Melpomene/Band 1/038 Bei dem Grabe einer Frau, die ein fressendes Geschwür verzehrte

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aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 148–150
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38. Bei dem Grabe einer Frau, die ein fressendes Geschwür verzehrte.

Melod. III.

1. Nun endlich ruht von ihren Schmerzen
Die heldenmüthge Dulderin;
Sie gab mit hoffnungvollem Herzen
Sich ganz dem Willen Gottes hin,
[149] Und unter namenlosen Leiden
Blieb immer fröhlich ihr Gemüth,
Und bis zu ihrem letzten Scheiden
War stets ihr Herz von Lieb entglüt.

2. Denn schon beinah vor vierthalb Jahren
Verlor sie der Gesundheit Lust,
Und alle Medizinen waren
Umsonst zu heilen ihre Brust;
Das Übel wurde nicht gehoben
Ununterbrochen blieb der Schmerz,
Und hörte nicht mehr auf zu toben,
Bis endlich brach ihr zartes Herz.

3. So war am Ende ganz verschwunden
Der letzten Hoffnung Dämmerschein,
Und ihre letzten Lebensstunden
Vermehrten ihre Qual und Pein;
Allein sie litt die größten Schmerzen
Mit wahrhaft christlicher Geduld,
Und bath mit reuevollem Herzen
Gott um Verzeihung, Gnad und Huld.

4. Indessen war auf Haut und Knochen
Ihr Leib allmählig abgezehrt,
Ihr sterbend Auge schon gebrochen,
Und immer noch ihr Schmerz vermehrt;
Dieß gab sie deutlich zu erkennen
Durchs Ächzen jeden Athemzug,
Bis endlich, Seel und Leib zu trennen,
Zum letztenmal ihr Herze schlug.
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5. Wohl ihr! nun hat sie ausgestritten,
Und gut vollendet ihren Lauf,
Und Alles Gott zu lieb gelitten,
Und fuhr zum Himmelsthron hinauf;
Denn sicher fand dort ihr Vertrauen
Bei Gott ein gnädiges Gericht,
Um ihn auf ewig anzuschauen
Von Angesicht zu Angesicht.

6. Laßt uns daher geduldig leiden
Nach Gottes liebevollem Plan,
Und weislich jede Sünde meiden,
Die uns den Tod verbittern kann:
Denn alle Leiden hier auf Erden
Sind ja wie gar nichts im Vergleich
Der Seligkeit, die uns soll werden
Zum Tugendlohn im Himmelreich.