Maaß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund

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Titel: Maaß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund.
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Fundstelle: Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Band 1868, Nr. 28, Seite 473 - 478
Fassung vom: 17. August 1868
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Bekanntmachung: 27. August 1868
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[473]

(Nr. 156.) Maaß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund. Vom 17. August 1868.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

Artikel 1.

Die Grundlage des Maaßes und Gewichtes ist das Meter oder der Stab, mit dezimaler Theilung und Vervielfachung.

Artikel 2.

Als Urmaaß gilt derjenige Platinstab, welcher im Besitze der Königlich Preußischen Regierung sich befindet, im Jahre 1863. durch eine von dieser und der Kaiserlich Französischen Regierung bestellte Kommission mit dem in dem Kaiserlichen Archive zu Paris aufbewahrten Mètre des Archives verglichen und bei der Temperatur des schmelzenden Eises gleich 1,00000301 Meter befunden worden ist.

Artikel 3.

Es gelten folgende Maaße:

A. Längenmaaße.

Die Einheit bildet das Meter oder der Stab.
Der hundertste Theil des Meters heißt das Zentimeter oder der Neu-Zoll.
Der tausendste Theil des Meters heißt das Millimeter oder der Strich.
Zehn Meter heißen das Dekameter oder die Kette.
Tausend Meter heißen das Kilometer. [474]

B. Flächenmaaße.

Die Einheit bildet das Quadratmeter oder der Quadratstab.
Hundert Quadratmeter heißen das Ar.
Zehntausend Quadratmeter heißen das Hektar.

C. Körpermaaße.

Die Grundlage bildet das Kubikmeter oder der Kubikstab.
Die Einheit ist der tausendste Theil des Kubikmeters und heißt das Liter oder die Kanne.
Das halbe Liter heißt der Schoppen.
Hundert Liter oder der zehnte Theil des Kubikmeters heißt das Hektoliter oder das Faß.
Fünfzig Liter sind ein Scheffel.

Artikel 4.

Als Entfernungsmaaß dient die Meile von 7500 Metern.

Artikel 5.

Als Urgewicht gilt das im Besitze der Königlich Preußischen Regierung befindliche Platinkilogramm, welches mit Nr. 1. bezeichnet, im Jahre 1860. durch eine von der Königlich Preußischen und der Kaiserlich Französischen Regierung niedergesetzte Kommission mit dem in dem Kaiserlichen Archive zu Paris aufbewahrten Kilogramme prototype verglichen und gleich 0,999999842 Kilogramm befunden worden ist.

Artikel 6.

Die Einheit des Gewichts bildet das Kilogramm (gleich zwei Pfund). Es ist das Gewicht eines Liters destillirten Wassers bei + 4 Gr. des hunderttheiligen Thermometers.
Das Kilogramm wird in 1000 Gramme getheilt, mit dezimalen Unterabtheilungen.
Zehn Gramme heißen das Dekagramm oder das Neu-Loth.
Der zehnte Theil eines Gramms heißt das Dezigramm, der hundertste das Zentigramm, der tausendste das Milligramm.
Ein halbes Kilogramm heißt das Pfund.
50 Kilogramm oder 100 Pfund heißen der Zentner.
1000 Kilogramm oder 2000 Pfund heißen die Tonne. [475]

Artikel 7.

Ein von diesem Gewichte (Artikel 6.) abweichendes Medizinalgewicht findet nicht statt.

Artikel 8.

In Betreff des Münzgewichts verbleibt es bei den im Artikel 1. des Münzvertrages vom 24. Januar 1857. gegebenen Bestimmungen.

Artikel 9.

Nach beglaubigten Kopien des Urmaaßes (Artikel 2.) und des Urgewichts (Artikel 5.) werden die Normalmaaße und Normalgewichte hergestellt und richtig erhalten.

Artikel 10.

Zum Zumessen und Zuwägen im öffentlichen Verkehre dürfen nur in Gemäßheit dieser Maaß- und Gewichtsordnung gehörig gestempelte Maaße, Gewichte und Waagen angewendet werden.
Der Gebrauch unrichtiger Maaße, Gewichte und Waagen ist untersagt, auch wenn dieselben im Uebrigen den Bestimmungen dieser Maaß- und Gewichtsordnung entsprechen. Die näheren Bestimmungen über die äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abweichungen von der absoluten Richtigkeit erfolgen nach Vernehmung der im Artikel 18. bezeichneten technischen Behörde durch den Bundesrath.

Artikel 11.

Bei dem Verkaufe weingeistiger Flüssigkeiten nach Stärkegraden dürfen zur Ermittelung des Alkoholgehaltes nur gehörig gestempelte Alkoholometer und Thermometer angewendet werden.

Artikel 12.

Der in Fässern zum Verkauf kommende Wein darf dem Käufer nur in solchen Fässern, auf welchen die den Raumgehalt bildende Zahl der Liter durch Stempelung beglaubigt ist, überliefert werden.
Eine Ausnahme hiervon findet nur bezüglich desjenigen ausländischen Weines statt, welcher in den Originalgebinden weiter verkauft wird.

Artikel 13.

Gasmesser, nach welchen die Vergütung für den Verbrauch von Leuchtgas bestimmt wird, sollen gehörig gestempelt sein. [476]

Artikel 14.

Zur Eichung und Stempelung sind nur diejenigen Maaße und Gewichte zuzulassen, welche den in Artikel 3. und 6. dieser Maaß- und Gewichtsordnung benannten Größen, oder ihrer Hälfte, sowie ihrem Zwei-, Fünf-, Zehn- und Zwanzigfachen entsprechen. Zulässig ist ferner die Eichung und Stempelung des Viertel-Hektoliter, sowie fortgesetzter Halbirungen des Liter.

