Melpomene/Band 1/011 Bei dem Trauergottesdienst für die im Jahre 1812 in Rußland gefallenen Brüder

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aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 54-56
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11. Bei dem Trauergottesdienst für die im Jahre 1812 in Rußland gefallenen Brüder.

Melod. III.

1. Ach, ach! des Kriegs Flamme lodert!
Und welch ein fürchterlicher Krieg.
Denn ach! wie viele tausend fodert
Er auf zum Sterben oder Sieg!
Da rollen millionen Thränen,
Da fließet stromweis Menschenblut;
Nur dieses kann den Feind versöhnen,
Nur hemmen dieß des Krieges Wuth.

2. Schon schlägt der Trennung bittre Stunde
Zum letzten stummen Lebewohl,
Schlägt unsern Herzen eine Wunde,
Die lang und schmerzlich bluten soll;
Denn ach! sie raubt uns unsre Brüder,
Und ganz umsonst ist unser Fleh’n;
Nie kehren sie, die Theuren, wieder,
Nie werden wir sie wieder seh’n.

3. Dort eilen sie dem Feind entgegen,
Der schon zum Kampf bereitet steht,
Wo unter einem Kugelregen
Der Tod von Glied zu Gliedern geht;
[55] Nur Tod verkündet die Kanone,
Die mordend Leich auf Leiche thürmt,
Vergebens rufen sie: verschone,
Wenn sie des Feindes Schwerdt bestürmt.

4. Zwar streken sie der Feinde viele
Zu Boden hin mit Löwenwuth,
Doch führt es nicht zu ihrem Ziele,
Vergebens ist ihr Heldenmuth;
Der Feind ist zwar besiegt und weichet
Der tapfrer Deutschen Macht und Drang,
Doch leider! dieser Sieg gereichet
Den Siegern selbst zum Untergang.

5. Der grausam schlaue Feind verheerte
Auf seinem Rückzug Stadt und Land,
Daß in der Hoffnung die er nährte,
Der Sieger sich betrogen fand.
Dann wurde noch von Feindes Seite
Des Siegers Rüken selbst bedroht,
Und unsre muthbeseelten Leute
Geriethen so in größte Noth.

6. Aus diesem schreklichen Gedränge
Zog man, zu retten sich zurük;
Allein da traf die ganze Menge
Das fürchterlichste Mißgeschik:
Die Kälte stieg mit jedem Tage,
Der Mangel wuchs mit jedem Schritt,
Und brachte sie in eine Lage,
Wo Hoffnung mit Verzweiflung stritt.
[56]
7. An ihrem Eingeweide nagte
Des heissen Hungers scharfer Zahn,
Und ihre trokne Zunge klagte
Das Mißgeschik vergebens an:
Die Wärme wich aus allen Gliedern,
Das Blut im Herzen blieb zurük,
Und unter starren Augenliedern
Erstarb in Eis ihr Thränenblik.

8. Vor Hunger, Durst und Kälte fielen
Die Krieger tausendweis, und Pferdt’,
Und seine Rache abzukühlen
Kam noch dazu der Feinde Schwerdt.
So starben sie, die theursten Brüder
Den schönen Tod fürs Vaterland.
Doch weinet nicht in unsre Lieder,
Sie starben ja in Gottes Hand.

9. Laßt uns voll Mitleid ihre Seelen,
Des Höchsten Allbarmherzigkeit,
Und seiner Vaterhuld empfehlen;
Denn Gott ist gnädig und bereit,
Der Liebe Bitten zu erhören,
Und zu erfüllen unser Fleh’n.
Versieget nun ihr heissen Zähren!
Dort werden wir sie wieder seh’n. –