Jugendleben und Wanderbilder/Band 2 Ueber Gerhard von Kügelgen und Friedrich, in Dresden

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
<<< Band 2 Ueber Gerhard von Kügelgen und Friedrich, in Dresden >>>
{{{UNTERTITEL}}}
aus: Jugendleben und Wanderbilder
Seite: {{{SEITE}}}
von: Johanna Schopenhauer
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Anmerkung: {{{ANMERKUNG}}}
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|250px]]
[[w:{{{WIKIPEDIA}}}|Artikel in der Wikipedia]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wikisource-Indexseite
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[271]
Ueber
Gerhard von Kügelgen und Friedrich,
in Dresden.
(Zwei Briefe, geschrieben 1810.)
Gerhard v. Kügelgen.

Es ist mir ein zugleich rührender und erhebender Anblick, in der Werktstätte ausgezeichneter Künstler zu sehen, wie sie ohne große Aufforderung und Belohnung von Außen, mit stillem, freudigem Sinne weiter strebend, in der Uebung ihrer Schöpferkraft beseligt, alle glänzenden Erdengüter leicht entbehren, ja sie nicht einmal vermissen, und den Raum um sich her mit schönen Gebilden erfüllen, die vielleicht eine dankbare Nachwelt erst dann zu würdigen wissen wird, wenn der Geist, der sie schuf, längst sich zu einer noch höheren Bestimmung aufgeschwungen hat.

Der echte Künstler scheint mir der echte Mensch zu sein, deshalb suche ich gern den Umgang mit Künstlern, [272] um mich an ihrem Geiste im Leben sowohl, als in ihren Werken zu erfreuen. Seit ich in Dresden bin, ist mir diese Freude oft geworden, und um ihnen zu zeigen, daß ich dennoch dabei meiner entfernten Freunde nicht vergesse, will ich mein Versprechen lösen und mit Ihnen, mein Freund, theilen, so gut es gehen will. Zuerst führe ich Sie zu Gerhard von Kügelgen. Vergessen Sie es aber nicht, nur was ich sah und wie ich es sah, vermag ich zu erzählen, auf eigentliche Kunsturtheile, aufgestutzt mit technischen Ausdrücken, kann ich mich nicht einlassen. Ueberdies glaube ich, der schöne Zweck der heiligen Kunst sei nicht, eigentliche Kunstrichter zu befriedigen, sondern vielmehr stille einfache Gemüther zu beseligen, die sich ohne Krittelei ihrem Zauber hingeben.

Die Mythe vom Apoll und Hyazinth ist allbekannt. Der Gott des Tages stieg aus Liebe zu einem schönen Hirtenknaben oft zur Erde und ergötzte sich mit ihm in mancherlei Spielen. Eines Tages warf er die Wurfscheibe hoch, sehr hoch. Wie Kinder thun, sprang der Knabe zum Orte, wo die Scheibe zur Erde fallen mußte, um sie seinem göttlichen Freunde vielleicht zu einem noch höheren Wurfe wieder zu bringen; er langte in dem Momente an, wie sie mit einer Heftigkeit fiel, die sie wieder von der [273] harten Erde aufschlagen machte. Sie traf die zarte Schläfe des schönen Hyazinth. Der Gott eilt hinzu, nimmt den blutenden Knaben auf den Schooß, wie um Hülfe flehend umschlingt dieser seinen Hals mit den Armen, die im nämlichen Augenblicke im Tode erstarrend wieder niedersinken.

