Reglement für die mechanische Filial-Werkstätte von Escher, Wyss & Cie.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Reglement für die mechanische Filial-Werkstätte von Escher, Wyss & Cie.
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag:
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Ravensburg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Fotografie des Originals im Museum Humpis-Quartier Ravensburg
Kurzbeschreibung: Fabrikordnung der Maschinen- und Turbrinenfabrik Escher-Wyss in Ravensburg
Abkürzung: „kr.“ = Kreuzer. Ein Gulden bestand aus 60 Kreuzern.
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

Reglement für die mechanische Filial-Werkstätte von Escher, Wyss & Cie.

1.

Jeder, der als Arbeiter in unsere Werkstätte eintreten will, muß vom Direktor oder Werkführer angestellt werden und sowohl diesem als, nach geschehener Anstellung, auch im Comptoir seine Legitimationsschriften vorweisen, von welch’ Letzterem der dafür eine Bescheinigung erhält, die er samt seinen andern Schriften auf dem Polizei-Bureau abzugeben hat.

Jeder Arbeiter unterwirft sich mit seinem Eintritte in unsere Werkstätte den Vorschriften dieses Reglements.

2.

Wenn ein Arbeiter aus dem Dienste treten will, so muß eine achttägige Aufkündigung vorangehen. Das Gleiche soll auch gegen die Arbeiter beobachtet werden, jedoch findet bei gröblicher Verfehlung augenblickliche Entlassung statt.

Wenn ein Arbeiter Akkord-Arbeit hat, so muß er dieselbe pflichtgemäß beendigen, bevor er aus dem Dienste treten darf.

Wer ohne Aufkündigung den Dienst verläßt, ist seines ausstehenden Lohnes und des Zeugnisses verlustig.

3.

Die Arbeitszeit beginnt im Sommer Morgens 5 Uhr und endigt Abends 6 ¾ Uhr, im Winter um je eine halbe Stunde später, mit Ausnahme der Samstage, an welchen stets die Arbeitszeit um 6 Uhr endigt.

Für das Frühstück wird eine halbe Stunde von 8 bis 8 ½ Uhr, für das Mittagessen eine Stunde von 12 bis 1 Uhr, und für das Abendessen eine Viertelstunde von 4 bis 4 ¼ Uhr freigegeben.

Der Anfang und das Ende der Arbeit, sowie die Ruhezeit wird jedesmal durch die Glocke angezeigt.

Wer 5 Minuten nach dem Einläuten nicht an seiner Arbeit ist, verfällt in eine Buße von 3 bis 6 kr.

Wer erst 5 bis 15 Minuten nach dem Einläuten zur Arbeit kommt, in eine solche von 6 bis 12 kr.

Bei noch späterem Eintreffen wir die Buße verhältnismäßig erhöht und bei gänzlichem Ausbleiben ohne genügende Entschuldigung dem Taglohn gleichgesetzt, beides unabhängig von den Lohnabzügen für die versäumte Zeit.

Wer sich vor dem mit der Glocke angezeigten Ende der Arbeitszeit von seiner Arbeit entfernt oder seinen Platz sonst unnöthiger Weise verläßt, verfällt in eine Buße von 6kr.

4.

Es ist strenge verboten, ohne Erlaubniß oder Auftrag außer den Arbeitsstunden oder an Feiertagen sich in den Werkstätten einzufinden.

Dawiderhandelnde haben keinerlei Anspruch auf Bezahlung der zu solcher Zeit gemachten Arbeit.

5.

Wer nothwendiger Geschäfte wegen sich von seiner Arbeit entfernen will, muß vorerst von seinem Werkführer oder Aufseher die Erlaubniß dazu erhalten und dieß beim Portier anzeigen, sonst verfällt er in eine Buße von 15 kr.

Die versäumte Arbeitszeit hat der Portier aufzuzeichnen und vor jedem Zahltag dem Controleur anzuzeigen, behufs entsprechendem Abzug auf dem Lohn nach Verhältniß der Zeitversäumniß.

Wer wegen Krankheit von der Arbeit wegbleibt, soll es seinem Aufseher anzeigen lassen, sonst verfällt er in die gleiche Buße, wie die ohne genügende Entschuldigung Ausgebliebenen (Art.3 )

6.

Jeder Arbeiter hat sowohl beim Eintritt in die Werkstätte als beim Verlassen derselben hierzu nur das Hauptthor beim Portier zu benützen.

Wer sich auf einem anderen Wege einschleicht oder entfernt, wird mittelst Lohnabzugs um 24. kr. nach Umständen auch höher bestraft.

7.

Es ist strenge verboten, ohne erhaltene Erlaubniß Jemanden in die Werkstätte einzuführen. Zuwiderhandelnde verfallen einer Buße von 15 kr.

8.

Wenn ein Auswärtiger nothwendiger Weise mit einem Arbeiter zu sprechen hat, so kann er denselben durch den Portier außer die Werkstätte rufen lassen.

9.

Jeder Arbeiter ist verpflichtet, den Chefs, Werkführern und den bestellten Aufsehern Folge zu leisten. Zuwiderhandelnde werden sogleich entlassen.

10.

Kein Arbeiter soll ohne Auftrag seines Vorgesetzten irgend eine Arbeit annehmen und ausführen.

11.

