement Dresdens viele Brüdersocietäts-Mitglieder sich hierher und nach Herrnhut wandten.

1755 wird die Einwohnerzahl noch mit Herrnhut gemeinschaftlich aufgeführt. Beide Orte hatten damals zusammen 1960 Einwohner, wovon auf Berthelsdorf 657 und Herrnhut 938 kamen. Außerdem waren noch in herrschaftlichen Häusern 345 und in geistlichen 20.

Erst von dieser Zeit an beginnen regelmäßige Volkszählungen. Nach diesen hatte Berthelsdorf:

1757 0767 Einwohner, 1821 1411 Einwohner,
1764 0850 " 1823 1537 "
1772 0954 " 1826 1600 "
1782 1086 " 1828 1692 "
1785 1146 " 1830 1740 "
1790 1184 " 1837 1694 "
1795 1294 " 1846 1842 "
1799 1351 " 1849 1892 "

[14] Bei dieser letzten Volkszählung waren von 1892 Einwohnern 896 männliche und 996 weibliche in 466 Haushaltungen. Nur 7 waren katholisch.

Jetzt Ende 1851 kann die Zahl der Einwohner wohl 1950 betragen.

Der Hauptnahrungszweig der Bewohner Berthelsdorfs war in den früheren Jahrhunderten der Landbau; von Handwerkern fanden sich nur die unentbehrlichsten vor. Bei dem damaligen Betriebe der Landwirthschaft, den drückenden Frohndiensten und Abgaben, den niedrigen Tagelöhnen und dem Mangel der Kartoffeln, war ihr Loos kein glänzendes. Doch vorzugsweise beklagenswerth wurde es durch die schwere Last der Frohndienste und herrschaftlichen Abgaben[12]. Bei diesem Drucke darf man sich daher nicht wundern, wenn mitunter Beispiele von Aufruhr und Widersetzlichkeit vorkamen. So auch hier in Berthelsdorf 1540. Trotzdem, daß erst wenige Jahre vorher durch den schrecklichen Bauernkrieg, da er auf beiden Seiten mit der empörendsten Grausamkeit geführt wurde, viele Tausende ihren Tod gefunden hatten und über Tausende in namenloses Elend gebracht worden waren, versuchten doch die Berthelsdorfer, sich durch Gewalt von ihren drückenden Hofediensten und Abgaben zu befreien oder sich dieselben zu erleichtern. Der Aufstand wurde aber unterdrückt, fünfunddreißig von ihnen in Görlitz gefänglich eingesetzt und zwei hingerichtet. Pescheck theilt aus Frenzels Collect. IV. im Laus. Mag. 1838 darüber Folgendes mit:

„Anno 1540 den Sonnabend für Mannfastnacht hat man 35 Bauern zu Görlitz eingesetzt von Oberberthelsdorf[13] in die Schuldkammer, welche ihren Erbherren sind aufgestanden wegen der Hofearbeit. Die Mittwoch vor Palmarum hat man ihrer zwei hingerichtet. Desgleichen hat man sonst 14 Bauern von Petershayn eingesetzt und einen von ihnen mit den Berthelsdorfern hingerichtet. Die andern sind alle ausgekommen den Freitag vor Viti und haben müssen geloben bei Leib und Gut, die Sache nimmermehr zu gedenken und alle Unkosten, so darauf gegangen, haben sie müssen richten auf Befehl römisch-kaiserl. [15] Majestät und haben müssen geben Bothengeld 50 rhein. Fl. Die Petershayner haben inne gesessen ¾ Jahr und haben müssen geloben sich für den König zu stellen gen Prag, barhäuptig, ohne Schuhe, ohne Gewehr, in einem leinenen Kittel. Da sie aber sind ausgekommen, sind ihrer viele ohnmächtig geworden und einer ist davon gestorben. Dann wurden sie zu Gnaden angenommen und allen mördliche Wehren zu tragen verboten und dieselben von sich zu geben, Brodmesser, doch ohne Spitzen, sind ihnen erlaubt worden[14].“

Eine noch speciellere Angabe über diesen Vorfall fand sich in dem Frenzelschen Collect. IV. selbst vor, wo es pag. 107 heißt:

„Anno 1540 Dienstags nach Judica[15] ließ der Adel (Balzer von Gersdorf von Hennersdorf)[16] 2 Bauern von Berthelsdorf, als Pfeifer[17] und den Schuster, welche 16 Kinder hinter sich verlassen, und einen von Petershayn mit dem Schwerte hinrichten. Sind auf der Viehweide (zu Görlitz) gerichtet worden, der Hofearbeit wegen.“ Jene Zeit characterisirend ist noch am Schlusse die Bemerkung hinzugefügt: „Drei Stunden zuvor ward ein blutiges Kreuz gesehen, ist eine Anzeigung eines unschuldigen Todes gewesen.“

Mitunter kam es auch vor, daß Besitzer von Bauergütern und Gärten dieselben verließen und flüchtig wurden, weil sie die Abgaben, zumal das sogenannte Erbgeld, nicht aufbringen konnten. Nur allein von 1638 bis 1654, wo Jaroslaw von Kyaw, der besonders hart verfahren mochte, Besitzer von Berthelsdorf war, wurden neunundfünfzig, die Kinder mit eingerechnet, flüchtig, worunter auch der damalige Richter. Bei den verderblichen Folgen des dreißigjährigen Krieges mochten zumal die Abgaben unerschwinglich sein.

[16] Auch hier war es wieder Reichwaldt von Kämpfen, der nächste Besitzer, dem überhaupt Berthelsdorf so viel zu verdanken hat, der die drückende Last der Hofedienste verminderte.

Um 1710, wo im Walde hinter dem Oberhofe ein Bergwerk und später eine Schmiede angelegt wurden, schien es, als wollte sich für Berthelsdorf eine neue Erwerbsquelle öffnen, doch da das Resultat kein günstiges war, hatte das Unternehmen nur bis um 1725 Bestand. Spuren davon finden sich noch jetzt vor. Nach Zinzendorfs Tagebuche, der 1716 in den über 70 Lachter tiefen Stollen einfuhr, scheint es, als ob nach Eisen oder Zinn gegraben worden wäre. Als Steiger werden Andreas Weigel, Michael Richter und Johann Leopold Beck genannt.

Aehnlich war es auch während der Continentalsperre Napoleons mit der Anlegung von Wollspinnmaschinen durch Carl Wilhelm Rüttinger aus Mannheim, Traugott Paul und Freitag, zweier Fabrikanten in Berthelsdorf. So lange Napoleons Herrschaft dauerte, waren die Erfolge auch günstig, Viele wurden in den schweren Kriegsjahren beschäftigt und fanden Verdienst. Doch als später die Concurrenz mit den Engländern zu schwierig wurde und nur mit Verlusten fortgeführt werden konnte, wurde der Betrieb dieser Wollspinnmaschinen nach ungefähr zehnjährigem Bestande eingestellt.

Obwohl man nun zwar auch jetzt noch nicht in Berthelsdorf von bedeutendem Wohlstande sprechen kann, so herrscht doch keine eigentliche Armuth; so einen Nothstand, wie er z. B. in dem Jahre der Theuerung von 1846 bis 1847 auf den Weberdörfern herrschte, kennt man hier nicht. Zwei bis dreihundert Einwohner finden als Tagelöhner bleibenden Verdienst in Herrnhut, auf den herrschaftlichen Höfen und Forsten und auf den zwei Dürningerschen Bleichen. Außerdem ist auch schon den Kindern durch die 1844 errichtete Rückertsche Tabaksfabrik und die 1849 eingerichtete Spinnschule Gelegenheit geboten, sich etwas zu verdienen.

Handwerksmeister sind hier (nach der gewerblichen Standestabelle von 1849) 125, Gesellen 105 und Lehrlinge 40. Nur wenige Handwerke werden hier nicht vertreten sein. Selbstwirthschaftende Gutsbesitzer und Pächter gab es 34. – Der Betrieb der Leinweberei ist unbedeutend.

[17] Verzeichniß der bis 1660 vorkommenden Familiennamen:

1) Von Familien, die nicht mehr hier wohnhaft sind: Barthel, Böhmer, Brendel, Claus, Flicke, Glatte, Gleißberg, Heidrich, Jäschke, Kämmel, Knothe, Kretschmar, Kuseltz, Legus, Leutsch, Liebcher, Lieske, Neitsch, Peuckert, Pursche, Rönsch, Rümpler, Schiller, Schneider, Seffner, Seifert, Stöcker, Vetter.
2) Die ältesten Familien, die jetzt noch hier leben: Albert, Anders, Dutschke, Eichler, Gutsche, Gruner, Hahn, Hähnel, Heinze, Jähne, Kern, Krahl, Lange, Lorenz, Mitter, Müller, Neumann, Pfeiffer, Richter, Schäfer, Schluckner, Schönberner, Schulze, Tschupke, Wagner[18], Wauer[19].

Als von Berthelsdorf gebürtig sind noch zu erwähnen: Ehrenfried Walde oder Sylvanus, geboren um 1590; sein Vater, Barthel Walde, war Pastor allhier. Er war anfänglich, von 1619 an, Pfarrer in Herwigsdorf bei Löbau und wurde 1627 seines Vaters Amtsnachfolger in Berthelsdorf, wo er schon 1633 starb.

M. Ehrenfried Behrnauer, Rector des Bautzner Gymnasiums, Sohn des hiesigen Pastors, M. Christian Behrnauer. Er wurde den 9. December 1682 geboren, studirte in Löbau und Leipzig und starb den 17. December 1740 an den Folgen eines Beinbruches. Er war ein sehr verdienter Schulmann und aus dem alten, früher adlichen Geschlechte Behrnauer v. Mauerfels.

Martha Elisabeth Spangenberg geb. Jähne wurde den 4. December 1708 allhier geboren, wo ihr Vater, Hans Jähne, Besitzer des hiesigen Großbauergutes war. Ihre Herrschaft, die Gräfin von Zinzendorf, nahm sie in ihren Dienst und als diese 1727 nach Herrnhut zog, trat sie in Verbindung mit der Brüdergemeinde. 1730 verehelichte sie sich mit Matthäus Micksch, der 1734 als Missionär in St. Croix in Westindien starb. Hierauf [18] war sie als Arbeiterin unter den Wittwen in Herrnhut, Gnadenfrei, Gnadenberg und England thätig und reiste 1753 nach Pennsylvanien, wo sie sich den 20. Mai in Bethlehem mit dem Bischofe Spangenberg verehelichte. Sie blieb mit ihm in Amerika bis 1763, wo er Mitglied der Unitätsdirection wurde. Auf allen seinen Reisen war sie seine treue Begleiterin und starb noch vor ihrem Gemahl 1789, den 26. März. Spangenberg, dieser wahrhaft große Theolog, zog noch, als die Unitätsdirection 1791 nach Berthelsdorf verlegt wurde, mit hierher, und starb hier 1792 den 18. September, nachdem er mehr als sechzig Jahre dem Dienste der evangelischen Brüderunität gewidmet hatte und dreißig Jahre Mitglied der Direction gewesen war[20].

Henriette Benigna Justine Freifrau von Wattewille, wurde dem Grafen von Zinzendorf von seiner Gemahlin Erdmuthe Dorothee geb. Gräfin Reuß, den 28. December 1725 allhier geboren. Sie wurde 1746 den 20. Mai die Gattin des Freiherrn Johannes von Wattewille (er hieß eigentlich Johann Michael Langguth und war 1744 von dem Freiherrn Friedrich von Wattewille adoptirt worden) und war eine treue Gehilfin ihres Gemahls, den sie auch auf seinen vielen Reisen in Europa und Amerika mehrentheils begleitete und alle Beschwerlichkeiten mit ihm theilte. Sie starb zu Herrnhut 1789 am 11. Mai.

Immanuel Gottfried Rothe, Sohn des hiesigen Pastors Andreas Rothe, wurde den 14. April 1737 geboren, studirte in Görlitz, Leipzig und Halle, wo er auch als Lehrer am dortigen Waisenhause thätig war. Erst Rector in Sorau, wurde er 1768 als Pfarrer nach Sorneundorf bei Görlitz berufen.

Johann Traugott Brockelt, geboren den 18. Februar 1757, Sohn Zacharias Gottlieb Brockelts, eines hiesigen Tagearbeiters. Er wurde Tischler, fühlte aber einen unwiderstehlichen Trieb in sich, Klaviere zu bauen, ohne doch von der Musik und Instrumentmacherkunst das Geringste zu verstehen. Seine ersten Instrumente waren daher allerdings unvollkommen, doch bei seinem großen mechanischen Talente und rastlosen Streben brachte er es bald so weit, daß seine vielen, später gebauten Pianoforte’s, denen der bekanntesten [19] Meister jener Zeit nichts nachgaben. Er lebte zuletzt in Rennersdorf[21].

Gustav Wilhelm Steinert, Sohn des Pastor M. Joh. Gottlob Steinert, geboren den 11. November 1802. Seit oben erwähntem Rothe, also seit 1737, war im hiesigen Pfarrhause kein Kind geboren worden. – Er wurde 1828 zweiter Katechet am Ehrlichschen Schulgestift, 1832 erster Katechet, 1833 Prediger und Inspector der Rathsfreischule und ist jetzt Diaconus an der Kreuzkirche zu Dresden. Er ist dort ein ebenso beliebter Kanzelredner als es sein Vater in Berthelsdorf war.

Ernst Gustav Jähne, Sohn des nachmaligen, 1842 verstorbenen Ortsrichters Joh. Gottlob Jähne, geboren den 7. Mai 1803; erhielt seine ärztliche Vorbildung in Dresden und Wien und ließ sich 1828 als Arzt hier nieder. Er ist als bewährter Operateur und Augenarzt, wie auch als Schriftsteller für Bienenzucht, in weitern Kreisen bekannt.

Gustav Theodor Reichel, Sohn Samuel Christlieb Reichels, gegenwärtigen Generalbevollmächtigten der Herrschaft und Mitgliedes der Direction der Brüderunität allhier, wurde den 15. December 1808 geboren. Er war 1829 Lehrer an der Knabenanstalt in Niesky, 1830 desgleichen in Kleinwelke, 1833 erster Lehrer, 1837 Mitinspector der Knabenanstalt, 1842 Diaconus und Inspector der Pensionserziehungsanstalten für Knaben und Mädchen allda und ist gegenwärtig seit 1851 Prediger in Neudietendorf.

Ernst Julius Weber, geboren den 24. August 1815. Sein Vater war Johannes Weber, Schuhmacher allhier. Er erhielt seine Vorbildung auf dem Seminarium zu Zittau und ist seit dem 22. April 1838 zweiter Schullehrer zu Ruppersdorf.

Gustav Theodor Berthold, Sohn des hiesigen Webers Johann Gottlieb Berthold, ist den 14. November 1816 geboren. Er wurde 1838 in den Unitätsanstalten zu Niesky angestellt und kam 1850 als Missionar nach Surinam in Südamerika, wo er seine Missionsthätigkeit auf der Station Liliendahl begann; gegenwärtig wirkt er in der Stadt Paramaribo.

[20] Dr. Gustav Erdmann Keiler, Sohn Christian Erdmann Keilers, Haus- und Gerbereibesitzers zu Berthelsdorf, wurde den 17. Mai 1817 geboren. Seine Vorbildung erhielt er auf der Kreuzschule zu Dresden und studirte dann auf der Universität zu Leipzig und später in Wien und Paris die Arzneikunde. Gegenwärtig lebt er als Dr. med. und Geburtshelfer in Dresden.

Gustav Adolf Leupold, Sohn des gegenwärtigen Pastors Christian Gottlieb Leupold, geboren den 15. October 1818, bezog 1835 das Gymnasium zu Bautzen, 1839 die Universität zu Leipzig und 1842 die zu Berlin, war vom März 1846 bis Michaelis 1849 Hilfsprediger zu Reibersdorf und lebt gegenwärtig im älterlichen Hause.

Immanuel Herrmann Paul, Sohn des Fabrikanten Joh. Traugott Paul, wurde den 20. März 1820 geboren, lebt gegenwärtig als Pianist und Musiklehrer in Petersburg, nachdem er vorher in gleicher Eigenschaft längere Zeit in Krakau und Warschau gewesen war.

Auguste Emilie Keiler, Schwester des oben erwähnten Dr. Keiler, ist den 10. December 1820 geboren und lebt als vielbeschäftigte Malerin in Dresden. Sie wird vorzugsweise als Portraitmalerin geschätzt.

V. Ortsherrschaften.
1. bis 1581.

Schon in den ältesten Zeiten scheint Berthelsdorf im Besitze der damals in der Lausitz weitverzweigten und vorzugsweise in hiesiger Gegend reich begüterten uralten Familie von Gersdorf gewesen zu sein.

Wahrscheinlich hatte es bald nach 1400 mit Rennersdorf und Hennersdorf gleiche Besitzer, oder doch Besitzer aus derselben Linie derer von Gersdorf. Sie stammten aus dem von Nicol v. Gersdorf 1399 gestifteten Hause Tauchritz[22]; weil aber dessen Sohn Caspar 1409 Hennersdorf erwarb, so nahm dieser Zweig des Tauchritz’schen Hauses den Beinamen „Heynersdorf“ an. 1464 war ein Christoph von Gersdorf aus diesem Hause Besitzer von Rennersdorf, sehr wahrscheinlich besaß er auch Berthelsdorf. [21] Jedoch Urkunden führen nur bis 1480 zurück[23]. Nach ihnen war damals Heinrich von Gersdorf Besitzer von Berthelsdorf, Rennersdorf und Wiese; sein Bruder Nicol besaß Hennersdorf. Nach der ältesten Urkunde ward Margarethe, „des Heynemann von Haynersdorf elichen Hawsfrau, 1480, am sonnab. nach Margar. (15. Juli) mit dem Lipgedinge in seyne guttere zu Regnersdorff, Bertilsdorff unde zcur Weße (Wiese)“ beliehen. Durch die Verheirathung mit Anna von Gersdorf, der Tochter Heinrichs von Gersdorf, ward Hans von Metzradt, Hauptmann zu Budissin, Besitzer von Berthelsdorf. Nach einer zweiten Urkunde erhielt diese Anna „im Jahre 1486, mont. n. Doroth., (13. Febr.) als eliche Tochter Heinrichs von Heynersdorff, zu Rynersdorf gesessen, achthundert vngar. gulden vf Rynersdorff, Bertilsdorff und of den halben Dorffe czur Wiese“ zu Lehn und 1489, am Donnerst. n. Katharinen (26. Nov.) wurde derselben Anna, „dem elichen Weibe Hanses von Metzinrade Houbtmann zu Baudissin, Reinersdorff, Bertilsdorff vnd die Wiese die Helffte, zu einem Leipgut“ geliehen.

1490 ist als Besitzer ein Herr von Tschirnhausen und 1499 Georg von Eberhard angeführt[24].

Ob bei der nun folgenden Besitzveränderung eine Lücke in der Reihenfolge der Besitzer stattfindet, kann leider nicht angegeben werden.

1526 erscheint als Erbherr von Berthelsdorf und Oberrennersdorf Christoph von Gersdorf. Im Oberrennersdorfer Schöppenbuche[25], 1530, wird er als „dy Czeit Hauptman Zv der Zittaw,“ angeführt. Er gehörte auch, wie aus den Gesammtbelehnungen 1547 und 1570 hervorgeht, der Tauchritzschen Linie des Hauses Gersdorf an. Dieser, wahrscheinlich 1537 gestorbene Christoph von Gersdorf hinterließ drei Söhne: Balthasar, Christoph und Hans. Im gemeinschaftlichen Besitze von Berthelsdorf werden, in den ersten Jahren nach des Vaters Tode, blos Balthasar und Christoph genannt; Hans war wahrscheinlich damals noch unmündig.

[22] Nach einer im Archive zu Burkersdorf befindlichen Originalurkunde vom 4. August 1547[26] gab König Ferdinand I. im Lager zu Wittenberg den drei Brüdern „BalthaZar, Christofen und Hansen“ von Gersdorf auf Oberrennersdorf, Berthelsdorf und Burkersdorf, nebst dem Hause auf dem Burglehn zu Budissin, sowie dem böhmischen Unterkämmerer Georg von Gersdorf auf Choltitz und den Brüdern „Valtin und Nickeln von Gerßdorf zu Hermeßdorf“ (Hennersdorf), mit Bezug auf die ihnen unterm 10. Mai desselben Jahres ertheilte Gesammtbelehnung über ihre Güter, die Erlaubniß, „das ain Jeglicher bey seinem leben vngeIrrt des andern mitbelehenten mit seinem gut vor dem andern Zethun vnd Zulassen volkumben gewalt vnd macht haben soll.“ Vermöge dieser Gesammtbelehnung hatten daher alle drei Brüder gleichen Antheil an der Herrschaft.

Nach Balthasars 1549 erfolgtem Tode[27] scheint Christoph speciell im Besitze von Oberrennersdorf und der obern größern Hälfte von Berthelsdorf, Hans dagegen im Besitze von Burkersdorf und der niedern kleinern Hälfte gewesen zu sein.

Christoph von Gersdorf wurde während der Zeit des Pönfalls[28] als Landrichter oder Hauptmann zu Verwaltung der eingezogenen Zittauischen Stadtgüter eingesetzt. In Hirschfelde wird er als solcher von 1547 bis 1551 erwähnt; es heißt dort in allen, während dieser Zeit geschlossenen Käufen, sie seien geschlossen „mit Wissen und Willen des edlen und gestrengen Herrn Christoph von Gersdorf zu Rennersdorf, königlichen Landrichters und Hauptmanns zu Hirschfelde[29].“ Er starb 1565, ebenfalls ohne Leibeserben. Laut Schöppenbuch I. vermachte er der Jungfrau Barbara von Gersdorf „für treue Dienste und Haushaltung auf ihre Lebenszeit 2 Güter, eines zur Lehn, das andere vor Erbe gelegen und gewesen, nebst 4 Gärtnern und 3 Bauern und daselbst Unterthanen.“

[23] Von 1565 bis 1567, in welchem letzten Jahre Hans von Gersdorf starb, erscheint dieser nun als alleiniger Erbherr auf Berthelsdorf, Oberrennersdorf und Burkersdorf. Er hinterließ vier Söhne: Christoph, Rudolph, Hans und Caspar von Gersdorf. Ihre Vormünder waren die Gebrüder Christoph von Gersdorf auf Niederrennersdorf und Heinrich von Gersdorf auf Tzschirnhausen, als Vettern, und Christoph von Rodewitz zu Friedersdorf von 1568 bis 1572, für Caspar wohl noch länger. Dem Schöppenbuch I. zufolge kam 1569 den 18. April zwischen den erwähnten Vormündern und Barbara von Gersdorf, mit Zuziehung Joachims von Gersdorf auf Türchau, folgender Vergleich zu Stande. Barbara von Gersdorf überließ die, ihr auf Lebenszeit von Christoph von Gersdorf zur Nutznießung überwiesenen Güter, das Lehngut (in Berthelsdorf) und kalte Vorwerk[30] schon jetzt Hans von Gersdorfs hinterlassenen Söhnen gegen vierhundert Schock, à dreißig weiße oder sechzig kleine Groschen. Ihre dabei gegenwärtigen Beistände waren Johannes Judeir, Pfarrer in Rennersdorf, Burkhardt Marker, Bürgermeister und Oberförster in Bernstadt und Georg Krüdel, Bürger daselbst.

Am 10. Februar 1570 erneuerte Kaiser Maximilian II. für Bernhard von Gersdorf auf Choltitz und dessen unmündige Vettern „Valten Niclasen, vnd weiland Hansen von Gerßdorf nachgelassenen Lehens Erben Zu Hennerßdorf, Rennersdorf, Burckhersdorf vnd Berthelsdorf“ die Gesammtbelehnung. Nach der 1574 erfolgten Erbtheilung erscheint Rudolph als Besitzer des obern Vorwerks, Oberberthelsdorf, Christoph vom mittlern und niedern Theile, Hans als Erbherr von Oberrennersdorf und Caspar von Burkersdorf. Doch wird auch Hans, wahrscheinlich in Folge der Gesammtbelehnung, mitunter als Erbherr von Berthelsdorf oder Burkersdorf aufgeführt. 1580 den 1. Februar wird ihnen vom Kaiser Rudolph II., sowie den Brüdern Georg und Wenzel von Gersdorf zu Choltitz, und Valentin und Nickol zu Großhennersdorf die Gesammtbelehnung wieder bestätigt[31].

[24] Eine Folge der Gesammtbelehnung war es wohl, daß die vier Brüder, laut Lehnbrief vom 12. Juli 1583, mit Großhennersdorf belehnt wurden. Doch scheinen sie nicht lange im Besitze desselben gewesen zu sein, da 1601 schon ein Christoph von Metzradt als Besitzer von Großhennersdorf erwähnt wird und sie auch in einer Lossage vom 12. Juli 1590 nur als Besitzer von Burkersdorf, Berthelsdorf, Kunewalde und Lippitsch (bei Milkel) aufgeführt werden. 1591 besaß Hans von Gersdorf außerdem noch Heuscheune und Radgendorf.

1581 hatte Hans von Gersdorf Oberrennersdorf und den Theil von Berthelsdorf, der von jetzt an „das Klixische Gut“ genannt wurde, an Joachim von Klix verkauft. Die Gerichtsbarkeit über letzteres blieb jedoch beim Hauptgute[32].

2. von 1581 bis 1727.

Von 1581 bis 1727, wo die drei Antheile wieder unter einem Besitzer vereinigt wurden, bestand also Berthelsdorf aus drei Rittergütern: a) Oberberthelsdorf, wozu der nördliche Theil des Oberdorfes bis zum Wagnerschen Bauergute gehörte, b) aus dem Haupt- oder Mittelgute, welches die ganze südliche Seite des Dorfes, von Strawalde bis Rennersdorf und auf der nördlichen den Theil vom Wagnerschen Bauergute bis zum Niederhofe, umfaßte, und c) aus dem Klixischen oder Niedergute, der nördlichen Seite des Niederdorfes.

a) Oberberthelsdorf.

Nach der 1574 erfolgten Erbtheilung gelangte es an Rudolph von Gersdorf, der schon 1583 starb. Sein unmittelbar neben dem Haupteingange der Kirche eingemauerter Grabstein ist fast das einzige hiesige Denkmal aus früher Zeit. Es stellt ein Ritterbild in spanischer Tracht dar und enthält folgende Umschrift: „Nach Gottes Willen starb zur Abendzeit 1583 den Sonntag nach Michaelis welches da war der 30 dis monath Septembris der Edle Gestrenge Rudolf von Gersdorf, im alter 37 Jahr und einen Tag.“ Außerdem befinden sich noch zwischen [25] dem Choreingange und der Halle zwei eingemauerte Steinbilder mit dem Gersdorfschen Wappen. Sie stellen jedenfalls zwei früh verstorbene Kinder Rudolphs von Gersdorf vor, da der Name „Rudolph von Gersdorf“ und die Worte „gestorben im 3. Jahr,“ noch zu erkennen sind. Er hinterließ zwei Söhne: Balthasar und Rudolph von Gersdorf. Während ihrer Minderjährigkeit führte ihres Vaters Bruder, Hans von Gersdorf, in Gemeinschaft mit der Mutter, Katharina von Gersdorf, die Vormundschaft. Ob die Vormundschaft später, um 1591, an einen David von Gersdorf, der mehrmals als Beistand oder als „ein anwaltiger“ der Erbherrschaft vorkommt, übergegangen ist, oder ob dieser blos Hauptmann oder Oberverwalter von Oberberthelsdorf war, bleibt ungewiß[33].

Von den beiden Brüdern scheint Balthasar 1602, da Christoph von Gersdorf wahrscheinlich ohne männliche Lehnserben starb, das Hauptgut, und Rudolph um 1604 Oberberthelsdorf übernommen zu haben. Nach einem Lehnbriefe vom 17. Januar 1605 läßt Rudolph „zu Erhaltung der sämmtlichen Belehnung, darin er mit seinem Bruder Balthasar von Gersdorf, auch daselbst zu Berthelsdorf und andern mitbelehnten Vettern stehe und damit er in der Lehnssuccession ihnen gleich gehalten würde, seinen anererbten Theil um 5500 Thaler aus der Natur des Erbrechts in Lehn verwandeln.“

Nach seines Bruders Tode scheint Rudolph 1627 das Hauptgut übernommen zu haben und Rudolph Peter von Gersdorf, der 1629 und 1635 als Erbherr Oberberthelsdorfs genannt wird, ist wohl Rudolphs Sohn.

Von 1638 an bis um 1670 wird Nicol Bernhard von Klix auf Großhennersdorf, der 1634 Oberrennersdorf und Kuppritz besaß, 1635, nach Caspar von Klix’s Tode, diese Güter verkaufte und Großhennersdorf übernahm, als Besitzer erwähnt. Sein Grabstein findet sich noch in der Kirche zu Großhennersdorf vor.

Heinrich Anshelm von Ziegler und Klipphausen, der Anfang Mai 1672 das Hauptgut kaufte, wird zugleich auch [26] als Besitzer von Oberberthelsdorf genannt. Obgleich er jenes schon Michaelis 1673 wieder an Bernhard von der Planitz verkaufte, so muß er doch dieses länger besessen haben; denn Bernhard von der Planitz wird erst 1676 als Herr von Oberberthelsdorf aufgeführt. Belehnt wurde er damit 1677; er ließ zugleich auch Peter Rudolph von Gersdorf, der seine Tochter Anna Sophie zur Gemahlin hatte, mitbelehnen.

Anfang Mai 1682 kaufte Peter Rudolph von Gersdorf Oberberthelsdorf von seinem Schwiegervater. 1685 waren bei der Taufe seines Sohnes vierundzwanzig Taufzeugen zugegen und fast der sämmtliche benachbarte Adel vertreten. Nach dem 1695 erfolgten Tode seines Vaters, Joachim Bernhard von Gersdorf, erbte er auch Oberrennersdorf. Er selbst starb den 15. März 1698 und hinterließ drei Söhne: Bernhard, Johann Rudolph und Karl Gottlob. Ihre Vormünder waren: Heinrich Eberhard von Oberländer, Oberstwachtmeister auf Leutersdorf, und Ernst Leopold von Kyaw auf Friedersdorf.

1710 wurde Bernhard von Gersdorf mit Oberberthelsdorf belehnt, verkaufte es aber noch in demselben Jahre an Henriette Catharina verw. Freifrau von Gersdorf geb. von Friesen, welche die Oeconomie des Gutes 1719 an Andreas Paul um 220 Thaler und 1723 an Otto Gerhard von Dyhrn verpachtete. Nach ihrem 1726 erfolgten Tode kam es an ihren Sohn, Gottlob Friedrich Freiherrn von Gersdorf auf Baruth, Kemnitz, Buchwalde und Rackel, königlich polnischen und churfürstlich sächsischen geheimen Rath, als Lehnsfolger des Mannlehngutes Oberberthelsdorf. Er verkaufte es aber schon den 10. April 1727 für 6000 Thaler an seinen Neffen, den Grafen Nicol Ludwig von Zinzendorf und Pottendorf, der seit 1722 schon Mittel- und Niederberthelsdorf besaß. Seit dieser Zeit ist Berthelsdorf immer unter einer Herrschaft geblieben.

b) Mittelberthelsdorf (Hauptgut).

Da, wie schon erwähnt, Christoph von Gersdorf bei der Erbtheilung, 1574, Mittelberthelsdorf erhielt und, wie es scheint, ohne männliche Lehnserben gestorben war, so übernahm es 1602 seines Bruders Rudolph ältester Sohn, Balthasar, für 16,700 Thaler. Er starb 1627; wie aus der gedruckten Leichenpredigt [27] des damaligen Pfarrers Ehrenfried Walde hervorgeht, gehörte ihm auch Heuscheune.

Von 1627 bis 1633 war sein Bruder Rudolph von Gersdorf, bis dahin Erbherr auf Oberberthelsdorf und Lawalde, Besitzer, doch Schulden halber mußte er das Gut seinen Gläubigern überlassen[34].

Diese verkauften es um 12,500 Thaler an Margarethe von Kyaw geb. Saloz. In der Zeit, wo sie und ihr Gemahl, Jaroslaw von Kyaw, das Gut besaßen, kam es, theils in Folge des dreißigjährigen Krieges, theils in Folge schlechter Bewirthschaftung, ganz herunter.

Jaroslaw von Kyaw mochte auch sehr hart verfahren; denn, wie schon früher erwähnt, verjagte er achtundachtzig Personen, wovon neunundfünfzig geborne Berthelsdorfer und die übrigen fremdes, auf dem Hofe dienendes Gesinde waren. Da die Gläubiger weder Kaufpreis noch Zinsen bekamen, fand zwischen beiden Parteien ein über zwanzig Jahre dauernder Prozeß statt. Auf Ansuchen der Kyawschen Creditoren nahm den 5. September 1654, auf Anordnung des Oberamts zu Bautzen, ein Hofgerichtsnotar in Berthelsdorf das sämmtliche Inventar auf. Auf dem Gute, das schon vorher sequestrirt worden war, blieb auch ferner ein Inspector als Sequester. Laut Entscheidung des Amtes zu Görlitz wurde endlich den 2. April 1660 Berthelsdorf den Gläubigern überlassen, von denen es dann der ehemalige schwedische Oberst, Johann Reichwaldt von Kämpfen auf Kemnitz und Bischdorf, kaufte.

Obwohl dieser nur zwei Jahre Besitzer von Berthelsdorf war, so hat ihm dieses doch in dieser kurzen Zeit sehr viel zu verdanken gehabt. Der größte Theil des Dorfes lag bei der Uebernahme wüst; denn Jaroslaw von Kyaw hatte nichts gethan, um die im dreißigjährigen Kriege wahrscheinlich niedergebrannten Gebäude wieder aufzubauen oder die Bauergüter und Gärten, von denen er die Wirthe vertrieben hatte, wieder zu besetzen. Mit regem [28] Eifer baute Reichwaldt von Kämpfen auf den wüsten Bauergütern wieder Wohn- und Wirthschaftsgebäude; an einem Tage, den 30. November 1660, besetzte er zehn Bauergüter mit Wirthen[35]. Er erleichterte außerdem die drückenden Frohndienste, legte ein Schöppen- und ein Waisenbuch an, suchte das Kirchenvermögen zu ordnen, welches, da seit dreißig Jahren keine Rechnung abgelegt worden war, sehr gelitten hatte. Kurz, er suchte auf jede Weise die bestehende Unordnung zu beseitigen.

Ein Mann von solchen Verdiensten, wie Reichwaldt von Kämpfen, der, obwohl von niederer Herkunft, doch durch seine Heldenthaten im dreißigjährigen Kriege sich emporschwang und eine geschichtliche Bedeutung erlangte, verdient es, daß wir seiner ausführlicher gedenken[36].

