Kurze Nachricht von der Kirche Unitas Fratrum

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Autor: David Cranz (anonym)
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Titel: Kurze, zuverläßige Nachricht Von der, unter dem Namen der Böhmisch-Mährischen Brüder bekanten, Kirche UNITAS FRATRUM Herkommen, Lehr-Begrif, äussern und innern Kirchen-Verfassung und Gebräuchen,
Untertitel: aus richtigen Urkunden und Erzählungen von einem Ihrer Christlich Unpartheiischen Freunde heraus gegeben und mit sechzehn Vorstellungen in Kupfer erläutert.
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Entstehungsdatum: 1757
Erscheinungsdatum: 1762
Verlag: s.n.
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Erscheinungsort: s.l.
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Quelle: GDZ Göttingen und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Darstellung der ältesten evangelischen Freikirche in Deutschland
Der heutige Name dieser Gemeinschaft ist „Evangelische Brüder-Unität“ bzw. „Herrnhuter Brüdergemeine“
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[1]

Kurze, zuverläßige
Nachricht
Von der,
unter dem Namen der
Böhmisch-Mährischen Brüder
bekanten, Kirche
UNITAS FRATRUM
Herkommen, Lehr-Begrif,
äussern und innern
Kirchen-Verfassung
und
Gebräuchen,
aus richtigen Urkunden und Erzählungen
von einem
Ihrer Christlich Unpartheiischen
Freunde heraus gegeben
und mit sechzehn
Vorstellungen in Kupfer
erläutert.


M D CC LXII.


[2]
Inhalt.

(Einleitung) Was man durch die Mährische Brüder verstehe §. I. Warum sie so, und wie sie sonst heissen §. II.

(Ihr Herkommen) Alterthum derselben und Schicksal §. III. Connexion mit der Orientalischen und Occidentalischen Kirche und den Waldensern §. IV. Connexion mit der Lutherischen, Reformirten und Englischen Kirche §. V. Ausgang der Brüder aus Mähren, Anbau von Herrnhuth, Ausbreitung und Erkennung §. VI.

(Ihr Lehr-Begrif) Sie haben die Bibel als die einige Richtschnur §. VII. Bekennen sich zur Augspurgischen Confeßion und nehmen den Berner-Synodum zur Lehr-Weise an §. VIII. Art und Inhalt ihrer Predigt und Gesangs §. IX.

(Aeussere Kirchen-Verfassung) Was die Unität sey §. X. Und ihre Tropi §. XI. Ihre Synodi, provinciales und generalis §. XII. Fortwährende Deputation, Raths-Tage und Visitationes §. XIII. Advocatus Frr. §. XIV. Vogts-Hof §. XV. Jünger §. XVI. Seniores politici §. XVII. Bischöfe §. XVIII. Und deren Habit §. XIX. Presbyteri und Oeconomie §. XX. Ordinationes und Annahme §. XXI. Kirchen-Zucht §. XXII.

(Bürgerliche Verfassung) Gemein-Gericht und Handthierung §. XXIII. Diaconi im Aeussern und Besorgung der Armen §. XXIV. Kleider-Tracht §. XXV. Erbschaften §. XXVI. Freyheit vom Eid und Waffentragen §. XXVII.

(Oeffentlicher GOttes-Dienst) Besondere Liturgie, Ceremonien und tägliche Versamlungen §. XXVIII. Morgen- und Abend-Segen, Liturgien, Fürbitten und Singstunde §. XXIX. Allgemeine und besondere Kirchen-Feste und Tage, Gemein-Tag und Aufnahme §. XXX. Taufe der Kinder, der erwachsenen und der Heiden §. XXXI. Abend-Mahl §. XXXII. Fußwaschen §. XXXIII. Liebes-Mahle §. XXXIV. Lesung der H. Schrift, Losungen und Texte §. XXXV.

(Anstalten) Schulen und Paedagogia §. XXXVI. Academie und Seminarium §. XXXVII. Heiden-Mißionen §. XXXVIII.

(Innere Gemein-Führung) Chor-Verfassung und Pflege, Chor-Häuser §. XXXIX. Banden, Classen, Besuch §. XL. und Sprechen §. XLI. Verpflanzung aus den Chören, besonders durchs Heirathen §. XLII. Ehe-Führung überhaupt §. XLIII. Ins besondere §. XLIV. Versorgung kleiner Kinder in der Nursery §. XLV.

(Beschluß) Kranken-Pflege und Heimgehen §. XLVI. Begräbniß, GOttes-Aecker und Besuch der Gräber §. XLVII.

[3]
Vorbericht.

ES sind bereits so viele Schriften gegen die Brüder-Kirche, die man sonst die Mährischen Brüder nennt, auch wol mit dem, zwar respectablen aber sehr uneigentlichen, Namen der Herrnhuther belegt, heraus gekommen, daß man eine ziemlich grosse Bibliotheck davon samlen könte. Wie viel durch dieselbe die Geschichte der Brüder in ihr Licht gesetzt worden, wird ein jeder billiger Leser am besten wissen, wenn er gefunden, daß dergleichen Nachrichten sich selber und den übrigen immer widersprechen, zum Theil auch so abscheuliche und in keiner bürgerlichen Verfassung geduldete Dinge enthalten, die, wenn sie wahr wären, ihre Urheber nach allen Rechten schon längst vertilget haben müsten. Daß man aber den Brüderen so vieles Schuld gegeben, rührt theils aus Unwissenheit her, weil sie hie und da noch neu und unbekannt gewesen, und doch ein jeder (nach der bekanten Begierde, sich mit Zeitungen und zwar am liebsten mit ärgerlichen, verhaßten Dingen zu tragen,) etwas von ihnen wissen, urtheilen und erzehlen wollen; theils aus [4] Bosheit ihrer Feinde, die noch in Zeiten, ehe die Brüder recht aufkämen, sie zu unterdrucken gesucht; theils aus einem Personal-Haß und Neid heimlicher Feinde gegen ihre Obere, die den Streit auch vor die Höfe gezogen haben, und die Brüder längst gestürzt hätten, wenn die Obrigkeiten ununtersucht verdammen wolten, inzwischen aber durch allerhand Intrigen doch ein und anderes erschlichen, damit sich hernach die Gegner in ihren Schriften vor dem Publico, das um den Zusammenhang der Sache nicht weiß, breit machen, wenn gleich ein jeder siehet, daß es von gar keinem Effect ist.

Solche Streitigkeiten tractiren die Brüder sehr nachläßig und die Unternehmungen ihrer Feinde geringschätzig, weil sie die unbillige und nur Aergernisse suchende und liebende Gemüther keines bessern Unterrichts würdigen; von billigen und Wahrheit suchenden Gemüthern aber denken, daß sie die Unwahrheit ihrer Feinde, aus Zusammenhaltung ihrer Schriften und unpartheiischer Beurtheilung der Schreib-Art, des Anlasses und der Absichten derselben, bald entdecken, hingegen die Wahrheit in der Brüder Schriften leicht einsehen könten, wenn sie sich die Mühe gäben, dieselben nur mit eben so vieler Aufmerksamkeit, als der Gegner ihre, durchzulesen. Uberdem sind ja diejenige respectable Personen, die Amts halber sich genauer zu erkundigen haben, schon so vielmahl von der Wahrheit der Sache informirt worden, als sie eine Untersuchung von selbst, oder auf der Brüder Bitte, vorzunehmen geruhet haben. Ja die Brüder haben öffentlich [5] sich dahin erklärt und gebeten, daß ein jeder, dem was daran gelegen, Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden, bey ihnen in geheim oder öffentlich, schriftlich oder gedruckt, genau, aber mit aufrichtigem Gemüth und in den Schranken einer unter gesitteten Völkern üblichen Ehrbarkeit, um alles, was Lehr und Leben, Einrichtung und besondere Geschichte betrift, nachfragen möchte, und auf jede Frage willige, wahre und gründliche Antwort erhalten solte.

Davon finden wir einige wenige Proben in den Büdingschen Samlungen, und sehen, daß die Brüder ihr Wort gehalten haben. Warum man aber diesen so sichern Weg, hinter die Wahrheit zu kommen, nicht vor genugsam gehalten, und dagegen den Brüdern zugemuthet, daß sie ihren Saft fahren lassen, die nöthigere Arbeit beyseite legen, auf die unsäglich viele Gegen- und Läster-Schriften antworten und das von den Gegnern einmal gegebene Aergerniß verewigen helfen solten, (weil nicht leicht ein Gegner unterrichtet seyn, sondern, wenn ihm auch zehnmal geantwortet würde, doch lieber recht und das lezte Wort haben will;) das mögen diese am besten wissen.

Unterdessen hat Herr Mag. Spangenberg eine von den Gegnern vergeblich erwartete Verrichtung auf sich genommen, indem er alle ihre Schriften zergliedert, ihre auch noch so oft beantwortete, zum theil sehr unverschämte [6] Beschuldigungen, in einer sehr grossen Menge Fragen abgefaßt, dem Ordinario Fratrum ohne Menagement seiner Person, Characters und überhäuften Arbeit vorgelegt, und nebst ihren naturellen gründlichen und meistens sehr ausführlichen Antworten dem Publico mitgetheilet hat. Und da man daran noch nicht genug haben wollen, sondern in England auch die deutschen Streitschriften zu übersetzen angefangen, anstatt eine allgemeine Beantwortung aller derselben zu übersetzen und heraus zu geben; so haben die Brüder daselbst obgedachtes Anerbieten wiederholet, und eines ungenannten Gegners gedruckte Fragen ebenfals gründlich, und so viel man aus dem Effect urtheilen kan, zu dessen Beruhigung, öffentlich beantwortet.

Weil aber diese Schriften eigentlich nur die Unwahrheit removiren und die verdrähten Lehrsätze und Facta in ihr rechtes Licht setzen, hingegen nicht expreß und positive von der Verfassung der Brüder-Kirche handeln: so hat man bey Gelegenheit des berühmten Herrlibergerschen Ceremonien-Werks und zu Completirung desselben, wegen der Brüder-Kirche Herkommen, Lehr-Begrif, Kirchen-Verfassung und Gebräuchen, auf Verlangen guter Freunde, die sich aufs ungewisse etwas zu schreiben nicht unterstanden, auch nicht vorbeygehende müßige Zuschauer, sondern die Einwohner des Hauses über dessen in- und äusserer Einrichtung haben anhören wollen, gehörig am rechten Ort angefragt, und aus den Antworten nachstehende kurze [7] zuverläßige Nachricht, mit einigen Ergänzungen aus der Brüder Schriften und Erzählungen abgefaßt und mit sechzehn ebenfals von gehörigem Ort erhaltenen Vorstellungen erläutert.

Ein verständiger Leser wird sogleich aus der Schreib-Art sehen, daß dieses keine Vertheidigungs-Schrift, sondern eine aufrichtige Erzehlung ist, wie wir von den Sachen benachrichtiget worden, ohne sie zu loben oder zu tadeln, nur allemal mit einer geheimen Freude und Wohlgefallen, (welches billige Gemüther von andern Kirchen-Verfassungen darüber nicht bergen können und wollen,) daß sie sich ganz anders verhalten, als uns die Gegner bisher belehren wollen. Und hiebey müssen wir noch, der Wahrheit gemäß, bezeugen, daß die Nachrichten, die wir empfangen haben, sehr bescheiden und ohne einigen von Testibus in propria causa sonst gewohnten Ruhm abgefasset sind; daß aber in nachfolgender Schrift alles bewundernde und lobende, welches doch sehr selten vorkommen wird, blosse eigenmächtige Zusätze des Verfassers sind, die sich sowol auf den Augenschein als glaubwürdige Nachrichten gründen. Man hat sich auch die Freiheit genommen, die den Brüdern ertheilte Act des Groß-Britannischen Parliaments, weil derselben von guten Freunden sehr oft nachgefragt worden, am Ende beyzufügen.

Wird der Leser diese wenige Blätter mit eben der Billigkeit und dem Wohlgefallen an der Wahrheit aufnehmen; [8] so kan er mit Recht auf weitere und ausfürlichere Nachricht von den Brüder-Gemeinen, sonderlich was ihre Historie neuerer Zeit betrift, hoffen, und indessen in Ansehung der Alten aus Lasitii, Camerarii, Regenvolscii, Comenii, Saligs und Riegers Schriften, und was ihre Lehre betrift, aus dem alten Brüder-Gesangbuch: in Ansehung der Neuern aber nirgends besser als 1.) aus des Ordinarii Fratrum naturellen Reflexionen περὶ ἑαυτοῦ, 2.) aus der Gewissens-Rüge, 3.) aus den Spangenbergschen Apologien und dem Barbyschen Synodo von 1750. 4.) aus den Neuwiedschen Commißions-Fragen, 5.) aus des Ordinarii in zwey Theilen edirten kurzen Abfertigung aller Englischen Streitschriften und 6.) aus ihrem endlich zu London 1753. edirten Kirchen-Gesangbuch, wie auch aus verschiedenen Bänden von Predigten und Reden, ihren Sinn in Lehr und Praxi ersehen.

Ubrigens gereicht es uns auch zu einigem Vergnügen, daß dieses Werk durch allerley unvorgesehene Verhinderungen bis in dieses 1757te Jahr verzögert worden, in welches das Jubilaeum der Brüder-Kirche fällt, weil die meisten Geschichtschreiber[WS 1] den eigentlichen sichtbaren Anfang derselben in das Jahr 1457. setzen, da die ächten Nachfolger des Böhmischen Märtyrers, Johann Huß, nachdem sie sich von den ausgearteten Hußiten, den Calixtinern und Taboriten, gänzlich abgesondert hatten, in die Einsamkeit zu Lititz gezogen und eine eigene Verfassung worden sind.

[9]
Nachricht von der Brüder-Kirche.
§. I.
Der Mährischen Brüder Ursprung.

Die Böhmisch-Märische Brüder-Kirche stammt von den jenigen Brüdern her, welche der König in Böhmen, Georg Podiebrad, aus eigener Bewegung und Liebe und auf Vorbitte des damaligen Erzbischofs zu Prag, An. 1457. auf seinen Erbgütern in der Gegend Lititz an der Schlesischen Grenze aufgenommen hat; damit sie daselbst in Stille und Friede GOtt dienen und ihren Feinden nicht so leicht preis werden möchten: Weil sie in dem Punkt des Religion-Schutzes durch die Waffen, von den Taboriten abgegangen waren und das Gebet für die einige Gewalt der Christen gegen ihre Feinde erklärt hatten.


§. II.
und Name.

Sie nennten sich, nach dem Exempel der ersten Christen, Brüder: Und weil sie Böhmen und Mähren waren, so wurden sie von den Auswärtigen die Böhmischen und Mährischen [10] Brüder; und nachdem die Waldenser aus der Verfolgung zu ihnen flüchteten, und sich unter ihre Nation verloren, auch Waldenser, genennet. Da sie aber in Preussen, Polen, England, Würtenberg und Sachsen Schutz suchten und zum Theil sich niederliessen, so wurde es zu weitläuffig, alle diese Abtheilungen zusammen zu fassen und die Böhmisch-Mährisch Welsch- Polnisch- Deutsch- und Englische Brüder zu sagen: Daher sie sich lieber von keiner Nation nennen, sondern alle diese Abtheilungen unter dem nun vor 300. Jahren schon beliebten Namen, der Fratrum Unitatis oder Vereinigten Brüder, begreiffen wollten. Und das ist der Name, den sie, laut der Act des Parliaments vor Groß-Britannien, noch itzt führen, so wie sie in andern Ländern, sonderlich vom Chur-Sächsischen, als Evangelischen Directorial-Ministerio, laut der allergnädigsten Assecuration von 1750. die Evangelischen Brüder benennet werden.


§. III.
Alterthum und Schicksal.

Von ihrem ersten Ursprung etwas zuverläßiges und besonders zu melden, ist, unsers Erachtens, nicht wohl möglich; weil sie das, allen wahrhaftig alten Verfassungen eigene, Schicksal haben, daß sie, theils durch die Natur der Sachen, theils durch Macht oder Kunst ihrer Feinde, sich in eine gewisse Nacht der Ungewißheit hinein verlieren. Unterdessen ist so viel gewiß und ausser allem Streit, daß die Kirche zu Lititz, die bereits fünfzig Jahre vor der Reformation geblühet, eine Slavonische Gemeine gewesen, die von den alten Bulgarischen Christen und also von der Griechischen Kirche herstammte; und daß dieselbe, weil sie sich von dem Aberglauben, Irthümern und Staats-Maximen ihrer Stamm-Mutter am längsten frey erhalten hatte, zu der Zeit die einige überbliebene, öffentliche und octroyrte Evangelische Kirche gewesen ist. Wer davon, und wie es diesen lieben Leuten, sowol vor als nach der Reformation gegangen, etwas mehrers wissen will, wird in Lasitii und [11] Comenii Historie der Böhmischen Brüder, in Saligs Historie der Augspurgischen Confeßion, und in Riegers Salzbund der Böhmischen Brüder, alles finden, was man in dergleichen Materien nur erwarten kan.


