Melpomene/Band 2/046 Bei dem Grabe einer Frau, die nach einem langen Leiden geduldig starb

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 131–133
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[131]

46. Bei dem Grabe einer Frau, die nach einem langen Leiden geduldig starb.

Melod. IX.

1. Nun hatte vollendet und modert
Kreszentia Schuster im Grab;
Sie legte, vom Richter gefodert,
Die schuldige Rechenschaft ab:
Und hoffentlich wird sie bestehen
Beim fürchterlich strengen Gericht,
Und ewig in Seligkeit sehen
Das göttliche Gnadengesicht.
[132]
2. Denn hat sie aus Schwäche gefehlet,
So hat sie es herzlich bereut,
Und niemal die Sünde verhehlet,
Und war sich zu bessern bereit;
Auch hat sie geduldig gelitten,
Zur Tilgung der sündigen Schuld,
Und nicht unterlassen zu bitten
Um Gnade Verzeihung und Huld.

3. Wie namenlos waren die Schmerzen,
Die Gott ihr zu leiden geboth,
Bis endlich zum bebenden Herzen
Gedrungen der bittere Tod!
Sie hatte seit Jahren und Tagen
Gelitten in kränklicher Brust,
Doch ohne zu murren und klagen
Geduldig zu leiden gewußt.

4. Sie hatte mit heissem Verlangen,
Um sich zu versöhnen mit Gott,
Die Mittel des Heiles empfangen,
Die Jesus zu brauchen geboth,
Und gänzlich auf Alles verzichtet
In dieser vergänglichen Welt,
Und so sich zum Tode gerichtet,
Der ihr vor die Augen sich stellt.

5. Nun kam die entscheidende Stunde,
Es brachen ihr Augen und Herz,
Und endlich, mit lächelndem Munde,
Erlag sie dem tödtenden Scherz:
So schlief sie in höchstem Vertrauen
[133] Auf Gottes Barmherzigkeit ein
Das Angesicht Gottes zu schauen,
Und ewig im Himmel zu seyn.

6. Mag also dieß Leben verschwinden,
Weil ja doch die Seele nicht stirbt,
Wir werden Begnadigung finden
Die Besserung sicher erwirbt.
Laßt also die Sünden uns meiden,
Und gänzlich der Tugend uns weihn,
Dann gehn wir beim endlichen Scheiden
Zur ewigen Seligkeit ein.