Nemesis (Neuffer)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Ludwig Neuffer
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Nemesis
Untertitel:
aus: Taschenbuch von der Donau. Auf das Jahr 1824, S. 149–152
Herausgeber: Ludwig Neuffer
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1823
Verlag: Stettinische Buchhandlung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Ulm
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Exemplar der HAAB Weimar auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[149]

Nemesis.

Dein letzter Sprößling, mächtiger Staufen, zog
Voll Siegeshoffnung einst aus der Heldenburg,
Wo herrschend seine Väter hausten,
Freudig und stolz in sein fernes Erbland.

5
Schon winken ihm die Zinnen der Königsstadt,

Schon winkt der Thronsaal. Eil’, o Neapolis!
Dein König kommt, mit Lieb’ und Treue
Eil’ ihm entgegen, dem Heldenenkel.

Du säumst? Er kommt, ein Jüngling voll hohen Sinns

10
Und kühner Thatkraft! Siehe, dir wird durch ihn

Ein Alter, reich an Glanz und Größe,
Eine beglücktere Zeit beginnen.

Noch säumst du? Ha, Treubrüchige, hast du ganz
Dein falsches Herz dem Gallier zugewandt?

15
O Frevel, und mit Mörderhänden

Greifst du den Erben des Throne, und legest

[150]

Verruchte Ketten deinem Gebieter an,
Und schleppest ihn in schreckliche Kerkernacht,
Und durch das blut’ge Beil des Heukers

20
Fällt das geheiligte Haupt. – So endet


Der Stamm der Helden, so wird der Königsmord
Vollbracht! – Da faßt Entsetzen die Fürsten all’
Auf ihren Thronen, und die Völker
Seh’n das Verbrechen mit Grau’n und Mitleid.

25
Doch ach, kein Rächer waffnet den Arm für ihn,

Kein Opfer sühnt den Staub des Gemordeten;
In Ruhe thront der Kronenräuber,
Glanz und Gewalt ist der Lohn der Unthat,

Indeß der Geist des Grausamgetödeten,

30
Dieweil er noch die Bahn des Geschickes nicht

Vollendet hat, unreif zum Orkus
Schwebt, und den stygischen Strand umirret.

Weltalter sind im zögernden Zeitenlauf
Dahingefloh’n; Jahrhunderte sind indeß

35
Gekommen und gegangen; lange,

Lange verübt ist der blut’ge Frevel,

[151]

Bedeckt vom grauen Flor der Vergangenheit;
Kein leises Ahnen, daß noch ein Rächertag
Erscheine, hob der Menschen Herzen. –

40
Aber die Nemesis wachte. – Nimmer


Vergessen Götter alter Verschuldungen,
Und früher, später trifft ihr gerechter Zorn
Ein Haupt, das fallen muß zur Sühne
Voriger Frevel. Das war verborgen

45
Dem Trotzer, dem die Waffen Napoleons

Die Kron’ erkämpften. Denn da der mächtige
Gefallen war, da schufen jenem
Spornende Furien blinden Wahnsinn,

Daß, da ihm Land und Zepter verbürget war,

50
Er selbst die Völker reizte durch Missethat,

Und nicht von Trug und Schanden abließ,
Bis er es büßte mit seinem Blute.

Da sank sein Haupt, ein Opfer verjährter Schuld;
Ein zweiter Throndieb, wieder ein Gallier,

55
War vom Geschick bestimmt, der Vorzeit

Gräuel zu sühnen mit spätem Tode.

[152]

Nun erst erlöst vom Ufer der strengen Styx
Nach langer Zeit, unglücklicher Konradin,
War dir’s vergönnt, zu deinen Vätern
Hin nach Elysiums Au’n zu schweben.
 Neuffer.