Landtagsabschied (Großh Hess)(1820/1821)

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Titel: Abschied für die Stände-Versammlung des Großherzogthums Hessen in dem Jahre 182021.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich: Großherzogtum Hessen
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1921 S. 203–220.
Fassung vom: 8. Juni 1821
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 13. Juni 1821
Inkrafttreten:
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Abschied für die Stände-Versammlung des Großherzogthums Hessen in dem Jahre 182021.

LUDEWIG von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.

Unseren Gruß zuvor, Liebe und Getreue, Stände des Großherzogthums!

Die Erwartungen, welche Wir bei der Wiederherstellung der landständischen Verfassung hegten, daß durch sie die schönen Bande der Liebe und des gegenseitigen Vertrauens, zwischen Uns und Unseren geliebten Unterthanen befestigt und bekräftigt werden würden, sind durch den Gang der Geschäfte auf diesem ersten Landtage, mit Hülfe der göttlichen Vorsehung, auf das Vollkommenste erfüllt worden.

Mit Wohlgefallen haben Wir gleich Anfangs bemerkt, daß Unsere getreuen Stände von einem Geiste beseelt seyen, der Uns zu der Hoffnung berechtigte, in Eintracht mit ihnen, Unseren Bestrebungen für das allgemeine Beste, heilsame und gedeihliche Resultate zu bereiten.

Wir haben Uns deshalb veranlaßt gefunden, gleich Anfangs Unseren getreuen Ständen mehrere wichtige Propositionen über die Grundlagen der inneren Rechtsverfassung machen zu lassen. Diese Propositionen haben schon längst ihre Erledigung erhalten, indem Wir, durch die Verhandlungen über dieselben, Uns zu Unserem Vergnügen, in den Stand gesetzt sahen, eine vervollständigte, auch auf den inneren Rechtszustand ausgedehnte Verfassung dem Lande zu ertheilen, und am 21. December 1820. feierlich verkündigen zu lassen.

Es sind sodann die landständischen Verhandlungen im verfassungsmäßigen Wege dahin gediehen, daß alle wichtigeren Geschäfte, worüber sich dieselben erstreckten, als beendigt betrachtet werden können; und da demnach nunmehr dem Schlusse der diesmaligen landständischen [204]

Versammlung nichts mehr im Wege stehet, so haben Wir Uns über die gemeinschaftlichen Beschlüsse der beiden ständischen Kammern, und über die vorausgegangenen Berathungen derselben, ausführlichen Vortrag erstatten lassen, und ertheilen nunmehr darauf Unsere Landesfürstlichen Entschließungen, wie folgt:

A.
Beschlüsse der Kammern über die ihnen vorgelegten Gesetzes-Entwürfe und Regierungs-Anträge.

§. 1.
Gesetzes-Entwurf über den Novalzehenden von neuen Anrodungen.

Dieses von den Kammern angenommene Gesetz haben Wir bereits unterm 7. Februar dieses Jahrs erlassen, und in Nr. 3. des Regierungsblatts in verfassungsmäßiger Form verkünden lassen.

§. 2.
Gesetzes-Entwurf über die Abtretung des Privateigenthums für öffentliche Zwecke.

Wir haben alle gemeinsame Wünsche der beiden Kammern in das Gesetz aufgenommen und daher dasselbe unterm 27ten des vorigen Monats in der Art erlassen, wie es in Nr. 15. des Regierungsblatts bereits verkündet ist.
In Ansehung derjenigen Wünsche, in welchen beide Kammern nicht an sich, wohl aber darin übereinstimmten, daß wir denjenigen ihrer Anträge aufnehmen möchten, welcher Uns als der bessere erscheinen würde, haben Wir im Artikel 10. den Antrag der zweiten Kammer und dagegen im Artikel 24. den Antrag der ersten Kammer genehmigt.

§. 3.
Gesetzes-Entwurf über die Aufhebung der Fornicationsstrafen und der Paternitätsklagen.

Diesen Gesetzes-Entwurf hatten Wir den Kammern in Gemäßheit ihrer an Uns gebrachten Wünsche, vorlegen lassen, und haben ihm sodann, nach erfolgter ständischer Zustimmung, wie die in Nr. 15. des Regierungsblatts bereits erfolgte Verkündigung zeigt, unterm 30ten vorigen Monats Unsere Sanction als Gesetz ertheilt.

§. 4.
Gesetzes-Entwurf über den Handel mit Giftwaaren.

Da die von den Kammern bei diesem Gesetzes-Entwnrf gewünschten Abänderungen und Zusätze Unsere Zustimmung erhalten, so haben Wir das Gesetz hiernach, so wie es in Nr. 15. des Regierungsblatts bereits verkündet ist, unterm 31ten vorigen Monats erlassen.

[205]

§. 5.
Gesetzes-Entwurf über das Hypothekenwesen, hinsichtlich der auf dem rechten Ufer der Nahe liegenden Gemarkungstheile von auf dem linken Ufer der Nahe befindlichen Gemeinden.

Diesem von den Kammern angenommenen Gesetzes-Entwurf haben Wir am 25ten vorigen Monats Unsere Sanction ertheilt, und werden das Gesetz nunmehr durch das Regierungsblatt verkünden lassen.

§. 6.
Gesetzes-Entwurf über die Auswanderungen.

