Können Fische hören?

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Textdaten
Autor: Walther Kabel
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Titel: Können Fische hören?
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aus: Illustriertes Sonntags-Blatt, Beilage zum Delmenhorster Kreisblatt. Illustriertes Unterhaltungs-Blatt, Beilage zur Harke (Nienburg/Weser). Illustriertes Sonntagsblatt, Beilage zur Greifswalder Zeitung. Nr. 47, S. 375
Herausgeber: Greiner & Pfeiffer in Stuttgart
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Erscheinungsdatum: 1915
Verlag:
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Erscheinungsort: Delmenhorst, Nienburg/Weser, Greifswald
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Können Fische hören?

Die Hörfähigkeit der Fische bildete früher einen lebhaften Streitpunkt unter den Naturforschern. Da das Ohr der Fische wohl einen Vorhof und Bogengänge, aber keine Schnecke besitzt, erschien es ziemlich ausgeschlossen, daß dieses Organ wirklich geeignet war, Geräusche dem Gehirn zu übermitteln. Man nahm vielmehr an, daß es, als für ein im Wasser lebendes Tier überflüssig, im Laufe der Jahrtausende verkümmert und gebrauchsunfähig geworden sei, gerade so wie bei einer bestimmten Art von in ewiger Dunkelheit vegetierenden Höhlenmolchen die Augen mit der Zeit vollständig in den Kopf eingewachsen und gleichfalls wertlos geworden sind.

Andere Gelehrte wieder schlossen aus folgenden Beobachtungen auf eine bei den Fischen trotzdem vorhandene Hörfähigkeit. In vielen Schloßteichen, in denen Fische gehalten wurden, hatten diese sich daran gewöhnt, auf den Ton einer am Ufer angebrachten Glocke an einer bestimmten Stelle zusammenzukommen, um ihr Futter in Empfang zu nehmen. Diese Tatsache schien einwandfrei zu beweisen, daß die Tiere den Klang der Glocke notwendig vernehmen müßten.

Über den geringen Wert dieser und ähnlicher Beobachtungen spricht sich Professor Mangold vom Physiologischen Institut der Universität Freiburg wie folgt aus:

„Die Hörfähigkeit der Fische schien von alters her aus der Gewohnheit mancher Fischzüchter hervorzugehen, die Tiere durch Läuten einer Glocke oder durch Zuruf zur Fütterung heranzulocken, wie es schon von dem Römer Crassus und seinen mit menschlichen Leichen gefütterten Muränen erzählt wird. Dieser Irrtum kann jetzt als überwunden gelten.

Es hat sich herausgestellt, daß die Fische vielmehr herbeikommen, weil der Fütterer sich ihnen zeigt oder aber die Erschütterung seiner Schritte sich dem Wasser mitteilt, doch niemals auf das Läuten der Glocke allein. Für jene mechanischen Reize und Druckänderungen im Wasser sind die Fische so überaus empfindlich, daß man von einem besonderen, zum Tastsinn gehörigen ‚Erschütterungssinn‘ bei ihnen spricht.

Auch wenn einige Fische auf das Läuten einer unter Wasser verborgenen elektrischen Glocke, wie es bei zahlreichen Arten mit fast ausnahmslos negativem Erfolge ausprobiert wurde, auf sehr kurze Entfernung mit Fluchtbewegungen reagieren , so ist dieses auf die mechanische Wirkung der von der Glocke ausgehenden Wellen auf den Erschütterungssinn zurückzuführen. Oft handelte es sich dabei um Schallreize, die für einen tauchenden Menschen noch in 50-80 Meter Entfernung zu hören waren. Die gleiche Erklärung gilt erst recht für die Reaktionsbewegungen der Fische bei Händeklatschen in nächster Nähe oder bei dem Knall von Feuerwaffen in etwas größerer Entfernung. Es ist also lediglich der ‚Erschütterungssinn‘, der uns zu dem Glauben verleitet hat, die Fische könnten hören. In Wirklichkeit sind sie stocktaub.“

W. Kabel.