Johann Reichwaldt von Kämpfen wurde 1609 den 9. November zu Semcaden in Litthauen geboren. Sein Vater, Daniel Reichwaldt, starb 1616, als Johann Reichwaldt kaum sieben Jahre alt war. 1627, wo der Krieg zwischen Schweden und Polen wieder begann, ging der achtzehnjährige Reichwaldt in schwedische Kriegsdienste, welche er aber schon 1628 wieder aufgab, um über Amsterdam nach Ostindien zu reisen. In Amsterdam angekommen, änderte er jedoch seinen Vorsatz und entschloß sich nach England und von da nach Frankreich zu schiffen. Eine Meile von Rochelle landete das Schiff an der Insel de Ré. Hier hatten die Engländer und Franzosen einige Tage vorher ein blutiges Treffen gehabt und Reichwaldt besah sich in einem Weinberge die noch daliegenden Todten; dies machte ihn verdächtig, man hielt ihn für einen Spion und nahm ihn gefangen. Zum Glück traf er einen angesehenen Holländer, mit welchem er sprechen konnte; dieser befreite ihn aus den Händen der Justiz, empfahl ihn auch zugleich dem Commandanten der Insel, welcher ihn auf eine Schanze führen ließ und baldige Anstellung versprach. Die Engländer wollten Rochelle überrumpeln und in einem Boote übersetzen; es war aber mit zu viel Menschen überladen, unter welchen sich auch Reichwaldt befand, es schlug um [29] und Reichwaldt wäre beinahe ertrunken. Da er hier keine Anstellung erhielt, ließ er sich von einem Schweden bereden, mit nach Paris zu gehen und sich dort anwerben zu lassen. Doch hier trafen sie keine Werber, der Schwede verließ ihn heimlich und Reichwaldt kam in die größte Noth. Glücklicherweise traf er einige Landsleute und unter diesen sogar einen nahen Anverwandten, der ihm einiges Geld und Kleider schenkte. Er reiste wieder nach Rochelle zurück und trat auch hier bald beim königl. Leibregimente ein. Von der daselbst grassirenden Pest ergriffen, hatte er viel Ungemach auszustehen. Er lag in einer Strohhütte mit noch drei Personen, die bald nach einander starben. Als er sich wieder einigermaßen erholt hatte und der König nach der Eroberung von Rochelle mit seinem Regimente nach Paris zurückging, hielt er um seinen Abschied an, den er auch nebst einem Monat Sold erhielt. Von hier begab er sich nach Rotterdam, wo er wieder Dienste in einem Infanterieregimente nahm. Allein er blieb nur kurze Zeit daselbst; denn als er von den Siegen des Königs von Schweden, Gustav Adolph, hörte, bewarb er sich 1630 um seinen Abschied. Er ging in Rotterdam zu Schiffe und kam bald nach Hamburg. In Lübeck trat er wieder in schwedische Dienste unter dem Obersten Kirchbaum. Er diente in diesem Regimente bald zwei Jahre als Gefreiter, Corporal, Fourier und endlich als Sergeant; dann trug ihm der Oberste die Fahne an, allein er dankte zu Stade ab. Indeß muß er bald wieder angestellt worden sein; denn 1631 streifte ihn bei der Belagerung von Rostock eine Flintenkugel so nahe beim Kopfe, daß sie eine Menge Haare mit fortnahm. Vor Paderborn traf ihn 1632 eine Kugel, welche aber glücklicher Weise an einem Thaler in seinen Kleidern abprallte. Im Jahre 1633 ging er unter die Dragoner, welche der Oberst Bernhard von Ranzau commandirte und hier verrichtete er einige Zeit Fourierdienste. In der unglücklichen Schlacht bei Oldorf in Westphalen wurde ihm das Pferd unter dem Leibe erschossen; hier blieb auch sein Oberster. Der Generalkriegscommissar Erich Anderson von Tenna errichtete ein Regiment zu Pferde, in welches man die Ranzauischen Dragoner einreihte. In diesem Regimente wurde Reichwaldt Regimentsquartiermeister, bald darauf Leutnant und nach kurzer Zeit Rittmeister. Nun focht er am Rhein, an der Elbe, an der Donau, [30] in Westphalen, Böhmen, Schlesien und in der Lausitz mit großer Tapferkeit. Bei Wittstock wurde er gefährlich verwundet. Von den Sachsen wurde er vor Wettin bei Halle gefangen, aber bald wieder ausgewechselt. 1637 wurde er bei Torgau unter dem Generalmajor Pfuel Oberstwachtmeister, von welchem Regimente ihn der Feldmarschall Banner gegen seinen Willen wegnahm und 1639 bei Leitmeritz zum Oberstleutnant über sechs Compagnien und vierhundert deutsche Reiter machte. Bei der Hauptarmee war er interimistisch zugleich Generaladjutant und hatte vielen Antheil an wichtigen Vorfällen. In Böhmen kam er einst von dreihundert Mann nur noch mit zwei Mann davon. Er hat sich bei Wolfenbüttel, Wernigerode und Grottau bei Zittau besonders ausgezeichnet. Bei letzterm Orte überfiel er 1642 den 13. October in der Nacht das Lager der Croaten zu Wetzwalde und brachte fünfhundert Mann mit ihrem Anführer, dem Oberstwachtmeister Grafen Palfy, gefangen nach Zittau zurück[37]. Durch eine Kriegslist brach er unvermuthet mit zweihundert Mann in Quedlinburg ein und vernichtete die Piccolominische Leibcompagnie und das Regiment des Obersten Koch, achthundert Mann, fast gänzlich. Banner wollte zu seinen sechs Compagnien noch zwei neue werben lassen, damit er Oberster werden könnte; er starb aber vor der Ausführung seines Entschlusses. Endlich erklärte ihn der Feldmarschall Torstensohn 1642 zum Obersten und er kam als Commandant nach Zittau, wo er sich bei der Bürgerschaft sehr beliebt machte und von wo aus er auch, wie schon oben erwähnt, mehrere glückliche Streifzüge nach Böhmen unternahm. Reichwaldt, nachdem er sich am 10. März 1643 mit Susanne von Kyaw zu Kemnitz vermählt hatte, ging am 5. Juni zur Hauptarmee, kam aber noch in demselben Jahre als Commandant nach Zittau zurück, welches vom 5. December an von den kaiserlichen Generalen Gallas und Götz hart belagert wurde. Nach einer heldenmüthigen Vertheidigung, nachdem mancher Sturm abgeschlagen und die Stadt gegen dreitausend Schüsse empfangen hatte, gab endlich Reichwaldt den Bitten der Bürgerschaft nach und übergab die Stadt, der er größern Ruin ersparen wollte, am Jahresschlusse, Abends um vier Uhr[38]. Er ging von hier zu seinem Regimente, [31] welches Torstensohn vollzählig gemacht hatte und entsetzte mit diesem in Vereinigung mit dem aus Pommern kommenden Duglassischen Regimente, im Juni 1644, Großglogau[39]. Er hatte die gegründetste Hoffnung, bald zu avanciren, allein er war des Kriegslebens satt, daher nahm er, nachdem er zwanzig Jahre mit Ruhm und Ehre gedient hatte, 1647 im Holsteinischen seinen Abschied. In diesem Jahre erhob ihn auch die Königin Christine von Schweden zur Belohnung seiner treuen Dienste in den Adelsstand und nannte ihn zur Erinnerung an seine kriegerischen Heldenthaten: „von Kämpfen.“ Nach seiner Zurückkunft nach Zittau und Kemnitz kaufte er 1648 Kemnitz und Bischdorf und zeigte sich nun als Gutsbesitzer ebenso tüchtig, wie früher als Heerführer. Er wurde auch von den Churfürsten Johann Georg I. und Georg II. sehr geschätzt.

Zwei Jahre vor seinem Tode ließ er sich seinen Sarg verfertigen und seinen Lebenslauf aufsetzen. 1662, den 17. Februar, fuhr er nach Reichenbach, um seine Gemahlin abzuholen. Von hier kam er krank und an heftigen Steinschmerzen leidend, zurück, starb schon den 28. Februar, erst 52 Jahr 3 Monate alt und wurde in Kemnitz in der Gruft, die er hatte bauen lassen, den 3. März beigesetzt.

Seine Gemahlin, mit der er neunzehn Jahre in einer sehr glücklichen Ehe lebte, gebar ihm sieben Söhne und eine Tochter. Nämlich:

Adam Friedrich. Er studirte 1662 zu Altdorf.

Johann Adolph, geboren 1646. Das Kindtauffest hielt Reichwaldt in Zittau, wofür er im Gasthofe 160 Thaler bezahlte[40].

Gottlob Ehrenfried, starb 1671.

Conrad Gottlob. Er war bei seines Vaters Tode Page der Gemahlin des Herzogs Moritz in Naumburg. Später besaß er Bischdorf.

Johann Ernst, geboren 1658 den 8. Juli, starb zu Görlitz 1711 den 7. August.

Zwei Söhne starben jung, noch vor dem Vater.

[32] Susanna. Sie ward 1679 den 6. Februar die Gemahlin Heinrich Gottlobs von Oberländer auf Niederreichenbach. Sie ist 1708 den 18. Februar gestorben.

1665, den 25. Februar, verheirathete sich Reichwaldts Wittwe mit Gustav Adolph von Gersdorf auf Mostrichen und Reudnitz.

Im Besitze Berthelsdorfs folgten dem Vater Adam Friedrich und Johann Adolph Reichwaldt von Kämpfen.

Beim Tode des Vaters noch unmündig, standen sie in den ersten Jahren unter der Vormundschaft Adolphs von Kyaw auf Oberstrawalde, Oberstwachtmeister, Wolf Rudolphs von Ziegler und Klipphausen auf Cunewalde und Schönbach, und Georg Friedrichs von Tschirnhausen auf Niederreichenbach. 1665 und 1667 übernahmen sie das Gut; Adam Friedrich die niedere und Johann Adolph die obere Hälfte, für 14,000 Thaler und 15,600 Thaler. Es blieb bis Anfang Mai 1672 in ihrem Besitze, wo sie es an Heinrich Anshelm von Ziegler und Klipphausen auf Radmeritz, Probsthain und Linde verkauften. Johann Adolph Reichwaldt von Kämpfen kaufte nachher, den 4. Juli 1672, Mittelhorke und starb 1711 den 26. October. Heinrich Anshelm von Ziegler und Klipphausen war jedoch nur kurze Zeit Besitzer von Berthelsdorf, er verkaufte es noch in demselben Jahre an Bernhard Edlen von der Planitz. Durch erlittenen Feuerschaden und Mißwachs zurückgekommen, konnte auch dieser Berthelsdorf nicht behaupten, er mußte es, genöthigt durch eine Schuldenlast von 13,224 Thaler, den 20. Juni 1687 an den Freiherrn Nicolaus von Gersdorf um 18,200 Thaler verkaufen. Er starb den 7. December 1688 in Berthelsdorf.

Nicolaus, Freiherr von Gersdorf auf Baruth, Hennersdorf, Berthelsdorf, Kemnitz, Bretnig, Hauswalde, Buchwalde, Rackel, Kreckwitz und Heuscheune, königlich polnischer und churfürstlich sächsischer Geheimrathsdirector und bevollmächtigter Landvogt der Oberlausitz, war der zweite Sohn Nicolaus von Gersdorf’s, aus dem Hause Malschwitz, kaiserlichen Raths und Gegenhändlers in der Oberlausitz. Er wurde den 9. Juni 1629 zu Doberschütz geboren; doch kaum zwei Jahre alt, starb sein Vater. Seine Mutter, Anna Maria geb. von Löben aus Kreckwitz, erzog ihn mit großer Sorgfalt. Er wurde zuerst Page am churfürstlichen Hofe zu Dresden. Von 1647 an studirte er vier Jahre [33] zu Wittenberg und machte dann Reisen durch Frankreich, England, Holland und Italien. 1655 wurde er churfürstlich sächsischer Appellationsrath, 1656 Hofrath, 1660 wirklicher geheimer Rath, 1680 Oberkammerherr, 1686 Geheimrathsdirector und 1691 bevollmächtigter Landvogt der Oberlausitz. Vom Kaiser wurde er mit seinen Nachkommen in den Freiherrnstand erhoben. Verheirathet war er dreimal: bis 1665 mit Hedwig Elisabeth Vitzthum von Eckstädt, von 1666 bis 1670 mit Eva Catharina von Günterode und 1672 mit Henriette Catharina Freiin von Friesen[41]. – Da er in Folge seiner Stellung größtentheils in Dresden verweilen mußte, so übernahm seine Gemahlin Henriette Catharina die Verwaltung Berthelsdorfs und der benachbarten Güter.

Nachdem Nicolaus von Gersdorf 1691 das Mannlehngut Berthelsdorf in ein Erb-, Spill- und Kunkellehn hatte verwandeln lassen, kaufte er den 30. September 1693 auch noch das sogenannte Niedere oder Klixische Gut von Magnus von Klix.

Er starb 1702 den 23. August, 73 Jahre 10 Wochen 5 Tage alt.

Von vierzehn Kindern überlebten ihn neun. Sein Sohn aus der ersten Ehe, Johann Georg, königlich polnischer und churfürstlich sächsischer Kammerherr, geboren den 16. Mai 1662, bekam bei der Erbtheilung Kemnitz, Bretnig und Hauswalde. Aus der dritten Ehe hinterließ Nicolaus von Gersdorf sechs Kinder:

Johanne Eleonore, Gemahlin Gottlob Ehrenreichs von Gersdorf auf Weicha in Schlesien.

Gottlob Friedrich, geboren 1680 den 19. April. Er wurde Hof- und Justitienrath, auch Assessor des Kammergerichts, sodann polnischer und Sachsen-Merseburgscher wirklicher geheimer Rath; Herr auf Baruth, Buchwalde und Rackel, später auch von Oberberthelsdorf. 1745 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben. Er starb 1752.

Nicolaus, polnischer und chursächsischer Hof- und Justitienrath; Besitzer von Berthelsdorf, Großhennersdorf und Heuscheune. Er wurde 1689 in Dresden geboren.

Charlotte Justine, geboren 1675 den 17. November; in erster Ehe an Georg Ludwig, Grafen von Zinzendorf und [34] Pottendorf, polnischen und chursächsischen geheimen Rath und Kammerherrn, und in zweiter Ehe an Dubislaw Gneomar von Natzmer, königlich preußischen Generalleutnant, verheirathet. Sie starb zu Berlin als Wittwe 1763, den 31. August.

Rahel; ihr Gemahl war Georg Christoph von Burgsdorf.

Henriette Sophie; sie war von 1717 bis 1741 Besitzerin von Großhennersdorf, um welches sie sich große Verdienste erwarb, indem sie 1721 eine bedeutende Stiftung für Arme legirte und zur Beförderung der Erziehung der Jugend ein Waisenhaus, den Catharinenhof, erbaute, welchen 1838 der Staat übernahm und daselbst ein Landeswaisenhaus errichtete. – Sie starb unvermählt.

Im Besitze Berthelsdorfs folgte dem Vater der jüngste Sohn Nicolaus von Gersdorf. Mitbelehnt wurde aber auch damit 1703 sein Bruder Gottlob Friedrich. – Während der Minderjährigkeit Nicolaus führte seine Mutter, Henriette Catharina, die seit dem Tode ihres Gemahls in Großhennersdorf wohnte, die Vormundschaft. Gehuldigt wurde ihm in Berthelsdorf den 10. Januar 1710. – Als er jedoch bald in ein Creditwesen gerieth, so wurde auf Ansuchen seiner Mutter zur Abwendung eines Concursprozesses eine Commission niedergesetzt und sie selbst, die seit 1710 schon Oberberthelsdorf erworben hatte, übernahm Berthelsdorf um 30,000 Thaler, vorläufig wiederverkäuflich auf sechs Jahre. Da ihr Sohn es aber in dieser Zeit nicht einlösen konnte, so blieb es in ihrem Besitz. Ihr gehörte jetzt, nachdem sie von ihrem ältesten Sohne, Gottlob Friedrich, zu gleicher Zeit auch das Klixische Gut gekauft hatte, ganz Berthelsdorf. Ihren Wohnsitz nahm sie jedoch auch ferner in Großhennersdorf; die Oeconomie des Gutes wurde erst an Georg Gottfried Thebesius und später an Peter Simon für 1000 Thaler verpachtet.

Henriette Catharina verw. Freifrau von Gersdorf geb. Freiin von Friesen, war 1648 den 6. October zu Sulzbach geboren. Sie erhielt von ihrem Vater, der früher geheimer Rath bei dem Pfalzgrafen und später Oberconsistorialpräsident und Oberhofrichter zu Leipzig war, eine ausgezeichnete Erziehung. Sie brachte es in den Sprachen und Wissenschaften dahin, daß sie die Bibel in der Grundsprache lesen konnte. Eine ihrer liebsten Beschäftigungen war die Dichtkunst; es sind von [35] ihr zwei lateinische Gedichte, wie auch eine Sammlung geistlicher Lieder im Druck erschienen. Auch um die Wenden machte sie sich verdient, indem sie auf ihre Kosten das neue Testament und die Psalmen in wendischer Sprache drucken und an die Armen vertheilen ließ. Sie starb den 6. März 1726. Ihr ältester Enkel, der Graf Zinzendorf, hielt ihr die Standrede und verfertigte auch die Trauermusik nebst einem Leichengedichte[42].

Bereits 1722, den 15. Mai, hatte sie jedoch schon Mittel- und Niederberthelsdorf an ihren oben erwähnten Enkel, den Grafen Nicolaus Ludwig von Zinzendorf und Pottendorf, welcher damals königlich polnischer und churfürstlich sächsischer Hof- und Justitienrath war, um 26,000 Thaler verkauft. Gehuldigt wurde ihm den 19. Mai im hiesigen herrschaftlichen Hause, nach vorhergegangenem Frühgottesdienste. Er schreibt hierüber den 23. Mai in einem Briefe an seine nachmalige Gemahlin Erdmuthe Dorothee Gräfin Reuß:

„Nachdem der Oberamtskanzler Platz die Unterthanen der Pflicht gegen die Frau Landvögtin entlassen hatte, übergab er sie mir. Darauf erfolgte die Vereidung. Mir gaben alle, 7 Dutzend an der Zahl, welches mir recht gefallen, die Hand mit Freuden, jeder mit einem guten Wunsche; dann dem Hausmeister Heiz. Hierauf nahm ich die Kirchenältesten und Gerichtsmänner auf die Seite und sprach mit ihnen wegen des zu berufenden Pfarrers; dann kam ich zurück und legte den gegenwärtigen Unterthanen nach meiner Einfalt alle meine Pflichten aus und was sie sich von mir zu versehen hätten – welches vielleicht nicht allen meines Gleichen gelegen fiel, – ich versprach, sie nach der göttlichen Regel in Seilen der Liebe gehen zu lassen und ihnen das Joch an ihrem Halse tragen zu helfen und beschloß endlich mit einem Gebet zum Herrn im Himmel, meinem lieben Vater, daß er mich seines Schutzes würdiglich leiten wolle. Nach der Tafel ließ ich die 3 anwesenden Geistlichen zusammenkommen und händigte Herrn Rothe die Vocation ein.“

Vom 10. April 1727 an, wo Zinzendorf von seinem Onkel, Gottlob Friedrich Freiherrn von Gersdorf, Oberberthelsdorf für 6000 Thaler kaufte, war er Besitzer von ganz Berthelsdorf.

[36]
c) Niederberthelsdorf (Klixisches Gut).

1581 war es, wie schon früher erwähnt, von den Gebrüdern von Gersdorf, nebst Oberrennersdorf, an Joachim von Klix auf Strawalde verkauft worden. Er wurde später auch Besitzer von Niederrennersdorf und am 27. Juni 1584 damit belehnt. Er starb 1587 und hinterließ seinen Erben nicht unbedeutende Schulden. Von seinen Kindern folgte ihm Bernhard von Klix im Besitze von Oberrennersdorf und Niederberthelsdorf und Hans Caspar von Klix zu Strawalde. Von seinen Töchtern ward die eine, Margarethe, Gemahlin Caspars von Gersdorf auf Burkersdorf und Niederrennersdorf, des jüngsten Bruders der oben angeführten Gebrüder von Gersdorf[43].

Nach Joachims von Klix Tode behielt seine Wittwe Anna, geb. v. Gersdorf, während der Minderjährigkeit ihrer Söhne die Herrschaft bis 1592. Als Vormünder werden außerdem aber noch Joachims Brüder, Peter und Hans von Klix zu Strawalde, aufgeführt. 1592 scheint Bernhard von Klix selbstständig Oberrennersdorf und Niederberthelsdorf übernommen zu haben. Auf hiesigem Vorwerke war sein Oheim, Heinrich von Gersdorf, bis 1597 als Hauptmann oder Oberverwalter. 1605 erwarb er auch einen Antheil von Cottmarsdorf. Er starb 1612 und hinterließ drei Söhne:

Rudolph, Hans Christoph und Joachim von Klix, welche ihrem Vater im gemeinschaftlichen Besitze von Oberrennersdorf, Niederberthelsdorf und Cottmarsdorf folgten. Sie standen bis 1617 unter Vormundschaft ihres Oheims Hans Kaspar von Klix auf Strawalde und Davids von Gersdorf auf Bischdorf, Bellwitz und Cunnersdorf[44].

Nach seines Bruders Hans Christoph um 1630 erfolgtem Tode wurde Joachim alleiniger Besitzer. Er behielt jedoch nur Oberrennersdorf und verkaufte 1631 Niederberthelsdorf und Cottmarsdorf an seinen Oheim Hans Caspar von Klix auf Strawalde und Großhennersdorf. Nach Hans Caspars 1635 erfolgtem gewaltsamen Tode übernahm Joachim von Klix wieder Niederberthelsdorf. Ob er, nachdem Nicolaus Bernhard von [37] Klix, ein späterer Besitzer von Oberberthelsdorf, 1634 Oberrennersdorf gekauft, es aber auch bald wieder verkauft hatte, auch dieses später wieder besessen hat, ist ungewiß, aber insofern wahrscheinlich, als er 1657 noch 1600 Thaler Kaufsumme zu fordern hatte.

Er lebte unverehelicht, hatte aber außer der Ehe mit seiner Wirthschafterin, Anna Hofmann von Rennersdorf, einen Sohn, Karl Magnus, gezeugt. Um diesen nun legitimirt zu sehen, richtete er 1657 den 28. Mai ein Bittgesuch an den Churfürsten als damaligen Reichsvicar. Seine Bitte fand, laut Schreiben des Oberamts zu Budissin vom 20. Januar 1658, Gewährung. Jedoch „denen andern ehelichen natürlichen Erben in ab- und aufsteigender Linie deroselben Geschlechte an ihren gebührenden Erbschaften und Legitima, wie auch sonderlich des zwischen denen Gevettern Joachim Wolf, Friedrich, Nicol Bernhardt alle von Klix zu Löbau den 30. December des 1657 Jahres getroffenen Vergleichs unschädlich.“

Joachim von Klix starb den 5. Februar 1666, nachdem er sich 1661 unter die völlige Jurisdiction des damaligen Erb- und Lehnsherrn von Berthelsdorf, Johann Reichwaldt von Kämpfen, begeben hatte. Sein Sohn Karl Magnus von Klix wurde den 13. October 1666 mit Niederberthelsdorf belehnt.

Den 6. Juli 1679 wandte er sich wegen Verwandlung des Mannlehn in ein Erblehn mit einem Bittgesuche an den Churfürsten Johann Georg II. Er führte darin an, daß er keine männlichen Erben, sondern nur eine Tochter habe. Seine Vorfahren und Großältern hätten vor langer Zeit einige wenige am Gebirge gelegene Bauergüter zusammengeschlagen und ein kleines Lehngütchen daraus gemacht, welches nach Absterben Hans Caspars von Klix an seinen Vater gekommen sei. Im betreffenden Oberamtsberichte an den Churfürsten vom 5/15. December 1679 heißt es:

Das Gütlein sei nicht über 2000 Thaler werth, bestehe aus fünf Hufen Land, ohne Schank, Mühle, Fischerei, Teiche. Sein Gesuch wurde laut Regierungsschreiben, Dresden, den 30. Januar und 9. Februar 1680, unter der Bedingung genehmigt, „daß der von Klix und alle folgenden Inhaber schuldig und verbunden sein sollen, jedesmal bei Veränderung der landesfürstlichen [38] Obrigkeit dieser Vererbung Renovation bei Hofe und in unserem Oberamte zu Budissin gebührend zu suchen.“

Den 30. September 1693 verkaufte Karl Magnus von Klix sein Gut an den Besitzer von Berthelsdorf, den Freiherrn Nicolaus von Gersdorf, um 2925 Thaler. (500 Thaler hatte er nur allein Kirchenschuld). Außerdem hatte er noch freie Wohnung auf Lebenszeit und bekam einige Deputate; auch wurde ihm ein Pferd gehalten. Zum Gute gehörten damals drei Erb- und drei Pachtgärtner und ein Häusler.

Karl Magnus von Klix starb den 28. Februar 1700, siebzig Jahre alt. Seine Gemahlin, Hedwig Catharina geb. von Kyaw, war schon 1691 den 18. August gestorben.

3. von 1727 bis 1852[45].

Nach der 1722 auf Berthelsdorfer Territorium erfolgten Gründung Herrnhuts wurde dem Grafen Zinzendorf im November 1732 durch ein königliches Rescript angedeutet, seine Güter zu verkaufen. Der Graf, welcher dies als ein Zeichen eines ihm bevorstehenden Exils ansah, verkaufte 1732 den 13. November Berthelsdorf an seine Gemahlin Erdmuthe Dorothee geb. Gräfin Reuß.

Bald nach angetretener Regierung August III. wurde dieser Verkauf auch den 4. April 1733 bestätigt. Den 21. October 1733 empfing Georg Christoph von Burgsdorf, Zinzendorfs Oheim, die Mitbelehnung auf Berthelsdorf. Die Gräfin von Zinzendorf besaß es bis an ihren, 1756 den 19. Juni erfolgtem Tod.

Henriette Benigna Justine, vermählte Freifrau von Wattwille, geb. Gräfin von Zinzendorf, bis 1789 den 11. Mai[46].

Elisabeth, Freifrau von Wattwille, geb. Gräfin von Zinzendorf, von 1789 bis 1807 den 11. Februar.

Friedrich Rudolph, Freiherr von Wattewille auf Niederstrawalde, Gemahl der vorigen Besitzerin, welchem den [39] 2. März 1807 auf hiesigem Societätssaale gehuldigt wurde, bis 1811 den 18. Januar.

Fräulein Charlotte Sophie, Gräfin von Einsiedel, aus dem Hause Reibersdorf, von 1811 bis 1844. Sie lebt gegenwärtig noch in Herrnhut.

Seit 1844 ist die Unitätsdirection Ortsherrschaft von Berthelsdorf. – Vom königlichen Appellationsgerichte zu Budissin, als Lehnhof, wurde den 11. September 1844 Herr Carl Wilhelm Just in Herrnhut, Director der Expedition des Vorstehercollegiums der evangelischen Brüderunität, als Lehnsträger der Unitätsdirection zu Berthelsdorf, mit den auf letztere, als Vertreterin der gedachten Unität, vermöge geschlossener und bestätigter Traditionsverträge übergegangene Erb- und Allodialgüter Berthelsdorf, obern und niedern Theils, Oberberthelsdorf und Niederberthelsdorf, das Klixische genannt, Großhennersdorf, Heuscheune, Oberrennersdorf und allen Zubehörungen dieser Güter, ingleichen mit dem für die evangelische Brüderunität in demselben Maße erworbenen Erb- und Allodialgute Kleinwelke, belehnt.

Herr Samuel Christlieb Reichel, Mitglied der Unitätsältesten-Conferenz und Präses im Wirthschaftsdepartement, wurde zum Generalbevollmächtigten der Herrschaft eingesetzt und solches der hiesigen Gemeinde, den 16. September 1844, im Kretscham bekannt gemacht.

Gegenwärtig ist seit Ende 1851 Herr Johannes Ballein, Mitglied der Unitätsältesten-Conferenz, Generalbevollmächtigter.

VI. Herrschaftliche und der Gemeinde gehörige Gebäude.
1. Herrschaftliche Gebäude.
a) Der Mittelhof.

Nachrichten aus den ältesten Zeiten fehlen; jedoch läßt sich vermuthen, daß die Gebäude, wenigstens herrschaftliche Wohngebäude, da die Besitzer Berthelsdorfs aus der Familie Gersdorf im 15. und 16. Jahrhunderte ihren Hauptwohnsitz zu Oberrennersdorf hatten, kaum von größerer Bedeutung gewesen sein werden.

1654, wo in Folge des Kyaw’schen Creditwesens ein Inventarium aufgenommen wurde, befanden sich die Gebäude in gutem Stande. Zum Hofe gehörten übrigens damals zwei Obstgärten [40] von ziemlicher Größe, vollständig mit neuem Holzgeländer (das Arbeitslohn dafür betrug 300 Schock) umgeben. In dem einen Garten befanden sich siebzehn Bienenstöcke. Der zum Gute gehörige Holzbestand war sehr gut. Zum Viehbestande gehörten neun Pferde, vier Füllen, dreiundvierzig Stück Rindvieh, dreihundertsiebenundneunzig Schafe, elf Ziegen, fünfzehn Schweine. Aus dem Verzeichniß der Aussaat ist zu ersehen, daß damals hier auch Haidekorn und Hanf gebaut wurde.

Ein Theil dieser Gebäude scheint in der Zeit, wo Bernhard von der Planitz Besitzer war, abgebrannt zu sein, denn dieser führt 1687 in einem Schreiben an das Amt zu Görlitz an, er sei nicht durch eigne Schuld, sondern durch Feuerschaden und Mißwachs zurückgekommen. Jedenfalls kann aber der Brand nicht zu bedeutend gewesen sein, da 1722, wo Zinzendorf das Gut übernahm, die Gebäude als in sehr schlechtem Zustande befindlich, angegeben werden[47].

Noch im Sommer 1722 ließ Zinzendorf das alte herrschaftliche Wohngebäude niederreißen und den Bau des noch jetzt bestehenden beginnen. Er nannte dasselbe sein Bethel und ließ über den Eingang desselben folgende Inschrift mit vergoldeten Buchstaben setzen:

„Hier übernachten wir als Gäste,
Drum ist dies Haus nicht schön und feste.“

So kehret euch nun zur Vestung, ihr, die ihr auf Hoffnung gefangen lieget. Zach. 9, V. 12.

„So recht, wir haben noch ein Haus
Im Himmel, das sieht anders aus.“
 2. Cor. 5, V. 1, 2.

In diesem Schlosse hat die Unitätsdirection der Brüdergemeinde ihren Versammlungssaal, theils zu ihren gottesdienstlichen Versammlungen, theils zu ihren Berathungen für das Beste ihrer sämmtlichen Anstalten in und außer Europa. Außer dem herrschaftlichen Oeconomieverwalter wird es auch noch von einigen Mitgliedern der Unitätsdirection bewohnt. 1790 wurde der hintere Theil des Schlosses um einen Stock erhöht und 1804 erhielt es Ziegelbedachung.

[41] 1800 und 1801 wurde der Kuhstall und das Gesindehaus massiv erbaut und in letzteres das Gerichtszimmer, welches bis dahin im Brennereigebäude gewesen war, verlegt. Nachdem später auch die übrigen Ställe und Scheunen neu aufgebaut wurden, sind sämmtliche Gebäude des Hofes massiv. Die an der südlichen Seite des Hofes angebaute Scheune stand bis 1812 im Garten des Schlosses; damals befand sich in dem Gebäude der Betsaal der hiesigen Brüdersocietät.

Das alte Brauereigebäude, welches sich unterhalb des Hofes an der Dorfbach befand, muß um 1600 erbaut worden sein; denn 1571 ist beim Verkauf des Kretschams noch „freier sittscher (Zittauischer) Bierschank“ angeführt. Erst um diese Zeit wurden auf den Rittergütern Brauereien angelegt, da man bisher das Bierbrauen als ein städtisches Gewerbe betrachtet hatte. Endlose Streitigkeiten mit den Städten waren die Folge.

1650 ergingen im October und November „wegen des schändlichen Landbrauens“ an die „Bierturbanten“ der Dörfer der Zittauer Umgegend, wobei auch Berthelsdorfs namentlich gedacht ist, neue Strafmandate; aber, sagen Chroniken, „die Turbanten haben nicht pariret“[48].

1654 wird das Brauhaus als theilweise alt angegeben. Es besaß drei Pfannen; Bottige, sowie übriges Braugefäße waren ganz neu.

1806 wurde die alte Brauerei zum Theil weggerissen, blos das Wohngebäude und die Malzdarre, welche 1807 zu einem Stockhause eingerichtet wurde, blieben stehen. Das neue Brauereigebäude wurde westlich vom Schlosse massiv aufgebaut, auch in demselben 1848 eine Quetsche und Schrotmühle eingerichtet. Der Betrieb der Brauerei ist sehr lebhaft, das hiesige Bier wird in die ganze Umgegend, vorzugsweise aber nach Görlitz und Zittau, verführt.

Im Garten beim Brauhause befindet sich auch der Betsaal der Brüdersocietät, welcher den 20. September 1812 durch ein Liebesmahl eingeweiht wurde. Ursprünglich war das Gebäude zu einem Eiskeller bestimmt.

Das Brennereigebäude diente bis 1801 als Gerichtshaus. [42] Gebaut wurde es 1752[49]. Weil das Gebäude 1824 den 11. Februar in Folge eines Sturmes Schaden gelitten hatte, so wurde es bis auf das untere Stockwerk abgetragen und massiv erbaut. 1828 wurde es durch ein Hintergebäude vergrößert.

Der Betrieb der Brennerei wurde im Frühjahre 1847 gänzlich eingestellt.

Neben diesem Gebäude wurden 1790 zwei Häuser als Wohnungen für die Mitglieder der 1789 nach Berthelsdorf verlegten Unitätsdirection, die vorher ihren Sitz in Herrnhut, zu Zeyst in Holland und in Barby im Magdeburgischen gehabt hatte, erbaut und 1791 bezogen. Von hier aus werden alle Angelegenheiten der sämmtlichen Brüdergemeinden, in geistlicher und weltlicher Hinsicht, geleitet. Die Direction der Brüderunität ist in drei Departements eingetheilt:

1) das Erziehungsdepartement, zu welchem gegenwärtig Cürie (Präses[50]), Nitschmann, Schordann,

2) das Vorsteher- oder Wirthschaftsdepartement, wozu C. Reichel, Matthiesen, Ballein und

3) das Missionsdepartement, zu dem Breutel, Cunow, J. Römer und E. Reichel gehören.

Außerdem sind noch zwei Conferenzschreiber: F. Ries und A. Römer.

Von diesen Unitätsgebäuden führt eine nach 1750 angelegte schöne Lindenallee nach Herrnhut; 1837 wurde diese Straße bis zur Herrnhuter Gränze von Seiten der Herrschaft chaussirt.

Als ehemaliges Vorwerk des Mittelgutes mag hier auch das

Lehngut,

dessen Gebäude allerdings schon 1762 weggerissen wurden, Erwähnung finden.

Es befand sich unmittelbar an der Rennersdorfer Gränze, unweit der Niedermühle, die deswegen auch jetzt noch Lehngutsmühle genannt wird und wurde vermuthlich schon in sehr früher Zeit erbaut. Gewisse Nachrichten führen bis 1542 zurück, wo [43] Stephan Schiller das Lehngut und neun Ruthen Acker zu Rennersdorf, im Beisein und mit Bewilligung des Erbherrn, um „10 Mark Lenzecht, 2 Lenzecht“ aus dem Erbe kaufte. 1546 übernahm es Schillers Stiefsohn, Hieronymus Richter, um neunhundert Görlitzer Mark. 1549 kam es im Besitz der Ortsherrschaft; Hans von Gersdorf kaufte es um zehnhundert Mark. 1552 wurden aus dem Lehngute zwei Gärten, jeder um einhundertundfünfzig Mark, an Michel Eichler und Wenzel Micklisch verkauft. 1561 ging das Lehngut an den Bruder des vorigen Besitzers, an Christoph von Gersdorf, über, der es bei seinem Tode der Jungfrau Barbara von Gersdorf „für treue Dienste und Haushaltung“ auf Lebenszeit zur Nutznießung überließ. Nach einem 1569 den 18. April abgeschlossenen Vertrage kam es aber 1569 schon wieder in herrschaftlichen Besitz[51]. Von da an erscheint es immer als Vorwerk des Mittelgutes[52]. Im dreißigjährigen Kriege wahrscheinlich niedergebrannt, wurde es um 1652 wieder aufgebaut; es wurde jedoch nicht bewohnt und immer nur zu feldwirthschaftlichen Zwecken benutzt. Die Schäferei war jenseits der Bach, an der Rennersdorfer Gränze. 1722 wurde das Lehngut, in Abwesenheit Zinzendorfs, den ersten mährischen Exulanten, Christian David und den Gebrüdern Neißer, bevor dieselben die ersten Häuser Herrnhuts bauten, von dem Verwalter Heiz zum einstweiligen Aufenthalte angewiesen. Als die Gebäude, 1762, wahrscheinlich ihres schlechten Zustandes wegen, weggerissen wurden, wurde, was an Holzwerk und Bedachung noch brauchbar war, zum Wiederaufbau des in demselben Jahre abgebrannten Vetterschen oder Bleichbauergutes benutzt.

b) Der Oberhof.

Die Gebäude des Oberhofes befanden sich früher zwischen der nach Görlitz führenden Fahrstraße und dem erst in neuerer Zeit entstandenen Häuseranbau, welchen man Fichtelrode nennt. Ueber die Zeit seiner Erbauung ist nichts bekannt; überhaupt fehlen bis 1722 alle älteren Nachrichten. Um diese Zeit schon [44] waren die Gebäude sehr schlecht[53] und 1759 war das Vorwerk so alt und baufällig, daß es abgetragen werden mußte. Der neue Hof wurde jedoch nicht hier, sondern unweit des eingegangenen Bergwerks, ebenfalls an der Görlitzer Straße, von 1759 bis 1761, unter Leitung des herrschaftlichen Generalbevollmächtigten, des Herrn von Gersdorf auf Altseidenberg, erbaut. In Folge dieser Veränderung und wegen vermehrter Arbeit wurden nach vollendetem Baue, 1761, vier neue Diensthäusler (Dreschhäusler) oder Halbgärtner für den Oberhof bestellt und ihnen seitwärts vom Vorwerke, an der Strawalder Gränze, Häuser gebaut und zwei Scheffel Feld zur Benutzung angewiesen.

Den 10. Juni 1788 brannte die Scheune, durch Einschlagen des Blitzes entzündet, ab. In demselben Jahre wieder aufgebaut, richtete jedoch bald darauf, den 2. August 1791, der mit Hagelwetter verbundene schreckliche Sturm, durch den auch die Windmühle bei Herrnhut umgeworfen wurde, großen Schaden an ihr an.

Das Feldwirthschaftliche besorgt ein hier wohnender Wirthschaftsvogt.

c) Niederhof.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Niederhof jüngern Ursprungs als die andern beiden Höfe und vermuthlich erst im sechzehnten Jahrhundert erbaut worden. Als Niederberthelsdorf 1581 an die Familie Klix überging, muß schon ein Vorwerk hier gestanden haben, da Heinrich von Gersdorf bis 1597 als Hauptmann oder Verwalter hier wohnte. Jedenfalls ist es in früherer Zeit einmal abgebrannt, da man 1825 beim Graben einer Wasserleitung alten Brandschutt und Eisenwerk fand. 1722 waren die Gebäude auch hier in sehr schlechtem Zustande, der Ertrag der Feldwirthschaft unbedeutend; desto mehr gab es aber, wie bei den andern Höfen, Waldflächen mit guter Jagd an Hasen, Rehen etc. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts sollen hier sogar noch Wölfe und wilde Schweine vorgekommen sein; Spuren von [45] Wolfsgruben sind noch jetzt anzutreffen[54]. – Gegenwärtig wohnt hier ein Schäfer. – Das zur Dürningerschen Bleiche gehörige Wohngebäude des Bleichermeisters war früher das herrschaftliche Wohngebäude.

Herrschaftliche Beamte.
Inspectoren.
Weinel, 1750. Karl Ludwig Rösch.
Joh. Caspar Beyer, 1775. Ludwig Rissler, 1818.
Daniel Reichelt, 1783. Friedr. Theodor Verbeek, 1823.
Karl Ludwig Rösch. Aug. Wilh. Ohrenberg, 1834.
v. Forestier.
Verwalter.
Hans Heidenreich, 1568. Friedrich Weicht, 1756.
Georg Knebel, 1665. Gottfried Sauer, 1759.
Christian Rauchfuß, 1693. Joh. Georg Glatte, 1762.
Caspar Winkler, 1719. Gottlieb Glatte, 1798.
Joh. Georg Heiz, 1722. Friedrich Röhl, 1799.
Friedr. Wilh. v. Cardinal, 1724. F. Ludw. Messerschmidt, 1818.
Schindler, 1741. Chr. Gottlieb Hennig, 1832.
Joh. Barth. Möschler, 1747.

Wirthschaftsschreiber ist gegenwärtig seit 1851 Moritz Eduard Träger.