Den meisten der von den Ständen gewünschten Modificationen dieses Entwurfs, haben Wir Unsere Genehmigung ertheilt, und hiernach das im ganzen von ihnen angenommene Gesetz, so wie es durch das Regierungsblatt nunmehr verkündet werden wird, unterm 30ten vorigen Monats erlassen.
Dem Wunsche, daß durch einen Zusatzartikel die Zurücklassung einer Realcaution für die Diensttreue der im wirklichen Kriegsdienste stehenden Söhne von auswandernden Familien, vorgeschrieben werde, haben Wir Unsere Zustimmung und Genehmigung, aus dem Grunde, versagen müssen, weil darin:
a.) eine Beschränkung der bundesschlußmäßigen Ueberzugsfreiheit für die auswandernden Aeltern liegen würde; weil
b.) der Vater hiernach eine Verantwortlichkeit für Handlungen eines Sohnes übernehmen müßte, der, wenn er volljährig ist, für sich handeln darf, und schon früher freiwillig in Kriegsdienste treten kann; weil ferner
c.) der Zweck eines solchen Artikels dennoch häufig umgangen werden könnte, und endlich, weil
d.) dieser Artikel mit den Bestimmungen des Gesetzes über die an die Stelle der Vermögens-Confiscation bei Deserteurs tretenden Geldstrafen nicht im Einklange stände, nach welchen der im Lande wohnende Vater eines wirklich desertirenden Sohnes, in der Verfügung über sein Vermögen nicht beschränkt wird.

§. 7.
Gesetzes-Entwurf über die Formen der Domänen-Veräusserung.

Die von den beiden Kammern gewünschten Modificationen zu diesem Entwurfe haben Unsere Zustimmung erhalten. Wir haben daher mit Berücksichtigung derselben, das Gesetz unterm 2ten dieses Monats erlassen, und es wird dasselbe nunmehr durch das Regierungsblatt verkündet werden.

[206]

§. 8.
Gesetzesentwurf über die Aufhebung des Zunftdistrictbanns, und der Beschränkung in der Zahl der Meister und Gesellen.

In Gemäßheit dieses im Ganzen von den Ständen angenommenen Gesetzes-Entwurfs, haben Wir das Gesetz unterm 2ten dieses Monats in der Art erlassen, wie es nunmehr durch das Regierungsblatt verkündet werden wird.
Aus seiner Abfassung wird hervorgehen, daß Wir dabei die von den Kammern gemeinschaftlich gewünschten Modificationen, im Wesentlichen berücksichtigt haben.

§ 9.
Gesetzes-Entwurf über die Anwendung des neuen Maas- und Gewichts-Systems.

Nachdem Wir vorher die Wünsche und Ansichten der Kammern über diesen Gegenstand vernommen hatten, haben Wir den ihn betreffenden Gesetzes-Entwurf vorlegen lassen. Auf erfolgte ständische Zustimmung hat solcher nunmehr unterm 3ten laufenden Monats Unsere Sanction erhalten, und wird sofort durch das Regierungsblatt in Gesetzesform verkündet werden.

§. 10.
Gesetzesentwurf über die Verantwortlichkeit der Minister.

Wir werden befehlen, daß bei der alsbald vorzunehmenden Redaction dieses von den Ständen angenommenen Gesetzes, welches Wir sodann erlassen werden, auf diejenigen ihrer dabei vorgetragenen Desiderien, welche nicht bereits ihre Erledigung gefunden haben, die geeignete Rücksicht genommen werden soll.

§. 11.
Gesetzes-Entwurf über die Rekrutirung.

Wir werden diesen im Ganzen von den Kammern angenommenen Gesetzesentwurf alsbald definitiv redigiren, bei der neuen Abfassung deßelben auf die geäußerte Wünsche und Bemerkungen der Stände die geeignete Rücksicht nehmen lassen, und sodann das von Uns zu sanctionirende Gesetz über die Rekrutirung, auf verfassungsmäßige Weise, durch das Regierungsblatt zur Verkündigung bringen.

§. 12.
Gesetzesentwurf über die an die Stelle der Confiscation des Vermögens gegen Deserteurs und Refractärs zu verhängende Geldstrafen

Bei der Redaction dieses im Ganzen von den Kammern angenommenen Gesetzes, werden Wir die geeignete Rücksicht auf die Uns vorgetragenen Wünsche derselben nehmen lassen, und sodann dasselbe in verfassungsmäßiger Form verkünden.

[207]

§. 13.
Gesetzesentwurf über die Gemeinden-Ordnung.

Da dieser Gesetzesentwurf im Ganzen die landständische Zustimmung erhalten hat; so werden Wir nunmehr das angenommene Gesetz über die Gemeinden-Ordnung alsbald publiciren lassen.
Bei der neuen Redaction desselben soll auf die geäußerten Ansichten der Kammern die geeignete Rücksicht genommen werden, und Wir haben namentlich den bei den Artikeln 16, 24, 37, 44, 50, 75, 83 u. 86. Uns vorgetragenen Wünsche derselben Unsere Genehmigung ertheilt.

§. 14.
Gesetzesentwurf über die Ausgleichung der Kriegskosten.

Wir werden die weiteren, den Anträgen der Stände entsprechenden, Verordnungen über die Ausgleichung der Kriegskosten von den Jahren 1813 bis 1815 in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen, ergehen und vollziehen lassen.

§. 15.
Festsetzung der Staatsausgaben.

Was die Festsetzung der Staatsausgaben betrifft, so haben Unsere getreuen Stände aus dem, was Wir ihnen bei Uebergabe des Budjets erklären ließen, ersehen, wie sehr es Uns angelegen war, alle zuläßige Verminderungen in den einzelnen Ausgabenetats unaufgefordert[WS 1], und schon vor ihrer Zusammenkunft, eintreten zu lassen.
Wir haben während der landständischen Verhandlungen ferner zugestanden, daß der Voranschlag für das gesammte Bauwesen um 25,000 fl. vermindert, der Aufwand für den Militaïretat auf Eine Million Gulden fixirt, und dasjenige, was durch den Ankauf der, für den Militäiretat erforderlichen Naturalien, unter den Etatspreißen erspart werden kann, der Staatskasse ersetzt werden soll, und werden die nöthigen Befehle ergehen lassen, um diese Ersparnisse nunmehr in Vollziehung zu bringen.
Die Ausgabe für den Schuldentilgungsfonds, welche mit 83,000 fl. veranschlagt war, ist durch dasjenige überflüssig geworden, was Wir in der Verfassungsurkunde über Unsere Domänen bestimmt haben; und es gereicht Uns zur wahren Freude, daß Unsere geliebten Unterthanen schon jetzo die Früchte des Opfers genießen können, welches Wir dem Wohl des Ganzen durch Hingabe des dritten Theils Unserer Domänen gebracht haben, ohne daß hierdurch den gerechten Ansprüchen der Staatsgläubiger im Mindesten zu nahe getreten werde.
Wenn aber die Stände die Voranschläge der Ausgabe-Rubriken:
Nachlässe, um 10,000 fl.
Reisekosten und Diäten etc. um 06,000 "
weitere Kosten des Geschäftsbetriebs um 02,000 " und
für Staatsfrohnden und Frohndentschädigungen um 10,000 "

