RE:Sardeis

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hauptstadt Lydiens
Band I A,2 (1920) S. 24752478
Sardes in der Wikipedia
GND: 4077020-5
Sardes in Wikidata
Sardes bei Pleiades
Bildergalerie im Original
Register I A,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|I A,2|2475|2478|Sardeis|[[REAutor]]|RE:Sardeis}}        

Sardeis (αἱ Σάρδεις Aeschyl. Pers. 45 und an vielen anderen Stellen der Literatur; αἱ Σάρδις Herodot. I 69–IX 107; αἱ Σάρδιες episch und ionisch Herodot. I 84. Nonn. 41. 86. 356. Anthol. VII 709. IX 423 und ἡ Σάρδις Steph. Byz.). Es war die sehr alte und ehemals reiche Hauptstadt Lydiens (in der Landschaft Maionia) und Residenz der Könige, sowie später von persischen Satrapen (Strab. XIII 625f.), jetzt Sart, Station der Eisenbahnlinie Smyrna-Alaschehír.

I. Schriften der Alten.

Λυδιακά schrieben Xanthos FHG I 36. Dositheos IV 401 nr. 6, Xenophilos IV 530, Polycharmos IV 479, ein episches Gedicht Christodoros IV 360.

II. Neuere Literatur.

1675 Spon Voyage I 349f. 1675 Wheler Journey 263. 1678 Ricaut Etat présent de l’Eglise Gr. 72. 1760 Chandler Travels in Asia Min. II 168f. 174. Richter Wallfahrten 511. 1833 Prokesch Denkwürdigkeiten und Erinnerungen III 31. Hamilton Researches I 146. Arundell Discoveries I 317. 1846 Texier Description de l’Asie Min. III 6, 19. 1870 Le Bas-Waddington Inscr. Grecques en Grèce et Asie Min. III 645. 1872 E. Curtius Beitr. zur Gesch. u. Topogr. [2476] Kleinasiens, Abh. Akad. Berl. phil.-hist. Cl. 1872, 84ff. W. M. Ramsay Letters of the Seven Churches of Asia 1904, 354ff. Dittenberger Orientis Graeci Inscript. 1903–1905. Keil und Premerstein Reise in Lydien und der südl. Aiolis, Denkschr. der Akad. Wien phil.-hist. Cl. LIV (1908); Bericht über eine zweite Reise in Lydien a. a. O. LIV (1911). 1906 G. Lampákis Οἱ Ἑπτὰ Ἀστέρες τῆς Ἀποκαλύψεως, ἐν Ἀθ. 1909, 337ff. Butler First Preliminary Report on the American Excavations at Sardes in Asia Min., Americ. Journ. Arch. II Ser. XIV (1910) 401ff.; Second Report a. a. O. XV (1911) 445ff.; Third Preliminary Report XVI (1912) 465ff. Robinson Greek and Latin Inscr. at Sardes, Americ. Journ. Arch. 2. Ser. XIV (1910) 414ff. Thumb Lydian Inscript. from S. a. a. O. XV (1911) 149ff. Cuny Rev. Et. Anc. XIII 421f. Buckler and Robinson Greek Inscript. from Sardes, Am. Journ. Arch. XV (1912) 1ff. Von der Veröffentlichung: Sardis, Publications of the American Society for the Excavations of Sardis waren mir zugänglich: Vol. VI Lydian Inscript. by Enno Littmann P. I (1916) und Vol. XI Coins P. I (1910–1914) by H. W. Bell (1916).

III. Name.

Nach Xanthos von Lydien (bei Ioannes von Lydien) FHG IV 629 a soll S. ‚Jahr‘ bedeuten, S. zu Ehren des Helios so genannt sein. In früherer Zeit hat man den Namen von einem phoinikischen Wort tsarth (= Felsen?) herleiten wollen, Texier Voyage III 6 deutete ihn aus dem Armenischen sardar (= Fürst). Wilhelm Neue Beitr. zur griech. Inschriftenkunde 45 nimmt an, daß S. nach thrakischen Auswanderern genannt ist.

Nach Nikanor FHG III 633 nr. 7 war Hyde der frühere Name von S. Nach Strabon (a. a. O.) und Plinius (n. h. V 110) war Hyde Name entweder für S. selbst oder für dessen Akropolis, vgl. Hom. Il. II 866 (VII 221. XX 385): Τμώλῳ ὑπὸ νιφόεντι, Ὕδης ἐνὶ πίονι δήμῳ; s. Hyde Nr. 1 o. Bd. IX S. 43. Buresch Aus Lydien 98 vermutete, daß eine Stadt Hyde auf der Stelle des späteren S. lag.