Förster.
Adam Kolberg, 1660. Joh. Heinrich Scherzer, 1735.
Christoph Schluckner, 1687. Joh. Christoph Krahl, 1747.
Christoph Richter, 1706. Möhring, Oberförster, 1755.
Hans Georg Gebhardt, Oberberth.,
1711.
Ebert, Oberförster, 1756.
Laurentius Krebs, 1759.
Löffler, Niederberth., 1711. Joh. Ehrenfried Stolle, 1764.
Gottfried Wauer, 1712. Joh. Gotthelf Witschel, 1789.
Johann Sockel, 1717. Wiedemann, 1823.
Gottfried Kühn, Eulholz, 1719. Tuma, 1826.
Matthes Bannack, Oberberth.,
1720.
Pannas, 1829.
Karl Friedr. Bauer, 1839.

[46]

Brauer.
Hans Lorenz, 1665[55]. Göttlich sen., 1776.
Hans Peschel, 1715. Göttlich jun., 1796.
Martin Hennig, 1719[56]. Röhl, 1818.
Gottlob Hennig, 1728. Ullrich, 1821.
Martin Hennig, 1752. Christ. Friedr. Randig, 1826.
Siegm. Max. Kästner, 1755. Christ. Friedr. Thieme, 1833.


2. Der Gemeinde gehörige Gebäude.
a) Lehrerwohnung.

Dieses 1827 von dem damaligen Polizeidiener in Herrnhut, Friedrich Hänsch, unweit der Ortsschule erbaute Haus, wurde beim Amtsantritt des jetzigen zweiten Schullehrers, G. Korschelt, von der Gemeinde für 710 Thaler gekauft, zur Lehrerwohnung bestimmt und von ihm den 6. Juni 1841 bezogen.

b) Gemeindehaus.

Es befindet sich nahe bei eben erwähnter Lehrerwohnung und wurde 1804 von der Herrschaft (welche das Bauholz und die Fuhren zu liefern hatte) und Gemeinde erbaut. Mit Ausnahme des Bauholzes und der Ziegeln kam der Bau auf 553 Thlr. 16 Gr. 2 Pf. zu stehen. In Summa aber, laut Eintrag bei der herrschaftlichen Hauptcasse in Herrnhut: 1357 Thlr. 22 Gr. 1 Pf. Das alte Gemeindehaus, früher Hirtenhaus genannt, wurde nach vollendetem Baue niedergerissen; es war nur einstöckig, enthielt zwei Stuben und stand näher an der Dorfbach. Es scheint nach einem, den 25. April 1670, zwischen Herrschaft und Gemeinde in Görlitz abgeschlossenen Receß bald nach dieser Zeit erbaut worden zu sein. Jetzt bewohnt und beaufsichtigt der Todtengräber das Gemeindehaus.

c) Spritzenhaus.

Es wurde 1783 unweit der Kirche erbaut, nachdem von Seiten der Gemeinde für 306 Thaler eine Feuerspritze gekauft worden war.

[47]
VII. Kirche.
1. Das Gebäude der Kirche.

So wie man keine bestimmte Nachricht von der Zeit der Entstehung des Dorfes findet, so weiß man auch von der Erbauung der hiesigen Kirche nichts. Gewiß ist, daß vor mehr als fünfhundert Jahren schon eine Kirche hier gewesen ist. Nach Calles in serie Misnens. Episc. gehörte die hiesige Kirche 1346 zu dem Sprengel des Erzpriesters zu Löbau[57]. Der Erzpriester zu Löbau führte die Aufsicht über die Kirchen zu Löbau mit den Filialen zu Kottmarsdorf und Lawalde, Kittlitz, Herrmannsdorf (Herwigsdorf), Berthelsdorf, Strawalde, Ebersbach, Georgiswalde, Spremberg, Oppach, Schönbach und Hennersdorf (Dürrhennersdorf)[58].

Geweiht war die Kirche, wie man aus der Umschrift der alten Glocke von 1511 ersieht: St. Jacob.

Um 1430 scheint sie von den Hussiten angezündet und verbrannt worden zu sein; denn als 1834 auf der Westseite, welches der älteste Theil der Kirche ist, zwei Fenster durchgebrochen [48] wurden, bemerkte man an der Mauer und der untersten Kalkschicht (der Kalk hatte eine röthliche Färbung) Brandspuren. Da man nun nicht die geringste Spur findet, daß sie seit länger als dreihundert Jahren durch Feuer verwüstet worden sei, so ist daher wohl mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sie die Hussiten, welche damals in Reichenbach und Bernstadt wütheten und auch die Strawalder und Kemnitzer Kirchen verwüstet haben sollen, ebenfalls nicht werden verschont haben.

Beim Wiederaufbau wurde also das alte Mauerwerk wieder benutzt und mit dem Aeußern der Kirche, welche damals fast nur die Hälfte ihrer jetzigen Größe hatte, scheint bis 1724 keine wesentliche Veränderung vorgenommen worden zu sein. Um diese Zeit aber machte sich eine Vergrößerung dringend nöthig. Theils waren durch die Gründung Herrnhuts der Zuhörer schon mehr geworden, theils besuchten sehr Viele aus der Umgegend die hiesige Kirche, um die Predigten des damaligen Pastors Rothe, der ein ausgezeichneter Kanzelredner war, zu hören. In den Gedenktagen der erneuerten Brüderkirche, pag. 95, steht darüber Folgendes: „Am 2. Juli[59], dem Feste der Heimsuchung Maria, Vormittags, predigte M. Schwedler in der Kirche zu Berthelsdorf. Weil aber so viel Menschen zugegen waren, daß ihrer mehr als tausend außer der Kirche bleiben mußten, predigte Herr Rothe zu gleicher Zeit auf dem Kirchhofe in großer Kraft.“

Der Graf von Zinzendorf, als Kirchenpatron, und die Kirchenvorsteher schlossen wegen der Erweiterung der Kirche, den 12. Juni 1724, mit dem Maurermeister Johann Caspar Becker in Görlitz einen Contract ab: daß er auf der östlichen Seite der Kirche bis Michaelis eine mit dem noch stehenden Theile der Kirche gleich hohe Mauer, 17 Ellen lang, 21½ Elle breit und 5/4 Ellen dick, aufführe, welche bis an’s Dach ein tüchtiges Gewölbe zu tragen vermöge und zwei einander gegenüberstehende Eingänge, wie auch eine steinerne Treppe auf die herrschaftliche Loge, welche neun Ellen herausgerückt werden solle, mit einer unter letzterer befindlichen Sacristei von gleicher Weite, herstelle. Außerdem sollte er noch auf jeder Seite der Orgel zwei Fenster durchbrechen, fünf Fenster an den Seiten der Kirche und zwei [49] Fenster gegenüber der Orgel, welche den Altar und die Kanzel einschließen und den neuen Theil der Kirche mit Ziegeln pflastern. Dafür erhielt er, da ihm Material u. s. w. geliefert wurden, 270 Thaler[60].

Die herrschaftliche Gruft, welche sich an der Ostseite der Kirche befand, wurde in Folge dieses Baues abgetragen. Nach vollendetem Baue führte eine Fallthüre in der Altargegend in die unter der Kirche befindliche Gruft; später wurde auch sie entfernt.

In neuerer Zeit hat das Aeußere der Kirche weiter keine Veränderung erlitten, als daß 1758 die Halle beim Haupteingange gebaut wurde und 1834 an die Stelle der hölzernen Halle beim entgegengesetzten Eingange eine neue, massiv gebaute, kam.

Durch jene Erweiterung der Kirche wurde natürlich auch das Innere der Kirche wesentlich verändert; Altar und Kanzel wurden in den angebauten Theil versetzt und ein neues Orgelchor erbaut. Doch immer hatte die Kirche noch wenig Licht; die alten, aus runden Scheiben bestehenden Fenster verschwanden erst nach und nach in neuerer Zeit und erst als 1834 auf der Feldseite zwei Fenster durchgebrochen wurden und 1839 Emporkirchen und Stände einen weißen Anstrich bekamen[61], gewann der innere Raum der Kirche mehr Licht und erhielt sein jetziges gefälliges und freundliches Ansehen. Die Bilder an den Emporen, Darstellungen aus der biblischen Geschichte enthaltend, waren schon 1771 mit einem lichtgelben Anstrich vertauscht worden.

Altar und Kanzel scheinen früher nicht vereinigt gewesen zu sein. Das alte, in künstlerischer Beziehung nicht eben vorzügliche Altargemälde, die Einsetzung des heiligen Abendmahls vorstellend, welches jetzt an der Rückseite des Altars angebracht ist, trägt die Jahrzahl 1593. Die frühere Kanzel wurde 1668 von einem Löbauer Tischler für 20 Thaler, die jetzige Kanzel nebst Altar 1771 von dem Tischlermeister Kinne in Herrnhut und die Kanzelverzierungen (Bildschnitzerarbeit) nebst Vergoldungen in Ostritz gefertigt. Der Kostenaufwand für letzteres betrug gegen 200 Thaler. 1831 bekam die Kanzel, die bisher einen gelb und blauen Anstrich hatte, einen gefälligeren, mit Vergoldungen verzierten weißen Anstrich; das Lamm mit der Siegesfahne, mit erhabenen Wolken umgeben, wurde nebst dem Laubwerk an den [50] Seiten der Kanzel und dem Geländer am Fuße des Altars, entfernt[62]. Ein Altartuch und Kanzelbehänge schenkte 1819 der von hier gebürtige Kaufmann Schluckner in Bernstadt.

Das Orgelchor war, wie schon erwähnt, beim Baue 1724 abgetragen und erweitert wieder aufgebaut worden.

Bis 1673 gab es kein Orgelwerk in hiesiger Kirche; erst im gedachten Jahre wurde ein Positiv, welches sich bisher im Schlosse zu Probsthain in Schlesien, gleichfalls einer Besitzung des Herrn von Ziegler und Klipphausen, befunden hatte, für 40 Thaler erkauft. Nach einer vorher durch den Orgelbauer Prescher in Zittau bewirkten Reparatur, deren Kosten sich auf 47 Thaler 8 Groschen beliefen, wurde dieses Positiv bis zu erwähntem Baue, 1724, benutzt, dann aber für 126 Thaler eine neue Orgel gekauft. 1788 machte sich eine Reparatur dringend nothwendig, die Orgel bekam nun eine sogenannte lange Octave und die Claviatur wurde so angebracht, daß der Organist nun Kanzel und Altar zugewendet, spielt. Die Reparaturkosten betrugen 189 Thaler. Zu gleicher Zeit wurde auch die Treppe zum Chor erbaut. Doch schon 1802 mußte der Orgelbauer Augustin aus Zittau, der auch 1788 die Orgel reparirt hatte, wieder eine neue Windlade und ein neues Orgelgehäuse (für 128 Thaler) herstellen. 1831 bekam die Orgel ihre jetzige Staffirung.

Die Frauenstände und Emporkirchen erhielten ihre jetzige Einrichtung 1767 bis 1769 und 1788. – Bei der Zunahme der Bevölkerung mußte die Kirche mit mehr Ständen und Emporkirchen versehen werden; daher wurden 1767 die Emporkirchen zu beiden Seiten der Kanzel hergestellt. Die, zwischen der Kanzel und der herrschaftlichen Loge, wurde den herrschaftlichen Beamten und dem Gesinde angewiesen, da diejenige, welche sie früher inne hatten und welche sich der herrschaftlichen Loge gegenüber befand, da wo gegenwärtig die Gerichtsstände sind, jetzt abgetragen wurde. 1768 erfolgte eine Reparatur und bessere Einrichtung der sämmtlichen Frauenstände, man entwarf eine neue Ständeordnung und nummerirte die Stände. Außerdem belegte man den Fußboden der Kirche mit steinernen Platten, erweiterte [51] das Orgelchor abermals und stellte eine Gipsdecke her. Die Baukosten betrugen gegen 500 Thaler. – Die zweite obere Emporkirche wurde 1788 neu erbaut und zugleich die Einrichtung der Frauenstände wieder verbessert, die Kirche geweißt, beim Haupteingange mit einer neuen Thüre versehen und der Taufengel, der bisher über dem Tauftisch schwebte, entfernt und der neue Tauftisch, der jetzige, angeschafft. Obgleich die Herrschaft 50 Thaler und die Gemeinde zu Herrnhut, durch den Vorsteher Beckmann, 30 Thaler zu diesem Baue schenkten, kam er immer noch auf 314 Thaler zu stehen.

1801 wurde die Thüre zur Sacristei durchgebrochen; bis dahin stand die Sacristei mit der herrschaftlichen Loge durch eine schmale Treppe in Verbindung. – Als 1826 der bisher von Holz gebaute Theil der herrschaftlichen Loge massiv aufgeführt wurde, entdeckte man eine steinerne Tafel mit der Jahrzahl 1583, Rudolfs von Gersdorfs Namen und dem Gersdorfschen Wappen. Sie bezog sich wahrscheinlich auf einen damaligen Logenbau.

Zum Andenken an das Reformationsjubiläum schaffte die Gemeinde und die Jünglinge und Jungfrauen aus derselben, 1817, zwei große kristallne Kronleuchter und 1825 ein schwarzes Altar- und Kanzeltuch an.

Die Zahl der sämmtlichen Kirchenstände beträgt ziemlich siebenhundert, worunter vierhundertunddrei Frauenstände.

2. Thurm und Glocken.

Vom Thurm der Kirche, der auf der Mitte des Daches aufsitzt, sind vier größere Baue bekannt: 1661, 1712, 1755 und 1828. In jedem der genannten Jahre wurden von den damaligen Pastoren Inschriften, welche sich abschriftlich im hiesigen Pfarrarchiv vorfinden, aufgesetzt und in den Knopf gelegt.

1661 reparirte und deckte man den Thurm und vergoldete den Knopf. 1712, den 7. Mai, mußte der hiesige Zimmermann, Hans Knothe, den Thurm wegen Baufälligkeit bis an die Glocken abtragen; nachdem der Knopf wieder vergoldet worden war, wurde der Bau den 7. Juni beendet. Die Herrschaft hatte hierzu 130 Thaler geschenkt. Allein schon 1755 mußte wieder ein neuer Dachstuhl hergestellt werden. Man glaubte erst, eine Reparatur der Westseite und ein neuer Anstrich würde genügen, als man [52] aber den 2. Juli den Bau in Angriff nahm, zeigte sich’s, daß der Thurm viel schadhafter sei, als man nach der ersten Untersuchung vermuthet hatte.

Nachdem 1811 einige kleinere Reparaturen vorgenommen worden waren und der Thurm einen neuen Anstrich bekommen hatte, machte sich 1828 ein bedeutenderer Bau nothwendig. Am 15. Juli wurde der Bau, dessen Kosten sich auf 264 Thaler beliefen, durch den Zimmermeister Lobegott Richter angefangen und den 19. der Knopf abgenommen, den die Gemeinde auf ihre Kosten durch den hiesigen Mechanikus und Bildhauer Heinrich Paul[63] vergolden ließ. An die Stelle des Hahnes, der seit 1661 als Fahne gedient hatte (er ist mit der Jahrzahl 1661 und mit dem Namen Johann Reichwaldts von Kämpfen bezeichnet) und jetzt am westlichen Giebel des Kirchdaches angebracht ist, trat eine Fahne nebst Kreuz[64]. Sie wurden, als der Thurm neu gedeckt und mit Blech beschlagen worden war, den 16. September aufgesetzt. Vorher fand eine kirchliche Feier statt. Die Schulkinder begaben sich im Zuge mit Musikbegleitung in den Pfarrhof, zwei Kinder nahmen den Knopf in Empfang; Fahne und Kreuz waren in der Kirche, wo die Inschrift, welche in den Knopf gelegt werden sollte, verlesen wurde, bereits aufgestellt. 1830 erhielt der Thurm einen Blitzableiter, 1838 eine Uhr für 230 Thaler (seit 1811 befand sich keine hier) und 1844 durch den Zimmermeister Heinrich Richter seinen gegenwärtigen roth und grünen Anstrich.

Die alten, schon 1511 gegossenen Glocken waren bis 1788 sämmtlich vorhanden. In diesem Jahre aber zersprang die große Glocke, welche die Umschrift: „hilf Got vnd sank Jacob aus aller not m v vnd im XI “ (1511) trug[65]. Sie wurde noch in demselben Jahre [53] von dem Glockengießer Seiffert in Görlitz mit einem Kostenaufwande von 255 Thalern umgegossen. Sie wog dreizehn Centner.

Die mittlere Glocke enthält in derselben alten Mönchsschrift folgende Inschrift: „Got vnd maria brot das alles was mier beginen mok.“ Zwischen jedem Worte war ein Marienbild angebracht. Die kleine Glocke trug keine Umschrift.

Im Jahre 1830 wurden endlich alle drei Glocken, weil die kleinste einen Sprung bekommen hatte, theils auf Kosten der Gemeinde, theils des Kirchenärars, umgegossen und durch F. Gruhl in Kleinwelke ein herrlich harmonisches Geläute hergestellt. Die Kosten der Umschmelzung betrugen 316 Thaler, wovon 169 Thaler auf die große Glocke kommen. 196 Thaler kamen durch freiwillige Beiträge der Herrschaft und der Gemeindeglieder zusammen und 120 Thaler wurden aus dem Kirchenvermögen verwilligt. Die Glocken wiegen 12 Centner 2¼ Pfund, 5 Centner 84 Pfund und 3 Centner 26 Pfund.

Den 17. September 1830 wurden sie in Kleinwelke auf zwei Wagen abgeholt; die sämmtliche Schuljugend und die Erwachsenen, begleitet von drei Musikchören, zog ihnen bis an die Grenze entgegen, die Glocken und Wagen wurden bekränzt und zur Kirche geleitet, wo sie den nächsten Tag unter den üblichen Ceremonien auf den Thurm gezogen wurden.

Die Inschriften der Glocken sind:

Große Glocke. Erste Seite: Medaillon mit dem Christuskopfe, mit der Umschrift: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. Im Jubeljahr der Uebergabe der Augsburgschen Confession 1830, auf Kosten der Gemeinde umgegossen von Fr. Gruhl in Kleinwelke. – Zweite Seite: Collaturherrschaft: Fräulein Charlotte Sophie, Gräfin von Einsiedel. Gerichtsdirector: Carl Moritz Kölbing. Inspector: Friedrich Theodor Verbeek. Pastor: Christian Gottlieb Leupold. Erster Schullehrer: Johann Gottlieb Träger. Zweiter Schullehrer: Johann Gabriel Bibrack. Kirchenväter: Johann Gottlieb Lorenz. Karl Samuel Bittrich.

Mittlere Glocke. Erste Seite: Luthers Bildniß. Unterschrift: Gehet zu seinen Thoren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben. Zum Andenken an das dreihundertjährige Jubiläum der evangelischen Kirche 1830, umgegossen von Fr. Gruhl [54] in Kleinwelke. – Zweite Seite: Oekonomieverwalter: Friedrich Ludwig Messerschmidt. Richter: Johann Gottlob Jähne. Gemeindeältesten: Christian Friedrich Jähne und Johann Christoph Jähne. Gerichtsältesten: Johann Gottlieb Mitter, Johann Gottlieb Richter, Christian Wilhelm Paul, Johann Gottlieb Krause, Johann Christoph Schäfer und Gottlob Heinrich.

Kleine Glocke. Erste Seite: Melanchthons Bildniß. Unterschrift: Erbauet euch auf euern allerheiligen Glauben. Zweite Seite: Umgegossen auf Kosten der Kirche im Jubeljahre 1830, von Fr. Gruhl in Kleinwelke [66].

3. Kirchhof.

Sein Flächeninhalt beträgt jetzt 230 Quadratruthen, excl. der 20 Quadratruthen einnehmenden Kirche. Er mußte jedoch in neuerer Zeit, da die Einwohnerzahl fortwährend stieg, zweimal vergrößert worden. Zuerst 1794, wo er den 4. September, und 1848, wo er den 26. November, als den ersten Advent, geweiht wurde. Das benöthigte Areal entnahm man in beiden Fällen der Pfarrwiedemuth und dem Kirchbauergute. Das erste Begräbniß auf dem neuen Kirchhofe fand den 25. Februar 1849 statt. – Die Geschlechter liegen separirt von einander. 1808 erbaute sich der damalige Ortsrichter Johann Gottfried Gäbel an der westlichen Kirchhofsmauer eine Gruft und legirte der Kirche 100 Thaler, mit der Bedingung, daß die Gruft im baulichen Stande gehalten würde.

Früher war der Kirchhof von uralten hohen Linden umgeben; doch 1775 wurde der größte Theil derselben gefällt. Man gewann bei siebenwöchentlicher Arbeit vierzig Klaftern Holz. Zu gleicher Zeit reparirte man auch damals die Gräber und entfernte die alten Leichensteine und Kreuze; aus welchem Grunde daher der hiesige Kirchhof arm an alten Denkmälern ist. – Die Linden an der Ost- und Westseite wurden 1776 und 1797 gepflanzt. Von den vier an der Südseite stehen gebliebenen alten Linden mußte 1817 wieder eine gefällt werden, weil dieselbe am 5. Januar durch einen heftigen Sturm gespalten worden war. Die drei noch stehenden, deren Alter man auf drei bis vierhundert Jahre schätzt, sind noch jetzt eine wahre Zierde des Kirchhofs.

[55] An die südliche Seite der Kirchhofsmauer wurde 1851 ein Leichenhaus angebaut.

4. Pfarre.

Sie ist ein sehr altes, aber noch recht wohnliches Gebäude und vermuthlich um 1550 erbaut. Außer bei dem Alter des Gebäudes häufig vorkommenden kleineren Bauten fand in neuerer Zeit nur ein Hauptbau statt, und zwar 1846, wo der an der vordern Fronte befindliche hölzerne Gang entfernt und eine Wohnstube eingerichtet und eine Dachkammer ausgebaut wurde. Die Kosten beliefen sich auf 300 Thaler. – Der Pfarrhof wird von einem Stalle, einer Scheune und der Wohnung des Wirthschafters gebildet.

Früher gab es auch zwei Pfarrgärtner, welche in den beiden sogenannten Wiedemuthshäusern, von denen das eine 1754 neu aufgebaut und 1761 für 200 Thaler verkauft, das andere aber schon früher für 20 Thaler verkauft und bald darauf ganz abgetragen worden war, wohnten. – Eins von diesen Wiedemuthshäusern soll in der alten katholischen Zeit, der Sage nach, die Pfarre gewesen sein.

Zu erwähnen ist noch, daß die Pfarre durch eine Wasserleitung mit dem vorzüglichen Wasser des sogenannten Queckbrunnens[67], dessen reich fließende Quelle auch noch für den bedeutenden Wasserverbrauch des herrschaftlichen Hofes, der Brauerei, der Schule, des Kretschams und vieler Privatgebäude hinreichend ist, versehen wird.

5. Pfarrer.

Als katholische Plebane sind noch bekannt:

Jacob Schleiff, von 1459 bis 1468.

Franziskus Quark, 1483.

Martin Faber, 1527.

Bartsch, 1538. In diesem Jahre scheint das Papstthum hier seine Endschaft erreicht zu haben; denn Funke erzählt[68]: [56] „Donnerstag nach Ostern, den 28. Martii, ist der arme elende Pfaffe Bartsch zu Berthelsdorff ausgejagt, alles verriegelt und in schlechte Wort dahingegangen. Die Pfarre ist alsdann bewacht worden.“ – Was weiter erfolgt ist, ist unbekannt. Wurde Bartsch nicht wieder aufgenommen, so ist wahrscheinlich

Paul Horn, 1549 bis 1552, nicht der erste evangelische Pfarrer; denn er wurde erst 1549 in Wittenberg von Dr. Pomeran (Bugenhagen) zum Pfarrer in Berthelsdorf ordinirt. Er war aus Hirschberg gebürtig und zuerst Schulmeister in Berthelsdorf.

Matthäus Schubert aus Lauban, 1552.

Johann Löffler, ein Camenzer, war erst an der Schule zu Freiberg um 1560 thätig und wurde 1567 Pfarrer allhier.

Wolfgang Steinkirchner war 1555 Prediger an der wendischen Kirche zu Löbau, 1570 hier Pastor und wurde 1587 nach Sohland am Rothstein vocirt.

Georg Beyer aus Löwenberg in Schlesien, erst Pfarrer in Sinkwitz in Schlesien, 1587 Pastor in Berthelsdorf.

Paul Förster aus Lauban, nur kurze Zeit.

Bartholomäus Walde, auch Sylvanus genannt. Sein Vater war Bartholomäus Walde, Pfarrer in Bischdorf, dessen Ordinationsschein, der älteste, den man in der Oberlausitz im Originale hat, 1553 von Melanchthon unterschrieben ist. Er wurde 1574 Pfarrer in Taubenheim und nach 1590 hier, wo er 1627 starb.

Ehrenfried Walde, 1627 bis 1633, des vorstehenden Sohn. Er war seit 1619 Pfarrer in Herwigsdorf bei Löbau, dann kam er 1627 als seines Vaters Nachfolger hierher und starb daselbst 1633.

Johann Brehmer, von 1634 bis 1642, gebürtig von Wiesenach in der alten Mark. Er kam von Beyersdorf hierher und mußte der Kriegsunruhen wegen nach Bautzen flüchten, wo er ein Vierteljahr lebte und wieder nach Beyersdorf ging, aber dann abermals hierher vocirt wurde. 1642, den 1. Mai, wurde er Pfarrer in Ruppersdorf, wo er den 3. April 1666 starb.

Tobias Herrmann, 1642 bis 1645, 1615 in Görlitz geboren, war vom 4. Juli 1642 hier Pfarrer, kam 1645 nach [57] Oberbiela bei Görlitz, 1667 nach Troitschendorf und starb daselbst den 24. December 1679.

Friedrich Pfändler, 1645 bis 1654, von Siegersdorf gebürtig, war seit 1641 Diac. adj. seines Schwiegervaters Michael Soni in Schönberg, kam 1645 hierher und starb daselbst den 25. December 1654. Sein Sohn Gotthardt ward Pfarrer in Diehsa und seine Tochter Magdalena heirathete 1668 den Kemnitzer Schulmeister Christoph Hüttner.

Christoph Bäuerlein, war von 1655 bis 1677 hier Pfarrer; er war gebürtig von Schönau auf dem Eigen, wo sein Vater Schullehrer war. Er starb den 1. August 1677, zweiundfünfzig Jahre alt.

M. Christian Behrnauer, 1678 bis 1684, geboren den 29. September 1649 zu Berzdorf auf dem Eigen, Sohn des dasigen Pfarrers, studirte in Görlitz und Leipzig. Seit Sonntag Oculi 1678 hier Pfarrer, kam er im September 1684 als Archidiaconus nach Löbau, ward daselbst Primarius und starb 1720 den 21. Mai.

David Weise, 1684 bis 1687, von Goldberg in Schlesien, geboren 1660 den 22. September, war bis zum Mai 1687 hier Pfarrer und wurde dann als Diaconus nach Reichenbach berufen, kam 1693 von hier nach Arnsdorf und 1701 nach Lichtenau, wo er 1711 den 21. September starb.

Siegmund Salomon, 1687 bis 1711, geboren zu Guben 1643, war 1680 Cantor und 1681 Rector in Sommerfeld, 1683 past. subst. in Friedrichsdorf bei Sorau und seit dem Mai 1687 hiesiger Pastor, wo er den 21. November 1711, 68 Jahre alt, starb.

Johann Horn, 1710 bis 1722, geboren 1669 den 25. October zu Fraustadt in Polen, war seit dem 16. März 1710 past. subst. allhier, succedirte 1712 und starb 1722 den 11. Februar an einem Schlagfluß. Er war ein sehr strenger, orthodoxer Prediger[69].

Johann Andreas Rothe, 1722 bis 1737, geboren 1688 den 12. Mai zu Lissa bei Görlitz, wo sein Vater Pfarrer war, studirte in Görlitz, Breslau und Leipzig und wurde den [58] 19. Mai 1722 durch den Grafen Zinzendorf, dessen treuer Gehilfe er bei der Gründung Herrnhuts war, als Pfarrer hierher berufen, nachdem er vorher in Leuba im Hause des Herrn von Schweinitz als Informator gelebt und schon am 15. März durch Veranstaltung Zinzendorfs, der ihn kennen lernen wollte, in der evangelischen Hofkirche zu Dresden in Gegenwart vieler wohlgesinnten Freunde eine Gastpredigt gehalten hatte. 1737 wurde er nach Hermsdorf bei Görlitz und 1739 nach Thommendorf in Schlesien vocirt, wo er 1758 den 6. Juli starb. – Er war ein Mann von aufrichtiger Frömmigkeit, der eine besondere Gabe zu predigen hatte; seine Predigten waren daher, wie schon früher erwähnt, von Zuhörern aus der Umgegend zahlreicht besucht. Auch als geistlicher Liederdichter (er war Verfasser von fünfunddreißig Liedern) ist er bekannt.

Caspar Leonhardt Mucke, 1737 bis 1739, geboren in Kotitz 1702 den 23. October, war [1730] Pastor in Nochten und starb schon den 22. Januar 1739 allhier. Er gehörte früher der reformirten Confession an.

Johann Christoph Schilling, 1739 bis 1743, erst Pfarrer im Ebersdorfschen und bis 1743 allhier, wurde später Pfarrer in Hessen.

Paulus Groh, 1743 bis 1760, geboren 1699 den 5. Februar in Großzöbern im sächsischen Voigtlande, wurde den 18. October 1743 hier Pastor, nachdem er vorher über sieben Jahre in Brüssel Hofmeister der Gräfin von Kallenberg und dann Director in Jena gewesen war. Seine Frau war eine geborne Baronesse von Kitlitz aus Schlesien. Er starb den 17. März 1760.

Heinrich Johann Böttcher, geboren in Gera den 23. November 1715, war von 1760 bis 1793 hier Pfarrer. Eben als ihm ein Substitut beigegeben werden sollte und während derselbe zur Ordination war, starb Böttcher 1793 den 7. Juni, und der als Substitut berufene

Johann Gottlob Borns, 1793 bis 1800, kam nun als wirklicher Pastor hierher. Er war 1762 den 30. November in Bautzen geboren und Sohn eines dasigen Goldarbeiters. 1800 wurde er als Substitut nach Kottmarsdorf berufen und starb 1827 als Pfarrer in Obercunnersdorf.

M. Johann Gottlieb Steinert, 1801 bis 1803, geboren [59] 1765 den 3. Juni zu Limbach bei Chemnitz; sein Vater war Strumpffabrikant. Er studirte von 1785 bis 1790 in Wittenberg und wurde 1794 den 16. November Diaconus in Großhennersdorf und 1797 fürstlich reußischer Hofprediger und Kirchenrath in Greiz. In Berthelsdorf bis 1803 Pfarrer, wurde er von da als Pastor und Superintendent nach Kolditz und 1808 als Pastor und Superintendent nach Oschatz berufen, wo er den 24. December 1822 starb, nachdem er noch 1817 am Reformationsjubelfeste von der Universität zu Leipzig das Diplom als Doctor der Theologie bekommen hatte. Er war ein sehr beliebter Prediger, der sich hier eines sehr zahlreichen Kirchenbesuchs zu erfreuen hatte und mit der einzigen Tochter des durch seine Briefe über Herrnhut bekannten Pfarrers Frohberger in Rennersdorf verheirathet.

Johann Traugott Blüher, 1803 bis 1811, geboren den 10. Juli 1748 zu Marienberg, war zuvor Pfarrer in Schmerkendorf bei Torgau, dann Pastor in Neudietendorf, in Herrnhut und in dem Brüdergemeindeort Gnadenfeld in Schlesien gewesen; er starb den 21. Mai 1811 und wurde als Glied der Brüdergemeinde auf dem Herrnhuter Gottesacker begraben.

Christian[WS 1] Gottlieb Leupold, seit 1811, wurde in Seidenberg den 14. October 1779 geboren. Er studirte in Görlitz und Wittenberg und war zuerst Hilfsprediger in Dassow in Mecklenburg-Schwerin, 1809 Diaconus in Großhennersdorf und wurde 1811 als Pfarrer nach Berthelsdorf berufen. – Die während seiner nun einundvierzigjährigen Amtsthätigkeit mit dem Innern[WS 2] der Kirche vorgenommenen geschmackvollen Veränderungen, durch welche dieselbe ein so freundliches Ansehen bekommen hat, sind vorzugsweise sein Verdienst; ebenso hat man auch vorzüglich seinen Bemühungen das neue harmonische Geläute zu verdanken[70].

6. Allgemein Kirchliches.

Was zunächst das Vermögen der Kirche betrifft, so ist dieses in neuerer Zeit beträchtlich gestiegen. Während vor 1700 die Einnahmen kaum die nothdürftigsten Ausgaben deckten, so [60] kann jetzt aus dem Kirchenvermögen noch Manches bestritten werden, was sonst der Gemeinde zur Last fallen würde, wie z. B. Schulbauten u. dergl. Die Verwaltung desselben besorgen die Kirchväter, jetzt Christian Gottlieb Haschke und Johann Karl Gottlieb Hahn.

Die Kirchrechnungen sind seit 1660 vorhanden, wo es wieder Reichwaldt von Kämpfen war, der, da man seit dreißig Jahren über das Vermögen der Kirche keine Rechnung abgelegt hatte, dasselbe ordnete.

Da Joachim von Klix schon 1660 der Kirche 359 Mark schuldete, so mußte sein Sohn Karl Magnus 1668 derselben das zu seinem Vorwerke gehörige Bauergut abtreten, von welcher es in demselben Jahre Pastor Rothe von Sohland für 200 Thaler kaufte. Die kirchlichen Einnahmen betrugen damals nur 55 Mark oder 43 Thaler. – 1705 war das Kirchenvermögen auf 1037 Thlr. 23 Gr. 2 Pf. gestiegen. 1745 mußte die Kirche von 1650 Thaler Capital 33 Thaler zu der ausgeschriebenen preußischen Contribution zahlen.

Obwohl nun das Kirchenvermögen durch die Münzwirren im siebenjährigen Kriege einen Verlust von dreihundert Thalern hatte (der Thaler war auf neun Groschen gefallen) und durch die bedeutenden Bauten 1767 und 1788 sehr in Anspruch genommen worden war, so betrug es doch 1770 2640 Thlr. 22 Gr. 10 Pf. und 1800 3027 Thlr. 18 Gr. 1 Pf. – 1825 war es auf 5075 Thlr. 16 Gr. 1 Pf. und 1851 auf 7848 Thlr. 17 Ngr. 6 Pf. gestiegen, incl. 717 Thlr. 22 Ngr. Steuerentschädigungscapital. – Außer diesem Capitalvermögen besitzt die Kirche auch noch einen Wald, dessen Flächeninhalt 44 Acker 128 Quadratruthen beträgt und welcher in neuerer Zeit durchschnittlich einen jährlichen Ertrag von 150 Thalern gewährte.

Legate besitzt die Kirche nicht und einige Geschenke zur Ausschmückung der Kirche sind schon früher erwähnt.

Die Pfarrwiedemuth, 44 Acker 14 Quadratruthen, wurde Michaelis 1667 von Reichwaldts Söhnen dotirt, indem sie, „weil ihre Vorbesitzer wüste Bauergüter, auf denen Kirchengeld gehaftet, zu den Vorwerken geschlagen hätten und durch Einziehung des Wiedemuthsbauers die Pfarrwiedemuth geschmälert worden sei,“ [61] der Kirche das sogenannte Neitsche wüste Gut, zu 400 Mark gerechnet, überließen.

Eine fernere Einnahme wurde der Kirche auch 1758 den 12. Mai. Bis dahin war nämlich Herrnhut nach Berthelsdorf eingepfarrt und wenn auch die Kinder dort getauft, die Leichen dort begraben[71] und die Paare daselbst copulirt wurden, so trug man doch diese vorkommenden Geburts-, Sterbe- und Copulationsfälle in’s hiesige Kirchenbuch ein. Im genannten Jahre hörte diese Einpfarrung auf und Herrnhut wurde eine eigne Parochie. Zwischen Henriette Benigna Justine Freifrau von Wattewille geb. Gräfin von Zinzendorf, dem hiesigen Pfarramte und der Brüdergemeinde zu Herrnhut wurde ein Receß abgeschlossen, nach welchem seitdem von einem Abstandsquantum von 1400 Thalern Conventionsmünze die Zinsen jährlich an Kirche, 10 Thlr. 8 Ngr. 3 Pf., Pfarre, 46 Thlr. 7 Ngr. 5 Pf., und Schule, 15 Thlr. 12 Ngr. 5 Pf., entrichtet werden. – Bei Errichtung einer neuen Kirchen- und Pfarrmatrikel wurde auch festgesetzt, daß die in Herrnhut dienenden oder sich aufhaltenden Personen hierher zur Beichte und Communion kommen müssen und in vorkommenden Fällen Begräbniß und Taufe in Berthelsdorf stattfindet.

Aus den Kirchenbüchern, die 1678 beginnen, ist, wie schon früher angeführt, zu ersehen, wie gering die Bevölkerung Berthelsdorfs noch im vorigen Jahrhunderte war; erwähnt sei nur noch, daß z. B. in den vierundzwanzig Jahren, wo Sigismund Salomon hier Pastor war, von 1687 bis 1711, nur vierhundertvierunddreißig Taufhandlungen vorkamen, während jetzt durchschnittlich jährlich siebzig bis achtzig Taufen, fünfundfünfzig bis sechzig Sterbefälle, fünfundzwanzig bis dreißig Copulationen und dreitausend Communicanten sind.

Das jetzt in Berthelsdorf und Großhennersdorf benutzte Gesangbuch wurde 1766 eingeführt; jede Familie bekam bei der Einführung ein Exemplar geschenkt. Es ist leider in mancher Beziehung mangelhaft. Das frühere hatte 1725 Zinzendorf verfaßt [62] und seiner Großmutter gewidmet. 1731 ließ er für den Gebrauch der Berthelsdorfer Gemeinde unter demselben Titel: Sammlung geistlicher und lieblicher Lieder, ein zweites, für allgemeineren Gebrauch bestimmtes Gesangbuch (das sogenannte Marchische, nach dem Namen des Verlegers Marche in Görlitz) drucken[72].

