Griechische Bauerfrauen

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Griechische Bauerfrauen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 379–380
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[379] Griechische Bauerfrauen. Ein Franzose, der sich während des orientalischen Krieges viel in Griechenland herumtrieb, schildert eine Bauerfrau unweit Athen so: Im Vordergründe einer kahlen Gebirgsgegend bemerkten wir eine junge Frau, groß, herrlich gewachsen und von eben so graziöser, als majestätischer Haltung. Ihre blauen Augen blickten auf uns mit ruhiger Neugier, eben so ruhig und vague, wie die Augen der alten Statuen, die seit 20 Jahrhunderten auf das tumultuarische Leben um sie herschauen, ohne ihre göttliche Ruhe und jugendliche Schönheit zu verlieren. Ihr Gesicht, ein feines Oval, schien in der glänzenden Blässe des Marmor reiner, ruhiger in Linien und Formen, als die Velleda von Maindron. Zwei lange Locken wallten kunstlos an ihren Wangen herab und machten das ovale Gesicht noch länger und träumerischer. Hände und Füße, ganz nackend, waren durch so delicate Gelenke gegliedert, daß die feinste, schönste Herzogin sie beneiden würde. Ihre Taille, ungefesselt durch Schnürleib, zeigte eben so subtile Grazie als frische, quellende Kraft. Das ganze Wesen war die herrlichste Blume der Schönheit, die durch die reichste Kleidung nur verloren haben würde. Zwar fehlte es auch ihr nicht an reichem äußerlichen Schmuck, aber wie wundervoll war er zu Gestalt und Teint berechnet. Die Kostüme in Griechenland sind ein endloses Gemisch aller Zeiten und Zonen. Nur die baumwollenen Unter- und Hosenröcke der Männer können als neugriechisch-charakteristisch gelten. Die Verschiedenheit und Kaprice der Gewandung ist aber nirgend größer, als bei griechischen Frauen und Mädchen. Mit allem berühmten Schönheits-, Farben- und Formensinn kleidet sich jede Griechin genau so, wie es ihrer Gestalt, Form, Farbe und Individualität am geschmackvollsten paßt. Jede ist eine Künstlerin mit einem Meisterstücke in ihrer Kleidung. Die junge Frau hatte über ihren lieblichen Kopf ein roth-gelbes seidenes Tuch gezogen, dessen Zipfel nachlässig, aber malerisch auf die Schultern herabhingen. Das lange, weiße Hemde, welches unter den Kleidern hervor noch die halben Waden bedeckte, war mit rothen und schwarzen schmalen Bändern bestickt, um [380] Hals und Aermel wie die Muster einer etruskischen Vase. Ein kurzer Rock mit langen, schmalen Streifen deckte Hüften, Oberkörper und Busen, ohne letztern einzuzwängen. Eine schwarze Schärpe schlang sich um die Taille. Schürze und ein längeres Unterkleid waren lustig und heiter gestickt. Haar, Hände und Hals glänzten im Schimmer kleiner Geldmünzen, Ringe und Perlen. Unter dem Busen trug sie zwei kleine, silberne Platten, wie Schilder mit eingetriebenen Figuren, alte Erbstücke. Ihr Mann, etwa 5 Jahre älter. d. h. 23, erschien schlank ohne dünn zu sein, groß ohne übermäßige Länge, mit dem feinsten Profil, beinahe knabenartig, obwohl mit einigem Flaum auf den Oberlippen. Auch er würde schön gewesen sein, wäre nicht das lange, schwarze Haar gar zu banditenmäßig auf den Schultern herumgeschlagen. Er trug eine Jacke und Fustanella, Sandalen, wollene Gamaschen, statt der prosaischen Strümpfe, eine Schärpe, von seiner Frau hübsch gestickt, einen Taillengürtel und einen Dolch mit Horngriff darin, eine unschuldige Volksbewaffnung, wie sie trotz aller Unfreiheit noch unangetastet geblieben, die nur gefährlich wird, wenn Räuber, die in Griechenland sehr Mode sind, sich gar zu unanständig aufdrängen. – Die Schönheit Griechenlands ist noch nicht gestorben, aber ihr Leben zwischen den Intriguen der europäischen Diplomatie und ihrem eigenen Schofer bedarf anderer Pflege, um zu gedeihen.