Diesen Moment wählte der Künstler zu seiner Darstellung. Das Gemälde ist fast über Lebensgröße gehalten. Selten wird schon ein Werk von diesem Umfange in unsern beengten Zeiten hervorgebracht. Ohne alle Bekleidung, die zierlichen Sandalen ausgenommen, sitzt Apoll auf seinem ihm eben von der Schulter sinkenden Purpurmantel. Das goldene, schön geordnete Haar, der glänzende Köcher auf dem Rücken bezeichnen den Gott des Tages. In vorgebeugter forschender Stellung hält er den zwischen seinen Knieen sterbend hinsinkenden Knaben mit den Armen umschlungen. Den Kopf des Gottes sieht man im Profil, aber wie beschreibe ich Ihnen dies schöne Gesicht und seinen Ausdruck, dieses ernste, an Angst grenzende Forschen nach Leben, nach möglicher Rettung, dies innere Zürnen über das auch von den Göttern nicht abzuwendende Geschick? Er muß den schönen Liebling hülflos untergehen sehen, er vermag es nicht, ihn zu sich in den Olymp zu erheben. [274] Nur das Andenken des geliebten, zu schnell entfliehenden Lebens zu verewigen, ist seiner Macht vergönnt, er läßt aus dem Bluthe Hyazinths eine Blume aufblühen, die dessen Namen trägt, und ihm ähnlich ist an Reiz und Reinheit.

Der eben an das Jünglingsalter gränzende Hyazinth ist eine der lieblichsten und rührendsten Gestalten. Des Todes Blässe raubt ihm keinen Reiz; wie eine vom Sturm zerknickte weiße Rosenknospe liegt er bewegungslos mit hinsinkendem Haupte in den Armen seines hohen Freundes; der Arm, mit dem er eben seinen Hals umschlang, gleitet kraftlos hinab, die sterbende Lippe, das brechende Auge scheinen noch ein Lächeln versuchen zu wollen. Blut quillt unter den hellbräunlichen Locken, die das holde Gesicht umschatten, Blut befleckt den zur Seite liegenden Diskus, und zu seinen Füßen blüht die weiße Hyazinthe ebenfalls aus einigen Blutstropfen auf. So ist die ganze rührend schöne Mythe auf das Deutlichste bezeichnet. Auch der Knabe ist ohne alle Bekleidung dargestellt, sehr schön; der Kontrast der reizend jugendlichen Formen mit der hohen Göttergestalt, und das Kolorit, bezeichnen den Unterschied Beider auf das Treffendste. In den Adern des Gottes scheint himmlisches Feuer, nicht sterbliches [275] Blut zu wallen, durch die zarte durchsichtige Haut des Knaben glaubt man zu sehen, wie der purpurne Strom des Lebens unaufhaltsam dahin fließt.

Dies Gemälde drückt ganz den Geist des Heidenthums aus. Hier ist Alles für den gegenwärtigen Augenblick berechnet, selbst der Gott vermag nicht darüber hinaus zu gehen. Ueber das unbestimmte Dunkle hin schwindet das scheidende Leben, keine Hoffnung höherer Art dämmert dem brechenden Blick; und selbst der mächtige Gott der Arzneikunst und der Sonne vermag nicht, dem gebietenden Schicksal zu widerstreben. Aber wie genußreich war auch jene Gegenwart! jenes Leben, in welchem Götter und Sterbliche durch das Band hoher Schönheit vereint, gemeinsam sich der Gunst des Augenblicks erfreuten.

Wie weht dagegen der milde Geist des Christenthums in der dicht daneben aufgestellten Verkündigung unsers Künstlers!

Auf den Stufen des einfachen, seitwärts von einer Palme, dem Sinnbilde des Friedens, beschatteten Hause, knieet, in Demuth vor dem himmlischen Boten hingesunken, Maria. Aus seinem Munde hört die eben hold aufblühende Jungfrau den Willen des Herrn; er hat sie zur gebenedeitesten unter den Weibern, zur Mutter eines Königs erkoren, dessen Reich [276] nie enden wird, und sie antwortet in stiller Ergebung: »ich bin die Magd des Herrn, sein Wille geschehe.«

