Melpomene/Band 1/058 Bei dem Grabe eines jungen Mannes, der an einem Steckfluß starb

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
<<< 058 Bei dem Grabe eines jungen Mannes, der an einem Steckfluß starb >>>
{{{UNTERTITEL}}}
aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 201–203
von: [[{{{AUTOR}}}]]
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Anmerkung: {{{ANMERKUNG}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[[Index:{{{INDEX}}}|Wikisource-Indexseite]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe

[201]

58. Bei dem Grabe eines jungen Mannes, der an einem Steckfluß starb.

Melod. III.

1. Ganz unvermuthet, Freunde! stehen
Wir hier an diesem neuen Grab,
Von tiefer Ahnung voll, und sehen
Mit wehmuthvollem Blick hinab;
Denn ach! der Mann, den wir begraben,
War vor acht Tagen noch gesund,
Und eh wir es vermuthet haben,
Schlug schon für ihn die Todesstund.

2. Er hatte länger schon Beschwerden
Die er in seiner Brust empfand,
Und dachte oft: was wird es werden,
Da langsam seine Kraft verschwand;
Allein es wurde wieder besser
Sobald der Husten aufgehört,
Indessen ward er immer blässer,
Und unbemerklich abgezehrt.

3. Denn seine kranke Lunge kochte
Kein Tröpfchen guten Blutes mehr,
Der Puls in seinen Adern pochte,
Und machte ihm den Athem schwer,
Der Schleim in seiner Kehle stockte,
Und blieb am Ende gar zurück,
[202] Und die Beklommenheit entlockte
Nun heisse Thränen seinem Blick.

4. Vergebens wurden Medizinen
Zu seiner Besserung versucht,
Statt ihm zur Linderung zu dienen
Blieb ihre Wirkung ohne Frucht;
Der Athem wurde kurz und schwächer,
Er fiel in Zuckungen und Krampf,
Und trank den bittern Todesbecher,
Und unterlag dem schweren Kampf.

5. Doch sah er ohne Furcht und Beben
Dem Tode frey ins Angesicht,
Und brachte Gott sein junges Leben
Zum Opfer dar voll Zuversicht:
Gott werd’ ihm seine Schuld vergeben,
Und beim Gerichte gnädig seyn,
Und ihm das ewig wahre Leben,
Und höchste Seligkeit verleihn.

6. Denn immer gieng ja sein Bestreben
Nicht nach den Gütern dieser Zeit;
Er suchte nur in Gott zu leben
Mit gänzlicher Ergebenheit,
Empfieng mit wahrer Vorbereitung
Der heil’gen Sakramente Gnad,
Und überließ sich Gottes Leitung,
Und wallte froh den Todespfad.

7. Wir können also sicher hoffen:
Daß, als sein Lebenshauch verschwand,
Sein Geist für sich den Himmel offen,
Und so den Lohn der Tugend fand.
[203] Sein Tod soll uns die Lehre geben:
So lebt und stirbt der wahre Christ,
Der durch ein tugendhaftes Leben
Zum Tode stets bereitet ist.

8. Denn, wer hier Gottes Wort zu hören
Und zu befolgen sich bestrebt,
Und immer nur nach Jesu Lehren,
Und seinem Tugendmuster lebt,
Und nur auf Gott allein vertrauet,
Und nicht auf Güter dieser Welt,
Der hat auf guten Grund gebauet,
Der ewig nicht zusamen fällt.