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vermindert haben, so stimmen Wir zwar in dem Wunsche, daß es möglich seyn möge, diese Ausgaben in der angetragenen Weise zu beschränken, mit den Ständen vollkommen überein. Da aber eine, absolute Beschränkung von Ausgaben dieser Art, welche Theils durch rechtliche Verbindlichkeiten bestimmt, Theils durch unabwendbare Geschäftsverhältnisse herbeigeführt werden, an sich nicht thunlich ist; so versteht es sich von selbst, daß der etwaige Mehrbedarf aus dem Reservefonds zu entnehmen seyn wird.
Was die unter nachfolgenden Rubriken beanstandeten Posten betrifft, welche die Stände den Ausgaben nicht beigerechnet haben; nämlich:
X. 01) Provinzialregierung 236 fl.
X. 03) b. Gymnasien 1400 "
X. 04) b. Landdragoner und Landschützen 1952 "
X. 05) Medicinalwesen 256 "
X. 11) Brücken und Ueberfahrten 113 "
X. 12) Polizeianstalten, besonders zu Darmstadt 1212 "
So werden Wir diese Ausgaben von zusammen 0005169 fl.
nicht verfügen, insofern nicht etwa sich noch zeigen sollte, daß, wie bei dem Posten Nro.X, 5. der Fall zu seyn scheint, dem Beschluß der Stände irgend ein Irrthum, oder ein Mißverständniß zum Grunde liege, welches Wir alsdann auf dem nächsten Landtage befriedigend werden aufklären lassen.
Ferner werden Wir die angetragene Verminderung an den Kosten:
des Landgestüts, von 12,000 fl.
des Fluß- und Dammbaues, von 12,877 "
und des Chausseebaues, von 20,000 "
eintreten lassen; Wir wünschen aber angelegentlichst, daß es die Umstände erlauben möchten, für diese, dem Wohl des Ganzen so sehr entsprechende Anstalten, künftig ein Mehreres zu thun.
Die Kosten der Dekorationen Unseres Haus-Ordens, werden Wir nach den Wünschen der Stände, auf den Reserve-Fonds anweisen lassen.
Wenn aber nach den Beschlüssen der Stände:
an den Kosten für auswärtige Verhältnisse 26,718 fl.
an den Kosten der Rheinschiffahrts-Commission 04088 "
und die ganze Summe dessen was für Unterstützungen
und Verehrungen veranschlagt war mit 25,000 "
wegfallen sollen; so finden Wir Uns veranlaßt, hierüber folgendes zu erklären:
Wir werden zwar die Ausgaben, welche durch Unsere Verhältnisse mit auswärtigen Staaten veranlaßt[WS 2] werden, revidiren, die Gehalte Unserer Gesandten neu bestimmen, und hierbey auf möglichste Beschränkung des Aufwands, so weit solche nur mit dem Anstand und der

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Würde des Großherzogthums vereinbarlich ist, Bedacht nehmen lassen. Allein Wir können nicht die Versicherung geben, daß hieraus eine Ersparniß von resp. 26,718 fl. und 4088 fl. entstehen werde; und glauben auch zu einer solchen Versicherung um so weniger verpflichtet zu seyn, je weniger bei den ständischen Berathungen über diesen Gegenstand irgend ein Grund — oder eine Thatsache angeführt worden ist, aus welcher eine Voraussetzung dieser Art abgeleitet, oder gerechtfertiget werden könnte.
Wir werden daher dasjenige, was zu Ausgaben diese Klasse nothwendig erfordert wird und von den Ständen nicht bewilligt worden ist, aus dem Reserve-Fonds entnehmen lassen.
Was die Unterstützungen und Verehrungen betrifft, für welche die Stände den mit jährlich 25,000 fl. in das Büdjet eingetragenen Bedarf ganz verweigert haben, so wurden solche bekanntlich bisher aus der Dispensations-Kasse bestritten, welche von Unserem in Gott ruhenden Vorfahren, dem Landgrafen Ernst Ludwig, im Jahr 1710 für milde Zwecke dieser Art ausdrücklich gestiftet, und mit einem Theile der Dispensations- und Collateral-Gelder dotirt worden war.
Da es von den Ständen nicht abhängen kann, ohne Unsere Zustimmung, eine milde Stiftung dieser Art — welche vielmehr unter dem ausdrücklichen Schutz Unserer Verfassung steht,— mittelbar aufzuheben, und da nach erfolgter Aufhebung der Dispensations-Gelder, und Bestimmung der Collateral-Gelder zu allgemeinen Staats-Zwecken, der Dispensation-Kasse ihre ursprüngliche Einnahms-Quellen entzogen worden sind; so werden Wir den bisherigen Durchschnitts-Betrag der nun wegfallenden Einkünfte der Dispensations-Kasse von nun an aus den paratesten Staatseinkünften entnehmen, und den Zwecken des Stifters gemäß verwenden, jedoch zugleich solche Einrichtungen treffen lassen, durch welche alle Beschwerden über ungleiche oder unzweckmäßige Verwendungen dieser Summe beseitigt werden.
Die von den Ständen annoch besonders verwilligten Fonds von jährlich.
12,000 fl. zur Verbesserung der Volksschulen,
12,000 fl. zur Verbesserung des Medicinalwesens,
00920 fl. zur Vermehrung der Ausgaben der Mainzer Handelskammer, und
10,000 fl. zur Verbesserung des Universitäts-Fonds —
nehmen Wir an, und Wir werden solche der bezeichneten Bestimmung gemäß verwenden lassen.
Ebenso nehmen Wir den der Staatskasse von den Ständen bewilligten Credit:
a) von jährlich Einmal hundert tausend Gulden zur Vermehrung des Reservefonds,
b) von zweimal hundert tausend Gulden zur Vollendung der angefangenen neuen Chausséen in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen, und
c) von Vierzig tausend Gulden zum Chausséebau in der Provinz Rheinhessen – hiermit an. Wir werden jene erste Summe nur bei eintretenden Bedürfnissen, die beiden

