Melpomene/Band 2/Nachwort

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 283–286
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[283]

Nachwort.

Aus den Äusserungen einiger Herren Subskribenten der Melpomene ist ersichtlich, daß sie in diesen Grabliedern blos eine Sammlung schon vorhandener Grablieder erwarten, wie dieß bei Gesangbüchern gewöhnlich der Fall ist; allein der Unterzeichnete hat sie alle selbst verfaßt, und nur einige Nummern sind aus den Vespergesängen desselben aufgenommen worden: die Melodien hingegen sind, mit Ausnahme Nro. XII., von andern Liedern genommen, und sollen alle langsam gesungen werden. Auch haben einige Herren Subskribenten den Wunsch geäussert, Grabschriften vom Verfasser der Melpomene zu besitzen. Diesem Wunsche würde der Unterzeichnete mit Vergnügen entsprechen, wenn die Zahl der HH. Subskribenten den Verlag dieser Grabschriften dekte: denn er hat einen Vorrath von mehr als 200 Grabschriften, und könnte das Exemplar zu 30 kr. abgeben.

Die Melpomene bescheidet sich indessen zwar, in diesen Grabliedern nichts Vollkommenes geliefert zu haben; sie ist vielmehr auf gegründeten und grundlosen Tadel gefaßt, weil sie es wagte, unangenehme Wahrheiten vorzutragen, und die betrübenden Bilder von Schmerzen, Krankheiten, Tod und Grab, Eitelkeit und Vergeltung etc. etc. aufzustellen. [284] Denn alle diese Gegenstände sind nicht nach dem herrschenden Geschmack, der vielmehr den Merkurius und die Fama, den Mammon und die Venus mit ihrem Kinde, den Bachus und die Zeres, die Faunen und Nymphen und andre Musen liebt. Bei diesem Geschmacke müssen freilich die obscoenen Lieder, in denen die Unschuld und Tugend, die Wahrheit und Treue etc. verhöhnt, und das Gegentheil als Galanterie besungen wird, mehr Beifall finden, als Grablieder.

Überhaupt sind die Gegenstände der Melpomene, wie die Wahrheiten, die sie vorträgt, nichts weniger als angenehm, und man wird nicht ermangeln, ihnen den religiösen und moralischen Gehalt, und allen poetischen Werth abzusprechen, man wird ihre Sprache derb und roh, ihre Ausdrücke hart, unhöflich, unzart und eckelhaft finden. Ist ja doch den lebenslustigen Weltkindern nichts widriger, als die Erinnerung an den Tod, der doch den Hauptinhalt der Melpomene ausmacht; nur Schade, daß der Tod selbst so unartig ist, die Sterblichen faktisch daran zu erinnern, daß sie nicht nur so heissen, sondern auch wirklich so sind. Du hast dich also schlecht zu empfehlen verstanden, Melpomene! dich sogleich beim ersten Anblick auf Gräbern darzustellen, von deren Anblick sich die Menschen [285] so scheu wegzuwenden pflegen, in dem Wahne, denselben entgehen zu können; sie gleichen den Kindern, welche ihre Augen verhalten, in der Meinung, daß man sie nicht sehe. Allein der weise Christ wird mit heiligem Ernste vor deinem Bilde verweilen, und sich auf den Gräbern seiner Brüder und Schwestern des Looses erinnern, das auch ihm bevorsteht, und den Entschluß fassen und ausführen, sich durch Buße und Frömmigkeit auf einen guten Tod, ein gnädiges Gericht, und eine selige Unsterblichkeit vorzubereiten.

Geh also hin, Melpomene! mische dich in die Gesellschaften der Sterblichen, und erinnere sie an die, wenn auch unangenehme Wahrheiten, an denen ihnen doch Alles gelegen seyn muß, wenn sie ihre hoche Bestimmung nicht verfehlen sollen, und laß dich davon durch keinen Tadel abhalten; denn diesem entgeht die verhasste Wahrheit nicht, wenn sie auch im lieblichsten Tone vorgetragen wird, im gefälligsten Gewande erscheint, und sich nach dem Geschmacke der Menschen richten will. So entgehen auch die beßten religiösen und moralischen Schriften dem Tadel der Kritik nicht, wie du im schwäbischen Merkur unterm 26. Juli v. J. und andern Zeitschriften und Litteraturzeitungen lesen kannst.

Mache also die Sterblichen auf die unumgängliche Nothwendigkeit des Todes aufmerksam, [286] lehre sie aber auch wie Jesus, ihr göttlicher Heiland und Erlöser, leben und sterben, und flösse ihnen dadurch jene gänzliche Ergebenheit in den göttlichen Willen ein, womit Jesus am Ölberg ausrief: Vater! wenn dieser Kelch an mir nicht vorüber gehen kann, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe dein Willen!

Ausgetrunken muß er also doch werden der Leidenskelch, und der Todesbecher, ausgetrunken bis auf den Grund; höre also nicht auf, Trauermuse Melpomene! den Sterblichen, wenn sie es auch noch so ungern hören sollten, beständig zuzurufen:

Bei Allem, was du redest, denkst und thust,
O Mensch! bedenke, daß du sterben mußt,
Und mach dich mit dem Tode so vertraut,
Daß dir vor ihm am Ende nicht mehr graut,
Und halte dich durch wahre Frömmigkeit
Zu einem guten Tode stets bereit,
Dann führt er dich ins Reich des Himmels ein,
Und ewig – ewig – wirst du selig seyn.

Kirchdorf an der Iller
am Pauli Bekehrungstag 1839.

Der Verfasser.

Anmerkungen (Wikisource)

Jungs Errata (Bd. 2, S. 295) wurden in den Text eingearbeitet.