Leider sind auch noch mehrfach Fälle von Kirchenraub anzuführen. – So wurden 1757, Sonntag Judica, von hier einquartierten feindlichen Soldaten, zinnerne Leuchter und die Priesterröcke geraubt. – 1789 in der Nacht vom 3. zum 4. Juli, wo die Diebe durch das große Kirchfenster am Thurm in die Kirche stiegen und ein großes Altartuch nebst Communiontüchern und vier zinnernen Leuchtern stahlen. Vom 3. zum 4. August 1790 wiederholte sich der Diebstahl; es wurden wieder dieselben Gegenstände nebst den Wachskerzen geraubt. Ueberhaupt wurden um diese Zeit verschiedene Kirchen der Umgegend (die Rennersdorfer in derselben Nacht) beraubt. 1796 den 26. Januar fand abermals ein nächtlicher Kirchenraub statt; es wurden elf große zinnerne Orgelpfeifen und das Altartuch entwendet. Die Wiederherstellungskosten an der Orgel betrugen gegen 36 Thaler. – Den 9. Juli 1829, den 23. September 1837, den 7. October 1838 und den 25. März 1847 wurde das Gotteskästchen erbrochen und beraubt. Beim letzterwähnten Raube wurden zugleich drei Orgelpfeifen entwendet und zum Erbrechen des Gotteskästchens frevelhafterweise das gußeiserne Crucifix vom Altare benutzt und dabei zerbrochen.

VIII. Schule.
1. Gebäude.

Die Schule ist ein sehr altes Gebäude, über welches jedoch ältere Nachrichten fehlen. 1757 war sie bereits so baufällig, daß sie abgebrochen und ein neues Schulhaus gebaut werden sollte. Doch der Kriegsunruhen wegen mußte der Bau unterbleiben, das schon angefahrene und ausgearbeitete Bauholz wurde 1758 in das eben neu erbaute Schwesternhaus zu Herrnhut verkauft und dafür das alte Schulhaus von Grund aus reparirt.

[63] Bis 1775 war die Wohnstube, da die Kinderanzahl damals gering und nur die Knabenschule hier war, als Lehrzimmer benutzt worden. Doch im genannten Jahre machte sich der Anbau einer besondern Schulstube nothwendig. Sie wurde im Herbste desselben Jahres geweiht. Da aber binnen fünfzig Jahren die Anzahl der Schulkinder sich fast verdoppelt hatte, so mußte man 1825 wieder zum Anbaue eines neuen Schullocals schreiten. Mit einem Kostenaufwande von 708 Thlr. 6 Gr. 7 Pf. wurde an der nördlichen Seite des alten Schulzimmers das neue Local angebaut. Die Schulstube ist auf eine bedeutende Kinderzahl eingerichtet, licht und freundlich und wurde den 14. November feierlich eingeweiht. Leider hatte man aber bei der Wahl des Bauholzes nicht die gehörige Sorgfalt beobachtet, daher sich auch schon 1849 ein Neubau nothwendig machte, bei welchem man nur die Seitenwände massiv herstellte und an der Ostseite eine Halle, als Versammlungsplatz der Schulkinder, anbaute. Das Local wurde den 8. October 1849 eingeweiht. Die Kosten des Baues betrugen 280 Thaler. – Zur Schule gehört an Feld 5 Acker 45 Quadratruthen.

2. Schulwesen.

Das Schulwesen scheint sich in früheren Zeiten auch hier auf einer sehr niederen Stufe befunden zu haben. Der Schulbesuch war unregelmäßig, willkührlich und größtentheils nur auf das Winterhalbjahr beschränkt. Zur Beleuchtung des Standpunktes des Schulwesens, wie der Lehrer jener Zeit, mögen zwei Beispiele, die sich in der Kirchrechnung von 1676 und in Zinzendorfs Tagebuch von 1716 vorfinden, dienen. 1676 mußte der damalige Schullehrer, in Folge eines Rechtsstreites, das Kirchenbuch nach Görlitz tragen und vier Tage daselbst auf Resolution warten; er bekam dafür zwölf Groschen. – Im zweiten Falle heißt es im Tagebuche des damals sechzehnjährigen Zinzendorfs: „Den 20. Mai (die Gersdorfsche Familie bewohnte damals das Großhennersdorfer Schloß) sind die Gregorischüler von Berthelsdorf auf hiesigen Hof gekommen, im weißen Habit und Fähnlein, Sturmhauben und allerlei Zierathen und haben einige Lieder gesungen. Darnach hat einer einen Vers perorirt, welches der Schulmeister der gnädigen Großmama gedruckt übersandt: „„Ich [64] bin zwar kein Poet und kann nicht zierlich schreiben““ u. s. w., das sie am Ende mit zwei Chören angestimmt. Hierauf warf ich ihnen zu ein versiegelt Packet mit Geld, welches ihm eingehändigt ward, aber im Niederfallen aufsprung. Darauf war geschrieben: „Vor die Gregori Schüler von Berthelsdorf, nebst der Erinnerung ihren Aufzug beim Lobe Gottes bleiben zu lassen und sich nicht mit närrischer, theatralischer Kleidung zu vergehen, widrigenfalls man es in totum prohibiren wird.“

Durch den Grafen Zinzendorf erhielt das hiesige Schulwesen eine vollständige Veränderung. Nachdem schon 1728 für die Kinder der Ortseinwohner, welche sich der Brüdergemeinde angeschlossen hatten, ein besonderer Schulhalter, Christoph Richter, angenommen worden war, wurde 1733 dem Schullehrer Weber die Schule ganz abgenommen und besondere, der Brüdergemeinde angehörende und von der Herrschaft besoldete „Informators (studioso) bestellt.“ Als Entschädigung bekam Weber wöchentlich acht Groschen und jährlich zwei Scheffel Korn, mußte aber dagegen die Verbindlichkeit eingehen, „keine Irrungen zu machen und wenn Noth dem Informator beim Schreiben und Rechnen lehren zu helfen.“

Diese Einrichtung bestand bis Michaelis 1751. Die Kinder waren bis dahin auf den drei herrschaftlichen Höfen und in dem Wohnhause des jetzigen Societätspflegers, damals das Hedelhöfersche genannt, unterrichtet worden. Michaelis 1751 traf die Herrschaft die Einrichtung, „weil die Gemeinde gebeten, daß die Kinder doch möchten zum alten Schulmeister, dem Herrn Weber, wiederum geschickt werden, weil die Brüder zu gelinde wären und nur bei einem Exceß das Rauhe vorkehreten“: daß fortan die Knaben gegen Entrichtung des gewöhnlichen Schulgeldes vom Schullehrer Weber und die Mädchen unentgeldlich auf der Pfarre von Gerhard Hans unterrichtet werden sollten. Später wurde die Mädchenschule wieder in das oben erwähnte Societätspflegerhaus verlegt und 1796 gänzlich mit der Knabenschule verbunden.

Die Zahl der Schulkinder, welche 1690 durchschnittlich kaum vierzig betrug, war 1790 auf zweihundert und 1824 bei der Revision des Kirchenrath Schulze auf zweihundertachtzig gestiegen. In Folge dieser Revision wurde im nächsten Jahre das neue Schullocal gebaut und 1829, nachdem schon von 1812 an [65] Hilfslehrer thätig gewesen waren, eine zweite ständige Schullehrerstelle gegründet. Auch mußte von nun an für alle Kinder Schulgeld gezahlt werden. Bisher waren die Kinder der erbunterthänigen Ortseinwohner von der Zahlung des Schulgeldes befreit, indem die Herrschaft für sie 30 Thaler, Zinsen von zwei 500 Thaler (zu 6 pCt.) betragenden Legaten, an den Schullehrer zahlte. Von jetzt an wurden der Schulcasse blos 18 Thaler, die Zinsen von 300 Thalern, welche Catharina verw. Freifrau von Gersdorf, geb. Freiin von Friesen, legirt hatte, überwiesen; die übrigen 12 Thaler fielen an die Armencasse. Dieses zweite Legat stiftete der Landvogt von Gersdorf an seinem Huldigungstage den 24. Juni 1687.

Jetzt wird die hiesige Schule von 332 Kindern besucht, welche in fünf aufsteigenden Classen unterrichtet werden.

Die beiden Schulstellen sind, excl. der Holzdeputate, mit 195 Thalern und 193 Thalern fixirt.

Seit dem 1. October 1835 leitet ein Schulvorstand die äußern Angelegenheiten der Schule. – Ein Wohnhaus für den zweiten Schullehrer wurde den 21. April 1841 gekauft.

3. Lehrer.

Die Reihenfolge der Lehrer, welche erst seit 1660 vollständig angegeben werden kann, eröffnet:

Paul Horn, gebürtig aus Hirschberg, bis 1549, wo er, wahrscheinlich der erste evangelische Pfarrer Berthelsdorfs, in Wittenberg von Dr. Pomeran (Bugenhagen) zum hiesigen Pfarrer ordinirt wurde. Er war bis 1552 hier Pastor.

Barthel Rombrig, 1581, er war zugleich Gerichtsschreiber.

Christoph Gruner, war 1660 schon Schulmeister allhier, und von 1673 an, wo die Kirche zuerst mit einer Orgel versehen wurde, auch Organist. Er starb Michaelis 1675.

Zacharias Gruner, Sohn des Vorigen, von 1675 bis 1689, wo er eine andre Lehrerstelle übernahm.

Johann Christoph Lange, vom 20. Juni 1689 bis December 1691.

Johann Christoph Neumeister, gebürtig von Bernstadt, vom 20. December 1691 bis Johannis 1694, wo er nach [66] Strawalde als Schullehrer kam und den 21. September 1702, 56 Jahr alt, starb. Er zeichnete sich als Botaniker aus.

Johann Christian Dutschke, gebürtig aus Großhennersdorf, wurde den 3. September 1694, vorläufig nur auf ein Jahr, vocirt. Er starb 1705, nachdem er 1704 für seine Familie unweit des Kretschams ein Haus gebaut hatte, welches sich noch jetzt im Besitze seiner Nachkommen befindet.

Johann Friedrich Neumann, aus Zittau gebürtig, war vom August 1705 bis October 1717 hier Schullehrer. Von hier kam er als Schullehrer nach Ebersbach, wo er 1757 in einem Alter von 70 Jahren starb. – Er war mit einer Tochter des hiesigen Pastors Sigismund Salomon verheirathet.

Johann Christian Weber, von 1717 bis 1756. Er trat den 26. October sein Amt an, war aber von 1733 bis 1751 nur als Organist thätig und dann bis 1756 als Knabenlehrer. Er starb den 13. März 1756 im 65. Jahre.

Nicolaus Gottfried Schaaf, von 1756 bis 1782, geb. den 12. September 1719 zu Wusterhausen im Brandenburgschen. Er wurde den 25. Juli verpflichtet. Als er 1782 emeritirt wurde, übernahm interimistisch ein Herr Walburg von Herrnhut, neunzehn Wochen lang, die Schule. Schaaf lebte dann in Herrnhut und starb den 22. August 1803.

Johann Heinrich Günther, von 1782 bis 1786, er wurde den 28. Mai 1741 in Barchfeld in Hessen geboren und starb schon den 21. October 1786.

Johann Gottlieb Lehmann, von 1786 bis 1812, geb. in Neukirch 1755 den 26. August, wurde Anfang 1812 emeritirt und war von da an nur noch als Acciseinnehmer thätig. Er starb den 12. Mai 1816.

Johann Gottlieb Kunack, von 1812 bis 1824, geb. den 13. Juli 1772 zu Großhennersdorf, war 1794 Schullehrer in Niederkiesdorf, 1796 zu Ottenhain, später in Burkersdorf und wurde den 6. April 1812 in das hiesige Schulamt eingewiesen, in welchem er bis 1824, wo er emeritirt wurde, wirkte. Er starb allhier 1843 den 28. December.

Johann Gottlieb Träger, seit 1824, ist geboren zu Großhennersdorf den 10. December 1801, erhielt seine Vorbildung auf dem Zittauer Seminar von 1820 bis 1824, wo er als [67] Schullehrer und Organist hierher berufen und den 27. Juni installirt wurde. Er gründete 1832 den noch jetzt bestehenden Gesangverein und ist auch als Cassirer bei der Leitung der 1850 errichteten Spinnschule betheiligt.

Nach Gründung einer zweiten ständigen Schullehrerstelle wurde

Johann Gabriel Bibrack 1829 berufen und den 28. April eingewiesen. Geboren 1809 den 19. September in Großhennersdorf und von 1826 bis 1829 auf dem Seminar zu Bautzen vorbereitet, war er von 1829 bis 1841 hier thätig und kam dann als Schullehrer und Organist nach Oberullersdorf bei Zittau.

Johann Gottlieb Korschelt, seit 1841, geboren den 27. Januar 1818 in Zittau, erhielt von 1835 bis 1839 seine Vorbildung auf dem dasigen Seminar, wurde den 1. September 1839 zweiter Lehrer in Großhennersdorf und den 7. Juni 1841 in sein jetziges Amt eingewiesen.

Als Schulhalter und von 1751 an als Mädchenlehrer sind anzuführen:

Christoph Richter, von 1728 bis 1740, ein hiesiger Gärtner; er bekam von der Herrschaft 40 Thaler und die Erlaubniß, seinen Garten gegen Bestellung eines tüchtigen Hofearbeiters, wozu ihm 13 Thaler 16 Groschen angewiesen wurden, behalten zu dürfen.

Anton Bügel, 1740.

Nieke, 1742.

Gottfried Wriede, 1743.

Martin Weisler, 1745.

Gottfried Jacob Lampater, 1746.

Conrad, 1749.

Anton Bügel, 1750.

Gerhard Hans, 1751.

Melchior Till, 1765.

Walther, von 1775 bis 1791.

Johann Bellwitz, bis 1796.

Als Hilfslehrer wirkten an hiesiger Schule:

Karl Müller, von 1812 bis 1814, geboren 1796 in [68] Hermsdorf bei Dresden, 1816 Schullehrer in Ebersdorf und seit 1819 Schullehrer in Taubenheim.

Johann Christoph Ehregott Kauffer, 1815, geboren 1798 in Neukirch; seit 1820 Schullehrer in Wehrsdorf.

Opitz, 1816, aus Neukirch.

Johann Ritscher, 1816 bis 1817, geboren 1799 in Göda, seit 1820 Schullehrer in Oßling.

Johann Gottlob Jentsch, 1817, geboren 1798 in Nieda, 1817 Schullehrer in Oberoderwitz und seit 1822 Schullehrer in Neugersdorf.

Mauermann, 1818.

Ernst Kuhnt, 1819, jetzt Schullehrer in Niederseifersdorf bei Niesky.

Richter, 1819 bis 1821, gestorben als Schullehrer in Oedernitz bei Niesky.

Karl Gottfried Kiesewalter, 1821 bis 1825, geboren 1802 in Seidenberg. Er starb den 23. März 1839 als Schullehrer in Niedercunnersdorf.

Kleinstück, 1825. Er ging später vom Schulfache ab.

Johann Gottfried Bischoff, 1826 bis 1828, geboren 1805 in Lichtenberg und seit 1828 Schullehrer in Dittelsdorf.

4. Näh- und Spinnschule.

Nachdem bereits 1812 durch den Schullehrer Kunack ein Versuch mit Anlegung einer Sonntagsschule gemacht worden war, die aber schon 1813, der Kriegsunruhen wegen, wieder einging, wurde Neujahr 1850 der Versuch erneuert und im Societätspflegerhause eine Sonntagsschule für Knaben und eine Nähschule für Mädchen errichtet. Während jene nur kurze Dauer hatte, besteht letztere aber gegenwärtig noch und man ist den Frauen, welche bei ihrem gemeinnützigen Streben kein Opfer und keine Mühe scheuten, um dem Unternehmen einen gedeihlichen Fortgang zu sichern, gewiß zu großem Dank verpflichtet.

Zu gleicher Zeit dachte man daran, auch eine Spinnschule, wie deren schon in Schönbach und Königshain bestanden, in’s Leben zu rufen, in der Kinder auch außer der Schulzeit beaufsichtigt und nützlich beschäftigt werden könnten. Für unsern Ort, wo so viele Eltern den Tag über in Herrnhut und auf den [69] herrschaftlichen Höfen beschäftigt sind, gewiß eine große Wohlthat! – Auf Veranlassung der hiesigen Herrschaft trat ein Comité von sieben Personen zusammen, welches die nöthigen Einleitungen traf. Das Unternehmen fand in Berthelsdorf und in Herrnhut viele Theilnahme und nahmhafte Unterstützung. Es wurden Sammlungen veranstaltet, die für den bisher bestandenen Privatarmencassenverein gezeichneten Beiträge der zu gründenden Spinnschule überwiesen und nachdem auch namentlich die hiesige Ortsherrschaft bedeutende Opfer gebracht hatte und in der Person des Seilermeisters Lehmann in Eibau ein sehr geeigneter Spinnlehrer gewonnen worden war, ein Theil des Mucheschen Hauses gemiethet und zur Spinnschule eingerichtet. Den 11. April 1850 wurde sie in Gegenwart der zur Spinnschule angemeldeten Kinder und der Comitémitglieder durch Gesang und Reden des Herrn Pastors und des Vorsitzenden des Comité, Herrn Kölbing, geweiht[73].

Da dieses Local aber kaum fünfzig Kinder faßte, so kaufte die Herrschaft den unweit des Hofes befindlichen Richterschen Garten und ließ daselbst ein großes Zimmer für die Spinnschule und eine Wohnung für den Lehrer einrichten. Gewiß Opfer (die Einrichtung kam gegen 200 Thaler), die Anerkennung verdienen! –

Am 5. November 1850 wurde das neue Local in Gegenwart von achtundachtzig Spinnschülern und vieler Freunde der Kinderwelt, die sich von hier und aus Herrnhut dazu eingefunden hatten, durch Reden des Pastors Leupold und des Bischofs Matthiesen öffentlich eingeweiht. – Das Unternehmen erfreut sich noch jetzt einer regen Theilnahme.

Ein wichtiger Tag für die hiesige Spinnschule, ein Tag freudiger Erinnerung für Berthelsdorf wird stets der 24. August 1852 sein; denn an ihm wurde der Spinnschule der hohe Besuch Ihrer Majestät der Königin zu Theil. Die hohe Frau langte mit wenigem Gefolge, worunter sich auch die Gräfin von Einsiedel, der Amtshauptmann von Carlowitz und der Landesbestallte [70] von Mayer befanden, von St. Marienthal kommend, in dessen Nähe sie auch die Königshainer Spinnschule in Augenschein genommen hatte, Nachmittags um fünf Uhr hier an. Durch das Geläute der Glocken und durch die Töne eines vor dem Spinnschulengebäude aufgestellten Musikchors empfangen, wurde sie von drei Mitgliedern der Unitätsdirection und dem Stiftssyndicus Kölbing begrüßt und zum festlich mit Blumen und Fahnen geschmückten Hause geleitet, wo bei ihrem Eintritte, nach einer kurzen Anrede des Pastors Leupold, die Spinnschüler ein Lied anstimmten, welches ihr von einem Mädchen auf einem Kissen gedruckt überreicht wurde. Mit gewinnender Freundlichkeit nahm sie auch diese Anstalt in Augenschein und verweilte einige Zeit in der Mitte der emsig spinnenden Kinderschaar. Bei ihrem Scheiden sangen die Kinder das Nationallied: „Den König segne Gott etc.“ In ein Lebehoch, welches vom Schullehrer Träger ausgebracht wurde, stimmte die versammelte Menge mit ein. Von hier aus besuchte sie noch die übrigen Spinnschulen der Lausitz.

IX. Privatgebäude.

Als besonders anzuführen sind: der Kretscham, die Mühlen, die Dürningerschen Bleichen und das Societätspflegerhaus.

1. Der Kretscham.

Die Besitzer kennt man seit 1536. Da sie bis 1763 stets auch die Ortsrichter waren und als solche im nächsten Abschnitte aufgeführt werden, so ist die Reihenfolge derselben dort zu finden. Blos der vorige, Sigismund Beyer, und der jetzige Kretschamsbesitzer, Johann Friedrich Bittrich, waren nicht Ortsrichter.

Im dreißigjährigen Kriege wurde der Kretscham verwüstet und erst um 1660 wieder aufgebaut; der Bierschank wurde während der Zeit auf das jetzt August Beyer und Karl Bittrich gehörende Bauergut verlegt. Den 1. November 1814 brannte er gänzlich ab.

Während in den früheren Jahrhunderten der Kaufpreis gewöhnlich 4 bis 500 Görlitzer Mark[74] betrug, wurde er 1700 [71] um 900 Mark, 1777 um 1100 Thaler, 1811 um 1500 Thaler[75] und den 18. Juni 1827 um 2155 Thaler verkauft.

2. Mühlen.
a) Obermühle.

Diese zu Oberberthelsdorf gehörende Mühle wird zuerst 1544 erwähnt, wo sie Valten Möller an Alex Möller um 200 Mark verkaufte. 1574 den 4. Juli kam sie in herrschaftlichen Besitz; Rudolph von Gersdorf kaufte sie um 189 Mark, à 24 Groschen, von Martin Pfeifer. Sie blieb im Besitz der Herrschaft bis 1749 den 1. März, wo sie Christian Ehrbar für 200 Thaler und 50 Thaler Erbzins kaufte. Die folgenden Besitzer waren: Gottlob Richter, 1754, für 950 Thaler; Martin Beyer, 1756, für 850 Thaler; Abraham Kretschmar, 1764, 895 Thaler; Traugott Kretschmar, 1809; Fortisch, 1817; Opitz, 1822, 2500 Thaler, und der gegenwärtige Besitzer Christian Gottfried Schmidt, welcher sie 1830 für 2800 Thaler kaufte und zum größten Theil wieder neu aufbaute. – Zwischen der Obermühle und der Görlitzer Landstraße befand sich noch im vorigen Jahrhunderte ein Teich, weswegen man die später dort gebauten Häuser noch jetzt die Teichhäuser nennt.

b) Mittelmühle.

Auch sie war erst im Privatbesitz und gehörte 1538 Martin Purschen – 196 Mark – 1544 Hans Pfeifern – 200 Mark – und 1549 Matthias Bartheln – 213 Mark. – 1574 den 14. August kaufte sie Christoph von Gersdorf um 350 Mark, à 48 Groschen, à 7 kleine Pfennige. Sie gehörte der Herrschaft, von dieser um 1654 neu erbaut, bis 1736, in welchem Jahre sie an Johann Gottlob Berthold für 600 Thaler und 20 Thaler Erbzins verkauft wurde. Die nächsten Besitzer waren: Gottlob Ehregott Berthold, 1762, 500 Thaler; Gottlob Ehregott Berthold, 1790, 1000 Thaler; Johann Karl August Berthold, 1829, 1500 Thaler, und Christian Gottlieb Haschke, 1838, für 600 Thaler.

[72]
c) Niedermühle.

Sie scheint sich immer im herrschaftlichen Besitz befunden zu haben. 1654 werden die Obergebäude als ganz alt, Mahl- und Wassergebäude jedoch als gut angegeben. Den 31. October 1748 wurde sie von der Herrschaft an Johann Gottfried Böhmer, der sie bisher gepachtet hatte, um 450 Thaler und 50 Thaler Erbzins verkauft. Hierauf besaßen sie: David Benjamin Böhmer, 1763, 1200 Thaler; N. Böhmer, 1796; Zschentscher, Leberecht Donix, 1807; Ernst Donix, 1838, und gegenwärtig Johann Daniel Pladeck, welcher sie 1839 um 4000 Thaler kaufte. – Den 9. August 1849, Mittags elf Uhr, brannte sie, mit Ausnahme der Scheune, ab und wurde dann neu aufgebaut.

d) Windmühlen.

Eine Windmühle, welche um 1700 und später erwähnt wird, scheint nur bis 1730 existirt zu haben, wenigstens wurde im genannten Jahre das zu ihr gehörende Wohnhaus neben der Mittelmühle – das Schaafsche Haus – verkauft. Sie stand unweit der jetzigen Windmühle, doch mehr auf das Niederdorf zu.

Eine zweite Windmühle, die 1747 nahe bei Herrnhut von der dortigen Gemeinde gebaut und 1761 an Christian Just für 350 Thaler mit der Bedingung verkauft worden war, daß er sie von ihrem damaligen Platze weiter hinaus auf das Feld des Großbauers Jähne baue, wurde den 2. August 1791 von einem heftigen Gewittersturm gänzlich zertrümmert. Merkwürdigerweise blieb der darin befindliche Müller gänzlich unbeschädigt[76]. Da es nicht erlaubt wurde, die Windmühle wieder so nahe an die Landstraße zu bauen, so baute die Herrschaft 1797 die gegenwärtige, unweit des Mittelhofes befindliche Windmühle. 1823 wurde sie für 900 Thaler an Karl Gottfried Mäurich verkauft. In kurzer Zeit brannte sie zweimal ab: den 26. Mai 1829 und den 23. August 1839. Nach mehrfachem Besitzwechsel ist gegenwärtig Karl Gottfried Mäurich abermals Besitzer.

[73]
3. Die Dürningerschen Bleichen.

Das frühere herrschaftliche Wohnhaus auf dem Niederhofe und die daran stoßende Bleiche nebst 8 Scheffeln Feld, wurde 1764 von der hiesigen Herrschaft der Abraham Dürningerschen Handlung in Herrnhut gegen Erlegung eines jährlichen Erbzinses von 110 Thaler mit der Bedingung, jährlich zwölf Schock Leinwand unentgeldlich zu bleichen, überlassen. Noch in demselben Jahre wurde die Bleiche vergrößert und bei Erweiterung des Bleichplans der Dorfweg, der bisher mitten durch den Bleichgarten führte, näher an die Bach verlegt. – Das Trockenhaus wurde 1827 erbaut, und 1832 eine Brücke über die Dorfbach; der letztere Bau verursachte der Dürningerschen Handlung einen Kostenaufwand von 600 Thalern.

Den 22. September 1829 erkaufte dieselbe aus dem Creditwesen des Webers Kretschmar in Neuberthelsdorf dessen Haus um 700 Thaler und zugleich die daran grenzende, zur Niedermühle gehörende Wiese, nebst Teich und Feld, und legte daselbst, noch in demselben Herbste, eine zweite Bleiche – eine Garnbleiche – an. Im Ganzen gehören jetzt zu den Bleichen 21 Acker 272 Quadratruthen.

4. Societätspflegerhaus.

Es wurde 1723 von dem Fräulein Johanne Sophie von Zezschwitz, die bis dahin Gesellschaftsfräulein bei der Landvögtin von Gersdorf in Großhennersdorf gewesen war, gebaut. Sie gründete daselbst eine Mädchenanstalt; auch hielt zu gleicher Zeit der Graf von Zinzendorf hier wöchentlich religiöse Versammlungen. – Den 27. September 1730 kaufte der Freiherr Friedrich von Wattewille, der sich den 30. October 1724 mit dem Fräulein von Zezschwitz vermählt hatte, den daran stoßenden Garten nebst sechs Scheffeln herrschaftlichem Felde, im Ganzen fünfzehn Scheffel, um 490 Thaler. Von ihm übernahm 1737 der Chirurg Hedelhöfer diesen Freigarten um 1450 Thaler. – 1758 kam er wieder in Besitz der Herrschaft, ein Theil des Feldes wurde dem herrschaftlichen Dominium einverleibt und der Rest als Gartennahrung von Christian Friedrich Lorenz gekauft. Das Haus wurde 1761 als Geschenk der hiesigen Brüdersocietät übergeben. Seit dieser Zeit ist es Wohnung des Societätspflegers, jetzt Jonathan Buch. Bis 1796 befand sich auch, wie schon erwähnt, die Mädchenschule hier.

[74]
5. Verzeichniß

der 1712 in Berthelsdorf vorhandenen Grundstücke, nebst Angabe der Besitzer: 1660, 1712 und 1852. – Nach den drei Rittergütern geordnet.

A. Oberberthelsdorf.
Cat.Nr. 1852. 1660. 1712. 1852.
1) Der herrschaftliche Hof.
2) Ein Bauergut.
116 Christoph Tschupke, 115 Mark. Christoph Heinze, 115 Mark. Joh. Gottlieb Krause.
3) Sechs Gärten (Nordseite).
096 Christoph Gruner, 77 M. Bis 1687 ein Bauergut. Christoph Grunner, 30 M. Joh. Christ. Grunner.
105 Christoph Gruner, 30 M. (Früher das herrsch. Försterhaus, einem Garten gleich gerechnet.) Peter Kaiser. Friedrich Paul.
119 Barth. Glatte, 37 M. Hans Glatte. Karl Gottlieb Hahn.
125 Hans Flicke, 30 M. Christ. Anders, 30 M. Karl Gottf. Anders.
126 Barth. George, 36 M. Georg Glatte, 30 M. Gottfried Ludwig.
(Südseite.)
046 Hans Liebcher, 20 M. Jacob Liebcher. Joh. Karl Anders.
4) Acht Häuser (Nordseite).
061 Herrsch. Bleichhaus. desgl. Karl Gottlieb Richter.
078 Herrsch. Brauhaus. Matt. Anders. 23 Thlr. Karl Wilh. Roland.
106 Christ. Wauer, 30 M. Gottfr. Wauer, 30 M. Joh. Gottlieb Wauer.
120 Georg Förster. Jacob Glatte, 30 M. J. Tr. Meißners Erb.
122 Herrsch. Oelstampfe. desgl. Joh. Friedr. Roland.
123 Herrsch. Mühle. desgl. Chr. Gottfr. Schmidt.
124 Gedingehaus z. Garten unter Cat.Nr. 125. desgl. Joh. Traug. Gröschel.
(Südseite).
024 Christoph Glatte. Christ. Glatte, 25 M. Joh. Gottl. Mesßner.
B. Haupt- oder Mittelgut.
Cat.Nr. 1852. 1660. 1712. 1852.
1) Der herrschaftliche Hof nebst Schäferwohnung.
2) Dreizehn Bauergüter (Nordseite).
135 Hans Wagner, 135 M. Hans Wagner, 135 M. Joh. Traug. Wagner.

[75]

150
u. 10
Georg Lange, 200 M. (Dieses Gut ist jetzt getheilt und macht zwei Halbbauergüter aus.) El. Schneider, 100 M. Karl August Bittrich.
Karl Aug. Beyer.
154 Hans Jähne, 80 M. Hans Richter, 80 M. Friedrich Jähne.
161 Gfd. England, 450 M. Andr. Müller, (Kretscham), 900 M. Joh. Friedr. Bittrich.
165 Martin Kern, 200 M. Chstph. Schönberner. Joh. Traug. Jähne.
176 Chrstph. Schönberner, 200 M. Georg Lange, 104 M. Joh. Traug. Schmidt.
224 Matth. Anders, 75 M. (Wurde 1660 ein Bauergut, als Matt. zu seiner ½ Hufe noch ½ Hufe hinzukaufte. Um 1763 kaufte es die Herrschaft für 190 Thlr.) Friedr. Tschupke, 75 M. J. Gfd. Schönfelder.
225 Gottlieb Richter.
Klixisches Bauergut. (1692 kaufte es die Herrschaft). Pachtbauer (Rothsches Gut). Ohne Gebäude.
(Südseite).
051 Marc. Jähne, 270 M. Hans Jähne, 144 M. August Zachmann.
040 Chstph. Jähne, 180 M. (Dieses Gut wurde 1803 ein Freigarten u. die an Herrnhut gränzenden Felder v. dieser Gemeinde gekauft). Zach. Wauer, 100 M. Joh. Traug. Lorenz.
029 Marcus Jähne. (Da die Hälfte dieses Bauergutes, von der Petersbach bis z. Hutberge, an Herrnhut abgetreten wurde, so ist es lt. Rec. v. 26. Juni 1767 ein Halbbauergut). Martin Jähne, 131 M. Joh. Theod. Rückert.
012 Georg Albert, 190 M. Friedrich Richter. Karl August Frenzel.
Adam Richter, 160 M. (Diese zwei v. d. Herrschaft eingezogenen Bauergüter wurden, nachdem ein Theil davon an Herrnhut abgetreten worden war, 1776 als ein neu errichtetes Bauergut um 117 Thlr. an J. G. Glatte verkauft. Heinrich Schönberner.

[76]

3) Dreißig Gärten (Nordseite).
132 Christoph Jäschke. Mich. Gröschel, 50 M. August Renger.
133 Martin Wagner. (Dieser Garten war 1712 ein Freigarten, vorher das sogenannte Martin Wagnersche wüste Gut). H. G. Wagner, 100 M. Joh. Gtfr. Herrmann.
186 Matth. Jähne, 90 M. Chstph. Schönberner, 52 M. Friedrich Lorenz.
244 Georg Kretschmar, 30 M. Jacob Jähne, 30 M. Karl Gottlob Jähne.
245 Chstph. Mitter, 20 M. Chstph. Jähne, 54 M. Joh. Traug. Lorenz.
(Südseite).
055 Georg Mitter. Hans Mitter, 40 M. Gottlieb Mitter.
054 Joh. Aug. Mitter.
053 Christoph Ebermann, 131 M. (Wurde erst 1683 ein Garten, bis dahin war hier ein Chr. Ebermann gehörendes Bauergut). Georg Schulz, 40 M. Joh. Gottl. Richter.
047 Matth. Jähne, 35 M. Chrst. Kämmel, 36 M. Joh. Ernst Jähne.
037 Chstph. Heidrich, 60 M. Jacob Peukert. Joh. Gottl. Franz.
036 Hans Vetter, 65 M. (Ist jetzt nur ein Hausgrundstück mit Feld). Gottfr. Hahn, 50 M. Karl Aug. Koch.
019 Chstph. Jähne, 35 M. Matth. Jähne, 40 M. Karl Gottlieb Jähne.
018 Thomas, (Bauergut). (Zu diesem Gute gehörte die Höhe, Thomasberg genannt, auf der später Herrnhut gebaut wurde. 1677 übernahm Mart. Richter einen Theil dieses Gutes um 40 M. Chstph. Seffner, 40 M. Karl Gottl. Schröter.
017 Melch. Richter, 40 M. Andreas Müller, 230 Thlr. (Freigarten). Karl Gottlieb Rothe.
014 Georg Mitter, (Bauergut). (Hans Georg Schluckner kaufte 1693 aus diesem Gute, bis dahin das Mittersche wüste Gut genannt, einen Garten um 50 M. Hans Richter, 50 M. Gottlieb Richter.
009 Mich. Rönisch, 72 M. Chrstph. Kern (Vater), 77 M. Karl Theod. Brahts.

[77]

008 Hans Richter, 20 M. Chrst. Richter (obere), 20 M. 1850 verkaufte Joh. Traug. Richter diesen Garten an die Herrschaft, (Spinnschulenlocal).
285 1692 neu aufgebaut.[Anm. 1] Jacob Gutschke. Joh. Glieb. Lorenzes Erben.
281 1692 neu aufgebaut. Mat. Gleisberg, 35 M.[Anm. 1] Christoph Richter, (mittlere). Joh. Glieb Queitsch.
276 1692 neu aufgebaut.[Anm. 1] Georg Richter, 35 M. Joh. Karl Gottlieb Lorenz.
275 Abraham.[Anm. 1] Chstph. Gruner, 40 M. Traugott Schmidt.
274 El. Schneider, 30 M. Gottfried Wunderlich. Christ. Glieb. Haschke.
271 Hans Anders, 35 M. Chstph. Richter (niedere), 35 M. Christ. Glieb. Haschke.
268 Michael Kern. (In früherer Zeit war hier eine Schmiede). Georg Kern, 30 M. Joh. Gottlieb Kern.
265 Matth. Anders, 35 M. (Vor 1660 Schallmanns wüste halbe Hufe genannt). Chstph. Kern (Sohn), 35 M. Christ. Friedrich Hofmann.
263 Hans Neitsch, 40 M. Chrst. Heidrich, 40 M. J. Sph. verw. Gruner.
262 Chrstph. Wunderlich, 28 M. Chrstph. Wunderlich, 30 M. Tobias Bernig.
261 Hs. Vetter, 60 M.[Anm. 2] Christoph Vetter. Joh. Chstph. Gruner.
260 H. Schiller, 20 M.[Anm. 2] G. Gröschel, 30 M. Joh. Glob. Körner.
259 Chstph. Tschupke, 15 M.[Anm. 2] Chr. Anders (niedere). Joh. Friedr. Lorenz.
254 Chstph. Heidrich.[Anm. 2] (Die zuletzt aufgeführten 4 Gärten bestehen seit ungefähr 1650; früher war hier das Georg Schillersche Bauergut, welches die Herrschaft 1574 den 4. April um 550 Mark kaufte). Chrst. Heidrich, 60 M. Johann Schäfer.
4) Drei dienstfreie Häuser (Nordseite).
136 1697 erbaut. H. G. Wagner, 100 M. Karl Jähne.
113 Erst 1712 gebaut. Caspar Hähnel, 50 M. Joh. Glieb. Hähnel.
145 1704 vom Schullehrer Chr. Dutschke gebaut, 30 M. Anna Marie Dutschke. Heinrich Dutschke.

[78]

5) Zehn Häuser mit Hofediensten (Nordseite).
130 Christoph Jähne. Chrstph. Wauer, 20 M. Gtfd. Eichlers Erben.
155 1692 erbaut, Chrstph. Richter, 30 M. Dav. Neumann, 30 M. Gotthelf Apelt.
163 Michael Schönberner, 150 M. Gottfr. Schönberner, (Schmiede). Franz Joseph Eisold.
187 Adam Kohlberg (Jägerhaus). Georg Krahl, 20 M. Karl Richter.
(Südseite).
032 1692 gebaut. Christoph Schluckner. Gottlieb Beckel.
0 Mrt. Neumann, 20 M. Georg Neumann. 1808 v. K. Wilh. Blumenthal abgetragen.
004 Andr. Hähnel, 24 M. Hans Neumann, 24 M. Karl Imman. Beyer.
283 Hans Lorenz, 18 M. Gottfrd. Lorenz, 40 M. Alwin Louis Paul.
264 Caspar Mittner, 24 M. Zach. Tschupke, 24 M. Joh. Traugott Hahn.
253 Christoph Richter. Hans Georg Seifert. Joh. Gottl. Meißner.
Außerdem noch an herrschaftlichen Gebäuden:
288 Das alte Brauhaus. desgl. Stockhaus.
191 Die herrschaftl. Mittelmühle. desgl. Christ. Glieb. Haschke.
272 Das herrschaftl. Windmühlenhaus. desgl. Phil. Schaafs Erben.
203 Das herrsch. Bleich- u. Walkhaus. desgl. August Richter.
251 Die herrsch. Niedermühle. desgl. Joh. Daniel Pladeck.
0 Ein herrschaftl. Vorwerk, das Lehngut, nebst Schäferei. desgl. 1762 abgetragen.
C. Nieder- oder Klixisches Gut.
Cat.Nr. 1852. 1660. 1712. 1852.
1) Der herrschaftliche Hof.
206 Herrsch. Wohnhaus. desgl. Dürningersche Bleiche.
2) Sechs Gärten (Nordseite).
0 Jacob Seyffert. Christoph Seyffert. jetzt zu Rennersdorf.
227 Chstph. Menzel, 40 M. Georg Jähne, 38 M. August Lorenz.
226 C. Pietschmann, 20 M. Hans Wunderlich. Johann Gottlieb Rex.
223 Joseph Anders. G. Schluckner, 50 M. August Schäfer.
194 Georg Schäfer. Hans Knothe, 45 M. Joh. Christ. Wagner.
192 Chrst. Kämmel, 36 M. Christian Gruner. Karl Schönberner.
3) Ein Haus.
256 Christoph Rombrig. H. Schönberner, 25 M. Joh. Friedrich Lorenz.