§. IV.
Connexion mit der Orientalischen Kirche

Aus diesen Quellen wissen wir, daß die Böhmisch-Mährischen Brüder, sowol ihrem Ursprung als Landes-Situation nach, Orientalische Christen sind; daß die Occidentalische oder Lateinische Kirche sie, sowol vor, als nach der Reformation, unters Joch zu bringen gesucht, solches auch, nach etlich hundertjährigem großmüthigen Widerstand, endlich in vorigen Jahrhundert durch die gewalthätige Reformirung der Reiche Böhmen und Mähren, und die Verwahrlosung ihrer Protestantischen Mitbrüder, bey den meisten äusserlich erhalten, bey einigen aber nicht durchdringen können, die sich theils aus ihrem Vatterlande geflüchtet und Colonien angelegt, theils im Vatterlande so lange still und bedeckt gehalten, bis sie sich in unsern Zeiten durch einen freywilligen Ausgang ganz haben los machen können.

und den Waldensern.

Wir wissen ferner, daß die Kirche zu Lititz gleich Anfangs die Bischöfliche Ordination und Succeßion von den Waldensern erhalten, und bald darauf dieselben nach ihrer Verfolgung und Zerstreuung, in welcher ihr letzter Bischof, Stephanus, zu Wien verbrannt worden, in Böhmen und Mähren aufgenommen; und daß sie, nach dem ihr eigenen Grundsatz, sich mit denen Haufen, die die heilige Vorsehung durch die Lehr-Reformation entstehen lassen, brüderlich begangen und geschlossen hat.


§. V.
Connexion mit der Lutherischen,

Insonderheit wissen wir, daß die Brüder etliche mal Abgeordnete an Lutherum geschickt und mit ihm in beständigem [12] Briefwechsel gestanden haben. Er hat sich artig über sie erklärt, ihr Glaubens-Bekentniß mit seiner Vorrede und schönen Zeugniß An. 1533. zu Wittenberg drucken lassen, Bund mit ihnen gemacht und darin bis an sein Ende verharret: von ihrer allzuengen Kirchen-Zucht aber brüderlich, jedoch nicht meisterhaft, dissentiret. Von seinen Nachfolgern sind sie, nach seinem Exempel, überhaupt sehr geliebt und hoch gehalten worden. Und ob es gleich in der Nachbarschaft übers Proselytenmachen von beiden Seiten, ein und andere Händel gesezt, weshalber sie durch Morgenstern und Hederich in Streitschriften angegriffen worden; so haben doch diese Gegner so wenig Nachfolger gehabt, daß fast alle Kirchen-Geschichten über das Capitel dieser Brüder einig sind, sie lieben, ehren und den ihrigen zum Exempel der Nachfolge darstellen: besonders seit dem man Anstalt gemacht; Doct. Speners Idee, de Ecclesiolis in Ecclesia plantandis, zu bewerkstellen.

Reformirten und

Mit den Reformirten haben die Brüder, ohngeachtet ihres Grundsatzes, zwischen beiden Theilen gleichgesinnt durchzugehen, die meiste und realeste Connexion gehabt. Calvinus hat sie sehr hoch gehalten, für seine Glaubens-Brüder erkannt, ihre Kirchen-Zucht, nicht sowol mit Worten, als mit der That und Wahrheit, geliebt, und dieselbe, wo und so viel er nur gekont, in seine Kirche hinüber genommen. Er hat auch, nebst andern reformirten Theologis, denen Polen von der Schweizerischen Confeßion ernstlich angerathen, sich mit den Brüdern von der Polnischen Branche gänzlich zu vereinigen: Welches auch endlich in dem bekannten Consensu Sendomiriensi An. 1570. zu Stande gekommen ist.

Englischen Kirche.

Und was die Englische Kirche betrift, so hat die schon zu Wiclefs Zeit entstandene Connexion, (wovon dessen schöner Brief an Johann Huß noch vorhanden ist) so gar nicht aufgehört, daß die Brüder bey der Verbesserung der Englischen Kirchen-Gesetze mit gebraucht und dazu An. 1549. Johannes [13] a Lasco aus Polen berufen und ihm, als Superintendenten aller ausländischen Protestanten, die ansehnliche Kirche der Augustiner in London übergeben worden. Der in seinen Gedanken lezte Bischof der Mährischen Branche, Joh Amos Comenius, hat seine Kirchen-Historie und Ordnungen der Brüder, König Carl dem Andern dediciret und in seiner Paraenesi oder Ermahnung an die Englische Kirche, derselben seine liebe Mutter, die Kirche aufs angelegentlichste empfohlen: Wovon sie auch in ihrer Noth An. 1716. die Wirkung inne worden, da der Englische Theologus Bennet, auf Befehl Königs George des Ersten und seines Geheimen Raths, dieselbe als eine Evangelische Bischöfliche Kirche, in zweyen zu London und Lambeth gehaltenen und gedruckten Predigten, seiner Kirche recommendirt hat.


§. VI.
Ausgang der Brüder aus Mähren.

Wie aber diese vor den Augen der Menschen erloschene Kirche in Mähren wieder auferweckt worden und in Deutschland, England und andern Ländern zum Vorschein gekommen ist: davon finden wir in den Schriften der Brüder, besonders in den Büdingschen Sammlungen, zuverläßige, und, bis es ihnen belieben wird, nach Art eines in der ersten Beylage zu den Reflexionen περὶ ἑαυτοῦ mitgetheilten Auszugs, eine vollständige Historie zu liefern, hinlängliche Nachricht. Christian David war der Caleb, der diese Kinder der Verheissung, (wie er sie zu nennen pflegte) aus- und nach der Ober-Lausitz geführt hat. Das geschahe An. 1722., ohngefehr hundert Jahr nach ihrem Umsturz in Mähren. Die ersten waren Catholiken, oder doch Calixtiner, die sich zur Evangelischen Religion gewendet hatten, unter ihr eine Freystadt suchten, und von guten Freunden dem Herrn Grafen von Zinzendorf zugewiesen und empfohlen wurden.

Anbau von Herrnhuth.

Dieser Herr konte sie, aus Christlicher Liebe und Mitleiden, nach vergeblichen Versuch, sie anderswo besser unterzubringen, [14] nicht abweisen, wolte ihnen auch nicht wehren, sich auf seinen Gütern zu Bertholdsdorf anzubauen, woraus endlich der bekante Ort Herrnhuth, unterm Huthberg an der Landstrasse nach Prag, entstanden ist. Von An. 1724. bis 1733. kamen die eigentlichen Nachkommen der Mährischen Brüder dazu, die nach und nach so anwuchsen, daß der Herr Graf wegen der zwischen derselben Zeit sich ereignenden Böhmischen Emigrations-Unruhe vor nöthig fand, An. 1726. mit augenscheinlicher Gefahr selbst nach Mähren zu reisen, und sich mit dem Cardinal Bischof von Olmütz und seinem Ministerio darüber zu besprechen, da denn von beyden Seiten vor Gut befunden wurde: sich mit den Böhmischen Conversis nicht einzulassen; das Aufreden der Leute in Mähren nicht zu unterstützen; was aber aus den bekanten Alt-Mährischen Brüder-Orten um Fulneck[1] herum, von selbst wegziehen wolte, gehen zu lassen; und übrigens diese Sache von beyden Seiten friedlich und ohne Aufsehen bey Auswärtigen zu behandeln.

Ausbreitung und

Sie sind nachhero in verschiedenen Ländern aufgenommen worden, haben im Chur-Sächsischen und Brandenburgischen, in Schlesien, im Vogtland, am Rhein, in Holland, England und Irrland von der hohen Obrigkeit erkante Brüder-Gemeinen etablirt, hauptsächlich in America, besonders dem Englischen Antheil, viele Colonien angelegt, auch unter solche Heiden, derer sich noch niemand angenommen, nach erhaltenem Ruf, gar manche mit reichen Segen gekrönte Mißionen gethan, und vornemlich um dieser willen, das von ihren Vätern geerbte Kleinod der Bischöflichen Ordination von den Bischöfen der Polnischen Brüder-Branche wieder begehret und erhalten.

[15]
Erkennung.

So hängt es zusammen mit dem Herkommen und Fortgang der Unität, welche von keinem der Evangelischen Könige und Fürsten, nach vorgängiger Untersuchung, verworfen, vielmehr, wo sie sich niedergelassen oder auch nur mit einigem Einfluß bekant worden, allezeit, auf angestellte Prüfung und oft nach gerügten Streitigkeiten, erkannt und genehmiget worden ist[2]. Dieses ist besonders in den Englischen Reichen, als in welchen sich die Unität am meisten niedergelassen hat, geschehen. Der Erzbischof von Canterbury, John Potter, hat An. 1736. denen Trustees von Georgien etliche Brüder von Herrnhuth, als Glieder einer, nach reiflicher Untersuchung, Apostolisch und Bischöflich befundenen Gemeine, deren Lehre keinem von den 39. Artikeln der Englischen Kirche widerstreite, zur Indianer- und Mohren-Bekehrung vorgeschlagen; auch dem Herrn Grafen zu seiner An. 1737. erhaltenen Bischöflichen Consecration in einem schönen Schreiben Glück gewünscht, darin er die Brüder-Kirche nennet: Sanctam vereque illustrem Cathedram … una cum pura primaevaque fide primaevam etiam Ecclesiae Disciplinam constanter adhuc tuentem. Und das Parliament hat An. 1749. nicht nur in seinem von der Untersuchung gestellten Rapport sich gegen sie als eine alte, protestantische, orthodoxe Kirche erwiesen, sondern auch in dem mit durchgängigen Consens der Bischöfe ihrentwegen verfaßten Reichs-Gesetz aufs allerdeutlichste bestimmet, was vor Leute man eigentlich darunter verstanden haben wolte.


§. VII.
Lehr-Begrif.
Die Bibel.

Nach dieser historischen Einleitung kommen wir zuförderst auf die Lehre der Brüder. Und da ist vornehmlich wahrzunehmen, daß sie die Bibel für das halten, was sie ist, ohne sie neumodisch auszuschmücken, oder, wie Paulus sagt, durch Lügen [16] zu verherrlichen, für den Schatz aller Schätze, das Buch aller Bücher, den Anfang und das Band aller Theosophie, Theologie, Praxeos und Gefühl eines Kindes GOttes und sonderlich eines Lehres, ausser dem und neben dem nichts gelten kan. Sie nehmen die Heilige Schrift aufs allereinfältigste und in allen Absichten an, für die einige Regel und Richtschnur der Lehre. Wenn sich andere Schrift-Erklärer bemühen, einen schon vorgefaßten Sinn daselbst zu suchen und zu finden oder zu machen; so nehmen die Brüder alles κατα τὸ ρητὸν, so stehet geschrieben, so lese ich. Und was da steht, das ist ihnen wahr, und mit dem übrigen zugleich wahr, was andere nach ihrer Logic für widersprechend halten müssen, wenn es nicht erst mühsam gerettet wird.


§. VIII.
Augspurgische Confeßion und

Hiernächst bekennen sie sich zu der ungeänderten Augspurgischen Confeßion, welche, nach der Meinung der Böhmischen Brüder, der dem König Ferdinand An. 1535. übergebenen und von der Wittenbergischen Facultät etliche mal approbirten Böhmischen Confeßion, mit der es noch die Polnischen Brüder halten, allenthalben gleichlautend ist. Alles das, was die Augspurgische Confeßion selbst die Lehre nennet, in 20. Artikeln namentlich dazu verfasset und mit den Worten beschliesset: Das ist nun die Summa unserer Lehre etc., ist auch der Brüder ihre Thesis und Symbolum doctrinale.

Berner-Synodus.

Den Berner-Synodum aber, der keine Confeßion, sondern eine Pastoral-Instruction ist, und zwar die ersten 18. Capitel, die von der Homiletic handeln, haben sie zu ihrem Methodo dogmatica im Predigen erwehlt, ohne sich weder bey dem einen noch dem andern in die Controversen und Consequenzen zu mengen. Und beide haben sie in Kirchen-Lieder gebracht, die fast eben so lauten als die Originale.

[17]
§. IX.
Art und Inhalt der Predigt und

Im Predigen hatten die alten Brüder das Besondere, daß sie sehr schriftreich waren, und hauptsächlich Christum und die Kirche zusammen, predigten. Das erstere hat von den neuern ein und der andere auch, deren Worte meist lauter Bibel sind, so daß man zu jedem Satz die Worte des Heil. Geistes anführen könte. Alle aber kommen darin überein, daß sie JEsum Christum, den Kern und Stern der Heil. Schrift, nach seiner Gottheit und Menschheit, und ins besondere als das geschlachtete Lamm, als den Versöhner durch sein eigen Blut, durch welchen, und den allein, man zu GOtt nahen, selig und heilig werden kan und muß, als den Bräutigam ihrer Seelen, als ihr Alles und in Allem, predigen. Sie treiben in der Heyls-Ordnung besonders auf den Artikel von der Rechtfertigung eines armen Sünders vor GOtt aus freyer Gnade, durch den Glauben in JEsu Blut, und von der daraus allein entstehenden Heiligung und von dem an unaufhörlichen innigsten Vereinigung mit Christo, in welcher man zur Liebe GOttes des Vaters, der seines einigen Sohnes nicht verschonet, sondern für uns alle dahin gegeben, und zur Gemeinschaft des H. Geistes, den Er seinen Gläubigen gegeben, sie zu lehren, in alle Wahrheit zu leiten, für ihn zu erziehen und zu schmücken und wie eine Mutter zu trösten, durch seine Gnade gelangen kan und soll.

des Gesangs.

Noch schriftreicher waren die Alten in ihren Liedern, die vor ordinär aus lauter Stellen des Alten und Neuen Testaments zusammen gesetzt sind; wie man an den Böhmischen Brüder-Liedern in dem zu London An. 1753 edirten Brüder-Gesangbuch sehen kan. Sie waren die Ersten und die Anführer der Reformatoren in der ganzen Lieder-Theologie. Von den neuern werden die alten Lieder-Tichter ziemlich glücklich nachgeahmet; wie aus dem Augspurgischen [18] Confeßions- und Berner-Hymno und verschiedenen Biblischen Liedern zu sehen ist. Ihre Haupt-Sache ist, das Creutz und die Wunden JEsu für ordinär, und sodann die ganze Heil. Drei-Einigkeit in der Person JESU Christi nach Coloss. II, 9. zu besingen. Sie haben auch das Besondere, daß sie keine ganze Lieder singen, sondern in jeder Singstunde aus etlichen Liedern ganze und halbe Verse nehmen, die der Cantor nach der Materie eines Biblischen Textes sogleich verbindet, von den Musicis fertig gespielet und von der Gemeine so gut als aus dem Buch mit gesungen werden: Worinnen auch die Kinder in den Anstalten von 4. bis 12. Jahren, zur Verwunderung aller Fremden, so geübt sind, daß sie oft die Alten übertreffen.


§. X.
Was die Unität sey.

Es ist bereits §. II. erinnert worden, daß die Brüder den Namen Unitas Fratrum führen. Denselben gründen sie auf des Heilands hohepriesterliches Gebet und Testament Joh. XVII. daß sie alle Eins seyn, auf seine Worte, Matth. XXIII. 8. Ihr seyd alle Brüder, und auf Pauli Beschreibung einer Gemeine Ephes. IV. und ist, anstat des ersten Namens, Fratres Legis Christi, Brüder des Gesetzes Christi, weil er von den Widersachern verdreht wurde, von den Brüdern in Lititz schon eingeführt worden. Da hernach dieselben sich mit allen Protestanten brüderlich geschlossen und endlich in dem bekanten Consensa Sendomiriensi eine Union oder Verein mit den beiden Evangelischen Religionen in Polen errichtet haben: so hat der Name Unitas Fratrum, das Brüder-Verein, noch die Nebenbedeutung erhalten, von Brüdern, die mit allen Evangelischen in Union leben. Dieselbe ist seitdem immerfort fest geblieben und nie entkräftet worden: Die Mährische Brüder aber haben ihren ältesten Namen, Unitas Fratrum, erst alsdenn wieder öffentlich angenommen, als sie den drey Tropis [19] dem Mährischen, Lutherischen und Calvinischen, ihre alte Stellen und eigene Verfassungen im Synodo generali, als worinnen die Unität eigentlich zu suchen ist, wieder verschaffet und zwey Summi Theologi der Lutherischen und Reformirten Kirchen, als Administratores der beiden presbyterianischen Troporum, auf dem Synodo introducirt worden sind.


