Oberlandesgericht München – Mindergewichtiges Brot

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Oberlandesgericht München
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 23. Januar 1885
Untertitel:
aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1885, Nr. 8, Seite 68–69
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung: Die Vorschriften zum Verkauf von Brot nach Gewicht gelten für den Zeitpunkt des Verkaufes, nicht des Backens
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[68]

Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 23. Januar 1885.

in der Sache gegen den Bäcker Bruno T. in Nürnberg wegen Verkaufs mindergewichtigen Brodes.

Die Strafkammer hat auf Grund der Feststellung, daß der Angeklagte am 21. Mai 1884 in seinem Verkaufslokale 136 Stück schwarze Brode zum Verkaufe ausliegen hatte, welche das durch Anschlag bekanntgegebene Gewicht nicht hatten, dann unter der Annahme, daß es Pflicht des betreffenden Gewerbetreibenden sei, Brode, welche aus welchem Grunde immer das dem Publikum durch den Anschlag bekannt gegebene Gewicht nicht mehr besaßen, aus dem Verkaufslokale zurückzuziehen, wobei es ihm zu überlassen sei, dieselben anderweit zu verwerthen, eine Übertretung aus Art. 142 Abs. 3 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. gegeben erachtet. Diese Feststellungen rechtfertigen auch den desfallsigen Schuld- und Strafausspruch, und die Behauptung des Angeklagten in der Revision, es müsse Art. 142 Abs. 3 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. in Verbindung mit der ortspolizeilichen Vorschrift dahin verstanden werden, daß das Brod, welches mit dem gesetzlichen Gewichte ausgebacken sei, auch das „bestimmte Gewicht“ habe, zu welchem es jederzeit feilgehalten werden dürfe, ist unbegründet.

Die Strafbarkeit der, Brodwaaren von bestimmtem Gewichte feilbietenden Bäcker und Brodhändler ist nach Art. 142 Abs. 3 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. daran geknüpft, daß die feilgebotenen Brodwaaren das erforderliche Gewicht nicht haben. Des Gewichtes zur Zeit des Ausbackens des Brodes ist daselbst in keiner Weise erwähnt, und konnte dieses Gewicht nicht als maßgebend gedacht sein, da die Anwendung der Gesetzesvorschrift auch auf die mit dem Backen des Brodes nicht beschäftigten Brodhändler ausgedehnt ist. Außer dem Wortlaute der Gesetzesstelle spricht für diese Annahme auch der Umstand, daß bei der Berathung im Gesetzgebungs-Ausschusse der Kammer der Abgeordneten der Referent zu Art. 146 Abs. 2 des Entwurfes, welchem Art. 142 Abs. 3 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. entstammt, bemerkte, es bleibe angesichts der Anwendbarkeit des §. 263 des Straf-Ges.-Bchs. für Art. 146 Abs. 2 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. nur der Fall übrig, wenn nicht vollgewichtige Brodwaaren aus bloßem Versehen oder durch Zufall zu leicht geworden seien, und es könne sich nur auf solches unabsichtliches Versehen, da es sich nur um sehr geringe Gewichtsdifferenzen handle, und da berücksichtigt werden müsse, daß Backwaaren bei längerer Aufbewahrung austrocknen und dadurch an Gewicht verlieren, die betreffende Vorschrift erstrecken, – und daß der kgl. Ministerial-Kommissär die Auslegung des Artikels durch den Referenten als richtig anerkannte und hiegegen von keiner Seite ein Widerspruch [69] erhoben wurde (Verhandlungen des Gesetzgebungs-Ausschusses der Kammer der Abgeordneten 1871/72 Bd. I S. 13 und 119, Bd. II S. 47. Stenographische Berichte 1871/72 Bd. I S. 120 und f.). Daraus folgt, daß es zur Bemessung der Frage, ob eine Verfehlung nach Art. 142 Abs. 3 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. vorliegt, darauf ankommt, ob beim Mangel der Voraussetzung der Strafbarkeit aus §. 263 des Straf-Ges.-Bchs., worauf im vorliegenden Falle die Anklage ohnehin nicht gerichtet ist, Brodwaaren, welche ein bestimmtes Gewicht haben müssen, dieses Gewicht zur Zeit des Feilbietens haben, und nicht darauf, mit welchem Gewichte sie etwa ausgebacken worden sind. Die ortspolizeiliche Vorschrift konnte hieran nichts ändern und läßt dieselbe auch die in der Revision behauptete Deutung nicht zu, da sie nur anordnet, daß schwarzes Brod nach dem Gewichte verkauft werden müsse und dasselbe von den Bäckern nur in Größen von einem Pfunde oder Mehreren vollen Pfunden, das heißt nicht in Bruchtheilen eines Pfundes verbacken werden dürfe. Die Strafkammer hat sonach nicht geirrt, wenn sie bei Prüfung der Schuldfrage nur darauf Rücksicht nahm, daß das von dem Angeklagten am 21. Mai vor. Jahres in seinem Verkaufslokale zum Verkauf ausgelegte, sonach feilgehaltene, schwarze Brod zur Zeit des Feilhaltens das auf Grund der ortspolizeilichen Vorschrift bekannt gegebene Gewicht nicht hatte, und wenn sie nicht untersuchte, ob das in Frage stehende Brod zur Zeit des Ausbackens dieses Gewicht hatte.