Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Nieder-Rennersdorf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Moritz Grimmel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Nieder-Rennersdorf
Untertitel:
aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 108–110
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854–1861
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
Nieder - Rennersdorf
Nieder - Rennersdorf


[108]
Nieder-Rennersdorf.


Nieder-Rennersdorf, ursprünglich blos Rennersdorf, seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts aber in Ober- und Nieder-Rennersdorf getheilt hiess ursprünglich Reinhardtsdorf von dem Begründer desselben, einem Herrn von Reinhardt. Der Ort liegt 3/4 Stunde von Herrnhut und 3/4 Stunde von Bernstadt in einem herrlichen Thale, welches der Pliessnitzbach durchschlängelt, grenzt gegen Mittag an Grosshennersdorf und Neudorf und Eigen, gegen Mitternacht an Kemnitz, gegen Morgen an Kunnersdorf auf dem Eigen und gegen Abend an Berthelsdorf.

Zu Anfang des 15. Jahrhunderts, wo also Rennersdorf noch vereinigt war, besass dasselbe ein Herr von Radenberg. Im Jahre 1422 kam dasselbe an Ullrich von Heinrichsdorf, von diesem an Ullrich von Gersdorf 1428. Im Jahre 1477 war beliehene Besitzerin Anna von Gersdorf sammt ihren Söhnen, von welchen es 1480 Wilhelm von Heinrichsdorf erwarb. Im Jahre 1500 kaufte es Wolf von Lottitz. Seit dieser Zeit finden sich nun zwei Herrschaften. Niederrennersdorf blieb bis zum Jahre 1542 im Besitze der Familie von Lottitz. In diesem Jahre wird Anton von Breitenbach beliehener Besitzer von Niederrennersdorf. Diese Familie besass das Gut bis zum Jahre 1560. Im darauf folgenden Jahre kam es an Christoph von Gersdorf auf Dürrhennersdorf. Im Jahre 1572 folgte Siegmund von Schweinitz im Besitze des Guts, welcher es 1584 an Joachim von Klix auf Strahwalde verkaufte. Dessen Nachfolger war von Eberhardt auf Kypper seit 1589.

Vom Jahre 1595 bis 1650 war das Gut wieder in den Händen der Familie von Gersdorf. Die letzte Frau Besitzerin Frau Anna Margarethe von Nostitz, geborene von Gersdorf, Gemahlin Christoph von Nostitz auf Czseha, Wiese und Burkersdorf verkaufte es im Jahre 1630 an [109] Wolf Abraham von Eberhardt auf Kypper. Die Brüder des Letzteren besassen nun Niederrennersdorf bis zum Jahre 1718, wo es von Niclas von Eberhardt Johann Christian Nesen, Bürgermeister in Zittau käuflich an sich brachte. Im Jahre 1727 ererbte es dessen Wittwe, Christiane Sophie Nesen geborene Noak, welche sich 1728 mit Carl Moritz von Carlowitz, Königl. Pohlnischen und Churfürstl. Obersten auf Dittmannsdorf bei Reichenbach verheirathete.

Im Jahre 1759 kam das Gut durch Erbschaft an Dr. Christian Siegfried Nesen, Bürgermeister zu Zittau, von welchem es im Jahre 1766 auf Frau Christiane Friederike Mücke, geborene Nesen, Bruders Tochter, deren Gemahl Kammerdiener bei dem Herzoge von Curland war, überging.

Im Jahre 1795 wurde dessen Sohn, der Königlich Polnische Lieutnant Christian Siegfried von Mücke damit beliehen. Nach dem Tode desselben kam es 1818 auf 11 Wochen in den Besitz seines Sohnes, des Karl Friedrich August von Mücke, von welchem es Herr Gustav Adolph Maximilian von Mücke übernahm, der es noch heute besitzt.

Schloss und Kirche sind sehr alten Ursprungs und schon im 14. Jahrhundert hat Rennersdorf seine eigene Parochie gebildet. An der Canzeldecke findet man das Symbol des heiligen Geistes in Gestalt einer Taube dargestellt mit den Worten:

Non vos estis illi loquentes, sed spiritus
patris Vestri, qui loquitur in vobis.

Im Altar befindet sich ein schönes Gemälde. Christus am Oelberge von Lucas Cranach copirt.