IV. Lage

(Plan bei E. Curtius T. V, daraus Lampákis 348). Im fruchtbaren Hermosbecken (s. den Art. Sardiane und Strab. XIII 625f.), am äußersten nördlichen Abhang eines aus Konglomeraten bestehenden Vorberges des Tmolos (jetzt Bos Dau = grauer Berg) am rechten Ufer des Paktolos (jetzt Sart tschai = Fluß von Sart), 10 km von dessen Einmündung in den Hermos, 540 Stadien (= 3 Tagereisen) von Ephesos (Herodot. V 54. Xen. h. gr. III 2, 11: 4 Tage braucht Alexandros d. Gr. Arrian. I 17, 10), ebensoweit vom Maiandros und von Smyrna (Xen. an. I 2. 5), 600 Stadien von Pergamon (Strab. a. a. O.) gelegen, war die Stadt mit der stark befestigten Akropolis ein Punkt von Bedeutung an der westöstlichen Heerstraße durch das mittlere Kleinasien. Auf dem Vorberg liegt die mit dreifacher Mauer umfestigte Akropolis; westlich davon fließt der Sart tschai, der alte Paktolos. Im Osten der Stadtlage ist wohl schon in alter Zeit ein wasserreicheres Flüßchen, jetzt Λουτροποτάμι (Badflüßchen), in einem Kanal an die Stadt herangeleitet worden, also Insellage. Beide Flüßchen überschreitet die alte Heerstraße nördlich von der Akropolis. Die Agora nimmt [2477] E. Curtius im Stadtteil am Paktolos an. Dort ist vielleicht auch der Γλυκὺς Ἀγκών für die Bordelle (Klearchos von Soloi FHG II 310 nr. 22), den Polykrates von Samos mit seiner Λαύρα auf Samos nachahmte, zu suchen. Die Privathäuser der Stadt waren wenigstens bis 499 v. Chr. Rohrgezelte oder rohrgedeckte Backsteinhäuser, der Palast des Kroisos aus Backsteinen gebaut, Plin. n. h. XXXV 172. Diese Hütten reichten bis an den Artemis-(Kybele)tempel weiter oben am Paktolos, der im genannten Jahr von der Feuersbrunst ergriffen wurde (Herodot. V 101).

An der Ostseite des Akropolishügels liegen an der Seite des jetzigen Λουτροποτάμι auf Terrassen die Reste eines odeionähnlichen Gebäudes, dann nördlich davon Stadion (190 m lang) und Theater aus römischer Zeit (Durchmesser der Cavea 126 m). Adler Deutsche Bauztg. 1872, 43ff. Nördlich vom Stadion ist eine Art Pelasgikon, wie in Athen (E. Curtius 86 und Adler).

In der Nähe der nördlichen Stadtmauer nimmt man das aus dem Palast des Kroisos entstandene Gebäude der Gerusia (Vitr. 49, 14 R. Plin. n. h. XXXV 172) an.

Über den Artemistempel, das Kybeleheiligtum Adler a. a. O. und Curtius 87: Es war nach Nordnordosten orientiert und ist in einem achtsäuligen ionischen Dipterosbau aus späthellenistischer Zeit erhalten. Neuerdings haben über die Kybele oder Μήτηρ oder Artemis von S. G. Radet Cybébé 1909, 6 und Buckler und Robinson a. a. O. VI 26ff. gehandelt. Die Ausgrabungen der Amerikaner Amer. Journ. Arch. XVI 472ff. (1912). Über die Nekropolis im Hügel Butler Amer. Journ. Arch. II. Ser. XIV (1910) 410 (Dromosgräber) und XV (1911) 454.

V. Handel und Wandel.

Man kaufte in S. das sil Lydium (Bergocker Plin. n. h. XXXIII 160). Σαρδιανόν nannten die Griechen die Kastanie von S., Athen. II 53. Plin. n. h. XV 93. Weiße Zwiebeln a. a. O. XIX 104. Bei S. wurde der Weihrauchbaum angepflanzt, a. a. O. XII 57. Der Edelstein Sarder soll seinen Namen von S. haben, a. a. O. XXXVII 105. Das Färben der Schafwolle sollen die Sarder erfunden haben, XII 196.

Über den Γλυκὺς Ἀγκών s. o. nr. IV. Teppiche FHG II 96 nr. 1.

Spiele: Κοινὰ Ἀσίας, Φιλαδέλφεια, Χρυσάντινα (Χρυσάνθινα, Χρυσάνθεια) s. nr. VIII 361–363 Κοραῖα (zu Ehren der Persephone), Ἄκτια.

VI. Münzprägung

s. den Art. Lydien: Lydisches Reich und u. nr. VIII c κιστοφόροι; Tetrachmen mit dem jugendlichen Dionysos, Imhoof-Blumer Monn. Gr. pl. G 23. Rev. ΣΑΡΡΔΙΑΝΩΝ Zeus Lydios. Autonome Æ-Münzen: Apollon, Herakles, Dionysos, Stadttyche, Artemis. Rev. Keule, Apollon, Löwe, Panther mit Speer im Maul, Zeus Lydios, Athena, Demeter. Kaiserliche Æ-Münzen: von Augustus bis Valerianus den Jüngeren. Unter Tiberius bis Caligula ΚΑΙΣΑΡΕΩΝ ΣΑΡΔΙΑΝΩΝ. Andere Titel: νεοκόρων, μητρόπολις Ἀσίας, Λυδίας, Ἑλλάδος. Flußgötter: Tmolos und Hermos. Münzallianz mit Pergamon, Ephesos, Smyrna, Hierapolis und Side.