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letzteren aber nur nach und nach, und so wie solche zu dem Zwecke des Straßenbaues erforderlich sind, aufnehmen lassen.
Ueberhaupt aber ertheilen Wir Unseren getreuen Ständen die Zusage, daß es Unser ernstliches Anliegen sein wird, in allen Zweigen der Staats-Verwaltung, Ordnung, Zweckmäßigkeit und Ersparung beobachten zu lassen. Es wird Unserem Herzen die wohlthätigste Empfindung seyn, wenn es Uns gelingen sollte, auf diesem Wege nach und nach die Lasten Unserer geliebten Unterthanen immer mehr zu erleichtern, und immer werden Wir allen dahin abzweckenden Vorschlägen die größte Aufmerksamkeit widmen.
Da aber die landständischen Berathungen über das Finanzwesen sich bis in die Mitte des Jahrs 1821 verzögert haben und Wir eben durch die lange Dauer dieses ersten Landtags abgehalten worden sind, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche nothwendig sind, um die von Uns genehmigten Wünsche der Stände vollständig zu realisiren, so können Wir denselben, erst von Anfang des Jahrs 1822 an, eine vollkommen geregelte und den ergangenen Anordnungen in allen Stücken entsprechende Etatswirthschaft zusichern. Wir werden jedoch auch dafür möglichst besorgt seyn, daß die beschlossenen Ersparnisse, in so weit es die Umstände erlauben, schon im Laufe dieses Jahres realisirt werden.
Wenn übrigens die zweite Kammer bei ihren Abstimmungen über die Staatsausgaben von gewissen Voraussetzungen ausgegangen ist; so können Wir eine Berücksichtigung dieser Voraussetzungen, um deswillen nicht zusichern, weil die Bewilligungen der Stände eben so wenig an Voraussetzungen, als wie an Bedingungen, geknüpft werden können.

§. 16.
Finanz-Gesetz.

Was die Mittel zur Aufbringung der gesammten Staatsbedürfnisse betrifft, so haben Wir die Abänderungen und Zusätze, welche die Stände zu dem von Uns vorgeschlagenen Finanzgesetz in Antrag gebracht haben, nun, nachdem dieselben hinsichtlich der von Uns nicht genehmigten Besteuerung der Appanagen, Leibrenten, Besoldungen, Pensionen etc. Unseren Vorschlägen beigetreten sind, vollständig genehmigt, und das Finanzgesetz für die Jahre 1821, 1822, 1823, so wie solches nunmehr unverzüglich durch das Regierungsblatt verkündet werden wird, neu redigiren lassen. Unsere getreuen Stände werden finden, daß dasselbe ihren Beschlüssen durchaus übereinstimmend abgefaßt worden ist, und wenn Wir gleich Uns bewogen gefunden haben, in Bestimmung der Tranksteuer von dem innerhalb der Provinzen Starkenburg und Oberhessen erzeugt werdenden Wein, eine Verminderung des Ansatzes statt finden zu lassen, und von der Abgabe für die Schießpäße diejenigen Jagdeigenthümer auszunehmen, welche ihre eigenthümlichen Jagden bereits versteuern müssen, so werden sie dennoch mit diesen an sich unbedeutenden Abänderungen um so mehr einverstanden seyn, als nicht nur die erheblichsten Gründe dafür sprechen, indem eines Theils, nach dem

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Urtheil der Localbeamten, eine gleiche Besteuerung des inländischen Weins mit dem auswärtigen, der Landescultur und dem Wohlstand einer großen Anzahl von Unterthanen, den empfindlichsten Verlust bringen würde, andern Theils aber die in Rheinhessen hinsichtlich der Schießpäße bestehende Gesetzgebung, auf die Verhältnisse der Jagdeigenthümer in den beiden althessischen Provinzen, nicht ganz anwendbar ist, sondern auch für den an sich geringen Ausfall in den Einkünften, welcher hierdurch entsteht, von Uns kein anderweiter Ersatz gefordert wird.
Wir werden nunmehr in Folge des Artikels 73 der Verfassung die nöthigen Verordnungen und Instructionen zur Vollziehung des Finanz-Gesetzes ergehen, und auch durch eine sorgfältige und aufmerksame Verwaltung der Staatseinkünfte aller Art, auf eine fortschreitende Verbesserung des Finanz-Wesens beständig hinwirken lassen.
Hinsichtlich der mit dem Finanz-Gesetz in Verbindung stehenden Gesetzes-Entwürfe über:

§. 17.

die Ueberweisung der bisher von der Staats-Casse getragenen Steuern von dem Vermögen
armer Kirchenkasten, so wie von den Besoldungsgütern der Pfarrer und Schullehrer, auf die betreffenden Fonds und Gemeinden, und über

§. 18.

die Einführung der Collateral-Gelder in der Provinz Rheinhessen,
haben die von den Ständen gewünschten Modificationen Unsere Zustimmung und Genehmigung erhalten, und Wir werden die hiernach neu redigirten Gesetze nunmehr in der Form, wie sie demnächst im Regierungsblatt erscheinen werden, zur Verkündigung und zum Vollzuge bringen lassen.

§. 19.
Pensionswesen.

