Machiavell

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Gottfried Herder
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Machiavell
Untertitel:
aus: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung) S. 98–100
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Gotha
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


Machiavell.


A. Was verbrennest du da?

B. Ich bringe der Pietät ein Opfer.

A. Der Pietät ein Opfer in Flammen?

B. Vertilgt muß er werden, der pestilentialische Mensch.

A. Wer? Aristoteles?

B. Das Wort wäre Verbrennenswerth.

A. Sey es; nenne mir nur deinen Schuldigen.

B. Es ist jener Bube aus Florenz.

A. Machiavell? der arme Thor!

B. Er, aller argen Schälke Vater. Hätte die Erde ihn nie getragen! hätte der Abgrund ihn gleich in der Geburt verschlungen!

A. Hat ers denn so gar arg gemacht, der Arme?

B. Warum aber nur arm, nur Thor?

A. Weil er nichts anders that, als die Maximen, die er in Verwaltung der Staaten bemerkte, kurz die Staatsgeheimnisse bekannt machte. Das wagte er; freilich mit Aufopferung seines guten Namens, und zu Erbeutung eines allgemeinen Haßes.

B. Wie? Erfand er nicht selbst diese Bosheiten? räth er sie nicht an?

A. Er erfand sie nicht; er verrieth sie. Ein gar zu aufrichtiger Thor, der sich nicht schämte, herauszusagen, was andre nicht etwa nur denken, sondern woran sie glauben, wornach sie handeln.

B. Nur das hätte Machiavell gethan? und warum wird er denn so allgemein gehasset?

A. Das will ich dir sagen. Die Regenten hassen ihn, weil er ihre Künste entdeckt hat; die Räthe hassen ihn: denn er greift ihnen ans Herz; die Dienenden knirschen thöricht zuerst deßhalb, weil sie alles Uebel, das sie dulden, aus Machiavells Hirn entsprossen glauben, nachher ärgern sie sich, ihr Elend durch ihn in ein so helles Licht gesetzt zu sehen.

B. Und so wäre Machiavell unschuldig?

A. Das wirst du finden, wenn du acht giebst, wie die Welt ist, und lange vor Machiavell war. Die dem Recht vorstehen, sind oft die ungerechtsten; die der Religion vorstehen, häufig die Gottlosesten; die der Gelehrsamkeit vorstehen, oft die unerfahrensten; die über Geschäfte gesetzt sind, die trägsten; die die Humanität befördern sollen, die inhumansten –

B. Das ungefähr habe ich aus Machiavell gelernet.

A. Du kannst es aus der Welt selbst lernen, deren scharfsinniger Beobachter und treuester Nacherzähler er war.

B. So brenne er denn mit alle dem Uebel, das in ihm stehet! –

A. Zu dem Brande würde dir Holz und Heerd fehlen. Ueberlaß Dem die Sache, der alle Bosheit der Welt kennet, daß er ihrer aufs weiseste spotte.

B. Und Machiavell lebe?

A. Er lebe, wenn auch nur als der offenbarste Zeuge menschlicher Schalkheit und Ränke.