  1. a b c d Abrahams wüstes Gut.
  2. a b c d G. Schillers Gut.
[79]
D. Zur Kirche gehörig.

Kirche, Pfarre, Schule und zwei Pfarrgärten, von denen gegenwärtig nur noch das eine Haus – den Gotthelf Jähneschen Erben gehörig – das 1754 neu erbaut und 1761 für 200 Thlr. verkauft wurde, vorhanden ist. (Cat.Nr. 182).

In Summa also: 14 Bauergüter (incl. des Kretschams), 42 Gärten, 23 Häuser, 4 Mühlen, 2 Pfarrgärten, 85 Nummern, außer den herrschaftlichen Höfen[77].

Schlüßlich noch einige Bemerkungen.

Die Gärten zwischen dem ehemaligen Lehngut und dem Mittelhofe scheinen fast alle von 1600 bis 1692 aus drei größeren Bauergütern, welche 1550 Georg Schiller, Urban Schneider und Peter Neitsch gehörten, entstanden zu sein. Schöppenbuch I. erwähnt diese Güter mehrmals. Z. B. 1568 den 31. August, bei einem Vergleiche, der an diesem Tage zwischen Peter Neitsch und Urban Schneider, nach vierzigjährigem Streit um einen Fleck Holz an der Hennersdorfer Gränze – hiervon der Haderplan genannt – durch Vermittlung des damaligen Besitzers von Hennersdorf, Christoph von Haugwitz, zu Stande kam. – 1571 verkaufte Urban Schneider sein zwischen Georg Schillers und Christoph Neitsches Gütern gelegenes Gut um 750 Mark an Martin Wainer (Wagner), den damaligen Richter, dessen Sohn, der junge Martin Wainer, dabei als Ehemann der schon früher erwähnten Barbara von Gersdorf angeführt wird.

Auch in Oberberthelsdorf waren noch 1680 drei Bauergüter, welche damals Matthäus Anders – jetzt Krause, – Georg Bartheln und Christoph Grunern – jetzt Johann Christoph Gruner, Gärtner – gehörten. Es gab also um 1660 gegen fünfundzwanzig Bauergüter in Berthelsdorf. 1580 wird im Schöppenbuch I. das erstemal ein auf die Dorfau gebautes Haus erwähnt.

Der Werth der Grundstücke sank in Folge des dreißigjährigen Krieges bedeutend; ein Gut, welches z. B. 1600 noch mit 400 Mark gekauft wurde, wurde 1700, wo der Preis am niedrigsten war, mit etwa 100 Görlitzer Mark gekauft.

[80] Als Aushülfemittel bediente man sich damals, in Ermangelung schriftlicher Documente, bei Kaufsabschlüssen der Kerbhölzer.

X. Gemeindewesen.

Obwohl das älteste Schöppenbuch von Berthelsdorf, welches 1536 angelegt wurde, außer Käufen, Geldkäufen und Lossagen wenig Aufschlüsse über den damaligen Zustand des hiesigen Gemeindewesens giebt, so gewähren doch die noch vorhandenen Vergleiche und commissarischen Recesse von 1661, 1663, 1668, 1670 und 1704, sowie das erneuerte Dingsgericht und die bei dieser Erneuerung festgesetzten Rügengesetze von 1719 und 1721, ein ziemlich treues Bild jener früheren und manchen interessanten Vergleich mit der gegenwärtigen Zeit.

Diese Vergleiche waren eine Folge der in der Lausitz herrschenden Erbunterthänigkeit. Die Erbunterthänigkeit und die daraus mit allen ihren Verpflichtungen hervorgehende Dienstbarkeit war nicht überall gleich. In der Regel bildete sie sich wohl nach Herkommen und Sitte, und da deshalb mitunter auch Willkürlichkeiten vorkommen mochten, machten sich eben diese Recesse nöthig.

1. Vergleiche von 1661 und 1663.

Durch diesen Vergleich, welcher den 24. Januar 1661 zwischen Johann Reichwaldt von Kämpfen und der hiesigen Gemeinde auf zwei Jahre abgeschlossen wurde, wurden die bisherigen drückenden Hofedienste sehr gemildert. – Die Spanndienste, d. h. alle mit Zugvieh zu verrichtenden Feldarbeiten, alle bei der Bewirthschaftung des Ritterguts nöthigen und sonst von der Herrschaft angeordneten Fuhren, wurden allein von den Bauern, und zwar von dem Großbauer mit drei, von den übrigen Bauern mit zwei Pferden geleistet, und jetzt – da der Oberst Reichwaldt die Tage, wo Spanndienste zu leisten waren, von sechs auf drei herabgesetzt und ihnen auch den dritten Theil der Zinsen erlassen hatte – wöchentlich auf drei Tage, täglich zwei Gespann, jedes zu vier Stunden gerechnet, festgesetzt. Während der Erndtezeit mußte jeder Bauer noch alle Tage eine Person zu Handdiensten stellen, auch war da keine Stunde festgesetzt, das Einfahren konnte bis in die späte Nacht dauern; jeder mußte ein Schock laden. In der [81] Heuerndte waren die Bauern den halben Tag dreimal, von entfernteren Wiesen zweimal zu fahren schuldig. Alle diese Spanndienste geschahen mit eignem Geschirr unentgeldlich, blos ein Wechselwagen wurde auf dem Hofe gehalten. Außerdem mußten sie auch noch jährlich eine Person zwölf Tage zu beliebigen Handdiensten stellen. Eine Fuhre nach Görlitz wurde für anderthalb Tage, nach Zittau für einen und vier Meilen für zwei Tage gerechnet. Wenn Getraide zu fahren war, mußten sechs Scheffel, wenn Holz, eine halbe Klafter geladen werden. Außer diesen Spanndiensten hatte der Bauer noch vier Kloben Flachs zu brechen, vier Stück Garn über die fünfviertelellige Weife zu spinnen – wofür er sieben gute Dreier bekam – und zwei Beete Kraut zu setzen, die nöthigen Gemeindefuhren und dem Pfarrer jährlich zwei Gespanne zu leisten und dem Gemeindehirten ein Viertel Korn zu geben.

Den Gärtnern, die besonders zu Handdiensten verpflichtet waren, und die bisher unausgesetzt alle Tage von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sich zu aller und jeder Hofearbeit hatten einfinden müssen, wurde jetzt der Sonnabend gänzlich erlassen. Ihrer drei mußten täglich ein Schock dreschen und zwar um den sechzehnten Scheffel. Für Botschaft gehen bekamen sie für die Meile sechs Pfennige, unter der Meile, wie z. B. nach Löbau, blos ein Stück Brot und Käse. Außerdem hatten sie noch gegen eine kleine Entschädigung sechs Kloben Flachs zu brechen und vier Stück Garn über die fünfviertelellige Weife zu spinnen.

Für diese Handdienste bekamen die Gärtner täglich einen kleinen Groschen und hatten die Hofekost zu fordern. Sie wurde täglich dreimal gereicht und bestand aus einer Trinksuppe und Mehlbrei und sogenanntem „Langwel“[78]. Während der Erntezeit wurden jedoch Mittags anstatt des Mehlbreies anderthalb Mäßchen Graupen gereicht, außerdem bekamen dann bei den ersten zwei Mahlzeiten vier Personen, und zur Vesperzeit sechs Personen, ein Brot. Vesperbrot und Käse war von der Zeit der ersten Wollschur bis zum Ende der Getraideerndte zu geben.

[82] Nach Johann Reichwaldt von Kämpfens Tode kündigten die Vormünder seiner unmündigen Erben nach Ablauf der zwei Jahre den Vergleich, sie wollten die Hofedienste wieder vermehren, ließen es aber „in Betrachtung der Unvollkommenheit solcher Gemeinde und daß sie sich nicht zu sehr, weil sie allen möglichen Fleiß anzuwenden sich erboten, beschweren dürfen, bei denen noch über den Vergleich jährlich versprochenen vier Tagen“ bewenden. – Der Vergleich wurde den 26. Januar 1663 abermals auf zwei Jahre abgeschlossen.

2. Commissarischer Receß von 1668.

Das gute Einvernehmen währte jedoch nicht lange. Bald entstanden zwischen Herrschaft und Unterthanen Zwistigkeiten, weil die letztern in Erfüllung der Hofedienste sich Nachlässigkeiten hatten zu Schulden kommen lassen und dem vorerwähnten Vergleiche nicht in allen Punkten nachgekommen waren, auch Ansprüche auf die Viehwege erhoben hatten. – Diese Streitigkeiten wurden den 23. Januar 1668 von einer aus den Herren von Tschirnhausen und von Eberhard bestehenden Commission dahin geschlichtet, daß es bei den Bestimmungen des Vergleichs von 1663 blieb und den Bauern zur Strafe aufgegeben wurde, künftigen Frühling ein Stück Land zu roden. Den Gärtnern wurde im Fall einer Widersetzlichkeit mit gänzlicher Entziehung ihres freien Tages, des Sonnabends, gedroht. Wegen der Viehwege kam es zu folgendem Bescheide:

„Weil dieser Gemeinde zu Berthelsdorf die Viehwege vor vielen Jahren, von früherer Herrschaft (wegen vielleicht einigen großen Verbrechens[79]) maßen sie selbsten die Ursache nicht wissen, oder ja nicht am Tag bringen wollen, benommen worden und solche schon so veralieniret und eingetheilet, daß selbige von jetziger Herrschaft abzutreten, unmöglich fallen wollen, dahero aber die Wege und Stege im Dorfe totaliter eingegangen, auch kein Gemeindehirtenhaus vorhanden und die Herrschaft des guten Erbittens, anstatt der Viehwege, das Holz von den Ihrigen zu diesen Gemeinbauen zu geben: Als sollen die Bauern verpflichtet sein, mit Zuziehung der Ober- und Niederklixischen Berthelsdorfischen Unterthanen, nicht allein das Holz anzuführen, die Gärtner und [83] Häusler aber benannte Stege zu legen und das Hirtenhaus aufzubauen, sondern auch solches nebst der Schule im baulichen Wesen zu halten. Und solches alles, ohne einigen Abbruch der Herrschaft Dienste.“

3. Receß von 1670.

Doch schon 1670 hatten die Gebrüder Reichwaldt von Kämpfen beim churfürstlich sächsischen Amte zu Görlitz gegen ihre Unterthanen, wegen Ungehorsam und verweigerter Bauung des Hirtenhauses, wie auch Anrichtung der Wege und Stege, Beschwerde geführt und die letztern dagegen um Wiedereinräumung eines, von vorigen Herrschaften eingezogenen Viehweges, gebeten. Beide Partheien wurden den 25. April 1670 durch den Amtshauptmann Otto von Nostitz nach Görlitz beschieden, wo es zu folgendem gütlichen Vergleiche kam:

„Weil allerseits Unterthanen nicht allein aller An- und Zusprüche zu dem eingezogenen Viehwege sich begeben: sondern auch dabei versprochen und zugesaget, die Gemeine Wege und Stege und das Hirtenhaus resp. zu bessern und zu erbauen. So hat gedachter Adam Friedrich Reichwaldt von Kämpfen, vor sich und mandatario nomine seines Bruders, erwähnten Johann Adolphs Reichwaldt von Kämpfen, sich erkläret und bewilliget, daß sie solche Arbeit ihnen an ihren Hofediensten abkürzen, dabei auch denen Gärtnern die gewöhnliche Kost, aber kein Lohn, von dieser Gemeinarbeit geben und reichen lassen wollen.“ –

4. Receß von 1704.

Ungeachtet des 1670 abgeschlossenen Vergleichs kam die Gemeinde auch später wieder auf die alte Streitfrage, den Verlust der Viehwege, zurück. Sie beanspruchte das Recht zur Hütung und Holzung der Viehwege und der Dorfaue, wollte auch fortan den Gemeindehirten nicht mehr allein halten, da derselbe ja auch das Vieh der Herrschaft mit hüten müsse. In Folge dieser Streitpunkte wurde den 12. Mai 1704 zwischen der Herrschaft, Henriette Catharina Freifrau von Gersdorf geb. Freiin von Friesen, und der Gemeinde ein Vergleich geschlossen, nach welchem der Gemeinde die Nutznießung der Dorfaue, der Herrschaft hingegen die beiden Viehwege zugesprochen wurden. Zur Unterhaltung der Wege und Stege im Dorfe, wie des [84] Hirtenhauses, wollte die Herrschaft jedoch das nöthige Holz aus dem Viebigbusche anweisen und zum Unterhalte des Gemeindehirten beitragen. Dagegen übernahm die Gemeinde noch die Nachtwache auf dem Rittergute. Die Hofedienste wurden auf’s Neue wieder festgestellt. Im Wesentlichen verblieb es bei der Bestimmung von 1661, nur daß jeder Bauer noch einen Jagdhund oder von Walpurgis bis Michaelis eine Kalbe für die Herrschaft zu halten verpflichtet war und jeder Gärtner, wenn es die Herrschaft begehrte, auf die Jagd gehen mußte, ohne Kost und Lohn; für einen erlegten Hasen bekam derselbe sechs Pfennige, für einen Fuchs einen Groschen und für ein Reh vier Groschen. – An Zinsgeld und Zinsgetraide hatten die Bauern außerdem noch in Summa 6 Thaler 8 Groschen 5⅓ Pfennig und 16 Scheffel 2 Metzen Getraide abzuliefern, die Gärtner an Geld ebenfalls 6 Thaler 8 Groschen 5⅓ Pfennig und an Getraide 1 Scheffel 3 Viertel 1¼ Metze. Die Gärtner von Ober- und Niederberthelsdorf waren von diesen Zinsen frei.

5. Dings- oder Rügengericht.

Knothe sagt darüber in seiner Geschichte von Hirschfelde Folgendes:

„Ein eigenthümlicher, in der Lausitz am längsten üblich gewesener Rechtsgebrauch, ein Ueberrest des alten deutschen öffentlichen Gerichtsverfahrens, waren die sogenannten Ehedinge, auch Ehegedinge, Egdinge, Jahrdinge, Rügengerichte genannt. Dieselben waren öffentliche Gerichtstage, an welchen Herrschaft und Unterthanen ihre gegenseitigen Rechte einander in’s Gedächtniß zurückriefen, oder rügten, wie es hieß, etwaige Beschwerden vorbrachten und über ihre Abhilfe verhandelten. Diese Ehdinge gewährten bei der Seltenheit schriftlicher Aufzeichnung in älterer Zeit den großen Gewinn, daß Rechte und Pflichten in stets frischer Erinnerung der Betheiligten erhalten wurden und Mißverständnisse möglichst vermieden oder doch möglichst schnell beseitigt werden konnten. Sie waren für die Gemeinden eben so sehr ein Band, daß sie fester mit der Herrschaft verknüpfte, als auch eine Gewähr gegen deren Willkühr und Bedrückung oder wenigstens eine schätzbare Gelegenheit, über vorhandene Uebelstände in offener Versammlung freie Klage zu erheben. Es [85] wurden auch allerhand Gemeindeangelegenheiten an den Ehdingen besprochen, endlich auch Privatsachen verschiedener Art verhandelt, als Vergleiche, Verträge, Käufe geschlossen, Lossagen ertheilt. Diese Verhandlungen zu leiten, wurde ein unparteiischer und deshalb oft einer andern Gemeinde angehöriger Mann zum Dingsrichter erwählt, vor welchem Herrschaft und Gemeinde mit ihren „Rügen“ einander entgegentraten.“

Ausführliche Nachrichten über gehegte Gedingsgerichte in Berthelsdorf finden sich blos vom 29. November 1719, den 6. October 1721 und den 10. Juni 1727. Gedingsrichter war damals Peter Johne, Schullehrer in Ruppersdorf, und Rügenmeister – diesen Namen führte derjenige, welcher zur Anzeige der vorgekommenen Vergehungen verpflichtet war – Andreas Moßler, Gerichtsschreiber in Großhennersdorf. Abgehalten wurde es im hiesigen Kretscham.

Bei dem am 29. November 1719 abgehaltenen Dingsgerichte waren außer der sämmtlichen Gemeinde noch gegenwärtig: Johann Gottlob Plaz, der als kaiserlich geschworner Notar publ. das Protocoll führte, der damalige Gerichtsdirector von Berthelsdorf, Samuel Friedrich Großer, der Dingsrichter, der Rügenmeister und die beiden Zeugen Caspar Winkler, Verwalter, und Michael Richter, Steiger beim damaligen hiesigen Bergwerke. Zunächst machte der Gerichtsdirector der Gemeinde bekannt, daß die verwittwete Landvögtin Henriette Catharina v. Gersdorf, als ihre gnädige Erb- und Lehnsherrschaft, aus erheblichen Ursachen gesonnen sei, ein ordentliches Dingsgericht zu halten und zu hegen, „damit denen fast täglich geführten Beschwerden, derer Unterthanen Dienste, Schuldigkeit und Gebühr betreffend, als welche sie theils unterlassen, theils dem alten Urbario und commissarischen Receß zuwider nicht völlig geleistet hätten, oder wohl gar mit dem, wenns durch Nachlässigkeit der Pächter versehen, sich schützen wollen, hierbei gänzlich abgethan und gehoben werden möchte. Nach diesem hat der hierzu verordnete Gedingsrichter, dem die sämmtlichen Gerichten in Berthelsdorf adjungirt waren, das Dingsgericht dem gewöhnlichen Brauche nach auf’s Feierlichste geheget und der Rügenmeister die gesammten Rügen, Gebote und Verbote, auch Gerechtsame und Verordnungen gnädiger Herrschaft deutlich abgelesen, die sämmtlichen Unterthanen auch alles, was darin enthalten, [86] angenommen und als der Dingsrichter zu dreienmalen gefragt, ob noch jemand etwas zu klagen und anzubringen hätte, sich aber Niemand eingefunden, ist das Gedingsgericht im Namen Gottes wiederum aufgehoben worden.“

Beim nächsten Gedingsgerichte, den 6. October 1721, wurde der 1719 von der Gemeinde angenommene Receß wieder verlesen und von derselben unterschrieben. In ihm wurden die in den früheren Recessen festgesetzten Bestimmungen über die Hofedienste bestätigt, und noch einige Erläuterungen über die Gesindestellung und das Halten einer Schaf- und Viehtreibe durch die Felder der Bauern, beigefügt.

Der Theilschilling bei Erbfällen wurde nach Abzug der Schulden auf zwei Schock von hundert Mark, der Abzug (Laudemium) bei Käufen auf vier Mark von hundert Mark, und die Gebühren bei Los- und Geburtsbriefen auf fünf bis zehn Thaler festgesetzt. – Schlüßlich wird gedroht, daß wenn die Unterthanen nicht in allen Stücken diesem neuaufgerichteten Urbarium nachkämen, wieder nach der Strenge des alten Urbariums von 1654 verfahren werden würde.

Ein Anhang enthält in hundertsieben Paragraphen die Rügengesetze, „die Gesetze, Gebote und Verbote, sowohl den Gottesdienst, Zucht, Ehrbar- und Gerechtigkeit, als auch gebührende Reverenz gegen die Obrigkeit und insgesammt den gemeinen Nutzen betreffend.“

Um die Strenge jener Zeit, sowohl in kirchlicher Hinsicht, als auch bei Handhabung der Sittenpolizei, im Vergleich mit der gegenwärtigen Zeit näher zu beleuchten, mögen hier nur einige Paragraphen im Auszuge wiedergegeben werden.

Paragraph 1. und 2. enthält das Verbot der Abgötterei, des Segensprechens, der Zauberei, der Gotteslästerung, des Schwörens und Fluchens; der Zuwiderhandelnde soll drei Sonntage nach einander am Halseisen stehen.

Nach Paragraph 4. und 5. wird Derjenige, welcher die Predigt oder die Catechismuslehre versäumt, mit fünfzehn Groschen und wer zu spät in die Kirche kommt oder dieselbe zu zeitig verläßt, mit sechs Groschen bestraft.

Paragraph 7. Wer jährlich nicht wenigstens zwei oder dreimal zum heiligen Abendmahl geht, wird als Taufzeuge nicht [87] zugelassen und bekommt kein ehrliches Begräbniß auf dem Kirchhofe.

Paragraph 11. Sünden gegen das sechste Gebot wurden, bevor nicht die betreffenden drei Sonntage nach einander vor dem Altar knieend öffentlich Kirchenbuße gethan und an die Herrschaft die männliche Person drei Thaler gezahlt und die weibliche drei Stück Garn ohne Entgeld gesponnen, mit Entziehung des heiligen Abendmahls bestraft. Ebenso wurde in solchen Fällen die Trauung nicht vor dem Altare, sondern am Gotteskästchen eingesegnet.

Paragraph 41. Niemand darf bei fünfzehn Groschen Strafe, ohne der Herrschaft Erlaubniß, in eine Stadt, z. B. Löbau, Zittau u. s. w. fahren oder gehen.

Paragraph 42. Ein Jeder ist verbunden, alles, was er verkaufen will, zuvor der Herrschaft, bei Verlust der Waare und nachdrücklicher Bestrafung, anzubieten.

Daß übrigens diese Rügengesetze auch streng gehandhabt wurden, davon finden sich im hiesigen Gerichtsarchive vielfach Beispiele. So mußten 1720 zwei Personen wegen Ehebruch nach Ende der Untersuchung beim Kretscham an der Strawalder Straße, auf dem Schwerte des Scharfrichters knieend, Urphede schwören[80], worauf sie dann vom Scharfrichter an die Grenze geführt und von hiesigen Gerichten auf ewig verwiesen wurden.

1730 wurden vier Mägde, weil sie im Rennersdorfer Kretscham getanzt, zwei Knechte, weil sie in einem fremden Kretscham Bier getrunken, und ein Knecht, wegen Fluchens, mit Gefängniß bestraft.

1749 wurde ein Mann, wegen Geringschätzung des Gottesdienstes, ohne Lauten beim Beinhause begraben und 1750 eine siebzigjährige Wittwe ohne Collecte, weil sie lange nicht communicirite. – Fälle von Kirchenbuße kamen auch nach 1750 noch vor.

6. Ablösungsrecesse: 1840, 1844, 1850.

Die vorgenannten Spann- und Handdienste, Getraidezinsen und Hutungsberechtigungen wurden, nachdem mittelst Verordnung der königlichen Generalcommission für Ablösungen vom 21. Juli/4. August 1834, dem Ablösungsgesetze vom 17. März 1832 [88] gemäß, eine Specialcommission niedergesetzt worden war, zunächst von Seiten der Gärtner und Diensthäusler und eines Theiles der Bauern abgelöst. Der Ablösungsreceß ward am 22. August 1840 vollzogen und am 18. September von der königlichen Generalcommission bestätigt.

Die Gärtner wurden, gegen Verzichtleistung auf die bisher von Seiten der Herrschaft erhaltenen Vergütungen an Holzdeputat, Kost und baaren Geldlohn, ohne alle und jede Entschädigung aus dem bisherigen Dienstverhältnisse entlassen und von Zahlung der Erbunterthänigkeitsrente und des Wachegeldes befreit. Nur mußten sie jährlich zwei Tage Handarbeit zur Ausbesserung der im Dorfe vorhandenen Wege, Stege, Brücken und Ufer, ohne Vergütung von Seiten der Herrschaft, übernehmen.

Zwischen den übrigen Bauern und der Herrschaft kam erst den 16. August 1844 ein Ablösungsvertrag zu Stande, der am 18. September 1844 höchsten Orts genehmigt wurde. – Die Ganzbauern zahlten fortan jährlich 68 bis 70 Thaler und die Halbbauern circa 35 Thaler Rente an die Landrentenbank. Außerdem verpflichteten sie sich zu dem auf sie fallenden Antheil der Staatsfrohnen und Gemeindefuhren bei Kirchen- und Schulbauten, sowie bei den Reparaturen der Dorfwege.

Wegen Ablösung der Laudemialpflicht oder Entrichtung des herrschaftlichen Lehngeldes bei allen eintretenden Veräußerungs- und Vererbungsfällen, nach Höhe von vier Procent der jedesmaligen Kaufsumme, kam den 6. November 1850 zwischen der hiesigen Gutsherrschaft, der Direction der evangelischen Brüderunität und einem Theile der hiesigen Grundstücksbesitzer – 130 – ein Vergleich zu Stande. Der Receß wurde den 14. März 1851 von der königlichen Generalcommission bestätigt.

Die Ablösungs- und Lehngeldrenten betrugen 1851 in Berthelsdorf 571 Thlr. — Ngr. 7 Pf.

7. Steuern.

Da die herrschaftlichen Abgaben schon mehrfach erwähnt worden sind, so ist hier nur von den Staatsabgaben die Rede. – Berthelsdorf war nach dem frühern Steuersystem bei Steuern und Lieferungen mit 439/20 Rauchen catastrirt und gab [89] zu jeder Rauchsteuer 21 Thlr. 2 Gr. 11 Pf.[81]. Die Herrschaft trug zu jeder Rauchsteuer 1 Thlr. 19 Gr. 4 Pf. bei. Zu den Cavalleriegeldern (Milizanlagen) wurde nach Höhe von zwei Portionen und Rationen entrichtet, auf jeden Tag 13 Gr. – Oberrennersdorf hatte hierzu nach 4¾ Rauchen monatlich ohne Unterschied 1 Thlr. 15 Gr. 2 Pf. und Kemnitz nach ¼ Rauch monatlich 2 Gr. 11 Pf. beizusteuern. In der letzten Zeit zahlte Berthelsdorf jährlich 177 Thlr. 9 Gr. Der Bauer hatte hierzu monatlich ½ Thlr., der Gärtner 3 Gr. und der Häusler 1½ Gr. beizutragen.

In der Commun wurden die Beiträge nach dem Hufen- und Ruthenfuße aufgebracht, früher nach 313¼ Ruthen oder 26 Hufen 1¼ Ruthe, bei zunehmender Bevölkerung später (1812) nach 34 Hufen 5½ Ruthen, 1838 nach 35 Hufen 91/6 Ruthen. Auf die Hufe wurden monatlich 12 Gr. Beitrag gerechnet. Die Herrschaft steuerte hierzu nach 7 Hufen 7 Ruthen. Lieferungen wurden in der Commun ebenfalls nach dem Hufen- und Ruthenfuße vertheilt, es vertrat aber die Herrschaft hierbei, weil sie für die Häusler ohne Feld, obschon dieselben größtentheils steuerbar waren, die Naturallieferungen mit übernommen hatte: 14 Hufen 11¾ Ruthen. Die Vorspannung wurde nach 18 Hufen geleistet, wobei auf die Herrschaft – für die eingezogenen Bauergüter – 9½ Hufe und auf die spannpflichtige Commun, acht Bauer und ein Halbbauer, 8½ Hufe kamen.

Die verschiedenen Kriegssteuern werden später, bei Besprechung der auf Berthelsdorf so beklagenswerth einwirkenden Kriegsleiden, erwähnt werden.

Die 1706 eingeführte Generalaccise, welche 1834 durch den Zollverband in Wegfall kam, wurde bis 1816 von den hiesigen Schullehrern eingenommen.

In Folge der Einführung des neuen Steuersystems – 1844 – erhielt Berthelsdorf 37509,46 Steuereinheiten, wovon 19982,43 auf die Gemeinde und 17527,03 auf das herrschaftliche Dominium kamen.

1851 wurden hier 1375 Thlr. 18 Ngr. an Grundsteuer [90] und 643 Thlr. 29 Ngr. 5 Pf. an Gewerbe- und Personalsteuer entrichtet.

8. Armenunterstützungsverein.

Seine Gründung wurde den 25. Juli 1847 in einer Sitzung des hiesigen Armenvereins, im Beisein dreier Mitglieder der Unitätsdirection, beschlossen. Man wollte durch diesen Armenunterstützungsverein dem Unwesen der Kinderbettelei begegnen und zugleich ein Mittel besitzen, um verschämte Arme zweckmäßig zu unterstützen. Jeder, der diesem Vereine beitrat, zahlte monatlich einen freiwilligen Beitrag und machte sich verbindlich, bettelnde Kinder abzuweisen. Von diesen Beiträgen wurden ganze und halbe Brote an die hilfsbedürftigen Gemeindeglieder vertheilt. – Durch Einrichtung der hiesigen Spinnschule wurde der Hauptzweck des Vereins, Abstellung der Kinderbettelei, auf einem andern Wege erreicht. Es löste sich derselbe daher den 20. April 1850 auf und die gezeichneten monatlichen Beiträge wurden von jetzt an der Spinnschule überwiesen, da bei der Aufnahme in dieselbe vorzugsweise auf die ärmern Kinder Rücksicht genommen wird und dieselben dort neben einem kleinen Verdienst auch noch beaufsichtigt und zu einer nützlichen Thätigkeit angehalten werden. – Während der Zeit seines Bestehens wurden an Beiträgen 396 Thlr. 18 Ngr. 7 Pf. eingezahlt und es konnten von dieser Summe 1549 ganze und 1852 halbe Brote vertheilt werden.

9. Gemeinde- und Gerichtsverwaltung.

Während früher von einer selbstständigen Leitung des Gemeindewesens durch Gemeindevertreter kaum die Rede sein konnte, indem die damals an der Spitze desselben stehenden Gemeindeältesten zu abhängig von Herrschaft und Ortsrichter waren, so konnte die Gemeinde erst seit Einführung der Landgemeindeordnung, die in Berthelsdorf im Frühjahr 1839 ins Leben trat, ihre Angelegenheiten selbstständiger ordnen. Als Gemeindevorstand wurde damals Ernst Gottlob Herrmann gewählt. An seine Stelle trat Neujahr 1845 der gegenwärtige Gemeindevorstand Christian Samuel Pohl. Die übrigen Gemeinderathsmitglieder sind jetzt: Karl Anders, Karl Krahl, Gemeindeältesten. Karl August Beyer, Traugott Schmidt, Karl August Bittrich, Bauern. Gottlieb Richter, August Mitter, August Schäfer, Gärtner. Gottfried [91] Lange, Gottfried Schmidt, Großhäusler. Christian Gäbel, Christoph Jähne, August Krahl, Christian Gottlieb Weder, Kleinhäusler. Karl Christian Müller, Johann Klonder, Inwohner.

Die Ortsgerichten bestehen gegenwärtig aus folgenden Mitgliedern: Johann Christoph Kreischer, Richter. Johann Friedrich Bittrich, Johann Gottlob Richter, Johann Gottlieb Krause, Karl Gottlieb Hahn, Johann Friedrich Lorenz, Johann Gottlob Bier, Gerichtsältesten[82].

Verzeichniß der Gerichtsdirectoren in Berthelsdorf von 1666 an bis 1852[83].
Christoph Hofmann, 1666. Karl Fabian Gottlieb Schönborn, 1766.
Johann Schönbrodt, 1689,
Johann Harrer, 1690. J. F. W. Kölbing, 1769.
Marci, 1707. Riegelmann, 1774.
Johann Georg Sipt, 1716. Schober, 1783.
Samuel Friedr. Großer, 1719. Goldmann, 1789.
Fiedler, 1720. Karl Wilhelm Kölbing, 1794.
Marche, 1727. Karl Moritz Kölbing, von 1818 bis 1820 Vicejustitiar.
Paul Schneider, 1756.

Er leitete schon seit 1747 als Actuar größtentheils die Gerichtsverhandlungen, da Marche als Bürgermeister in Bautzen oft behindert war.

Als Vicejustitiare und Actuare wurden verpflichtet:
K. H. Lingke, den 10. Juli 1846.
Karl Eduard Ficker, den 20. November 1847[84].

Verzeichniß der Ortsrichter von 1536 an bis 1852.
Nickel Lieske, 1536. Christoph Neitsch, 1573.
Pfeiffer, 1540. Hans Hannsgen, 1580. Vicerichter für den Kretschamsbesitzer Hans Riedel.
Valten Moller, 1544.
Mart. Wainer (Wagner), 1546.
Georg Stöcker, 1571. Georg Brendel, 1587.

[92]

Melchior Tschupke, 1627. Andreas Müller, 1713.
N. N. 1650. Von Jaroslaw von Kyaw vertrieben. Joh. Gottlob Neumann, 1737.
Joh. Christoph Gäbel, 1763.
Elias Elger, Pachtrichter, 1660. Johann Adam Beyer, 1788.
Gottfried England, 1662. Johann Gottfried Gäbel, 1806.
Matthes Jähne, Vicerichter, 1685. Gottlieb Schluckner, 1814.
Gottlob England, 1693. Joh. Gottlob Jähne, 1818.
Johann Michael Müller, 1700. Johann Christoph Kreischer, 1842.
XI. Feste.

An Volksfesten und geselligen Freuden bot wohl das Leben unseren Vorfahren, wenigstens auf dem Lande, weit weniger Abwechslung und Mannigfaltigkeit, als uns in der gegenwärtigen Zeit. Außer der Feier des Kirchweihfestes und den sogenannten Bierzügen bei Hochzeiten und Taufen finden sich in Berthelsdorf wenig Spuren von vorgekommenen Festlichkeiten. Das Leben der Bewohner Berthelsdorfs in früheren Jahrhunderten scheint daher bei dem geringen Wohlstande derselben und bei dem in so mancher Hinsicht drückenden Verhältnisse der Erbunterthänigkeit ziemlich einförmig und freudlos gewesen zu sein.

Bei den eben erwähnten Bierzügen wurde mit Musikbegleitung in den Kretscham gezogen, wo, der Berechtigung des Kretschamsbesitzers gemäß, eine Anzahl Kannen Bier getrunken werden mußten, welcher Brauch nur gegen eine Geldentschädigung erlassen wurde. Um dem Mißvergnügen zu begegnen, welches dieser Zwang schon längst erregt hatte, wurde 1777 zwischen dem Kretschamsbesitzer und der Gemeinde das Abkommen getroffen, daß man die bestimmte Anzahl Kannen Bier abholen lassen konnte. Gegenwärtig finden bei Hochzeiten nur in den wenigsten Fällen noch Züge in den Kretscham statt; bei Kindtaufen kam es schon seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht mehr vor. – Außer den Bierzügen war sonst keine Tanzmusik gewöhnlich.

Ueber den Ursprung dieser Bierzüge in der Oberlausitz bei Hochzeiten, Kindtaufen, Verschreibungen u. s. w. schreibt Knauth in seiner Kirchengeschichte, pag. 92, „daß Kaiser Heinrich um [93] das Jahr 930 in der Oberlausitz verordnete, daß alle Gastereien und Zusammenkünfte in Städten und auf dem Lande, an öffentlichen Orten geschähen, damit die Sorben sich nicht zusammenrottiren könnten.“

Reicher als über diese Festlichkeiten im Volksleben sind die Nachrichten über kirchliche und politische Feste.

Während des Osterfestes gingen früher sogenannte Ostersänger – ein Brauch, der hier bis etwa 1836 bestand und gegenwärtig noch an manchem Orte der Umgegend stattfindet – von Haus zu Haus und sangen, gegen Verabreichung eines kleinen Geschenkes, Osterlieder. – In Knauth’s Kirchengeschichte heißt es hierüber, pag. 202, „daß in der Oberlausitz während der Osterzeit sich die Vigilien nach Art der ersten Christen erhalten hätten. Denn die Osternacht legte das Mannsvolk sich wenig zu Bette, sondern wachten dergestalt, daß sie sich den Abend in einem Hause versammelten, um Mitternacht aus- und um die Felder ihres Dorfes gingen und dabei fröhliche Osterlieder ohne Unterlaß sangen. Endlich wenn sie wieder zurück ins Dorf kamen, sangen sie dieselben Lieder wieder und zwar vor jedem Hause eins. Ein gleiches geschah am Ostertage nach der Vesper, da sie auf der Aue Opferlieder abzusingen pflegten, welche Gewohnheit bei den heutigen Wenden an einigen Orten noch im Gebrauch ist.“

Am Pfingstfeste schmückte man die Kirche mit Mayen – jungen Birken – ein Brauch, der noch aus den Zeiten des Papstthumes herrührte und erst durch das Mandat vom 21. Februar 1715, um den Schaden in Büschen vorzubeugen, abkam. Das Lied: Schmück’ das Fest mit Mayen etc., erinnert noch an diese Sitte. – Der hiesige Pfarrer hatte das Recht, die nöthigen Mayen aus dem Kirchbusche zu entnehmen; der Schullehrer bekam die Mayen aus der Kirche. Jeder bekommt noch heute dafür aus dem Kirchenvermögen sechs Groschen Mayengeld als Entschädigung.

Was nun besondere kirchliche oder politische Feste betrifft, welche in Berthelsdorf festlich begangen worden sind, so beginnen die Nachrichten mit dem Jahre 1650, wo am 22. Juli wegen Beendigung des dreißigjährigen Krieges ein Frieden- und Freudenfest gefeiert wurde.

[94] Den 1. November 1665 feierte man durch zweimalige Predigt Dankfeste wegen des am 26. September auf zwanzig Jahre mit den Türken geschlossenen Friedens, und den 20. Juli 1681 wegen Aufhören der Pest, welche im ganzen Lande schreckliche Verheerungen angerichtet hatte.