§. XI.
Ihre Tropi.

Tropus heist, die besondere Art und Weise, welche dieser oder jener Abtheilung in der Brüder-Kirche eigen ist, die Göttliche Wahrheit zu begreifen und vorzutragen. Die Brüder haben nicht klüger seyn wollen als ihre Vorfahren. Weil sich nun mit ihnen, so wie mit jenen, sehr viele aus beiden Evangelischen Religionen vereinigt hatten; so haben sie auch die verschiedenen Tropos wieder aus einander gesetzt, damit kein Mischmasch in ihren Gemeinen entstünde, woraus entweder eine Gleichgültigkeit der Religion, oder ein heimliches Secten-Wesen werden könte, sondern die verschiedenen Arten, die Wahrheit zu begreifen, bey unvermerktem Anwachs, ohne allzugrosses Aufsehen einander ausweichen, und der stärkere den schwächeren Theil nicht aufreiben möchte. Die Tropi verhüten den Schein eines Abfalls von der Religion, darinnen man geboren und erzogen ist, und den daher entstehenden Haß gegen die vorige Parthey; halten auch sowol denen, die die Brüder wieder verlassen wollen, als den Kindern, die etwa nicht ihrer Eltern Sinnes sind, die Thür in die andere Evangelische Religionen offen, daß sie ohne Aufsehen dahin wiederkehren können, woher sie gekommen waren. Im Synodo haben sie alle drey gleiches Ansehen und Rechte, und der Tropus, der eben den meisten Geist hat, der hat auch zu der Zeit das meiste Gewicht.


§. XII.
Synodi provinciales.

Der Synodus ist entweder Provincialis oder Generalis. Jener ist eine von den Senioribus politicis alle Jahr berufene [20] Zusammenkunft der abgeordneten Arbeiter aller Gemeinen in einer Provinz, darinnen, unter dem Praesidio des Chor Episcopi und Senioris politici, alle in dem Jahr bey jeglicher Gemeine vorgekommene Angelegenheiten nachgesehen und nach der verschiedenen Willkühr der Provinzen aufs künftige eingerichtet werden.

und generalis.

Der Synodus generalis ist ein, von dem Canzler der Unität alle drey Jahr beruffener, Zusammentritt aller bisherigen Provincial-Synoden durch bevollmächtigte Abgeordnete von allen Gemeinen, mit dem Vogts-Hofe und Jünger-Hause, darinnen, unter dem Praesidio des Advocati und Ordinarii Unitatis, der Bischöfe und der Administratorum Troporum, die Grundsätze der ganzen Verfassung besehen, die Schlüsse der Provincial-Synoden bestättigt oder verbessert, und die eine jede Provinz, Gemeine, Collegium, oder die ganze Verfassung betreffende Sachen angeordnet werden.

Ein jeder der Anwesenden hat unumschränkte Freyheit zu reden, und die wird nur durch den Geist der Gemeinen und einer solchen feyrlichen Zusammenkunft im Zaum gehalten. Wenn eine Sache ganz durchgeredet ist; so vereinigen sich entweder die sämtlichen Glieder stillschweigend über dieselbe; oder sie wird durch die Mehrheit der Stimmen ausgemacht, und die Praesides fassen darüber einen Entschluß. Uber völlig durchgeredeten und doch zweifelhaft bleibenden Umständen wird, wenn die Sache nöthig und reif erachtet ist, das Loos geworfen, und fällt, wie der HERR will. Wo die hohe Obrigkeit die Brüder nicht bedeutet, daß sie die Synodos zwar für bekant annehme, aber aus beiderseits wohlbekanten Ursachen darüber nicht gefragt seyn wolle; Da werden nicht nur Dero Abgeordnete feyerlich dazu eingeladen, und sind den Brüdern allemal sehr willkommen; sondern auch wohl auf ihr Verlangen die Synodi bestättigt.

[21]
§. XIII.
Dessen fortwährende Deputation.

Weil aber der Synodus generalis nur alle drey Jahr gehalten wird, so repräsentirt ihn inzwischen der Vogtshof und das Jüngerhaus mit ihrem Collateral-Rath, deren Glieder in ununterbrochener Correspondenz mit den Gemeinen und ihren Chören und den verschiedenen Departemens stehen.

Raths-Tag.

Dieselben halten auch, wenn es nöthig erachtet wird, mit einigen Deputirten aus den Gemeinen, so viel derer ohne Zeit-Verlust oder Versäumniß gleich zusammen kommen können, einen Raths-Tag, um die pressantesten Angelegenheiten ein und andrer Gemeine oder Departemens abzuthun: Und lassen, so oft es erfordert wird, durch einen oder etliche Deputirte vom Synodo, aus den Bischöfen, oder Senioribus politicis, oder Chor-Presbyteris, nebst einem Diacono, nachsehen, wie es in den Gemeinen und ihren Chören steht.

und visitationes.

Solche Visitationes zu Unterstützung der Gemeinen und ihrer Arbeiter, geschehen wenigstens alle drey Jahr, entweder auf der Visitatorum, oder deren Unkosten, die sie senden: Es sey dann, daß, die sie verlangen, sie freywillig verpflegen.


§. XIV.

Da im vorhergehenden einiger Personen und Aemter erwehnt worden: so wollen wir von denen auch einen kurzen Begriff machen.

Advocatus Fratrum.

Ein Advocatus (zu Deutsch, Schutz- und Schirm-Vogt) ist ein blos bey piis causis gewöhnliches Wort, das sich ursprünglich auf die Verheissung: Könige werden deine Pfleger und ihre Fürstinnen deine Säug-Ammen seyn, gründete: Heut zu Tag aber bey Religionen nicht so wol Pflege, als Vertretung und Vorsprache gegen Unbefugniß bedeutet, da man nicht einmal an den Lehrsätzen der Leute, die man vertritt, Theil nimt: In welchem Sinn viele Deutsche Evangelische Fürsten Advocati Monasteriorum nicht nur ihrer, sondern auch Catholischer Religion, [22] und in der Ober-Lausitz Evangelische Landstände Vögte der Catholischen Clöster sind.


Bey der alten Brüder-Kirche haben König Podiebrad und Uladislaus, Kaiser Maximilian II. und Rudolph II., darnach die Piasten-Fürsten in Schlesien, und dann ihr Erbnehmer Elector Brandenburg.; in Polen aber einige Palatinen hinter einander dieses Amt geführt. Weil sich aber seit An. 1699. von den Grossen der Erden niemand mehr nach den Brüdern umgesehen, so hat deshalber eine neue Einrichtung gemacht werden müssen, die zugleich alles, was nach dem Jure publico in der Materie den Souverainen gehöret, für dieselben sorgfältig reservirt und bewahrt, sich aber in die Grenzen eines simplen Syndicats und Vorbitter-Amts, auch in Ansehung der Etablissemens, Colonien und Anstalten, eines Hausvater-Amts, aufs engeste einschliesset.

Dermalen repräsentirt dieses Amt Herr Heinrich der XXVIIIte Reuß, Graf und Herr von Plauen etc., der als ein directer Nachkomme der Böhmischen und Schlesischen Fürsten, die das Brüder-Volk zu erst in Schutz genommen, auf ausdrückliches Verlangen des sel. Grafen Christian Renati von Zinzendorf, (welcher die Anwartschaft auf dieses Amt abgelehnet und mit nichts als Seelen-Geschäften zu thun haben wolte) zugleich mit seiner Gemahlin, die zu dieser Kirchen-Pflege ein doppeltes Recht ihrer Vorfahren hatte, von dem Ordinario Fratrum zu seines obgenanten einigen Sohnes Erben erklärt worden. Er führet in England den daselbst in solchen Fällen gewöhnlichen Namen eines Lord Deputy, und hat überhaupt die Seniores politicos und die Agenten der Brüder-Kirche; insbesondere aber den Canzler, Vice-Canzler und Steward (Aufseher der Güter) zu seinem Collateral-Rath.

[23]
§. XV.
Vogtshof.

Dasjenige Schloß oder Haus, wo die Advocatia Fratrum ihr Archiv hat, wo ihre Haupt-Officianten wohnen, wo der dreyjährige Synodus generalis vor ordinair gehalten wird, und von wannen die fortwährenden currenten Geschäfte expedirt werden, wird der Vogtshof genennet. Derselbe war von An. 1738. bis 1747. auf dem Schloß Marienborn, dann in der Burg zu Lindheim, beide in der Wetterau, und auf dem Schloß Zeyst bey Utrecht; bis An. 1749. nach der bekanten Parliaments-Act die Gros-Britanischen Lande, als wo die Unität sich am meisten etabliret, ihr Archiv hat und ihre Gemeinen und Heiden-Mißionen am bequemsten übersehen und besorgen kan, dazu erwehlet und zu dem Ende der, eine Stunde von London, an der Thames liegende alte Hof der Grafen von Lindsey von dem Secretario Unitatis dazu aptirt wurde. Weil aber die nunmehro selig entschlafene Frau Gräfin von Zinzendorf die eigentliche Haus-Mutter der Gemeinen, Anstalten, Colonien und Heiden-Mißionen gewesen, wozu sie von ihrem Gemahl An. 1722. gehörig dotirt worden; so ist das liebe Sachsen schon etliche 30. Jahr der Ruhe-Platz der zurückgekommenen Boten und abwechslenden Arbeiter gewesen, und von da aus die meiste Zeit fürs gemeine Beste der Brüder-Kirche gesorgt worden.


§. XVI.
Jüngerhaus.

Von dem Vogtshofe ist das sogenante Pilger- oder besser, Jünger-Haus, unterschieden, und ist die wandernde Hütte und Retraite des Jüngers des HErrn mit seinem Collateral-Rath; welches der eigentliche Name des dermaligen Ordinarii und Advocati Fratrum ist. Derselbe stammt zwar selbst aus uralten Herren- und Fürsten-Häusern her, hat sich durch seine Vermählung noch mit verschiedenen hohen Häusern, die einen Erb-Nexum mit der Brüder-Kirche haben, alliirt, auch über dieses die Vogtey und das Syndicat dieser Kirche von allen itzt [24] lebenden Häuptern derselben, mit reiflicher Concurenz des vorigen Königs von Preussen, angenommen, und ist in dieser Qualität von allen Potenzen, welche mit der Brüder-Kirche contrahiret, erkant worden. Er hat aber zu allen diesen Umständen nicht die geringste Inclination und wird nur durch das unbeweglich drauf Bestehen der sämtlichen Gemeinen und durch die Nothdringende Beschaffenheit der Sachen von Jahr zu Jahr darinnen aufgehalten; ist aber tagtäglich in Erwartung und Vorarbeit auf seine Befreyung. Er hat daher schon 15. Jahr lang seinen Stand und Namen gänzlich unterschlagen und sich mitten in den Gemeinen ein beständiges Incognito verschaffet, worinnen er seines Berufs, sowol in der Evangelischen Christenheit als an die Heiden, mit voller Freiheit abwartet, und daneben die inn- und äussern Geschäfte der Brüder-Kirche zwar immer zugleich mit, aber nicht als das einige Object seines Berufs, sondern nur als ein Stück desselben, bedienet, auch im voraus alles so geordnet hat, daß er bey dem äussern Theil in kurzer Zeit füglich gemisset und seinem HErrn in so zart geliebter Armuth und Niedrigkeit, so ungenant als unbekannt, vollends gar ähnlich werden könne.


§. XVII.
Seniores politici.

Zum Vogtshofe gehören die Seniores Politici. Dergleichen Magistratus hat die alte Brüder-Kirche aus dem Herren-Stande genommen und mit Auflegung der Hände zur Aufsicht und Direction der äusserlichen Umstände der Kirche, eingesegnet. In den neuern Gemeinen aber sind sie erst An. 1745., seit dem sie sich sehr ausgebreitet und mit vielen Landesherren und ihren Ministeriis zu thun bekommen, als dazu nöthige Mittels-Personen, wieder eingeführt worden. Sie sind Aufseher über diejenigen Materien, die nicht direct ins Reich der Seelen einschlagen, und haben dahin zu sehen, daß alles κατὰ τάξιν καὶ ἑυσχημοσῦιην, ordentlich und ehrlich zugehe. Sie dirigiren alle Gemein-Gerichte zu Hause und verordnen [25] die Agenten in der Fremde. Sie werden den Landes- und Orts-Herrschaften, unter welchen Brüder-Colonien und Gemein-Orte angelegt sind, allezeit präsentiret, und richten sich in ihren Angelegenheiten nach Maasgabe der, zwischen der Obrigkeit und denen Brüdern aufgerichteten Willkühr, nach welcher sie, kraft eines besondern Privilegii, von den Geistl. Gerichten oder Consistoriis eximirt sind, und aus Vollmacht der Weltlichen Collegien und als Dero Nachgesetzte, agiren. Wenn in solchen Ländern, die durch Gesetze regirt werden, ihre Incumbenz mit den Gesetzen, auch nur dem Schein nach, collidiren könte; so schicken sie sich in dieselbe, indem sie nicht nur ihre eigene Commißion möglichst simplificiren, sondern auch einen oder mehrere Rechts- und Landes-erfahrne und beym Landesherrn accreditirte Jursconsulten sich adjungiren und zu Rathe ziehen, um der Brüder Gewissens-Freiheit zu mainteniren, ohne den Landes-Verfassungen im geringsten zu nahe zu treten.


§. XVIII.
Bischöfe.

Was ein Bischof und seine Verrichtung ist, kan man aus der Epistel an Timotheum und Titum nachsehen: Sie werden im Synodo generali, dessen Ausschuß einige Candidaten vorschlägt, von jedermänniglich und einmüthig erwehlt, nach demselben zu ihrem Amt, die Gemeine GOttes zu weiden, geweihet, ihnen die Macht, Priester zu ordiniren, der Binde- und Löse-Schlüssel, und was sonst einem Super-Attendenten oder Aufseher obliegt, anvertrauet, und durch ihr Presbyterium, d. i. den Collateral-Rath von Aeltesten, Priestern und Diaconis eingeschrenket.

Bischöfe, die den Gemeinen einer ganzen Welt-Gegend vorgesetzt sind, heissen bey den Brüdern Catholici, was man im Lutherthum einen General-Superintendenten nennt, und werden vom Ordinario Fratrum, einer in den Oestlichen, der andre in den Westlichen Welt-Gegend introduciret; von diesen [26] aber die Chor-Episcopi, die von Χωρά, Gegend, den Zusatz haben, und so viel als Diocesani, oder Land-Inspectores sind, ihren respectiven Provinzen vorgesetzt, um die GOttes-Familie in derselben göttlich zu regieren; wodurch man einen, zwey oder mehr Haus-Väter mit ihren Kindern und Gesinde versteht, die sich in dieser letzten betrübten Zeit vornehmen, daß, wenn ein Abfall geschehen solte, doch sie und ihr Haus dem HErrn dienen wollen; die dann so lange in ihren Gegenden und Heimath bleiben, als sie sich daselbst durchbringen können: Wenns aber Gewissens halber nicht mehr geht, Pilger der Erde werden, und sich in die Gemein-Orte der Brüder ziehen, da sie denn, und nicht eher, eines solchen Bischofs Pfleg-Befohlne werden.

Bischöfe, die Alters, Krankheit oder andrer Hinderungen halber, von der Verrichtung ihres Amts entlassen werden, heissen Emeriti, oder Alt-Bischöfe.

Sie werden von den Ihren Ehrwürdiger, lieber Bruder, betitelt, und empfangen keine Besoldung, sondern, wenn sie selbst kein Vermögen haben, ihren nothdürftigen Unterhalt, nicht mehr als ein andrer Ordinarius loci, das ist, einer Gemeine vorgesetzter Prediger und Liturgus oder Priester, und dessen Diaconus oder Helfer.


§. XIX.
Ihr Habit.