In Beziehung auf die Anträge, welche Wir hinsichtlich des Pensionswesens an die Stände haben gelangen lassen, nehmen Wir den Beschluß derselben, nach welchem die Hälfte aller dermalen vorhandenen, und nach dieser Qualität annoch auszuscheidenden Civil- und Militär-Gnaden-Pensionen, sobald solche heimfallen, den Fonds für künftige Gnaden-Pensionen bilden, und Uns zur gutfindenden Disposition überlassen werden, dagegen alle übrige dermalen vorhandenen, in die Kategorie der Gnaden-Pensionen nicht gehörigen Civil- und Militär-Pensionen, der Staats-Casse ganz anheim fallen, und bei den jährlichen Steuer-Ausschlägen berücksichtigt werden sollen, hiermit an.
Wir setzen hierbei als sich von selbst verstehend, und von den Ständen in dieser Art anerkannt, voraus, daß alle diejenigen Pensionen, welche in Folge der, durch die Civil- und Militärdienst-Pragmatik Uns zustehenden Berechtigungen, und den Staatsdienern selbst unter

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gewissen Umständen ertheilten Befugnisse entstehen, als durch das Gesetz und die Constitution gesichert, an irgend eine Beschränkung des Fonds nicht gebunden seyn können.
Hinsichtlich der im Ausland verzehrt werdenden Pensionen, werden Wir durch ein eigenes Reglement den Grundsatz als Regel aufstellen lassen, daß von denselben ein Viertheil zum Vortheil der Staats-Casse zurückgelassen werden müsse.

§. 20.
Gesetzes-Entwurf über die Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden.

Die bei der Annahme dieses Gesetzes-Entwurfs von den Ständen gewünschten Abänderungen und Zusätze, und die Uns darüber gemeinschaftlich vorgetragenen Bemerkungen, werden Wir in Erwägung ziehen, und darauf bei der definitiven Redaction des Gesetzes, die Uns geeignet erscheinende Rücksicht nehmen lassen. Wir werden das Gesetz sodann unverzüglich verkünden, und die weiter erforderlichen Einleitungen zum Vollzuge desselben treffen.

§. 21.
Gesetzes-Entwurf über die Anlegung der Depositen-Gelder bei der Staatsschulden-Tilgungs-Casse.

Da die Stände diesen Gesetzes-Entwurf im Ganzen angenommen, jedoch einige Zusätze und Abänderungen bei demselben gewünscht haben, so werden Wir bei der Erlassung des Gesetzes, die Wir demnächst bewirken werden, geneigte Rücksicht auf die vorgetragenen Wünsche nehmen.

§. 22.
Gesetzes-Entwurf über den Abkauf der fiscalischen Grundrenten.

Wir werden bei der Redaction dieses, von den Ständen im Ganzen angenommenen Gesetzes, den Uns darüber, wegen verschiedener Modifikationen, vorgetragenen gemeinsamen Wünschen der beiden Kammern, die Uns zweckmäßig erscheinende Rücksicht geben, und demnächst das hiernach abgefaßte Gesetz verfassungsmäßig verkünden.

§. 23.
Gesetzes-Entwurf wegen Aufbebung der durch das Gesetz vom 17. Februar 1814 verordneten Beiziehung, der Capitalisten zu außerordentlichen Steuerausschlägen.

Diesem von den Ständen angenommenen Gesetzes-Entwurf werden Wir nunmehr Unsere Sanction ertheilen, und das Gesetz sodann zur Verkündigung bringen.

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B.
Wünsche und Anträge der Kammern.

§. 24.
Beförderung der Justizpflege bei dem Hofgericht zu Giesen.

Wir haben dem Hofgericht zu Giesen, durch eine angemessene Vermehrung seines Personals, bereits die Mittel zu einer promten Erledigung seiner Geschäfte gegeben. Auch sind, in Folge der angeordneten Visitation dieses Hofgerichts, Einrichtungen zu einer zweckmäßigeren Geschäftsleitung und größeren Ordnung im Dienste bei demselben getroffen worden, welche sich anderwärts schon als bewährt erprobt haben. Was in dieser Hinsicht vielleicht noch zu desideriren übrig geblieben, werden Wir verfügen, sobald es die Umstände erlauben.

§. 25.
Beförderung der Erbvertheilungssachen bei den Justizämtern der Provinz Oberhessen.

Zur Beförderung der Erbvertheilungssachen bei den Untergerichten werden Wir den höheren Justizstellen die strengste Aufsicht hierüber anbefehlen, und zu diesem Ende, so wie überhaupt zur Beförderung der Rechtspflege bei den Untergerichten, die jährliche Aufstellung vollständiger Justiz-Tabellen, woraus die Ursachen etwa vorhandener Rückstände ersichtlich sind, und deren Einsendung an die vorgesetzten Collegien, den unteren Justiz-Behörden zur Pflicht machen lassen. Hierbei wird es indessen immer auch die Sache der bei Erbvertheilungen Betheiligten sein, sich in Verzögerungsfällen an den höheren Richter zu wenden.

§. 26.
Beförderung der Justizpflege in der Provinz Rheinhessen überhaupt.

Durch Anordnung einer zweiten Civil-Section bei dem Kreisgericht zu Mainz haben Wir bereits eine, die Rechtspflege bei diesem Gerichtshof befördernde Einrichtung getroffen, deren bisherige Folgen ein befriedigendes Resultat erwarten lassen. Auch werden Wir weiter alles dasjenige verfügen, was Uns geeignet erscheinen wird, um die möglichst genaue Befolgung der, die Beförderung der Justiz in der Provinz Rheinhessen bezielenden, Gesetze und Reglements zu bewirken.

§. 27.
Beförderung der Justizpflege bei den Friedensgerichten in der Provinz Rheinhessen insbesondere.

Wir werden die erforderlichen Anordnungen treffen, und durch jedes, nach eingezogenem Gutachten der vorgesetzten Behörde, zweckmäßig scheinende Mittel, der Justizpflege bei den Friedensgerichten in der Provinz Rheinhessen überall, wo es daran fehlt, einen möglichst raschen Gang zu geben.