1717 wurde am 31. October und den zwei folgenden Tagen das zweite Jubelfest der Reformation, jeden Tag durch zwei Predigten, festlich begangen[85].

Den 17. p. Trin. 1720 Dankfest wegen Aufhören der Theuerung.

Das zweite Jubelfest der Uebergabe der Augsburgschen Confession, 1730, wurde ebenfalls drei Tage hintereinander, den 25., 26. und 27. Juni gefeiert. Den ersten Jubeltag wurde eine Collecte zur Unterstützung armer Vertriebener und Nothleidender gesammelt. – In Zinzendorfs erbaulichen Monatsschriften, Frankfurt 1740, finden sich unter dem Titel: „Berthelsdorfer Kirchenfreude bei dem A. C. Jubiläo 1730“, ausführlichere Nachrichten.

Zum Andenken des am 25. September 1555 zu Augsburg geschlossenen Religionsfriedens wurden 1755 am Michaelistage, und den 21. März 1763, wie auch den 6. Juni 1779, Dank- und Friedensfeste, letztere wegen Beendigung des siebenjährigen und des sogenannten einjährigen Krieges, feierlich begangen.

Am 8. Februar 1807 feierte man ein Freudenfest wegen des zu Posen abgeschlossenen Friedens und der Erhebung Sachsens zum Königreiche; am 12. November 1809 wieder Friedensfest; am 13. Februar 1814 und den 17. April 1814 Lob- und Dankfeste wegen Räumung Sachsens von feindlichen Truppen und wegen der Einnahme von Paris.

Zur Feier des Gedenktages der Leipziger Schlacht versammelten sich am 18. October 1814, Vormittags neun Uhr die Schulkinder, Ortsgerichten, wie die übrigen Gemeindeglieder, in Trauerkleidung beim Schulhause. Von hier aus bewegte sich der Zug unter Absingen von Trauerliedern nach dem Kirchhofe. [95] An der Spitze der Schulkinder trug ein Knabe das mit einem Trauerflor behangene Kreuz. Nach einer auf dem Kirchhofe gehaltenen Rede des Pfarrers fand dann der Gottesdienst in gewöhnlicher Weise statt. – War die Feier am 18. also der Trauer und dem Gedächtnisse der für’s Vaterland in den Tod gegangenen Kämpfer geweiht gewesen, so sollte sie es am 19. der Freude über den errungenen Sieg sein. Früh um vier Uhr schon machte das Geläute der Glocken, wie die vielfach zu hörenden Freudenschüsse auf die Bedeutung des Tages aufmerksam. Beim Zuge zum Kirchhofe war diesmal Alles, was an Trauer erinnern konnte, entfernt; ein Musikcorps geleitete ihn. Nach der auf dem Kirchhofe gehaltenen Rede wurde knieend ein Dankgebet gesprochen. Die bei der Mauer des Kirchhofes aufgestellte Schützengesellschaft[86] begleitete die Feier, wie auch später unter dem Singen des Tedeums, mit einigen Gewehrsalven. Das Innere der Kirche war festlich mit Blumen geschmückt. An beiden Tagen wurden für die Hinterlassenen der Gebliebenen Collecten gesammelt. Nachmittags fand ein Zug der Schützengesellschaft durch’s Dorf unter fortwährendem Schießen statt. Zu bedauern war dabei, daß die Feier des Tages durch Verwundung eines Schützen, in Folge unvorsichtigen Schießens, getrübt wurde.

Am 18. Juni 1815 Dankfest wegen Rückkehr des Königs aus der Gefangenschaft.

Sehr festlich wurde auch das Reformationsjubelfest 1817 begangen. Schon den 30. October eröffnete Nachmittags und Mitternachts zwölf Uhr das Geläute der Glocken und der Schall der Posaunen das drei Tage währende Fest. Am zweiten Festmorgen versammelten sich die Gemeindeglieder und die festlich geschmückte Schuljugend – die Knaben mit Blumen und die weißgekleideten Mädchen mit Kränzen und rothen Bändern – beim Schulhause. Unter Glockengeläute, Musik und Gesang begab man sich zu der mit Blumen geschmückten Kirche. Neben den brennenden Altarkerzen sah man eine aufgeschlagene Bibel, Luthers Bildniß, Kelch und Taufbecken. Auch brannte während der Predigt ein von Gemeindegliedern zu dieser Feier geschenkter krystallner Kronleuchter. (Ein zweiter, der von der Jugend geschenkt [96] wurde, konnte erst bei der Christnachtsfeier benutzt werden). Nach beendetem Gottesdienste wurden die Schulkinder wieder zur Schule zurückgeleitet, wo Milchbrötchen – ein Geschenk der Ortsherrschaft – unter sie vertheilt wurden.

Die Festfeier, welche am fünfzigjährigen Regierungsjubiläum des verehrten Königs Friedrich August veranstaltet wurde, begann schon am 19. September Abends sieben Uhr, mit einer Vorfeier, bei der die Kirche erleuchtet wurde und die Kirchenfenster der Dorfseite illuminirt waren. Die Kirche war von Einheimischen und Fremden ganz gefüllt. Den 20. zogen die Schulkinder in Begleitung eines Musikchors, in ganz ähnlicher Weise wie bei der vorjährigen Feier, zur Kirche.

Das Jubiläum der Gründung Herrnhuts, welches vor hundert Jahren auf Berthelsdorfer Grund und Boden erbaut, in kurzer Zeit den Hauptort an Bedeutung übertroffen und auch zu dessen Aufschwung und Vergrößerung den ersten Anstoß gegeben hatte, wurde auch in Berthelsdorf den 16. Juni 1822 feierlich begangen. Die während des Vormittagsgottesdienstes fast überfüllte Kirche war mit Blumen und Laubwerk geschmückt, die Kirchenstände mit Rosen belegt, Kronleuchter und Altarkerzen brannten. Zu dem Nachmittags stattfindenden Kindergottesdienste bewegte sich der festliche Zug derselben vom Schulhause unter Musikbegleitung nach den Unitätshäusern, wo von den Kindern einige Lieder gesungen wurden. Von hier begab man sich zur Kirche; in einer Rede wurde den Kindern die Bedeutung des Festes, die Geschichte des Anbaues der mährischen Brüder mitgetheilt.

In Folge der gesegneten Ernte des Jahres 1823 beschloß man neben der diesmal besonders festlichen Feier des Erntefestes auch noch den Schulkindern und Choradjuvanten eine Freude zu bereiten. Nach vorhergegangener kirchlicher Feier begab man sich Nachmittags im Zuge nach der ehemaligen Freitagschen Wollspinnerei, wo ein aus Wein und Milchbrötchen bestehendes Liebesmahl veranstaltet wurde. Ein Zug auf den herrschaftlichen Hof beschloß das heitere Fest.

Die Festlichkeiten 1828 den 16. September bei Aufsetzung des neu vergoldeten Thurmknopfes, und den 17. September 1830 beim Aufziehen der neuen Glocken sind schon früher erwähnt worden.

[97] Das dritte Jubelfest der Uebergabe der Augsburgschen Confession wurde 1830, vom 25. Juni an, drei Tage hintereinander, durch fünf Predigten gefeiert. Schon am Abend des Johannistages eröffnete feierlich vom Thurme herab der Choral: „Nun danket alle Gott“ u. s. w. und das Geläute der Glocken das Fest. In der Kirche wurden an allen drei Festtagen die Kerzen auf dem Altar und die Kronleuchter angezündet, als Symbol des Lichtes, welches uns durch die Reformation aufgegangen. Der zweite Jubeltag war für die Kinder ein Festtag. Nach dem feierlichen Zuge zur Kirche wurden sie, nachdem sie der kirchlichen Feier beigewohnt hatten, über die Reformationsgeschichte geprüft; drei Kinder legten nach dieser Prüfung im Namen Aller vor dem Altar knieend das Glaubensbekenntniß ab. Durch eine Beisteuer der vermögenderen Eltern und theilnehmender Kinderfreunde konnte man die Kinder Nachmittags im Schulhause festlich bewirthen; die größeren Kinder wurden mit einer Schrift über die Reformationsgeschichte beschenkt. Am dritten Festtage fand Communion statt; Hunderte nahmen Antheil. Am ersten und dritten Jubeltage ertönten nach dem Lauten Choralmelodien vom Thurme. Das ganze Fest zeichnete sich durch eine rein religiöse Feierlichkeit aus und obgleich es erlaubt war, am zweiten Festtage zu arbeiten, geschah dies doch nicht. Es herrschte die größte Ruhe und Stille, an rauschende Lustbarkeiten dachte Niemand. Zum Andenken an dieses herrliche Fest ließ die Gemeinde auch auf ihre Kosten die große Glocke umgießen, während dies von Seiten der Kirche mit den beiden kleineren geschah.

Ein festlicher Tag für die hiesige Schuljugend und für die Jünglinge und Jungfrauen des Ortes war auch der 6. Juni 1841, wo man den gegenwärtigen zweiten Schullehrer, G. Korschelt, mit Fahnen und zwei Musikchören von Großhennersdorf, wo er bis dahin Lehrer gewesen war, abholte, und im festlichen Zuge nach Berthelsdorf geleitete.

Die Festlichkeiten den 4. September 1848, und bei der Anwesenheit Ihrer Majestät der Königin, den 24. August 1852, sind anderweitig erwähnt.

[98]
XII. Kriegsleiden.

Ihnen war Berthelsdorf leider durch seine Lage an der Löbau-Zittauer Straße ganz besonders ausgesetzt; fast alle Kriege der letztern Jahrhunderte, die in Deutschland ausgekämpft wurden und wo Sachsen fast stets der Kriegsschauplatz war, waren auch für Berthelsdorf mit den nachtheiligsten Folgen verbunden. – An gewissen und specielleren Nachrichten über den

1. Hussitenkrieg und dreißigjährigen Krieg

fehlt es zwar fast gänzlich. Jedoch muß Berthelsdorf jedenfalls mehrmals von den Hussiten bei ihren Zügen von Zittau nach Löbau und Bautzen, z. B. 1431, berührt worden sein; und da sie schon 1430 in Bernstadt und Reichenbach wütheten und auch die Strawalder und Kemnitzer Kirchen von ihnen verwüstet worden sein sollen, so ist wohl mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen, daß die pag. 48 erwähnten Brandspuren am ältesten Theile der hiesigen Kirche von einer Einäscherung derselben durch die Hussiten herrühren.

Ein gleiches gilt vom dreißigjährigen Kriege. Auch damals muß Berthelsdorf sehr viel gelitten haben, zumal um 1634, wo auch der damalige Pfarrer Johann Brehmer der Kriegsunruhen wegen nach Bautzen flüchten mußte; er verweilte ein Vierteljahr daselbst. Da 1654 noch der größte Theil des Dorfes wüste lag, – von zwanzig Bauergütern des Hauptgutes fünfzehn – von 1630 an keine Kirchrechnung abgehalten werden konnte und sich auch nicht eine Spur von einem schriftlichen Documente aus jener Zeit vorfindet, so mag dieser Krieg wohl auch über Berthelsdorf namenloses Elend gebracht haben.

2. Schwedenkrieg.

Er wurde um die polnische Thronfolge von 1697 an zwischen Friedrich August, Churfürst von Sachsen, der 1697 die polnische[WS 3] Krone erlangt hatte, und Karl XII., König von Schweden, geführt. Schon im Juni 1697 wurden in Berthelsdorf sächsische Kürassiere, beim Durchmarsch nach Polen, einquartiert, 1704 zwei Compagnien Infanterie vom Sack’schen Bataillon, welche einen Kostenaufwand von 255 Thalern verursachten. Da die Einquartierungen für den ganzen Görlitzer Kreis sehr drückend waren, so konnten auch die Bitten der Herrschaft keine Verminderung zu Wege bringen. [99] Karl XII. siegte, die Schweden rückten 1706 über Schlesien in die Oberlausitz ein; auch Berthelsdorf bekam schwedische Einquartierung unter einem Hauptmann von Schlippenbach. Mancher Exceß wurde begangen; den ersten Epiphaniassonntag 1707 wurde von einzelnen einquartierten Schweden während der Predigt der Gottesdienst so gestört, daß ihnen der damalige Pfarrer Salomon von der Kanzel aus ihr abscheuliches Verfahren verweisen mußte. – Noch 1715 mußten 87 Thlr. 22 Gr. an Schwedensteuer gezahlt werden.

3. Der zweite schlesische und der siebenjährige Krieg[87].

Der zweite schlesische Krieg wurde im Jahre 1744 durch einen Einfall Friedrichs des Großen in Böhmen, den 10. August eröffnet. Auch Berthelsdorf wurde durch Einquartierungen belästigt; den 21. August 1744 zwei Compagnien Preußen, den 7. und 8. December zwei Compagnien Cavallerie, den 9. und 10. December Soldaten vom zweiten Garderegiment, und vom 18. December 1744 bis 6. Januar 1745 zwei Compagnien. Vorzüglich drückend scheint die Einquartierung beim Einfall der Oesterreicher, den 25. November 1745, gewesen zu sein, da z. B. der Pachter des Schurtzischen Freibauergutes von dem Besitzer Entschädigung für zweihundertzehn Mann, die nebst fünf Pferden einquartiert gewesen, verlangte, auch über erlittene Plünderung sich beklagte. Den abziehenden Oesterreichern folgten Preußen, den 27. und 28. November, 1746 im Januar wieder preußische Husaren, im Juni sächsische Kürassiere. – Zu der preußischen Contribution 1745 mußte allein das Kirchenvermögen, von 1650 Thaler Capital, 33 Thaler zahlen.

1756 begann der siebenjährige Krieg, der insbesondere für unser Vaterland äußerst drückend war. Durch die siegreiche Schlacht bei Lowositz hatte sich Friedrich der Große in den Besitz Sachsens gesetzt. Für Berthelsdorf kam nun eine Reihe von Jahren der Drangsale und der Noth.

[100] Schon am 13. September 1756 kamen dreißig Husaren vom Puttkammerschen Regimente und verlangten hundert Schafe und viel Getraide. Da sie aber hörten, daß Berthelsdorf dem Grafen v. Zinzendorf gehöre, bestanden sie nur zum Theil auf ihren Forderungen, indem sie meinten, daß sie ausdrücklich Befehl hätten, die Güter des Grafen zu schonen.

Die preußischen Einquartierungen begannen, nachdem vom 1. September an nur Durchmärsche der Preußen vorgekommen waren, den 3. November, und dauerten zunächst, mit einigen Unterbrechungen, bis Mitte Mai 1757. Am erstgenannten Tage rückte nämlich ein Bataillon vom Jung-Kleist’schen Infanterieregimente, auf dem Marsche nach Zittau, zum Nachtquartier ein. Der Oberst von Maltitz wurde im Schlosse einquartiert; zwölf Kanonen standen im Schloßgarten.

Durch die Bemühungen des Syndicus Köber in Herrnhut, der sich persönlich zu dem Prinzen Heinrich von Preußen und dem Herzog von Bevern, die sich beide damals in Dresden befanden, begab, erhielten Berthelsdorf und Herrnhut einen Salvegardenbrief[88], der sich später, vorzüglich für Herrnhut, von großem Nutzen erwies.

[101] Als sich am 26. Februar die sämmtlichen, in hiesiger Gegend cantonnirenden Truppen, nach der böhmischen Grenze hin in Bewegung zu setzen anfingen, kamen auch nach Berthelsdorf an diesem Tage fünf Compagnien des Infanterieregimentes Amstel, unter Major Born, denen am 4. März auch das zweite Bataillon desselben Regiments, unter Oberstleutnant von Zastrow, die bisher in Ruppersdorf gestanden hatten, folgte. Am 6. März marschirten sie sämmtlich über Herrnhut ab. Doch leider trat noch an demselben Tage an ihre Stelle eine Escadron Normannscher Dragoner und am 15. März, auf dem Rückmarsche aus Böhmen, eine zweite Escadron desselben Regiments. Mit dem Vorrücken der Armee, am 21., kamen zwar die Normannschen Dragoner nach Neundorf zu stehen, aber gerade dieser Wechsel brachte für Berthelsdorf eine noch viel größere Einquartierungslast; denn nun rückte das ganze Forcadesche Regiment ein. Das Unterbringen so vieler Mannschaften war äußerst beschwerlich, auf einen Bauer kamen sechzehn bis dreißig Mann, auf einen Gärtner zehn bis zwanzig, auf einen Häusler sechs bis zwölf Mann, und als am 24. März sogar noch zweihundert Mann, die bisher in Kottmarsdorf ihren Stand gehabt hatten, dazu kamen, mußte auch das Schulhaus mit neunzehn Mann belegt werden. Erst durch die Vorstellungen des Barons von Ranzau in Herrnhut wurde dasselbe von dieser Last wieder befreit. Am 6. April vermehrte sich die Einquartierung abermals durch dreihundert Recruten, welche von Bautzen kamen[89].

Eben so drückend wie diese Einquartierungslast waren für Herrschaft und Gemeinde die immerwährenden Lieferungen an Hafer, Heu, Brot, Fleisch, Bier u. s. w. In Folge des starken Verbrauchs der Lebensmittel trat Mangel ein und weil das Regiment nicht hinlänglich mit Fleisch versehen werden konnte, mußten den 24. März die Hennersdorfer Fleischer aufgefordert werden, alle Tage Fleisch und Schlachtvieh nach Berthelsdorf zu bringen, um dem „armen Dorfe“ zu helfen. Schon am 18. März hatte sich die Herrschaft mit dem Bittgesuche an den Landesältesten gewandt, die, wegen restirenden Rations- und Portionsgeldern eingelegte [102] Executionsmannschaft zurückzuziehen, da die Gemeinde völlig unvermögend sei, dieselben abzuliefern.

Was für einen Eindruck eine gehaltvolle Predigt selbst auf die roheren Kriegerschaaren jener Zeit hervorzubringen im Stande war, das sah man am 17. April in hiesiger Kirche. Der Oberst von Königsmark, der sich durch seine wohlwollende Gesinnung hier überall beliebt gemacht hatte, veranlaßte an jenem Tage den Diaconus Müller von Großhennersdorf, dessen Rednergaben er schon kannte, vor seinem Regimente, da der bisherige Feldprediger nach Bautzen berufen worden war, zu predigen. Die Kirche war ganz mit Soldaten angefüllt – eine große Anzahl, die in derselben nicht mehr Platz fanden, stellten sich außerhalb derselben auf – und alle hörten mit einer solchen Stille, Aufmerksamkeit und Bewegung auf die ergreifenden, herzlichen Worte des Redners, daß die Offiziere erklärten, sie hätten noch nie mit aller Strenge eine solche Ordnung erhalten können. – Man hätte damals wohl nicht geglaubt, daß drei Wochen später fast alle diese andächtig auf die Worte des Predigers lauschenden Krieger den Tod auf dem Schlachtfelde gefunden haben würden. Nach der am 6. Mai gelieferten Schlacht bei Prag schrieb nämlich der zu diesem Regimente gehörende Hauptmann Stechow an den Baron von Ranzau in Herrnhut, daß in dieser Schlacht – der blutigsten, welcher er beigewohnt – das ganze Regiment bis auf hundert Mann, die unter seiner Anführung bis dicht unter die Mauern Prags vorgedrungen seien, vernichtet worden wäre.

Am 18. erfolgte der Aufbruch der ganzen preußischen Armee nach Böhmen; auch das Forcadesche Regiment verließ an diesem Tage Berthelsdorf. Den 20., Nachts zwei Uhr, ging die Armee über die Neiße und rückte gegen Reichenberg vor. An diesem und dem folgenden Tage hörte man auch von dort her Kanonendonner und erfuhr bald, daß der Herzog von Bevern mit seinem Corps Reichenberg, nach einem hitzigen Gefechte mit den Oesterreichern, genommen und besetzt habe. Am 24. Kanonade von Rumburg her, die von einem Gefechte herrührte, das zwischen dem Prinzen Heinrich und einem österreichischen Corps bei Tetschen vorfiel. Man hörte sogar am 6. Mai den fernen Kanonendonner der Schlacht bei Prag. (?)

Den 11. Mai gelangte die unerfreuliche Nachricht nach [103] Herrnhut, daß der berüchtigte[WS 4] preußische Major von Kahlenberg gesonnen sei, sich mit seinem Bataillon, Freitags, den 13. Mai, in Herrnhut einzuquartieren und Sonnabends daselbst Rasttag zu halten. Durch Klugheit und mit Berufung auf den Salvegardenbrief wandte man von Herrnhut das drohende Uebel ab; das Grenadierbataillon wurde in Berthelsdorf einquartiert. Offiziere sowohl als Soldaten, ungeachtet zwei Drittheile davon Sachsen waren, betrugen sich auf’s zügelloseste; da ihre ungemessenen Forderungen nicht gewährt werden konnten, wurden die Wirthe auf’s Härteste gemißhandelt. Der größte Theil des erlittenen Schadens wurde Berthelsdorf von Herrnhut, aus Dankbarkeit, so glücklich davon gekommen zu sein, wieder ersetzt.

Nach der Schlacht bei Prag eilte Friedrich der Große dem aus Mähren heranrückenden Feldmarschall Daun entgegen und wagte den 18. Juni bei Collin die Schlacht. Er verlor sie; die Frucht aller früheren Siege war dahin; der Rückweg nach Sachsen wurde angetreten. Am 16. Juli hörte man schon von einem hitzigen Gefecht bei Gabel. Den 17. und 18. drang das österreichische Heer durch die Lückendorfer Pässe und langte vor dem von Preußen besetzten Zittau an. Am 23. hörte man fortwährendes Feuern aus der Gegend von Zittau und sah mit Bangen schwarze Rauchwolken ununterbrochen hinter dem Königsholze heraufsteigen; sie verkündeten das Schicksal der ohne Noth von den Oesterreichern in Brand geschossenen unglücklichen Stadt. Trotz der Nähe kreuzten sich die widersprechendsten Nachrichten. – Den 24., Abends, begann der Rückzug der preußischen Armee von Rumburg her über Ruppersdorf und Herrnhut. Alles auf den Berthelsdorfer Feldern, an der Löbau-Zittauer Straße, stehende Getraide wurde zertreten und in den Boden gefahren. Der Rückzug dauerte die Nacht hindurch bis früh zwei Uhr.

Den besten Ueberblick des in dieser Zeit preußischerseits verursachten Aufwandes gewährt wohl folgende Zusammenstellung:

I. Aufwand für die einquartierten preußischen Truppen vom 3. November 1756 bis Mitte Mai 1757.

Für das 1. Bataillon des Inf.-Regim. Jung-Kleist, den 3. u. 4. Nov., 955 Mann 0257 Thlr. 15 Gr. 3 Pf.
Latus. 0257 Thlr. 15 Gr. 3 Pf.

[104]

Transport 0257 Thlr. 15 Gr. 3 Pf.
Für das 1. Bataillon des Inf.-Regim. Amstel, unter Major Born, vom 26. Febr. bis 3. März, und das 2. Bataillon unter Oberstleutn. v. Zastrow, vom 4. bis 6. März, 0378 20 2
Für die Escadron des Normannschen Dragoner-Regim., vom 6. bis 8. März, 0103
Für die 2. Escadron desselben Regim., vom 15. bis 21. März, 0138 20
Für das Forcadesche Regim., unter Oberst von Königsmark, vom 21. März bis 18. April, 0354 22 8
Für das Grenadierbat. unter Major von Kahlenberg, den 13. und 14. Mai, 0201 19 7
Außerdem an Streu und Heu 0214 20 6
Summa 1649 Thlr. 22 Gr. 2 Pf.
II. Postirungsaufwand (Holz, Beleuchtung u. dgl.) 0530 Thlr. 08 Gr. 4 Pf.
III. Fortificationsaufwand: für das Aufeisen der Neiße zu Ostritz und Hirschfelde, für Schanzen bei Ruppersdorf und Bernstadt, für Schneeauswerfen und Wege bessern, 477 Mann, als:
110 Mann nach Ostritz zum Aufeisen der Neiße
à 6 Gr. 0076 Thlr. 18 Gr. Pf.
197 Mann nach Hirschfelde, desgl.
170 Mann für Schanzen, Schneeauswerfen, Wegebessern, à 4 Gr., 0028 08
IV. Vorspann und Reitpferde, ein Pferd tägl. zu 8 Gr. gerechnet, 0515 03 6
V. Der Werth des gewaltsam Genommenen 0105 04 4
VI. Recrutirungsaufwand 0105
Latus 3010 Thlr. 16 Gr. 4 Pf.

[105]

Transport 3010 Thlr. 16 Gr. 4 Pf.
Der bis zum 25. Juli 1757 von preuß. Truppen beim Abmarsche von Zittau verursachte Schaden und Aufwand an Wagen und Vorspann, Marschschäden, Fouragirung u. dgl. 1271 16
Vom 1. Sept. bis 31. Oct. 1756 beim Durchmarsche der Preußen an Fourage u. Vorspann geliefert 0272 23 2
Summa Summarum 4555 Thlr. 07 Gr. 6 Pf.

Hatten nun auch die preußischen Truppen unsere Gegend verlassen, so folgten doch einige österreichische Corps der sich bei Löbau festsetzenden preußischen Armee. Als am 26. Juli die Oestreicher hinter Strawalde, auf dem sogenannten „Todten“, ein Lager aufschlugen, marschirte eine Abtheilung derselben durch Berthelsdorf; sie verübten viele Excesse, brachen in mehrere Häuser ein und raubten in der herrschaftlichen Brennerei 120 Thaler, welche Summe eben erst von Marketendern eingenommen war. Der am 24. Juli vom Herzog Karl von Lothringen für Berthelsdorf mit Herrnhut und Großhennersdorf ausgestellte Salvegardenbrief war nämlich noch nicht angelangt.

Die Noth wurde von nun an für Berthelsdorf noch größer; denn vom 24. Juli 1757 an bis Mitte September hatte es sehr viel durch bedeutende Lieferungen an Hafer, Heu, Brot und dergl. zu leiden, welche für die österreichische Hauptarmee, die zwischen Seifersdorf und Poritzsch stehen blieb, aufgebracht werden mußten. Der ganze Verlust – Waldschäden mit eingerechnet – betrug leider in dieser Zeit wieder gegen 2500 Thaler.

Mit dem Vorrücken der preußischen Armee über Reichenbach und Kemnitz nach Görlitz und Bernstadt zu, fing sich die österreichische Armee vom 15. August an zurückzuziehen. Dreitausend Mann österreichische Infanterie und etwas Cavallerie marschirten an diesem Tage zwischen Berthelsdorf und dem Hutberge nach Rennersdorf zu. – Auf dem Hutberge blieb noch bis zum 22. [106] ein Commando österreichischer Husaren; ein zweites war beim Kemnitzer Busche aufgestellt.

Leicht hätte es in dieser Zeit, vorzüglich vom 15. bis 20. August, wo die beiden zweimalhunderttausend Mann starken Heere einander so nahe standen, in hiesiger Gegend zu einer Schlacht kommen können, welche gewiß für Berthelsdorf und die umliegende Gegend die unheilvollsten Folgen gehabt hätte. Doch zum Glück ging die Gefahr vorüber.

Als am 1. September die österreichische Armee aus ihrem Lager bei Zittau aufbrach und der preußischen Armee, die sich nach Görlitz zu zog, über Radmeritz folgte, lagerte sich auch eine Abtheilung Kürassiere bei Berthelsdorf; auch am 3. in der Nacht kamen wieder einige Regimenter Cavallerie, die alles Heu wegfouragirten.

Den 23. November 1757 berührten die Oesterreicher – das Haddicksche Corps – auf dem Rückmarsche nach Böhmen, für jetzt zum letztenmale Berthelsdorf.

1758 waren besonders die Einquartierungen vor und nach dem Ueberfall bei Hochkirch (den 14. October) drückend. Sie wechselten oft: den 18. August Esterhazyhusaren; den 20. September Panduren; Anfang October sechs Tage Reiter vom Regiment Anhalt-Zerbst; den 8. October vom Stabsregiment; den 13. und 14. October Panduren und Regimentszimmerleute im Nachtquartier, welche die Landstraßen verbesserten. Nach dem Ueberfall bei Hochkirch wurden Verwundete von verschiedenen Regimentern, auch Croaten, den 24. und 25. October ein Leutnant mit hundert Mann und den 1. November wieder Esterhazyhusaren einquartiert[90].

Wie im siebenjährigen Kriege die Oberlausitz immer ein Schauplatz durchkreuzender Truppenzüge war, so hatte auch Berthelsdorf im Jahre 1759 wieder in reichem Maße Erpressungen, Lieferungen und andere Kriegsdrangsale zu erdulden; unbedeutender waren die Lieferungen, als am 12. Mai auf kurze Zeit der österreichische General Vehla zwischen Berthelsdorf und Herrnhut [107] ein Lager aufschlug. Eine am 23. Juli von dreitausend Mann des Gemmingschen Corps, welches, wie auch das Haddicksche Corps, in Großhennersdorf stand, vorgenommene Fouragirung, vernichtete alle Erntehoffnungen. Der an diesem einzigen Tage verursachte Schaden betrug der Abschätzung nach an Sommer- und Winterfrüchten 4533 Thlr. 18 Gr. Trotz flehentlicher Bitten mußte auch noch den 30. Juli alles vorhandene Heu ins österreichische Hauptquartier zu Gerlachsheim, im August Mehl und Heu nach Görlitz und den 28. September alles was an Heu, Hafer und Gerste vorräthig war, ins österreichische Magazin nach Bischofswerda, bei Androhung der schärfsten militärischen Execution, abgeliefert werden.

Auch 1760 und 1761 fehlte es nicht an Lieferungen, Einquartierungen (z. B. 1760 vom 21. bis 28. Januar sieben Compagnien vom Schmerzingschen Regimente unter dem Commando des Generals Gourcy und Obersten Maccauer) und Durchmärschen; doch waren sie minder drückend. 1762 betrugen die Lieferungen und anderer Aufwand, 1267 Thlr. 7 Gr. Kriegssteuern mit eingerechnet, 2407 Thlr. 21 Gr. 5 Pf. – Laut eidlicher Versicherung der herrschaftlichen und Gemeindedeputirten auf dem Amte zu Görlitz wurde der sämmtliche, in diesem Kriege erlittene Schaden, (ohne die Kriegssteuern) zu 11,387 Thlr. 9 Gr. 10 Pf. angegeben.

Durch das von Friedrich II. geschlagene schlechte Geld – der Thaler war zuletzt auf neun Groschen gefallen – wurde eine ungemeine Theuerung herbeigeführt. Es war in solcher Menge geschlagen worden, daß man nach dem Kriege in Freiberg 4808 Centner davon umschmelzen mußte.

Endlich kam, am 15. Februar 1763, zu Hubertusburg der längst ersehnte Friede zu Stande; mit welchen Dankgefühlen man ihn, den 21. März, auch in unserer Kirche, nach solchen Jahren des Jammers, wird gefeiert haben, kann man leicht ermessen.

Auch im baierschen Erbfolgekriege, 1778 bis 1779, blieb Berthelsdorf nicht ganz verschont. Außer mehreren Lieferungen fanden im August 1778 auch Durchmärsche preußischer und sächsischer Truppen statt.

[108]
4. Französische Kriege[91].

In den ersten Jahren jener verheerenden Kriege wurde Berthelsdorf selten unmittelbar berührt; denn obwohl im November 1805 und im October 1806 beidemal achthundert Mann preußische Infanterie einquartiert wurden und 1808 und 1811 bedeutende Kriegssteuern gezahlt werden mußten – auf einen Bauergutsbesitzer kamen 15 bis 17 Thaler – so lag doch der Kriegsschauplatz stets unserer Gegend fern. Doch leider sollte es bald anders werden.

1812 war Napoleon mit einem ungeheuern Heere nach Rußland gezogen, um auch dieses zu besiegen und dann ganz Europa von sich abhängig zu machen. Doch es kam anders. Eine furchtbare Kälte, Mangel, im Verein mit den russischen Waffen, vernichtete das gewaltige Heer; nur wenige Trümmer desselben kamen im beklagenswerthesten Zustande zurück. Die russischen Heeresmassen folgten ihnen. Vom Vortrab der verbündeten russischen und preußischen Armeen kamen am 6. März 1813 die ersten Kosaken in Görlitz an. Dem Heranrücken dieser Armeen gingen starke Lieferungsausschreibungen voran. Vom 27. bis 28. März wurden in Berthelsdorf die ersten preußischen Truppen, sechshundert Mann, einquartiert.

Ueberraschend war es am 21. April für die Bewohner unseres Ortes, als Vormittags in der elften Stunde der russische Kaiser Alexander denselben bei einem Besuche Herrnhuts berührte. Er kam aus dem Hauptquartier Mengelsdorf, in einem zweispännigen Wagen, ohne alles Gefolge, nur von einem reitenden Bauer begleitet.

Nach der für Napoleon siegreichen Schlacht bei Lützen (am 2. Mai 1813) erschienen am 6. Mai die ersten Transporte von verwundeten Preußen, welche Züge in den nächsten Tagen auf Hunderten von Wagen fortdauerten. Ein Theil dieser Verwundeten, die seit dem blutigen Kampfe noch keine Ruhestätte gefunden hatten, wurden auch auf eine Nacht hier untergebracht.

Nun trat der beängstigende Zeitraum ein, wo mit dem Rückzuge [109] der verbündeten Armeen und mit der ihnen folgenden großen französischen Armee, die Schrecken des Krieges auch der hiesigen Gegend sich näherten. Der mehrere Tage nach einander aus der Ferne gehörte Kanonendonner wurde immer deutlicher vernommen; besonders am 12. Mai, wo man den Himmel vom Brande des unglücklichen Bischofswerda geröthet sah. – Schon sehr erschöpft durch die vom Landescommissariat ausgeschriebenen Lieferungen für die Magazine erfolgten nun, da die allgemeine Verpflegung aus Magazinen dennoch nicht möglich war, von jeder einzelnen Abtheilung, bald Russen, bald Preußen, eine Requisition nach der andern. Oft war kaum mit Mühe und Noth die eine Parthei befriedigt, so erschien schon, mitunter an demselben Tage, eine zweite und dritte. Bei den vielen Fuhren zu Militairtransporten ging übrigens auch der größte Theil des Zugviehes und viele Wagen verloren. Von einer Kosakenabtheilung wurde ein Getraideboden auf dem herrschaftlichen Hofe gewaltsam geöffnet und ein ansehnlicher Vorrath von Hafer weggenommen. Endlich erlangten Berthelsdorf, Hennersdorf und Oberrennersdorf einen vom russischen Generaladjutanten Fürsten Wolkonsky ausgefertigten Schutzbrief. Auch kamen auf kurze Zeit einige Mann Preußen als Salvegarden hierher.

Am 20. Mai hörte man den furchtbaren Kanonendonner der Schlacht bei Bautzen. Immer näher kam der Donner der Geschütze, brennende Dörfer rötheten des Nachts den Himmel und bezeichneten die Gegend, deren Schicksal Verheerung war; Alles war mit den bängsten Erwartungen erfüllt. Den 22. kamen Flüchtlinge aus der Löbauer Gegend und zogen schaarenweise nach Zittau und Böhmen. Nachmittags erschienen fünfzehnhundert Kosaken und Uhlanen und lagerten sich auf den Wiesen zwischen Herrnhut und Berthelsdorf. Es folgte eine schauerliche Nacht; Kanonendonner, Gewitter ringsum, Feuerzeichen und Wachtfeuer. Am 23. Mai mußte der Kriegsunruhen wegen der Gottesdienst ausgesetzt werden; zwanzig Zimmerleute und Arbeiter mußten nach Görlitz, erstere zum Bau der Brücke, die auf dem Rückzuge der Russen und Preußen angezündet worden war, letztere zum Begraben der Todten. Am 24. Abends Abmarsch der Russen. –

Ein Waffenstillstand vom 4. Juni bis 10. August beendete [110] für jetzt die blutigen Kämpfe. – Obwohl es zwar erst den Anschein hatte, als ob bei dem damaligen Stande der Armeen unsere Gegend während des Waffenstillstandes von militairischer Einquartierung befreit bleiben werde, so rückte doch schon am 13. Juni das polnische Armeecorps, aus sechzehntausend Mann – meist Reiterei – bestehend, unter Fürst Poniatowsky, in hiesige Gegend. In Berthelsdorf bekam ein Uhlanenregiment mit sechshundertfünfzig Pferden sein Cantonnirungsquartier angewiesen. Schwer lastete die starke Einquartierung, da vorher schon drückender Mangel an Fourage herrschte. Später kamen, da ein Bauer gegen dreißig Mann Einquartierung hatte und die Pferde mitunter in der Hausflur untergebracht werden mußten, einzelne Schwadronen nach Strawalde und Kottmarsdorf. Am 22. Juli wurde der Generalstab von Großhennersdorf nach Berthelsdorf verlegt, wo der Fürst Sulkowsky nebst seiner Gemahlin die Wohnung im hiesigen Brüdersocietätshause bekam. Bei dem gänzlichen Mangel aller Vorräthe mußte die Herrschaft Vorschüsse an Hafer und dergl. machen. Nach neunwöchentlichem Aufenthalte, nachdem Fürst Poniatowsky noch am 3. August über polnische Kürassiere auf der großen Wiese bei der Ziegelscheune eine Revue abgehalten hatte, verließen die Polen am 15. August unsern Ort. Der Krieg sollte auf’s Neue beginnen. Das Victorsche und polnische Armeecorps rückten in Böhmen ein. Napoleon selbst befand sich am 19. in Zittau. Es schien in unserer Gegend zu blutigen Kämpfen kommen zu wollen.