Es ist Morgen; früh war sie hinausgegangen ihre Blumen zu pflegen, unter denen sie jetzt knieet, die lieblichste von allen. Das holde rosige Gesicht mit dem reinsten Ausdruck der Andacht und Ergebung, demüthig zur Erde blickend, das Jugendliche, Jungfräuliche, Graziose der Gestalt sowohl als der Stellung, die schöne Beugung des Nackens sind nur für’s Anschauen, nicht für die Beschreibung. Man sieht das Köpfchen im Profil, schön ist das bräunliche Haar geflochten und geordnet, über dem glänzend rothen Gewande trägt sie einen weit hinter ihr sich ausbreitenden hellblauen Mantel, die Falten der Draperie schmiegen sich sanft an die schöne Gestalt, das Ganze drückt die höchste Anständigkeit und Einfachheit aus. Seitwärts um sie her stehen die Blumen, zuerst die deutungsvolle Passionsblume, mehr zur Seite der Rosenstock, das Bild des Lebens, mit seinen Dornen und Blüthen. Vor den Stufen des Hauses, der Jungfrau gegenüber, schwebt der Engel über der Erde. Veilchen und duftende Kräuter sprießen unter seinen Füßen; ein langes, glänzend gelbes Gewand, mit weiten Aermeln bedeckt ihn bis auf die Füße hinab, leicht schwebt sein blondes Haar, mächtige, [277] röthlich azurne Schwingen ruhen auf seinem Rücken, er schwebt ohne ihre Hülfe, durch seine ätherische Natur allein. In der linken Hand hält er den Lilienstengel, das Bild der höchsten Reinheit, mit der Rechten deutet er auf eine himmlische Erscheinung im Hintergrunde, die da verkündet, daß die ewige Liebe herabsteigen will von ihrem Throne, um durch den Tod eine in Jammer verlorene Welt zu erlösen, und so die Worte des göttlichen Boten bestätigt und erläutert. Auf dem uns ebenfalls nur im Profil sichtbaren Gesichte des Engels strahlt hohe Schönheit, milder Ernst und die Würde seiner himmlischen Sendung. Dichte Nebelwolken erfüllen den ganzen Hintergrund des Gemäldes; sie senken sich bis zu den Blumen herab. Ein Strahl von oben trennt sie in der Mitte; aus den hellen Himmelsräumen tritt die Erscheinung des Herrn der Welt in der Gestalt eines königlichen Kindes hervor, hellere Lichtstreifen bilden hinter ihm ein Kreuz, über seinem Haupte schwebt die goldene Königskrone aus Dornen gebildet, mit seiner Rechten drückt es den Erdball oder den Reichsapfel an sein Herz; in der linken hält es den Königsstab, auf dessen Spitze der Stern strahlt, der später bei seiner Geburt den Weisen zum Wegweiser [278] diente, liebevoll blickt es hinaus in die Welt, der es nun bald das hohe Opfer bringen soll.

Die ganze Erscheinung ist wie in Dämmerung hinter einem ins Violette spielenden Nebel gehalten. Die Gestalten sind in halber Lebensgröße. Das Ganze macht einen höchst einfachen, frommen kirchlichen Eindruck. Bei aller der technischen Vollendung, die Gerhard von Kügelgen seinen Gemälden zu geben gewohnt ist, nähert es sich in der Darstellungsweise der hohen Einfalt der alten deutschen Meister, und spricht wie sie gerade zum Herzen.

Auch dies Gemälde soll, wie so manches andere von diesem Künstler mit Liebe erfundene und ausgeführte Werk, nach Rußland bis an den Fuß des fernen Kaukasus wandern. Trauernd werde ich ihm nachsehen, so wie ich bei meiner Ankunft in Dresden genug seiner Vorgänger nur eben noch einpacken sehen konnte, die schon jetzt diesen Weg geführt werden. Das eine, ebenfalls in halber Lebensgröße, stellt den Kampf Michaels mit Lucifer vor. Triumphirend, zürnend, in himmlischer Schönheit steht der Engel da in Wolken und Ungewitter; den Speer in der rechten Hand, zeigt er gebietend mit der Linken auf den Flammen aushauchenden Abgrund, in welchem eben der Feind hinabstürzt. Dieser satanisch zwar, [279] doch nicht ganz die höhere Abkunft verleugnend, halb hohnlachend, halb knirschend, zuckt fallend noch in ohnmächtiger Wuth den Dolch gegen das ewig Unerreichbare, gegen den Blitzstrahl, der ihn zur Hölle schleudert.