[214]

§. 28.
Verbesserung des Hypotheken-Wesens.

Um den Mängeln des Hypotheken-Wesens abzuhelfen, haben Wir die Ausarbeitung einer neuen Hypotheken-Ordnung, die Wir schon früherhin beginnen lassen, zu beschleunigen befohlen, und werden den Ständen den Entwurf derselben vorlegen lassen, sobald die Schwierigkeit dieser wichtigen Arbeit solche zu vollenden gestattet.

§. 29.
Einführung des Wechselrechts nach gleichförmigen Bestimmungen.

Bei der bereits angeordneten Bearbeitung der Civilgesetzgebung für das Großherzogthum, werden Wir den, über die Einführung des Wechselrechts Uns vorgetragenen Wünschen und Ansichten der Stände, die geeignete Rücksicht widmen lassen. Was aber den weiteren Antrag betrifft, das Frankfurter Wechselrecht sogleich für die Stadt Offenbach provisorisch einzuführen, so steht demselben entgegen, daß das Frankfurter Wechselrecht, an dessen fühlbar gewordener Verbesserung man dort selbst schon seit mehreren Jahren arbeitet, aus verschiedenen, theils älteren, theils neueren gesetzlichen Bestimmungen besteht, die Mancherley nur auf dortige Particular-Verhältnisse sich Beziehendes und Passendes enthalten, und daß deßwegen auf jeden Fall der Einführung desselben in der Stadt Öffenbach, eine genaue Prüfung und Revision vorhergehen muß.
Wir behalten Uns daher vor, wenn sich diese Anstände nicht inmittelst beseitigen lassen, den Ständen hierüber auf dem nächsten Landtage Unsere weiteren Entschließungen bekannt zu machen.

§. 30.
Aufhebung des Selbstbezugs der Sporteln von Seiten der Beamten.

Die von den Kammern hierüber an Uns gebrachten Desiderien, entsprechen ganz den Entschließungen, welche Wir über diesen Gegenstand schon früher gefaßt haben. Sie werden bei der noch im Laufe dieses Jahrs erfolgenden Organisation ihre Erledigung finden.

§. 31.
Verbesserung der Gefängnisse, sowohl in den Städten als auf dem Lande.

Wir werden die nöthigen Befehle erlassen, daß nach vollzogener neuer Organisation überall, wo es der Zustand der Gefängnisse erfordert, und mit Rücksicht auf die Verhältnisse und Bedürfnisse der neu zu bildenden Bezirke, die geeigneten Verbesserungen bewirkt werden.

§. 32.
Unentgeltliche Austheilung des Regierungsblatts an die Gemeinden und Geistlichen.

Wenn es auch im Laufe der jetzigen Finanzperiode nicht thunlich seyn sollte, an der,

[215]

wegen Austheilung des Regirungsblatts, dermalen bestehenden Einrichtung eine Abänderung zu treffen, so werden Wir es dennoch mit Vergnügen sehen, wenn die Verhältnisse in der nächsten Finanzperiode gestatten, den Gemeinden und Kirchen-Aerarien, die von den Kammern durch unentgeltliche Verabfolgung des Regierungsblatts angetragene Erleichterung zu gewähren.

§. 33.
Würdige Feier der Sonn- und Festtage.

Wir werden Uns über den dermaligen Stand der einschlagenden Gesetzgebung Bericht erstatten lassen, und sodann diejenigen Maasregeln ergreifen, welche Uns geeignet erscheinen, um Störungen in der würdigen Feier der Sonn- und Festtage zu entfernen.

§. 34.
Verbesserung des Schulwesens.

So wie bisher, werden Wir Uns auch in Zukunft, die Verbesserung des Schulwesens zur angelegentlichen Sorge machen, und dabei auf die Uns vorgetragenen Wünsche und Bemerkungen der Stände jede zulässige Rücksicht nehmen.

§. 35.
Aufstellung und Vorlegung eines Verzeichnisses über das sämmtliche Kirchen-Vermögen.

Unseren getreuen Ständen diejenige Kenntniß von dem Bestande des Kirchen-Vermögens geben zu lassen, welche ihnen, zur Prüfung der an sie gebrachten Gesetzes-Entwürfe, in Bezug auf begehrte Geldverwilligungen zum Behufe der Kirchen und Schulen, wünschenswerth seyn dürfte, werden Wir niemals Anstand nehmen.

§ 36.
Gehalts-Verbesserung der Geistlichen und Schullehrer in der Provinz Rheinhessen.

Daß nach Maasgabe der vorhandenen Mittel, für eine angemessene Salarirung der Pfarrer und Schullehrer in der Provinz Rheinhessen, insofern es noch nicht geschehen ist, möglichst gesorgt werde, darauf werden Wir fortdauernden Bedacht nehmen.

§. 37.
Verbesserung der Waisenversorgung.

Die von den Kammern gebetene Prüfung der auf die Waisenversorgung Bezug habenden Anstalten und Verordnungen, werden Wir unverzüglich befehlen, die allenfalls nöthigen und jetzt schon ausführbaren Verbesserungen anordnen, und dabei den Bemerkungen derselben jede geeignete Rücksicht widmen.

[216]

§. 38.
Aufsicht über den Hausir-Handel.

Die über diesen Gegenstand Uns vorgetragenen Wünsche der Stände, werden Wir nach der Wichtigkeit des Gegenstandes, in reifliche Erwägung nehmen, und sodann das Geeignete beschließen.

§. 39.
Anlegung von Wollmärkten.

Nach vorgängiger näherer Prüfung der Handels- und Localverhältnisse, werden Wir die von den Kammern gewünschten Maasregeln zur Abhaltung von Wollmärkten in den dazu vortheilhaft gelegenen Städten treffen lassen.

§. 40.
Aufhebung des Salpeter-Regals.