Am 19. August bivouaquirten sechshundert Mann holländische und bergische Gardelanzenreiter zwischen Herrnhut und Oberberthelsdorf; am 20. an derselben Stelle fünfhundertsiebzig Franzosen mit vierhundert Bagagewagen; Berthelsdorf mußte Brot und Fourage liefern. Ein Theil dieser Trainknechte blieb mit den Wagen vom 21. bis 24. August hier; über ihr Betragen wurden viele Klagen laut. Am 3. September lagerten sich dreitausendzweihundert Mann Kosaken und russische Dragoner unter dem General Joseffowitsch zu beiden Seiten der nach Herrnhut führenden Allee und am Hutberge; im Oberdorfe wurde zum Theil geplündert. Am 4. September brachen diese Truppen auf, aber sie wurden durch eine fast doppelt so starke Anzahl russischer Infanterie und Cavallerie ersetzt, welche dasselbe Lager bezogen; [111] sie mußten mit Lebensmitteln und Fourage versorgt werden[92]. Außerdem lagerten auf der Wiese, bei den Unitätshäusern, Kosaken und Kalmücken mit dreißig bis vierzig Wagen. Abends acht Uhr brachen die Russen plötzlich auf und rückten gegen Löbau vor, kamen aber noch in derselben Nacht zurück. Von Reichenbach her hörte man Kanonendonner. Einzelne Kosaken streiften am 5. in der Gegend umher. Ein ziemlich starkes Picket stand den ganzen Nachmittag unweit der Windmühle, von welchem die Einwohner des Niederdorfes durch gewaltsame Erpressungen nicht wenig geängstigt wurden. In der Gegend des Hutberges beständiges Plänkeln mit den nachrückenden Polen; auch am 8. Mittags Gefecht daselbst; ein Pole blieb, auf beiden Seiten Verwundete; die Polen zogen sich wieder zurück. Das russische Corps unter General Joseffowitsch drängte am 8. und 9. die Polen unter beständigem Gefecht bis gegen Ottenhain, wo ihnen das Langeronsche Corps von Bernstadt aus in den Rücken kam und siebzehn Häuser in Ebersdorf in Flammen aufgingen. Fürchterliche Kanonade. – Vor dem Abzuge der Russen wurde noch am 9. Vormittags auf dem hiesigen Hofe eine große Quantität Heu mit Gewalt weggenommen.

Am 10. September kam das Hauptquartier Blüchers nach Herrnhut, er kam mit dem Generalstabe und sechshundert Russen durch Berthelsdorf und verweilte bis zum 15. in Herrnhut. Am 16. September wurden auf dem herrschaftlichen Hofe einhundertsechzig gefangene Franzosen mit sechs Offizieren unter russischer Bedeckung über Nacht einquartiert. Die französischen Offiziere erregten Abends im Schlosse einige Unruhe. Von den zu einem beträchtlichen russischen Wagenzuge gehörenden Knechten und Pferden wurde am 17. eine Abtheilung hierher gelegt. Am 21. Einquartierung russischer Cavallerie.

Da der Verkehr mit den Russen gewöhnlich wegen Unkunde [112] ihrer Sprache sehr erschwert wurde, so war für Berthelsdorf in dieser Beziehung der Beistand des Predigers Hasse von Herrnhut – er war früher Prediger in Sarepta in Südrußland gewesen – von wesentlichem Nutzen. Ein Kosakenoffizier unter andern, der bei seinem Eintritt sich ziemlich rauh benahm, wurde in seinem Betragen plötzlich umgestimmt und umarmte den Prediger Hasse mit lebhafter Herzlichkeit, als derselbe sich mit ihm in seiner Sprache unterhielt; auch gemeine Kosaken kamen herbei und hatten große Freude, nicht nur zu hören, daß Hasse, von Sarepta aus, in der Gegend ihrer Heimath, am Don, bekannt und gewesen sei, sondern ihm auch erzählen zu können, wie einige von ihnen selbst mehrmals in Sarepta gewesen wären.

Ende September verließen die verschiedenen Heeresabtheilungen unsere Gegend, indem sich die Heeresmassen bei Leipzig concentrirten, wo vom 16. bis 18. October die große Entscheidungsschlacht geschlagen wurde. In Sachsen konnte leider dieser Sieg der deutschen Waffen weniger freudig begrüßt werden, da er dem allgemein verehrten Könige Gefangenschaft brachte.

Noch war aber der Krieg nicht beendet, noch kämpfte man in Frankreich, daher brachten auch die Jahre 1814 und 1815 oft Einquartierungen von auf dem Durchmarsche sich befindender russischer Truppen.

Im Ganzen waren in diesen Kriegsjahren in Berthelsdorf zwölftausendneunhundertdreiundvierzig Mann einquartiert gewesen, welche einen Kostenaufwand von 4314 Thlr. 8 Gr. verursacht hatten. Die Lieferungen und Naturalleistungen betrugen im Geldwerth, nach einer nebst Tilgungsplan am 12. Januar 1816, laut Verordnung des Oberamtes zu Bautzen, eingereichten Angabe des Kriegsschuldenwesens der Commun zu Berthelsdorf, für das Jahr 1813: 17,224 Thlr. 18 Gr. 3 Pf., 1814: 275 Thlr. 18 Gr. 10 Pf. und 1815: 209 Thlr. 9 Gr. 1½ Pf. – Nach einem mehrere Jahre dauernden Rechtsstreite, der über die Art der Vertheilung geführt wurde, waren von diesen Kriegsschulden 1836 immer noch 259 Thlr. 12 Gr. zu bezahlen, welche auch gegenwärtig noch nicht gänzlich getilgt sind.

Von den in England gesammelten Unterstützungsgeldern bekam Berthelsdorf 216 Thaler. – Erst nach manchem Jahre des Friedens heilten nach und nach die schweren Wunden, welche [113] dieser verheerende Krieg, der fast über den ganzen Erdtheil Verwüstung, Noth und Leiden ohne Zahl häufte, auch unserem Orte geschlagen hatte.

XIII. Leiden der Bewohner durch
1. Brände.

Ueber vorgekommene Brände in früheren Jahrhunderten lassen sich nur Vermuthungen aufstellen. – In den Hussitenkriegen mögen wohl außer der Kirche (s. pag. 48) auch die übrigen Gebäude des Ortes niedergebrannt worden sein; denn die Hussiten verwüsteten in der Regel alle Orte, durch die sie auf ihren Raubzügen kamen, durch Brand. Ein gleiches Schicksal scheint Berthelsdorf auch im 30jährigen Kriege betroffen zu haben (s. pag. 10). Brandschutt, den man 1825 beim Graben einer Wasserleitung auf dem Niederhofe fand, läßt ebenfalls auf einen dort stattgefundenen Brand in frühern Jahrhunderten schließen, ebenso die pag. 40 in einem Schreiben erwähnte Bemerkung Bernhards von der Planitz: „er sei durch Feuerschaden zurückgekommen“, auf einen theilweisen Brand des Mittelhofes um 1680. Von da an bis 1762 scheinen bedeutendere Brände, gegen welche auch die damalige isolirte Lage der Gebäude Schutz gewährte, nicht vorgekommen zu sein.

In der Nacht vom 17. zum 18. Mai 1762 brannte das Vettersche, oder sogenannte Bleichbauergut, gänzlich ab. Das Feuer nahm so rasch überhand, daß der dritte Sohn in den Flammen umkam und der jüngste Sohn und die Mutter, welche nach einigen Wochen an den erhaltenen Brandwunden starb, sehr beschädigt wurden; auch das sämmtliche Vieh verbrannte. Das Feuer war jedenfalls durch Verwahrlosung entstanden. – Beim Wiederaufbau dieses Gutes verwendete man Bauholz und Dachschauben von dem eben abgetragenen Lehngute.

Den 1. August 1769, früh um 3 Uhr, entstand bei dem Ortsrichter Johann Christoph Gäbel – an der Strawalder Gränze – eine Feuersbrunst, welche das erst unlängst neu erbaute Haus verzehrte. Es war vermuthlich von einem fremden Bettler angelegt worden.

Am 4. Januar 1786, Abends um 6 Uhr, brach in Neuberthelsdorf [114] in dem Zacharias Brockelt und Christian August Köhler gehörenden Freihause Feuer aus, durch welches dasselbe in Asche gelegt wurde. Die Frau Brockelts war mit einem brennenden Lichte dem Stroh zu nahe gekommen.

Den 10. Juni 1788 wurde die Scheune auf dem Oberhofe durch einen Blitzstrahl entzündet; sie brannte nieder.

Am 24. Februar 1794 brannten die Häuser des Gärtners Gottfried Anders und des Häuslers Gottlieb Wauer ab.

1803, den 2. Juli, brach auf dem Boden des Wohngebäudes des sogenannten Neubauers, Johann Georg Jähne, ein Feuer aus, welches die Wohn- und Stallgebäude und die Scheune verzehrte.

Am 12. December 1808 brannte Abends, im Niederdorfe, das Wohngebäude des Gärtners Johann Gottfried Jähne gänzlich ab; man war auf dem Dachboden durch Unvorsichtigkeit mit einem brennenden Lichte einem Flachsvorrathe zu nahe gekommen.

Von einem großen Brande wurde Berthelsdorf am 1. November 1814, am Kirchweihfeste, heimgesucht. Bei einem starken Winde brach das Feuer in einer zum Kretscham gehörigen Scheune aus; das ganze Oberdorf war in Gefahr, durch Flugfeuer sogar das benachbarte Strawalde. Sieben Grundstücke wurden in Asche gelegt: der Johann Sigismund Beyer gehörige Kretscham mit den Nebengebäuden, Friedrich Daniel Reichelts Freigut, Karl Samuel Bittrichs Scheune nebst Schuppen, Johann Gottlob Lorenzes Wohnhaus, Karl August Beyers Wohnhaus nebst Scheune, Johann Traugott Wagners Bauergut und Karl Traugott Meißners Wohnhaus nebst Stall und Scheune. Der Verlust belief sich auf 14000 Thaler. Die Ursache des Brandes konnte nicht mit Gewißheit ermittelt werden.

Am 7. April 1815, während einer Leichenpredigt, brannte des Hufschmied Johann Gottlieb Menzels Wohnhaus mit Schmiede und Stall zum Theil, und die Scheune gänzlich, ab. Durch das rasche Herbeieilen der eben in der nahen Kirche befindlichen zahlreichen Grabebegleitung wurde größeres Unglück verhütet[93].

Am 26. Mai 1829, Nachts in der ersten Stunde, brach in [115] Karl Gottfried Mäurichs Windmühle Feuer aus. Einen furchtbar schönen Anblick gewährte die im Gange befindliche brennende Windmühle mit ihren brennenden, Funken sprühenden Flügeln. 1839, den 23. August, brannte sie zum zweiten Male ab.

1849, den 9. August, Vormittags elf Uhr, entstand in der Niedermühle ein Feuer, welches dieselbe, mit Ausnahme der Scheune, verzehrte.

2. Ueberschwemmungen.

Obwohl Berthelsdorf durch seine Lage vor größern Ueberschwemmungen gesichert ist, so sind doch einige Fälle zu erwähnen, wo Wasserfluthen Schaden anrichteten.

Ein solcher Fall mochte auch 1552, den 16. August, in Berthelsdorf vorkommen, da nach Frenzels Collect. IV., pag. 152, am angeführten Tage die Pließnitz, von der die Berthelsdorfer Bach ein Arm ist, durch anhaltenden Regen eine solche Höhe erreichte, daß, als Markgraf Hans von Küstrin mit siebenhundert Reitern und achtundachtzig Wagen über Görlitz nach Prag reiste, er dadurch einen Tag lang an der Fortsetzung seiner Reise gehindert wurde. – Frenzel führt dabei noch an, daß in derselben Nacht in Bautzen durch die Spree dreißig Häuser und alle Mühlen weggeführt worden seien und zweihundert Menschen dabei umgekommen wären. Als Jahre, wo die stark anschwellende Pließnitz Ueberschwemmungen verursachte, finden sich noch 1596, 1666, 1668, 1673, 1689, 1703, (den 31. Juli nach anhaltendem Regen) 1746 und 1751 angegeben.[94]

Am 27. Januar 1789, wie auch 1799, bewirkte plötzlich eingetretenes Thauwetter eine große Fluth. 1804, in dem Jahre, wo in ganz Deutschland große Wasserfluthen bedeutenden Schaden anrichteten, stieg auch hier am 14. Juni, nach Mitternacht, das Wasser so, daß man viel Schaden an Stegen u. s. w. zu beklagen hatte.

Am 10. August 1806, Nachmittags, stieg das Wasser so plötzlich, daß beim Fleischer Bittrich der Schuppen und bei der Wittwe Grohmann die Lohmühle weggerissen wurden.

Noch um einen Fuß höher als 1806, war der Wasserstand im Niederdorfe 1821, den 3. Mai, wo Nachmittags bei einem [116] heftigen Gewitter, nach einem Wolkenbruche am Hutberge, eine solche Fluth entstand, daß die gewaltige Wassermasse sechsviertel Ellen hoch nach der Brauerei zuströmte. Alle Stege wurden weggerissen, die Wege ganz zerstört. Großen Schaden hatte besonders die Seibtsche Gerberei und die Mittelmühle erlitten.

Wasserfluthen kamen noch vor: 1837, wo in der Nacht vom ersten zum zweiten Weihnachtsfeiertage durch einen Regen binnen wenig Stunden der Schnee geschmolzen wurde; 1838, den 8. April, am Palmsonntage, 1839, den 9. Juni, und 1841, den 23. Juni, durch starke Gewitterregen.

Im Jahre 1845, wo in allen Theilen Deutschlands die Fluthen große Verwüstungen anrichteten und in Dresden, bei einem Wasserstande, wie er seit 1501 nicht vorgekommen war, die Elbbrücke sehr beschädigten, verursachte auch in Berthelsdorf das plötzliche Thauwetter, nach einem vorher gegangenen anhaltenden Schneefalle, einen sehr hohen Wasserstand.

3. Stürme, Erderschütterungen, Hagel.

Einer der heftigsten Stürme, welche wohl je in unserer Gegend gewüthet haben, tobte am 20. December 1612 in der südlichen Oberlausitz so, „daß Jedermann vermeinte, der jüngste Tag breche ein.“ Außer vielem Schaden, welchen er an Dächern und Bäumen anrichtete, warf er auch vier Thürme in Zittau und die Thürme von Herwigsdorf und Kleinschönau nieder[95]. 1712, den 17. April, richtete ein Sturm in den der hiesigen Herrschaft gehörenden Wäldern großen Schaden an, indem er achtzehnhundert Stämme umwarf.

Ebenso 1715, wo vom 10. Februar an sich ein acht Tage anhaltender, mit Gewittern und Erdstößen verbundener Sturm erhob, welcher nur allein am Cottmar- und Löbauer Berge zwanzigtausend Stämme niederwarf. – Der heftige Gewittersturm am 2. August 1791, welcher die hiesige Windmühle zerstörte, ist schon pag. 72 erwähnt. – Am 5. Mai 1794 wurde nach einer lang anhaltenden, für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Hitze, die ganze Oberlausitz von einem fürchterlichen Unwetter heimgesucht. Von Thüringen aus verbreitete sich über Sachsen [117] und das angrenzende Böhmen und Schlesien ein furchtbarer, mit Gewittern und Schloßen verbundener Sturm, welcher alle Erntehoffnungen vernichtete und Gebäude und Bäume umwarf. Auch 1821, den 30. November, verursachte ein heftiger Sturm viel Schaden in den Waldungen und an Gebäuden. – Am 12. Juli 1822, Abends nach sieben Uhr, zog am westlichen Horizonte eine finstre Wolke herauf. Die schmutzig gelbgraue Farbe und das tiefe Dunkel, welches sie um so mehr verbreitete, je näher sie rückte, machte den Anblick furchterregend; noch mehr, als sich eine solche Finsterniß über Dorf und Gegend verbreitete, daß man die nächsten Häuser nicht sah. Nach dem Sausen in der Luft fürchtete man Hagel, aber nur wenige große Regentropfen fielen herab. Desto gewaltiger war der Sturm, der dichte Staubwolken aufregte und die stärksten Bäume bog. Indeß war der Schreck größer als der Schaden. – Am 11. Februar 1824 beschädigte ein Sturm das obere Stock der Brennerei so, daß es abgetragen werden mußte. – Ebenso richtete den 25. Mai 1830 ein bedeutender Gewittersturm in den Abendstunden viele Verwüstungen an Dächern und Bäumen an. In der nach Herrnhut führenden Allee wurde eine der Linden auf einen eben vorbeifahrenden Wagen geworfen; glücklicherweise jedoch ohne Knecht und Gespann zu beschädigen. Im benachbarten Großhennersdorf wurde die Windmühle umgeworfen und auf dem Oberstrawalder Hofe stürzte ein Kuhstall ein, wobei eine Magd erschlagen wurde. – 1833, den 18. December, ließ der verheerende Orkan, wie fast in ganz Europa, auch hier viel Spuren der Verwüstung zurück. Tausende von Stämmen waren in den Waldungen niedergestürzt. – Ein Schneesturm, der am 19. November 1851 Nachmittags begann und in der Nacht vom 19. zum 20. mit einem so ungeheuern Schneefall verbunden war, daß am nächsten Morgen der Schnee überall durchschnittlich drei bis vier Fuß hoch lag, ja an manchen Orten bis zu einer Höhe von sieben Ellen zusammengeweht war, war verhängnißvoll und schrecklich in seinen Folgen; denn er kostete nur allein im Kreisdirektionsbezirke Bautzen neunundzwanzig Menschenleben. (Im benachbarten Kemnitz kamen zwei Knechte um). Die ältesten Leute konnten sich eines solchen Schneefalls nicht entsinnen. Am 20., an einem Bußtage, war die Communication so gehemmt, daß an vielen Orten der Gottesdienst [118] ausfallen mußte und zwischen nahen Dörfern die Verbindung unterbrochen war. Nach tagelanger Anstrengung erst konnten Eisenbahnen und Straßen wieder fahrbar gemacht werden. Er hatte sich über Ungarn, den größten Theil Deutschlands, bis Belgien, erstreckt.

Auch Erderschütterungen sind in unserer Gegend mehrmals wahrgenommen worden, z. B. 1590, den 15. September, Nachts zwischen elf und zwölf Uhr, wo ein ziemlich starkes Erdbeben durch die ganze Oberlausitz an den Erschütterungen der Häuser bemerkt wurde[96]. 1715, während des schon oben erwähnten Sturmes, und in der Nacht vom 1. zum 2. August 1812, wo ein dumpfes Rollen wie bei einem Gewitter zu hören war und die Erschütterung in Berthelsdorf an dem Klirren der Gläser wahrgenommen wurde.

Obwohl zwar Berthelsdorf in diesem Jahrhunderte von bedeutendern Schloßenwettern und Hagelschlag verschont geblieben ist, so finden sich doch aus dem vorigen Jahrhunderte Nachrichten vor, wo großer Schaden angerichtet wurde, wie 1757, den 28. Mai[97], 1786, am 22. Juni, wo auf den zum Oberhofe gehörenden Feldern einundsiebzig Scheffel Aussaat betroffen wurden und 1791, am 2. August, dem schon mehrfach erwähnten Tage, wo ebenfalls die nördlichen und westlichen Fluren betroffen und sechshundertsechsundachtzig Scheffel Aussaat – vierhundertfünfundneunzig Scheffel kamen auf das herrschaftliche Dominium – zerschlagen wurden. Ein Schloßenwetter, am 25. Mai 1820, in der Mittagsstunde, verursachte nur geringen Schaden.

4. Große Kälte, große Hitze, Theuerung[98].

Als Jahre, wo die Kälte fast beispiellos war, finden sich aufgeführt: 1399 und 1408; das Vieh erfror in den Ställen, der Schnee drückte die Dächer ein. 1433 und 1436 froren alle deutschen Flüsse zu; die große Schneemenge hemmte fast alle [119] Communication. 1500, 1502, 1513 erfroren Wild und Vögel und das Getraide konnte nur gestampft werden, 1545 und 1546 fror der Wein in den Fässern, 1553, 1560, 1565 strenge Winter mit großer Schneefülle (der letztere währte einhundertvierzehn Tage), 1581 im November brachen Dächer und Bäume von der Last des Schnees, 1583 schneite es vom 11. Februar an drei Wochen heftig, zwischen Bernstadt und Löbau kamen in den Schneemassen vier Personen um, 1595, den 25. März, wurden Häuser verschneit und Menschen verloren ihr Leben, die Brunnen thauten erst gegen Pfingsten auf. 1608 war eine so schreckliche Kälte, daß man diesen Winter „den großen Winter“ nannte und daß noch um Johannis am Löbauer Berge Ziegen erfroren sein sollen. Sehr strenge Kälte war auch 1635, 1655, 1659 und 1677; Bier- und Weinfässer mußte man mit Aexten aufhauen. Am strengsten war durch ganz Europa aber die Kälte vom 6. bis 26. Januar 1709; man hatte vierundzwanzig Wochen Schlittenbahn – noch am 17. Mai fiel ein so großer Schnee, daß viele Bäume von der Last desselben zerbrachen –, dabei großen Mangel an Wasser, welches man kaufen mußte, die Obstbäume erfroren, Vögel fielen todt nieder und viele Menschen kamen um. 1716 war es wieder sehr kalt und 1726 fielen so ungeheure Schneemassen, wie seit hundert Jahren nicht. Außerdem sind noch die Jahre 1729, 1740, 1767, 1771, 1776, wo die Kälte noch strenger als 1740 war und Menschen und Thiere erfroren, 1785, 1789, wo man bei ungewöhnlich strenger Kälte noch die Leipziger Ostermesse zu Schlitten bezog, 1795, 1799, 1812, 1829 und 1838 anzuführen. Die furchtbaren Ueberschwemmungen, welche das plötzlich eingetretene Thauwetter, nach vorhergegangenem äußerst starken Schneefall, 1845 verursachte und der ungeheure Schneefall vom 19. zum 20. November 1851, welcher so viele Menschenleben kostete, sind schon früher erwähnt worden.

Ungewöhnliche Frühlings- und Sommerkälte hatte man in den Jahren 1468, wo noch am 23. Mai sehr viel Schnee fiel, 1587, wo sich zur Erntezeit die Arbeiter in Pelze kleiden mußten, 1593 Frost zur Zeit der Kornblüthe, am 28. April 1626 so großer Schnee, daß man bis an die Knie darin ging. 1754, am 4. August, war es so kalt, daß man einzuheizen genöthigt war. 1802, in der Nacht vom 15. zum 16. Mai, wo [120] zur Zeit der Baumblüthe so viel Schnee fiel, daß hin und wieder Aeste brachen, 1813, den 25. Juni, Frost und Eis, ebenso 1835 in der Nacht vom 25. zum 26. Juni.

Warme Witterung und zeitiger Frühling war dagegen 1419, 1472, 1537, wo die Bäume schon im März blühten, 1551, wo es im Winter beispiellos warm und ungesund war, um Weihnachten der Kukuk schrie und Gras gemäht werden konnte. 1625 blühten die Veilchen schon im December und das Vieh weidete im Freien; ähnlich war es 1629, 1636, 1661, 1662, 1664, 1668, 1673, 1680, 1696, 1715, 1728, 1749, 1758, 1788, 1822, 1832, 1833, 1834 und 1846.

Auch in heißen Jahren hatte unsere Gegend oft viel zu leiden. Solche Jahre der Hitze und Dürre waren 1394, 1432, 1446, 1468, 1471 bis 1474, 1485, wo schon am 17. März solche Hitze war, daß man sich in die Keller flüchten mußte[99], 1504, 1509, 1514, 1516, 1534, 1540, wo Wassermangel eintrat, Waldbrände entstanden, an Johannis bereits geerntet wurde, aus Futtermangel Strohdächer und das Laub von den Bäumen benutzt wurden und Menschen und Thiere erkrankten und starben. 1554 war wieder solcher Wassermangel, daß man zwei Scheffel Korn für einen Scheffel Mehl gab, auch 1573 und 1590, wo es achtunddreißig Wochen nicht regnete und fast alles Vieh geschlachtet werden mußte. 1616 fiel von Pfingsten bis in den August kein Regen, an manchen Orten mußte das Wasser Meilen weit zugeführt werden. Heiße Sommer waren noch 1631, (in Bautzen kam die Kanne Spreewasser einen Kreuzer) 1638, 1666, 1678, 1684, (die Bäume, selbst Eichen waren geplatzt und verdorrten) 1697, 1719, wo es heiß und trocken durch ganz Europa war, (29 bis 30 Grad), 1746, 1781, 1782, 1793, 1802, 1807, (den 22. August 28 Grad) 1811, 1822, 1834 und 1842, wo man vom April bis Ende September einen einzigen Regentag, den 21. August, hatte, großer Wassermangel eintrat, und das Vieh aus Mangel an Futter (man benutzte das Laub von den Bäumen) geschlachtet werden mußte.

[121] Als Jahre der Theuerung finden sich folgende Jahre aufgezeichnet: 1362, wo in Zittau das Korn nach jetziger Rechnung auf 5 Thaler 10 Neugroschen zu stehen kam. 1380, 1407, wegen Sommerkälte, 1416, wo man zu Eicheln und Wurzeln seine Zuflucht nehmen mußte, 1434 wegen Nässe und des Hussitenkrieges, 1529 bis 1535, 1538, 1540 bis 1541, wo der Scheffel schlesisches Korn 2 Thaler 10 Groschen (ein damals sehr hoher Preis) galt; nach der Ernte fiel er auf 8 Groschen. Ebenso waren 1570 bis 1572, 1584 bis 1585, wo es in dem hiesigen Schöppenbuche mehrmals heißt: Der Besitzer „sei durch die Theuerung herabgekommen“, und 1593 bis 1600 hohe Kornpreise; in Bautzen wurde der Scheffel mit 3 Thaler 12 Groschen verkauft. Die Theuerung hatte viele Krankheiten und Sterbefälle zur Folge. 1616 und 1617 waren wieder theure Jahre wegen der Dürre zweier Sommer, wo große Noth herrschte, die Armen Kleienbrot, gekochte Nesseln, Gras, ja sogar klein geschnittenes Stroh zum Theil essen mußten und daher vielfach erkrankten. Eine gesegnete Ernte machte der Noth ein Ende. In den ersten Jahren des 30jährigen Krieges, 1620 bis 1622, stieg der Preis des Scheffels Korn in Folge des schlechten Geldes auf 20 Thaler (Ein Ducaten war 22 bis 24 schlechte Thaler werth). 1630 verursachte ein nasser Sommer Theuerung; wegen des immerwährenden Regenwetters konnte man das Getraide erst um Martini einbringen. Auch 1639, 1662, 1692, 1720 und 1745 kam der Scheffel Korn 5 bis 7 Thaler. Hoch kamen die Getraidepreise ferner im siebenjahrigen Kriege; 1762 z. B. 9½ Thaler. Schrecklich wurde die Noth 1770 bis 1772 auch in Berthelsdorf, trotz der bedeutenden Vorschüsse der hiesigen Ortsherrschaft. Zwei nasse Sommer hatten Mißernten zur Folge, das Getraide faulte von stetem Regen auf dem Felde, der Scheffel Korn stieg bis 10 Thaler, es mangelte am Verdienst, kniefällig baten die Armen, von denen Viele aus Hunger starben, um Brot; 66000 sollen damals aus Mangel an gesunden Nahrungsmitteln in Sachsen umgekommen sein. 1804 und 1805 entstand wieder Theuerung und obwohl diesmal die Getraidepreise gar auf 18 bis 20 Thaler stiegen, so wurde die Noth in Sachsen doch nicht so groß als 1772, weil Seiten der Regierung viel russisches Korn herbeigeschafft wurde und der Verdienst nicht so mangelte. Auch 1816 [122] war der Preis des Kornes, nach vier regnerigen Sommern, 8 Thaler und fiel 1817 auch nur auf 6 Thaler. Größer noch als in unserer Gegend war die Noth im Erzgebirge, wo förmliche Hungersnoth entstand, weshalb auch für die dortigen Armen am 9. Januar 1817 in Berthelsdorf eine Collecte, die 110 Thaler einbrachte, gesammelt wurde. Besonders festlich feierte man daher auch 1817 das Erntefest. Schon am 1. August hatte man eine Feier veranstaltet. Mit Musik zog man dem mit Blumen geschmückten ersten Getraidewagen, denen paarweise, ebenfalls im Blumenschmucke die sämmtlichen Hofearbeiter folgten, entgegen; beim Schlosse wurden die Lieder: „Sei Lob und Ehr“ etc. und „Nun danket alle Gott“ etc. gesungen. 1846 bis 1847 war das letzte Jahr der Theuerung, wo der Getraidepreis, vorzüglich durch die allgemein verbreitete Kartoffelfäule sich wieder auf 10 Thaler steigerte und große Noth herrschte; im Erzgebirge stieg sie wieder zu einer furchtbaren Höhe. Bei gänzlichem Mangel an Verdienst mußten Kinder und Erwachsene in Menge um Brot bitten. Dieser große Nothstand rief übrigens auch 1847 den pag. 90 erwähnten Armenunterstützungsverein hervor. Auch gegenwärtig, 1852, war der Kornpreis wieder 4 bis 5 Thaler.

Beispiele von wohlfeiler Zeit kamen z. B. 1395 vor, wo ein Scheffel Korn 3 Groschen (zu berücksichtigen ist hierbei, daß der damalige Geldwerth ein ganz anderer wie gegenwärtig war) Hafer 1 Groschen, auch 9 Pfennige galt. 1445 bekam man einen Scheffel Waizen für 12 Groschen, Hafer für 6 Groschen; ähnlich 1458, 1506, 1548, 1577. 1654 war der Preis des Scheffels Korn 1 Thaler, 1656 14 bis 16 Groschen. 1661 war in Berthelsdorf der Scheffel Waizen 1½ Thaler, Korn 30 Groschen, Gerste 1 Thaler, Hafer 14 Groschen, ein Viertel Bier 4 Thaler[100]. Auch 1706, 1722, 1734, 1754 war wohlfeile Zeit. 1756 war das Korn nur 1 Thaler 8 Groschen, 1825 2 Thaler und 1848 1 Thaler 20 bis 25 Neugroschen.

5. Ansteckende Krankheiten.

Wenn und wie die Pest, das Schrecken der früheren Jahrhunderte, die überall so furchtbar verheerend wüthete und manche Ortschaften fast entvölkerte, auch Berthelsdorf heimsuchte, darüber [123] fehlen alle näheren Nachrichten. Als gewiß ist jedenfalls anzunehmen, daß in den Jahren 1496, 1568 (im Löbauer Kirchspiel starben damals allein elfhundert Personen) 1583 bis 1584, 1599, 1625, 1680, wo die Pest in der ganzen Gegend – 1583 und 1599 auch im benachbarten Kemnitz[101] – wüthete und z. B. Strawalde fast ganz ausgestorben sein soll, auch Berthelsdorf nicht verschont geblieben sein wird. Der Sage nach sollen in der Nähe des Kirchbauergutes, sowie des damaligen Wiedemuthshauses und auch beim Oberhofe Pesthütten gestanden haben und die an der Pest Verstorbenen dort in großen Gruben beerdigt worden sein.

Von andern ansteckenden Krankheiten sind nur einige Ruhr- und Blatterepidemien anzuführen.

1781 starben dreiundvierzig und 1837 fünfundzwanzig Personen an der Ruhr. Von Blatternepidemien, die gewiß früher oft gewüthet haben werden, sind nur zwei bekannt: 1800, wo zweiundvierzig, und 1842, wo von zweihundert erkrankten Kindern dreizehn starben. 1831 und 1832, wo die Cholera sich in ähnlicher Weise, wie früher die Pest, verheerend fast über ganz Europa verbreitete, jedoch Sachsen verschont wurde, wurden auch in Berthelsdorf Vorkehrungen getroffen. Ebenso blieb auch 1850, wo diese gefährliche Krankheit im nahen Zittau und dessen Umgegend viele Opfer forderte, unser Ort verschont.

Erwähnung verdient noch eine Viehseuche, welche auf hiesigem Mittelhofe 1813 durch eine zur russischen Armee gehörige Viehheerde, welche zwei Tage dort verweilt hatte, im September zum Ausbruche kam. Der Hof wurde gesperrt, durch den damaligen österreichischen Platzcommandanten von Zittau mit Wache besetzt und dadurch weitere Verbreitung gehindert. Bis zum 7. November, wo die Absperrung aufhörte, erkrankten von dreiundachtzig Stück Rindvieh dreiundsiebzig, von denen einundfünfzig ein Opfer der Seuche wurden. Eine gleiche Gefahr drohte 1829, als im November im angrenzenden Ruppersdorf die Rindviehpest ausbrach. Vom 17. November 1829 bis zum 6. Januar 1830 wurden Tag und Nacht Wachtposten aufgestellt und obwohl dies bei dem damaligen strengen Winter für die [124] Hausbesitzer sehr beschwerlich war, so wurde doch dadurch glücklicherweise die drohende Gefahr beseitigt.

XIV. Unglücksfälle.

Am 10. December 1751 starb ein achtzehnjähriges Mädchen, Elisabeth Tschupke, nachdem sie von einem tollen Hunde gebissen worden war, an der Wasserscheu.

1752, den 21. Juni, wurde bei Aufrichtung des Brennereigebäudes der Zimmermeister, Hans Christoph Engler von Rennersdorf, von einem Balken erschlagen.

1758, den 2. August, ertrank der einundzwanzigjährige Dörner in einer Gerbergrube; er war mit der Epilepsie behaftet.

Am 16. Februar 1766 starb die Wittwe Marie Schönberner plötzlich in der Kirche während der Vormittagspredigt.

Am 22. April 1778, Nachmittags dreiviertel ein Uhr, wurde der vierjährige Sohn des Fleischers Johann Gottlieb Beyer in der Wohnstube vom Blitz erschlagen. Sein achtjähriger Bruder zeigte an der rechten Schulter Brandspuren, war aber nur betäubt.

1788, am 23. August, fand man Nachmittags in der fünften Stunde, in Abwesenheit der Eltern, das fünfjährige Mädchen des Häuslers und Brauknechts Gottlieb Hahn an der Stubenthürklinke erdrosselt. Sie hatte sich wahrscheinlich mittelst des um den Hals geschlungenen Tuches schwenken wollen.

Am 7. October 1788 stürzte die bei dem Gärtner Gottlieb Koch wohnende, schon bejahrte Christiane Schmidt in den Brunnen im Keller, der sich gleich unter der steilen Treppe befand, und ertrank.

Am 30. October 1789, Nachmittags in der vierten Stunde, stürzte der Gärtner Gottlieb Koch beim Bauer Wagner von der Leiter und war gleich todt.

1793, den 13. Juli, gegen ein Uhr, ertrank der zweieinhalbjährige Knabe des herrschaftlichen Jägers Witschel in der auf dem Mittelhofe befindlichen Cisterne.

1794, den 4. Januar, in der elften Stunde, wurde beim Holzfällen im herrschaftlichen Walde Gottlob Wünsche erschlagen.

Am 26. April 1797 ertrank das dreijährige Kind des Häuslers Johann Gottlieb Hahn.

[125] Am 30. October 1798 wurde in dem neben dem Oberhofe befindlichen Garten ein todter Mann, der Leinweber Löffler aus Obercunnersdorf, gefunden.

1805, den 5. Februar, starb das anderthalb Jahr alte Söhnlein des Musketiers Hahn an erlittenen Brandwunden.

1815, den 20. Juli, erstickte das zweieinhalbjährige Söhnlein des Gärtners Johann Gottlieb Gruner in einem beim Hause befindlichen Schlammloche.

Am 9. November 1819 ertrank der Häusler Johann Gottlieb Meißner in einem Wassergraben, in welchen er Abends beim Nachhausegehen gestürzt war.

Am 23. December 1821 stürzte der Gedingehäusler Johann Georg Tschupke, Abends in der achten Stunde, neben der Brücke beim Stockhause in die Bach, wo er erst am nächsten Morgen todt aufgefunden wurde.

1822, den 2. September, wurde die im hiesigen Gemeindehause wohnhafte Beate verw. Gärtner von einem tollen Hunde gebissen, in Folge dessen sie am 1. October starb, nachdem am 28. September bei ihr die Wasserscheu ausgebrochen war.

Am 24. November 1822 starb die Ehefrau des Fleischers Albert gleichfalls an der Wasserscheu. Sie war vor elf Wochen von demselben Hunde gebissen worden, ebenso ihr Sohn, bei dem jedoch die Wasserscheu nicht zum Ausbruche kam.

Am 16. September 1823 wurde der herrschaftliche Großknecht Heinze von einem Pferde so an den Unterleib geschlagen, daß er am 18. starb.

Am 15. Juli 1824 ertrank in einem Wasserbehälter des Häuslers und Zimmermanns Heinze anderthalbjähriges Kind.

1832, den 7. Mai, ertrank das einzige, dritthalbjährige Söhnlein des Fischhändlers Gottlieb Paul in Neuberthelsdorf im Fischhälter.

1833, den 29. Januar, stürzte der Tagelöhner Schluckner von einem Wagen und starb auf der Stelle.

1839, den 13. Juni, verunglückte der sechsundachtzig Jahr alte blinde Johannes Weber. Er war im Brüdersocietätshause, wo er wohnte, beim Wasserholen in den Brunnentrog gestürzt und ertrunken.

1839, den 2. October, in den Nachmittagsstunden, kam das [126] siebenjährige Schulmädchen, Johanne Friederike Trenkler, auf dem Felde einem Queckenfeuer zu nahe, die Kleider wurden von der Flamme ergriffen, das Feuer beim Laufen durch den verursachten Luftzug so angefacht, daß sie bald über und über in Flammen stand; ungeachtet der sorgfältigsten ärztlichen Hilfe starb sie unter unsäglichen Qualen den 4. October.

1841, den 29. Mai, starb der Stellmacher Johann Gottlieb Dutschke, nachdem er am 24. Mai in Herwigsdorf von einem Hausdache gestürzt war.

1841, den 19. Juni, verunglückte der Lohnkutscher Johann Gottlieb Wauer; er hatte beim Chausseebaue in Oberrennersdorf Steine gefahren, stürzte dabei vom Wagen und war auf der Stelle todt.

1845, den 25. Januar, starb der Windmühlenbesitzer Johann Karl August Winkler; er war am 23. vom Windmühlenflügel erfaßt und tödtlich am Kopfe verletzt worden.

1846, am 15. Mai, wurde der blinde Handarbeiter auf hiesigem Hofe, Johann Gottlieb Tschupke, bei der neuen Mühle in Oberrennersdorf ertrunken aufgefunden. Er war bereits seit dem 4. Mai, wo er Morgens zwei Uhr aus dem Oberrennersdorfer Kretscham fortgegangen war, vermißt worden; lange hatte man ihn vergeblich gesucht.