Jeder Arbeiter verpflichtet sich zur gewissenhaften Besorgung der ihm übertragenen Arbeit.

12.

Arbeit, welche beim Verifiziren schlecht befunden wird, unterliegt einem angemessenen Abzug.

13.

Arbeit, die sich ganz unbrauchbar zeigt, wird nicht nur nicht bezahlt, sondern der Arbeiter noch zum Schadenersatz angehalten.

14.

Alle Arbeiten nach Feierabend, an Sonn- und Festtagen oder Nachts werden 1 ⅓ mal berechnet.

15.

Jeder Arbeiter ist zur ordentlichen Behandlung und Erhaltung seines Werkzeugs auf’s Strengste verpflichtet. Zu diesem Zweck erhält er beim Eintritt ein Verzeichniß desselben, welches von Zeit zu Zeit, sowie beim Austritt verifizirt wird. Alles Fehlende oder Verdorbene hat der Arbeiter zu ersetzen.

Für allgemeinen Werkzeug ist derjenige Arbeiter verantwortlich, welchem er übergeben ist und es hat der Arbeiter, welcher den Werkzeug gebraucht und aus Nachlässigkeit verdorben hat, Schadenersatz zu leisten.

16.

Zum Reinigen der Werkzeuge wird alle Samstage für diejenigen, die laufenden Werkzeug haben, wie Drehbänke, Bohrmaschinen, Hobelmaschinen u. dgl. eine halbe Stunde; für Schlosser, Schreiner u. s. w. eine Viertelstunde anberaumt. Wer seinen Werkzeug nicht reinigt und ordnet, verfällt in eine Buße von 9 kr.

17.

Wer nach beendigter täglicher Arbeitszeit Abends einen Platz nicht aufgeräumt und den Werkzeug nicht geordnet hat, verfällt in eine Buße von 9 kr.

18.

Wer irgend etwas gewaltsam oder muthwillig zerbricht, leistet Schadenersatz.

19.

Jede zerbrochene Fensterscheibe bezahlt der zunächst dem Fenster placirte Arbeiter, es wäre denn, daß er aufweisen könnte, daß sie ein Anderer zerbrochen, in welchem Falle dann der Letztere diese Scheibe zu bezahlen hat.

Zerbrochene Fensterscheiben außer den Arbeitsräumen, wie z. B. in den Stiegenhäusern, Abtritten etc., werden gemeinschaftlich bezahlt, wenn der Thäter nicht nachgewiesen werden kann.

20.

Die Kleider jeder Art sollen nur an dem dafür bestimmten Orte aufbewahrt werden. Jeder Arbeiter, der Kleider oder Schuhe auf seiner Werk- oder Drehbank herumliegen läßt, verfällt in eine Buße von 9 kr.

21.

Das Waschen der Hände mit Oel ist verboten und wird bestraft mit einer Buße von 24 kr.

22.

Kein Arbeiter darf irgend etwas aus dem Magazin holen, ohne dazu von einem seiner Vorgesetzten durch Schein ermächtigt zu sein. Zuwiderhandelnde verfallen in eine Buße von 18 kr.

Die übrig gebliebenen Materialien hat der Arbeiter sogleich nach Fertigung der Arbeit, und soweit es angeht gleichzeitig mit dieser in das Magazin zurückzubringen, damit dieselben dort nachgezählt oder nachgewogen werden. Wer dies unterläßt, verfällt in eine Strafe von 24 kr.

23.

Alles Herbeiholen oder Zutragen von Lebensmitteln und das Essen und Trinken in den Werkstätten während der Arbeitszeit ist untersagt. Zuwiderhandelnde verfallen einer Buße von 12 kr.

24.

Es wird allen Arbeitern die größte Aufmerksamkeit auf Feuer und Licht empfohlen; wer sein Licht beim Weggehen nicht löscht oder sonst unvorsichtig damit umgeht, verfällt in eine Buße von 12 kr.

25.

Das Tabakrauchen in den Werkstätten ist auf’s Strengste verboten. Fehlende verfallen in eine Buße von 12 kr.

26.

Es ist kaum nothwendig, ordentlichen Arbeitern ein sittliches Betragen zu empfehlen, wer sich aber unsittliches Betragen, als: Schlägerei, Betrunkenheit, Bewerfen mit Lumpen etc. zu Schulden kommen lässt, verfällt in eine Buße von 24 kr.

27.

Sämmtliche Bußen werden jeweils vom Lohne abgezogen und der Krankenkasse der Arbeiter zugetheilt.


Jeder wohlmeinende Arbeiter wird leicht erkennen, daß dieses Reglement keineswegs zur Beengung seiner Freiheit, oder zu seinem Schaden, sondern blos zur Aufrechterhaltung der nothwendigen Disciplin und Ordnung, und folglich zur Beförderung seines eigenen Wohls und Vortheils erlassen ist, und wird sich daher demselben nicht nur gerne und gewissenhaft unterziehen, sondern auch zur Aufrechterhaltung desselben im Allgemeinen nach seinen Kräften beitragen.

Ravensburg, 5. November 1860.
Filial-Werkstätte von Escher, Wyss & Cie.
Genehmigt,den 6 November 1860.
Stadtschultheißenamt. Zaisser.
Eingesehen.
Ravensburg, 7. Nov. 1860.
K. Oberamt. Baur.

Schnellpressendruck von Carl Maier in Ravensburg.