Sie haben weiter keinen unterscheidenden Habit, als daß sie, wie ein gemeiner Lutherischer oder reformirter Geistlicher, das ist wohlanständig und ehrbar, und wessen Gemeine es verlangt, schwarz gekleidet, iedoch ohne Bäfgen oder Kragen, einhergehen: Und die Bischöfe unterscheiden sich durch nichts, als daß die, so ihr eigen Haar haben, gemeiniglich, doch ohne Regel, mit einem violetten Calotgen das Haupt bedecken. Sie tragen zwar bey der Ordination einen weissen Talar mit einem rothen Gürtel. Da aber bey dem Abendmahl der jedesmalige Consecrator dergleichen trägt; so kan man das auch nicht einen Bischöflichen Habit nennen.

[27] Die weissen Chorröcke sind in vielen Lutherischen Ländern zu aller Zeit eingeführt gewesen: Die Mährischen Brüder die niemals was besonders affectiren wollen, haben etwas wohlanständiges und bequemes darin gefunden. Und da ihre Lehrer gemeiniglich ordinäre Kleider tragen; so haben sie diese zu Bertholdsdorf auch übliche Kirchen-Kleidung auf die anständigste und dem Zweck gemässeste Weise bey einigen feyerlichen Versamlungen unter sich auch eingeführet: Nur, weil sie nicht alle schwarze Kleider, viel weniger Pfarröcke tragen; so binden sie ihre Talare mit einem weissen oder rothen Gürtel fest zu, dessen Bedeutung die ist: Wie Christus in einem güldenen Gürtel vorgestellt wird, Offenb. I., 13. weil er die Gemeine, wie einen Schmuck, um sich gelegt hat; also ist hingegen in seiner Gemeine die Gerechtigkeit in seinem Blut der Gurt der Lenden.


§. XX.
Presbytery.

Diejenigen Personen, die den Collateral-Rath des Jüngerhauses, der Bischöfe und eines jeden Orts-Ordinarii ausmachen, heissen Presbyterii oder Aeltesten: Und müssen die Jahre und Erfahrung haben, um die innere Gemeinführung nach ihren Chören und Classen, zu einer jeglichen Person Besten, besorgen zu können. Es kan daher einer in dem allerwichtigsten Amt stehen, und doch nicht zu diesem Collegio gehören.

Oeconomi.

Ein Oeconomus ist ein Mann GOttes, der seit der Heimsuchung des Landes, darinnen er wohnt, die Wege des HErrn daselbst von Anfang angesehen, und um ihren Ein- und Ausgang gründlich weiß, der also bey allen Angelegenheiten seines Landes ein Votum consultativum, und, wenn es negative ausfällt, wol gar decisivum hat, dessen Rath man annehmen, und was er widerräth, lieber ungethan lassen muß. Solche Personen werden nicht von Menschen gesetzt, brauchen keine äusserliche und clericalische Weyhe, und werden im Gefolg ihrer Ausrüstung vom Heil. Geist, ihrer Erfahrung [28] vom Anfang her und ihres Beweises im Geist und in der Kraft, von den Gemeinen und ihren Arbeitern gar gern erkannt. Ihr Haupt-Geschäft ist, die Trennung der Brüder von der Landes-Religion zu verhüten, dem Anwachs der Gemein-Orte entgegen zu stehen, und zu sorgen, daß die Diaspora[3] der Kinder GOttes, die mit der Brüder-Kirche in einer Seele vereinigt sind, nicht aufhöre und sich in einem sichtbaren Leib, was man Gemein-Orte oder Dörflein nennt, verliehre. Zu welchem Ende ein Oeconomus beym Wehr- Lehr- und Nehrstande des Landes, wo er ist, und gemeiniglich von jederman geliebt und vor rechtschaffen erkannt wird, allen seinen Credit dahin anzuwenden pflegt, daß man die erweckten Seelen in der Diaspora durch nichts aufbringe, sondern in ihrem Lande und Ort geruhig und still hin leben und sich ehrlich nehren lasse.


§. XXI.
Ordinationes.

Die Ordinationes in der Brüder-Kirche geschehen beym Beschluß des Synodi, unter der gewöhnlichen Kirchen-Litaney, nach einer darinnen besonders ausgedruckten Fürbitte für das Amt, und gemeiniglich nach einer von dem Amt gehaltenen Rede des Consecratoris, mit Auflegung der Hände und einem auf die Person gerichteten Gebet und Segen.

S. Vorstellung Num. I.

Die Bischöfe werden ordinär von dreyen auß ihrem Mittel ordinirt. Die Chor-Episcopos kan ein Catholicus nebst einem Chor-Episcopo ordiniren. Die Seniores politici werden von den Bischöfen, die Ordinarii von den Chor-Episcopis und die Diaconi von einem Bischof und dem Archi-Diacono, der allezeit ein Priester ist, consecrirt.

Sie haben aber auch Diaconissas, die dem weiblichen Geschlecht, äusserlicher Ordnung und Anständigkeit halber, wie die Diaconi dem ihrigen, dienen. Dieselben werden nicht nur [29] ebenfals eingesegnet, sondern auch durch Aeltestinnen ihres eigenen Geschlechts: (weil der Apostel Paulus den Jüdischen Unwerth der Frauens-Personen für gänzlich aufgehoben angegeben hat) in ihrer Arbeit unterstützt.

Und Annahme.

Ausser denen Ordinationen geschicht unter der Litaney auch noch die Annahme solcher Personen, die sich in ihrem Gemüth zum Dienst GOttes bey der Gemeine, selbst verordnen, deren Ruf des H. Geistes an ihr Gemüth (wies die Englische Kirche nennt) nebst ihrer Tüchtigkeit und Treue die Arbeiter vorher prüfen und alsdenn ihren angebottenen Dienst, vor der Gemeine mit dem Handschlag annehmen, zu Vermeidung alles Scheins eines selbstlaufens, jedoch mit demüthiger Willigkeit und Paratschaft auf den geringsten Wink. Solche Personen wurden schon in der alten Brüder-Kirche Acoluthi genennet, (von άχολυθειν, nachfolgen) und mögen mit den Proponenten in der Reformirten, und den Candidaten in der Lutherischen Kirche einige Aehnlichkeit haben. Es ist aber die Aufnahme, wovon weiter unten, hievon sorgfältig zu unterscheiden.


§. XXII.
Kirchen-Zucht.

Die Kirchen-Zucht, die in den Canonibus aller Kirchen als ein nothwendiges Stück erfordert wird, ist in der Unität zur Zeit noch nicht recht eingerichtet. Der Ordinarius Fratrum hält den kurzen Begrif, den der Heiland davon gegeben, Matth. XVIII. für die beste Regel, eine Kirche darnach einzurichten; ist aber zeithero nicht zu bewegen gewesen, einige aus vielerley und auf alle Fälle vorgesehenen Regeln bestehende Form von einer Kirchen-Zucht aufsetzen zu lassen, damit sie nicht aus ungenugsamer Kunde aller Umstände eines Falls, entweder eludiret, oder unrecht und ohne Geist appliciret werde. Unterdessen observirt ein jeglicher Ordinarius loci mit seinem Presbyterio eine, seiner Gemeine, nach Verschiedenheit [30] des Landes und der Umstände, am besten zupassende, Ordnung und Zucht, die in einer Macht zu bessern besteht, und zum nächsten Zweck hat, den Misbrauch Christlicher Freiheit und sonderlich der grossen Gewissens-Freiheit innerhalb, und das Aegerniß bey denen, die draussen sind, zu verhüten: Jedoch mit der Vorsicht, daß sie nicht noch was ärgeres, nemlich Heuchler mache. Zu dem Ende haben sie es, in allen blos geistlichen Sachen, von vorne her so eingerichtet, daß weder jemand zum Guten genöthiget oder ihm etwas aufgedrungen wird, das er noch nicht aus völliger Bewußtheit seines Mangels und der Kostbarkeit der Sache herzlich begehrt; noch von iemand etwas gefordert wird, das er nicht hat. Hingegen ist in ihren Gemein-Orten, besonders durch die Ordnungen der Chöre, alles möglichst darauf angestellt, daß niemand zu Vergehungen Gelegenheit finde. Wenn aber gleichwol sich jemand vergehet, in Sachen, davon die Weltliche Obrigkeit keine Notitz nimmt; so verfällt er, nach Befinden der Umstände und seiner persönlichen Gemüthsstellung, in eine gelindere oder schärfere Zucht, so wie sie ihm eben am ehesten und gründlichsten zur Besserung gedeihen kan; Verführer aber werden auf immer aus ihren Gemein-Orten verwiesen, nach Maasgabe ihrer Litaney: Alle Verführer entferne von deinem Volk! bringe alle Irrige und Verführte wieder! Und daher mag das widersprechende Urtheil gekommen seyn, daß einige ihre Kirchen-Zucht, (da doch keine an die Härte der alten Canonum langen kan) hart und scharf genannt haben; welches auch in Ansehung der Verhütung einer Sache nicht zu läugnen ist: Andern aber das Verfahren mit Irrigen und Verführten, die man nicht verderben, sondern conservirt und gebessert sehen wollen, zu lax und gelinde gedünket hat, besonders an solchen Orten, wo die Obrigkeiten nicht, mit Rücksicht auf diese Lindigkeit des geistlichen Hirten-Amts, desto genauer in allen bürgerlichen Sachen zu regieren gewußt haben.

[31]
§. XXIII.
Bürgerliches Leben.

Das mag von der äussern Kirchen-Verfassung der Unität, insofern sie sich von andern unterscheidet, genug seyn. In Vita communi oder im bürgerlichen Leben und Hauswesen ist es bey ihnen ländlich, sittlich. Sie vermeiden darin alle Sonderlichkeit, und wollen lieber als ein simples, ehrliches Volk mit der That, in aller Menschen Herzen erkannt als darin besonders remarquabel vor andern distinguirt seyn.

Gemein-Gericht.

In den meisten ihrer von andern Städten und Dörfern etwas entfernt erbauten Gemein-Orten und Colonien haben sie unter Direction eines Senioris politici ein Gemein-Gericht, das ist, ein denen Landesherrlichen Collegiis zur Erleichterung nachgesetztes Unter-Gericht, bestehend aus den ansehnlichsten Einwohnern des Orts, die alles, was zum bürgerlichen Leben, zur Handthierung und Fortkommen gehört, einrichten, beurtheilen, und, ohne Proceß zu führen, beylegen.

und Handthierung.

Dieselben sehen auch nebst den Handwerks- oder Zunft-Meistern darauf, daß jede Handthierung Arbeit bekomme, ein jeder was tüchtiges mache, keiner dem andern in den Weg trete und durch höhern und niedrigen Preis der ganzen Handthierung Schaden verursache. Die Lehr-Jungen werden, nachdem sie eine zeitlang auf der Probe gewesen, in einer monatlichen Handwerks-Conferenz, in Beyseyn des Gemein-Gerichts, ordentlich aufgedungen: Und wenn sie ihr Handwerk tüchtig gelernet, ohne weitläuftige Gebräuche, losgesprochen. Die ledigen Gesellen wohnen, und, wenns die Handthierung zuläßt, arbeiten auch in ihrem Chor-Hause und haben die Lehr-Jungen bey sich zur Aufsicht.

[32]
§. XXIV.
Diaconi.

Zur Besorgung verschiedener Gemein-Bedürfnisse haben die Brüder Diaconos und Diaconissas, die zu ihrem Geschäft so, wie die Diaconi §. XXI., eingesegnet werden. Die sorgen, da es nöthig, vor den Unterhalt ihrer Arbeiter aus einer freywilligen Beysteuer der Gemein-Glieder: Und wo es fehlt, da hat man sich noch zur Zeit lediglich an den Vogtshof und die Gräflich-Zinzendorfische Familie gewendet. Zu gewissen kleinen pressanten Ausgaben legen sie, wie andre bürgerliche Verfassungen, den Einwohnern eine Taxe auf, als da ist die Licht-Casse für die Capellen oder Säler, die Brunnen-Casse, das Wacht-Geld, die Casse für die durchreisenden Bettler, damit sie nicht vor den Thüren betteln dürfen.

Besorgung der Armen.

Sie haben auch Almosen-Pfleger, die aus einer freywilligen Armen-Casse alten oder nothdürftigen Familien zu Hülfe kommen: Die Kranke und unvermögliche Arme aber unter dem ledigen Geschlecht, den Witwern und Witwen, werden in ihrem respectiven Chorhause versorgt, so, wie die armen Kinder und Waisen in ihren Anstalten, die sie ebenfals am Ende an dem Vogtshof halten.

Uberhaupt ist diese ganze Sache, ohne deßhalb eine beständige Einrichtung zu treffen, bißher so behandelt worden, daß man von 1722. biß hieher noch von keinem Bettler oder insolventen Schuldner unter ihnen gehört hat. Und was die Particuliers dazu beytragen, davon kan man mit Wahrheit sagen, daß die Linke nicht weiß was die Rechte thut.


§. XXV.
Kleider Tracht.

In der Kleider-Tracht sind sie sehr simpel, und meistens gleich. Denn da die Welt sich darüber aufgehalten, daß manche Brüder sich ihr darin gleich stellen: (welches wol eigentlich aus Neid hergekommen, weil man, auch unter den Geringsten dem Stande nach, niemanden blos und armselig, [33] sondern alles reinlich, und obgleich nicht prächtig, doch wohl gekleidet gesehen). So haben auch die Vornehmern nach und nach sich der sonst gewöhnlichen Freiheit lieber begeben, als andre ärgern wollen.

Die Frauensleute haben zwar keine vorgeschriebene Kleider-Ordnung: Weil es sich aber gleich anfänglich getroffen, daß die in und um Herrnhut Landes-übliche Tracht etwas ausnehmend simples und nobles, anständiges und bequemes hatte; so haben zu erst die dahin gezogene gemeine Frauen dieselbe angenommen, und die Dames sind ihnen, um sich nicht zu distinguiren, so ungern man es auch im Anfang geschehen lassen, darin nachgefolget. Und weil ihr Kopf-Zeug ein Band erfordert: So unterscheiden sie sich nach ihren verschiedenen Chören und Altern durch die Farbe des Bandes, damit die Haube zu gebunden wird. Die Kinder tragen grüne oder rothe, die Jungfern nach Verschiedenheit des Alters weiß und rothe oder rosenrothe, die Weiber blaue und die Wittwen weisse Chor-Bänder. Die Schwangere und Säugende tragen ihren Umständen und der Gemächlichkeit gemässe längere und von den ordinären vielfärbigen Nacht-Kleidern unterschiedene braune Mantel-Kleider.


§. XXVI.
Erbschaften.

In Testaments- und Erbschafts-Sachen haben die Brüder nichts angeordnet, daß dem gemeinen Lauf im geringsten entgegen wäre. Nichts hindert die Execution sowol der im Gesetz Mose, als der in den Statuten der Länder, wo sie wohnen, angegebenen Erbschafts-Folge. Es haben zwar seither wenig Leute unter ihnen ein ordentliches Testament aufgerichtet, sondern es darauf ankommen lassen, wie sich die nächsten Nachgelassenen selbst darein verstehen wollen: Das wird aber, besonders wegen auswärtiger Verwandten, sehr gemisbilliget, und das Gegentheil bey Gelegenheit eingeschärft. Wer in seinem Chor-Hause aus der Zeit geht, und keine bekandte Freunde hat, [34] der bedenkt gemeiniglich sein Haus vornemlich, um die etwa darauf noch haftende Schulden bezahlen zu helfen. Sonst erbt die Frau den Mann, das Kind die Eltern, & vice versa.


§. XXVII.
Freiheit vom Eide und Waffentragen.

Sonst findet sich noch das Besondere bey den Brüdern, daß sie, wo sie sich anbauen, bey der hohen Obrigkeit die Freiheit vom Eide und Waffentragen sich ausbedingen: Weil viele unter ihnen Bedenken haben, diese und jene Eides-Formul abzulegen. Daß die dermaligen Mährischen Leute nicht kriegen wollen, ist ja wol an sich selbst sehr gut, und ihnen nicht zu verdenken, wenn sie sich auch darin sowol von den Hußiten, die bekantlich nur zu gute Soltaten gewesen, als von den ehmaligen Waldensern sorgfältig unterscheiden, dagegen ein stilles und geruhiges Leben führen und das Beste der Stadt, wohin sie der Herr geführet hat, auf alle sonst nur ersinnliche Weise nach ihrem Gewissen und ohne Aufsehen suchen. Ihre Obrigkeiten dispensiren gern und willig mit scrupulösen Gewissen, und nehmen statt der gewöhnlichen Eides-Formul ihre Versicherung für eben so gültig, ja noch gültiger an, als wenn sie ein Buch küßten oder die Hand aufrekten: Wie solches der Herzog von Argyle in einer schönen Rede, die er für der Brüder Act im Ober-Hause des Groß-Brittannischen Parliaments gehalten, so gründlich dargethan hat, als es dem höchsten Richter in Schottland eignete und gebührte. Von Waffentragen und Werbungen sind sie, in Rucksicht theils auf ihr Gewissen und daher entstehende Untauglichkeit, theils auf die Nutzbarkeit ihrer Handthierung, entweder gänzlich befreyt; oder sie erstatten die persönliche Forderung zur Beschützung des Landes mit einer gleichgeltenden Geldt-Summe.