Das zweite kleinere Bild, Ganymed, ist nach meinem Gefühl eines der gelungensten dieses Künstlers unserer Zeit. Himmlische Freude im Blick und Ausdruck, schwebt der schöne, nach den edelsten Verhältnissen geformte Jüngling den Adler umschlingend hinauf durch den Aether, der langersehnten Heimath zu, hinweg von der in trübe Nebel und tobende Ungewitter eingehüllt liegenden Erde. Es ist unmöglich, nicht an Goethe’s Ganymed bei dieser Abbildung zu denken.

Hinauf! hinauf strebt’s.
Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken
Neigen sich der sehnenden Liebe.
Mir! Mir!
In eurem Schooße
Aufwärts!
Umfangend umfangen!
Aufwärts an Deinem Busen
Allliebender Vater!

[280] Zu meiner Freude und aller Derer, die die Kunst lieben, wird Kügelgen eine Reihe von kleineren Gemälden für einen deutschen Kunstfreund malen; diese bleiben dann doch im Vaterlande, diese und des Künstlers Heiligthum, sein Stolz und seine Freude, von der er sich nie wird trennen können, seine meisterhafte Kopie der Madonna von Raphael aus der hiesigen Gallerie.

Wer kennt dies einzige Gemälde nicht! und wer kennt nicht auch mehr oder weniger mißlungene Kopien desselben. Die Schwierigkeiten des Kopirens bei diesem Gemälde, welches bei aller hellstrahlenden Herrlichkeit dennoch durch die Zeit unendlich gelitten hat, sind fast unüberwindlich, gerade weil so viel oder so wenig noch davon existirt. Ich möchte sagen, der Körper sei fast verschwunden, und nur der Geist schwebe in himmlischer Klarheit vor unsern Augen. Wie schwer ist es da, nicht zu viel von Eignen hinzuzuthun, und wieder auch nichts zu verlieren! Wunderbar hat unser Künstler den rechten Weg gefunden. Kein Zug ist da, der nicht Raphael angehörte, aber aller Schmutz der Zeit, alles Fremde, Entstellende, ist verschwunden. Die Kopie hat sogar nicht das Ansehen eines frisch gemalten Bildes. Es ist Raphaels Madonna, restaurirt; man freuet sich, das [281] alte herrliche Gemälde wieder in einem Zustande zu sehen, in welchem es auf’s Neue der Macht vieler Jahrhunderte zu trotzen vermag.


Zweiter Brief.


Der Landschaftsmaler Friedrich.

Jetzt, mein Freund, führe ich Sie zum Landschaftsmaler Friedrich. Sie wissen, auf wie verschiedene Weise seine Arbeiten als eine neue Erscheinung im Gebiete der Kunst beurtheilt werden.

Gern räume ich die Nothwendigkeit bestimmter Regeln ein, dem Künstler wie dem Kunstrichter heilig, denn ohne sie versänke Alles wieder in wildes, zweckloses Streben; sie sind unentbehrlich, wie jeder gerade Weg zum Ziele. Wenn aber ein Einzelner, getrieben von seinem Genius, diesen Weg verläßt, und sich einen neuen, sei es auch gefährlichen, Fußweg bahnt, so kann man, glaube ich, wohl seinem Beginnen zusehen, ohne ihn mit Steinwürfen hindern zu wollen, und es abwarten, ob er nicht auch am Ende ans Ziel komme. Und gelingt ihm dies, wählt er seinen Weg mit Muth und Geist, weiß [282] er Gefahren und Schwierigkeiten zu überwinden, so darf man ihm den wohlverdienten Beifall nicht versagen.

Ist doch schon jedes ernste Streben seiner Krone werth. Nur die eigentlichen Nachtreter, dünkt mich, sollte man nicht aufkommen lassen; doch die verlieren sich ohnehin sehr bald.