VII. Umgebung von S.

Nicht weit von S. liegen in der Nähe des Gygaiischen Sees oder [2478] Koloë (s. o. Bd. VII S. 1956) die alten lydischen Königsgräber, z. B. das des Alyattes (Herodot. I 93. Strab. XIII 626), Arch. Ztg. 1853, 148. v. Olfers Über die lyd. Königsgräber bei S. u. den Grabhügel des Alyattes, Abh. Akad. Berl. phil.-hist. Cl. 1858, 539ff. In der Gegend wurden neolithische Beile gefunden, Zeugen sehr früher Niederlassungen; s. auch den Art. Sardiane.

VIII. Aus a) Vorgeschichte, b) Lag und c) Geschichte (Münzen).

a) Beim Bau der Eisenbahnlinie Smyrna-Kassabá-Sart-Alaschehír fand man eine große Anzahl neolithischer Beilchen zum Teil aus Amphibolit, ähnlich denen, die auch in der Nähe von S. am Gygaiischen See gefunden wurden.

b) S. wird als Sitz der Omphale (s. d.) bezeichnet, FHG IV 311 nr. 4.

c) Jedenfalls sehr frühzeitig werden in S. Gold-, Elektron- und Silbermünzen geprägt (Herodot. I 94). Head-Svorónos Ἱστορ. Νομ. II 188 und 203ff. Head HN² 656: mehr als wahrscheinlich, daß unter der Perserherrschaft dort Golddareiken und Silberschegel geschlagen wurden. Als älteste für S. geprägte, sicher nachzuweisende Münzen sind die κιστοφόροι mit ΣΑΡ des 2. vorchristl. Jhdts. anzusehen.

Um 635 v. Chr. wurde die Stadt S. durch die Kimmerier zerstört; die Burg hielt sich; vgl. die sprichwörtliche Redensart von Unmöglichem: ἀκρόπολιν Σάρδεων εἴληφας. 560–546 v. Chr. König Kroisos. – 546 Einnahme durch Kyros den Älteren. – 510 v. Chr. im ionischen Krieg belagert von den Eretrieern FHG IV 441. – 499 v. Chr. die Unterstadt von den Ionern eingenommen. Feuersbrunst. Alkibiades wurde gefangen nach S. gebracht (Xen. hell. I 9). – 395 v. Chr. Schlacht bei S. (Judeich Kleinas. Stud. 60). Agesilaos (E. Meyer Theopomps Hellenika 5ff.). – 392 v. Chr. Friedensverhandlungen a. a. O. 63. – 334 v. Chr. von den Persern besetzt a. a. O. 261. – 330 v. Chr. ließ Alexandros der Gr. den Kybeletempel wiederaufbauen und gründete einen Altar des Zeus Olympios. – 218 v. Chr. zerstörte Antiochos III. die Stadt, die bald wieder aufgebaut wurde. – Seleukidenherrschaft: 214 v. Chr. Achaios ruft in S. sich zum König aus. Erschlagen nach zweijähriger Belagerung, Head HN² 762. – 189 v. Chr. Teil des Pergamenerreichs. – Dann römisch. 133 v. Chr. zur Provinz Asia. – 17 n. Chr. starkes Erdbeben, Tac. ann. II 47. Plin. n. h. I 1 (J. Schmidt Stud. über Erdbeben² 142). Später Tempel des Tiberius (Beiname der Stadt Καισάρεια) und des Hadrianus. – Mitglieder des conventus Sardianus: die Macedones Cadieni, Loreni, die Philadelphier, Maioner, Tripolitaner, Antoniopolitaner, Apollohieriten, Mesotimolier a. u. – S. hatte frühzeitig eine christliche Gemeinde, Apocal. 3 ‚οἶδά σου τὰ ἔργα. ὅτι ὄνομα ἔχεις ὅτι ζῆς, καὶ νεκρὸς εἶ‘.[WS 1] – 361–363 n. Chr. Chrysanthios von Iulianus mit Wahrnehmung des alten Kultus beauftragt. Eunap. 154. – 400 n. Chr. die Goten, Chandler II 169. Texier III 17ff. – Vor dem 9. Jhdt. n. Chr. in der hierarchischen Reihe das 7. der dem Thron von Konstantinopel untergebenen Erzbistümer, unter Leon dem Weisen ebenfalls das 7. – Sardische Sibylle FHG IV 474; s. noch den Art. Lydien.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ‚οἶδά σου τὰ ἔργα. ὅλι ὄνομα ἔχεις ὅλι ζῆς, καὶ νεκρὸς εἶ‘. – S. Αποκάλυψις Ιωάννου (Offenbarung des Johannes) 3, 1