[35]
§. XXVIII.
Besondere Liturgie.

Bey dem öffentlichen GOttes-Dienst haben die Brüder-Gemeinen eine von den andern Kirchen-Verfassungen zwar besondere, aber von denselben und unter sich selbst nicht viel mehr unterschiedene Liturgie, als man nicht nur in der Catholischen Religion verschiedene Ritualien, sondern auch in jeder der Evangelischen Religionen viele differente Agenden hat.

und Ceremonien.

Ihre Ceremonien und Gebräuche sind zum Theil einerley mit der alten Brüder-Kirche ihren; oder denselben doch in nichts entgegen; als wo es bey jener, aus Furcht; es möchte dem Catholischen GOttes-Dienst noch zu ähnlich sehen, gar zu raffinirt und unliturgisch zugegangen seyn mag. Dasselbe haben die jetzigen Brüder geändert, nach einem Grundsatz ihrer Agende: Daß man zu ewigen Zeiten ändern und bessern soll, was einer Verbesserung bedarf. Das kan ein jeder Ordinarius in seiner Gemeine vor eine Zeit; ins Ganze aber und vor die Dauer, nur der Synodus. Und obgleich nicht sonderlich auf eine Gleichförmigkeit aller Ceremonien gedrungen werden kan, indem jeglicher Gemein-Ort sich in die Umstände des Landes schickt: So richtet sich doch eine jede Gemeine von selbst gern, so viel möglich nach der andern.

Tägliche Versamlungen.

Die zum öffentlichen Gottes-Dienst bestellte Lehrer halten denselben, wie in andern Evangelischen Kirchen, nur überaus simpel, in einer Kirche, Capelle, Bet-Hause, oder Saal, des Sonntags Vor- und Nachmittags, und an den übrigen Tagen, nach Unterscheid der Orte und der Gemein-Glieder Haus- und Umständen, entweder nur einmal auf den Abend, oder etliche mal am Tage: Im Jünger-Hause aber gemeiniglich fünfmal, als: Früh Morgen-Segen; Mittags eine Rede; Winters in der Dunkeley, wenn man Licht anzündet, die tägliche Liturgie; Abends um 8. Uhr Sing-Stunde, und zuletzt zwischen 10. und 11. Uhr Abend-Segen.

[36]
§. XXIX.
Morgen- und Abendsegen.

Der Morgen-Segen wird an den meisten Orten von jedem Haus-Vater mit seiner Familien besonders, und in jedem Chor-Hause gemeinschaftlich; der Abend-Segen aber von jedem Chor vor sich, und zu gewissen Zeiten von allen zugleich gehalten.

Liturgie.

Die tägliche Liturgie wird nur an gewissen Orten, und zwar im Sommer zu Mittag, im Herbst und Winter aber zu der Zeit gehalten, da sich Tag und Nacht scheidet. Im Jünger-Hause wird aus dem Common-Prayer oder Liturgien-Büchlein, (bestehend aus verschiedenen Kirchen-Gebeten, Lytaneyen, Hymnis und Collecten), am Sonntag die Litaney des Lebens und Leidens JEsu, und an den folgenden Tagen das Te Deum laudamus, das Te Jehova, und Te Abba, wechselsweise gesungen. Mittwochs, welcher der sogenannte Jünger-Tag ist, da man die Post aus den Gemeinen, (so wie in allen Gemeinen an den monatlichen Gemein-Tagen) communicirt, wird die Liturgie zur Heil. Drey Einigkeit gesungen, oder in drei verschiedenen Versamlungen, zum Vater, zum Sohn und zum Heil. Geist insbesondere gebetet: Freytags ist Paßions-Vesper, gemeiniglich mit dem Hymno: O Haupt voll Blut und Wunden etc. und Sabbaths wird die Liturgie vor der Kirche GOttes gesungen.

Fürbitte.

Das Kyrie Eleison, oder die Kirchen-Litaney, wird in jeder Gemeine alle Sonntag früh und an den Gemein-Tagen gebetet, und darin sowol für alle, als besonders für jedes Gemein-Orts hohe und niedrige Obrigkeit namentlich, wie auch für alle Brüder-Gemeinen und die ganze Christenheit, geflehet. Ausser dem wird die Fürbitte durch gewisse Personen, welche sich dazu besonders gedrungen finden, Tag und Nacht unaufhörlich fortgesetzt: Und das nennen sie die Kirchen- oder Gebets-Wache, und eines jeden seine bestimmte Zeit, die Bet-Stunde.

[37]
und Singstunde.

Alle Abend ist eine Zusammenkunft der Gemeine, da ein Lehrer, über einen Biblischen Text des Tages, singt, was er aus allerley Liedern der Materie gemäß findet, welches die Gemeine ohne Buch mitsingt. Das nennen sie die Sing-Stunde, die sie sehr hoch halten und besser angehört als beschrieben werden kan. Und weil die Böhmen gebohrne Musici sind; so ist auch an manchen Orten, zu besserer Erhaltung der Harmonie und Dämpfung unangenehmer Stimmen, kein Mangel an einer ziemlich vollständigen Musik, sonderlich der Orgel, der Violinen und blasenden Instrumente, die sie, weil sie GOtt im Alten Testament selbst eingeführet, bey gewissen, sonderlich Fest Gelegenheiten, nicht verwerfen wollen, sondern nur mit grosser Sorgfalt so simpel, anständig und leise einrichten, auch nur, ausser wenigen Fest-Cantaten, zum Mitspielen der Melodien brauchen, daß es niemanden weltförmig vorkommen kan; es müßte denn ein hypochondrisches oder geistlich-stolzes Gemüth seyn, oder eine Gemeine in einem Lande wohnen, wo man sich eben in allen Ceremonien, auch den einfältigsten und nöthigen, stösset; Da ihr denn auch an die Hand gegeben wird, der Schwachheit ihres Nächsten möglichst zu schonen.


§. XXX.
Allgemeine und besondere Kirchen-Feste.

Diejenigen Kirchen-Feste, die die ganze Christenheit begeht, feyren die Brüder-Gemeinen auch, nach Art des Landes, indem sie wohnen, mit dankvoller Erinnerung, und fruchtbarer Beherzigung der dem menschlichen Geschlecht an solchen Tagen erwiesenen Gnade. Was aber bey andern Christlichen Kirchen, nach Unterscheid des Landes und der Religion, besondere Feste sind; Als die Encaenia oder Kirchweihen, Apostel- und Patronen-Tage, Reformations-Feste und andre dergleichen Gedächtniß-Tage: Das ist bey den Brüdern ihr zwölfter May, dreyzehnter August, sechzehnter September, dreyzehnter November und dergleichen. Solche Feste werden gemeiniglich mit einer kurzen Erinnerung der Gelegenheit dazu, mit Danksagung und [38] Gebet und mit Agapen gefeyert.

und Tage.

Handelt einer der täglichen Texte von einer besondern Haupt-Materie der Heyls-Wahrheit, so wird das ein Lehr-Tag; und so sie eins der Chöre ins besondere angeht, ein Chor-Tag genennet.

Gemein-Tage.

Alle Monate wird ein eigener Tag ausgesetzt, die bisher aus dem Jünger-Hause mitgetheilte Nachrichten aus den übrigen Gemeinen, Colonien und Heiden-Mißionen, öffentlich zu lesen: Und das heißt der Gemein-Tag, welcher ordinär den nächsten Montag nach dem Abendmahl gehalten wird. Zum Schluß desselben wird die Gemeintags-Pericope, eine Weissagung vom Zustand der Gemeinen des Neuen Bundes, mit untermengten Choralen, recitirt,

und Aufnahme. Siehe Vorstellung. Num. II.

und nach einer Rede diejenigen Personen, deren Bitte um die Pflege der Gemeine man nicht abschlagen kan, durch den Friedens-Kuß in die Gemeine aufgenommen und in einem Gebet auf den Knien, nebst allen Gemeinen und zerstreuten Kindern GOttes, ihrem Herrn empfohlen. Es wird also durch die Aufnahme keine Person verpflichtet, sondern von Seiten der Gemeine versichert, daß man sich auf ihr herzlich erkantes Bitten und Verlangen künftig mehr nach ihr umsehen und sie, so viel ohne ihren eigenen Schaden möglich, in die Pflege, Verheissungen und Segen der Oeconomie dieser Zeit, und so bald es ihr dienlich, zur Gemeinschaft am Leibe und Blute des HErrn admittiren wolle.


§. XXXI.
Taufe der Kinder.

Die heilige Taufe, das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des Heil. Geistes, und das gewisse Bundes- und Gnaden-Zeichen, sich zu GOTT alles Gute zu versehen, verrichten die Brüder, wie in andern Evangelischen Kirchen, an einem öffentlichen Versammlungs-Ort in Gegenwart der Gemeine, sonderlich aller Kinder; im Nothfall aber bey den Müttern. Nachdem die anwesenden Kinder über den Artikel von der heiligen Taufe catechesirt und einige daher gehörige Collecten [39] gesungen worden,

Siehe Vorstellung. Nu. III.

wird dem Kinde, das einer von den Paten über der Taufe hält, das Wasser aus einer Schale dreymal reichlich aufs Herz gegossen und es also getauft in JEsu Tod, in dem Namen des Vaters, des Sohnes und des Heil. Geistes. Alsdenn legen ihm einige Gemein-Arbeiter die Hände auf das Haupt, welches auch von den Paten geschieht, wenn die Eltern welche dazu erwehlt haben.

S. Vorst. Nu. IV. Der Erwachsenen und der Heiden.

Der Exorcismus, den man bey den Kindern nicht braucht, es sey denn, daß es jemand so haben wolte, wird bey erwachsenen Täuflingen vor ordinär, und bey den Heiden allemal, gebraucht.

S. Vorst. Nu. V. und VI.

Alsdenn werden sie zwar unter eben den Worten, wie die Kinder, getauft, aber auf den Knien mit dem Tauf-Wasser dreymal übers Haupt ganz überströmt. Nach empfangenem Kirchen-Segen prosterniren sie sich vor dem Bundes-GOTT, ihm vor die empfangene Gnade zu danken, werden sodann von etlichen Gemein-Arbeitern oder ihren Paten, und unter den Heiden von Arbeitern aus ihrer Nation, aufgehoben, und nach dem Friedens-Kuß in ein Zimmer zur Ruhe begleitet.


Solche Neger, die schon in ihrer Kindheit, etwa von Catholischen Missionariis, getauft sind, werden, wenn sie um die Pflege der Brüder bitten, in die gemeine aufgenommen. Welche Eltern noch nicht getauft sind und von deren Kinder-Erziehung man sich nichts versprechen kan, deren Kinder werden gleich nach der Geburt von den Brüdern nicht getauft, sondern auf der Eltern Verlangen in einem Gebet gesegnet. Und ein Kind, das in seiner zartesten Unschuld nicht getauft worden, wird von den Brüdern nicht eher dieses Sacraments theilhaftig gemacht, als bis es, nebst der erforderlichen innern Fähigkeit, auch zum reifen Gebrauch seines Verstandes gekommen ist. Sie halten es aber, nach genugsamer Unterricht und Privat-Prüfung ihrer Herzens-Stellung, vor unnöthig und [40] vergeblich, ein öffentliches Glaubens-Bekentniß vor der Taufe ablegen zu lassen, weil das des Täuflings Gemüth nur von der Haupt-Sache abziehen würde, und man ohnedem weiß, daß das nur gelernte Antworten sind, die von nichts als einem guten Gedächtniß zeugen, und nicht einmal ein gesundes Judicium, geschweige Herz, erweisen.


§. XXXII.
Abendmahl.

Die hochheilige Handlung des Abendmahls, darinnen der Leichnam JESU genossen und sein Blut getrunken wird, halten die Brüder ebenfals an einem öffentlichen Versamlungs-Ort, und nur bey Kranken, in Wohnstuben; gemeiniglich alle Monat, nach Beschaffenheit der Orte Sonnabends oder Sonntags, zu Mittag oder am liebsten am Abend; und zwar eine ganze Gemeine an einem Tage, und so viel möglich alle Brüder-Gemeinen an eben demselben Tage: Nachdem alle Communicanten von den Dienern der Kirche gesprochen worden, oder ihren dermaligen Zustand ihnen schriftlich entdeckt haben.

Die Handlungen desselben folgen so auf einander.

1.) Gleich nach der öffentlichen allgemeinen Beicht und Absolution, geschieht.

S. Vorst. N. VIII.

2.) Die Consecration des Brods unter den Worten der Einsetzung, und

S. Vorst. Nu. IX.

3.) Die Austheilung,[4] auf Seiten der Brüder durch einen Priester und Diaconum, und auf Seiten der Schwestern durch einen Priester und Diaconisse. Der Diaconus reicht dem Priester aus dem Körblein ein Stück des gesegneten Brods, welches derselbe bricht und zweyen zu gleich giebt. Unter der Austheilung singt der Consecrator den Hymnum: O daß [41] sich JESU treues Weib, die Creutz-Gemeine, mit dem Leib der für sie abgeschlachten Lieb in diesem Augenblick begrüb!

S. Vorst. Nu. X.

4.) Wenn ein jedes seinen Theil bekommen, so geschieht der gemeinschaftliche Genuß, in einem Augenblick, nach den Worten: Das thut zu meinem Gedächtniß! und der gleich darauf folgende Collecte:

S. Vorst. Nu. XI.

Gemeine, zittre heiliglich! der Tod des Lamms durchgehet dich! indem die Gemeine auf den Knien oder dem Angesicht liegt, welches auch Prostratio, das Anbeten, heißt, und bey noch andern Gelegenheiten üblich ist.

5.) Nachdem sie wieder aufgestanden, wird der Friedens-Kuß ertheilt, unter den Worten: Das unbefleckte Passah-Fleisch, das mach dir Leib und Seele keusch!

6.) Dann wird sitzend eine Liturgie über den Leichnahm JESU gesungen, die man nicht beschreiben kan.

7.) Nach derselben wird das Testament in seinem Blut, gemeiniglich mit dem Vers: Da man hatt’ zur Vesper-Zeit die Schächer zerbrochen, ward JEsus in seine Seit mit einem Speer gestochen: daraus Blut und Wasser rann etc. angefangen, der Kelch mit den Worten der Einsetzung consecrirt, den Aeltesten gegeben und

8.) unter Aßistenz der Diaconen von einem Nachbar dem andern zu gereicht, indem aus Paßions-Liedern eine Liturgie über das heilige Blut gehalten wird.

S. Vorst. N. XII.

9.) Zum Ende wird von einem Nachbar dem andern unter einer schicklichen Collecte der Friedens-Kuß und Segen ertheilt, und

10.) die Candidaten, wann welche vorhanden, zum nächsten Genuß des heiligen Sacraments confirmirt.

[42] Zuletz wird noch ein gemeinschaftlicher Abend-Segen, wenn das Abendmahl Mittags, oder Morgen-Segen, wenns des Abends gewesen, meistens aus Communions-Liedern gehalten, der allemal was besonders eindrükliches hat.

Diejenigen, welche Amts- oder anderer äusserlichen Hinderungen halber zu Hause bleiben müssen, empfahen bald darauf, oder am nächsten Morgen, auf einem Gemein-Saal das Abendmahl ohne abermalige Consecration; dieses wird die Nach-Communion genennt; und die Kranken, die sich nicht dahin begeben können, empfahen es von einem Diacono in ihrer Stube; Ausser den allgemeinen Communions-Tagen aber wird den Kranken das Abendmahl nicht gereicht.


§. XXXIII.
Fußwaschen.