Wir haben die von den Ständen in Antrag gebrachte Aufhebung des, die Ausübung des Salpeter-Regals in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen, betreffenden Gesetzes vom 28. December 1810. genehmigt, und werden hiernach das Erforderliche wegen Ihrer Wünsche weiter verfügen.

§. 41.
Abfassung einer allgemeinen Chaussée-Ordnung für die Provinzen Starkenburg und Oberhessen.

Indem Wir Uns vorbehalten[WS 3], den Entwurf zu einer allgemeinen Chausséebau-Ordnung auf dem nächsten Landtage vorlegen zu lassen, werden Wir, nach dem Wunsche der Stände, bedacht darauf nehmen, daß in der Zwischenzeit, wenn es die vorerst noch näher zu erwägenden Umstände zulassen, die weiter vorgeschlagenen, abgeänderten Einrichtungen bei der Erhebung der Chausséegelder, und der den Gemeinden zustehenden Pflaster- und Brückengelder, so weit möglich zur Ausführung gebracht werden.

§. 42.
Einführung der breiten Radfelgen.

Während Wir Uns bemühen werden, in Verbindung mit den Nachbarstaaten, auf eine gemeinsame Einführung der, für den Chausséebau nützlichen, breiten Radfelgen hinzuwirken, werden Wir zugleich die nöthigen Maasregeln ergreifen, um die Gemeinden des Landes über den Vortheil derselben zu belehren. Sollten demnächst besondere gesetzliche Bestimmungen für das Großherzogthum hierüber erforderlich seyn; so werden Wir den Ständen zu seiner Zeit den geeigneten Gesetzes-Entwurf vorlegen lassen.

[217]

§. 43.
Beförderung eines zweckmäßigen Baues der Vicinal-Wege.

Ueber die Herstellung und Unterhaltung der Vicinal-Wege sind bereits früherhin Verfügungen getroffen, deren successive Ausführung nach dem bisherigen Erfolge immer günstigere Resultate erwarten läßt. Wir werden diesem Gegenstande auch für die Zukunft alle Aufmerksamkeit widmen, und bei den ferner zu ergreifenden Maasregeln, den Wünschen und Bemerkungen der Stände, die geeignete Rücksicht angedeihen lassen.

§. 44.
Gleichförmige Gesetzgebung über Erhaltung und Berichtigung der Gränzen bei dem Grundeigenthum.

Diesen Gegenstand werden Wir nach dem Wunsche der Kammern in nähere Erwägung ziehen, und denselben, nach vorgängiger und bereits angeordneter Prüfung der gegenwärtig hierunter in den verschiedenen Provinzen bestehenden Verhältnisse, Unsere weitere Entschließung auf dem nächsten Landtag eröffnen.

§. 45.
Ablösung der Frohnden in den standesherrlichen und patrimonialgerichtsherrlichen Bezirken.

Da Wir das Wohlgemeinte und Wohlthätige völlig anerkennen, was dem von den Ständen hierunter Uns vorgetragenen Wunsche zu Grunde liegt, so werden Wir die geeigneten Befehle zur Aufstellung der approximativen Berechnungen über den Betrag dessen, was von der Gesammtheit zur Ablösung der Frohnden in den standesherrlichen und patrimonialgerichtsherrlichen Bezirken, nach Maaßgabe des Vorschlags, zu übernehmen seyn würde, unverzüglich ertheilen. Wir werden diese Berechnungen auf dem nächsten Landtage vorlegen, und wenn sich daraus die Ausführbarkeit des Vorschlags, wie wir wünschen, ergeben wird, die Uebergabe eines, den Ansichten der Kammern entsprechenden, Gesetzes-Entwurfs damit verbinden lassen.

§. 46.
Verwandlung der Privatzehenden in Grundrenten.

Der heilsame Einfluß, welchen die Verwandlung der Zehenden in Grundrenten auf den Flor der Landwirthschaft äußert, hat, seitdem Wir solche schon vorlängst hinsichtlich Unserer fiscalischen Zehenden angeordnet haben, eine ähnliche gesetzliche Bestimmung über die Privatzehenden, doppelt wünschenswert gemacht. Wir genehmigen daher den hierauf gerichteten Antrag der Stände vollkommen, und werden ihnen, da es auf dem diesmaligen Landtage, wenn seine Dauer nicht allzusehr verlängert werden sollte, nicht mehr möglich war, einen geeigneten Gesetzes-Entwurf darüber auf dem nächsten Landtage vorlegen lassen.

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§. 47.
Beförderung einer Wechselwirthschaft zwischen Ackerbau und Holzzucht.

Wir werden den Gegenstand des Antrages, welchen die Stände in Bezug auf eine Wechselwirthschaft zwischen Ackerbau und Holzzucht an Uns gerichtet haben, in reifliche Erwägung ziehen, und Bedacht darauf nehmen lassen, daß solche Cultur-Veränderungen, da, wo sich ihr Nutzen überzeugend darstellt, auch künftig, wie bisher nicht gehindert, sondern befördert werden sollen.

§. 48
Postwesen.

Der Antrag auf eine Postwagen-Verbindung zwischen Mainz und Straßburg hat durch die immittelst errichtete Diligence-Anstalt zwischen diesen beiden Städten, bereits seine Gewährung gefunden. Auch wird in der Kürze eine General-Tabelle über den Briefporto-Tarif im Großherzogthum zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. Die übrigen Anträge und Bemerkungen der Kammern werden Wir in nähere Erwägung ziehen, und nach Befinden das Geeignete beschließen.

§. 49.
Verkauf des Holzes aus den Domanial-Waldungen des Oberforsts Darmstadt durch öffentliche Versteigerung.

Dieser Antrag der Kammern bedarf zu seiner näheren Beurtheilung verschiedene vorläufige Erörterungen, die Wir anordnen, und nach deren Resultat Wir demnächst das Angemessene verfügen werden.

§. 50.
Aufhebung des Mehlbannes der Modaubach-Müller zur Stadtwaage in Darmstadt.