1846, den 2. September, Mittags, ertrank in der Dorfbach der zweiundsiebzigjährige Häusler Michael Richter; er litt an epileptischen Zufällen. Sein ältester Sohn war am 20. August 1846 beim Eisenbahnbau, im Steinbruche bei Herrnhut, durch einen herabfallenden Stein so verletzt worden, daß er denselben Tag starb.

1847, den 29. Juni, ertrank das dritthalbjährige Söhnlein des Häuslers und Schuhmachers Gruner im Niederdorfe.

1848, den 28. April, ertrank Nachmittags in einem Brunnen das vierjährige Söhnlein des Tagearbeiters Karl Richter.

1848, den 23. October, verunglückte der herrschaftliche, dreiundfünfzigjährige Forstaufseher[102] und frühere Gemeindevorstand Ernst Gottlob Herrmann. Als er beim Ueberschreiten eines [127] Grabens sein vorher abgelegtes Gewehr zu sich herüberziehen wollte und dasselbe bei der Mündung faßte, entlud es sich, der Schuß zerschmetterte ihm den Kopf, er war augenblicklich todt. Der Tod dieses allseitig geachteten Mannes erregte allgemeine Theilnahme; an der Stelle, wo dieses Unglück geschah, ist ihm ein einfacher Denkstein gesetzt worden.

1849, den 19. Juli, stürzte der Tagelöhner Trenkler von einem Scheunenbalken herab; er starb noch an demselben Tage.

1850, den 22. Juni, ertrank das dreijährige Söhnlein des Webers Zestermann in der Dorfbach.

1852, den 16. Mai, wurde der hiesige Windmühlenbesitzer Karl Gottfried Mäurich, gegen Morgen, in dem in Oberrennersdorf befindlichen Mühlgraben, todt aufgefunden. Der Verunglückte ist aller Wahrscheinlichkeit nach in der Nacht beim Nachhausegehen von der darüberführenden Brücke herab und in das Wasser gestürzt.

1852, in der Nacht vom 15. zum 16. September, gegen 12 Uhr, verunglückte auf hiesigem Mittelhofe der 76jährige Inwohner und Ziegeldecker Joseph Scheffel aus Klosterfreiheit bei Ostritz. Er stürzte vom Dachboden der Stallgebäude, wo er in Folge des Umdeckens derselben übernachtet hatte, durch die nur angelehnte Thüre so unglücklich aufs Pflaster des Hofes herab, daß er an den erlittenen Kopfverletzungen am 19. September starb.

XV. Verschiedenes.

1699 wird eines Berthelsdorfer Brunnens gedacht, der damals eine gewisse Berühmtheit gehabt haben muß. – In der französisch geschriebenen Lebensbeschreibung des Grafen Georg Ludwig von Zinzendorf[103] heißt es nämlich an der betreffenden Stelle:

„Le 18. nous fumes nous promener à la fontaine de Berthelsdorf si vantée et couvertée d’une maisonette en souvenir de la fontaine d’Isaac au pied de la montagne.“ (Den 18. gingen wir zu dem so gerühmten Berthelsdorfer [128] Brunnen spatzieren, der, am Fuße des Berges, zum Andenken an den Brunnen Isaacs, mit einem kleinen Häuschen bedeckt ist[104].

1744 am 8. Januar wurde im Niederdorfe ein Kind gefunden, welches in der Taufe den Namen Anna Elisabeth Auenstein bekam.

1747 den 4. November wurde auf hiesigem Schlosse Graf Heinrich XXVIII. Reuß-Ebersdorf mit Gräfin Agnes von Promnitz getraut.

1777 am 7. Mai wurde auf Berthelsdorfer Grund und Boden am Hengstberge, dem Denksteine gegenüber, im Busche ein ungefähr halbjähriges Kind gefunden. Man vermuthete, daß es von einem Bettelweibe, welches sich einige Tage im Eulkretscham aufgehalten hatte, ausgesetzt worden sei.

1786 beunruhigte eine Diebsbande Berthelsdorf und Umgegend. Den 3. September wurde in hiesiger Schulwohnung ein beträchtlicher Diebstahl verübt. Den 1. October fanden wieder vier Einbrüche statt, weshalb auch hier und auf den benachbarten Dörfern Nachtwachen angeordnet wurden.

1812 den 15. November, Abends gegen 6 Uhr, erleuchtete plötzlich eine große Feuermasse den nordwestlichen Horizont; nach dem Verschwinden derselben hörte man zwei Schläge wie Kanonendonner, dann dumpfes Rasseln in der Luft, wie das Rollen eines fernen Gewitters. Diese Erscheinung wurde übrigens auch in einem großen Theile Deutschlands beobachtet.

1816 den 13. Juni, Nachmittags ½2 Uhr, wie auch später am 11. September, bewegte sich ein großer Zug Heuschrecken über das Niederdorf.

Im Frühjahr 1821 wurde in Oberberthelsdorf zufällig auf dem Acker hinter dem Hause des Schankwirths Richter (in früherer Zeit das herrschaftliche Bleichhaus) ein unterirdischer Keller entdeckt, der wahrscheinlich aus einer sehr frühen Zeit herrührte, da sich seit zweihundert Jahren keine Spuren vorfinden, daß sich hier ein Gebäude befunden habe. Man fand noch die Thürschwelle, etwas Holz und einen irdenen Topf vor.

[129] Bei dem Cantonnement, welches vom 29. August bis zum 11. October 1825 in hiesiger Gegend abgehalten wurde, kamen nach Berthelsdorf vom 29. August bis 10. September die sechste, siebente und achte Compagnie vom Linieninfanterieregiment Prinz Anton, und an deren Stelle vom 10. September bis 11. October zwei Compagnien vom Leibregimente zu stehen. Das Hauptquartier des Prinzen Friedrich August war auf dem Niederruppersdorfer Schlosse. Der Hauptexerzierplatz auf den Feldern zwischen Ruppersdorf und Herrnhut.

1829, am 1. Januar, wurden dem Häusler und Weber Hänsch in Neuberthelsdorf vier todte Kinder geboren.

Beim Cantonnement, welches 1838 die Linieninfanteriebrigade Freiherr von Hausen, bestehend aus dem Leibregimente und dem ersten Linieninfanterieregimente Prinz Albert – vom 12. September an – und am 15. September das Gardereiterregiment und Artillerie ebenfalls in hiesiger Gegend bezogen, wurden in Berthelsdorf zweihundertzweiundvierzig Mann nebst sechsundsechzig Pferden einquartiert. Der Hauptexerzierplatz war auf den hiesigen Feldern in der Gegend der Windmühle. Ihre Majestäten der König und die Königin bewohnten das Niederruppersdorfer Schloß, wo sich abermals, wie beim vorerwähnten Cantonnement, das Hauptquartier befand. Das Cantonnement dauerte bis zum 11. October.

Eine Communalgarde, die sich 1848 auch in Berthelsdorf bildete, hatte ebenso, wie die in Herrnhut und anderen Orten der Umgegend, nur kurze Zeit Bestand.




[130]
XVI. Nachträge und Verbesserungen.

Zu Seite 6, Zeile 11: lies gleichlautend, statt gleichbedeutend.

Zu Seite 6. Schon 1398 kommt Berthelsdorf in einem Verzeichnisse (Laus. Monatsschrift, 8. St. pag. 69) derjenigen Ortschaften, welche nach der ehemaligen Ausübung der Obergerichte zu Görlitz zum dasigen Weichbilde gehört haben, unter dem Namen „Bertolsdorff super (Oberberthelsdorf) mit dem Beinamen Ungetreue“ vor. Wahrscheinlich bekam es 1398 diesen Beinamen, als es im genannten Jahre, vielleicht eines ähnlichen Aufstandes wegen, wie 1540 (pag. 14 und 15), vor das Rügengericht zu Görlitz gefordert wurde. – 1314 wird in demselben Verzeichnisse ein „alden Bertelsdorff“ aufgeführt; jedoch ist es ungewiß, ob unser Berthelsdorf damit gemeint ist. – 1264 und später (s. Käuffers Abr. d. Oberl., Bd. 1, pag. 180) kommt auch die jetzige Neißvorstadt in Görlitz unter dem Namen „Bettelsdorf“ und „Bertholsdorf“ vor.

Zu Seite 12. Nach Franzes Gesch. v. Schwerta, pag. 25, und einem zu Sumnytaun in Nordamerika 1830 über die Geschichte der Schwenkfelder erschienenen Buche, pag. 63, waren die aus Schlesien geflüchteten und in Görlitz, Volkersdorf, Schwerta, und vom Grafen Zinzendorf in Herrnhut – wo Christoph Hofmann, der sieben Jahre Deputirter der Schwenkfelder in Wien gewesen war, 1727, ehe die Schwenkfelder in demselben Jahre nach Berthelsdorf zogen, zum Aeltesten der Gemeine in Herrnhut gewählt wurde – und später in Berthelsdorf aufgenommenen Schwenkfelder von Ober- und Niederharpersdorf (bei Liegnitz) und Umgegend. Sie verließen ihre Heimath und ihre Besitzungen, weil sie, gedrängt durch die Jesuiten, durchaus zum Katholicismus übertreten sollten. Als sie auch in Sachsen nicht länger geduldet wurden, verließen sie, vierzig Familien stark, 1734, Ende April, Berthelsdorf und die übrigen Orte, wo sie Zuflucht gefunden hatten, und langten den 22. September in Philadelphia an. – Eine ausführliche Beschreibung dieser Reise findet sich in dem letztgenannten[WS 5] Buche pag. 462 bis 473.

Zu Seite 17 bis 19. Anna Helena Nitschmann geb. Anders, als erste Aeltestin Herrnhuts bekannt, wurde am 29. October 1701 allhier geboren, wo ihr Vater, Hans Anders, Besitzer einer Gartennahrung war. Schon in ihrer Jugend war sie leidend und kam um ein Auge. Nachdem sie 1722 nach damaligem Brauche ihre Dienstzeit auf dem herrschaftlichen Hofe angetreten hatte, verehelichte sie sich am 14. Mai 1726 mit dem Weber David Nitschmann, der im nächsten Jahre als Hausmeister in die Dienste des Grafen Zinzendorf trat und als solcher dessen treuer Begleiter auf vielen seiner Reisen war. Schon 1734, am 20. März, wurde sie ihrem Gemahl durch den Tod entrissen. – Nitschmann reiste 1738 als [131] Missionar nach Ceylon, wurde später Syndicus der Brüderunität und zum Coëpiscopus der Brüderkirche ordinirt. Nach dem Ableben des Grafen Zinzendorf war er bis 1769 Mitglied der Unitätsdirection, in welcher Eigenschaft er 1765 nach Nordamerika zur Visitation der dortigen Gemeinen reiste. Er entschlief erst am 28. März 1779 zu Zeyst als Archivar der Bruderunität.

Johann Friedrich von Göttlich, Sohn des damaligen Brauers Christian Friedrich Göttlich, wurde den 10. November 1803 geboren, besuchte von Ostern 1814 bis Michaelis 1818 das Gymnasium zu Zittau und widmete sich dann der Oeconomie. Nachdem sein Vater 1818 das Rittergut Niederstrawalde erkauft und sich, um im Besitze des Gutes gesichert zu sein, da nach damaligem Provinzialstatut jeder Adelige das Vorkaufs- oder Einstandssrecht geltend machen konnte, in den Adelsstand hatte erheben lassen, unterstützte er denselben in der Verwaltung des Gutes. Nach dem 1847 erfolgten Tode seines Vaters wurde er am 10. November 1848 Besitzer von Niederstrawalde; seinem Antheil an dem 1830 erkauften Dürrhennersdorf hingegen überließ er dem zeitherigen Mitbesitzer.

Heinrich Bernhard Plitt, Sohn des nachmaligen Mitgliedes der Unitätsdirection, Johannes Renatus Plitt, wurde am 28. Januar 1806 geboren, erhielt seine ärztliche Vorbildung in Jena und Berlin, von 1826 bis 1830, war seit 1834 königlicher Bezirksarzt in Tharand und starb am 19. Juli 1849 zu Herrnhut.

Friedrich Wilhelm Reichel, Sohn Samuel Christlieb Reichels, gegenwärtigen Mitgliedes der Unitätsdirection allhier, geboren den 6. October 1810, war Lehrer in Neuwied und Königsfeld, später Brüderpfleger und Mitprediger in Zeyst und zuletzt Vorsteher der Mission auf Antigua in Westindien, wo er 1843 am 7. Mai starb.

Heinrich Levin Reichel, Bruder des Vorerwähnten, geboren am 4. März 1813, war zuerst Lehrer in Neuwied und ist gegenwärtig Inspector des theologischen Seminariums zu Gnadenfeld.

Zu Seite 45, Zeile 22: lies Edmund, statt Eduard.



[132]



Gedruckt in der Hohlfeld’schen Offizin in Löbau.


[133]
Inhaltsübersicht.



Seite
I. Lage, Entstehung, Name 005
II. Beschaffenheit des Bodens, klimatische Einflüsse, Ernten 006
III. Theile des Dorfes, Größe 008
IV. Bewohner, Anzahl 011
Niederlassung der Schwenkfelder 012
Druck der Frohndienste, Aufstand 1540 014
Nahrungszweige 016
Von Berthelsdorf gebürtige Gelehrte, Künstler etc. 017
V. Ortsherrschaften.
1. bis 1581 020
2. von 1581 bis 1727.
2. a. Oberberthelsdorf 024
2. b. Mittelberthelsdorf (Hauptgut) 026
2. c. Niederberthelsdorf (Klixisches Gut) 036
3. von 1727 bis bis 1852 038
VI. Herrschaftliche und der Gemeinde gehörige Gebäude.
1. Herrschaftliche Gebäude.
1. a. der Mittelhof (Schloß- und Oeconomiegebäude, Brauerei, Brennerei und Unitätshäuser) 039
1. a. Lehngut 042
1. b. der Oberhof 043
1. c. Niederhof 044
1. Verzeichniß herrschaftlicher Beamten 045
2. der Gemeinde gehörige Gebäude.
2. a. Lehrerwohnung 046
2. b. Gemeindehaus 046
2. c. Spritzenhaus 046
VII. Kirche.
1. das Gebäude der Kirche 047
2. Thurm und Glocken 051
3. Der Kirchhof 054
4. die Pfarre 055
5. Pfarrer, seit 1459 055
6. Allgemein Kirchliches.
6. a. Kirchenvermögen 059
6. b. Pfarrwiedemuth 060
6. c. Auspfarrung Herrnhuts 061
6. d. Kirchenbücher und Gesangbuch 061
6. d. Fälle von Kirchenraub 062

[134]

1. a. der Mittelhof (Schloß- und Oeconomiegebäude, Brauerei, Brennerei und Unitätshäuser) Seite
VIII. Schule.
1. das Gebäude 062
2. das Schulwesen 063
3. Lehrer 065
4. Näh- und Spinnschule 068
IX. Privatgebäude.
1. der Kretscham 070
2. Mühlen.
2. a. Obermühle 071
2. b. Mittelmühle 071
2. c. Niedermühle 072
2. d. Windmühlen 072
3. Dürningersche Bleichen 073
4. Societätspflegerhaus 073
5. Verzeichniß der 1712 vorhandenen Grundstücke 074
X. Gemeindewesen.
1. Vergleiche von 1661 und 1663 080
2. commissarischer Receß von 1668 082
3. Receß von 1670 083
4. Receß von 1704 083
5. Dings- oder Rügengericht 084
6. Ablösungsrecesse: 1840, 1844, 1850 087
7. Steuern 088
8. Armenunterstützungsverein 090
9. Gemeinde- und Gerichtsverwaltung 090
9. Verzeichniß der Gerichtsdirectoren und Ortsrichter 091
XI. Feste 092
XII. Kriegsleiden.
1. Hussitenkrieg und dreißigjähriger Krieg 098
2. Schwedenkrieg 098
3. der zweite schlesische und der siebenjährige Krieg 099
4. Französische Kriege 108
XIII. Leiden der Bewohner durch
1. Brände 113
2. Ueberschwemmungen 115
3. Stürme, Erderschütterungen, Hagel 116
4. große Kälte, große Hitze, Theuerung 118
XIV. Unglücksfälle 124
XV. Verschiedenes 127
XVI. Nachträge 130



  1. Die Pließnitz, plisnicius fluvius, hatte schon in alter Zeit geschichtliche Bedeutung, sie bildete nämlich mit der Wittige die Gränze zwischen dem damals zu Böhmen gehörenden Zittauer Kreise und der Mark Görlitz und Budissin und ebenso auch die Gränze zwischen den Bißthümern Meißen und Prag. – Barthol. Scultetus nennt die Pließnitz auf seiner Karte der Oberlausitz, den Goldfluß.
  2. Carpzov’s Ehrent. I. 221.
  3. Es giebt viele gleichnamige Dörfer, z. B. Berthelsdorf bei Freiberg, bei Stolpen, bei Lauban, auch eins in Böhmen, wodurch übrigens die Nachforschungen in vielfacher Beziehung erschwert wurden.
  4. Aus demselben Grunde haben auch die Mehrzahl der vorkommenden Krankheiten einen rheumatischen Character.
  5. Nach Andrées topographisch-orographischer Charte v. Sachs. 1851.
  6. Daß das Nieder- oder Klixische Gut hier mit einem größern Flächeninhalte als das Obergut, welches doch früher einhalbmal größer war, angegeben ist, hat seinen Grund darin, weil, nach seiner Vereinigung mit dem Hauptgute, eingezogene Bauergüter, wie das Sohländer Pfarrgut, das Bleichbauer- oder Vettersche Gut etc., dazugeschlagen wurden. Im Ganzen gehören jetzt zum herrschaftl. Dominium 9½ eingezogene Bauergüter.
  7. Mitten in Berthelsdorfer Flur liegen übrigens drei Waldparzellen, zwei zu Niederstrawalde, 36 Acker 165 □Ruthen, und die dritte zu Niederrennersdorf, 17 Acker 264 □Ruthen enthaltend, gehörig. Jedenfalls gehörten diese Enclaven einst zu Berthelsdorf. Der Sage nach soll die eine als Pathengeschenk, die andere durch eine Wette von Berthelsdorf weggekommen sein. Die letztere war schon 1560 im Besitze Niederrennersdorfs.
  8. Pastor Rothe von Sohland am Rothstein kaufte es 1668 für 200 Thaler und 1692 verkauften es seine Erben wieder an die hiesige Herrschaft. Die dazu gehörigen Felder bezeichnet man jetzt noch mit dem Namen des Rothischen Gartens; seit 1815 wurden hier verschiedene Häuser erbaut.
  9. Da die Zahl der Bauergüter jetzt geringer wie früher ist, so hat sich auch theilweise der Viehbestand verringert. Den 31. März 1847 gab es hier nur 47 Pferde und außerdem 400 Stück Rindvieh, 713 Schafe, 11 Schweine und 155 Ziegen. Die Zahl der Bienenstöcke war 33.
  10. Obwohl nun zwar das 1722 auf Berthelsdorfer Grund und Boden angebaute Herrnhut in den ersten Jahrzehnten als Pertinenz Berthelsdorfs betrachtet wurde und auch bis 1758 zur dasigen Parochie gehörte, so muß doch hier davon abgesehen werden, indem die Gründung Herrnhuts mit dessen Geschichte besonders besprochen werden wird.
  11. Die Erbauer dieser acht Häuser waren: 1) Melchior Kriebel, jetzt dem Fabrikant Christ. Paul gehörig; 2) Balthasar Jäkel, jetzt weil. Gottlieb Anders; 3) Melchior Schulze, jetzt Gruner; 4) Caspar Kriebel, jetzt Uhrmacher Hänsch; 5) Melchior Wiegner, jetzt Aug. Müller, Maurer; 6) Georg Reinwald, jetzt Bahnitz; 7) Hans Wiegner, jetzt Tischler Heinr. Ernst; 8) David Schubert, jetzt Schuster.
  12. Eine nähere Angabe derselben findet sich unter X.
  13. Berzdorf auf dem Eigen wurde damals Niederberthelsdorf genannt.
  14. 1566 kamen auch Bauernaufstände in der Görlitzer und 1575 in der Löbauer Gegend vor. – Großer, pag. 202.
  15. In der ersten Angabe: „Mittwoch vor Palmarum.“
  16. Balzer oder Balthasar von Gersdorf, dem damals Berthelsdorf in Gemeinschaft mit seinen Brüdern, Christoph und Hans, gehörte, war nicht Besitzer von Hennersdorf, sondern dieser Zweig der Tauchritzer Linie derer von Gersdorf, führte nur der Unterscheidung wegen, wie später näher erörtert werden wird, den Beinamen Heynersdorf oder Hennersdorf.
  17. Vielleicht der damalige Ortsrichter, der 1540 den Namen Pfeifer führte.
  18. Das Wagnersche Bauergut ist schon in’s dritte Jahrhundert im Besitz dieser Familie.
  19. Die beiden, aus mehreren Zweigen bestehenden Familien, Beyer und Paul, stammen von den 1744 und 1745 von Herrnhut hierher gezogenen Fleischern Caspar Beyer (aus Schönbrunn in Schlesien) und Christ. Paul (aus Seifhennersdorf) ab.
  20. Otto’s Oberlaus. Gelehrtenlexikon, Bd. 3, pag. 111. Sie ist hier als Verfasserin zweier Lieder im Brüdergesangbuche angeführt.
  21. Supplemente zu Bd. 1 von Otto’s Oberlausitzer Gelehrten- und Künstlerlexikon, pag. 632.
  22. Carpzovs Ehrentempel, genealogische Tabellen.
  23. Das Original befindet sich nach Käuffers Oberl. Gesch. Th. 2, Hft. 2, im Stifte Joachimstein.
  24. Lexikon von Sachsen, Bd. 14, pag. 397.
  25. v. Mücke’s Gesch. d. Rittergutes Niederrennersdorf. pag. 13.
  26. Käuffer’s Oberl. Gesch., Bd. 3, pag. 199.
  27. Er scheint keine Leibeserben hinterlassen zu haben, wenn nicht etwa ein Caspar und Andreas von Gersdorf, die 1556 erwähnt werden und die unter Christophs Vormundschaft standen, Söhne von ihm waren. Jedenfalls müßten sie früh verstorben sein, da sie später nie mehr erwähnt werden.
  28. Carpzovs Anal. Fast. Zitt. II., pag. 261.
  29. Knothe’s Gesch. v. Hirschfelde, pag. 37.
  30. Nach Knothe’s Gesch. v. Hirschfelde pag. 36 befand sich dieses kalte Vorwerk bei Drausendorf; ein Theil davon gehörte den Cölestinermönchen auf dem Oybin.
  31. Käuffer’s Gesch. d. Oberl., Bd. 4, pag. 10.
  32. In dieser Zeit, 1576, wird auch eine Ursula v. Gersdorf als Käuferin einer halben Hufe Land, und ein Krieg v. Gersdorf, 1580 und 1581, als Käufer zweier Bauergüter, im Berthelsdorfer Schöppenbuche erwähnt.
  33. Ueberhaupt ist die nächste Geschichte Berthelsdorfs, da das Schöppenbuch I. nur bis 1590 geht, Schöppenbuch II. erst 1660 anfängt und auch andere reichhaltigere Quellen fehlen, lückenhaft.
  34. Er behielt noch Heuscheune. 1642 den 25. März wurden in Folge der Gersdorfschen Gesammtbelehnung, er und die Gebrüder Valentin Nic. und Rudolph v. Gersdorf auf Lippitsch und Döbschka (Söhne Hans v. Gersdorf), als der Enkel Caspars, des vierten Bruders, Hans Jacob, ohne männliche Lehnserben gestorben war, mit Burkersdorf und Niederrennersdorf beliehen.
  35. Von zwanzig lagen, als er das Gut übernahm, fünfzehn wüste. Bewohnt waren damals nur fünf Bauergüter, vierzehn Gärten und drei Häuser.
  36. Zum Theil nach Seiferts handschriftlicher Ortsgesch. v. Kemnitz.
  37. Großer’s Laus. Merkw. I. pag. 274.
  38. Peschecks Gesch. v. Zittau, II. pag. 593.
  39. Großer’s Merkwürdigk. d. Lausitz, I. pag. 278.
  40. Pescheks Gesch. v. Zittau, pag. 596.
  41. Seifert’s Gesch. v. Kemnitz.
  42. Otto’s Oberlaus. Gelehrtenlexikon, Bd. 1, Abth. 2, pag. 462.
  43. v. Mücke’s Gesch. v. Niederrennersdorf, pag. 12.
  44. Er ist schon bei Oberberthelsdorf erwähnt und war wahrscheinlich ein Sohn Heinrichs von Gersdorf.
  45. Da das neu gegründete Herrnhut mit Berthelsdorf gleiche Besitzer hatte, so soll hier nur eine kurze Angabe der Ortsherrschaften stattfinden. Eine ausführlichere Angabe, wie auch Zinzendorfs Biographie, wird in der Ortsgeschichte Herrnhuts enthalten sein.
  46. Vergl. pag. 18.
  47. Der schon erwähnte Verwalter und Hausmeister Zinzendorfs, Heiz, spricht in einem Briefe die Hoffnung aus: „das sehr wohlfeil gekaufte aber sehr vernachlässigte Gut in wenig Jahren auf den doppelten Werth zu bringen.“
  48. Pescheck’s Gesch. v. Zittau, Bd. 2, pag. 27.
  49. Bei Aufrichtung desselben, den 21. Juni, wurde der Zimmermeister Hans Christoph Engler von Rennersdorf von einem Balken erschlagen.
  50. Cürie ist Verfasser des bekannten botanischen Buches: „Anleitung, die wild wachsenden Pflanzen auf eine leichte und sichere Weise zu bestimmen,“ eines Buches, welches die Erkenntniß der Pflanzen auf eine sehr sinnreiche Art erleichtert und auch der Jugend angenehm macht.
  51. Vergl. pag. 23.
  52. Auf der Anhöhe nach Rennersdorf zu scheint das Herrenhaus gestanden zu haben; Spuren von einem Wallgraben finden sich noch vor.
  53. Bis zu seiner Verheirathung mit Fräulein Johanne Sophie von Zeschwitz, 1724 den 30. October, bewohnte der Freiherr Friedrich von Wattewille die obern Gemächer.
  54. Schöppenbuch II. pag. 93, des Jägers Kolberg Instruction von 1660.
  55. Von ihm stammt die jetzt hier vielverzweigte Familie Lorenz ab.
  56. Er mußte der Religion halber aus Böhmen fliehen.
  57. Pastor Leupold in der Oberl. Kirchengallerie, pag. 59, wie auch Plitt in seiner noch ungedruckten Brüdergeschichte führen die hiesige Kirche als unter die Diöces Reichenbach gehörig an. Aber das Berthelsdorf, welches zur Diöces Reichenbach gehörte, muß jedenfalls Bertsdorf a. d. Eigen, welches damals ebenfalls den Namen Berthelsdorf führte, sein. Die geographische Lage, wie auch die Reihenfolge der Aufführung, sprechen dafür. Müller sagt in seiner Oberlaus. Reformationsgesch., pag. 16: „Der Erzpriester zu Reichenbach war Vorgesetzter der Kirchen zu Reichenbach, Markersdorf, Gersdorf, Friedersdorf, Berthelsdorf, Schönau, Bernsdorf oder Bernstadt, Dietersbach etc.“ Da demnach der ganze Eigensche Kreis unter Reichenbach gehörte, so wäre es doch eigenthümlich gewesen, wenn gerade der von Löbau entfernteste Ort eine Ausnahme gemacht und unter den Löbauer Sprengel gehört hätte.
  58. Nach der 1346 festgesetzten Matrikel gab die Kirche zu Löbau mit den Filialen zu
    Kottmarsdorf und Lawalde 20½ Mark.
    Kittlitz 15½
    Herrmannsdorf 0
    Berthelsdorf 04½
    Strawalde 0
    Ebersbach 0
    Georgiswalde 01½
    Spremberg 08½
    Oppach 04½
    Schönbach 01½
    Hennersdorf 02½
    Summa 62½ Mark.
  59. 1727, also schon nach Erweiterung der Kirche.
  60. Von Dr. Rothe in Görlitz erborgte die Kirche zu diesem Bau 500 Thlr.
  61. Die Kosten betrugen ziemlich 100 Thlr.
  62. Durch den hiesigen Bildhauer Ernst Paul.
  63. Er leistete auch außerdem als Maler und Mathematiker, ohne weitere Vorbildung empfangen zu haben, nicht Gewöhnliches.
  64. Bei Abnehmung des Knopfes zeigten sich noch die Spuren, welche die Kugel eines preußischen Jägers (1757 im siebenjährigen Kriege), der den Thurmknopf als Zielscheibe benutzte, hinterlassen hatte.
  65. Die Umschrift findet sich in „Schulze’s Sammlung der oberl., schles., sächs. und böhm. Alterthümer und Denkmäler.“ Bd. 2. pag. 51. – Durch die Güte des Bibliothekars der Oberl. Gesellschaft d. Wissenschaften, welche jetzt dieses aus zwei Foliobänden bestehende Manuscript besitzt, wurde mir diese Umschrift in Abschrift mitgetheilt.
  66. Oberl. Kirchengallerie, pag. 61.
  67. Queck, ein altdeutsches Wort, das Vieh bedeutet: also ein Brunnen, wo das Vieh getränkt wurde. Auch könnte man es wohl von Queck: „lebendig“ ableiten, welche Bedeutung es z. B. in dem Worte Quecksilber hat. In Bunzlau und Dresden giebt es ebenfalls Brunnen, die diesen Namen führen.
  68. Müller’s Oberl. Reformationsgesch. pag. 603.
  69. Sein Grabstein befindet sich an der südlichen Seite der Kirche.
  70. Diese Nachrichten über die Pfarrer in Berthelsdorf sind zum Theil „Seiferts Beitrag zur Oberl. Presbyterologie“ entnommen.
  71. Vor der Anlegung des Herrnhuter Gottesackers, 1730, wurden die in Herrnhut Verstorbenen, im Ganzen 63 Personen, auf den Berthelsdorfer Kirchhof begraben. Der Berthelsdorfer Pfarrer ging dem Leichenzuge mit der Schule bis zum alten Brauhause entgegen, während derselbe von den Herrnhuter Kindern, jedoch „ohne Kreuz und dergleichen Ceremonien“ bis dahin begleitet wurde.
  72. Zinzendorfs Lebenslauf v. Berbeek, pag. 160.
  73. In diesem 1755 gebauten Hause befand sich schon 1766 bis 1776, in welcher Zeit es die hiesige Brüdersocietät besaß, eine Erziehungsanstalt für Kinder.
  74. Eine Görlitzer Mark = 18 Gr. 8 Pf. oder 23 Ngr. 3 Pf.
  75. Gegen eine von der Herrschaft gezahlte Entschädigung von 300 Thlr. wurde das Recht des Branntweinbrennens abgetreten.
  76. Dieser mit Hagelwetter verbundene Sturm richtete auch außerdem an Feldfrüchten, Häusern, Bäumen und durch Verschlämmen der Wiesen, in Folge der Wasserfluth, großen Schaden an.
  77. Diese Tabelle ist nach den Schöppenbüchern, einem Verzeichniß des Pastors Horn von 1712 und nach einer Karte von Berthelsdorf von 1717 zusammengestellt.
  78. Biernachguß, zum Trunk oder zum Einbrocken, auf vier Personen eine Groschenkanne gerechnet.
  79. Wahrscheinlich in Folge des Aufruhrs von 1540. S. Cap. IV.
  80. Das Versprechen geben, sich nicht rächen zu wollen.
  81. Nach Carpzovs Schauplatz Th. 4. pag. 134 ist diese Steuer 1567 oder 1568 aufgekommen.
  82. 1536 war die Ordnung der Berthelsdorfer Gerichtsschöppenbank folgende: Nickel Lieske, Richter. Matthäus Rümpler, Martin Schneider, Blasius Eichler, Hans Bernhard und Stephan Liebiger, Gerichtsschöppen.
  83. Obschon die Oberlausitzer Ritterschaft zugleich mit den Sechsstädten die Obergerichtsbarkeit in dem Privilegium vom 12. März 1562 erhielt, so finden sich doch durchaus keine Spuren, daß in Berthelsdorf vor 1666 Gerichtsdirectoren amtirt hätten.
  84. Da in Kurzem Herrnhut der Sitz eines königlichen Gerichts werden wird, so wird jedenfalls Berthelsdorf jenem Gerichtsbezirke einverleibt werden.
  85. Von einer Feier des ersten Jubelfestes, 1617, finden sich in der Lausitz nirgends Spuren; wahrscheinlich weil dieselbe damals noch zu Böhmen gehörte.
  86. Sie hatte nur einige Jahre Bestand.
  87. Nach den Acten des Gerichtsarchivs und einem Manuscripte, welches die Herrnhut betreffenden Kriegsereignisse zur Zeit des siebenjährigen Krieges enthält, und dessen Nachrichten den Tagebüchern des Grafen Ignatius Reuß XXXI., des Barons Erich von Ranzau und Johann Nitschmanns entnommen sind, das mir durch die Güte des Herrn Gemuseus in Herrnhut zur Benutzung mitgetheilt wurde, zusammengestellt.
  88. Er lautete wörtlich folgendermaßen: „Sr. Königl. Majestät in Preußen, unser allergnädigster Herr, lassen hiermit Jedermänniglich von Dero Armee, auch allen Personen, welche nur auf einige Weise dazu gehören, anbefehlen: Auf denen Freyherrlichen von Wattewillischen Gütern Berthelsdorf und Herrnhut sammt allen deren Pertinentien, nicht das allergeringste von Meubles, Geräthschaften und Inventarienstücken, auch allen anderen Effecten, wie sie Namen haben, wegzunehmen, noch an denen daselbst wohnenden Evangelischen Brüdergemeinden und Unterthanen, oder an deren Anstalten einige Excesse oder Gewaltthätigkeit auszuüben; Wie denn auch keine von der Königl. Armee marschirende Detachements oder Commandos an gedachten beiden Orten Quartier nehmen sollen, in Betracht solches aus Mangel des Platzes, und ohne denen daselbst der Kinder Erziehung und anderer Personen wegen angelegten Anstalten zu nahe zu treten, nicht geschehen kann. Ferner wollen Allerhöchstgedachte Seine Königl. Majestät, daß Niemand von denen zu Berthelsdorf und Herrnhut wohnenden Evangelischen Brüdergemeinden, unter was für Vorwand es immer sey, mit Gewalt weder von Dero Armee, noch von denen Landständen zu Kriegsdiensten weggenommen, oder zur Recrutirung gezogen werden soll. Allerhöchst gedachte Seine Königl. Majestät, haben gegen diejenigen, welche diese Dero Intention übertreten, eine scharfe Ahndung zu thun sich vorbehalten. – Gegeben zu Dresden, den 5. Februarii 1757.
    Sr. Königl. Majestät in Preußen bestallter Generalmajor bei der Infanterie, Commandeur des Bataillons Grenadier-Garde, und Intendant der Armee
    von Retzow.“
  89. Diese ganze Zeit über bis zum Abmarsch der Truppen, den 18. April, war auf dem Hutberge ein Wachtposten ausgestellt.
  90. Am 30. October 1758 starb allhier an seinen Wunden der preußische Fahnenjunker von Holzhausen; er ward den 1. November auf hiesigem Kirchhofe begraben.
  91. Zum Theil einem Berichte des Inspectors Rösch über die Herrnhut betreffenden Kriegsumstände des Jahres 1813, entnommen.
  92. 1824 wurde man lebhaft an jene Zeit, wo die Russen hier ihr Lager hatten, erinnert, als man am Morgen des 3. August auf dem Acker neben der Allee eine kesselartige Vertiefung ausgegraben sah. An den Wurzeln der nahestehenden Linde entdeckte man noch die Spuren alter Beschädigungen. Vermuthlich hatte man in dieser Nacht, damals – 1813 – vergrabenes Geld oder andere Kostbarkeiten abgeholt. In derselben Nacht soll auch bei der nicht weit davon befindlichen Ziegelscheune ein Wagen mit Leuten gehalten haben.
  93. Um 1740 schon ging diese Schmiede, als sie von einem Blitzstrahle getroffen wurde, in Flammen auf.
  94. Oberl. Kirchengallerie, pag. 212.
  95. Peschecks Gesch. v. Zittau, Th. 2, pag. 446.
  96. Käuffers Abr., Th. 4, pag. 83.
  97. Im nahen Rennersdorf wurden an diesem Tage sechshundertsiebenunddreißig Scheffel Aussaat so niedergeschlagen, als wenn eine Walze darüber gegangen wäre.
  98. Zum Theil Dr. Peschecks Geschichte v. Zittau, den Löbauer Merkwürdigkeiten und Dr. Müllers fünfhundertjähriger Witterungsgeschichte entnommen.
  99. Wörtlich: „1485 den 17. März hat die Sonne so heiß geschienen, daß man vor Klarheit und Glanz derselben weder in Stuben noch Häusern hat bleiben können, sondern sich in Keller hat verstecken müssen, worauf viel Böses erfolgt ist.“
  100. Kirchthurmknopfsnachrichten.
  101. Oberl. Kirchengallerie, pag. 204.
  102. Er hatte die Aufsicht über den erst 1848 von der hiesigen Herrschaft für 30,000 Thaler gekauften Kemnitzer Wald.
  103. Der Vater des Grafen Nicolaus Ludwig von Zinzendorf; er verweilte seit dem 14. August 1699 in Großhennersdorf und Berthelsdorf, den Gütern seines Schwiegervaters.
  104. Am Rande ist von anderer Hand bemerkt: „Vermuthlich wo nachher Herrnhut gebaut worden?“ Da jedoch erweislich an der Stelle, wo 1722 Herrnhut gegründet wurde, kein Brunnen vorhanden war, so kann hier wohl nur, wenn überhaupt von jenem Brunnen sich noch Spuren vorfinden sollten, der noch jetzt vorhandene Brunnen am Heinrichsberge gemeint sein.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Christan
  2. Vorlage: Innnern
  3. Vorlage: oplnische
  4. Vorlage: berüchttgte
  5. Vorlage: letztgegenannten