Von dem Pedilavio oder Fußwaschen glauben die Brüder, daß es der Heiland nicht nur als ein Liebes- und Kirchen-Dienst, sondern auch zur geistlichen Reinigung dienlich, ausdrücklich und Testaments-Weise eingesetzt habe.[5] Sie verrichten es aber nur in völlig eingerichteten Gemeinen, an allen Communicanten, nicht vor einem jeden Abendmahl, sondern vor ordinär nur am Grünen Donnerstag, und wenn sie es sonst nöthig finden. Es wird zu erst eine Rede von der Einsetzung und dem Zweck dieser Handlung gehalten; Dann werden gewisse darauf verfertigte Collecten aus Joh. XIII. mit untermengten Lieder-Versen gesungen; Unter demselben gehen die Priester und legen dem Volk die Hände zur Absolution auf; Worauf etwa zwölf, mehr oder weniger, zum Waschen bestellte Arbeiter eben so viel Brüder in einer Reihe zugleich die Füsse zu waschen anfangen, mit einem Schurz abtroknen, und mit dem Kuß endigen; [43] Indem ein Priester die Liturgie verrichtet und bey jeder Reihe die dabey gewöhnliche Collecte wiederholet.

Siehe Vorstellung. N. XIII.

Auf eben die Weise geschieht es vor oder nachher an den Schwestern von Aeltestinnen und Diaconissen ihres Geschlechts, in Beyseyn eines Priesters, der die Liturgie hält.


§. XXXIV.
Liebes-Mahle. Siehe Vorstellung. N. XIV.

Ausserdem halten die Brüder auch bey verschiedenen Gelegenheiten Agapen oder Liebes Mahle nach dem Exempel der ersten Kirche. Dieselben sind in der That nichts anders, als sehr mäßige Mahlzeiten, die mehr zum frölich und voll Geistes werden, als sich zu sättigen, gemeint sind, und wegen der weitläufigen Freundschaft der Kinder GOttes, nur grösser und weitläufiger als die gewöhnliche Familien Mahlzeiten sind. Und damit sie weder in eine unanständige Sparsamkeit, noch ärgerliche Verschwendung degeneriren können: so hat man nicht nur die Art der Speise und des Tranks, nemlich Brod und Thee, vorgeschrieben; sondern in regulirten Gemeinen werden die Brödgen mit besondern Fleis dazu gebacken, daß es sich von anderm Brod unterscheidet. Es sind aber

1.) Liebes-Mahle aus Anlaß verschiedener Gelegenheiten, die Weiter keine gesetzte Zeit haben.

2.) Haus-Liebes-Mahle, wenn ein Haus-Herr, der ein grosses Hauswesen hat, um den Bedienten einmal einige Feyer-Stunden zu gönnen, es in die Wege richtet, daß er mit seinem Hause manchen Tag, z. E. Sabbaths oder Sontags, einmal am Tage nicht ordentlich speiset, sondern mit allen zugleich Agapen hält.

3.) Fest- und Kirchen-Liebes-Mahle, z. E. am Grünen Donnerstag, Char-Freytag, grossen Sabbath, an Gedächtniß-Tagen, und vor oder nach dem heiligen Abendmahle. Bey den Lezten hatte man sonst Wein und Wasser: Weil aber gewisse Personen aus andern Kirchen, diese Agapen vor das heilige Abendmahl [44] nehmen wolten; so haben die Brüder den ordinären Trank dabey eingeführet.


§. XXXV.
Lesung der heiligen Schrift.

In den täglichen Versamlungen wird die heilige Schrift zwey bis dreymal tractirt und die Brüder bedienen sich dabey der Ubersetzung, die in dem Lande, wo sie wohnen, am meisten eingeführt ist, in kindlicher Erwartung eines etwa vollkommenern Stückwerks durch den zusammengesezten Dienst so vieler, zum Theil wohlgerathenen, Bibel-Ubersetzungen, die sie durch die Brüder aus so mancherley Sprachen in die Hände bekommen haben. Sie lesen gern und fleißig in der Bibel öffentlich und in geheim, und einige sind darinnen so bewandert, daß sie ganze Stücke fast auswendig wissen.

Losungen.

Zum Grunde einer Rede oder Predigt legen sie gemeiniglich diejenigen Sprüche heiliger Schrift, mit einer Collecte aus dem Gesangbuch erläutert, die man Losungen und Texte nennt. Jene sind tägliche Aufmunterungs-Worte, mehrentheils aus dem Alten Testament, enthaltend Gedenk-Sprüche, Verheissungen, Warnungen, Strafe und Trost, und haben An. 1729. ihren Anfang genommen.

und Texte.

Die Texte sind Lehr- und Ermahnungs-Worte, mehrentheils aus dem Neuen Testament, und haben An. 1736. ihren Anfang genommen mit des Heilands-Reden; Worauf die Beschreibung des Heilands aus der Propheten und Apostel Munde, das Lamm GOttes genannt; und sein Character aus seinem eigenen Munde, mit andern Schriftstellern erläutert, gefolgt sind. Diese sind, so wie manche der Losungen, in ein und andern Jahren wiederholet worden. Darauf ist in solchen täglichen Texten heraus kommen: Ethica Sacra, oder die Bibel-Sittenlehre; Liturgia Biblica, oder Texte von der seligen Nähe GOttes in besonders Gnadenreichen Handlungen und Offenbarungen gegen seine Menschen, im alten und neuen Bunde; Ferner die Biblischen Namen des [45] Heilands und seiner Braut, der Kirche; Drey Jahrgänge von Texten, die in den Losungen noch nicht vorgekommen, aus den fünf Büchern Mose, Josua und der Richter bis auf Samuel, in ihrer natürlichen Zeit-Folge, womit vermuthlich durchs ganze Alte Testament continuirt werden wird; und endlich die Texte von der selbstständigen Weisheit, dem heiligen Geist. Man hat auch angefangen, aus alten und neuen Kirchen-Liedern Stoß-Gebetlein und Collecten als Kinder-Losungen zum Gebrauch der Anstalten, zu samlen.


§. XXXVI.
Anstalten und Paedagogia.

Das Wort Anstalt, welches von den Vorfahren am Werk des HErrn vermuthlich darum beliebt worden, daß es das in Miscredit gerathene Wort pia causa aus der Welt hat sollen bringen helfen, wird bey den Brüdern gemeiniglich in dem Sinn gebraucht, daß es eine Schule, oder Versamlung von Kindern, die beysammen wohnen, lernen, schlafen und erhalten werden, andeuten soll. Denn den Namen der Waisen-Häuser, mit dem man gleichfals einen ungeschickten Begrif zu verbinden pflegt, haben die Brüder mit der Sache selbst ganz fallen lassen; und die wirklichen Waisen und arme Kinder, werden nebst den Kindern der Arbeiter und Boten, deren Eltern unter den Heiden und andrer Orten entschlafen sind, oder noch arbeiten und sie nicht bey sich haben und erziehen können, wie andre Kinder von auswärtigen Orten in den Anstalten und Paedagogiis erzogen.

Die Brüder sind schon oft der Gedanken gewesen, haben es auch überall bekannt gemacht, daß sie das Annehmen aller Kinder von fremden Orten, zu deren Unterweisung sie nicht unmittelbar verbunden wären, aus vielen Ursachen gänzlich ablehnen wolten; Sie machens auch noch den Eltern mit Reversen und auf andere Wege so schwer als möglich: Sie habens aber doch nicht jedermann abschlagen können. Und das starke Zudringen und so oft vergebliche Bitten der Eltern ist wol der [46] stärkste Beweis von aussenher, daß der Brüder Schulen sich seit einigen Jahren in einer solchen Verfassung müssen befunden haben, daß man mit Bestande nicht viel dagegen einwenden kan: Wie man denn dafür hält, daß in ihren Paedagogiis, wo junge Herren von Gräflichen, Adelichen und Bürgerlichen Stande, Einheimische und Fremde erzogen werden, manche in allen Arten nöthiger und nützlicher Wissenschaften so viel lernen, daß sie wohl der Academien entbehren könten. Ein mehrerers können und wollen wir von den Anstalten, besonders von ihrer persönlichen innern Verfassung nicht melden: Weil solches weder die Sache erreichen; noch denen Vorgesetzten der Anstalten angenehm, und ihren Anvertrauten nützlich seyn würde; Dieselbe auch von Fremden mehr bewundert, als begriffen und ihrerseits nachzuahmen möglich geachtet wird.


§. XXXVII.
Academie.
Seminarium.

Wenn diejenigen, die sich auf Wissenschaften legen, ihre Studia geendigt haben, und nicht auf Universitäten oder zu den Ihrigen gehen müssen; so kommen sie auf die Academie, und nach dreyjährigem Studio daselbst, in das Seminarium der Brüder, darinnen sich seit seinem Anfang An. 1730. bey dreyhundert Mitglieder, als: Verschiedene Mahrische Brüder, mehr als hundert Lutherische Candidaten von etwa fünfzehen Academien, und etlich fünfzig Englische und andere Reformirte Gelehrte, befunden haben, die zum Theil nach treuer Arbeit bereits in ihre Ruhe eingegangen sind, zum Theil noch in Aemtern stehen, und zum Theil im Seminario sich noch zubereiten lassen; wo sie sich unter Aufsicht eines Decani und seiner Gehülfen, hauptsachlich in der Theologie, doch mehr practisch und homiletisch, als systematisch, in den Grund-Sprachen und in der Kirchen-Historie weiter üben, ihr eigen Herz suchen und finden, die Gabe, die etwa in ihnen ist, erwecken, und alsdenn entweder theils zu Präceptoren und Catecheten in andern [47] Evangelischen Kirchen, theils zu Aemtern in der Brüder-Kirche berufen werden; oder sich selber zu Mißionen von allen Arten darstellen.


§. XXXVIII.
Heiden-Mißionen.

Die Heiden-Mißion ist eine einfältige Ausführung des Entschlusses, den die Brüder desfals im sechzehnten Jahrhundert gefaßt haben, nachdem sie Lutherus so ernstlich ermahnt hatte, daß sie sich nicht in Böhmen einschliessen, sondern auch andere Sprachen lernen und die Heiden bekehren sollten.

An die meisten Orte sind die Brüder entweder von den Heiden selber, oder von den Eigenthums-Herren solcher Länder beruffen worden. Weil aber die letzte Art des Berufs vielmals Absichten zum Grunde hat, die die Brüder nicht erfüllen können; so haben sie lieber Erlaubniß als Veranlassung von denselben. Ein Heiden-Bote wird eigentlich nicht gewehlt, sondern wenn der Synodus ein und andern verlangt; so bieten sich die Brüder, die dazu einen Trieb haben, an, die Heiden-Commißion untersucht ihren Beruf und Fähigkeit, fertiget sie auf ihre Posten ab, und läßt sie durch Deputirte, oder, wenn etablirte Gemeine in ihrer Nähe sind, durch die Aeltesten derselben visitiren und erfordernden Falls zurück rufen. Und gleichwie solche Boten gemeiniglich geringe Leute sind, deren Ein- und Ausgehen unter den Heiden wenig Aufsehen macht, die viele damit verbundene Beschwerlichkeiten besser als so manche zärtliche, obgleich gelehrtere Leute, ertragen können, auch so viel möglich, arbeiten, um sich selber wohlfeil und denen, die sie gesendet, nicht gar zu beschwerlich, durchzubringen, dabey fleißig und gedultig sind, wenn sie manchmal lange auf die Heiden warten müssen oder gar vergebens gehen; indem sie es von Anfange nicht auf die verheissene grosse Heiden-Bekehrung, sondern derweile nur auf Erstlinge aus denselben angestellt haben; so sind sie, wenn sie zur Ausführung ihres Zwecks kommen, auch desto dankbarer und sorgfältiger, ziehen, so viel möglich, [48] die begehrten Heiden an einen einsamen, von andern Christen und Heiden etwas entfernten Ort zusammen, um ihnen Aergernisse zu ersparen; lassen aber, aus dringenden und schon etlichemal schmerzlich empfundenen Ursachen, um ihre Saat nicht den Feinden zum Zertretten blos zu stellen, von ihrem Segen wenig oder nichts umständliches ausser ihnen selbst, bekant werden: Ob sie gleich zu Verkündigung des Evangelii unter die Völker, die es noch nicht oder nicht mehr haben, in allen Welt-Gegenden fünf und zwanzig Versuche vorgenommen, das Meer etwa tausendmal hin und her paßiret, fast dreyhundert Personen zu solchem Dienst gebraucht, und gegen fünftausend Seelen zum Evangelio gebracht haben, worüber bis hundert Leiber der Heiligen in fremden Boden gesäet worden, deren Gebeine grünen, da sie liegen.


§. XXXIX.
Chor-Verfassung. und Pflege.

Nachdem wir nun die Verfassung, öffentlichen GOttes-Dienst und Anstalten der Unität überhaupt beschrieben haben, so wird man wol noch etwas besonders von der Innern Gemein-Führung eines jeden völlig eingerichteten Ortes erwarten. Um die durch die Aufnahme versicherte Pflege einer jeden Person desto ordentlicher, besonderer und ihrem Grade und Alter gemässer angedeihen zu lassen, ist das Ganze nicht nur nach den zwey verschiedenen Geschlechten, sondern diese auch nach ihren besondern Graden und Altern abgetheilt, und mit eigenen Aeltesten oder Pflegern und Arbeitern versehen. Solche Abtheilungen nennen sie die Chöre, in dem Sinn der Reigen im Alten Testament. Die Ledigen wohnen von den Familien abgesondert in grossen dazu aptirten Häusern, die man Chor-Häuser nennet. Ein solches Chor-Haus haben die Jünglinge oder Ledige Brüder; und in ihrer Nachbarschaft die Wittwer. In einer geziemenden Entfernung davon wohnen die Jungfrauen oder Ledige Schwestern; und nicht weit von ihnen haben die Wittwen ihr eigenes Chor-Haus. In solchen Häusern wohnen, [49] beten und arbeiten sie für sich, erziehen kleine und grössere Knaben, oder auf der andern Seite, Mägdgen, die nicht mehr in den Anstalts-Häusern wohnen. Was minderjährige Personen sind, nennt man im ledigen Brüder-Hause, grosse Knaben und Jünglinge; und bey den ledigen Schwestern, grosse Mägdgen und kleine Jungfern: Die überjahrten aber bey jenen Väter, bey diesen Matronen, bey den Witwern Alt-Väter und bey den Witwen Hannen, und werden nicht weniger als im Ehe-Chor, die Schwangere und Säugende, und im Kinder-Chor die Säuglinge und Arm-Kindergen (das ist, die noch auf dem Arm getragen werden) nach ihrem Grad und Alter gepfleget.

Eine Rede, die für eins der Haupt-Chöre besonders auf dessen Zustand gehalten wird, heißt eine Chor-Homilie: und ist ein Hymnus, eine Chor-Liturgie, die gemeiniglich Sontags Nachmittags nacheinander gehalten werden. Bringt aber der Text des Tages mit sich, mit einem der Chöre besonders zu reden; so heißt das ein Chor-Tag; und ists zugleich ein Gedächtniß-Tag, ein Chor-Fest.

Die Chöre werden nach gewissen Grund-Regeln, die aus GOttes Wort und aus der vielfältigen Erfahrung, von sich selber und andern Christlichen Verfassungen hergenommen sind, und die sie den Chor-Plan nennen, von Arbeitern ihres eigenen Geschlechts und Grades besorgt, denen die Chor-Priester oder Pfleger, die man sonst auch Aeltesten genennt hat, vorgesetzt sind; und die Chor-Diener halten, unter Direction eines Diaconi oder Vorstehers über die Ordnung im Haus-Wesen.

Chor-Häuser.

Zu einem Chor-Hause wird, wie bey Kirchen und Capellen geschieht, der Grund-Stein feyerlich unter Gebet und Gesang des ganzen Chors gelegt, und wenn es fertig ist, an einem [50] besondern Dank-Fest mit Agapen, Gebet und Danksagung eingeweihet und bezogen. Ein solches Haus muß regulär und lichte gebaut seyn, keine finstere Winkel haben, keine Stube, Versamlungs- oder Speise-Saal, wenn sie nicht verschlossen sind, Abends ohne Licht seyn: Wie denn auf allen Gängen und Treppen die ganze Nacht durch Lampen brennen, sonderlich aber auf dem Schlaf-Saal, den sie noch ins besondere einweihen und alle Nacht mit einer abwechselden Wache versehen, damit auch keine involuntäre Unziemlichkeit eine Stöhrung und Unordnung verursache, weil sie glauben, daß man, nach des Apostels Regel (1. Cor. X, 31. Coloss. III, 17.) im Namen und Nachfolge JEsu Christi nicht nur essen und trinken, sondern auch schlafen könne und müsse.