Nach vorgängiger näherer Prüfung der wegen der Bannpflichtigkeit der Modaubach-Müller zu der städtischen Mehlwaage zu Darmstadt vorwaltenden Verhältnisse, werden Wir den, auf die Aufhebung dieses Mehlbannes gerichteten Antrag in gründliche Erwägung ziehen, und bei dem alsdann zu fassenden Beschlusse, auf die weiter vorgetragenen Wünsche und Ansichten, geeignete Rücksicht nehmen.

§. 51.
Schuldenwesen der Stadt Friedberg.

Wir werden die Abtheilung der Friedberger städtischen Schulden einer nochmaligen Revision unterwerfen lassen, und hiernächst über die Beschwerden der Stadt Friedberg nach Recht und Billigkeit verfügen. Uebrigens versteht es sich hierbei von selbst, daß wenn daraus eine

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Vermehrung des Bedürfnisses der Staatsschulden-Tilgungs-Casse sich ergeben sollte, solche von den Ständen auf dem nächsten Landtage zu decken seyn wird.

§. 52.
Die zu Vilbel statt gefundene Aufhebung der Zünfte.

Wir werden die Lage, in welche die Gemeinde Vilbel durch die daselbst statt gefundene Aufhebung der Zünfte versetzt zu seyn behauptet, sorgfältig prüfen, und bei den Verfügungen, welche Wir nach dem Befinden anordnen werden, jede zulässige Rücksicht auf die Uns hierunter vorgetragenen Wünsche der Stände nehmen lassen.

§. 53.
Zulassung von auswärtigen Handwerkern im Amte Vöhl.

Wir werden nach dem übereinstimmenden Antrage der beiden Kammern das Erforderliche verfügen, damit sowohl die Einwohner des Amts Vöhl, als andere Orte, welche sich in Hinsicht ihrer isolirten Lage in gleichen Verhältnissen befinden, nicht gehindert sind, auch auswärtige Handwerker zu gebrauchen, ohne sich mit den inländischen Meistern abfinden zu müssen.

§. 54.
Vertheilung der Kaiserlich Russischen und Königlich Preußischen Etappengelder im Amte Büdingen.

Die Vertheilung dieser Gelder ist bisher durch eine hierüber statt gefundene Differenz mit Kurhessen aufgehalten worden. Da aber dieser Anstand durch einen zwischen Commissarien beider Staaten abgeschlossenen Vergleich nunmehr gehoben ist; so wird jetzt die Vertheilung der hiernach den diesseitigen, vormals Isenburgischen Aemtern, von jenen Geldern gebührenden Summe erfolgen, und ihnen das, was sie nach Abzug der an die Isenburgischen Land- und Landkriegskassen schuldigen Rückstände hieraus zu empfangen haben, baar ausbezahlt werden.

§. 55.
Reparatur der Domkirche zu Mainz.

Ueber diesen Gegenstand werden Wir das Geeignete von selbst zu verfügen wissen.

§. 56.
Die Liquidation der Forderungen mehrerer Mainzer Einwohner für Lieferungen zu den dortigen Gefängnissen.

Es soll sobald die den Interessenten bekannten Anstände, welche bei dieser Angelegenheit vorliegen, beseitigt seyn werden, dem Wunsche derselben entsprochen, und die Befriedigung der Reclamanten, nach dem Verhältniß ihrer Forderungen, bewirkt werden.

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§. 57.
Errichtung des ständischen Archivs.

Die über die Verwaltung des ständischen Archivs, die Anstellung des vorgeschlagenen Archivars, und den demselben auszuwerfenden Gehalt, von den Kammern gefaßten Beschlüsse, genehmigen Wir, und werden zur Anweisung eines geeigneten Locals die erforderlichen Befehle ertheilen.

C.

In Ansehung der Gesetzes-Vorschläge und der Anträge und Wünsche der beiden Kammern, hinsichtlich deren Wir Unsere Landesfürstlichen Entschließungen auf die im verfassungsmäßigen Wege Uns vorgelegten Beschlüsse derselben, vor dem Ende des jetzigen Landtags, nicht mehr haben fassen, und in dem gegenwärtigen Landtags-Abschiede bekannt machen können; bemerken Wir im Allgemeinen, daß Wir den Gegenstand dieser Beschlüsse unverzüglich in genaue und reifliche Erwägung ziehen, und wenn sich hiernach die Anträge und Wünsche der Stände in Unserer Berücksichtigung geeignet darstellen, ihnen solche angedeihen lassen, hierauf aber, nach der Art der Sachen, das Erforderliche entweder sofort verfassungsmäßig anordnen und verfügen, oder bis zum nächsten Landtage vorbereiten, und alsdann über beides Unseren getreuen Ständen die weiteren Eröffnungen machen werden.




Indem Wir hiermit nunmehr diese lange und mühevolle Versammlung Unserer Lieben und Getreuen, der Stände des Großherzogthums, schließen, erkennen Wir mit gerührtem Herzen die mehrfachen Beweise inniger Liebe und treuer Ergebenheit an, welche Uns beide Kammern, in dem Laufe der Verhandlungen, bei mehrfacher Veranlassung gegeben haben.
Die Welt wird an den Erfolgen dieses Landtags erkennen, daß nur da große und heilsame Resultate für das allgemeine Wohl erzielt werden können, wo die Stände mit Freimüthigkeit, Bescheidenheit und Mäßigung verbinden, und wo sie einer wohlwollenden, mit Offenheit und Vertrauen handelnden Regierung, Achtung und Vertrauen entgegen bringen.
Hiermit verbleiben Wir Unseren Lieben und Getreuen, den Ständen des Großherzogthums, mit Landesfürstlichen Hulden und Gnaden stets wohlgewogen.
Gegeben in Unserer Residenz-Stadt Darmstadt am 8. Juni im Jahre 1821.
(L.S.) LUDEWIG
von Grolman.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: unaufgefodert.
  2. Vorlage: veranlaße
  3. Vorlage: vorbehalteu