Artikel 15.

Das Geschäft der Eichung und Stempelung wird ausschließlich durch Eichungsämter ausgeübt, deren Personal von der Obrigkeit bestellt wird. Diese Aemter werden mit den erforderlichen, nach den Normalmaaßen und Gewichten (Artikel 9.) hergestellten Eichungsnormalen, beziehungsweise mit den erforderlichen Normalapparaten versehen. Die für die Eichung und Stempelung zu erhebenden Gebühren werden durch eine allgemeine Taxe geregelt (Artikel 18.).

Artikel 16.

Die Errichtung der Eichungsämter (Artikel 15.) steht den Bundesregierungen zu und erfolgt nach den Landesgesetzen. Dieselben können auf einen einzelnen Zweig des Eichungsgeschäfts beschränkt sein, oder mehrere Zweige desselben umfassen.

Artikel 17.

Die Bundesregierungen haben, jede für sich oder mehrere gemeinschaftlich, zum Zweck der Aufsicht über die Geschäftsführung und die ordnungsmäßige Unterhaltung der Eichungsämter die erforderlichen Anordnungen zu treffen. In gleicher Weise liegt ihnen die Fürsorge für eine periodisch wiederkehrende Vergleichung der im Gebrauche der Eichungsämter befindlichen Eichungsnormale (Artikel 15.) mit den Normalmaaßen und Gewichten ob.

Artikel 18.

Es wird eine Normal-Eichungskommission vom Bunde bestellt und unterhalten. Dieselbe hat ihren Sitz in Berlin.
Die Normal-Eichungskommission hat darüber zu wachen, daß im gesammten Bundesgebiete das Eichungswesen nach übereinstimmenden Regeln und dem Interesse des Verkehrs entsprechend gehandhabt werde. Ihr liegt die Anfertigung und Verabfolgung der Normale (Artikel 9.), so weit nöthig auch der Eichungsnormale (Artikel 15.) an die Eichungsstellen des Bundes ob, und ist sie daher mit den für ihren Geschäftsbetrieb nöthigen Instrumenten und Apparaten auszurüsten. [477]
Die Normal-Eichungskommission hat die näheren Vorschriften über Material, Gestalt, Bezeichnung und sonstige Beschaffenheit der Maaße und Gewichte, ferner über die von Seiten der Eichungsstellen innezuhaltenden Fehlergrenzen zu erlassen. Sie bestimmt, welche Arten von Waagen im öffentlichen Verkehr oder nur zu besonderen gewerblichen Zwecken angewendet werden dürfen und setzt die Bedingungen ihrer Stempelfähigkeit fest. Sie hat ferner das Erforderliche über die Einrichtung der sonst in dieser Maaß- und Gewichtsordnung aufgestellten Meßwerkzeuge vorzuschreiben, sowie über die Zulassung anderweiter Geräthschaften zur Eichung und Stempelung zu entscheiden. Der Normal-Eichungskommission liegt es ob, das bei der Eichung und Stempelung zu beobachtende Verfahren und die Taxen für die von den Eichungsstellen zu erhebenden Gebühren (Artikel 15.) festzusetzen und überhaupt alle die technische Seite des Eichungswesens betreffenden Gegenstände zu regeln.

Artikel 19.

Sämmtliche Eichungsstellen des Bundesgebiets haben sich, neben dem jeder Stelle eigenthümlichen Zeichen, eines übereinstimmenden Stempelzeichens zur Beglaubigung der von ihnen geeichten Gegenstände zu bedienen.
Diese Stempelzeichen werden von der Normal-Eichungskommission bestimmt.

Artikel 20.

Maaße, Gewichte und Meßwerkzeuge, welche von einer Eichungsstelle des Bundesgebiets geeicht und mit dem vorschriftsmäßigen Stempelzeichen beglaubigt sind, dürfen im ganzen Umfange des Bundesgebiets im öffentlichen Verkehr angewendet werden.

Artikel 21.

Diese Maaß- und Gewichtsordnung tritt mit dem 1. Januar 1872. in Kraft.
Die Landesregierungen haben die Verhältnißzahlen für die Umrechnung der bisherigen Landesmaaße und Gewichte in die neuen festzustellen und bekannt zu machen, und sonst alle Anordnungen zu treffen, welche, außer den nach Artikel 18. der technischen Bundes-Centralbehörde vorbehaltenen Vorschriften, zur Sicherung der Ein- und Durchführung der in dieser Maaß- und Gewichtsordnung, namentlich in Artikel 10., 11., 12. und 13. enthaltenen Bestimmungen erforderlich sind.

Artikel 22.

Die Anwendung der dieser Maaß- und Gewichtsordnung entsprechenden Maaße und Gewichte ist bereits vom 1. Januar 1870. an gestattet, insofern die Betheiligten hierüber einig sind. [478]

Artikel 23.

Die Normal-Eichungskommission (Artikel 18.) tritt alsbald nach Verkündung der Maaß- und Gewichtsordnung in Thätigkeit, um die Eichungsbehörden bis zu dem im Artikel 22. angegebenen Zeitpunkt zur Eichung und Stempelung der ihnen vorgelegten Maaße und Gewichte in den Stand zu setzen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Bundes-Insiegel.
Gegeben Homburg v. d. Höhe, den 17. August 1868.
(L. S.)  Wilhelm.

  Gr. v. Bismarck-Schönhausen.