Dieses Altar ist 1739 von der Frau Oberstin Christiane Sophie von Carlowitz auf eigne Kosten neu erbaut und bekleidet worden.

In der Nähe des Altars befinden sich zur Rechten und Linken 2 herrschaftliche Logen.

Das Kirchenvermögen ist nicht unansehnlich und von Zeit zu Zeit durch milde Stiftungen vermehrt worden. Obenerwähnte Sophie von Carlowitz gehört ebenfalls zu diesen Wohlthäterinnen. Sie hat im Jahre 1757 279 Thlr. 17 Ggr. 2 Pf. ausgesetzt, dessen Interessen von 13 Thlr. 23 Ggr. 8 Pf. laut Testament theils zur Erhaltung des von ihr auf dem Kirchhofe zu Niederrennersdorf erbauten Erbbegräbnisses bestimmt sind, oder wenn solches nicht nöthig ist, alljährlich dem Kirchenvicar zufallen. Herr Bürgermeister Nesen als Besitzer von Niederrennersdorf schenkte der Kirche eine Bibel in Folio – Nürnberg 1756, welche sich in einem Schränkchen auf dem Chore befindet. Zum Andenken an den 25. Juni 1830 schenkten der Kirche die verehrten Geschwister Zestermann und von Mücke eine zinnerne modern gearbeitete Taufkanne. Zum Andenken an die in Niederrennersdorf am 5. Mai 1836 verstorbene Frau C. D. Brückner aus Lauban wurde im Juni 1837 von der hinterlassenen ehelichen und einzigen Tochter derselben, der Ehegattin des Herrn Kaufmann und Freigutsbesitzers John in Nieder-Rennersdorf ein kleiner von Neu-Silber gearbeiteter, auch vergoldeter Kelch nebst dergleichen Hostienteller hiesiger Kirche verehrt.

Die Kirche selbst nebst dem sie umgebenden Begräbnissplatze liegt in der Mitte der Parochie auf einem hohen Punkt in einer sehr angenehmen Lage.

Unter denen an der Kirche angestellt gewesenen Geistlichen ist Christian Gottlieb Frohberger durch seine Schriften und seine Briefe über Herrnhut rühmlichst bekannt.

Rennersdorf hat von den Jahren 1756–1763 durch die Last des siebenjährigen Krieges viel gelitten. Heute noch wird erzählt, dass dem Orte die Einquartirungen, die Vorspanndienste und andere Plagen für das Königl. Preussische und für die Kaiserl. Königl. Armee 20,346 Thlr. gekostet haben und noch ausserdem für eine Lieferung an Futter 959 Thlr. aufgebracht werden musste.

Auf den Fluren des Ortes geniesst man in der Entfernung die schönsten Aus- und Ansichten.

Nicht unerwähnt kann hier bleiben, dass nicht weit von hier in der Nähe des herrschaftlichen Hofes in Ober-Rennersdorf gegen Abend zu ein mit Laub- und Nadelholz bepflanzter Berg, Eichler genannt, sich erhebt, auf welchem in früherer Zeit ein Schloss gestanden haben soll. Man hat von hier aus eine herrliche Aussicht.

Im Jahre 1838 haben Sr. Majestät der König Friedrich August und Ihro Königl. Majestät die Königin diesen Berg besucht und an der schönen Aussicht sich ergötzt.

Niederrennersdorf ist jetzt ein Majoratsgut und hat sehr schöne Gebäude, ein massiv gebautes herrschaftliches Wohnhaus mit einem Thurme, [110] sehr gut bewirthschaftete Felder und mit vielem Fleisse und Pflege angepflanzte Waldungen von Nadel- und Laubholz.

Es besitzt Brennerei und Brauerei und grosse Obstgärten. Unter den übrigen Gebäuden ist bemerkenswerth das Freigut des Herrn Kaufmann Johne, welches oberhalb der Kirche liegt.

Der Hauptnahrungszweig der Bewohner ist Feldbau, Tagelohnarbeiten und Spinnen.

Niederrennersdorf hat 94 bewohnte Gebäude mit 137 Haushaltungen und 541 Bewohnern, wogegen Oberrennersdorf nur 109 Haushaltungen mit 468 Einwohnern zählt.

M. G.