Melpomene/Band 2/013 Bei dem Grabe des Jünglings Johannes Keller, der von Raubmördern erschossen wurde

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aus: Melpomene
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[55]

13. Bei dem Grabe des Jünglings Johannes Keller, der von Raubmördern erschossen wurde.

Melod. VI.

1. Mit welchem Schmerz erfüllet uns die Leiche,
Die dieser neue Grabeshügel deckt;
Denn ach! sie wurde, wie vom Sturm die Eiche,
Von Mörderhänden plötzlich hingestreckt.
Noch lebhaft steht die blutige Geschichte
Vor unserm starren thränenvollen Blick,
Wo zween der allergrösten Bösewichte
Dem Jüngling raubten seines Lebens Glück.

2. Der Sohn von einem Handelsmanne kehrte
Mit dem Erlös zurück bei schwarzer Nacht;
Da gieng der Knecht, wie es der Herr begehrte,
Entgegen ihm, auf seinen Schutz bedacht;
Er setzte sich dem Sohne an die Seite;
So fuhren sie getrost der Heimath zu:
[56] Indessen laurten auf die schöne Beute
Die Mörder schon versteckt in Nacht und Ruh.

3. Und als sie endlich auf die Stelle kamen,
Die sich zur That ersah die Mörderbrut,
Wie bebten sie, als leise sie vernahmen:
Er ists – er ist es nicht – er ist es – ja! –
Auf einmal drückten ihre Feuerwaffen
Die Mörderhände los auf Knecht und Sohn,[1]
Um sich die Beute leichter zu verschaffen:
Allein die Pferdte flohen scheu davon.

4. Die auf den Sohn gezielte Kugel prellte
Zurück von einem Eisenstab im Sitz;
Allein die auf des Knechtes Leib gefällte
Durchbohrte seine Brust, als wie der Blitz;
Er sank dem Sohne blutend in die Arme,
Und lispelte mit blutgedämpftem Ton:
O daß Gott meiner gnädig sich erbarme!
Ich bin getroffen! ach! ich sterbe schon.

5. So brachte ihn der Sohn in Todeswehen
In schnellster Pferdteflucht nach Altenstadt;[2]
Man eilte, sich um Hülfe umzusehen,
Allein des Arztes Hülfe kam zu spat;
Das Blut entquoll in Strömen seinem Herzen,
Sein Angesicht verblich in Todesfarb,
Er unterlag den mörderischen Schmerzen
Und neigte sanft sein welkes Haupt, und starb.
[57]
6. Allein er war zu seinem Lebensende
Durch Frömmigkeit und Tugend stets bereit,
Empfieng die heil’gen Sterbsakramente,
Und starb mit gänzlicher Ergebenheit,
Und bath für seine Mörder noch um Gnade,
Wie sterbend Jesus einst am Kreuz gethan,
Und trat die Reise von dem Lebenspfade
Voll Zuversicht in jenes Leben an.

7. Wir können nun die süsse Hoffnung nähren:
Er werde guten Tods gestorben seyn,
Und mit der Engel auserwählten Köhren
Sich ewig nun dem Lobe Gottes weihen –
Allein er war der Mutter letzte Stütze,
Die eine Wittwe ist, in jeder Noth,
Und ach! sie fiel von ihrem Wohlstandsitze
Zur Dürftigkeit herab durch seinen Tod.

8. Und nun! wer soll vertretten seine Stelle?
Wer unterstützen sie mit Rath und That?
Als du, den an des Todes schmaler Schwelle
Die Vorsicht wunderbar gerettet hat.
Drum danke Gott, und sey statt dieses Mannes
Der Wittwe Schutz in diesem Jammerthal,
Bedenk: wie seine Mutter dem Johannes
Zum Schutze Jesus sterbend anbefahl. –

9. Und nun ihr Mörder! – Zwar ihr seyt entflohen,
Und lebet sicher in Verborgenheit;
Allein was nützt es euch? Denn euch bedrohen
Gerechte Strafen in der Ewigkeit.
[58] Und wisst: es ist ja nichts so klein gesponnen,
Es kommt am Ende noch ans Tageslicht;
Und wenn auch nicht! was habet ihr gewonnen?
Der Hölle Straf entgehn die Mörder nicht.

10. Und ach! was konnte, Brüder! euch verleiten
Zu dieser unerhörten Frevelthat?
Als nur die Hoffnung: Schätze zu erbeuten,
Die aber schändlich euch betrogen hat.
Und wenn ihr auch die ganze Welt gewinnet,
Was nützt es euch, wenn euch der Tod befällt?
Und ihr der ew’gen Strafe nicht entrinnet,
Die Gottes Hand für euch bereitet hält.

11. Laßt uns daher die Binde der Verblendung
Herab von unsern Geistesaugen ziehn,
Und Habsucht, Geitz, und thörichte Verschwendung,
Und Müssiggang, und alle Laster fliehn,
Mit dem, was Gottes Vorsicht uns gegeben,
Zufrieden seyn; dann haben wir genug,
Dann wird Gott einst zur Seligkeit erheben
Auch unsern Körper aus dem Aschenkrug.

Anmerkungen (Wikisource)

Jungs Errata (Bd. 2, S. 294) wurden in den Text eingearbeitet.

  1. Original: „Knecht u Sohn“
  2. Altenstadt an der Iller