§. XL.
Banden

Die Chor-Pflege äussert sich zuförderst in den Banden. So wurden anfänglich die kleinen Cotterien, die eine bey den ersten Einwohnern von Herrnhuth wahrgenommene Fremdigkeit unter den Familien und Gemüthern heben und verhüten solten, in dem Sinn, wie die Liebe das Band der Vollkommenheit heißt, genennet. Weil aber die Gegner das Band durch den Pluralem, die Bande, i. e. Fesseln und Zwang, und also durch das gerade Gegentheil verhaßt, und durch die Hof-Idee, eine Bande, lächerlich zu machen suchten: So wurde anstatt dieser Ausdrücke, das ebenfals nicht geschickteste Wort, Gesellschaft, angenommen. Dieselben bestehen aus sehr wenigen, selten über zehen Personen, von einerley Geschlecht und Grad, die nach ihrer Gemüths-Stellung sich entweder selbst mit andern ihres gleichen, und zwar mit der übrigen Kenntniß, zum täglichen Umgang, so gut sie können, gesellen; oder, so sie die Gabe zu wählen nicht haben, von ihren Arbeitern, nach den treuesten Freundschafts-Regeln, mit aller von GOtt verliehenen Weisheit, zu Freunden und Vertrauten gewiesen [51] werden, mit denen sie sich täglich, oder zu gewissen Zeiten, in Beyseyn eines Arbeiters öffentlich und freundschaftlich besprechen, in aller Freiheit ihr Gemüth entdecken, ihre Noth klagen, und Ermahnung oder Trost einander ertheilen und erwarten können.

Classen.

Diejenigen Gesellschaften, die sich nicht sowol auf die verschiedene Gemüths-Stellungen, als auf gewisse aus der innern Beschaffenheit herrührende äusserliche Grade beziehen, heissen sie die Classen eines Chors.

Besuch.

Damit aber durch solcher Gesellschaften allzuenge Freundschaft und einzele Gemeinschaft der Gemüther, die übrigen einander nicht fremde bleiben, sondern der Sinn des Testaments Joh. XVII. daß sie alle Eins seyn, sich mehr ausbreiten und durch alle Personen äussern möge; so werden nicht nur solche Gesellschaften, ins besondre die Banden, von Zeit zu Zeit, jedoch nach ihrem innerlichen Zweck, verändert; sondern man hat auch zu gewissen Zeiten den täglichen Besuch dazu geordnet, daß die Glieder eines Chors, auch wohl alle Brüder unter sich, und so auch die Schwestern ihrerseits, alle Jahr etlichemal einander durchgängig sehen und sprechen, lieb werden und bleiben mögen. Auf diese Weise haben sie es manchmal so eingerichtet, daß jeglichen Tag ein Ehe-Paar in den Familien, und eine einzele Person in ihrem Chor-Hause, den übrigen die tägliche Losung bekannt gemacht, oder, wie sie es einmal nennten, mit dem Namen des Heylands desselbigen Tags gegrüßt hat.


§. XLI.
und Sprechen.

Sonst werden die Brüder und Schwestern zu gewissen Zeiten von Arbeitern ihres Chors noch apart und einzeln gesprochen, [52] und zwar die Verehelichten jedes in seines Ehegatten Gegenwart von einem Ehemann und Frau, die wenigstens den Grad der Diaconen haben. Und das nennen sie das Sprechen. Vor dem Abendmahl geschieht es in Absicht auf diese heilige Handlung, theils gewisse Dinge abzuräumen, die dem Gemüth Scham und Blödigkeit verursachen; theils zu verhüten, daß aus der oftmaligen Communion keine Gewohnheit werde. Und weil dieses Sprechen oft von mehr als einem zugleich, manchmal auch in andrer Gegenwart geschiehet; so wollen sie dasselbe in Ansehung der Absicht der Form und des Gebrauchs mit keiner Ohren-Beicht verwechselt haben; ob sie gleich gegen die Privat-Confeßion, die der Augspurgischen Bekenntniß sehr gemäß ist, nichts haben, und das Sigillum Confessionis heiliglich zu beobachten sich verpflichtet halten.


§. XLII.
Verpflanzung. aus den Chören,
besonders durchs Heurathen.

Aus den heranwachsenden Chören wird man an den jährlichen Chor-Festen in ein anderes, zu dessen Grade man, dem Alter nach, gelangt ist, mit dem Segen des Chors und Erbittung einer neuen Gnade; und aus den Chorhäusern entweder durch den seligen Heim-Beruf, oder durch Verschickung in andere Gemeinen, oder durch Verheirathung verpflanzt. Dieses ist, ausser den Colonien, seit etlichen Jahren zum Nachtheil der Chöre nicht viel vorgekommen, weil man nach Pauli Rath 1. Cor. VII. warten wollen, bis die eine zeither ganz wütende Verfolgung ausgeraset und die Gemein-Orte weislicher und sicherer, als bisher öfters geschehen, placirt worden.

Die bürgerliche Matrimonial-Einrichtung, die in der ehrbaren Welt eingeführt worden, ist nach ihrer ersten und lautersten Absicht bey den Brüdern sowol im Ein- als Fortgang in vollem Gebrauch. Die Leute werden nicht zusammen gelooset; [53] und was man davon sagt, ist entweder ganz falsch; oder ohne Grund supponirt; oder fälschlich erklärt. Freilich leiden es die Brüder nicht, daß sich ledige Leute verschiedenen Geschlechts, ohne Vorwissen ihrer Eltern und Freunde, mit einander heimlich bekannt machen, freyen und die Ehe versprechen: Sondern, wenn ein Bruder wegen seiner Handthierung nicht selber eine Gehülfin verlangt; so wird ihm entweder von den Eltern und Freunden, oder von seinen Arbeitern, eine Veränderung und eine seinem Stande, Handthierung und übrigen äusserlichen und innerlichen Umständen, so viel möglich, gemässe Schwester angetragen; und wann eins das andre nach reifer Uberlegung und Freiheit acceptirt, in Gegenwart einiger Zeugen versprochen; und wo sie nicht noch zurückziehen, in einer geraumen Zeit nach Landes-Gebrauch in Kirchen, Capellen, Sälern oder Zimmern von einem Priester ihrer Kirche im Namen des DreyEinigen GOttes und seiner Gemeine; oder von einem Geistlichen einer andern Kirche nach seiner gewöhnlichen Agende, wie in Herrnhuth und England;

Siehe Vorstellung Nu. XV.

oder, (welches den Brüdern am liebsten wäre) von einem öffentlichen Magistrat, wie in Holland, und nur, wo es die Obrigkeit ausdrücklich so verordnet, nach dreymaligen öffentlichen Aufgebot, der in den Brüder-Gemeinen aus obangezeigter Ursach keinen Zweck in sich selbst hat, getrauet.


§. XLIII.
Eheführung überhaupt.

Das Zusammen-Wohnen und die Ehe-Führung geschieht in völliger Freiheit, nach den Grundsätzen, die JEsus und Paulus von der Christlichen Ehe hinterlassen, und bey gewissen Gelegenheiten so ordentlich und geziemend, als deutlich vorgetragen werden, daß sie ein halbweg solides Gemüth sich leicht für Seel und Leib genugsam zu nutze machen kan, practisch eingeschärft worden. Leute von genugsamer Einsicht und Conduite, welches eigentlich auf eines jeden eigene Prüfung ankomt, [54] werden nicht erst um ihre Ehe-Führung gefragt, noch ihnen deshalb etwas ins besondre an die Hand gegeben; Wer aber aus wahrer Gemüths-Verlegenheit oder Leibes-Noth einen Anstand an etwas hat, dem wird auf sein Verlangen von einem dazu verpflichteten und durchgängig erkannten Ehe-Paar Rath und Beystand ertheilt, so weit es unter Menschen thunlich, und unter gesitteten Völkern Policeymäßig ist: Nur mit dem Unterscheid, daß es allemal unter beyden Eheleuten abgeredet, und niemals von Einem Theil Klagweise angebracht und gerichtlich ernöthiget ist.

Was aber die unter den Brüdern geborne und erzogene Leute betrift, die sowol Table rase, als ein in gewissen Stücken unerhörtes und noch nie gesehenes und im Verderben der Welt noch unwissendes Geschlecht sind; so wollen sie dieselben in solchen Fällen lieber gleich im Eingang ganz Biblisch und nach JEsu Sinn angewiesen, als aus Mangel gründlichen Unterrichts und Pflege, im Fortgang erst durch Umwege und manche Schäden ins Gleis gebracht sehen. Daher sie dieselbe mit solcher Behutsamkeit und Sorgfalt behandeln, als wenn sie Prinzen und Prinzeßinnen wären.


§. XLIV.
Ins besondere.

Solchergestalt tractiren sie die Zeugung als eine der heiligsten und wichtigsten Handlungen des menschlichen Lebens, studiren dieselbe als eine practische Weisheit aus GOttes Einsetzung und nach dem Herzen JEsu, und sehen die geringste Nachläßigkeit und Untreue darinnen als eine Tod-Sünde an. Wenn die Schwestern ihrer Schangerschaft gewis sind, so melden sie solches ihren Aeltestinnen und legen um des Wohlstands willen braune Mantel-Kleider an. Und ob sie gleich wissen, daß die Frucht ihres Leibes, wie aller, ein sündiges Kind ist, [55] das erst aus Geist geboren werden muß: (Joh. III, 5. 6.) so tragen sie es doch in solcher Ehrfurcht und Heiligung im Wandel vor GOtt (1. Mos. V, 22.) daß, so viel möglich, daher keine Hinderniß entstehe, warum nicht schon Mutter und Kind des Heil. Geistes voll werden könten (Luc. I, 41.) daher werden sie auch durch Gebet zum Gebähren eingesegnet, welches, als ein ehrwürdiges ins Reich JEsu gehöriges Geschäft, in Gegenwart einiger respectablen Frauen geschiehet; worauf sie nach herzlichem Gebet vom Säugen unterwiesen, und auf eine anständige, vorsichtige, ihnen und den Kindern zuträgliche Weise dazu eingerichtet werden. Und wenn sie aus leiblichen Ursachen ihre Kinder nicht selbst säugen können; so läßt man sie eher ohne dasselbe auferziehen, als daß man sie Fremden und ungeprüften Personen anvertrauen solte.


§. XLV.
Nursery

Alle kleine Kinder, die von ihren Eltern, aus was Ursach das sey, nicht selbst besorgt werden können, z. E. wenn sie, oder eins von beiden aus der Zeit gehen; wenn sie Missionarii unter die Heiden werden, oder sich sonst auf Posten begeben, da sie sich selbst und ihre Kinder vergessen müssen; oder wenn sie so arm sind, daß man ihnen eben alles erleichtern muß; oder wenn sie aus Ungeschicklichkeit ihrer grossen Pflicht keine Genüge thun können, und also herzlich drum ansuchen; sich ihrer unerzognen Kinder anzunehmen: Dieselben werden in die Nursery[6] gethan, und daselbst bis auf gewisse Jahre von expreß dazu bestellten und angewiesenen Wittwen und Jungfrauen heilig und sorgfältig auferzogen, unter der Aufsicht eines Presbyterii und seiner Frau, dem ein verheiratheter Capellan, Medicus [56] und Chirurgus, nebst den benöthigten verehelichten Bedienten zugegeben ist.


§. XLVI.
Kranken Pflege und Heimgehen.

Zur Kranken-Pflege hat eine jede Gemeine sowol, als ein jedes der Chor-Häuser und Anstalten (in welchen apart dazu gebaute Kranken-Stuben sind) ihre eigene Kranken-Wärter, denen noch andere dazu schikliche Leute, neben ihrer ordentlichen Arbeit, umsonst an die Hand gehen, weil sie sich zu dem Dienst besondrer dazu bestellten Matronen, ausser ihrem Geschlecht, noch nicht haben entschliessen können, ob sie gleich deren Kranken-Pflege für die beste halten. Der Medicus wird entweder von der Gemeine besoldet; oder nimmt von den Wohlhabenden etwas, und von den Armen nichts.

Ausser der leiblichen Kranken-Pflege, die bey Tag und Nacht so treu und sorgfältig als möglich, angewendet wird, machen die Brüder, was die geistliche Pflege betrift, wenig oder gar keine Umstände bey den Kranken und Sterbenden. Denn weil sie gemeiniglich nichts mehr zu verordnen, zu bedenken und zu reguliren haben, und man voraus setzt, daß sie die Gemein-Pflege bey gesunden Tagen dazu angewendet, im Glauben des Sohnes GOttes zu leben und selig zu seyn; so läßt man sie gern, soviel es die äusserliche Pflege zuläßt, allein, damit sie aus ihrer Krankheit einen Sabbath machen, dem HErrn zu heiligen, mit ihm zu handeln, die Seele ihrem Heilande entgegen zu tragen, und ihr Gemüth von der leiblichen Gegenwart ihrer Brüder oder Schwestern abzuziehen, daß die Phantasey, wie bey manchen Krankheiten geschieht, nicht zu viel Gelegenheit bekomme auszuschweifen. Wenn man aber die Stunde ihres Heimgangs oder Auflösung gewahr wird; so wird Kindern von ihren Eltern, der Frau von ihrem Mann, und den übrigen von einem ihrer Chor-Priester der Segen der [57] Gemeine, unter Gesang und Gebet, im Moment ihres Abscheidens ertheilt.


§. XLVII.
Begräbniß und

Der Abschied ihrer Mitglieder wird in Gemein-Orten gleich darauf verkündigt, indem mit Posaunen der Ton der Worte: Wenn mein Mund wird erbleichen in JEsu Arm und Schoos etc. nach der gewöhnlichen Kirchen-Melodie des Liedes: O Haupt voll Blut und Wunden etc. geblasen, und durch eine andere Melodie angedeutet wird, aus welchem Chor dasselbe verschieden. Sobald die Leiche gewaschen, einfältig und zierlich angekleidet und in den Sarg gelegt ist, wird sie um Abend-Zeit in das an einem öffentlichen Ort erbaute Leichen-Gewölbgen gesetzt, und durch eine Lampe, die durch das Fenster scheint, der Gemeine angezeiget, daß eine Leich daselbst verwahret werde; die den gemeiniglich fleißig besucht und betrachtet wird. In etlichen Tagen wird dieselbe von einem Ordinaro nach einer kurzen Leichen-Rede unter einem solennen Gefolge in ordinären, und wenns das Wetter zuläßt, von den Schwestern gemeiniglich in weissen Kleidern; und weil die Brüder das Begraben mit lebendiger Hofnung als ein Stück der Nachfolge JEsu behandeln, mit Musik lieblich und munter auf den GOttes-Acker hinaus begleitet unter der gewöhnlichen Begräbniß-Liturgie in ein eigenes frisches Grab eingesenkt, und nach den Worten: Bewahr uns mit der ganzen vollendeten Gemeine, insonderheit mit unserm Bruder (oder Schwester) N. N. in ewiger Gemeinschaft, und laß uns dermaleins mit ihr ausruhen bey deinen Wunden! Worauf die Gemeine antwortet: Erhör uns lieber HErre GOTT! und nach dem gewöhnlichen Kirchen-Segen und Gesang, eingescharret, das Grab aber mit einem Stein, worauf der Name, Geburts- und Heimgangs Ort und Zeit eingehauen ist, bedecket.

[58]
Besuch der Gräber. Siehe Vorstellung. N. XVI.

Am Oster-Morgen früh mit Sonnen-Aufgang pflegen die Brüder allenthalben, wo sie einen eigenen Begräbniß-Platz haben, nach Art der Orientalischen Kirche, die Gräber ihrer Mit-Geschwister zu besuchen; das nennen sie die Oster-Liturgie, darinnen aus dem Diptycho aller seit der vorigen Ostern in derselben Gemeine, und einiger anderwerts, entschlafenen Geschwister ihre Namen verlesen und die ewige Gemeinschaft mit ihnen bekannt und erbeten wird. Und an Solennität und liturgischer Schönheit dieser Handlung wird nicht leicht eine der Christlichen Verfassungen denen Brüdern den Vorzug streitig machen: Wie sie denn überhaupt aus schuldiger Achtung vor den Leibern ihrer Mit-Geschwister, ihre GOttes-Aecker ordentlicher und zierlicher als irgendwo, wie einen Garten des HErrn anlegen, einrichten und bepflanzen und dieselbe als eine Art eines Erb-Begräbnisses, um deren eins der Patriarch Abraham so verlegen war, nur für ihre Mit-Glieder ansehen. Und es ist einer ihrer Wünsche aus dem Alt-Lutherischen Liede:

Dem Leib ein Räumlein gönn bey seiner Brüder Grab,
Damit er seine Ruh an ihrer Seite hab.

[59]

Beylage.