Friedrichs Arbeiten unterscheiden sich besonders durch die Wahl der Gegenstände auffallend von denen aller anderen Landschaftsmaler. Die Luft, die er aber meisterhaft zu behandeln weiß, nimmt bei den meisten seiner Gemälde weit über die Hälfte des Raumes ein, und oft fehlen die Mittel und Hintergründe ganz, weil er Gegenstände wählt, bei denen keine darzustellen sind. Er malt gern unabsehbare Flächen. Der Natur getreu bis in den kleinsten Zügen, hat er es auch im Technischen der Kunst zu einem hohen Grade von Vollkommenheit gebracht, sowohl in seinen Oelgemälden als in seinen Sepia-Zeichnungen. Seine Landschaften haben einen schwermüthigen, geheimnißvollen religiösen Sinn; sie ergreifen das Gemüth mehr als das Auge. Seine Werkstatt ist in diesem Augenblicke nicht reich der Zahl nach; er besitzt nur zwei große Oelgemälde, ein Seestück und eine Winterlandschaft.

[283] Das erste stellt die Ostsee vor. Hoch wölbt sich der Himmel über ihr. Sie ist nicht in stürmischer Bewegung, aber auch nicht in der Spiegelhelle einer Meeresstille dargestellt. Weiß schäumend kräuseln sich in unübersehbarer Anzahl und Reihe, einander jagend, die kurzen diesem Meere so eigenthümlichen Wellen auf der dunkeln schwarzblauen Fläche; den Vorgrund macht das flache, unfruchtbare Sandufer, auf welchem feierlich und einsam ein Eremit wandelt. Da haben Sie das ganze Gemälde, einfacher kann wohl keines sein; dennoch erregt es ein eignes, schauerliches Gefühl der Einsamkeit, je länger man es ansieht. Mir dünkt es wie das Bild der Ewigkeit. Der Eremit steht am Gestade, als versuche er die Wellen zu zählen, sie gleiten vorüber ohne Spur, und wer kann ihren Anfang, wer ihr Ende ermessen?

Das zweite Gemälde ist ein Winterabend, die Gegend stellt die Ruinen einer Kirche vor. Die Sonne ist untergegangen, aber der letzte Widerschein des Abendroths fällt noch unmerklich auf die höchste Spitze des alten Gemäuers, und es ist noch hell genug, um jeden Gegenstand zu unterscheiden. Hoch in der kalten klaren Luft steht der Neumond, neben ihm funkelt der Abendstern, man entdeckt auch die [284] dunkle Seite des Mondes, wie das in sehr kalten hellen Winternächten wohl der Fall ist. Die Gegend ist flach, die Natur ganz erstorben, schwer lastet der Schnee auf der Erde, wie ein marmorner Grabstein; schwarze, große Eichen strecken die nackten Aeste zum Himmel; sie stehen da wie klagende Gespenster um das einzig übrig gebliebene Portal der zerstörten Kirche. Hoch wölbt sich noch die Pforte, ein großes Kruzifix theilt ihre Oeffnung, man sieht in weiter Ferne noch den Schein einer ewigen Lampe hindurch blinken; einige verfallene Gräber stehen umher. Ein geistermäßiger Leichenzug, von Mönchen begleitet, zieht sich über den Vorgrund zum Portal, der Sarg wird eben hineingetragen. Aus der Erde aufsteigende Nebelwolken, von der Kälte fast schon zu Reif verkörpert, verdecken alle Ferne, sie wälzen sich ganz nahe heran. Welch ein Bild des Todes ist diese Landschaft! Wie schauerlich, wie hoffnungsleer ohne den ewigen Stern der Liebe, der oben blinket!

Das Gemälde ist mit dem lobenswerthesten Fleiße vollendet, überall auf’s Treueste den Erscheinungen der nordischen Natur nachgebildet, man friert, wenn man es betrachtet, und glaubt den Schnee unter den Tritten knistern zu hören.

[285] Nicht immer indessen geht die Phantasie dieses Künstlers auf so dunkeln Wegen, er weiß auch der Natur ihre freundliche Seite abzulauschen. Ich habe einige gar erfreuliche kleine Blätter, in Sepia gezeichnet, von ihm gesehen, welche Aussichten aus seinem Fenster vorstellen, theils hier in Dresden, wo er nach der Elbe blickt, theils aus Loschwitz, einem romantisch gelegenen Dörfchen aus der Nachbarschaft. Immer hat er das Fenster, aus welchem er hinaus sah, und einen Theil seines Zimmers mitgezeichnet, und es wird einem gar häuslich und gemüthlich beim Anschauen dieser Blätter zu Muthe. –