ANNO REGNI

GEORGII II.

REGIS

VICESIMO SECUNDO.

IN dem zu Westmünster am 10ten November Anno Dom. 1747. in dem 21sten Jahr der Regierung unsers souverainen Herrn GEORGE des Andern, von GOttes Gnaden Königs von Gros-Britannien, Frankreich und Irrland, Vertheidiger des Glaubens etc. angefangenen und gehaltenen, und seit dem durch verschiedene Prorogationes bis zum 29sten November 1748. fortgesezten Parliament, als der zweiten Seßion dieses gegenwärtigen Parliaments.

Eine Act zur Einladung des unter dem Namen UNITAS FRATRUM oder Vereinigte Brüder, bekannten Volkes, sich in Sr. [60] Majestät Colonien in America niederzulassen.

Demnach viele Glieder der Kirche oder Gemeinen, Unitas Fratrum oder die Vereinigten Brüder, genannt, sich in Sr. Majestät Colonien in America niedergelassen, und daselbst als ein bescheidenes, ruhiges und fleißiges Volk leben, auch noch viele andere von derselbigen Gesinnung sich selber dahin begeben und in besagten Colonien auf ihre eigene Kosten noch grössere Etablissements machen wollen, jedoch unter dem Beding einer unumschränkten Freiheit des Gewissens und ihrer Religions-Ubung: Viele aber dieser Brüder Gewissens halber Bedenken haben, einen Eid abzulegen und Waffen zu tragen, oder persönlich in einiger militarischen Bedienung zu stehen, ob sie gleich willig und bereit sind, den zu Vertheidigung und Aufrechthaltung Sr. Majestät Person und Regierung nöthigen Dienst durch billig erachtete Geld-Summen zu ersetzen: Und demnach besagte Gemeinen eine alte Protestantische, Bischöfliche Kirche sind, welche von den Königen von England, Euer Majestät Vorfahren, allergnädigst angesehen und unterstützt worden; Und demnach die Einladung besagten Volkes, sich in America niederzulassen, denselben Colonien ersprießlich seyn wird.

Als geruhe Euer Majestät auf die in ihrem und der Vereinigten Brüder Namen eingereichte unterthänige Bitte der Deputirten besagter Mährischen Kirchen, Abraham, Baron von Gersdorf, Louis, Baron von Schrautenbach, Freiherrn auf Lindheim, David Nitschmann, Syndic., Carl Schachmann, Baron von Hermsdorf und Heinrich Cossärt, Agenten, allergnädigst zu verordnen: und wird also hiemit von Sr. Königlichen Majestät mit Rath und Einstimmung der in gegenwärtigen Parliament versamleten Geistlichen und Weltlichen Lords und der Gemeinen, und durch derselben Autorität, verordnet, daß von dem vier und zwanzigsten [61] Tage Junii des Jahrs Ein Tausend Siebenhundert Neun und Vierzig an, einer jeden Person, die von besagter unter dem Namen Unitas Fratrum oder Vereinigte Brüder bekanten, ehemals in Mähren und Böhmen, nun aber in Preussen: Pohlen, Schlesien, Lausitz, Deutschland, den Vereinigten Niederlanden, wie auch in seiner Majestät Reichen wohnhaften Protestantischen, Bischöflichen Kirche ein Mitglied ist, wenn dieselbe bey einiger rechtmäßigen Gelegenheit zu einem Eide aufgerufen wird, in jeglichem Fall, wo nach den Rechten ein Eid erfordert wird, frey stehen soll, anstatt der gewöhnlichen Formel ihre Bejahung oder Versicherung in folgenden Worten zu thun:

Ich A. B. versichere in der Gegenwart des Allmächtigen GOttes, daß, was ich rede, die Wahrheit sey.

Welche feyerliche Bejahung und Versicherung in allen Gerichten und andern Orten, da nach den Rechten ein Eid erfordert wird, in den Königreichen von Gros-Britannien, und Irrland, wie auch in allen und jeden Colonien und Herrschaften Sr. Majestät in America nach dieser unserer Verordnung eben so viel gelten und davor angenommen werden soll, als ob eine solche Person einen Eid in der gewöhnlichen Form abgelegt hätte.

Ferner wird, durch vorbesagte Autorität verordnet, daß, wenn eine Person nach einer solchen feyerlichen Bejahung und Versicherung rechtmäßig überführt wird, daß sie wissentlich, fälschlich und hinterlistiger Weise etwas bejahet und versichert habe, welches, wenn es mit einem Eid in der gewöhnlichen Form versichert worden wäre, sich auf einen wissentlichen und hinterlistigen Mein-Eid würde belaufen haben, eine jede solche schuldige Person unter eben dieselbe Leibes- und Geldes-Strafen verfallen seyn soll, die nach den Rechten und Gesetzen dieses [62] Reichs gegen wissentliche und hinterlistige Mein-Eidige verordnet sind.

Jedoch wird hiemit zugleich verordnet, daß niemand von der besagten sogenannten Mährischen oder vereinigten Brüder Kirche und Gemeinen, nach Maasgabe dieser Act, fähig seyn soll, in einiger Criminal-Sache einen Zeugen abzugeben, oder im Jury (Gericht der Zwölfer) zu dienen, allem, was in dieser Act zum Gegentheil enthalten seyn könte, ungeachtet.

Weiter wird verordnet, daß jedermann, der ein Glied derselben Kirche oder Gemeine ist und in einiger von Sr. Majestät Colonien in America wohnt, und der zu einiger Zeit nach besagtem 24ten Jun. 1749. zu Waffen und Kriegs-Diensten aufgeboten wird, in einiger seiner Majestät Colonien oder Ländern in America, auf seine Vorstellung bey dem Gouverneur oder Haupt-Befehlshaber derselben Colonie oder Provinz, oder den Oficier, oder wer das sey, der einem solchen zum Dienst oder Musterung auffordert, von einem solchen persönlichen Dienst frey gesprochen werden soll; mit der Bedingung, daß wer von solchem persönlichen Dienst frey gesprochen zu werden begehrt, eine solche Summe Geldes beytrage und zahle; wie sie anstatt solches persönlichen Dienstes ihm zuerkannt und aufgelegt werden wird, nach eben dem Verhältniß, wie andere in eben derselben Colonie oder Provinz wohnende Leute, die Alters, Geschlechts, oder anderer Schwachheiten halber nicht persönlich dienen können, und Güter von eben derselben Art, als solche ihre Freysprechung begehrende Personen, besitzen, in solchem Fall taxirt werden und bezahlen.

Und um allem Zweifel vorzubeugen, ob jemand, der sich als ein Glied besagter Kirche oder Gemeine ausgiebt, ein wirkliches Glied derselben ist, so wird durch vorbenannte Autorität ferner verordnet, daß alle und jede Personen, die als [63] Glieder einer solchen Kirche von dieser Act oder einiger darin enthaltenen Sache Gebrauch machen wollen, zu derselben Zeit, wenn sie sich darauf berufen, ein Certificat von einem demselben Ort nächst wohnenden Bischof oder Pastor unterzeichnet, aufweisen und über die in dem Certificat enthaltene Sachen und gehörige Ausfertigung desselben examinirt werden sollen. Wer nun nach seinem besten Wissen und Gewissen auf vorgemeldete Weise versichert, oder durch glaubwürdige Zeugen darthut, daß obbeschriebenes Certificat von einem solchen Bischof oder Pastor gehörig ausgeferdiget worden, und hiemit behauptet, daß er wirklich ein Glied der unter dem Namen Unitas Fratrum oder Vereinigte Brüder bekannten Kirche ist, der soll als ein wirkliches Glied besagter Kirche oder Gemeine erkannt, gehalten und davor angesehen werden, und zu dem Gebrauch dieser Act berechtiget seyn.

Ferner wird verordnet, daß, wenn iemand rechtmäßig überführt wird, daß er wissentlich, fälschlich und hinterlistiger Weise obbeschriebener massen angegeben und versichert, daß ein solches Certificat gehörig ausgefertigt worden, oder daß er ein Glied derselben Kirche sey, wenn in der That eine solche Versicherung unwahr ist, eine solche fälschlich versichernde und davon gehörig überführte Person unter eben dieselbe Leibes- und Geld-Strafen verfallen seyn soll, die nach den Rechten und Gesetzen dieses Reichs gegen wissentliche und hinterlistige Mein-Eidige verordnet sind.

Und damit man wissen möge, ob solche Bischöfe und Pastores, die solche Certificate unterzeichnen, von der unter dem Namen Unitas Fratrum oder Vereinigte Brüder bekannten Kirche sind, welche diese Act angehet; so wird ferner verordnet, daß der jedesmalige Advocatus besagter Kirche oder Gemeine der Vereinigten Brüder dem Commercien- und Colonien-Collegio ein in desselben Archiv aufzuhebendes Verzeichniß [64] aller Bischöfe besagter Kirche, die von ihnen solche Certificate zu geben bestellt sind, nebst ihrer Handschrift und gewöhnlichen Insiegel vorlegen oder vorlegen lassen soll; und daß besagter Advocatus auf obbeschriebene Weise von Zeit zu Zeit die Namen, Handschrift und Insiegel aller Bischöfe, die hinfüro noch von ihnen geweihet und eingesezt werden, und die Namen solcher Pastoren, die von besagtem Advocato oder den Bischöfen bevollmächtigt werden, Certificate in einiger Sr. Majestät Colonien in America zu ertheilen, bey dem Commercien- und Colonien-Collegio einsenden soll.

Endlich wird durch vorbenante Autorität verordnet und bekannt gemacht, daß diese Act als ein öffentliches Reichs-Gesetz erkannt, gehalten und angenommen, und darauf, als auf ein solches von allen Richtern, Friede-Richtern und jedermänniglich gerichtlich geachtet werden soll, wenn gleich nicht bey ihnen ins besondere sich darauf berufen wird.

[65]

N. I.

Ordination eines Bischofs. In der Brüder-Kirche zu London.

A.A.A. Dreÿ Bischöfe die ihn weihen in albis mit rothen Gürteln umgeben. B. Der Ordinandus dem die Hände aufgelegt werden. C.C. Pastores und Diaconi. D.D. Die Brüder und Schwestern von der Gemeine.

Ordination d’un Eveque.

A.A.A. Trois Eveques conferant l’Ordre. B. L’Ordinant, qui reçoit l’Imposition des Mains. C.C. Ministres et Diacres. D.D. Les Freres et les Soeurs de la Communé.

[66]

N. II.

Aufname in die Brüder-Gemeine.

A. Der Pastor, der die Liturgie verrichtet. B.B. Die Pastores und Diaconi, die die neüen Brüder mit dem heiligen Kuß aufnemen. C.C. Die Diaconißen, die die neüen Schwestern auf eben die Weise aufnemen. D.D. Die Brüder und Schwestern von der Gemeine.

Reception dans la Communauté des Freres.

A. Le Ministre, qui celebre la Liturgie. B.B. Les Ministres et Diacres, qui reçoivent les nouveaux Freres par le saint baiser. C.C. Les Diaconesses, qui reçoivent les nouvelles Soeurs de la même Maniere. D.D. Les Freres et Soeurs de la Commune.

[67]

N. III.

Taufe eines Kindes.

A. Der Pastor, welcher taufet, in albis. B. Das Kind, das getauft wird. C. Der Pate, der das Kind zur Taufe hält. D. Die Paten. E.E. Die Kinder. F.F. Die Brüder und Schwestern von der Gemeine.

[68]

N. IV.

Exorcismus der Täuflinge unter den Negern.

A. Der Pastor, der die Handlung verrichtet. B.B. Die Diaconi, die ihm assistiren. C.C.C. Drey Täuflinge Neger. D.D.D.D. Vier Täuflinge Negerinnen. E.E. Die Neger-Gemeine.

[69]

N. V.

Taufe der Indianer in America

A. Der Priester welcher tauft. B.B.B. Die Tauflinge. C.C. Die Arbeiter von ihrer Nation. D.D. Die Indianer-Gemeine.

[70]

N. VI.

Taufe der Groenlaender.

A. Der Priester welcher tauft. B.B.B. C.C. die Taeuflinge. D.D. die Groenlaendische Gemeine.

Bâtême des Groenlandois.

A. Le Ministre qui bâtise. B.B.B. Trois Freres catechumenes. C.C. deux Soeurs catechumenes. D.D. la Commune Groenlandoise.

[71]

N. VII.

Getaufte Neger, die nach der Prosternation, oder dem Anbeten durch die Arbeiter von ihrer Nation aufgerichtet und geküßt werden.

Negres baptises, qui après la Prosternation sont relevés & baisés par les ouvriers de leur Nation.

[72]

N. VIII.

Consecratio. Einsegnung des Brods vor der Communion in der Brüder-Kirche zu London.

A.A. Die Consecratores in albis mit rothen Gürteln. B.B. Die Diaconi in albis mit weissen Gürteln. C. Eine Diaconisse weiß gekleidet. D.D. Die Communicanten. E.E. Die Candidaten zur Communion. F. Die Canzel. G. Der Communions-Tisch.

Consecration avant la Communion dans Leglife des Freres à Londres.

A.A. Les Consecrateurs in albis, avec des Ceinturs d’ecarlate. B.B. Les Diacra in albis avec des Ceintures blanches. C. La Diaconesse vetue en blanche. D.D. Les Communians. E.E. Les Candidats. F. La Chaire. G. La Table de la Communion.

[73]

N. IX.

Distributio.

A. Der Priester der die Liturgie verrichtet. B.B. Die Priester die austheilen. C. Ein Diaconus der das geseegnete Brodt trägt. D. Eine Diaconissin die dasselbige thut. E.E. Die Communicanten. F.F. Die Candidaten zur Communion. G. Cantzel.

A. Le Ministre qui chante la Liturgie. B.B. Les Ministres qui distribuent. C. un Diacre qui porte le pain sacre. D. une Diaconissé qui fait la même chose. E.E. Les Communians. F.F. Les candidats pour la Communion. G. La chaire.

[74]

N. X.

Participatio.

A. Die Brüder auf den Knien. B. Die Schwestern desgleichen, die in einem Moment das Brod geniesen. C. Die Cantzel.

A.B. Les Freres et Soeurs à genoux, qui participent tous dans le même instant. C. La Chaires.

[75]

N. XI.

Das anbeten vor dem HERRN.

Prosternation devant le Seigneur.

[76]

N. XII.

Der heilige Kuß des Friedens.

Saint Baiser de Paix.

[77]

N. XIII.

Pedilavium. das Fuss-waschen der Schwestern.

A. Der Pastor, der die Liturgie verrichtet, in albis.

B.B. Einige Diaconißen, die eben so viel Schwestern die Füße waschen.

[78]

N. XIV.

Agapen der Kinder

A. Der Pastor, der die Liturgie verrichtet. B.B. Die Knaben. C.C. Die Mägdgen. D.D. Die Diener. E.E. Die Dienerinnen, die austheilen.

[79]

N. XV.

Verheiratung von zwölf Paaren Colonisten.

A. Der Pastor, der Sie zusamen gibt. B.B.B. Etc. Die Bräutigame. C.C.C. Die Bräute. D.D. Die Brüder und Schwestern von der Gemeine.

Mariage de 12 Couples de Colonistes.

A. Le Ministre, qui benit le Mariage. B.B.B. &c. Les Epoux. C.C.C. &c. Les Epouses. D.D. Les Freres, et les Soeurs de la Commune.

[80]

N. XVI.

Oster-Liturgie.

Gedächtniss der abgeschiedenen Brüder und Schwestern, am Oster-Morgen, auf dem Huthberge zu Herrnhuth.

Commemoration des Decedés Le Matin de Pâques.


  1. Wo Comenius als Bischof gestanden, und ihre ehmalige Kirche noch itzt die Brüder-Samlung genennet wird.
  2. Hievon kan man in den Büdingischen Samlungen Beweiß und mehrere Nachricht finden.
  3. Verstreuung 1. Petr. I. 1.
  4. Der Ordinarius Fratrum läßt in seiner Capelle die Consecration gemeiniglich nach der Austheilung verrichten, zu Vermeidung allerley Scrupel einiger zarten Gewissen.
  5. Fast eben so drückt sich auch der berühmte Reformirte Theologus Lampe, darüber aus, und nennt es so gar eine Sacramentliche Handlung; in seinem Geheimnis des Gnaden-Bundes, 18. Hauptstück. VIII.
  6. So nennt man in Endland das Zimmer, wo die Amme oder Kinder-Wärterin mit den kleinsten Kindern wohnt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gesichtschreiber